Papyrus Ebers
Übersetzung und Kommentar
Eb 1–3: Einleitung mit Begleitsprüchen zur Anwendung von Heilmitteln
Eb 1 = H 78
[1,1] Anfang eines Spruches für das Auftragen eines Heilmittels auf jeden Körperteil eines Mannes:
Zusammen mit den Großen des Tempels, den Herren des Schutzes und den Herrschern der Ewigkeit kam ich aus Heliopolis. Und zusammen mit der Mutter der Götter kam ich aus Sais. Mir haben sie ihren Schutz gegeben. Mir gehören die Lehrsprüche, die der Allherr1 angefertigt hat, um zu beseitigen die Einwirkung eines Gottes, einer Göttin, eines Untoten, einer Untoten usw., die in diesem meinem Kopf, in diesem meinem Nacken, [1,5] in diesen meinen Schultern, in diesem meinem Fleisch, in diesen meinen Körperteilen sind, (und) um den Verleumder leiden zu lassen, den Obersten derer, die eine Störung in dieses mein Fleisch eindringen lassen, eine bjbj-Schädigung2 in diese meine Körperteile, als etwas, das in dieses mein Fleisch eindringt, in diesen meinen Kopf, in diese meine Schultern, in 〈diesen〉 meinen Körper, in diese meine Körperteile. Ich bin zugehörig zu Re, nachdem er gesagt hat: „Ich bin der, der ihn vor seinen Feinden beschützt.“ Thot ist sein Leiter. Er pflegt die Schrift reden zu lassen; er pflegt Sammelwerke zu erstellen; er pflegt den Gelehrten (und) den Ärzten, die in seinem Gefolge sind, Wirkungsmacht zu geben, [1,10] um den zu erlösen, (von) dem der Gott will, dass er (d.h. der Heiler) ihn leben lässt. Ich bin einer, von dem der Gott will, dass er mich leben lässt.
(Diese) Worte (sind) zu sprechen beim Auftragen eines Heilmittels auf jeden kranken Körperteil eines Mannes3. (Dieser Spruch ist) wirklich vortrefflich, Millionen Mal (erprobt)!
1 "Allherr": Wörtlich "der Herr über Alles" (nicht etwa "der Herr über das All"). Eine Bezeichnung mehrerer großer Götter des ägyptischen Pantheons. Am häufigsten wird damit der Sonnengott Atum bezeichnet, der früh mit Re verschmolzen ist.
2 bjbj: In pEbers 1,6 (Eb 1) mit dem Mann mit der Hand am Mund klassifiziert, im pHearst (H 78; pHearst 6,9) mit dem sogenannten „schlechten Paket“ und Pluralstrichen. Ein sonst unbekanntes Wort. Im pEbers steht es in syntaktischer Parallele zu ẖnn m jwf=j pn und ist damit substantivisch; im pHearst steht es unmittelbar hinter ẖnn und könnte dort also sowohl substantivisch (in Koordination, als Apposition oder als Nomen rectum) als auch adjektivisch (als Attribut) gebraucht worden sein. Übersetzungen dieses Spruches basieren in der Regel auf pEbers.
Es gibt folgende Übersetzungsvorschläge:
(1) „feebleness (?)“ (Ebbell 1937, 29).
(2) „Dumpfheit“ (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 308).
(3) „Hineinplatzen (?)“ (H.-W. Fischer-Elfert, Pap. Ebers Nr. 1–3. Reflexion eines altägyptischen Heilers über seine Initiation?, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.), Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15. – 16.3.2002 in der Albertina, UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 133–147, hier: 137).
(4) „gnawing“ (J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 45); „s’enfoncer, mordre (dans les chairs)“ (D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 2. 1978, 2. Auflage (Paris 1998), 78.1285); „en rongeant“ (Bardinet 1995, 40); „Beißen“ (Westendorf 1999, 547).
(5) B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 11 verzichten auf eine Übersetzung und schreiben nur „le (mal-)bibi“.
Bedeutung (1) scheint nur geraten.
Bedeutung (2) basiert auf K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), zu 47,9, der bjbj mit koptisch ⲃⲁⲁⲃⲉ: „dumm sein; verachten“ vergleicht – eine Vermutung, die letztlich schon auf L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 11 zurückgeht: „cf. ⲃⲁⲃⲉ, vanus, loquax, insipidus“; vermutlich über loquax kommt Stern für bjbj auf den Vorschlag „incantare“. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 243–244 erwähnt Sethes Vorschlag, distanziert sich jedoch davon, indem es das Lemma nur als „[Krankheit]“ bezeichnet. Zwar verweisen H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) auch auf das koptische ⲃⲁⲁⲃⲉ, aber mit der Bemerkung, dass dieses bei W. Spiegelberg, Koptisches Handwörterbuch (Heidelberg 1921), 15 auf ꜥbꜥb zurückgeführt wird. Tatsächlich erwähnt Spiegelberg bjbj nicht. Dessen ungeachtet findet sich bei W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 25 und bei W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 20, jeweils s.v. ⲃⲁⲁⲃⲉ, neben ꜥbꜥb noch ein Verweis auf bjbj.
Bedeutung (3) ist an einen Vorschlag von J. Osing, [Review:] J. Černý, Coptic Etymological Dictionary (Cambridge 1976), in: Journal of Egyptian Archaeology 64, 1978, 186–189, hier: 187 angelehnt. Dort schlägt Osing für das Verb bjbj der Sargtexte (R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 118; mit unvollständiger Schreibung, denn das Wort ist beide Male mit dem Messer klassifiziert) eine Bedeutung „burst in or sim.“ vor. Ferner vermutet er, vergleichbar zum Wb 1, 44.10, im bjbj der medizinischen Texte eine Ableitung davon. Osings Vorschlag zur Bedeutung des bjbj der Sargtexte wiederum basiert vielleicht nur auf seinem Vergleich mit dem Verb bb (A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts III. Texts of Spells 164-267, Oriental Institute Publications 64 (Chicago 1947), 98g; R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 120). Für Letzteres steht einmal die Variante ḫnd: „treten, gehen“, weshalb bb trotz seiner Klassifizierung wohl ein Bewegungsverb ist.
Worauf Bedeutung (4) zurückgeht, ist unbekannt. Als Hypothese könnte geäußert werden, dass sie letzten Endes ebenfalls auf dem bjbj der Sargtexte beruht, das einmal mit dem Wort ḫꜣb.w mit Zahnklassifikator wechselt. Dessen genaue Bedeutung ist aber unklar: R. O. Faulkner, The Ancient Egyptian Coffin Texts. Volume II Spells 355–787 (Warminster 1977), 180 übersetzt es mit „the toothless one“, womit nach 181, Anm. 14 der Verstorbene als Neugeborenes zu sehen wäre. Das bjbj der Variante dagegen „cannot be explained“. D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 2. 1978, 2. Auflage (Paris 1998), 78.2932 schreibt zu ḫꜣb.w: „le mot paraît bien signifier ‚nouveau-né‘“, greift also Faulkners Idee auf. Auf dieser Parallele basiert dann auch Meeks’ Bemerkung zum Lemma bjbj, AL 78.1286: „subst pour désigner l’enfant dans le sein de sa mère“.
3 "Mann", ägyptisch s(j). Obwohl es Rezepte gibt, die dezidiert die weibliche Entsprechung s.t: "Frau" nennen, bezeichnet das maskuline s(j) im Ebers, wie allgemein, nicht ausschließlich einen Mann, sondern kann im Sinne von "jemand" auch Frauen einschließen. Der vorliegende Spruch ist daher nicht zwangsläufig nur bei der Behandlung von Männern anzuwenden.
Eb 2
Ein anderer Spruch für das Lösen jedes Verbandes:
Ein zu Erlösender werde durch Isis erlöst.1 Horus werde durch Isis von den Übeln erlöst, die gegen ihn durch seinen Onkel2 Seth getan wurden, als er (d.h. Seth) seinen (d.h. des Horus) Vater Osiris tötete. O Isis, Zauberreiche, du mögest mich erlösen! Du mögest mich von jeder schlimmen, üblen und gefährlichen (wörtl.: roten) Sache entbinden, [1,15] von den Einwirkungen eines Gottes, den Einwirkungen einer Göttin, von einem Untoten und einer Untoten, von einem Widersacher und einer Widersacherin, einem, der sich mir entgegenstellen sollte, so wie du gelöst und wie du entbunden wurdest von deinem Sohn Horus, weil ich in das Feuer eintrat und aus dem Wasser hervorkam!3 Ich werde nicht hinabsteigen zur Falle (?) (oder: zum Osten)4 dieses Tages. Während ich (noch) ein Kind und jung bin, habe ich gesprochen: „O Re, sprich für dein Abbild! (O) Osiris, klage wegen dessen, was aus dir hervorgekommen ist!“ Re sprach für seinen Leib. Osiris klagte wegen dessen, was aus ihm hervorgekommen ist. Wahrlich, du hast mich gerettet vor jeder schlimmen, üblen und gefährlichen (wörtl.: roten) Sache, vor den Einwirkungen eines Gottes und den Einwirkungen einer Göttin, vor einem Untoten, [2,1] vor einer Untoten usw.
(Dieser Spruch ist) wirklich vortrefflich, Millionen Mal (erprobt)!
1 "Ein zu Erlösender werde durch Isis erlöst.": Die passivische Übersetzung folgt Bardinet 1995 und Westendorf 1999. J. van Dijk, The Birth of Horus According to the Ebers Papyrus, in: Jaarbericht van het Vooraziatisch-Egyptisch Genootschap Ex Oriente Lux 26, 1979–1980, 10–25, hier: 11 und H.-W. Fischer-Elfert, Pap. Ebers Nr. 1–3. Reflexion eines altägyptischen Heilers über seine Initiation?, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.), Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15. – 16.3.2002 in der Albertina, UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 133–147, hier: 139 verstehen dagegen wḥꜤ: "lösen" als Imperativ und lesen nicht die Präposition jn, sondern das defektive Verbum dicendi j.n: "'Löse dich, löse dich!', sagte Isis".
2 "Onkel": Das ägyptische Wort ist sn. Meist hat es die Bedeutung "Bruder", aber das altägyptische System der Verwandtschaftsbezeichnungen unterscheidet sich teilweise von den modernen westeuropäischen. Das ägyptische Wort sn bezeichnet auch andere männliche Verwandte der gleichen, vorigen oder nächste Generation, kann also neben dem Bruder auch den Cousin, den Schwager, den Neffen oder den Bruder eines Elternteils, also den Onkel, benennen. In diesem Spruch liegt höchstwahrscheinlich Letzteres vor und damit die geläufigere genealogische Struktur der Götterfamilie, in der Horus ein Neffe des Seth und ein Sohn von Osiris und Isis ist.
