Oracular Amuletic Decree B (Papyrus Berlin 10462)

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Europa » Deutschland » (Städte A-G) » Berlin » Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben

Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Edwards (1960, xiii) geht bei den Oracular Amuletic Decrees generell von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den in den Texten genannten Göttern festmacht. Dies gilt auch für diesen Text, da es sich bei dem orakelgebenden Gott um Amenemope handelt.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 21. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 22.–23. Dynastie

Edwards (1960, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (1960a, xiv) und Ritner (2009, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (1963, 32; 1979, 175, Anm. 5) und ihr folgend Verhoeven (2001, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (Sourouzian 2010, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten jedoch nicht miteingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.

Textsorte
Oracular Amuletic Decree
Inhalt

Der orakelgebende Gott, Amenemope, verspricht der Besitzerin des Amuletts, deren Name nicht erhalten aber deren Mutter als Ruia angeben ist, Schutz vor unterschiedlichen Gefahren und Bedrohungen sowie die Gesunderhaltung ihres Körpers. Die Beschreibung des Körpers in seinen Einzelteilen sowie die Aufzählung der Gefahren und Bedrohungen generiert sich aus einem standardisierten Katalog, der allen Texten des Korpus zugrundeliegt, s. Grams 2017, 55–100.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray 1972, 151–153; Bourriau/Ray 1975, 257–258), um den Hals getragen und dienten somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß 2019, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß 2019, 26–36; Adderley 2015, 193; Edwards 1960, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.

Die Texte sind generell als Götterrede konzipiert, die durch die Phrase „Göttername + ḏd“ eingeleitet wird. Im Text L1 (pBM EA 10083) ist an den Stellen, wo man ḏd „sagen“ erwartet, jeweils etwas Platz frei gelassen. Edwards (1960a, xvii) geht davon aus, dass die Lücken erst, nachdem der Papyrus den Göttern vorgelegt worden ist, ausgefüllt wurden, und erst durch diesen Akt die Wirksamkeit gewährleistet war. Somit wäre der Text L1 niemals wirksam gemacht worden und folglich wohl auch nicht getragen worden. Die Tatsache, dass uns für die gleiche Besitzerin mit dem Papyrus Turin Cat. 1984 (OAD, T2) ein weiterer Papyrus vorliegt, in dem sich keine Lücken befinden, eine entsprechende „Validierung“ also stattgefunden haben muss, unterstützt diese These. Aus welchen Gründen der Text L1 (pBM EA 10083) offenbar ausgemustert wurde, ist allerdings unklar.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schreibblatt
Technische Daten

Der Papyrus ist nicht vollständig erhalten, der Beginn des Textes fehlt und auch an den Rändern, vor allem auf der rechten Seite, ist einiges an Text verloren gegangen. Das erhaltene Stück ist 4,5 cm breit und 109,5 cm lang. Der Papyrus ist nur auf einer Seite, dem Recto, beschrieben. Auf dem Verso befindet sich lediglich eine Zeile, die den Namen der Orakelbesitzerin angibt, ähnlich wie bei den Papyri pMMA 10.53 (NY) und pLouvre E 3234 (P1). Wie bei den meisten anderen Oracular Amuletic Decrees verlaufen die Fasern auf der beschrifteten Seite meistenteils vertikal.

Aber es zeigt sich auch eine Besonderheit: Unterhalb der zehnten Zeile befindet sich eine Klebung, wobei der obere Teil so angeklebt wurde, dass die Fasern horizontal verlaufen, ähnlich wie es auch bei dem Papyrus Paris BN 182 (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27) zu beobachten ist. Da der Anfang des Textes nicht erhalten ist, kann nicht entschieden werden, wie groß der obere Teil ursprünglich war. Die Reste der erhaltenen ersten Zeile können gut zum letzten Satz des einleitenden Absatzes ergänzt werden, so dass davon auszugehen ist, dass nur ein kleiner Teil des Textes verloren gegangen sein dürfte. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 113) schätzt den Verlust auf etwa drei bis vier Zeilen ein.

Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Verso“ bezeichnet wird, bei der die horizontalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards 1960a, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück, auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen. Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards 1960a, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Faserverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner 1978, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um eine „transversa carta“ (Turner 1978, 29; Bülow-Jacobson 2009, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards 1960a, xii [7] mit Verweis auf Černý 1939, xvii-xx).

