Oracular Amuletic Decree L1 (Papyrus London BM EA 10083)
Übersetzung und Kommentar
Oracular Amuletic Decree L1 (Papyrus London BM EA 10083)
Recto
[… … …] [Wir werden sie retten aus der Hand von Chons]1, [Rto. x+1] dem jugendlich Existierenden, (und von) Chons, dem Pläneschmieder: diesen 2 großen, lebendigen Pavianen, die zur Rechten (und) Linken von Chons in Theben, dem vollkommen Gnädigen, ruhen, (und) die [Rto. x+5] diejenigen sind, die eine Schrift von Tod und Leben2 herausgebracht haben.
Wir werden sie retten aus der Hand Sachmets und ihres Sohns.
1 [jw=n (r) šdi̯=st m-ḏr,t]: Ergänzung nach den Parallelen in T1, Rto (= OAD, rt.) 53; T2, Vso. 85; P3, Rto. 87; B, Rto. 53.
2 Zur religionsgeschichtlichen Einordnung von schicksalsbestimmenden Büchern im Alten Ägypten, s. H. Brunner, Buchführung über Leben und Tod, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 115, 1988, 14–19.
Wir werden sie bewahren vor dem Herabstürzen einer Mauer (und) vor der Verwüstung (wörtl. zerstampfen, zerstören) eines Gewittersturms.
[Rto. x+10] Wir werden sie bewahren vor Aussatz/Lepra, vor Augenleiden/Blindheit (und) vor dem Wirken des Udjat-(Auges)3, während der (= ihrer) gesamten Lebensdauer.
3 jri̯(.t) wḏꜣ.t: Der Begriff ist uneindeutig. Edwards (1960a, 2, n. 9) emendiert hier jri̯ zu jr.t „Auge“ und liest „Udjat-eye (?)“ mit Hinweis auf Belege, die an der Stelle jr.t mw.t „Auge eines Toten“ schreiben (L 2, OAD, Vso. 50, 76–77; P 4, 23; s. auch pBerlin P 3059, 31–32: H.-W. Fischer-Elfert, Magika Hieratika in Berlin, Hannover, Heidelberg und München, Ägyptische und Orientalische Papyri und Handschriften des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung Berlin 2 (Berlin 2015), 90), wobei 10 weitere Belege ähnliche Schreibungen aufweisen, wie diese in unserem Papyrus, s. eine Zusammenstellung der Belege bei Grams 2017, 82–83. Edwards vermutet, dass zwei Versionen sich vermischt haben könnten, da ihm der Infinitiv jri̯ in Verbindung mit dem Udjat-Auge keinen Sinn zu geben scheint. Fischer-Elfert (2018, 108) nimmt den Infinitiv ernst und liest wörtlich „Wirken des Udjatauges“, dem hier gefolgt wird. Er setzt dies in Verbindung mit dem „Bösen Blick“. Auch sieht er in der Bezeichnung des Auges jr.t ein Derivat der Wurzel jri̯ „machen, tun, handeln“, s. H.-W. Fischer-Elfert, Lesefunde im literarischen Steinbruch von Deir el-Medineh, Kleine ägyptische Texte 12 (Wiesbaden 1997), 138, Anm. 70. Dass es sich um ein schädliches Wirken handelt, ist erkennbar an der Klassifikation des Begriffs mit dem Sterbenden in Abkürzung (Z6). Ähnlich interpretiert Grams (ebd.) diese Stelle, wobei sie das „Wirken des Udjatauges“ auf die göttliche Sphäre beschränkt im Vergleich zu anderen Ausdrücken, die das Phänomen beim Menschen bezeichnen (jr.t bjn.t). Eine vergleichbare Verwendung liegt in einem magischen Spruch gegen Schlangen vor (pTurin Cat 1993, Vso. 4.12), s. J. F. Borghouts, The ram as a protector and prophesier, in: Revue d’égyptologie 32, 1980, 33–46, hier: 35, mit n. 15. Allgemein zur Bedrohung durch und zum Schutz vor dem „Bösen Blick“ von Menschen oder Göttern, s. J. F. Borghouts, The Evil Eye of Apopis, in: Journal of Egyptian Archaeology 59, 1973, 114–150, bes. 142–148; N. Grässler, Konzepte des Auges im alten Ägypten, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 20 (Hamburg 2017), 317–325.