3 "Feuer" und "Wasser": K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 71 schlägt vor, dass mit dem Feuer die Krankheit und mit dem Wasser das Heilmittel gemeint sei. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 232 vermuten eher eine Anspielung auf "eine Art Feuer- und Wasserprobe als symbolische Wiedergeburt". Zur Deutung als Feuer- und Wasserprobe im Sinne eines Initiationsritus siehe auch W. Westendorf, Beiträge aus und zu den medizinischen Texten. III. Incubus-Vorstellungen. IV. Feuer- und Wasserprobe, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 96, 1970, 145–151; hier besonders Abschnitt IV. Feuer- und Wasserprobe, 149–151. Nach Westendorf ist "ich trat in das Feuer, ich kam aus dem Wasser" als Abkürzung aufzufassen für: "ich bin in das Feuer eingetreten, ich bin aus dem Feuer herausgekommen; ich bin in das Wasser eingetreten, ich bin aus dem Wasser herausgekommen". Mit diesem Spruch, so Westendorf, wurde die Abnahme des Verbandes begleitet, um mit diesem auch die Krankheit zu entfernen; es läge mit diesem Initiationsritus eine Anleihe aus der Totenliteratur und genauer eine Anspielung auf den in Tb 126 dargestellten Feuersee vor. J. van Dijk, The Birth of Horus According to the Ebers Papyrus, in: Jaarbericht van het Vooraziatisch-Egyptisch Genootschap Ex Oriente Lux 26, 1979–1980, 10–25, hier: 11 modifiziert Westendorfs Interpretation dahingehend, dass er die beiden Phrasen voneinander trennt. Mit dem Hinabstieg ins Feuer sei das Landen des Sonnengottes auf (der mit dem Feuersee verbundenen, vgl. etwa H. Kees, Die Feuerinsel in den Sargtexten und im Totenbuch, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 78, 1942, 41–53, hier: 42) Feuerinsel gemeint, und mit der Herauskunft aus dem Wasser der Aufstieg der Sonne aus dem Urozean.
4 „Falle (oder: Osten)“: Das ägyptische Wort jꜢbt.t gibt es in dieser Schreibung nur hier. Geschrieben wie eine Ableitung von jꜢb: „links“ und mit dem Ast klassifiziert. Im Wb 1, 31.12 wird „Falle (?)“ vorgeschlagen und ein Zusammenhang mit jbṯ.t: „Vogelfalle“ vermutet (vgl. schon DZA 20.164.930 mit dem Vorschlag „Vogelnetz“ und DZA 20.561.970, mit dem diese Stelle als Beleg für jbṯ.t abgelegt ist). Jbṯ.t scheint der Vorläufer von kopt. ⲁⲃⲱ zu sein. R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 8 schlägt für jꜣbt.t „snare“ vor und J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 49 „trap“, was dann wohl die Basis für Hannigs Übersetzungsangebot „*Schlinge“ (R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 23, Nr. {765}) bildet. Der Klassifikator schließt eine Deutung als „Falle“ nicht aus, jedoch eine solche als „Schlinge“. Obwohl weder die Schreibung des Wortstammes noch die des Klassifikators für jbṯ.t belegt ist, hat sich die Gleichsetzung beider Wörter in den Bearbeitungen durchgesetzt. J. van Dijk, The Birth of Horus According to the Ebers Papyrus, in: Jaarbericht van het Vooraziatisch-Egyptisch Genootschap Ex Oriente Lux 26, 1979–1980, 10–25, hier: 16 denkt dagegen an einen Schreibfehler für jꜣbt.t: „Osten“ als Geburtsort des Horus. H.-W. Fischer-Elfert, Pap. Ebers Nr. 1–3. Reflexion eines altägyptischen Heilers über seine Initiation?, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.), Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15. – 16.3.2002 in der Albertina, UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 133–147, hier: 140 bietet beide Möglichkeiten als Alternativen an.
Eb 3
Spruch zum Trinken eines Heilmittels:(Es) kommt das Heilmittel. (Es) kommt das, was eine (üble) Sache aus diesem meinem Herzen, aus diesen meinen Körperteilen beseitigen kann. Stark ist der Zauber wegen des Heilmittels und umgekehrt. Hast du denn daran gedacht, dass Horus und Seth zur Großen Halle von Heliopolis gezerrt wurden, als über die Hoden des Seth und 〈das Auge des〉1 Horus beraten wurde? Dann war er [2,5] (wieder) gedeihend, wie 〈er〉1 auf Erden war. Er tut all das, was er will, wie diese Götter, die dort sind.
(Diese) Worte (sind) zu sprechen beim Trinken eines Heilmittels.
(Dieser Spruch ist) wirklich vortrefflich, Millionen Mal (erprobt)!
1 Zu den Hinzufügungen in spitzen Klammern vgl. J. F. Quack, Magie und Totenbuch. Eine Fallstudie (pEbers 2,1–6), in: Chronique d’Égypte 74 (147), 1999, 5–17, hier: 6–7.
Eb 4–103: Sammelhandschrift für Bauchbeschwerden
Eb 4 = H 53
[2,7a]1 Anfang der Sammelhandschrift von Heilmitteln2 〈zum〉 Beseitigen einer Krankheit im Bauch3:tḥwꜣ-Pflanzen: ∅.4
Werde mit Bier vermengt. [2,10a] Werde vom Mann getrunken.
1 Ab hier ist die Kolumne in zwei Spalten geteilt: Erst wurde die vordere Spalte beschrieben; danach wurde die hintere Spalte beschrieben.
2 Bardinet 1995, teilt die Überschrift in ḥꜣ.t-ꜥ-m: „commencement“ und dmḏ.t n.t pẖr.t: „recueil des rèmedes“ und trennt diese zusätzlich von der anschließenden Spezifizierung (in diesem Falle von „(Remède pour) chasser les maux qui sont dans l’intérieur du corps“). Westendorf 1999 zieht dagegen alles zu einem Satz zusammen. Tatsächlich erfordert ḥꜣ.t-ꜥ-m den Anschluss des Folgenden, denn es ist satzsyntaktisch gesehen eine Verbindung aus zusammengesetzem Substantiv und Präposition; außerhalb der medizinischen Texte steht es nie allein. Die Phrase pẖr.t n.t dr/... bzw. k.t pẖr.t n.t dr/... (Letzteres meist verkürzt zu k.t n.t dr/...) ist wiederum eine der Standardeinleitungen medizinischer Rezepte. Die Genitiv-Nisbe n.t zeigt an, dass das Folgende ein Nomen rectum einer Genitivverbindung ist und nicht von pẖr.t getrennt werden kann. Im vorliegenden Fall scheint lediglich die Genitiv-Nisbe vergessen worden zu sein, vermutlich aufgrund des Zeilenwechsels nach pẖr.t. Da die satzsyntaktischen Gründe eher für Westendorfs Übersetzung sprechen, wird ihm gefolgt.
3 "dr Krankheit m Körper(teil)" wird im von Deines – Grapow – Westendorf 1958, bei Bardinet 1995, und Westendorf 1999 als "die Krankheit im Körper(teil) beseitigen" verstanden. Diese Auffassung dürfte sicher auf parallelen Konstruktionen mit anderen Verben, v.a. solchen der Untersuchung (wie z.B. gmi̯) basieren; evtl. auch auf der erweiterten Phrase "dr Krankheit n.tj m Körper(teil)" (vgl. die in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 315–317 aufgelisteten Stellen). Dieser Übersetzung wird hier gefolgt. Es sei aber angemerkt, dass zumindest im Fall "dr Krankheit m Körper(teil)" die Präposition m ambig ist, denn dr NN m heißt auch: "NN entfernen von/aus", vgl. Wb 5, 473.5–6, 10, 21.
4 Aus philologischer Perspektive ist es eine notorische Frage, ob die Aufzählung der einzelnen Ingredienzien eine syntaktisch unabhängige Liste ist, ob sie zu vorangegangenen, meist elliptischen Sätzen gehört, oder ob sie als Vordere Erweiterung zur nachstehenden Verarbeitungsanweisung gehört – und in letzterem Falle, ob sich diese angenommene Vordere Erweiterung nur auf die jeweils erstgenannte Verarbeitungsanweisung bezieht, oder ob alle Verarbeitungsanweisungen als ein Satz mit mehreren Prädikaten zu verstehen ist. Der Papyrus Ebers böte Argumente für alle drei Möglichkeiten des Anschlusses der Drogen: (a) Das aktuelle Rezept führt die Ingredienzien wie eine Liste auf. Diese ist schon optisch daran zu erkennen, dass jede Droge in einer neuen Zeile steht; die folgenden Kolumnen bieten teilweise noch tabellarischere Anordnungen und schreiben nicht nur jede Droge in eine neue Zeile, sondern trennen die Mengenangabe durch ein Spatium. (b) Lehrtexte, wie etwa Eb 198, führen die Ingredienzien manchmal mit jri̯.ḫr=k n=f NN ein: "Dann sollst du ihm (Heilmittel) NN bereiten"; in Eb 198c sind die Drogen sogar mit der Präposition m: "bestehend aus" angeschlossen und gehören damit definitiv zu der Einleitung. Für die aus den Lehrtexten verkürzten Rezepte könnte man daraus auf elliptische Sätze schließen: "(Du sollst ihm ein Heilmittel bereiten aus) Droge a, Droge b. ...". Die Verarbeitungsanweisungen wären dann entweder als Umstandssatz anzuschließen oder syntaktisch selbstständig. (c) Ein Rezept wie Eb 312 könnte wiederum dafür sprechen, die Verarbeitungsanweisungen zumindest partiell satzsyntaktisch zur Drogenaufzählung zu ziehen: "(Drogenliste) rḏi̯ r hnw psi̯ jr-m-ḫt (weitere Verarbeitungsanweisungen) rḏi̯.ḫr=k st swri̯ jn s …: "(Drogenliste) werde in einen Henu-Topf gegeben und gekocht. Danach sollst du (weitere Verarbeitungsanweisungen). Dann sollst du veranlassen, dass es getrunken wird von einem Mann ...". Bis alle medizinischen Texte eingegeben und eine eingehende Analyse möglich sein wird, wird daher zunächst eine pragmatische Lösung vorgezogen: Die Drogenliste, die Verarbeitungsanweisung und die Applikationsanweisung werden als syntaktisch getrennte Einheiten aufgenommen, solange nicht zwingende Gründe, wie der Anschluss der Drogen durch m in Eb 198c, eine individuelle Lösung erfordern.
