Oracular Amuletic Decree L6 (Papyrus London BM EA 10587)

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
TM 380697; OAD L6
Aufbewahrungsort
Europa » Großbritannien » (Städte K-N) » London » British Museum

Inventarnummer: EA 10587

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Der Papyrus wurde im Jahr 1886 vom British Museum für die Sammlung angekauft (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 35). Er wurde mit der Registrierungsnummer OC. 1442.2 aufgenommen (https://www.britishmuseum.org/collection/object/Y_EA10587-2, 30.09.2024). Weitere Informationen liegen nicht vor.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben

Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Diesbezügliche Angaben beim Ankauf wurden nicht festgehalten (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 35). Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii) geht ganz allgemein für das gesamte Korpus von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den im Text genannten Göttern festmacht. In diesem Papyrus ist der orakelgebende Gott Thot, der Herr der Beiden Länder, den man nicht eindeutig nach Theben verorten kann.

Der Name des Besitzers jedoch, Nesanchefenmaat „Der zu Anchefenmaat Gehörende“ ist mehrfach im thebanischen Raum bezeugt, was eine solche Zuweisung stützten würde. Die Namen der Eltern sind ungewöhnlich und ohne Parallele (Thirion, in: RdE 55, 2004, 157–158). Sie können daher nicht als Argument für eine Verortung herangezogen werden.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 21. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 22.–23. Dynastie

Edwards (1960, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (1960, xiv) und Ritner (2009, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (1960, 175, n. 5; Ead., 1963, 32) und ihr folgend Verhoeven (2001, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (Sourouzian 2010, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten nicht miteingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.

Textsorte
Oracular Amuletic Decree
Inhalt

Der orakelgebende Gott Thot, der Herr der Beiden Länder, verspricht dem Besitzer des Amuletts, Nesanchefenmaat, Sohn von Tabiatbatit und Padimatit, Schutz vor unterschiedlichen Gefahren und Bedrohungen sowie die Gesunderhaltung seines Körpers. Die Beschreibung des Körpers in seinen Einzelteilen sowie die Aufzählung der Gefahren und Bedrohungen generiert sich aus einem standardisierten Katalog, der allen Texten des Korpus zugrundeliegt, s. Grams 2017, 55–100.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray 1972, 151–153; Bourriau/Ray 1975, 257–258), um den Hals getragen und diente somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß 2019, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß 2019, 26–36; Adderley 2015, 193; Edwards 1960, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.

Die Texte sind generell als Götterrede konzipiert, die durch die Phrase „Göttername + ḏd“ eingeleitet werden. Im Text L1 (pBM EA 10083) ist an den Stellen, wo man ḏd „sagen“ erwartet, jeweils etwas Platz frei gelassen. Edwards (1960, xvii) geht davon aus, dass die Lücken erst, nachdem der Papyrus den Göttern vorgelegt worden ist, ausgefüllt wurden, und erst durch diesen Akt die Wirksamkeit gewährleistet war. Somit wäre der Text L1 niemals wirksam gemacht worden und folglich wohl auch nicht getragen worden. Die Tatsache, dass uns für die gleiche Besitzerin mit dem Papyrus Turin Cat. 1984 (OAD, T2) ein weiterer Papyrus vorliegt, in dem sich keine Lücken befinden, eine entsprechende „Validierung“ also stattgefunden haben muss, unterstützt diese These. Aus welchen Gründen der Text L1 (pBM EA 10083) offenbar ausgemustert wurde, ist allerdings unklar.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schreibblatt
Technische Daten

Der 6,5 cm breite und insgesamt 116 cm lange Papyrus ist nicht vollständig erhalten. Vor allem am Anfang des Textes sind große Teile an den Seiten des Streifens und ein auch ein Teil vom Beginn verloren. An der anderen Schmalseite fehlt ein Teil vollständig. Es ist unmöglich zu sagen, wie umfangreich der Verlust ist.

Der Papyrus ist auf beiden Seiten beschrieben. Der Text beginnt auf der Seite, auf der die Fasern vertikal verlaufen (Recto, transversa carta). Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück, auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Faserverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um eine „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx).

Schrift
Hieratisch

Der Text ist in einem lesbaren, stark kursiven Späthieratisch geschrieben, s. Edwards 1960, xiv, 1; vgl. Verhoeven 2001, 13.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Die im Text verwendete Sprache ist nach Orthographie und Grammatik eindeutig dem Neuägyptischen zuzuordnen. Indizien sind z.B. die Schreibung der Suffixpronomen sowie der Gebrauch des Possessivartikels oder der Periphrase mit jri̯. Zudem ist im Futur III die Präposition r nicht geschrieben, vgl. zur Morphologie der Verben in den OAD die zitierten Beispiele bei Winand 1992, 536–537.

Bearbeitungsgeschichte

Im Jahr 1960 legte Edwards die editio princeps von insgesamt 21 Papyri vor (HPBM 4), darunter auch der hier bearbeitete Papyrus BM EA 10587. Er bezeichnete die Textgruppe als „Oracular Amuletic Decrees“ (OAD). Unser Text ist dort mit der Sigle L6 aufgenommen (1960, Bd. 1, 35–45, Bd. 2, pl. XII–XV).

Verschiedene Studien widmeten sich dem Korpus der Oracular Amuletic Decrees unter diversen Gesichtspunkten, wobei Textsegmente der gesamten Gruppe bearbeitet und zitiert werden, s. Lucarelli 2009, 231–239; Wilfong 2013, 295–300; Austin 2014, 39–41; Adderley 2015, 191–227; Grams 2017, 2017, 55–100; Roß 2019.

Editionen

- Edwards 1960a: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. I. Text (London 1960), 35–45.

- Edwards 1960b: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. II. Plates (London 1960), Taf. 12–15.

Literatur zu den Metadaten

- Adderley 2015: N. J. Adderley, Personal Religion in the Libyan Period in Egypt (Saarbrücken 2015), 191–218.

- Austin 2014: A. Austin, Contending with Illness in Ancient Egypt (Los Angeles 2014) (24.10.2019).

- Bourriau - Ray 1975: J. D. Bourriau - J. Ray, Two Further Decree-Cases of ŠꜢḳ, in: Journal of Egyptian Archaeology 61, 1975, 257–258.

- Grams 2017: A. Grams, Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 46, 2017, 55–100.

Jacquet-Gordon 1960: H. H. Jacquet-Gordon, The Inscription on the Philadelphia-Cairo Statue of Osorkon II, in: JEA 46, 1960, 12–23.

- Jacquet-Gordon 1963: H. J. Jacquet-Gordon, [Review:] I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom, 2 Bände (London 1960), in: Bibliotheca Orientalis 20, 1963, 31–33.

- Jacquet-Gordon 1979: H. Jacquet-Gordon, Deux graffiti de l’époque libyenne sur le toit du temple de Khonsou à Karnak, in: Anonymous (Hrsg.), Hommages à la mémoire de Serge Sauneron 1927-1976. I. Égypte pharaonique, Bibliothèque d’Étude 81 (Caire 1979), 167–183, Taf 27–29.

- Koenig 1987: Y. Koenig, Notes de transcription, in: Cahiers de Recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Égyptologie de Lille 9, 1987, 31–32.

- Koenig 2018: Y. Koenig, Un nouveau décret amulettique oraculaire: Pap. IFAO H 40, Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 118, 2018, 233–239.

- Lucarelli 2009: R. Lucarelli, Popular Beliefs in Demons in the Libyan Period: The Evidence of the Oracular Amuletic Decrees, in: G. P. F. Broekman - R. J. Demarée – O. E. Kaper (Hrsg.), The Libyan Period in Egypt. Historical and Cultural Studies into the 21st – 24th Dynasties: Proceedings of a Conference at Leiden University, 25-27 October 2007, Egyptologische Uitgaven 23 (Leuven 2009), 231–239.