Schrift
Hieratisch

Der Text ist in einem gut lesbaren Späthieratisch geschrieben, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xiv, 1 vgl. Verhoeven, Buchschrift, 13.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Die im Text verwendete Sprache ist nach Orthographie und Grammatik eindeutig dem Neuägyptischen zuzuordnen. Indizien sind z.B. die Schreibung der Suffixpronomen sowie der Gebrauch des Possessivartikels oder der Periphrase mit jri̯. Zudem ist im Futur III die Präposition r nicht geschrieben, vgl. zur Morphologie der Verben in den OAD die zitierten Beispiele bei Winand 1992, 536–537.

Bearbeitungsgeschichte

Im Jahr 1960 legte Edwards die editio princeps von insgesamt 21 Papyri vor (Edwards 1960a+b), darunter auch der hier bearbeitete Papyrus Berlin ÄMP 10462. Er bezeichnete die Textgruppe als „Oracular Amuletic Decrees“ (OAD). Unser Text ist dort mit der Sigle B aufgenommen (Edwards 1960a, 113–118; Edwards 1960b, Taf. 45–46). Im Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland (Kaplony-Heckel 1986, 49) ist der Text als Nr. 103 mit einer kurzen Beschreibung aufgenommen. Verschiedene Studien widmeten sich dem Korpus der Oracular Amuletic Decrees unter diversen Gesichtspunkten, wobei Textsegmente der gesamten Gruppe bearbeitet und zitiert werden, s. Lucarelli 2009, 231–239; Wilfong 2013, 295–300; Austin 2014, 39–41; Adderley 2015, 191–227; Grams 2017, 2017, 55–100; Roß 2019.

Editionen

- Edwards 1960a: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. I. Text (London 1960), 113–118.

- Edwards 1960b: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. II. Plates (London 1960), Taf. 45–46.

Literatur zu den Metadaten

- Adderley 2015: N. J. Adderley, Personal Religion in the Libyan Period in Egypt (Saarbrücken 2015), 191–218.

- Austin 2014: A. Austin, Contending with Illness in Ancient Egypt (Los Angeles 2014) (24.10.2019).

- Berman 1995: Lawrence M. Berman, La collection égyptienne du Cleveland Museum of Art, in: BSFE 134, 1995, 14–29.

- Bourriau/Ray 1975: J. D. Bourriau/J. Ray, Two Further Decree-Cases of ŠꜢḳ, in: Journal of Egyptian Archaeology 61, 1975, 257–258.

- Bülow-Jacobson 2009: A. Bülow-Jacobson, Writing Materials in the Ancient Word, in: R. S. Bagnall, The Oxford Handbook of Papyrology (Oxford 2009), 3–29.

- Černý 1939: J. Černý, Late Ramesside Letters, Bibliotheca Aegyptiaca IV (Brüssel 1939), xvii–xx.

- Grams 2017: A. Grams, Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 46, 2017, 55–100.

- Jacquet-Gordon 1960: H. H. Jacquet-Gordon, The Inscription on the Philadelphia-Cairo Statue of Osorkon II, in: JEA 46, 1960, 12–23.

- Jacquet-Gordon 1963: H. J. Jacquet-Gordon, [Review:] I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom, 2 Bände (London 1960), in: Bibliotheca Orientalis 20, 1963, 31–33.

- Jacquet-Gordon 1979: H. Jacquet-Gordon, Deux graffiti de l’époque libyenne sur le toit du temple de Khonsou à Karnak, in: Anonymous (Hrsg.), Hommages à la mémoire de Serge Sauneron 1927-1976. I. Égypte pharaonique, Bibliothèque d’Étudte 81 (Caire 1979), 167–183, Taf 27–29.

- Kaplony-Heckel 1986 : U. Kaplony-Heckel. Ägyptische Handschriften. Teil 3. Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland (VOHD) XIX.3. Wiesbaden 1986.

- Koenig 1987: Y. Koenig, Notes de transcription, in: Cahiers de Recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Égyptologie de Lille 9, 1987, 31–32.

- Koenig 2018: Y. Koenig, Un nouveau décret amulettique oraculaire: Pap. IFAO H 40, Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 118, 2018, 233–239.

- Lucarelli 2009: R. Lucarelli, Popular Beliefs in Demons in the Libyan Period: The Evidence of the Oracular Amuletic Decrees, in: G. P. F. Broekman - R. J. Demarée – O. E. Kaper (Hrsg.), The Libyan Period in Egypt. Historical and Cultural Studies into the 21st – 24th Dynasties: Proceedings of a Conference at Leiden University, 25-27 October 2007, Egyptologische Uitgaven 23 (Leuven 2009), 231–239.

- Ray 1972: J. Ray, Two Inscribed Objects in the Fitzwilliam Museum, Cambridge, in: Journal of Egyptian Archaeology 58, 1972, 247–253.