Eb 5 = H 55
Ein anderes (Heilmittel) für einen Bauch, der schmerzt:
Kreuzkümmel1: 1/64 (Dja), Gänsefett2: 1/8 (Dja), Milch: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
[2,15a] Werde gekocht; werde ausgepresst3. Werde getrunken.
1 Zu dieser Drogenbezeichnung s. den Kommentar hier.
2 Zu dieser Drogenbezeichnung s. den Kommentar hier.
3 ꜥtḫ: "durchseihen; durchpressen": Im Digitalen Zettelarchiv gibt die Reiterkarte DZA 22.035.380 für die medizinischen Texte die Bedeutung „durchseihen“ an. Unter Umständen könnte es für die Anteile der Wirkstoffe und damit für die Wirksamkeit eines Medikamentes von Bedeutung sein, ob der Vorgang des ꜥtḫ mit zusätzlichem Druck („durchpressen“) oder ohne („durchseihen, filtern“) erfolgte. Dieses Verb wird aber auch zur Beschreibung der Bierherstellung verwendet – in Eb 311 wird explizit vom ꜥtḫ, „wie es zu tun ist bei der Bier(herstellung)“ gesprochen –, und bildliche Darstellungen dieses letzteren Prozesses sprechen eher für die Zusetzung von Druck. Wohl deswegen findet sich bei H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 156–158 und Westendorf 1999, passim, anders als im DZA, die Bedeutung „durchpressen“.
Eb 6 = H 56
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
[2,20a] (Werde) ebenso (verfahren).
Eb 7 = H 58, vgl. Eb 18
[2,7b] Mittel zum Öffnen des Bauches:
Milch: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: ein viertel (Dja), [2,10b] Honig: ein viertel (Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 8
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Veranlassen, dass man ausscheidet:
Honig: 1 (Dosis)1, Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), [2,15b] Mehl von Wermutkraut (?): 1 (Dosis).
Werde zu einem Zäpfchen2 verarbeitet.
1 Zu der Bedeutung des Einerstriches in den medizinischen Texten vgl. die Untersuchung von T. Pommerening, „Was verbirgt sich hinter der Quantenangabe ‚1‘ in den Rezepten für ein Maß?“, in: M. Brose et al. (Hrsg.), En détail – Philologie und Archäologie im Diskurs. Festschrift für Hans-Werner Fischer-Elfert 2, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde. Beihefte 72 (2) (Berlin/Boston 2019), 831–848. Ihr zufolge bezieht sich dieser Strich weder auf ein konkretes Maß, noch meint er eine Verhältnisangabe (im Sinne von: „zu gleichen Teilen“). Vielmehr wird damit ausgedrückt, dass die damit ausgezeichnete Droge in der jeweils üblichen Menge verarbeitet werden soll: Viele Drogen werden in den medizinischen Texten immer oder fast immer in denselben Mengen verordnet, so dass es dem ägyptischen Heiler offenbar gelegentlich genügte zu wissen, dass er auch im jeweils vorliegenden Fall einfach diese „übliche Dosis“ verwenden soll. Das kann auf ein Verhältnis 1:1 hinauslaufen – nämlich dann, wenn zufällig diese „übliche Dose“ für Droge A und Droge B dieselbe ist –, muss es aber nicht.
2 mt: Der Strich hinter dem Klassifikator gehört in diesem Falle vielleicht eher zum Wort, als dass es ein Einerstrich wäre.
Eb 9, vgl. Eb 12, 14, 552, Bln 147
Mittel zum Ausscheiden:
„Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde gegessen [3,1] (und) hinuntergeschluckt1 mit 1/32 (Oipe = 2 Dja) Bier oder 1/64 (Oipe = 1 Dja) Wein.
1 sꜥm ist das Kausativ von ꜥm: „verschlucken, hinunterschlucken; (metaphorisch auch:) verinnerlichen > erfahren, wissen“. Dementsprechend geben etwa H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 718 und R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 724 die wörtliche Übersetzung „schlucken lassen“. Spätestens im Lauf des Neuen Reiches geht die kausative Bedeutung tlw. verloren, so dass sꜥm ebenso wie das Simplex ꜥm einfach „schlucken“ bedeuten kann. In den medizinischen Texten wird sꜥm in der Regel in einem Nachsatz nach Verben des Einnehmens verwendet, die den Vorgang des Hinunterschluckens bereits implizieren, wie wnm: „essen” oder das Simplex ꜥm: „schlucken“. Üblicherweise dient als Medium des sꜥm eine Flüssigkeit, wie süßes Bier, Milch oder Wein. Diese Nachsätze werden also verwendet, wenn ein offenbar schlecht schmeckendes Medikament oder ein fester Stoff mithilfe eines angenehmeren Hilfsmittels hinuntergespült werden soll. R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 214 bietet daher die Übersetzung „wash down“. Im Deutschen bietet sich statt der Standardübersetzung „schlucken lassen“ vielleicht eher die Übersetzung „(ver)schlucken machen“ oder sogar „verschluckbar/genießbar machen“ an; die Bedeutung scheint in diesen Kontexten eher faktitiv als kausativ zu sein (vgl. diese Unterscheidung bei W. Schenkel, Tübinger Einführung in die klassisch-ägyptische Sprache und Schrift, 7. Auflage (Tübingen 2012), 184).
Eb 10, vgl. Bln 146
Ein anderes (Heilmittel):ꜥꜥꜣm-Pflanzen: 1/8 (Dja), [3,5] Johannisbrot: 1/8 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vom Mann an einem Tag gegessen.
Eb 11
[3,10] Ein anderes (Heilmittel):Honig: 1/8 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Dattelsaft: 1/64 (Oipe = 1 Dja), gngn.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), [3,15] Öl/Fett: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde gekocht. Werde vom Mann an einem Tag gegessen.
Eb 12 = pLouvre E 32847, Rto. x+10,1, vgl. Eb 9, 14, Eb 552 = pLouvre E 32847, Rto. x+7,6-7, Bln 147
Ein anderes (Heilmittel):Wein: 1 (Dosis), [3,20] Honig: 1 (Dosis), „Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis).1
Werde ausgepresst. Werde an einem Tag getrunken.
1 Das Rezept ist identisch mit pLouvre E 32847, Rto. x+10,1. Dieselbe Rezeptur, nur mit ausgeschriebenen Mengenangaben, findet sich dann auch in Eb 552 = pLouvre E 32847, Rto. x+7,6–7 und ist gegen Geschwülste im Leib gedacht, s. dort und T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 75.
Eb 13 = pLouvre E 32847, Rto. x+10,1–3
[4,1] Ein anderes (Heilmittel):Frische Datteln: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz:1 1 (Dosis), Maische (?)2: 1 (Dosis).
[4,5] Werde mit Wasser vermengt; werde auf eine Schale gegeben. Mehl3 von gngn.t-Pflanzen werde darauf gegeben. Werde zu einer homogenen Masse verkocht;4 werde in einen ꜥpr.t-Krug (?)5 oder ein bꜣ.w-Gefäß hinein gegeben. [4,10] Werde handwarm (wörtl.: in der Wärme des Fingers) vom Mann gegessen (und) mit süßem Bier hinuntergeschluckt.
1 ḥmꜣ.t-mḥ.t scheint lexikalisiert zu sein, denn der Klassifikator Gardiner N 33 mit den Pluralstrichen steht erst – nach einem kleinen Spatium – hinter mḥ.t. Die genaue Konnotation der Bezeichnung ist schwer zu fassen. ḥmꜣ.t allein wird üblicherweise mit dem ϩⲙⲟⲩ des Koptischen verbunden und als das ägyptische Wort für "Salz" aufgefasst. Zu einer gelegentlichen, älteren Annahme, dahinter stecke spezifischer das "Meersalz", vgl. die Diskussion bei J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 189. Er schließt die Möglichkeit nicht aus; ihm zufolge sei aber der größere Teil des ägyptischen Salzes aus Binnenseen und "other similar deposits" gekommen. Die Identifizierung von ḥmꜣ.t wird jüngst wieder von S. Aufrère, L’univers minéral dans la pensée égyptienne, Bibliothèque d’étude 105. 2. Band (Le Caire 1991), 636–637 problematisiert. Aufrère merkt an, dass die Ägypter wohl nicht scharf zwischen ḥmꜣ.t-Salz (d.h. Natriumchlorid) und Natron (einem Dekahydrat von Natriumkarbonat) unterschieden hätten, wie sich u.a. sehr gut an der Bezeichnung sḫ.t-ḥmꜣ.t: „Salzfeld“ für das Wadi en-Natrun zeigt. Ist also schon die Identifizierung von ḥmꜣ.t allein nicht so sicher, wie die gängigen Wörterbücher suggerieren, ist es gänzlich unsicher, welche Aussage die Qualifizierung von ḥmꜣ.t durch mḥ.t beinhaltet. G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), passim belässt es bei einer wörtlichen Übersetzung „sel du Nord“ und ebenso H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 343 und Westendorf 1999, 550 bei „unterägyptischem Salz“. Breasted 1930, 383 dachte an Natriumchlorid aus der Wüste westlich des Deltas. Bardinet 1995, 253 vermutet dagegen hinter der Verbindung eine Bezeichnung für „sel marin“, was natürlich nur unter der Voraussetzung funktioniert, dass nicht ḥmꜣ.t allein schon das Meersalz bezeichnet. Es sollte auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die Attribuierung durch das dualistische Prinzip des ägyptischen Weltbildes motiviert ist und auf die Kulttopographie anspielt. Bei Opferhandlungen werden gelegentlich Opfergaben "aus Unterägypten" neben solchen "aus Oberägypten" genannt. Im Falle der medizinischen Texte könnte evtl. Eb 51 angeführt werden, wo neben ḥmꜣ.t-mḥ.t: "unterägyptischem Salz" jt-šmꜥ: "oberägyptische Gerste" genannt ist (zu dieser Gerste s. den Kommentar in Eb 51).