- Ray 1972: J. Ray, Two Inscribed Objects in the Fitzwilliam Museum, Cambridge, in: Journal of Egyptian Archaeology 58, 1972, 247–253.

- Ritner 2009: R. K. Ritner, The Libyan Anarchy. Inscriptions from Egypt’s Third Intermediate Period (Atlanta 2009), 74.

- Roß 2019: A. Roß, Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees (Göttingen 2019).

- Sourouzian 2010: H. Sourouzian, Seti I, not Osorkon II. A new join to the statue from Tanis, CG 1040 in the Cairo Museum, in: O. El-Aguizy – M. S. Ali (Hrsg.), Echoes of Eternity. Studies presented to Gaballa Aly Gaballa, Philippika 35 (Wiesbaden 2010), 96–105.

- Verhoeven 2001: U. Verhoeven, Untersuchungen zur späthieratischen Buchschrift, Orientalia Lovaniensia Analecta 99 (Leuven 2001), 13.

- Wilfong 2013: T. G. Wilfong, The Oracular Amuletic Decrees: A Question of length, in: Journal of Egyptian Archaeology 99, 2013, 295–300.

- Winand 1992: J. Winand, Études de néo-égyptien 1. La morphologie verbale, Aegyptiaca Leodiensia 2 (Liège 1992).

Online-Ressourcen
Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum
Autoren (Metadaten)
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

Recto

[rto 1] [In göttlicher Weise] hat Thot, [...] [...] [gesprochen]. [Ich werde] Nesanch[efmaat],1 [rto 5] [den Sohn von Tabiat]batit (und) de[n Sohn von] [Padim]atit2 beschützen, meinen [klu]gen ⸢Diener⸣. Ich werde ihn 〈an〉3 seinem [Fleisch] (und) [seinem Skelett] gesund erhalten.

[Ich] werde ⸢seinen⸣ Mund öffnen, ⸢um zu⸣ [essen und zu trinken]. Ich werde ⸢ihn essen⸣ lassen, [um zu] [rto 10] ⸢leben⸣. ⸢Ich werde ihn trinken lassen⸣, um gesund zu bleiben. [Ich werde] seine Träume (qd.t), seine Träume (rsw.t),4 [sein]e (Sicht-)Omina (und) seine Einschlaf(träume) (ꜥꜥw) [gut (wörtl. zu etwas Gutem) [rto 15] machen]; ⸢Die⸣, die ein anderer od[er] eine andere für ihn sieht, werde ich ⸢ebenfalls⸣ gu[t] (wörtl. zu etwas Gutem) machen.

Ich werde [ ? ] [...]. [...]5 [...] südliches6 ⸢Ackerland (?)⸣ [...]. Ich werde veranlassen, dass [...]7 [...]. Ich werde veranlassen, dass er vollständig gesättigt (wörtl. gesättigt ist (mit) einer Sättigung) [an einem schönen] [rto 20] (und) gesunden [Leben] auf ⸢Erden⸣.8

Ich werde [sein]9 [...] ge[sund] erhalten. ⸢Ich werde⸣ [seine] Nierenfett/Bauchspeicheldrüse/Schilddrüse (?) gesund erhalten. [Ich werde] ⸢seine⸣ [⸮beiden?] ⸢Augen⸣ [gesund erhalten]. [Ich werde] sein [...] (und) seine beiden Ohren [gesund erhalten]. Ich werde seine beiden Schläfen [gesund erhalten]. Ich werde [rto 25] [seine] beiden Nasen[flü]gel gesund erhalten. [Ich werde] [sein ? gesund erhalten]. ⸢Ich⸣ werde seine Zunge gesund erhalten. Ich werde [seinen] ⸢jb⸣[ḥ]-Zahn gesund erhalten. [Ich werde] seinen nḏḥ-Zahn [ge]⸢sund⸣ erhalten. [Ich werde] seinen [...]-Körperteil [gesund erhalten]. Ich werde seinen [...]-Körperteil gesund erhalten. Ich werde seinen [...]-Körperteil gesund erhalten. [Ich werde] ⸢seinen⸣ [rto 30] (Unter-)Arm [gesund erhalten]. [Ich werde] ⸢seine⸣ beiden Seiten [gesund erhalten]. Ich werde [sein] ?-Körperteil gesund erhalten. [Ich werde] seinen Rücken gesund erhalten. Ich werde sein [...]-Körperteil [gesund erhalten]. Ich werde sein ḏꜣ[___]-Körperteil gesund erhalten. [Ich werde] seine ⸢Leb⸣[er] [gesund erhalten.] Ich werde [seine] [rto 35] Lungen(flügel) ⸢gesund erhalten⸣. Ich werde seine Milz gesund erhalten. Ich werde seine Nieren gesund erhalten. Ich werde seine Eingeweide gesund erhalten. Ich werde sein Rektum gesund erhalten. Ich werde seine beiden (?) knt-Körperteile gesund erhalten. ⸢Ich⸣ werde seine beiden Oberschenkel gesund erhalten. ⸢Ich werde⸣ seine [rto 40] Unterschenkel gesund erhalten. ⸢Ich werde⸣ die [Sohlen] seiner beiden Füße ⸢gesund erhalten⸣. Ich werde ⸢die⸣ [Flächen] seiner Hand10 gesund erhalten. Ich werde [den] ?-Teil seiner beiden Füße gesund erhalten. Ich werde den ?-Teil seiner Hand gesund erhalten. Ich werde die 10 Zehen seiner [rto 45] beiden Füße gesund erhalten. Ich werde die 10 Finger seiner Hand gesund erhalten. Ich werde seinen ganzen Körper (und) alle seine Glieder (und) seinen gesamten Rumpf von seinem Kopf bis zu seinen beiden Fußsohlen gesund erhalten.

Ich werde ihn bewahren vor jeder Aktion von ⸢Messerdämonen⸣, vor jeder Aktion von Wanderdämonen, vor jeder Aktion von Böse⸢m⸣, [rto 50] [vor] der ⸢Aktion⸣ eines Gottes, der angreift, vor jeder Aktion der B[oten] eines jeden Gottes und jeder Göttin des Himmels und der Erde [...] [...]. Ich werde ihn retten aus der Hand der Götter (des Buchs) „Das, was im Jahr ist“. Ich werde ihn retten aus der Hand der Sachmet m[it] ihrem Sohn (und) ihren Boten. [rto 55] Ich werde ihn retten aus der Hand des Wilden Löwen der Bastet (Mahes), der ⸢vom Blut⸣ ⸢der⸣ Rechit-Menschen lebt. Ich werde [ihn] retten [aus] ⸢der Hand⸣ des Pavians der Stätte des Sanktuar-Hauses (und) [aus] ⸢der Hand⸣ der Meerkatze der Stätte des Udjat-Hauses. [rto 60] [I]ch werde ihn retten aus der Hand der 7 Sterne des Großen Wagens (wörtl. des Rinderschenkels), (und zwar) diejenigen, die kommen um ihn tagsüber sowie nachts anzugreifen. Ich werde ihn ⸢rett⸣en aus der Hand der beiden Paviane, der Großen, die zuerst entstanden sind, die zur Rechten (und) Linken von [rto 65] Chons in Theben, dem vollkommen Gnädigen, ruhen, (nämlich) Chons, der jugendlich Existierende (und) Chons, der Pläneschmieder, diejenigen, die ein Buch vom 〈Töten〉11 und Beleben herausbringen lassen. Ich werde ihn bewahren vor ihr⸢er⸣ (der beiden Paviane) bꜣ.w-Macht (und) vor ihren Plänen.