Wir werden sie retten aus der Hand der 7 Sterne des Großen Wagens (wörtl. des Vorderschenkels).4
Wir werden sie retten aus der Hand des Sterns, der vom Himmel [Rto. x+15] fällt (= Meteorit) und einen Menschen niederstreckt.
4 pꜣ 7 sbꜣ n(.j) pꜣ msḫ.tjw: Nach Leitz (Tagewählerei. Das Buch ḥꜣt nḥḥ pḥ.wy ḏt und verwandte Texte, Ägyptologische Abhandlungen 55 (Wiesbaden 1994), 244–246) sind die sieben Sterne des Großen Wagens mit den ḫꜣtyw-Dämonen zu verbinden, die als Helfer des Sonnengottes gegen Apophis die Macht zu strafen und zu töten haben. Hieraus entwickelt sich wohl eine Ambivalenz ihres Wesens, das sowohl als positiv aber auch als gefährlich eingestuft werden kann. So werden die ḫꜣtyw u.a. als Bringer von Krankheiten angesehen und auch in den OAD sind sie als Bedrohung genannt (z.B. in: L1 Rto. x+48 u. L3, A x+2–4). Das Sternbild des Großen Wagens wird von Leitz (Tagewählerei. Das Buch ḥꜣt nḥḥ pḥ.wy ḏt und verwandte Texte, Ägyptologische Abhandlungen 55 (Wiesbaden 1994), 246) so erklärt, dass sich die sieben Sterne (oder die ḫꜣtyw) als Schutzgötter um den dunkel gedachten Rinderschenkel, der mit Seth verbunden wird, aufgestellt haben, um ihn zu bewachen. Diese Vorstellung ist im spätptolemäischen Papyrus Jumilhac (XVII, 10–2) formuliert, s. Leitz (Tagewählerei. Das Buch ḥꜣt nḥḥ pḥ.wy ḏt und verwandte Texte, Ägyptologische Abhandlungen 55 (Wiesbaden 1994), 251).
Wir werden sie retten aus der Hand der Neunheit des Südlichen Heliopolis.
Wir werden sie bewahren vor deren (der Neunheit) Frevel.
Wir werden sie (die Neunheit) ruhig sein lassen für sie.
Wir werden [Rto. x+20] sie (die Neunheit) auf ihre Gebete reagieren (wörtl. sprechen) lassen.
Wir werden sie retten aus dem Einfluss der Bücher vom Anfang des Jahres (und) aus dem Einfluss der Bücher vom Ende des Jahres.
Wir werden sie bewahren vor jeder Tod(esart), vor jeder Krankheit, vor jeder Beschwerde, vor jedem Verbrechen, vor jeglicher [Rto. x+25] Unordnung, vor jeder Frustration/Ungeduld5, vor jeder üblen (Nach)rede, vor jeder bitteren Rede, vor jeder zweit(rangig)en Rede6 (und) vor spottender Rede7.
Wir werden sie bewahren vor jeglichem schlimmen Schicksal, vor jedem bösen Blick (wörtl. Auge), vor jedem bösen Sicht(omen), [Rto. x+30] vor jeder bösen Zerstörung/Narbe (?), vor jeder bösen Farbe.
5 ꜣ~rʾ~rʾ: Das Wort ꜣrr ist bisher nur in den Oracular Amuletic Decrees belegt (L1, Rto. 25). Edwards (1960a, 3, n. 16) schlägt als Übersetzung „frustration“ vor, mit Verweis auf kopt. ⲁⲗⲱⲗ „be impatient, desire eagerly“ (W. E. Crum, A Coptic Dictionary (Oxford 1962), 6a) bzw. „ungeduldig, unwillig sein, erstreben“ (W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch (Heidelberg 1965–1977), 4).