- Ritner 2009: R. K. Ritner, The Libyan Anarchy. Inscriptions from Egypt’s Third Intermediate Period (Atlanta 2009), 74.

- Roß 2019: A. Roß, Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees (Göttingen 2019).

- Sourouzian 2010: H. Sourouzian, Seti I, not Osorkon II. A new join to the statue from Tanis, CG 1040 in the Cairo Museum, in: O. El-Aguizy – M. S. Ali (Hrsg.), Echoes of Eternity. Studies presented to Gaballa Aly Gaballa, Philippika 35 (Wiesbaden 2010), 96–105.

- Turner 1978: E. C. Turner, The Terms Recto and Verso: The Anatomy of the Papyrus Roll. Papyrologica Bruxellensia: études de papyrologie et édition de sources 16 (Bruxelles 1978).

- Verhoeven 2001: U. Verhoeven, Untersuchungen zur späthieratischen Buchschrift, Orientalia Lovaniensia Analecta 99 (Leuven 2001), 13.

- Wilfong 2013: T. G. Wilfong, The Oracular Amuletic Decrees: A Question of length, in: Journal of Egyptian Archaeology 99, 2013, 295–300.

- Winand 1992: J. Winand, Études de néo-égyptien 1. La morphologie verbale, Aegyptiaca Leodiensia 2 (Liège 1992).

Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum
Autoren (Metadaten)
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

Oracular Amuletic Decree B (Papyrus Berlin 10462)

Recto

[...] [rto x+1] [...]1 [NN, deren Mutter Rua]iw2 [ist] (?), meine ⸢Dienerin⸣, ⸢mein⸣[en Zögling (?)]3. [Ich werde ih]r Fl[eisch] (?) [gesund erhalten (und) ihr Skelett] (?).4 Ich werde [ihren Mund] öffnen, [um zu essen und] ⸢um⸣ zu trinken. [Ich werde sie essen] [rto x+5] [lassen, um zu leben]. [Ich werde] sie ⸢trinken⸣ lassen, [um gesund zu bleiben]. [Ich werde] ⸢jeden⸣ [T]raum (wörtl. Schlaf), den ein anderer oder [eine andere] [für]⸢sie⸣ sie[ht], ebenfalls [gut machen (wörtl. zu etwas Gutem machen)]. Ich werde [sie vor der bꜣ.w-Macht von]5 Amun, Mut und Chons bewahren, die (?) [...] [rto x+10] [...]. Ich werde ⸢sie⸣ (Amun, Mut und Chons) beruhigen [für sie].

[Ich werde sie] vor Lepra, vor Blindheit/Augenverletzung (und) [vor dem Wirken des Udjat-Auges (?)] bewahren.

[Ich] werde sie vor dem Einstürzen [einer Mauer] (und) vor Zerstörung (durch) ein [Unwetter] ⸢bewahren⸣.6 Ich werde sie [rto x+15] [auf dem] Uferdamm beschützen (und auf) den Gespannen, auf [die sie steigen (?)]7 wird. Ich werde (nach) [ihr] sehen. [Ich] werde sie [behü]ten. Ich werde sie [bei allen Arten des Reisens]8 beschützen, die sie ausführen (wörtl. machen) wird.

1 Textverlust: Nach Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 113) dürften etwa 3 bis 4 Zeilen Text fehlen. Aus der Formulierung der Versprechen geht hervor, dass nur ein orakelgebender Gott genannt war, und zwar Amenemope, wie aus Zeile rto x+96 eindeutig hervorgeht. Darüber hinaus fehlen Name und der größte Teil der Filiation der Orakelbesitzerin.

2 [Rua]iw ([___]jw): In der erhaltenen „Adress-Zeile“ auf der Rückseite wird der Name der Mutter als Rʾ-wꜣ-jw angegeben. Der Name ist dort mit dem sitzenden Kind (A17) geschrieben, was Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 113) zu der Lesung des Names als Rʾ-wꜣ-jw-šrj veranlasste. Mit Verweis auf de Meulenaere (in: Trabajos de Egiptologia/Papers on Ancient Egypt (TdE) 2, 2003, 113–116), der die Funktion und Lesung des Zeichens A17 in Personennamen untersucht hat, ist für den hier vorliegenden Namen aber anzunehmen, dass das Zeichen A17 in diesem Fall nicht gelesen werden darf, sondern als Klassifikator aufzufassen ist (ebd., 115 [2.]). Dies wird unterstützt durch die ersten drei Zeichen in der ersten erhaltenen Zeile des Papyrus: Hier sehen wir recht deutlich jw (M17-Z7) gefolgt von dem Wurfholz (T14). Das Wurfholz wird auch zur Klassifikation von ausländischen, z.B. libyschen Namen verwendet (Colin, Les Libyens en Egypte, 58). Insofern hätten wir hier an der passenden Stelle im Formular vermutlich das Ende des Namens der Mutter, der auf dem Verso in der erhaltenen Adress-Zeile mit Rʾ-wꜣ-jw angegeben ist. Es könnte sich gut um einen ausländischen Namen handeln, wobei mir bisher kein weiterer Beleg dieses Namens bekannt ist.