Ich werde [ihn] bewahren vor jedem bösen Blick (wörtl. Auge), vor jeder üblen Nachrede (wörtl. Mund/Spruch), [rto 70] ⸢vor⸣ jedem schlimmen Sicht(omen), vor jedem bösen Zauber, vor ⸢vor⸣ jedem Zauber aus [Syrie]n, vor jedem Zauber aus Nubien, vor jedem Zau[ber] aus Ägypten, vor ⸢jedem⸣ Zauber aus [...],12 vor jedem Zauber der Beduinen, vor Zau[ber] [rto 75] der Pyd-Libyer, vor jedem Zau[ber] von Menschen aus [...].13

Ich werde [ihn] bewahr[en] ⸢vor⸣ jeglicher ⸢Aktion⸣ eines wr.t-Geistes, vor jedem Passieren eines wr.t-Geistes, vor jedem wr.t-Geist eines Tümpels, vor jedem wr.t-Geist einer Pfütze, vor jedem wr.t-Geist eines Brunnens, vor jedem wr.t-Geist [rto 80] eines Teichs, vor jedem wr.t-Geist eines Wadis/eines Kanals (?), vor jedem wr.t-Geist der Berge (?)14 vor jedem wr.t-Geist jedes (?) Sumpfes, vor jedem wr.t-Geist, der Verbrechen begeht gegen einen Menschen. Ich werde nicht zulassen, dass sie ihn jemals wieder attackieren15 zu jeder [rto 85] ⸢Zeit⸣ seines Lebens.

(In göttlicher Weise) gesprochen hat Thot, der Herr der beiden Länder, der große ⸢Gott⸣, der Älteste, der zuerst entstanden ist: ⸢Ich werde⸣ [Nes]anchefmaat ⸢beschützen⸣, den Sohn von Tabiatbatit (und) diesen Sohn von Padimatit, meinen klugen Diener. [rto 90] Ich werde jedes negative Gottesorakel, jede böse Lüge16 (und) jede schlimme Angelegenheit aufheben, die sie Nesanchefmaat, dem Sohn von Tabiatbatit (und) dem Sohn von Padimatit, seinem klugen Diener, antun. [rto 95] Ich werde sie (Bezug unklar) fernhalten von denen, die es (Bezug unklar) machen. Ich werde sie (Bezug unklar) fernhalten von denen, die sagen „Tu es!“. Ich werde nicht zulassen, dass ⸢sie⸣ (Bezug unklar) Ach-Macht über ihn haben, (und zwar) immer wieder und während seiner gesamten Lebenszeit. Ich werde ihn schützen vor jedem Toten, jeder Toten, jedem (männlichen) Ach-Geist, [rto 100] jedem (weiblichen) Ach-Geist, jedem [...], jeder Furcht, jedem Schrecken, ⸢jedem⸣ [...],17 jedem Unglück (und) jeder (tödlichen) Verletzung (?).18 Ich werde ihn bewahren vor jeder Krankheit, jeder Infektion, vor (schädlicher) Beuge(haltung) (des Körpers),19 vor Hautentzündung, [rto 105] vor Schwefel(?)(-Krankheit) (?), vor Bitterkeit, vor jedem Unglück (und) jeder bösen Angelegenheit, die Wehklagen bei ihm verursacht. Ich werde nicht zulassen, dass [...].

1 Ns-ꜥnḫ≡f-(n)-Mꜣꜥ.t: Der Name des Amulettbesitzers ist in den Zeilen rto 92, vso x+34 sowie vso x+97 komplett erhalten. Zum Bildungsmuster des Namens Ns-ꜥnḫ≡f-(n)-Mꜣꜥ.t „Der zu Anchefenmaat Gehörende“ (RPN I, 174.6; II, 365; Thirion, in: RdE 55, 2004, 152–153, 157–158), in dem an die Stelle des Götternamens ein privater Personenname tritt, s. Leahy, in: GM 60, 1982, 71–75, insb. 74.

2 pꜣ šrj Tꜣ-bjꜣ.t-Bꜣ.tjt pꜣj šrj Pꜣ-ḏi̯-Mꜣ.tjt: Die Namen der Eltern, Tꜣ-bjꜣ.t-Bꜣ.tjt „Die Pflanze der Bat (?)“ (vgl. Tꜣ-bjꜣ.t-Rꜥw, RPN II, 324.22) sowie Pꜣ-ḏi̯-Mꜣ.tjt „Der, den Matit gegeben hat“ sind ungewöhnlich und ohne Parallele s. Thirion, in: RdE 55, 2004, 157–158.

3 〈m〉: Vgl. pTurin Cat. 1985 (T3), rto 12–13.

4 ⸢rs~sꜣ⸣(.wt): Anders als Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. XIIA), der jr (?) liest, möchte ich in den Resten der ersten Gruppe rs (Mund D21 über Riegel-s O34) erkennen. Die Gruppe scheint etwas verschmiert zu sein. Legt man die Schriftweite von Zeile rto 11 zugrunde, würde zu Beginn von Zeile rto 12 genügend Platz für das Auge D6 als weiteren Klassifikator zur Verfügung stehen.

5 Textverlust: Nach Vergleich der Abstände der Löcher, die durch Insektenfraß im zusammengerollten Zustand entstanden sind, schätzt Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 36 [8]), dass nicht mehr als eine Zeile zwischen den Fragmenten verloren ist. Von der Zeile rto x+16 hat sich nichts erhalten, bis auf den Unterstrich eines f, das sicherlich als Suffixpronomen 3. Sg. m. zu verstehen ist, ca. drei Quadrate links vom Zeilenbeginn. Die wenigen Zeichenreste, die in Zeile rto 17 erhalten sind, machen deutlich, dass der Satzanfang in Zeile rto 15 nicht dazu gehört. Es ist also ein relativ kurzer Satz in Zeile rto 15–16 verloren. Der folgende Satz beginnt etwa im letzten Drittel von Zeile rto 16 und setzt sich über die Zeile rto 17 bis zum Beginn von Zeile rto 18 fort.

6 rsj: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 36 [9] Vgl. L2, rto 24–27) ergänzt šd.wt/štꜣ.t „Ackerland“ (TLA-Lemma 158870; Wb 4, 467.8, 11–14; Meeks, AL 77.4319) und denkt somit an ein Versprechen, in dem Schutz vor den Göttern des nördlichen Ackerlands und denen des südlichen Ackerlands garantiert wird. Die Zeichen am rechten Rand der Zeile sind ziemlich verblasst, doch können die erkennbaren Reste mit Kurzschreibungen des Wortes, so wie sie z.B. im pParis Louvre E 8083 (P2), rto 28, 37–38 belegt sind, verbunden werden. Der Schutz vor diesen Göttergruppen kann in einem Versprechen thematisiert werden oder in zwei Versprechen aufgeteilt sein. Der zur Verfügung stehende Raum lässt hier an dieser Stelle nur die Rekonstruktion der Version in einem Satz zu. Der Beginn des Satzes wäre am Ende von Zeile rto 16 zu rekonstruieren.