2 šbb.t: Mit dem Topf und Pluralstrichen determiniert. Abgelegt in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 486–489 s.v. šb.t: „eine Art Maische“. Westendorf 1999, 550 lässt šbb.t stehen, fügt aber immerhin in Klammern dahinter „Maische ?“ ein. Bardinet 1995, 253 gibt keinen Übersetzungsvorschlag.
3 dq,w: Die Schreibung ist ambig; das Wort könnte auch dqr: "Früchte" zu lesen sein.
4 Steht eigentlich für psi̯ jri̯ m (j)ḫ-t wꜥ.t. Derartige Verkürzungen kommen nicht selten vor, vgl. dazu W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 456.b.
5 ꜥpr.t: Schwimmer (Gardiner T 25) und Troddel (Aa 20) ähneln sich im Hieratischen sehr. Daher gibt es für das Wort zwei verschiedene Transkriptionen: Wreszinski 1913, 6 hat ḏbꜣ transkribiert; die beiden folgenden Zeichen hat er als zwei ts gelesen: ḏbꜣ.tt. Möller 1909 hat in seiner Hieratischen Paläographie keinen Ebers-Beleg für ꜥpr angegeben (s.v. Nr. 425) und hat wohl das hiesige Zeichen ebenfalls als ḏbꜣ aufgefasst. Vom Berliner Wörterbuch ist dieses Wort dagegen als Beleg für den ꜥpr.t-Krug aufgenommen worden (DZA 21.713.150) und bildet in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 138 den einzigen Beleg für dieses Gefäß. Die beiden folgenden Zeichen, die Wreszinski als zwei ts gelesen hat, werden als r und t transkribiert. Der Lesung ꜥpr.t folgen sowohl Bardinet 1995 wie Westendorf 1999. Da es für einen *ḏbꜣ.tt-Krug sonst keine anderen Belege gäbe, wird hier mit dem Wb ꜥpr.t gelesen. Auf der anderen Seite sei zugestanden, dass die Schreibung des Dreikonsonantenzeichens eher dem ḏbꜣ-Schwimmer von 39,13 als der ꜥpr-Troddel ähnelt und auch das anschließend genannte bꜣ.w-Gefäß ein Hapax legomenon ist. Es ist also nicht mit endgültiger Sicherheit auszuschließen, dass nicht doch ein sonst unbelegtes ḏbꜣ.tt-Gefäß gemeint ist. Auch die Parallele nennt die beiden Krüge, und T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 85 transliteriert das Hieratische ebenfalls als ꜥpr.t bꜣ.w. Mangels eines Fotos kann dort das Original nicht geprüft werden. Da das Rezept identisch ist mit Eb 13, trägt aber diese Parallele nichts zur Identifizierung der beiden Gefäße bei.
Eb 14, vgl. Eb 9, Bln 144, 156
Ein anderes (Heilmittel):
„Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Honig: ein viertel (Dja).
[4,15] Werde fein zermahlen. Werde vom Mann gegessen (und) mit süßem Bier hinuntergeschluckt.
Eb 15
Ein anderes (Heilmittel):
Malachit: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen; werde in einen (Brot)laib1 gegeben; [4,20] werde zu 3 Pillen verarbeitet. Werde vom Mann verschluckt (und) mit süßem Bier hinuntergeschluckt.
1 bj.t: Eine bestimmte Form von Brot und Gebäckstücken bzw. Kuchen; wird in Opferlisten u.ä. Brotlisten oft zusammen mit psn-Broten genannt. Wb 1, 433.1–10 vermutet eine „Art Gebäck (Brotfladen?)“; H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 155 schwanken zwischen „Fladen; Teig o.ä.“; im anglophonen Raum geht die Tendenz eher zu einer Übersetzung als „loaf“, vgl. R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 79 und J. J. Janssen, The Daily Bread. A Contribution to the Study of the Ancient Egyptian Diet, in: Bulletin of the Egyptological Seminar 13, 1997, 15–38, hier: 18. (Letzterer trennt zudem Brot-bj.t vom bj.t vom šꜣy.t-Kuchen, während Wb hierin dasselbe Lemma sieht.) Die genaue Form des bj.t ist unbekannt (explizit vermerkt von P. Grandet, Le Papyrus Harris I (BM 9999), 2 Bd., Bibliothèque d’étude 109 (Le Caire 1994), 93, Anm. 338).
Eb 16
Ein anderes Heilmittel zum Öffnen des Bauches:
[5,1] wꜣm-Früchte: 1 (Dosis), jnb-Pflanzen1: 1 (Dosis), sr-Teile (?)2 der Schirmakazie: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), [5,5] šnf.t-Früchte: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde über 4 Tage hinweg gegessen.
1 jnb: Nicht identifizierbar.
2 srj: Ein Hapax legomenon. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 455 erwägen eine Verschreibung für die ẖr-Teile (Wb 3, 385.13), die sonst als Teile der Schirmakazie (ksb.t) genannt werden. N. Baum, Arbres et arbustes de l’Égypte ancienne. La liste de la tombe thébaine d’Ineni (no. 81), in: Orientalia Lovaniensia Analecta 31 (Leuven 1988), 156 nennt beide Lemmata, ẖr und sr, separat, aber ohne sie zu diskutieren. Diese Notiz stellt also nur die Existenz zweier Lemmata fest, ohne eine Identifizierung miteinander zu erwägen oder abzulehnen. Wegen der unklaren Bedeutung ist auch unsicher, ob die Pluralstriche eine grammatische Pluralmarkierung sind, oder ob sie, wie bei vielen Pflanzenbezeichnungen, zur Klassifizierung gehören und damit ein Singular zu lesen ist. Das nachfolgende ksb.t ist mit dem Korn N33 geschrieben. Es ist daher unsicher, ob sr einen Bestandteil des ksb.t-Baumes, d.h. der Schirmakazie, benennt oder konkreter einen Bestandteil der Samen dieses Baumes, die ebenfalls ksb.t genannt werden. Alternativ wäre es auch denkbar, dass sich die Schreibung mit dem Korn auf die gesamte Verbindung sr n ksb.t bezieht und damit über die Natur von ksb.t selbst an dieser Stelle nichts aussagt.
Eb 17
Ein anderes (Heilmittel):
tjꜥm-Pflanzen: 1 (Dosis), [5,10] Johannisbrot: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Feigen: 1 (Dosis), Wüstendatteln (?): 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
[5,15] Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vom Mann gegessen.
Eb 18, vgl. Eb 7, H 58
Ein anderes (Heilmittel) zum Entleeren des Bauches:
Kuhmilch1: 1 (Dosis), [5,20] Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
[6,1] Werde fein zermahlen; werde gekocht. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 jrṯ.t-jḥ: Nach jḥ steht noch einmal der Topf mit Pluralmarkierung; es ist also lexikalisiert.
Eb 19
Ein anderes (Heilmittel) für den Bauch:
ḥm.w-Teile der kꜣkꜣ-Pflanze: ein viertel (Dja), ... (?)1 Datteln: ein halbes Dja (?)2, [6,5] gw-Gras3: 1/16 (Dja), Spitzen/Triebe (?) der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1/16 (Dja), Koriander: 1/16 (Dja), geronnenes (?)4 Bier: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 tf: R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 155–156 will es mit tfꜣ: „Säge“ zusammenbringen und denkt an „zerschnittene Datteln“. Westendorf 1999, 550, Anm. 5 hält eine Verschreibung für tp mw.t=f für möglich und denkt an die bnj tp mw.t=f von Eb 65: „Dattel auf ihrer Mutter“, d.h. vielleicht „unreife Dattel“.
2 gs 1/64: Möglichweise ist das hieratische Kreuz unter dem gs nicht als Maßangabe 1/64, sondern als ḏꜣ zu lesen. Zu der Möglichkeit vgl. T. Pommerening, Neues zu den Hohlmassen und zum Medizinalmasssystem, in: S. Bickel – A. Loprieno (Hrsg.): Basel Egyptology Prize 1. Junior Research in Egyptian History, Archaeology, and Philology, Aegyptiaca Helvetica 17 (Basel 2003), 201–219, hier: 216.
3 gw: Die Identifikation als Zyperngras ist keineswegs sicher, vgl. R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 207–209; R. Germer, Flora des pharaonischen Ägypten, Sonderschrift. Deutsches Archäologisches Institut. Abteilung Kairo 14 (Mainz 1985), 248.
4 bꜣg: Die Übersetzungen „frigidum esse, refrigerare“, die L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 11b gibt, scheint völlig geraten. Das Wb 1, 431.12 vermutet „dick werden, gerinnen (von Flüssigkeiten)?“ und dürfte dabei vielleicht an eine metaphorische Bedeutung von bꜣgi̯: „müde werden“ gedacht haben. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 241 übernehmen diese Bedeutung, geben aber durch Weglassung des Fragezeichens größere Sicherheit vor, als vorliegt (dort auch in Anm. 2 die Überlegung, dass es mit „müde sein“ zusammenhängen könnte). Davon hängen die scheinbar sicheren Übersetzungen bei R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 79 („thick, of fluids“) und R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 260, Nr. {9453}–{9454} („geronnen sein; gerinnen“) ab. Tatsächlich ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es mit dem Verb bꜣgi̯: „müde sein“ zusammenhängt; zumindest das davon abgeleitete Substantiv bꜣg ist im Mittleren Reich mit Schreibungen mit drei Wasserlinien belegt: in den Sargtexten (A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts I. Texts of Spells 1-75, Oriental Institute Publications 34 (Chicago 1935), 183d und 189e) und auf dem Sarg Kairo CG 28083 aus el-Berscheh (P. Lacau, Textes religieux, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes 26, 1904, 59–81, 224–236, hier: 229).
In Eb 19 und pRamesseum III A 31 steht es attributiv zu ḥ(n)q.t; in Eb 19 könnte es dem zusätzlichen nachgestellten Flüssigkeits-Klassifikator (Topf und Pluralstriche) nach sogar lexikalisiert sein. In Eb 19 vermutet Westendorf 1999, 550: „dickflüssiges Bier“, Bardinet 1995, 253: „dépôt (?) de bière“. Im Fall des Ramesseums-Papyrus denkt J. W. B. Barns, Five Ramesseum Papyri (Oxford 1956), 20 vergleichbar zu Westendorf an „thick beer“.
Eb 20 = Ram III A 10-11 = Ram III A 26-27
[6,10] Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des wrm.yt-Leidens1 im Bauch:Konyza (?): 1 (Dosis).