3 [Zögling (?)] ([⸮sḫpr?]): Mutmaßliche Ergänzung nach dem üblichen Formular, das generell in den Oracular Amuletic Decrees zur Vorstellung des/r Besitzers/in des Amulettpapyrus verwendet wird, vgl. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 113, [3].

4 Die Schutzformel von Fleisch und Skelett steht für gewöhnlich zu Beginn der Versprechen direkt nach der Vorstellung des/r Orakelbesitzers/in. Die Ergänzung von Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 113 [4]) orientiert sich an den Parallelen unter Einbeziehung des zur Verfügung stehenden Platzes. Sie passt sehr gut zu den erhaltenen Spuren, doch da lediglich Reste von maximal sechs Zeichen erhalten sind, kann man diese Rekonstruktion nicht als hundertprozentig gesichert annehmen.

5 Ergänzung: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 113–114 [10]) schlägt überzeugend als Ergänzung r bꜣ.w vor mit Verweis auf pTurin Cat. 1985 (T3), rto 69–73. Wie das Versprechen endet, ist nicht ganz klar. Ausgehend von dem n, das noch erkennbar ist, könnte hier ebenso wie in T3 als Abschluss des Versprechens nꜣ nṯr.w ꜥꜣ.w p.t tꜣ „die großen Götter von Himmel und Erde“ gestanden haben, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 113 [10]. Es könnten aber auch weitere Götter folgen, wie ebenfalls in T3 (Pre, Ptah, Jah, Thot, Osiris, Min und Isis von Koptos) oder in pLondon BM EA 10083 (L1), rto x+32–34, wo Amenemope, Month und Maat genannt sind.

6 Ergänzung nach pLondon BM EA 10083 (L1), rto x+7–9, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 114 [14]. Am Ende von Zeile x+13 sind Reste eines Zeichens zu erkennen, die Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. XLVA) als q (N29) deutet, doch vermute ich, dass es sich eher um einen Hausgrundriss (O1) handeln dürfte, entsprechend der Schreibung dieses Wortes im pLondon BM EA 10308 (L3), A x+5–6. Zu Beginn von Zeile x+14 ist ausreichend Platz für qrj und einen vorausgehenden Genitiv.

7 Ergänzung nach pLondon BM EA 10251 (L2), rto x+58–59 (Kombination von ḥtr „Gespann“ und ꜥḏt „Uferdamm“) und pLouvre E 8083 (P2), vso 6–9 (Spezifizierung durch Relativsatz), s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 114 [17]. Das Verbum ṯzi̯ (Wb 5, 405.1–407.15), hier intransitiv gebraucht (Wb 5, 406.15–407.15), ist durch die erhaltenen Klassifikatoren (U40-D56-D54) recht eindeutig bestimmt. Die Paralelle schreibt wṯz (Edwards, HPBM 4, Bd. 2, pl. XXXIA), doch zeigen Formulierung sowie die verwendeten Personalpronomen, dass der Schreiber ṯzi̯ im Sinn hatte.