6 md.t nb 2nw: Vgl. Edwards 1960a, 3: „every (kind of) mean word“, was inhaltlich problematisch ist, weil die Bösartigkeit der Rede nicht explizit ausgedrückt ist. Fischer-Elfert (2018, 109) hingegen schlägt „jegliche zweitrangige Rede“ vor, was thematisch eben so viel Sinn ergibt und inhaltlich nah am Original bleibt.
7 md,t pwjꜣṯ(.t): „spottende Rede“, vgl. H.-W. Fischer-Elfert, Magika Hieratika in Berlin, Hannover, Heidelberg und München, Ägyptische und Orientalische Papyri und Handschriften des Ägyptischen Museums und Papyrussammlung Berlin 2 (Berlin 2015), 91.
Wir werden sie bewahren vor dem bꜣw-Machterweis von Amun, Mut und Chons, Amenemope, Month und Maat.
Wir werden sie bewahren vor [Rto. x+35] einem bitteren Orakelentscheid (und) vor bitterer Rede.
Wir werden sie retten aus der Hand der Götter, die einen Menschen beim Rückzug/auf der Flucht schnappen (wörtl. nehmen), aus der Hand der Götter, die einen Menschen als Beute schnappen (wörtl. nehmen), (und) aus der Hand der Götter, die [Rto. x+40] einen Menschen auf den Feldern finden und die ihn (= den Menschen) in der Stadt töten und umgekehrt.
Wir werden sie retten aus der Hand von jedem Gott (und) jeder Göttin, die (furchtbare) bꜣw-Macht (auf)nehmen, wenn sie nicht zufrieden sind.
Wir werden sie retten aus der Hand der [Rto. x+45] Götter, die (irgendwelche) Menschen schnappen anstelle eines (anderen) Menschen.
Wir werden sie retten aus der Hand des großen Fürsten in Heliopolis.
Wir werden sie bewahren vor jeglicher Einwirkung eines Krankheitsdämons (und) vor jeglicher Einwirkung eines Wanderdämons.
Wir werden sie bewahren vor jeglichem Krankheitsleid (wörtl. Bitterkeit) [Rto. x+50] (und) vor jeglicher Hitze.
Wir werden veranlassen, dass Kraft dauert in jedem ihrer Glieder.
Wir werden sie retten aus der Hand jedes Gottes (und) jeder Göttin des gesamten Landes, (sei es) im Himmel, auf der Erde, im Süden, im Norden, im Westen [Rto. x+55] (oder) im Osten.
Wir werden ⸢sie⸣ bewahren [vor] dem Überfluten des Herzens (und) vor dem Versinken des Herzens.8
Wir werden ihren Mund öffnen, um zu sprechen.
Wir werden ⟨veranlassen⟩, dass sie verschont bleibt vor jeder Einwirkung bei [jeder] ⸢Reise⸣, [Rto. x+60] die sie unternehmen sollte, in jedem Sanktuar, in das sie eintreten sollte, an jedem Ort, an den sie gehen sollte.
8 hrp n(.j) ḥꜣ.t(j): Das Versinken des Herzens könnte eventuell mit einer Stelle im Papyrus Ebers (Eb 855o) in Verbindung gebracht werden, wo allerdings das jb-Herz aufgrund von Bitterkeit (dḥr.t) einsinkt (hrp), vgl. Fischer-Elfert 2018, 164.
Wir werden sie behüten am Mittag.
Wir werden sie bewachen bei Nacht.
Wir werden sie halten9 [Rto. x+65] bei Nacht, bei Tag (und) zu ⟨jeder⟩ Zeit.