Werde mit Kuhmilch oder süßem Bier gekocht. Werde vom Mann getrunken, so dass er das wrm.yt-Leiden ausscheidet, das in seinem Bauch ist.
1 wrm.yt: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 14 vermutet „Schlacken, Schorfe, Abfallstoffe“. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) wird diese Deutung aufgenommen, aber daneben vermutet, dass die Krankheit nach Windungen (wrm.w) bezeichnet sein könnte und ein Knäuel von Eingeweidewürmern bezeichnet.
Eb 21, vgl. Eb 35, 185, 306
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln der Lunge:
Johannisbrot: 1/64 (Oipe = 1 Dja), [6,20] süßes Bier: 2/3 (Dja).1
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde [7,1] über 4 Tage hinweg vom Mann getrunken.
1 Beide Mengenangaben sind nachträglich aus dem Einerstrich verbessert worden, Westendorf 1999, 551, Anm. 7.
Eb 22 = pLouvre E 32847, Rto. x+7,1–2
Ein anderes (Heilmittel) zum Entleeren des Bauches und Abgehenlassen jeder üblen Sache1, die im Körper eines Mannes ist:
[7,5] „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), Datteln: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Erdmandeln: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. [7,10] Werde über 1 Tag hinweg sẖp-eingenommen2.
1 (j)ḫ.t und ḏw.t sind mit Pluralstrichen geschrieben, weswegen die Phrase von Westendorf 1999, 551 und Bardinet 1995, 254 auch pluralisch übersetzt wird. Aber auch das (j)ḫ.t in 7,9 ist mit Pluralstrichen geschrieben, obwohl es dort durch das folgende wꜥ.t als Singular markiert ist, also nur ein scheinbarer Plural vorliegt. Das ḏw.t könnte seine Schreibung von dem ebenso geschriebenen Nomen haben.
2 Vielleicht nur dasselbe Verb wie sẖb, auch wenn Wb 4, 268–269 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 793–795 beide voneinander trennen und einen unterschiedlichen Gebrauch feststellen möchten: sẖb sei „auf flüssige Stoffe beschränkt“ (was angesichts des einzigen Belegs von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) zunächst etwas apodiktisch wirkt, aber Bestätigung außerhalb der medizinischen Texte findet, wo abgesehen vom metaphorischen Gebrauch, etwa dem Verzehr von Seelen, tatsächlich nur Flüssigkeiten genannt sind), wohingegen sẖp bei flüssigen und festen Stoffen Anwendung finde. In Eb 122 wird sẖp verwendet, während die Parallele Bln 35 ẖpꜥ: „kauen, spülen“ hat. W. Vycichl, Grundlagen der ägyptisch-semitischen Wortvergleichung, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo 16, 1958, 367–405, hier: 397 vergleicht es mit koptisch (A) ⲥⲱⳉⲡ: „verzehren, austrinken“ und vermutet darin „eine wenig schöne Form des Essens und Trinkens (...), etwa so wie wenn man ein bitteres Medikament einnimmt“.
Der Louvre-Papyrus verwendet das Verb sdb, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 74.
Eb 23 = pLouvre E 32847, Rto. x+7,2–5
Ein anderes Mittel:
Pflanzenbrei: ein halbes (Dja), sꜥꜣm-Pflanzen1: 1/32 (Dja), ꜥꜥꜣm-Pflanzen: 1/32 (Dja), [7,15] tjꜥm-Pflanzen: 1/32 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), gw-Gras: 1/32 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja),2 Weihrauch: 1/64 (Dja), [7,20] unterägyptisches Salz: 1/32 (Dja).
Werde bis zur Reduktion (???) auf 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja) gekocht3. Bevor es (vom Feuer) genommen wird, sollst du [8,1] Honig hinein geben (wörtl.: hinabsteigen lassen). Werde handwarm (wörtl.: in der Wärme des Fingers) gekocht. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.4
1 sꜥꜣm: Die Parallele nennt stattdessen die sꜥm-Pflanzen, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 75.
2 gw rʾ-32 pr.t-wꜥn rʾ-16 sind Korrekturen einer einzelnen Droge, von der allerdings nur noch schwarze Tintenspuren erhalten sind. Das heißt, die heutigen Zeilen 7,17 und 7,18 waren ursprünglich nur eine einzige Zeile mit einer einzigen Droge. Diese hat der Schreiber beim Korrekturdurchgang weggewischt und in den verfügbaren Platz die beiden Zeilen mit dem gw-Gras und den Beeren vom Stech-Wacholder gequetscht, vgl. H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 46.
3 Die Parallele schreibt „essen“ statt „kochen“, was aber T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 71 nur als Metapher für „reduzieren“ interpretiert.
4 Die Parallele empfiehlt stattdessen, es handwarm zu essen und mit einem Dritten Aufguss(?) von wässrigem süßen Bier über einen Tag hinweg hinunterzuschlucken: Die Applikationsanweisung entspricht derjenigen von Eb 29 mit dem einzigen Unterschied, das in pLouvre „süßes Bier“ statt einfaches „Bier“ steht. Vgl. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 75.
Eb 24
Ein anderes Heilmittel für den Bauch:„Erdhaar“-Früchte: ein viertel (Dja), [8,5] gngn.t-Pflanzen: ein viertel (Dja), Wermutkraut (?): ein viertel (Dja), süßes Bier: 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Das (dient dem) Veranlassen, [8,10] dass ein Mann jede Ansammlung (?) ausscheiden (kann), die in seinem Bauch ist.
Eb 25, vgl. Eb 251b
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Entleeren des Bauches und Beseitigen einer Krankheitserscheinung im Bauch eines Mannes:
Rizinussamen: ∅.
[8,15] Werde gekaut (und) mit Bier hinuntergeschluckt, so dass all das, was in seinem Bauch ist, herauskommt.
Eb 26
Heilmittel für Fälle des Ausscheidens:
Honig: 1 (Dosis), [8,20] šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), Wermutkraut (?): 1 (Dosis), [9,1] Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), das Innere einer Süßwassermuschel: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), [9,5] ꜥꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), tjꜥm-Pflanzen: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis).
Werde zu einem Zäpfchen verarbeitet. Werde in den Hintern gegeben.
Eb 27
[9,10] Ein anderes (Heilmittel) zum Ordnen des Harns und (zum) Veranlassen, dass man ausharnt:Gänsefett: 1/64 (Oipe = 1 Dja), „Großer-Schutz“-Droge1: 1/32 (Dja).
Werde handwarm (wörtl.: in der Wärme des Fingers) gekocht.2 [9,15] Werde mit Wein hinuntergeschluckt.
1 Zu dieser Droge vgl. den Kommentar hier.
2 psi̯ m srf n ḏbꜥ: Diese Stelle spricht dafür, dass psi̯ nicht in jedem Falle eine Zubereitung unter hoher Hitze impliziert.
Eb 28
Ein anderes (Heilmittel) zum Veranlassen, dass man ausharnt:
gngn.t-Pflanzen: 6 (?)1, welche wie Langbohnen von Kreta sind, Früchte/Samen der [9,20] mnwḥ-Pflanze, die man auch „Erdhaar“ nennt: ∅.
[10,1] Werde fein zermahlen; werde in Honig gegeben. Werde vom Mann gegessen (und) mit 1/64 (Oipe = 1 Dja) dattelsüßen Weines hinuntergeschluckt.
1 6: Die Zahlenangabe ist ungewöhnlich, weil gewöhnlich nur Einerstriche stehen, wenn ganze Zahlen genannt werden. Westendorf 1999, 552, Anm. 9 vermutet einen Fehler.
Eb 29
Ein anderes (Heilmittel):Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/8 (Dja), [10,5] Honig: 1/8 (Dja).
Werde handwarm (wörtl.: in der Wärme des Fingers) gekocht. Werde über 1 Tag hinweg mit einem „Dritten (Abguss)“ (?)1 von wässrigem (?)2 Bier hinuntergeschluckt.
1 ḫmt.ny: H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 660 und 929–930 sah hierin eine jüngere Schreibung des ḫmt genannten Getränks und bringt es mit koptisch ϣⲉⲙⲏⲣ: „Hefe“ zusammen. Darauf basiert die Übersetzung von Joachim 1890, 7 und passim („Hefe“); und auf Joachim wiederum basiert Bryan 1930, 47 und passim („yeast“). Dieser Zusammenhang mit dem Koptischen ist jedoch zu streichen: Zum einen handelt es sich bei ϣⲉⲙⲏⲣ um ein Lehnwort aus einer semitischen Sprache, vielleicht dem Aramäischen oder Arabischen (W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 264, J. Černý, Coptic Etymological Dictionary (Cambridge 1976), 245 und W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 315); und sofern eine solche Entlehnung überhaupt schon zur Zeit des pEbers oder sogar der Ramesseums-Papyri stattgefunden haben würde (bei einer Entlehnung aus dem Aramäischen oder Arabischen wäre das sprachgeschichtlich gar nicht möglich), wäre das Wort wohl anders geschrieben. Zum anderen schließlich spricht allein der Konsonantenbestand gegen einen solchen Zusammenhang, denn es ließe sich keine Erklärung dafür finden, dass das koptische Derivat auf -ⲣ endet.
Ebbell 1937, 32 und passim lässt das Wort ohne Übersetzungsvorschlag. Auch Bardinet 1995, passim verzichtet auf eine Übersetzung.
H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 398 bringen ḫmt.ny mit dem Zahlwort für „drei“ in Verbindung und vermuten darin einen „Verdünnungsgrad mit Wasser auf ein Drittel (ḫmt) des Gehaltes“. Dem folgend, übersetzt Westendorf 1999, 552 u.ö.: „Drittel-Lösung/Verdünnung“. Auch W. Helck, Das Bier im Alten Ägypten (Berlin 1971), 78 hält es für eine dreifache Verdünnung. Die Wortbildung erinnert allerdings eher an eine Ordinalzahl („Dritter“) als an einen Bruch („Drittel“). Ob die Flüssigkeit also eher danach benannt wurde, dass ein bestimmter Herstellungsprozess zum dritten Mal vorgenommen oder beim dritten Mal abgebrochen wurde? Vgl. zu Letzterem vielleicht das mrḥ.t sn.nw hrw, das „Öl des zweiten Tages“ (s. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 278, Anm. 34). Oder geht der Name auf eine Qualitätsangabe zurück, so wie beim dp.t-Öl oder eventuell dem ḫnt.t-Weihrauch? Man könnte spekulieren, dass vielleicht so etwas wie der dritte Abguss gemeint sein könnte: Das altägyptische Bier enthielt zahlreiche Rückstände, und ein dritter Abguss könnte einer sein, der schon mehr Rückstände enthält als der erste und zweite Abguss. Ähnlich denkt auch A. H. Gardiner, Ancient Egyptian Onomastica (London 1947), 233* bezüglich der nur ḫmt genannten Flüssigkeit an einen Zusammenhang mit der Herstellung, bei der irgendetwas in dreifacher Weise getan wird, hat aber keinen konkreten Übersetzungsvorschlag.