8 Ergänzung: Vgl. pLouvre E 8083 (P2), vso x+3–5.

[Wir werden sie] aus der Hand von Sopdu-Horus im Ost[en] (und) [aus der Hand von Sopdu-Horus] im Westen [retten], den Vorstehern der Messer[dämonen] [rto x+20] [der] Neunhei[t].9 Ich werde sie ⸢aus⸣ [der Hand der sieben Sterne d]es Großen Wagens (wörtl. Vorderschenkels) retten, die [vom Himmel] fallen [und] Menschen [nieder]strecken.10 Ich werde [sie aus der Hand] der Götter (der Bücher) vom Jahresanfang retten, aus der Hand [rto x+25] [der Götter] (der Bücher) [vom] Jahres[ende] (und) 〈aus〉 der Hand [der] Götter (vom Buch) „Das, was [im Jahr ist]“. [Ich werde] sie 〈aus〉 der Hand ((der)) Götter von Behe[det]11 [rett]en […angreif]en. Ich werde [sie aus der Hand der] ⸢Götter retten⸣, die einen Menschen ((in)) der [Stadt] finden und ihn auf den Feldern töten [rto x+30] (und) [aus der Hand der Götter (?)], die einen Menschen auf den Feldern finden [und ihn] in (?) [d]er Stadt [töten]12. Ich werde [sie aus der Hand der Götter] ⸢des⸣ südlichen Ackerlands retten (und) aus der Hand [der Götter] des nördlichen Ackerlands.13 Ich werde [sie] [vor einem] Kanal-[wr.t]-Geist, vor einem Brunnen-wr.t-Geist (und) [rto x+35] einem Tümpel-[wr.t]-Geist bewahren. Ich werde [sie aus der Hand der Götter] retten, ((die)) einen Menschen widersetzlich schnappen. [Ich werde sie aus der Hand] der Götter [retten], die [einen Menschen beim] Rückzug/[auf] der Flucht schnappen. Ich werde [sie aus der Hand der] Götter retten, die ⸢einen Menschen⸣ [rto x+40] [als Beute]14 schnappen (wörtl. nehmen). Ich werde sie ⸢aus⸣ [der Hand der Götter] retten, [die] Menschen schnappen (wörtl. nehmen), obwohl es weder ihr Schicksal (noch) ihre (glückliche) Bestimmung ist. Ich werde ⸢s⸣ie aus der Hand der Götter [retten], die angrei[fen]. Ich werde sie aus der Hand von [rto x+45] [(?) (aus dem Ort) (?)]15 retten. Ich werde [sie aus der Hand (?)] jedes [An]greifers retten, der angreift.

[Ich] werde ihren Bauch 〈mit〉 [männlichen (?)] Kindern (und) [weiblichen (?)] Kindern ⸢füllen⸣. [Ich] werde [ihren Haushalt (?)] [rto x+50] [mit Gerste (?)]16, [E]mmer, Dienern, [...], Ziegen, Vieh (und) jedwedem Kleinvieh (?) ausstatten. Ich werde […]17 geben/veranlassen, so dass sie unversehrt ist.

Ich werde [sie aus] ⸢der Hand⸣ von Chons, dem jugendlich Existierenden, retten, [rto x+55] (und von) [Chons], dem Pläneschmieder, dies[en] beiden [Pavianen], die 〈zur〉 Rechten (und) [Linken] ⸢von⸣ Chons-in-Theben-Nefer[hotep] sitzen, (und) ⸢die⸣ ein Buch über [Töten] (und) ⸢über⸣ Beleben herausbringen. Ich werde [sie] [rto x+60] [vor Zau]ber aus Ägypten bewahren, vor [Zaub]er aus Syrien, (und) [vor] [Zau]ber aus Nubien.

9 Vgl. pLondon BM EA 10308 (L3), B, 22 und pKairo CG 58035 (C1), I. 39–41 Rekonstruktion nach pTurin Cat. 1984 (T2), rto 49 (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 114 [18]). Durch die Wiederholung im Satz kann man hier durch die Rekonstruktion einen guten Eindruck gewinnen, wieviel vom rechten Rand des Papyrus verloren gegangen ist. Wenn man davon ausgeht, dass der Schreiber die Orthographie der Wörter nicht variiert hat, was innerhalb eines Satzes in den OAD kaum belegt ist, dann ergibt sich für die zu ergänzende Phrase m-ḏr.t Spd-Ḥr ein Platzbedarf von 2,3 cm. Man sieht, dass die Zeile x+20 etwas enger geschrieben ist als die Vorangehende, daher käme man auch mit ca. 2 cm aus. Die ursprüngliche Breite des Papyrus würde demnach bei etwa 6,5 bis 7 cm liegen.

10 Ergänzung nach pLondon BM EA 10083 (L1), rto 12–16 (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 114 [19–20]). Hier sind zwei Versprechen miteinander vermischt worden: der Schutz vor den sieben Sternen des Großen Wagens und der Schutz vor Meteoriten (Sterne, die vom Himmel fallen). In L1 werden beide Gefahren genannt, formuliert in zwei einzelnen Versprechen, die im Text direkt aufeinanderfolgen.