9 mḥ.ṱ n-jm =st: Trotz der Klassifikation mit dem schlagenden Mann (A24) bei mḥ ist an dieser Stelle sicherlich nicht von einem gewaltvollen „Packen“ auszugehen, sondern ein mindestens neutrales (Fest)halten vorzuziehen.
Wir werden sie retten aus der Hand der Götter der Dekade, [d]⸢ie⸣ umkehren10 zu ihren Gefährten.
Wir werden sie bewahren vor jedem bösen Wanderdämon.
10 ꜥny.t: Zur Verwendung des Verbs ꜥnn „(sich/etwas) umwenden, zuwenden“ (Wb 1, 188.13–189.7) als Bezeichnung für den Untergang der Dekansterne, s. Edwards 1960a, 7–8 [54].
Wir werden sie bewahren vor [Rto. x+70] jeglichem schlimmen Anhalten des Sprechens.
Wir werden sie beschützen ⟨auf⟩ dem Schiff, am Uferdamm, bei jeder Art von Reise, die sie unternehmen sollte, (und) an jedem Ort ihrer Wahl.
⟨Wir⟩ werden für sie alles Glück [Rto. x+75] bereiten, jedwedes gute Schicksal (und) eine schöne Kindheit.
Verso
[... ... ...] [Vso. x+1] [Wir werden ihre beiden Hände gesund erhalten]1 (und) [de]ren 10 Finger.
Wir werden ihre beiden (Körper)seiten gesund erhalten.
Wir werden ihren Bauch gesund erhalten.
Wir werden ihren Nabel2 gesund erhalten.
[Vso. x+5] Wir werden ihr Rektum gesund erhalten.
Wir werden ihren Rumpf/ihre Bauchhöhle (wörtl. Kasten) bis zu seiner Flanke gesund erhalten.
Wir werden ihre beiden Oberschenkel und ihre beiden Unterschenkel gesund erhalten.
Wir werden die [Vso. x+10] 10 Zehen (wörtl. Finger) ihrer beiden Füße gesund erhalten.
Wir werden ihren Leib, all ihre Glieder von ihrem Kopf bis zu ihrer Fußsohle gesund erhalten.
1 jw=n r snb ḏr,t=s 2: Ergänzung nach Edwards 1960a, 9, n. 1.
2 ẖpw: Edwards (1960a, 9, n. 4) übersetzt mit Verweis auf Ebbell (The Papyrus Ebers. The Greatest Egyptian Medical Document (Copenhagen/London 1937), 109, 117, 123) „pudenda“ (Schamgegend, Vulva), was abzulehnen ist, s. Dils, Wort-Kommentar (WCN 122880).
– 2Q leer –3 Month-Re-Harachte, der Herr von Theben, [Vso. x+15] der inmitten des Südlichen Heliopolis ist.
– 1/2Q leer –3 Junit, die inmitten des Südlichen Heliopolis ist, die erhabenen Götter, die Ältesten, die zuerst entstanden sind.
3 In der Leerstelle ist ḏd „es spricht“ zu ergänzen. Die Orakelamulette wurden zunächst mit der Leerstelle produziert, ḏd wurde erst bei Ausführung des Orakels nachgetragen. Dies ist in manchen Fällen durch den Tintenfluss zu erkennen. Die Tatsache, dass in diesem Papyrus diese „Validierung“ ausblieb, deutet darauf hin, dass das Amulett niemals als solches verwendet wurde. Dazu passt, dass für die Besitzerin ein zweiter „validierter“ Amulettpapyrus (T2 = P. Turin 1984) erhalten ist, s. Edwards 1960a, xvii.
Wir werden schützen Buiruharchons [Vso. x+20], deren Mutter Djedchons (ist), unsere Dienerin, unser Mündel.
Wir werden sie schützen vor einem wr.t-Geist eines Kanals, vor einem wr.t-Geist eines Brunnens, vor einem wr.t-Geist eines Flusses, vor einem wr.t-Geist eines [Vso. x+25] Teichs, vor einem wr.t-Geist eines Tümpels vor einem wr.t-Männergeist, vor einem wr.t-Frauengeist, vor dem wr.t-Geist ihres Vaters (und dem) ihrer Mutter, vor einem wr.t-Geist ihrer Familie ihres Vaters [Vso. x+30] (und einem) ihrer Familie ihrer Mutter.