2 nḏꜣḏꜣ.yt scheint ein wässriger Zustand zu sein; dies ist v.a. aus den Wörtern nḏꜣḏꜣ und nḏꜣ.t geschlossen, die beide „Wasser“ bedeuten können.
Eb 30
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von schmerzendem Kot im Bauch eines Mannes:[10,10] Weißes Gummiharz: 1 (Dosis), rote Tinte: 1 (Dosis), Muttermilch: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vom Mann verschluckt.
Eb 31 = pLouvre E 32847, Vso. 24,17–18
[10,15] Ein anderes (Heilmittel):Mehl vom sw.t-Wildweizen: 1 (Dosis), tjꜥm-Pflanzen: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), „Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), [10,20] gngn.t-Pflanzen: 1 (Dosis), sẖ.t-Gerste: 1 (Dosis).
[11,1] Werde zu einer homogenen Masse zermahlen;1 werde zu einem šns-Brot verarbeitet. Werde vom Mann gegessen.
1 nḏ m (j)ḫ,t wꜥ.t: Wohl eine Abkürzung für nḏ (snꜥꜥ) jri̯ m jḫ.t wꜥ.t: "werde (fein) zermahlen, werde zu einer Masse gemacht".
Eb 32, vgl. H 3, Eb 514
Ein anderes (Heilmittel) zum Entleeren des Bauches und Abtöten von Krankheitsauslösern (?)1:šzp.t-Teil2 vom Senf (?): ∅.
Werde fein zermahlen; [11,5] werde in 4 fqꜣ-Kuchen gegeben, (diese) werden in Honig getaucht. Werde vom Mann verschluckt.
1 Ägyptisch wḫd.w. Zu dessen Deutung als allgemeine Bezeichnung für alle möglichen krankheitsauslösenden Entitäten, seien diese nun physisch greifbar (wie es Westendorfs Übersetzung „Schmerzstoffe“ impliziert [Westendorf 1999]) oder nicht, s. die Diskussion bei K. S. Kolta – H. Tessenow: „Schmerzen“, „Schmerzstoffe“ oder „Fäulnisprinzip“? Zur Bedeutung von wḫdw, einem zentralen Terminus der altägyptischen Medizin, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 127, 2000, 38–52.
2 Zu den drei verschiedenen(?) šzp.t geschriebenen Drogen s. den Kommentar hier.
Eb 33
Ein anderes (Heilmittel):
Malachit: 1/64 (Dja), Honig: ∅.
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 34
[11,10] Heilmittel zum Öffnen des Bauches:„Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), [11,15] süßes Bier: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 35 = Eb 185, vgl. Eb 21
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen jeder Krankheit im Bauch und Behandeln der Lunge:[11,20] Wässriges (?) süßes Bier: ∅1, Johannisbrot: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
[12,1] Werde in einen Krug gegeben, werde ḥkn-gemacht2 „bis zum Tode“, werde gerieben ...3
Damit verbreitest du Wärme zu jeder Zeit (???).4
1 ḥnq.t nḏm.t: Die Mengenangabe fehlt hier wie in der Parallele Eb 185.
2 ḥkn: Nur in Eb 35 und im Parallelrezept Eb 185 genannt. H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 856 verbindet das Wort mit dem ḥkn.w-Öl und diese beiden Wörter mit koptisch ϩⲟⲗϫ: „süß“ (dieses geht laut W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 369 jedoch auf vorkoptisches ḥꜣg zurück). Darauf basiert dann die Annahme von Joachim 1890, 8, hiermit läge ein „köstliches (Mittel)“ (und dazu Anm. 2: „Eigentlich: lieblich“) vor. Aufgrund des klassifizierenden Armes geht Wb 3, 180.11 dagegen von einem Verb aus, ohne eine Übersetzung anbieten zu können. Auf DZA 27.425.310 wird die gesamte Phrase mit Verweis auf (Georg) Ebers übersetzt mit: „Man schliesse ?? es ab gegen das Verderben ???“. Ebbell 1937, 32 bietet keine Übersetzung an. Im H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 638 werden für ḥkn die Alternativen „Zustand des Topfes“ oder „Tätigkeit der Drogenzubereitung“ genannt. Bardinet 1995, 256 schlägt unkommentiert „battu“ vor; Westendorf 1999, 553 „gerührt“. Letzterem Vorschlag folgt im Falle des Parallelrezeptes auch T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), 200.
3 sjn snḏꜣḏꜣ: Nur hier und in dem gleichen Rezept Eb 185. sjn heißt eigentlich „(ab-)wischen, reiben“; das folgende direkte Objekt ist das, was gewischt oder gerieben wird. snḏꜣḏꜣ, das als Wort sonst nicht belegt ist, ist seiner Determinierung nach eine Flüssigkeit oder ein Flüssigkeitsbehälter. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 770, wird „Verflüssigung (?)“, wörtl.: „wäßrig Gemachtes“ angegeben. Westendorf 1999, 553 übersetzt: „die Lösung werde verrieben“. Aber er ergänzt noch, sicher basierend auf Eb 185, dass das Mittel getrunken werden soll, was schwierig scheint, wenn es vorher (scil.: irgendwo) „verrieben“ ist. T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), 200 folgt bei ihrer Übersetzung des Parallelrezepts Westendorf: „das wäßrig Gemachte werde verrieben“. Bardinet 1995, 256 schreibt: „Frotter le produit obtenu pour faire une mousse (?)“, das sehr frei übersetzt scheint. Ob sich dahinter ein sjn s(j) n ḏꜣḏꜣ: „man zerreibe es für eine ḏꜣḏꜣ-Flüssigkeit“ verbirgt?
4 Die Übersetzung ist unsicher. Wb 4, 196.6 führt mit Verweis auf diese Stelle und das gleiche Rezept Eb 185 an: jri̯ srf: „etw. aufwärmen“. Auf DZA 29.395.880 steht: „wärme davon zu jeder Jahreszeit auf.“ H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 780, Anm. 2 schlagen für die hiesige Stelle vor: „tue (es), indem die Wärme der jeweiligen Tages- bzw. Jahreszeit in ihm (nämlich dem Medikament) ist“. Als Erklärung wird im § 1 vermutet, das Rezept komme vielleicht ohne besondere Erwärmung zur normalen, gerade aktuellen Temperatur zur Anwendung. Der Idee folgt Westendorf auch in Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999): „du mögest (es) machen, indem die Wärme der jeweiligen Zeit in ihr (der Lösung) ist“ (Westendorf 1999). Einen etwas anderen Vorschlag unterbreitet Bardinet 1995, 256: „Tu (las) prépareras à la chaleur correspondante (à celle) qui est en lui (= l’homme) à ce moment-là.“ Anders als von Deines/Westendorf bezieht er das Suffix von jm=f also nicht auf das Medikament, sondern den Mann. srf bezeichnet in den medizinischen Texten meist eine Krankheitserscheinung, gibt aber auch die Temperatur zur Herstellung oder Verabreichung der Medikamente an. Da der Herstellungsprozess dieses Rezeptes wegen weiterer unsicherer Lemmata unklar ist, ist nicht auszuschließen, dass hier von einer Hitzewirkung die Rede ist.
Eb 36
Ein anderes (Heilmittel) zum Veranlassen, dass man ausharnt:
[12,5] Süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja), šnf.t-Früchte: 1/16 (Dja), unterägyptisches Salz: 1/16 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 37
[12,10] Ein anderes (Heilmittel):Gerste: ein Hin (= 1,6 Dja)1.
Werde geröstet, (also) ganz und gar gedörrt;2 werde zu fqꜣ-Kuchen verarbeitet; werde in [12,15] Öl/Fett gegeben. Werde von dem Mann gegessen, der nicht ausharnen3 kann.
1 hnw: Zum Verhältnis des Hin-Maßes zur Oipe und damit zum Dja vgl. T. Pommerening, Neues zu den Hohlmassen und zum Medizinalmasssystem, in: S. Bickel – A. Loprieno (Hrsg.): Basel Egyptology Prize 1. Junior Research in Egyptian History, Archaeology, and Philology, Aegyptiaca Helvetica 17 (Basel 2003), 201–219.
2 ꜥwg.w wꜣi̯: Zu den temperaturabhängigen Abstufungen der Vorgänge „rösten“ (ꜥwg) und „dörren“ (wꜣi̯), s. U. Verhoeven, Grillen, Kochen, Backen im Alltag und im Ritual Altägyptens. Ein lexikographischer Beitrag, Rites égyptiens 4 (Bruxelles 1984), 65–84, spez. 77.
3 fgn: Das n ist in Rot über dem Determinativ nachgetragen.
Eb 38
Ein anderes (Heilmittel) zum Regeln des Bauches:
šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), šꜣms-Pflanzen: 1 (Dosis), [12,20] ḏꜣꜥ-Pflanzen1: 1 (Dosis), Malachit: eine Winzigkeit2, Honig: 1 (Dosis).
[13,1] Werde (miteinander) vermischt. Werde vor dem Schlafen(gehen) gegessen.
1 ḏꜣꜥ: Eine nur selten genannte Droge. Nach einer Angabe des Brooklyner Schlangenpapyrus wird sie in der „Sprache der Asiaten“ grbn genannt; das Wort ist darin mit dem Pflanzenstängel klassifiziert, so dass man annehmen kann, dass ḏꜣꜥ eine Pflanze ist. Entsprechend ist sie auch von R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 165–166 aufgenommen, die sich aber einer Identifizierung enthält.
2 nhj: Das Adjektiv „wenig“ wird hier wie eine Mengenangabe behandelt.
Eb 39
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Schwellungen im Bauch:Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/8 (Dja), Milch: 1/8 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1/8 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), [13,10] Weihrauch: 1/64 (Dja), Wasser: ∅1.
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 „Wasser“ steht ohne Mengenangabe.
Eb 40
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Krankheit in der Seite des Bauches:1
ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis), Dattelsaft: 1 (Dosis).