11 ((der)) Götter von Behe[det] (((nꜣ)) nṯr.w ⸢⸮Bḥd⸣[.t?]): Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 114 [27]) schlägt vor, Bḥd.t zu lesen, was gut zu den erkennbaren Zeichenresten passt, die sich als Stoßzahn F18 über der Hand D46 identifizieren lassen. Im pTurin Cat. 1985 (T3), rto 46–47 ist ein Versprechen zum Schutz vor den Göttern des Ackerlandes von Behedet (Edfu) (nꜣ nṯr.w tꜣ št.t Bḥd.t) erhalten, s. LGG IV, 546a. Womöglich hatte also der Schreiber diese Göttergruppe im Sinn, jedoch tꜣ št.t ausgelassen. Dass er bereits den bestimmten Artikel vor nṯr.w ausgelassen und über die Zeile gesetzt hat, würde dazu passen, dass er bei diesem Versprechen offenbar etwas unkonzentriert war.

12 [und ihn in (?) [d]er Stadt [töten] ([mtw=w ẖdb=f] ⸮((⸢m⸣))? [p]ꜣ dmy{t}): Die Ergänzung ist durch den ersten Teil des Satzes sowie die Parallelen in den anderen Texten (vgl. pLondon BM EA 10320 (L4), x+6–8; pTurin Cat. 1984 (T2), rto 29–31; pParis Louvre E 25354 (P3), rto x+39–41) abgesichert.

13 Ergänzung nach pTurin Cat. 1984 (T2), rto 23–25.

14 [als Beute] ([⸮m kfꜥ?]): Der Kontext sowie die beiden erhaltenen Klassifikatoren, Löwenhinterteil F22 und schlagender Mann A24, sprechen für die Ergänzung von m kfꜥ, vgl. pLondon BM EA 10083 (L1), rto x+38–39, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 115 [41].

15 (aus dem Ort) (?) ([___ꜣšw.t]): Es handelt sich um ein Toponym, das nicht näher identifiziert werden kann, zumal sich in den anderen Texten auch keine Parallelen zuordnen lassen, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 115 [44]. Aufgrund der Klassifikation mit dem Wurfholz über dem Fremdland (N77) handelt es sich vermutlich um einen Ort bzw. eine Gegend außerhalb Ägyptens.

16 [mit Gerste (?)] ([⸮jt?]): Ergänzung nach pLondon BM EA 10083 (L1), vso 64–65. Anders als Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 115 [47]) gehe ich davon aus, dass der Platz für die Ergänzung ausreichend ist, um jt mit hineinzunehmen.

17 Es gibt keine Parallele, die uns hier einen Hinweis auf den fehlenden Text geben könnte. Die erhaltenen Spuren am rechten Rand der Zeile sind leider auch wenig aufschlussreich. Vor dem jw-Nebensatz wurde lediglich ein waagerechter Strich geschrieben, der an dieser Stelle seltsam wirkt, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 115 [49]. Ein „spacefiller“ mitten in der Zeile ist ungewöhnlich. Möglicherweise sind darüber aber noch sehr stark ausgebleichte Reste von Tinte zu erkennen. Eine gesicherte Rekonstruktion dieser Stelle ist nicht möglich.

Ich werde [sie] vor ((der)) Linsenkrankheit aus Ägypten bewahren, vor der Linsenkrank[heit] [rto x+65] aus Syrien (und) vor der [Linsen]krankheit aus Nubien. [Ich werde] sie vor [allen] bös[artigen] ḫzd-Geschwüren [bewahren]. Ich werde sie vor jeder bösartigen [bz]bz-Schwellung (?) bewahren. [rto x+70] [Ich werde] sie vor [jeder] bösartigen mšpn.t-Hautflechte bewahren. Ich werde sie [vor] jedem bösartigen mššw.t-[Ko]pfekzem (?)18 bewahren. [Ich] werde [s]ie vor der 3-Tage-Krankheit (Malaria tertiana), vor der ?-[Tage]-Krankheit (und) vor der Krankheit vom Tag 14 bewahren.19