Wir werden sie (= die wr.t-Geister) beruhigen für sie.
Wir werden ihr Schutz geben vor ihnen (= den wr.t-Geistern) während ihrer4 gesamten Lebensdauer.
4 m-ḏr.t=w: Unterhalb der Gruppe ist der Papyrus etwas verschmiert. Eventuell hat der Schreiber dort einen Fehler ausgewischt und überschrieben.
Wir werden sie beschützen vor (Schadens)zauber eines Syrers, [Vso. x+35] vor (Schadens)zauber eines Nubiers, vor (Schadens)zauber eines pw~wꜣ~dj-Libyers5, vor (Schadens)zauber eines Menschen aus Ägypten, vor (Schadens)zauber eines Zauberers (und) einer Zauberin, vor jeglichem (Schadens)zauber [Vso. x+40] aller Art.
5 pwꜣdj: Bezeichnung für einen Libyer bzw. einen libyschen Stamm, der auf einer Statue Osorkons II. (Philadelphia E 16199 u. Cairo JE 37489) als gefährlich beschrieben ist (Ritner 2009, 286 [16]) und der in der späteren ägyptischen Geschichte die Rolle der mšwš übernahm, s. K. Zibelius, Afrikanische Orts- und Völkernamen in hieroglyphischen und hieratischen Texten, Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients. Reihe B (Geisteswissenschaften) 1 (Wiesbaden 1972), 113–114. Zur Lesung und Identifizierung, s. E. Graefe, Der libysche Stammesname p(j)d(j)/pjt im spätzeitlichen Onomastikon, in: Enchoria 5, 1975, 13–17; vgl. ferner: Edwards 1960a, 10, n. 23; G. Posener, La première domination perse en Égypte. Recueil d’inscriptions hiéroglyphiques, Bibliothèque d’étude 11 (Le Caire 1936), 186–187.
Wir werden sie bewahren vor Kopfekzem, vor Hautflechte, vor tnmm.t-Schorf6, vor der ḥmk.t-Krankheit, vor der ṯrrw-Krankheit (und) vor pšj-Pusteln.
Wir werden sie bewahren ⸢vor (?)⸣ jedem [Vso. x+45] Leid im Inneren der Gedärme (und) vor jeder Krankheit, die entsteht.
6 tnmm.t: Der Begriff ist bisher nur einmal belegt. Er findet in den Oracular Amuletic Decrees (OAD) Erwähnung im Kontext einer Aufzählung von schwerwiegenden Hautkrankheiten (L1, Vso. x+42; Grams 2017, 69–70; J. F. Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke nach dem „Buch vom Tempel“, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.) Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15.-16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 63–80, 78). Edwards (1960a, 11 [27]) vermutet, dass es sich bei dieser Bezeichnung um eine Schreibvariante der tmy.t-Krankheit (Wb 5, 306.9; H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 952–953; W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), 382–386) handeln könnte, da diese im pHearst (XI, 10) ebenso wie in den OAD im Zusammenhang mit mšš.t und mšpn.t genannt ist. Bardinet (Remarques sur les maladies de la peau, la lèpre, et le châtiment divin dans l’Égypte ancienne, in: Revue d’égyptologie 39, 1988, 3–36, hier: 18, 23) folgt dem, wobei er tmy.t mit nsy.t in Verbindung bringt und daher als schwerwiegende, ansteckende Hautkrankheit interpretiert, was für den Kontext in den OAD gut passt. Fischer-Elfert (Abseits von Ma'at. Fallstudien zu Außenseitern im Alten Ägypten, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 1 (Würzburg 2005), 47, 50) verweist auf tnm jḥꜥ.t im Buch vom Tempel, das er mit kopt. ⲧⲱⲗⲙ/ⲧⲛⲟⲙ „dirt, impurity“ (W. E. Crum, A Coptic Dictionary (Oxford 1962), 410b) verbindet und mit „fleckig“ übersetzt. Ein Beleg im Edfu-Tempel (II, 672) scheint diese Verbindung zu bestätigen, denn hier wird von einem Stier vor der Schlachtung dnmm abgewaschen, s. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 1146. Dort ist das Wort ebenso wie in den OAD mit der Pustel (Aa2) klassifiziert. Da es im Rahmen einer Aufzählung von schwerwiegenden, unheilbaren Hautkrankheiten vorkommt, kann man nicht davon ausgehen, dass es sich um abwaschbaren Schmutz handeln dürfte, sondern um eine Form der Hautveränderung, die entweder verschmutzter Haut ähnlich sieht, wie etwa Schorf o.ä., oder dass durch das Wort eine Form der allgemeinen Unreinheit des Erkrankten ausgedrückt ist. Im Buch vom Tempel wird der Hautveränderung „glatte Haut“ entgegengesetzt, was eventuell auf einen schorfigen Ausschlag schließen lässt.
Wir werden Amun zu ihr bringen zu seiner Zeit.
Wir werden nicht zulassen, dass Menschen ihr entgegenstehen (wörtl. auf ihr stehen).
Wir werden Nechbet zu ihr bringen, wenn sie [Vso. x+50] besänftigt ist.
Es sprachen diejenigen, nämlich die erhabenen Götter, die Ältesten, die zuerst entstanden sind.
Was jedes gute Versprechen angeht, das man in diesem Orakel aufgeschrieben (wörtl. gemacht) hat, und ferner die, die man vergessen hat [Vso. x+55] zu notieren (wörtl. zu machen): sie entsprechen denjenigen (wörtl. sie sind ebenso wie), die (den Göttern) täglich vorliegen.7
Wir werden sie (die Versprechen) zum Guten der Buiruharchons, deren Mutter Djedchons (ist), unserer Dienerin, ausführen.
7 Die „Vergessensklausel“ ist in diesem Text ausführlicher formuliert als in anderen Orakeldekreten und weist darauf hin, dass vermutlich zusätzlich zu dem Amulett-Dekret des Schützlings, das dieser um den Hals trägt, ein Duplikat existiert hat, das im Tempel aufbewahrt wurde, s. M. Römer, Gottes- und Priesterherrschaft in Ägypten am Ende des Neuen Reiches. Ein religionsgeschichtliches Phänomen und seine Grundlagen, Ägypten und Altes Testament 21 (Wiesbaden 1994), 269 [§ 293].
[Vso. x+60] Wir werden ⟨ihren⟩ Leib mit männlichen Kindern (und) Mädchen füllen.
Wir werden sie ausscheiden (= im Sinne von gebären?)8 lassen.
Wir werden veranlassen, dass sie (= die Kinder) ausgesandt werden und dass sie ihr Bericht erstatten.
Wir werden ihr [Vso. x+65] Haus anfüllen mit Rindvieh, mit Kleinvieh, mit Dienern (und) Dienerinnen, mit Gerste, mit Emmer, mit Kupfer(gerät ?) (und) mit Kleidung.
8 ḫꜣꜥ: Der Textlogik folgend, erwartet man nach Schwangerschaft und vor dem Gehen lassen der erwachsenen Kinder die Geburt der Kinder. Die Verwendung des Verbums ḫꜣꜥ „werfen, legen, verlassen ausscheiden“ (Wb 3, 227.3–228.25) ist daher ungewöhnlich. Klassifiziert mit der sitzenden Frau könnte aber genau das ausgedrückt sein. Edwards (1960a, 12 [43]) interpretiert die Stelle als „Gehen lassen der (erwachsenen) Kinder“, was die Emendation eines Pronomens als direktes Objekt erfordert.