7 ⸢___⸣: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 36 [10], Bd. 2, pl. XIIA) liest hier mḥ. Ich kann diese Lesung nicht nachvollziehen. Es gibt nur ein Versprechen innerhalb des Korpus, in dem die Kombination ḏi̯.t mḥ belegt ist, und zwar dasjenige, in dem die Götter dem Amulett-Besitzer versprechen, ihm ihr Orakel zu seinem Schutz zu überantworten. Dieses Versprechen befindet sich zumeist kurz vor dem Ende des Textes. Und so ist es auch in diesem Text: Den entsprechenden Spruch finden wir auf dem Verso in den Zeilen vso 51–52. Ein Vergleich der Zeichen zeigt, dass die Strichführung dieses Schreibers bei der mḥ-Peitsche (V23) eine deutlich andere ist als bei dem Zeichen hier in Zeile rto 18. Man könnte auch an den Rinderschenkel (F23/24) denken, doch auch dieses Zeichen ist mit deutlich anderer Strichführung in Zeile rto 30 belegt. Möglicherweise handelt es sich um eine ausladend geschriebene -Schlaufe (V13), jedoch findet sich das Zeichen sonst nicht im Text. Eine sinnvolle Lesung im Kontext kann ich nicht anbieten.

8 [m ꜥnḫ nf]r snb tp ⸢tꜣ⸣: Ergänzung nach pTurin Cat. 1983 (T1), vso/OAD, rto 50. Der zur Verfügung stehende Platz passt gut zu der Ergänzung, und die noch erkennbaren Spuren zu Beginn von Zeile 20 sprechen ebenfalls dafür, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 36 [11].

9 [___]=[f]: Der zur Verfügung stehende Raum spricht eher gegen eine Konstruktion mit Possessivartikel.

10 ḏr.t: Man erwartet wie im vorausgehenden Satz einen Dual oder Plural, aber hier ist eindeutig ein Singular geschrieben.

11 mḏꜣ.t 〈ẖdb〉 mj sꜥnḫ: Zur Ergänzung vgl. pTurin Cat. 1983 (T1), vso 57, s. auch Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 38 [41]), der mwt oder ẖdb vorschlägt. Da T1 an dieser Stelle ebenfalls im Titel des Buches Verben benutzt, während die anderen Versionen entweder Nominalformen (mwt und ꜥnḫ) verwenden (pLondon BM EA 10083 (L1) vso x+5–6) oder die entsprechende Stelle nicht erhalten ist (pBerlin ÄMP 10462 (B), rto x+58–59), ist wohl eher ẖdb anzunehmen. Die Verwendung von mj zur Korrelation der beiden Ausdrücke ist ungewöhnlich, in den anderen Versionen findet man an dieser Stelle entweder r bzw. n in der Variante, die nominal formuliert. Zu einem möglichen ramessidischen Beleg dieses Buches, in dem ebenfalls der erste Teil des Titels („Tod“ bzw. „Töten“) fehlt, s. Fischer-Elfert, in: GS Hannig, 61–62.
Zur religionsgeschichtlichen Einordnung von schicksalsbestimmenden Büchern im Alten Ägypten s. Brunner, in ZÄS 115, 1988, 14–19.

12 ḥkꜣ nb [___]: Ich vermute, dass an dieser Stelle Kꜣš „Kusch“ zu lesen ist, da dies in den Parallelen neben den anderen Toponymen gut belegt ist. Zudem wäre der Begriff kurz genug, um in die zur Verfügung stehende Lücke zu passen.

13 ḥ[kꜣ] nb rmṯ [___]: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 38 [47]) liest an dieser Stelle „Kusch“ (Jkš), aber ich kann diese Lesung nicht mit den erkennbaren Zeichenspuren zusammenbringen. Nach den Parallelen erwartet man Km.t „Ägypten“, denn für gewöhnlich ist dies die einzige Angabe, die stets mit rmṯ n.j konstruiert ist und zumeist das letzte Element in der Aufzählung bildet. Der Schreiber hat die Angabe Km.t aber bereits weiter vorne im Satz eingefügt. Das ist sehr ungewöhnlich und kommt in den anderen Parallelen nicht vor. Daher spricht das nicht gegen eine zweite Erwähnung am Ende, die dem üblichen Formular entspricht. Die erkennbaren Zeichenspuren sind meiner Ansicht nach – vor allem im Vergleich mit der Schreibung in Zeile rto 73 – besser mit Km.t in Verbindung zu bringen als mit Jkš, wobei aber auch diese Lesung alles andere als eindeutig wäre.

14 ḏw.y: Lesung nach einem Vorschlag von Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 39 [52]), der gut zu den erkennbaren Spuren passt. Eine Parallele für einen wr.t-Berg-Geist ist allerdings in den weiteren Oracular Amuletic Decrees nicht belegt.

15 bn jw=j (r) ḏi̯.t [⸮hꜣi̯?]=w ḥr=f: In diesem Spruch bietet sich eine Ergänzung des Verbs hꜣi̯ (Wb 2, 474.1–2 u. 475.1–4; TLA-Lemma 97360) an, das in Verbindung mit der Präposition ḥr vor allem in magischen Kontexten ein „Attackieren“ oder „Befallen“ von Personen durch gefährliche Wesen bezeichnet (mündl. Hinweis von Hans-Werner Fischer-Elfert: Danke!), vgl. zum Beispiel: pBM EA 10772 (pRamesseum XIX), Frg. 2, x+7 (13. Dyn.): m hꜣi̯.w ḥr=j „Befalle mich nicht!“; pBrooklyn 47.218.49, Spruch O, x+13,7 (26. Dyn.): m hꜣi̯ ḥr pr-ꜥꜣ „Attackiere nicht den Pharao!“; pMünchen ÄS 5882: vs. 1.1 (ptol.): nn h(ꜣ)i̯ 〈=k〉 ḥr=f m grḥ „Nicht sollst 〈du〉 in der Nacht über ihn herfallen.” Im hier vorliegenden Papyrus steht am Ende von Zeile rto 83 etwa ein Quadrat zur Ergänzung zur Verfügung, das für eine Kurzschreibung des Verbs ausreicht. Eine Parallele zu diesem Spruch findet sich in den anderen Texten allerdings nicht.

16 ꜥḏ(ꜣ)?: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 39 [62]) vermutet hier ein von der Wurzel ꜥḏ „brechen“ abgeleitetes Substantiv mit der Bedeutung „upset (?)“. Dies wird von Ritner (Mechanics, 216) so übernommen. Ich vermute hingegen eher, dass es sich hier um eine ungewöhnliche Schreibung für ꜥḏꜣ „Unrecht, Unwahrheit“ (Wb 1, 240.14–241.5; TLA-Lemma 42100) handeln dürfte, wobei hervorzuheben ist, dass die semantische Grundbedeutung des Substantivs ꜥḏꜣ „Lüge“ sein dürfte, und zwar in dem Sinne, dass die Lüge eine Aussage und/oder eine Handlung ist mit dem Willen, Falsches auszusagen und/oder eine andere Handlung vorzutäuschen (Köhler et. al., in: GM 227, 2010, 57–60). Im Demotischen ist das Wort als ꜥḏ belegt (Erichsen, Glossar 74; CDD ꜥ, 161). Eine vergleichbare Schreibung mit dem Zeichen V26, wie sie hier im vorliegenden Papyrus belegt ist, findet sich im Moskauer literarischen Brief (pMoskau 127, rto 4.15), s. Lesko, Dictionary I, 96.