Ich werde ihren Kopf [rto x+75] [gesund erhalten]. Ich werde ihr linkes [Ohr], ihr [rechtes] Ohr (und) beide Augen gesund erhalten. Ich werde ihr[e] beiden [Schultern?]20 gesund erhalten. Ich werde [ihre beiden Oberarme] gesund erhalten. [I]ch werde ihre [beiden?]21 (Unter-)Arme gesund [rto x+80] erhalten. [Ich werde] ihre beiden Brüste [gesund] er[halten]. [Ich werde] ihren Nacken [gesund erhalten]. Ich werde ihr [...]-Körperteil gesund erhalten. Ich werde ihr [...]-Körperteil gesund erhalten. Ich werde ihre Ripp[en] gesund erhalten. [I]ch werde ihr ḥꜣ.tj-Herz gesund erhalten. Ich [rto x+85] werde [ih]re Milz [gesund erhalten]. Ich werde [ihre] beiden ⸢N⸣ieren gesund erhalten. Ich werde ihre Lungen(flügel) [gesund erhalten]. Ich werde ihr ge[samtes?] pr-ḏꜣj-Organ [gesund erhalten]. Ich werde ihre Einge[weide] gesund erhalten. [rto x+90] Ich werde die Wirbel [ih]res [Rückens (?)] gesund erhalten. Ich werde ihr Rektum gesund erhalten. [Ich werde ih]re beiden Oberschenkel [gesund erhalten]. Ich werde die 10 Finger ihrer Hand [gesund erhalten]. Ich werden [die] ⸢10⸣ 〈Zehen〉 ihres Fußes ge[sund erhalten]. Ich werde [sie] gesund [rto x+95] erhalten [von] ihrem [K]opf bis zu ihren [beiden?] Fußsohlen.

18 mššw.t-[Ko]pfekzem (?) ([__]šꜣ): Eine Ergänzung von mššw.t „Schorf/Kopfekzem“ (Wb 2, 158.6; MedWb 399; Westendorf, Handbuch, 143) ist sehr naheliegend, da die zuvor genannte mšpn.t-Hautkrankheit in den Oracular Amuletic Decrees immer zusammen mit mššw.t auftritt, vgl. pLondon BM EA 10083 (L1), vso x+41–42; pLondon BM EA 10308 (L3), B, x+29; pLondon BM EA 10587 (L6), vso 27; pTurin Cat. 1983 (T1), vso 28; pTurin Cat. 1984 (T2), rto 106; pTurin Cat. 1985 (T3), vso 28–29. Allerdings zeigen die noch erhaltenen Zeichen eine Schreibung, die sich nicht eindeutig diesem Begriff zuordnen lässt: Der Beginn des Wortes ist nicht erhalten. Zu erkennen ist der Lotusteich (M8) mit Semogrammstrich (Z1) sowie die schlechte Pustel (Aa2) über einem Pluralklassifikator (Z2). Ein Plural ist bei diesem Begriff ungewöhnlich, zudem vermisst man die Angabe einer Feminin-Endung, die in den Parallelen regelmäßig geschrieben ist, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 115 [60]. Ich würde allerdings durch die Nähe zu mšpn.t eher an eine ungewöhnliche Schreibung von mššw.t denken, als eine dritte Bezeichnung einer weiteren Krankheit anzunehmen. Der Satz gehört ganz klar in den gleichen Kontext wie die vorangehenden. Mit dem folgenden Satz beginnt inhaltlich ein neuer Abschnitt. Daher sollte es sich um eine Hautkrankheit handeln, wobei allerdings die erhaltenen Zeichen mit den weiteren in den OAD belegten Hautkrankheiten noch weniger in Verbindung zu bringen sind als mit mššw.t.

19 In diesem Satz wird Schutz vor verschiedenen Formen der Malaria versprochen. Der Begriff mḥr-hrw.w-3 bezeichnet das sog. „Drei-Tage-Fieber“ (Malaria tertiana), bei dem die Fieberschübe periodisch alle 48 Stunden auftreten. Das zweite Element könnte sich auf das „Vier-Tage-Fieber“ (Malaria quartana) beziehen, bei dem die Fieberschübe periodisch alle 72 Stunden auftreten. Der Tag 14 ist allerdings schwierig in eine Malaria-Symptomatik einzuordnen, könnte aber ganz generell als gefährlicher Tag für eventuell auftretende Krankheiten gelten, s. zu dieser Textstelle ausführlich Bardinet, Le paludisme, 49. Die Unterscheidung in der Übersetzung der im Ägyptischen gleich konstruierten Krankheitsbezeichnungen mḥr-hrw.w-3 und mḥr-hrw.w-14 als „3-Tage-Krankheit“ und „Krankheit vom Tag 14“ versucht diese Einschätzung von Bardinet zu verdeutlichen. Allgemein zu Malaria im Pharaonischen Ägypten s. Bardinet, Le Paludisme, 23–45.

20 [Schultern?] ([⸮qꜥḥ?]): Ergänzung nach Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 116 [64].

21 [beiden?] ([⸮2?]): Der Raum zu Beginn von Zeile x+80 ist groß genug, um die Zahl 2 und eventuell noch einen Klassifikator zu ḫpš zu ergänzen, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 116 [66].

[So hat man gesprochen]22, und zwar Amenemope, der [große Gott?]23.