[13,15] Werde mit Öl/Fett gekocht. (Die Seite) werde darüber verbunden.
1 gs n ẖ.t: Westendorf 1999, 554 ergänzt zur „(rechten) Hälfte des Bauches“, mit Verweis auf Eb 757, wo eine gs wnmj: „rechte Hälfte“ (ohne ẖ.t) vorkommt, und Eb 759. Bardinet 1995, 256 bleibt unspezifischer: „un côté de l’intérieur du corps“.
Eb 41, vgl. Eb 42
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen jeder Krankheit1 im Bauch:
Feigen, gegrillt und eingetaucht in frisches Olivenöl: ∅, Weinbeeren/Rosinen: ebenso, Beeren vom Phönizischen Wacholder: ebenso.
Werde [13,20] zu einer homogenen Masse vermengt. Werde von dem Mann gegessen, der eine Krankheit in seinem Bauch hat, und (werde) veranlasst, dass er (danach etwas) trinkt.
1 mḥr.t: Als singularisches Abstraktum aufgefasst von Westendorf 1999, als Plural von Bardinet 1995.
Eb 42, vgl. Eb 41
[14,1] Ein anderes (Heilmittel):Feigen, gegrillt und eingetaucht in frisches Olivenöl: ∅, Weinbeeren/Rosinen: ebenso, Beeren vom Phönizischen Wacholder: ebenso, pꜣ-jb-Flüssigkeit: ein Hin (= 1,6 Dja), Wein: ein Hin (= 1,6 Dja).
[14,5] Werde zu einer homogenen Masse vermengt. Werde getrunken von demjenigen, der eine Krankheit in seinem Bauch hat.
Eb 43
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Krankheit des Bauches:
Öl/Fett: ∅, Erdmandeln: ∅, sꜥꜣm-Pflanzen: ∅, Perlen1, in Honig zermahlen: ∅.
[14,10] Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde über 1 Tag hinweg gegessen.
1 swj.t: Das Wort bezeichnet nicht die echte (Muschel-)Perle, sondern perlenförmige Halbedelsteine, meist Karneol.
Eb 44, vgl. Eb 153
Ein Heilmittel zum Beenden von Ausscheidungen:
Frisches Johannisbrot: 1/8 (Dja), frischer ꜣḥ-Brei: 1/8 (Dja), Öl/Fett1: ∅, Honig: ein viertel (Dja), [14,15] Wachs: 1/16 (Dja), Wasser: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde gekocht. Werde über 4 Tage hinweg gegessen.
1 Die Mengenangabe hinter mrḥ.t fehlt.
Eb 45, vgl. Eb 47
Ein anderes (Heilmittel):
Laib eines šns-Brots: 1/16 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), [14,20] sḫt-Droge vom ḏwj.w-Vogel (?): 1/16 (Dja), Wasser: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 46
[15,1] Ein anderes (Heilmittel):
šnf.t-Früchte: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/16 (Dja), [15,5] jns.t-Pflanzen: 1/16 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Honig: 1/16 (Dja), Wasser: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. (Werde) ebenso (verfahren).
Eb 47, vgl. Eb 45
[15,10] Ein anderes (Heilmittel):
Laib eines šns-Brots: 1/16 (Dja), sḫt-Droge vom ḏwj.w-Vogel (?): 1/8 (Dja), Johannisbrot: 1/32 (Dja), Wasser: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
[15,15] Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 48
Ein anderes (Heilmittel):Feigen: 1/8 (Dja), Weintrauben: 1/8 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/32 (Dja), [15,20] Gummiharz: 1/32 (Dja), Ocker: 1/64 (Dja), [16,1] Johannisbrot: 1/32 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/8 (Dja).
(Und) man sagt folglich: „O ht.w-Dämon, o ht.t-Dämonin“1 – und umgekehrt –, „o ꜥḏn-Dämon, [16,5] o ꜥḏn.yt-Dämonin!“2 – und umgekehrt, während man (das Medikament?) durch 300 cm³ Wasser vervollständigt (?)3.4
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.5
1 ht.w und ht.t: Nur hier belegt. Westendorf 1999, 391 erwägt eine Verbindung mit der mht.t-Dämonin des pBerlin und denkt auch an eine Paviansgestalt, sicher aufgrund der phonetischen Nähe zu hṯt: „Pavian“. Bei Letzterem ist die Entpalatalisierung entsprechend der allgemeinen ägyptischen Lautentwicklung schon für das Neue Reich belegt; eine Klassifizierung mit dem Tierfell, wie hier, ist zumindest aus ptolemäischer Zeit bekannt (DZA 26.408.910). Die Ligatur im Ebers schließt auch eine Lesung htr nicht aus, nur wäre in dem Fall kein Vorschlag möglich.
2 ꜥḏn: Zu diesem Dämon(?) vgl. den Kommentar von A. Blöbaum im Glossar. Sie verbindet die Bezeichnung mit dem im Demotischen belegten Verb ꜥḏn: „zerstören“.
3 sjp: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 715 schlagen mit Verweis auf das Simplex jp in Wb 1, 66.2 („etw. für vollzählig befinden“) die Bedeutung „vervollständigen“ vor; das Verb scheint in dieser Verwendung nur hier vorzukommen. Die erweiterte Bedeutung „etw. für vollzählig befinden“ ist für jp gut belegt; die Grundbedeutung ist „zählen“. Die Grundbedeutung von sjp ist „überweisen; revidieren“. Entsprechend übersetzt Bardinet 1995, 258 mit „sera additionné de“.
4 jw sjp=tw: Zum Anschluss als virtuellen Temporalsatz und zur Interpretation des =tw als Suffixpronomen und nicht als Passivsuffix vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 235.7.a.
5 Dass die weitere Medikamentenherstellung sowie die Anweisung, wie es einzunehmen ist, ohne Überleitung erfolgt, zeigt, dass der magische Spruch syntaktisch wie eine längere Parenthese behandelt wird.
Eb 49 = H 18, pLouvre E 32847, Rto. x+6,7–8
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des Ausscheidens von Blut, das in großer Menge auftritt1:Frischer ꜣḥ-Brei: 1/8 (Dja), [16,10] zerkleinerte Erdmandeln: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Öl/Fett: 1/8 (Dja),2 Honig: 1/8 (Dja).
Werde ausgepresst.3 Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Jedes (andere) Heilmittel ist ihm (gegenüber) ein Zweit(klassig)es.
1 ꜥšꜣ=f: Wörtl.: „wenn es viel ist“. Offenbar ist das Rezept für Fälle mit hohem Blutverlust gedacht. Rezepte gegen Ausscheidungen von Blut allgemein, d.h. ohne Angabe, ob viel oder wenig, finden sich im Papyrus Berlin 3038, Bln 165 und 187; vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 219.
2 Öl/Fett: 1/8 (Dja): Vom Louvre-Papyrus ausgelassen, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 71.
3 Statt „Werde ausgepresst“ weist der Louvre-Papyrus an: „Werde zu einer Masse gemacht“.
Eb 50, vgl. Eb 63
[16,15] (Ein Heilmittel zum) Töten eines ḥfꜣ.t-Eingeweidewurms:
Wurzel des Granatapfelbaumes: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 51
Ein anderes (Heilmittel):
Vierzeilige (wörtl.: schmale) (?) Gerste:1 1/64 (Oipe = 1 Dja), unterägyptisches Salz: ein halbes Dja (?), [16,20] Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
1 Ägyptisch jt-šmꜥ.w: Die gängige Übersetzung ist „oberägyptische Gerste“. Für die Möglichkeit, dass es eigentlich die „schmale“, d.h. die vierzeilige Gerste, ist, vgl. R. Müller-Wollermann, Die sogenannte ober- und unterägyptische Gerste, in: Varia Aegyptiaca 3.1, 1987, 39–41. Diesem Ansatz steht T. Pommerening, Wege zur Identifikation altägyptischer Drogennamen – eine kritische Betrachtung, in: P. Dils – L. Popko (Hrsg.), Zwischen Philologie und Lexikographie des Ägyptisch-Koptischen. Akten der Leipziger Abschlusstagung des Akademienprojekts „Altägyptisches Wörterbuch“, Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch-Historische Klasse 84.3 (Leipzig/Stuttgart 2016), 82–111, hier: 85 mit Anm. 16 kritisch gegenüber, weil die Adjektive mḥ und šmꜥ in den Drogennamen auch mit Mineralien verbunden sein können, wo eine Übersetzung als „voll“ und „schmal“ nicht unbedingt passt. Sie bleibt daher bei der Auffassung als „oberägyptische Gerste“ bzw., es als Kompositum auffassend, als „Nordgerste“. Gerade im Rezept Eb 51, dem einzigen Vorkommen von jt-šmꜥ.w in medizinischen Texten, wird es neben der Droge ḥmꜣ.t-mḥ.t, dem „unterägyptischen Salz“, genannt, und dabei könnte tatsächlich das ägyptische Dualitätsprinzip Oberägypten & Unterägypten eine Rolle gespielt haben.
Eb 52
Ein anderes (Heilmittel):
Blätter1 der Dornakazie: 1/64 (Oipe = 1 Dja), [17,1] Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 Ägyptisch ḏrḏ: Immer nur abgekürzt mit dem Kuhohr geschrieben. Anfangs jdn gelesen, weil es etwa in der Wortfamilie jdn: „vertreten“, jdn.w: „Stellvertreter“ als Klassifikator oder Phonogramm dienen kann, s. L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 7 und H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. V (Leipzig 1880), 163. Die Lesung ḏrḏ beruht auf pBerlin P 3038, vso. 3,7, einem Nachtrag von anderer Hand als der übrige Text, s. DZA 31.687.250. Ein mögliches demotisches Derivat davon ist das Wort tt.w in pWien D 6257, F. Hoffmann, Die Verwendung hieratischer Zeichen in demotischen medizinischen Texten, in: S. P. Vleeming (Hrsg.), Aspects of Demotic Orthography. Acts of an International Colloquium held in Trier, 8 November 2010, Studia Demotica 11 (Leuven 2013), 25–39, hier: 34.