17 [___]: Anders als die Lücke am Ende von Zeile rto 100, in der der Text komplett verloren ist, ist zu Beginn von Zeile rto 102 deutlich ein Zeichen bzw. eine Zeichengruppe zu erkennen. Leider ist ein Lesungsvorschlag mehr als schwierig. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 40 [69]) vergleicht den hinteren Teil des Zeichens mit speziellen Kurzschreibungen des Begriffs ꜥš-sḥn „Angelegenheit (?), Auftrag (?)“ (TLA-Lemma 40990), die insbesondere in den Oracular Amuletic Decrees belegt sind, s. hierzu den entsprechenden Kommentar. Der Begriff ist im vorliegenden Text leider nicht belegt, so dass ein Vergleich nicht möglich ist. Ich gehe davon aus (s.o. Kommentar), dass es sich bei der zweiten Gruppe um eine späthieratische bzw. frühdemotische Schreibung des ḥn-Behälters V36 handeln dürfte, so z.B. im pRhind I, 6,9 u. II, 4,1 (Möller, Paläographie III, 57); pLouvre E 7845 A, 2 u. 4 (Hughes, Land Leases, [III]); pCairo 50059, 1 u. 3 (El-Aguizy, Palaeographical Study, 376). Es wäre dann noch zu überlegen, ob für die hier belegte Gruppe tatsächlich die Lesung ꜥš-sḥn in Frage käme. Das ist nicht der Fall, denn der vordere Teil kann nicht mit der Lesung ꜥš (A26) bzw. ꜥš(ꜣ) (vgl. ꜥš(ꜣ)-sḥn in pBrooklyn 47.218.135, Jasnow, Late Hieratic Wisdom Text, 157) in Verbindung gebracht werden. Zudem handelt es sich im vorliegenden Versprechen um eine Aufzählung von bedrohlichen Wesen und schrecklichen Situationen; der Begriff š-sḥn „Angelegenheit (?), Auftrag (?)“ (TLA-Lemma 40990) ist aber für sich neutral und müsste, um in den Kontext zu passen, durch ein entsprechendes Adjektiv (z.B. bjn) negativ konnotiert werden. Das ist aber nicht der Fall, insofern sollte es sich bei der Gruppe zu Beginn von Zeile rto 100 um einen anderen Begriff handeln, den ich allerdings gegenwärtig nicht identifizieren kann.

18 sqnj: Das hier zu besprechende Wort ist mit nur einer bekannten Belegstelle im Papyrus London BM EA 10587 (OAD L6), rto 102 als Hapax legomenon aufzufassen.
Edwards, der den Text edierte (HPBM 4, Bd. 2, pl. XIIIA), liest die betreffende Stelle sqnjḫꜣ und interpretiert das Wort als „an unknown, and apparently foreign, noun, one of several words of its kind in this document“ (HPBM 4, Bd. 1, 40 [70]). Diese Interpretation wurde sowohl von Andreu/Cauville (in: RdE 29, 1977, 2) und Meeks (AL 77.3910) als auch von Lesko (Dictionary III, 103) aufgenommen und gelangte so ebenfalls in die Lemma-Liste des TLA: TLA-Lemma 146150 [Substantiv (etwas Schlechtes)].
Die Tinte an der betreffenden Stelle im Papyrus ist sehr blass, so dass gerade zum Ende des Ausdrucks die Zeichen nicht ganz deutlich sind. Unmissverstänlich ist sqnj zu lesen (S29-N29 über N35-M17), dann folgt (auch nach Edwards) ein schräger Strich (Ff1). Am Ende ist zweifelsfrei der Abkürzungsstrich für den Toten Z6 zu lesen. Die Tintenspuren zwischen Ff1 und Z6 werden von Edwards als ḫꜣ (M12-Ff1) interpretiert. Deutlich ist die Gruppe allerdings nicht. Die Verbindung von Abschwung und senkrechter Linie ist nicht deutlich (vgl. das Zeichen in rto 104). Letztendlich sehe ich einen schrägen Strich, der genau so aussieht wie der vorausgehende (Ff1), eine mehr oder weniger senkrechte Linie und danach einen Klecks, den Edwards als Ff1 nach ḫꜣ interpretiert hat, den ich aber zu Z6 gehörig interpretieren möchte, vgl. Z6 in rto 101.
Wenn man also anstelle von Ff1-M12-Ff1-Z6 nun Ff1-Ff1- ? – Z6 liest, bleibt für das fragliche Zeichen nur noch der senkrechte Strich, der ganz gut als Punkt über Buchrolle gelesen werden könnte, vgl. z.B. in der gleichen Zeile die Schreibung von jyi̯.t. Ich schlage daher vor, sqnj zu lesen, und möchte hierin eine substantivische Ableitung des Kausativums sqn „verletzen“ (Wb 4, 306.4–5; TLA-Lemma 146130) in der Bedeutung „(tödliche) Verletzung (?)“ erkennen. Das passt ausgezeichnet in den inhaltlichen Kontext, auch wenn man im Korpus der Oracular Amuletic Decrees keine Parallele für die Verwendung dieses Begriffs finden kann. Der Text OAD L6 zeigt in manchen anderen Sprüchen ebenfalls Varianten, die im Korpus sonst nicht nachgewiesen sind. Insofern kann dies nicht als Argument gegen die Lesung sqnj gewertet werden. Die ursprüngliche, von Edwards vorgeschlagene Lesung sqnjḫꜣ darf also nunmehr als veraltet gelten. Sie wurde durch den neuen Vorschlag sqnj „(tödliche) Verletzung (?)“ ersetzt.

19 ḫꜣm: s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 40 [71].

Verso

[vso x+1] Ich werde ihn [...]. Ich werde veranlassen, dass er groß wird [...]sie/ihr (die Götter). Ich werde seine Vortrefflichkeit ⸢in⸣ ihr (der Götter) Herz geben. Ich werde veranlassen, dass [sie] „Richtig!“ sagen in Bezug auf jedes Wort (und) in Bezug auf jedes Orakel, das [er] ihnen (den Göttern) [vso x+5] vorträgt vor ihnen. Ich werde sie (die Götter) ihren Blick (wörtl. ihr Auge) schärfen lassen. 〈Ich〉 werde sie (die Götter) alles das empfangen lassen, was [...].1 Ich werde sie (die Götter?) „Richtig!“ sagen lassen in Bezug auf sie (Bezug unklar).2 Ich werde ihre (der Götter) schlechte Absicht aus ihrem Herz vertreiben. Ich werde deren (der schlechten Absicht?) Ende ⸢vor⸣trefflich [vso x+10] sein lassen.3

Ich werde ⸢ihn⸣ bewahren vor einem Krokodil, vor jeder Schlange, vor einem Skorpion (und) vor dem Maul jedes Gifttiers. Ich werde ihn bewahren vor der ḏtf?-Krankheit,4 vor Blindheit/Augenverletzung (und) vor dem Wirken des Udjat-Auges. Ich werde [vso x+15] ihn bewahren vor einem (missgünstigen) Genossen, vor einem (missgünstigen) Verbündeten (und) vor einem (missgünstigen) (Handels-)Partner.

Ich werde ihn bewahren ⸢vor⸣ jedem Feind (und) jeder Armee 〈an〉 jedem Ort (und) jeder Stadt. Ich werde ihn schützen auf den Wegen des östlichen Uferdamms, den Wegen [vso x+20] des westlichen Uferdamms,5 den Wegen der Bezirke, die sich inmitten6 von [...] befinden (und) auf den [Wegen ... ]. Ich werde ihn beschützen auf7 dem Nil auf jedem Schiff, in das er [vso x+25] einsteigen wird, (und) auf jeder Fähre, [in der] er übersetzen wird.

Ich werde [ihn] ⸢bewahren⸣ [vor] Pusteln (?), vor Schorf/Ausschlag (?) (und) Hautflechte. Ich werde ihn vor jeder Krankheit8 (und) (plötzlicher) Blindheit (?)9 bewahren, vor einer schlimmen [vso x+30] ⸢S⸣[eu]che (?),10 vor Leid11 (und) Bitterkeit, um nicht zuzulassen, dass sie sich manifestieren in irgendeinem Körperteil [...]12 (?).

