sḏḥ „Unterschenkel“
sḏḥ: Ein Körperteil von Menschen und Tieren; sowohl die Positionierung in Körperteillisten oder Reihungen von Körperteilen als auch die gelegentliche Klassifizierung mit dem Bein sprechen dafür, dass es sich um eine Bezeichnung für das Bein oder einen Teil davon handelt. Es kann auch mit dem Knochen klassifiziert werden, hat also einen knöchernen oder zumindest harten (vgl. die Schreibung von ḥnn: „Phallus“ mit Knochen in pTurin CGT 54050 und pChester Beatty I) Bestandteil. Andererseits wird es auch oft mit dem Fleischstück geschrieben; dies und die explizite Erwähnung von jwf n sḏḥ in pBoulaq 11 (DZA 29.917.760) belegen, dass es auch fleischige Bestandteile aufweist.
Schon früh ist sḏḥ als Bezeichnung des Unterschenkels angesehen worden, weil es auf der Metternichstele zwischen mn(.t).j: den „Oberschenkeln“ und rd.wj: den „Füßen“ steht, s. H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. V (Leipzig 1880), 1276–1277, und vgl. L. Stern, Glossarium, in: G. Ebers (Hrsg.), Papyros Ebers. Das hermetische Buch über die Arzeneimittel der alten Ägypter in hieratischer Schrift. Vol. 2 (Leipzig 1875), 1–63, hier 43a, gefolgt (?) von Wb 4, 394.1–4, H. von Deines – W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Zweite Hälfte (h–ḏ), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.2 (Berlin 1962), 833 und J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 276. Im Rezept Eb 128 ist einmal das ḥꜣ.t sḏḥ: „Vorderseite von sḏḥ“ belegt, was H. von Deines – W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Zweite Hälfte (h–ḏ), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.2 (Berlin 1962), 833 als „Vorderseite des Unterschenkels“ und damit „Schienbein“ auffasst. (B. Ebbell, The Papyrus Ebers. The Greatest Egyptian Medical Document (Copenhagen, London 1937), 41 übersetzt dagegen nur mit „front of the leg“, versteht sḏḥ also nur unspezifisch als „Bein“, ebenso T. Bardinet, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique, Penser le médecine (Paris 1995), 268: „la partie antérieure de la jambe“.) G. Lefebvre, Tableau des parties du corps humain mentionnées par les Égyptiens, Supplément aux Annales du Service des Antiquités de l’Egypte 17 (Le Caire 1952), 49, § 56 vermutet in der Doppelsetzung des Knochenklassifikators in der Schreibung des Duals einen möglichen Hinweis darauf, dass der Begriff sowohl Schienbein als auch Wadenbein umfasst. Diese Idee findet Anklang bei H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriß der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 93, W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999), 226, und Walker, ebd., muss aber angezweifelt werden, da zu klären wäre, inwiefern sich diese Schreibung von anderen Doppelsetzungen des Klassifikators bei einem Dual unterscheidet. Das jwf n sḏḥ von pBoulaq 11 ist nach einer Idee von Dawson (A. H. Gardiner, Ancient Egyptian Onomastica. Vol. I (Oxford 1947), 17) wohl als „shin of beef“, als Haxe, zu verstehen.
Dr. Lutz Popko