Was jedes Versprechen angeht, das […] die, die sie(?) [darauf (?)] gemacht (=geschrieben) haben [und die], welche sie nicht [rto x+100] [darauf gemacht (= geschrieben)] haben: [Ich] werde Gutes für (?) sie machen.24

22 [So hat man gesprochen] ([j.n] =[tw]): Der Anschluss des Götternamens mit n weist darauf hin, dass hier die Konstruktion j.n=tw m/(j)n NN (ENG, 357–358, §714; zur Auffassung der Form als aktive Verbalform mit unpersönlichem Suffix =tw, s. Junge, Näg. Gr., 107) vorliegen muss, wie sie in einigen der Oracular Amuletic Decrees (pLondon BM EA 10083 (L1), vso x+50; pTurin Cat. 1984 (T2), vso 112pParis BN 182 (P4), 43 und pCleveland CMA 14.723 (CMA), 34) vorkommt, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 116 [76]. Die Texte L1 und P4 zeigen jeweils einen Götterklassifikator (G7) nach dem Suffix tw, wie es auch in dem hier vorliegenden Text sein dürfte. Der Klassifikator kann sich auf das Suffix beziehen, ebenso wie er in der ersten Person Singular bzw. Plural in den OAD verwendet wird. Die Tatsache, dass der Text T2 jedoch an dieser Stelle den sitzenden Mann mit der Hand am Mund (A2) zeigt, deutet darauf hin, dass der gesamte Ausdruck vermutlich als lexikalisierte Einheit aufgefasst werden muss. Dann wäre der Götterklassifikator wohl hier ähnlich wie in der Konstruktion mit ḏd auf den gesamten Ausdruck bezogen, in dem Sinne, dass „man in göttlicher Art und Weise gesprochen habe“.

23 der [große Gott?]: Zu Beginn der Zeile sind etwa drei Quadrate nicht erhalten. Der zur Verfügung stehende Raum reicht daher nicht aus, um die gesamte zu erwartende Titelfolge pꜣ [nṯr-ꜥꜣ wr šꜣꜥ-ḫpr] zu rekonstruieren. Ebenso wie Edwards (HPBM 4, B. 116 [77]) gehe ich davon aus, dass wohl lediglich pꜣ nṯr-ꜥꜣ genannt gewesen sein dürfte. Die Ergänzung ist allerdings keineswegs als gesichert zu betrachten.

24 Die Schlussklausel in diesem Text passt in den Teilen, die erhalten sind, nicht zu den Versionen der Paralleltexte. Daher ist es schwer, eine Rekonstruktion des Satzes anzubieten. Zu Beginn von Zeile rto x+98 würde man nach den Parallelen etwas wie ḥr pꜣj ḫr.tw erwarten, vgl. pParis Louvre E 25354 (P3), vso x+19–20; pTurin Cat. 1984 (T2), vso 113–114). Jedoch passt der Anschluss zum folgenden Text nicht. Am rechten Rand sind vor nꜣ noch drei Zeichen zu erkennen: ⸮ḥ?j (gedrehter Flachs V28 – Schilfblatt M17 – Mann mit Hand am Mund A2). Während die beiden letzten sehr gut gelesen werden können, ist dies bei dem ersten Zeichen etwas schwieriger, da die Form nicht so eindeutig ist. Am ehesten käme aus meiner Sicht V28 in Frage. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 116 [79]) lässt dieses erste Zeichen aus und stellt fest, dass ein j vor nꜣ keinen Sinn ergibt. Letztendlich bietet daher die Lesung des Zeichens auch keine weiteren Erkenntnisse. Der weitere Text passt wieder auf das bekannte Formular, die angebotenen Ergänzungen folgen den Vorschlägen von Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 116 [80–81]. Die Zeile endet mit jw=st, was wiederum ein Problem darstellt. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 116–117 [82]) vermutet hier den Beginn eines Nebensatzes, der sich nicht mehr erhalten hat. Er erkennt minimale Tintenspuren in der nächsten Zeile. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass der Text mit der Zeile rto x+101 endete und der folgende Teil des Papyrus unbeschrieben geblieben ist. Geht man davon aus, so kann man an dieser Stelle entweder einen Fehler annehmen oder davon ausgehen, dass der Schreiber an dieser Stelle eventuell jw für r geschrieben haben könnte. Allerdings darf nicht unerwähnt bleiben, dass man an dieser Stelle nicht die Präposition r, sondern eher n erwarten würde. Insofern bleibt die oben angebotene Übersetzung vorläufig.

Verso

[vso 1] [...] ihre Mutter (ist) Ruaiu.