(In göttlicher Weise) gesprochen hat Thot, [der Herr Beider Länder], dieser große Gott, der Älteste, der zuerst entstanden ist. [Ich] werde Nesuanchefmaat beschützen, den Sohn von [vso x+35] Padimati (und) den Sohn von Tabiatbati, meinen klugen Diener. Ich werde ihn ausstatten mit ⸢Gerste⸣, Gold, Kupfer, Kleidung, ... (?), Emmer, Kleinvieh, Ziegen, männlichen Dienern, [vso x+40] weiblichen Dienern, mit Acker(flächen) auf dem Land, mit einem (Wohn-)Sitz auf dem Land, Tempelopfergaben (und) mit allem anderen, das er davon wünscht, um es vor den großen Gott [zu legen?].13

Ich werde ihn bewahren vor jedem bitteren Brief (und) vor jedem schlimmen Orakel. [vso x+45] Ich werde ihn bewahren vor schäbiger Verfassung, vor Trauer (und) vor Verhaftung. ⸢Ich⸣ werde ihn vor jeder Gewalttätigkeit bewahren (und) allem anderen von jeder Art. Ich werde ihn bewahren vor jeder Krankheit (und) jeder Infektion des Inneren (?).14 [vso x+50] Ich werde jedes Leiden 〈aus〉 jedem seiner Glieder vertreiben.

Ich werde veranlassen, dass mein Orakel vo[n ihm] (Besitz) ergreift (bei) Tag (und) Nacht. (In göttlicher Weise) gesprochen hat Thot, [der Herr Beider Länder], der große Gott, der Älteste, der zuerst entstanden ist: I⸢ch⸣ werde Nesuanchefmaat [beschützen], den Sohn von Ta[biat]bati, [vso x+55] (und) den Sohn von Pa⸢di⸣mati, meinen klugen [Diener]. Ich werde für ihn Amun-Re beruhigen, den König der Götter, Mut, die Große, die Herrin von Ischeru, Chons-in-⸢Theben⸣-[Neferhotep], [vso x+60] Pre-Harachte, wenn er ⸢aufgeht⸣ [in] ⸢Theben⸣, {der}15 Ptah, der Große, der südlich [seiner] Mauer ist, Herr von Anchtawi (=Memphis), Sachmet, ⸢die Große⸣, ⸢Liebling⸣ des Ptah, Bastet, die Große, die Herrin von Bubastis, Wadjet, Hatmehit, die 〈in〉mitten von Mendes ist, Schefit, [vso x+65] der Ba von Mendes, der große Gott, der Älteste (?), [...], Atum, der Herr der Beiden Länder von Heliopolis, Atum, [...] [Horsiese?],16 Min-Horus (und) Isis von Koptos, [...], Jah, Thot, der Herr Beider Länder, das Löwenpaar Ruti (?),17 der Älteste (?) der Götter, [vso x+70] Herischef, der Herr von Herakleopolis magna, Hathor, Harsomtus, Upuaut, der Herr von Assiut, Nemti, der Mächtige [...] [Göttin NN],18 Upuaut, die [...], Upuaut, [...] [...] Amun, 〈der〉 vom Lager, der Reine?  [vso x+75] [...] Horus, der Gute [...], [Amun], der Herr der Throne der Beiden Länder, (von?) der Stätte [...] [...] Achmenu, [...] [...] [...] der Götter, Mut (?), [die Vorsteherin (?)]19 [vso x+80] des Tempels der Gött[er] (?), die gute (?) [...] großes [...]-Gewässer, seine [...] sein? [...], Padimati, [...] sein [...] Tabiat⸢bati⸣,20 mein kluger Diener [vso x+85] [...].

[Ich werde ihn bewahren] [vor ihrer] bꜣ.w⸣-Macht, ⸢vor ihr⸣[rer] [...] ⸢vor ihr⸣en (schriftlichen) Anklagen/Verleumdungen (?), ⸢vor ihren⸣ Verbrechen, vor ihrer Missbilligung, (und) [vor] [ih]⸢ren⸣ zweitklassigen/schlechten Orakeln. [Ich werde veranlassen, dass] [vso x+90] sie [...] [empf]⸢angen⸣ [...]. ⸢Ich⸣ werde ⸢veranlassen, dass⸣ [...] [...] sein [...]. Ich werde mein (?) [...] geben um ihn zu erreichen (?). Ich werde ihm mein [vso x+95] [erhabenes], großes (und) ehrwürdiges [Orakel] (über)geben.

(In göttlicher Weise) gesprochen hat [Thot], der Herr Beider Länder, der große Gott, der Älteste, der 〈zuerst〉 entstanden ist. ⸢Ich⸣ werde Nesuanchefmaat [beschützen], diesen Sohn von [Tabiat]ba⸢ti⸣, ⸢diesen⸣ Sohn von [Padimati], mein⸢en⸣ klugen [vso x+100] [Diener]. Ich werde ihn [Amun-Re, Mut] (und) Chons sehen lassen, im Inneren von [...] (bei) Tag und Nacht [...?...].

1 Textverlust: Es sind noch wenige Zeichenspuren oberhalb des Ausbruchs erhalten, die jedoch so unspezifisch sind, dass sich keine Ergänzung bestimmen lässt, zumal keine Parallele zu diesem Versprechen in den anderen Texten belegt ist.

2 jr-r=w: Das Bezugswort, auf das sich das Suffix, 3. Person Plural bezieht, könnte in der Lücke in Zeile vso x+7 gestanden haben. Womöglich handelt es sich aber auch um eine verkürzte Wiederholung des Versprechens aus den Zeilen vso x+3–5.

3 Der Satz ist schwer zu verstehen und in den anderen Texten ohne Parallele. Man könnte emendieren zu: jw=j (r) ḏi̯.t ⸢mn⸣ḫ〈=f〉 (r)-ḏr=f „Ich werde ihn vollkommen ⸢vor⸣trefflich machen”, vgl. pLondon BM EA 10321 (L5), vso/OAD, rto 32, allerdings ohne den Zusatz r-ḏr=f.

4 ⸮ḏ?tf: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 41 [7]) liest ḏtf(.t) ähnlich wie in der Zeile direkt darüber. Hier ist der Begriff allerdings mit der schlechten Pustel (Aa2) klassifiziert und daher als Krankheitsbezeichnung zu werten. Edwards (ebd.) erwägt ebenfalls eine Lesung ftf. Beide Begriffe sind als Bezeichnung einer Krankheit nicht belegt. Zudem kennen wir 14 Belege dieses Versprechens aus insgesamt 13 anderen Texten (pBerlin ÄMP 10462 (B), rto x+11–12; pBerlin ÄMP 3059 (B2), rto 30–32; pKairo CG 58035 (C1), rto 27–29; pLondon BM EA 10083 (L1), rto x+10–12; pLondon BM EA 10251 (L2), rto x+49–52 u. rto x+76–77; pLondon BM EA 10730 (L7), x+15–17; pParis Louvre E 8083 (P2), rto 23–24; pParis Louvre E 25354 (P3), rto x+23–25; pParis BN E182 (P4), 22–24; pPhiladelphia Penn E 16724 (Ph), D 10–12; pTurin Cat. 1983 (T1), rto 67–68; pTurin Cat. 1984 (T2), rto 74–76; pTurin Cat. 1985 (T3), rto 34–36), in denen jeweils die erste Position der Aufzählung durch sbḥ „Lepra“ (TLA-Lemma 131930) besetzt ist. Varianten sind lediglich in der dritten und letzten Position der Aufzählung im Satz belegt, s. hierzu den Kommentar. Möglicherweise war der Schreiber im hier vorliegenden Text unkonzentriert und daher durch den Inhalt der vorausgehenden Zeile beeinflusst.

5 nꜣ wꜣj.wt n(.w) pꜣ ꜥḏ jꜣb.j nꜣ wꜣj.wt 〈n.w〉 pꜣ ꜥḏ jmn.tj: In insgesamt drei Texten der Oracular Amuletic Decrees (pLondon BM EA 10251 (L2), vso x+29/OAD, rto 29; pTurin Cat. 1984 (T2), vso/OAD, rto 45–47 und pParis Louvre E 25354 (P3), vso/OAD, rto 67–69) ist eine Göttergruppe in Verbindung mit den beiden Uferdämmen belegt: nꜣ nṯr.w pꜣ ꜥḏ jmn.tt/jꜣb.tt („die Götter des westlichen und des östlichen Uferdamms“). Die Göttergruppe (LGG IV, 478c) ist ausschließlich in den Oracular Amuletic Decrees belegt. Im pLondon BM EA 10251 (L2) sind sie als geographisches Pendant zu den Göttern des südlichen und nördlichen Ackerlandes genannt. Es ist nicht ganz klar, ob es sich bei dem hier vorliegenden Versprechen um eine eventuell verderbte Variante des Schutzes vor der Göttergruppe handelt, oder ob eine von der Göttergruppe vollkommen unabhängige Erwähnung der beiden Uferdämme vorliegt. Vermutlich ist Letzteres wahrscheinlicher.

6 ḥr(.j)-{bw}-jb: Zur Schreibung von ḥr.j/ḥr.t-jb s. Fecht, Wortakzent, 69, vgl. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 41 [12].

7 ḥr-ẖ.t: Die Präposition ḥr-ẖ.t „auf“ ist bisher nur im Demotischen (EG 321; TLA-Lemma d4189) belegt.

8 ⸢ḫꜣ.⸮y?⸣(t): Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 42 [18]) bemerkt zu dieser Stelle, dass die erkennbaren Spuren nicht zu einer Schreibung von ḫꜣ.t „Krankheit“ (Wb 3, 224.6–11; TLA-Lemma 13480) passen würden. Dem möchte ich widersprechen. Die Spuren am Ende von Zeile vso x+28 sind nicht gut zu erkennen, da Teile der oberen Schicht des Papyrus abgeplatzt sind. Nach M12 und Ff1, die noch in Resten erhalten sind, ist maximal noch Platz für ein hohes, schmales Zeichen, was gut ein Schilfblatt (M17) sein könnte. Die Schreibung ḫꜣ.y(t) klassifiziert mit der schlechten Pustel (Aa2) liegt durchaus im Spektrum möglicher orthographischer Varianten dieses Wortes, insofern sehe ich keine Notwendigkeit, hier etwas anderes zu lesen.

9 snr.tj: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 42 [19]) verweist auf eine hebräische Bezeichnung von „plötzlicher Blindheit“, wobei er auch bemerkt, dass die Bezeichnung einer Augenkrankheit im Kontext des Satzes eher unpassend ist, da am Ende des Satzes die Manifestationen der genannten Krankheiten in allen möglichen Körperbereichen erwähnt wird. Der Vorschlag wurde im Folgenden von Andreu/Cauville (in: RdE 29, 1977, 11), Meeks (AL 77.3658) sowie Lesko (Dictionary III, 64) aufgenommen und fand so Eingang in die Lemma-Liste des TLA (TLA-Lemma 137730). Hier sei darauf hingewiesen, dass die Lesung und Übersetzung im Satzkontext keinesfalls als gesichert angenommen werden kann, im Gegenteil der Satzkontext spricht sogar dagegen. Eine passendere Auflösung des Wortes kann ich jedoch nicht anbieten.

10 ⸢j⸣[⸮ꜣ?]d(.t): Die Lesung dieses Begriffs ist nicht eindeutig. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 42 [20]) macht keinen Vorschlag zur Rekonstruktion. Er liest j[_]d klassifiziert mit der schlechten Pustel (M17- ? -D46-Ff1-Aa2). Die Zeichen sind trotz beeinträchtigter Oberfläche des Papyrus in den entsprechenden Zeilen gut zu erkennen. Am Ende von Zeile vso x+29 kann man nach dem Schilfblatt noch Reste von einem schlanken Zeichen erkennen, die man eventuell als (G1) identifizieren könnte (vgl. Zeilen vso x+34 u. 40). Man könnte also vermuten, dass es sich um eine Schreibung von jꜣd.t „Mangel; Unheil; Pest“ (Wb 1, 35.16–17; TLA-Lemma 21160) handeln könnte. In den Satzkontext mit Aufzählungen von eher allgemeineren Krankheitsbezeichnung würde das sehr gut passen. Der Begriff ist hier allerdings mit bjn als schlecht qualifiziert, was eigentlich auf einen Begriff schließen lässt, der grundsätzlich neutral ist. Das trifft auf jꜣd.t nun allerdings nicht zu. Eine andere Lösung zu der Stelle kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht bieten.

11 qn.w: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 42 [21]) verweist auf qn „Fettes“ (Wb 5, 41.1–2; TLA-Lemma 160900) und vermutet darin die Bezeichnung eines krankhaften Zustands. Ich möchte trotz der ungewöhnlichen Schreibung mit Aa8 annehmen, dass es sich hier um qnj.w „Böses, Schaden, Leid, Übeltat“ (Wb 5, 48.2–13; TLA-Lemma 160970) handeln dürfte. Das passt zumindest gut in den Satzkontext.

12 [___]: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 42; Bd. 2, pl. XIVA) macht keine konkreten Angaben. Zu Beginn der Lücke liest er ein Schilfblatt (M17), das ich an der Stelle nicht nachvollziehen kann. Zwar sind Reste eines senkrechten und eines Schrägstrichs erhalten, doch ist der Schrägstrich für ein Schilfblatt viel zu hoch in der Zeile. Man erwartet etwas wie ḥꜥ „Körper“ o.a., doch ist auch dies nur schwer mit den erhaltenen Resten in Verbindung zu bringen.

13 _⸮m?_: Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. XIVA, Bd. 1, 42) liest n ḥr (n D2-Z1-Ff1) ohne eine Lesung bzw. eine Übersetzung anzubieten. Die Lesung kann ich allerdings nicht nachvollziehen, vgl. ḥr in Zeile rto 84. Der Schrägstrich, den er als Ff1 liest, dürfte wohl eher zum folgenden M34 gehören. Der Strich in der Mitte sieht in seinem Schwung eher nach einem m aus. Letztlich kann ich allerdings keine plausible Lesung für die Gruppe von vermutlich 3 Zeichen anbieten, die in diesem Kontext Sinn machen würde.

14 jm.⸮wt?: Die Lesung des letzten Wortes in der Zeile ist schwierig. Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. XIVA) transliteriert Z11-M17 über Ff100, was im Vergleich zu rto 37 (jm.j-ẖ.t) sehr gut passt. Die letzte Gruppe lässt er offen und vermutet, dass das Wort eventuell nicht vollständig sein könnte (HPBM 4, Bd. 1, 43 [34]) und vermutlich einen Teil des Körpers bezeichnen dürfte. Es bleibt eine Gruppe am Ende der Zeile, denn das Wort geht nicht über die Zeile. In der nächsten Zeile haben wir bereits den Beginn des folgenden Satzes. Die erkennbaren Reste am Ende der Zeile könnten als eine etwas grobe Verschreibung von w-Schlaufe (Z7) über t-Brot (X1) gedeutet werden, so dass man mit jm.wt (?) eine etwas allgemeine Bezeichnung des Inneren des Körpers vorliegen hätte. Ich denke allerdings, dass ursprünglich eine konkretere Bezeichnung eines Körperbereichs (z.B. jm.j-ẖ.t o.ä.) intendiert war und der Schreiber hier eventuell etwas ausgelassen oder missverstanden haben könnte.

15 {pꜣ}: Der Schreiber hat die Binse neu eingetaucht und offenbar (vielleicht beeinflusst durch den vorausgehenden Götternamen „Pre-Harachte“ in Zusammenspiel mit dem folgenden Anlaut p) zunächst mit pꜣ (G41) zur Schreibung des bestimmten Artikels angesetzt, dann aber direkt den Götternamen „Ptah“ angeschlossen ohne die Schreibung des Artikels mit dem Geier (G1) zu vervollständigen bzw. das bereits Geschriebene zu korrigieren, vgl. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 43 [42]. Die Lesung zꜣ „Sohn“, die Edwards (ebd.) präferiert, halte ich im vorliegenden Zusammenhang für eher unwahrscheinlich.

16 [⸮Ḥr.w-zꜣ?]-⸢⸮Ꜣs.t?⸣: Am Ende von Zeile vso x+67 ist der jeweils obere Teil einer Gruppe (Q1-X1-G7) zu erkennen, die gut zu Ꜣs.t ergänzt werden kann. Da nicht wie in der folgenden Zeile die Kobra als Götterklassifikator geschrieben ist, sondern der Falke auf der Standarte, ist davon auszugehen, dass hier ein Gott genannt ist, und so liegt die Ergänzung zu „Horsiese“ nah.

17 ⸮Rw.tj?: Edward (HPBM 4, Bd. 1, 44 [50]) mit Verweis auf Gardiner (AEO II, 18*) geht davon aus, dass es sich bei dem ersten Zeichen des Götternamens um zwei Finger auf einer Standarte als Verschreibung von zwei Falken im Boot handeln dürfte, das den Gott des 10. oäg. Gaus bezeichnet. Er liest dementsprechend Ꜥnt.jw, doch ist nach heutigem Kenntnisstand mit Graefe (Götter und Kulte im 12. und 10. oäg. Gau, 14–24) dieser Gott während der Dritten Zwischenzeit und später nṯr.wj (aus altem nmt.jwj) zu lesen. Die Schwierigkeit ist nun aber, dass wir im vorliegenden Papyrus ein hieratisches Zeichen haben, das kaum als irgendetwas anderes gedeutet werden kann. Aber die Schreibung des Götternamens ist doch ungewöhnlich: Anstelle von t (X1) und Schrägstrich (Ff1) haben wir hier einen Semogrammstrich (Z1) sowie zwei liegende Löwen (E23) mit anschließendem Götterklassifikator (G7).
Bei einem Götternamen mit zwei Löwen denkt man in erster Linie an das Torwächterlöwenpaar Rw.tj, doch wie wäre dann das erste Zeichen zu deuten? Geht man davon aus, dass Rw.tj gemeint sein könnte, dann müsste man in dem ersten Zeichen eine sehr reduziert geschriebene Variante des Tordurchgangs (O32) erkennen. Tatsächlich wäre hier dann lediglich der untere Teil des Zeichens geschrieben, das für gewöhnlich oberhalb dieser Gruppe noch mindestens zwei Querstriche sowie eine Anzahl von Punkten darüber aufweist. Eine Parallele für eine so schlichte Schreibung ist mir nicht bekannt.
Da beide Deutungen des Götternamens Schwierigkeiten bereithalten, möchte ich keine Wertung vornehmen, sondern beide Optionen als Lesung anbieten. Die folgende Götterbezeichnung sms.w-nṯr.w „Ältester der Götter“ bietet leider auch keine weiterführenden Hinweise.

18 Nꜣ-[___]: Am Ende von Zeile vso x+72 und zu Beginn von Zeile vso x+73 ist vermutlich der Name einer Göttin verloren. Das Zeilenende ist unleserlich und der Beginn der nächsten Zeile ist abgebrochen. Erhalten ist auf der Bruchkante der Rest einer Kobra als Klassifikator für eine Göttin. Darauf folgt etwas abgeplatzt aber doch leserlich ein zweites Mal der Göttername „Upuaut“ mit G7 als Klassifikator. Im weiteren Verlauf der Zeile haben wir vor der linken Bruchkante noch eine dritte Erwähnung von „Upuaut“. Zwischen diesen beiden Götternamen ist ein Epitheton oder ein Göttername geschrieben, dessen Identifizierung Schwierigkeiten bereitet. Sicher ist der Klassifikator G7 am Ende und die Gruppe nꜣ (Artikel Pl., vgl. z.B. vso x+21 und 22) zu Beginn des Ausdrucks. Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. XVA) liest [_]nḥ.t ([_] über Wasserlinie N35, -Docht V28, t-Brot X1 über Ei H8). Die Lesung ist aus meiner Sicht alles andere als eindeutig, so könnte man überlegen, ob das obere Zeichen in der ersten Gruppe (das von Edwards nicht identifiziert wurde) möglicherweise einen etwas beschädigten Hausgrundriss (O1) darstellen könnte. Der folgende Strich wäre dann wohl als Semogrammstrich Z1 zu werten und der Begriff könnte eventuell eine Ortsangabe darstellen. Eine plausible Lesung des gesamten Ausdrucks in dieser Richtung kann ich allerdings zurzeit nicht anbieten.

19 [⸮ḫnt.jt?]-ḥw.t-nṯr[.w]: Am Ende von Zeile vso x+79 und zu Beginn von Zeile x+80 ist der Text verloren. Erhalten hat sich recht gut lesbar ḥw.t-nṯr mit folgendem Götterklassifikator G7. Es ist sehr verführerisch, hier ein Epitheton der vorausgehenden Göttin Mut zu vermuten, da die Kobra als Klassifikator für weibliche Gottheiten zwar regelmäßig, aber nicht ausschließlich Verwendung findet. Die Göttin Mut kann als „Vorsteherin des Tempels der Götter“ bezeichnet werden (LGG VIII, 222). Der Platz, der zur Verfügung steht, würde passen. Eine Ergänzung zu nṯr.w – gleichwohl ohne Pluralklassifikator – ließe sich mit den zur Verfügung stehenden Resten vereinbaren. Das folgende tꜣ nfr bleibt rästelhaft und gibt keine weitergehenden Hinweise. Letztendlich bleibt die Ergänzung natürlich ohne absichernde Argumente spekulativ.

20 [...] [___]=f Pꜣ-ḏi̯-Mꜣ.t[j](t) [..] [___]=f Tꜣ-bjꜣ.t-⸢bꜣ.tj⸣: Der Zusammenhang am Ende des Satzes ist aufgrund der Zerstörungen etwas unübersichtlich. Am Ende der langen Liste mit Götternamen ist offenbar nochmal explizit auf den Orakelbesitzer verwiesen worden, d.h. das n=f am Anfang des Satzes wird nochmals aufgenommen. Der Name des Besitzers ist allerdings nicht erhalten, lediglich die Namen der Eltern sind erhalten. Auch entsprechende Filiationsangaben sind nicht erhalten, aber es gibt vor den Namen der Eltern jeweils ein Suffixpronomen 3. Singlular maskulinum, was auf Angaben wie [mw.t]=f bzw. [jtj]=f spricht. Für die Angabe des Besitzers bleibt lediglich Platz am Ende von Zeile vso x+82, wobei dies aber schwer mit dem zu Beginn der Zeile lesbaren Text zu verbinden ist. Eine überzeugende Rekonstruktion des Satzendes kann ich daher nicht liefern.