Zur Bedeutung:
(1) Ebers 1889, 210–212, Anm. 23 schlägt, vor dem Vergleich der Kollokation ḏrḏ n šnḏ.t: „ḏrḏ der Nil-/Dornakazie“ im Augenbuch mit der Verwendung von Gummiharz der Akazie gegen Augenkrankheiten bei Dioskurides, vor, in ḏrḏ (von ihm noch jdn gelesen) ein Harz zu sehen. Da in Eb 779 auch Pulver von ḏrḏ n šnḏ.t genannt wird und die gesamte Gruppe ḏrḏ n šnḏ.t mit dem Mineralienklassifikator (Gardiner Sign-list N33) geschrieben werden kann, hält er auch eine Identifikation mit getrockneten Harzkörnern für möglich. Bestätigung für die Deutung als Harz sieht er darin, dass auch ḏrḏ von Sykomoren und von ꜥr.w-Bäumen (von ihm als Terebinthe identifiziert) genutzt wird und sich, dem vergleichbar, unter den Drogen des Dioskurides auch Milchsaft der Sykomore und Terebinthenharz genannt finden. Schließlich vergleicht er das ḏrḏ des logographisch mit dem Baum geschriebenen jꜣm-Baumes mit einer Flüssigkeit, die ebenfalls logographisch mit dem Baum sowie mit Krug-Klassifikator geschrieben ist (wobei diese Flüssigkeit dank zahlreicher Pleneschreibungen sicher als bꜣq zu lesen ist). Ebers’ Deutungsvorschlag dürfte die Basis für die Übersetzung als „Harz“ bei Joachim 1890, passim und auf DZA 31.687.220 sein.
(2) V. Loret, Recherches sur plusieurs plantes connues des anciens Égyptiens (suite), in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 15, 1893, 105–130, hier: 119–122 und V. Loret, La flore pharaonique d’après les documents hiéroglyphiques et les spécimens découverts dans les tombes (Paris 1892), 87–89 will in ḏrḏ eine Bezeichnung für „Hülsen, Schoten“ („gousse“) im Allgemeinen und die Schoten des Johannisbrotbaumes im Besonderen sehen; er vergleicht es dazu mit koptisch ϭⲁⲣⲁⲧⲉ: „Schote“ und vermutet darin auch den Ursprung von griechisch κεράτιον, lateinisch ceratonia und sogar dem französisch-dialektalem „Carouge“. Außerdem verbindet er es mit der Pflanzenbezeichnung dnrg (Wb 5, 470.4) sowie dem Wort ṯrk (Wb 5, 384.9); und weil Letzteres in pAnastasi IV, 12,1 als Getränk erscheint, vermutet er in Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 15, 120 in ḏrḏ nicht zuletzt auch „une espèce de liqueur“. Seinen Vorschlägen der Wortentlehnung hat L. Keimer, Die Gartenpflanzen im alten Ägypten. II, Sonderschrift. Deutsches Archäologisches Institut. Abteilung Kairo 13 (Mainz 1984), 16–17 zu Recht heftig widersprochen, und auch die Identifizierung von ḏrḏ als Hülse lehnt er ab, da in den medizinischen Texten auch ḏrḏ von Bäumen verwendet wird, die keine Hülsenfrüchte tragen, wie etwa Zizyphus, Sykomore und Weide. Keimer äußert sich vorsichtig nur soweit, dass ḏrḏ „irgend einen Teil an verschiedenen Bäumen bezeichnet“.
(3) Wohl inspiriert von Loret, jedenfalls seinen Artikel in Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 15 nennend, sieht G. Jéquier, Matériaux pour servir à l’établissement d’un dictionnaire d’archéologie égyptienne, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 19, 1922, 1–271, hier: 37 „sans doute“ den Saft aus Kernen oder Samen. Darauf basiert möglichweise das „juice“ von Ebbell 1937, passim. Und obwohl von H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 602 Ebbells Übersetzung als „unklar“ abgelehnt wird, halten von Deines und Grapow es ebd. für denkbar, dass spezifisch das ḏrḏ n šnḏ.t dem ⲁⲕⲁⲕⲓⲁ(ⲥ) der koptischen medizinischen Texte entspricht, dem eingedickten Saft der Schoten und Blätter der Akazie (W. C. Till, Die Arzneikunde der Kopten (Berlin 1951), 45).
(4) Die erwähnte singuläre Pleneschreibung in Bln 204 ermöglichte den Vergleich mit dem ebenfalls singulären Wort ḏrḏr aus dem Grab des Eje in Amarna, das in dem Parallelismus „Federn der Vögel und ḏrḏr.w der Bäume“ steht und daher recht naheliegend mit „Blatt“ übersetzt wird. Die Übersetzung „Blatt“ wird seitdem favorisiert, vgl. schon A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), S. 463, Sign-list F21; G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 55, Anm. 5; F. Jonckheere, Le papyrus médical Chester Beatty, La médecine égyptienne 2 (Bruxelles 1947), passim; G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), § 1515; H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 602; von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, passim; Westendorf 1999, passim; Bardinet 1995, passim u.a. Das semantische Verhältnis zu anderen Bezeichnungen für „Blätter“, etwa gꜣb.t, wäre noch zu klären.
(5) Breasted 1930, 380 folgt zwar weitgehend dem Vorschlag (4), weist aber darauf hin, dass diese Bedeutung nicht völlig gesichert ist und dass die Rinde (cortex), speziell die Rinde der Weide (bezugnehmend auf die Droge ḏrḏ n ṯr.t), ein viel wirksameres Heilmittel sei als die Blätter. Auf Breasteds alternative Erklärung neben der als „Blätter“ weist jedenfalls auch L. Keimer, L’arbre ṯr.t est-il réellement le saule égyptien (Salix safsaf Forsk.)?, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 31, 1931, 117–237, hier: 194 hin.
Eb 53
(Ein Heilmittel zum) Beseitigen eines ḥfꜣ.t-Eingeweidewurms im Bauch:
Malachit: 41 Stücke.
Werde in 4 fqꜣ-Kuchen gegeben. Werde [17,5] vom Mann verschluckt.
1 Die Maßangabe ist nicht rubriziert.
Eb 54
Ein anderes (Heilmittel):
ẖr/ẖt-Teil (?)1 der Schirmakazie: 1/642 (Oipe = 1 Dja), Datteltrester (?)3: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Wasser: 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 ẖr: Nur in den medizinischen Texten und dort nur in Mitteln gegen Würmer genannt (außer Eb 99, wo es in einem Mittel gegen ꜥꜣꜥ gebraucht wird). Die Schreibung mit Einkonsonantenzeichen ist anmerkenswert, da Wörter mit dieser Konsonantenfolge meist mit dem Zweikonsonantenzeichen ẖr geschrieben werden. Ob vielleicht doch kein r, sondern ein t zu lesen ist, wie es sich in Wreszinskis Transkription findet (Wreszinski 1913)? Das Hieratische würde jedenfalls beide Lesungen zulassen. Bei einer Lesung als ẖt bestünde die Möglichkeit, es mit dem Wort ẖ.tj von Wb 3, 359.7 zu verbinden, das mit dem Seil klassifiziert ist und als dessen Bedeutung „Bast“ oder „Borke“ vermutet wird. Es ist im Totenbuch, Tb 155 und 156, als Bestandteil der Sykomore genannt, als etwas, woran man ein Amulett befestigt und was seinerseits am Hals des Verstorbenen befestigt wird. W. Helck: Materialien zur Wirtschaftsgeschichte des Neuen Reiches (Teil V). III. Eigentum und Besitz an verschiedenen Dingen des täglichen Lebens. Kapitel AI–AL, Akademie der Wissenschaften und der Literatur. Abhandlungen der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse. Jahrgang 1964,4 (Wiesbaden 1965), 309 (917) verweist auch noch auf Matten aus ẖt auf oKairo CG 25619, vso. 3. J. J. Janssen, Commodity Prices from the Ramessid Period. An Economic Study of the Village of Necropolis Workmen at Thebes (Leiden 1975), 140 vermutet in diesem ẖt, für das er weitere Stellen im Zusammenhang mit Körben nennt, keine Materialangabe, sondern eine besondere Herstellungsart; er hält es in Anmerkung 47 aber auch für denkbar, das ẖt des Wb mit dem ẖr der medizinischen Texte zusammenzubringen.
2 1/64 ist jeweils am Zeilenende untereinander geschrieben, weswegen es in Zeile 6 und 7, wie stellenweise auch in den vorigen Kolumnen, durch ein großes Spatium von den Drogennamen getrennt ist. Im Fall der letzten Droge ist dadurch auch das 1/32 vom 1/64 getrennt, da Letzteres direkt an mw anschließt, das 1/64 aber eben erst am Ende der Zeile steht. Daher das „sic“ bei Wreszinski 1913, 16, wohingegen sich weder in Grapow 1958, 200 noch bei Westendorf 1999, 556 ein Vermerk darauf findet.
Kurioserweise erhält man in Zeile 17,5 den Eindruck, als würde das Determinativ von ksb.t die Maßangabe leicht überschneiden, als hätte also die Maßangabe schon dagestanden und n ksb.t wäre nachgetragen worden.
3 zrm: Vermutlich eine Schreibung für das bekannte zrm.t.
Eb 55 = Bln 2
Ein Heilmittel zum Töten eines ḥfꜣ.t-Eingeweidewurms:
[17,10] Schnitzel (?) von Datteln: 1/8 (Dja), Johannisbrot: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde getrunken.
Eb 56
Ein anderes (Heilmittel):
[17,15] Zweige/Stängel1 der nšꜣ-Wasserpflanze: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Wermutkraut (?): 1/64 (Oipe = 1 Dja), süßes Bier: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde zermahlen; werde gefiltert. Werde getrunken.
1 ꜥẖm: In H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 108–109 wird vermutet, dass es sich um kleine Zweige handeln könnte, an denen die Blätter noch dran sind. Eine genaue Bedeutung des Wortes lässt sich nicht festlegen.
Eb 57
Ein anderes (Heilmittel):
[17,20] ẖr/ẖt-Teil (?)1 der Schirmakazie: ∅.
Werde veranlasst, dass er 4 Tage in einem „Dritten (Abguss)“ (?) verbringt; werde nachts dem Tau ausgesetzt; [18,1] werde in einer Schale gefiltert am 5. Tag; werde gegeben zu (???)2 ---LEER GEFUNDEN---3 taub seiend (?)4; werde nachts dem Tau ausgesetzt im Sommer. Werde am Morgen getrunken.
1 ẖr: Vgl. die Diskussion in Eb 54. Interessanterweise ist ksb.t hier nicht mit dem Baum, sondern mit dem Mieralienkorn Gardiner N33 klassifiziert. Es bliebe zu klären, ob das bedeutet, dass hier nicht der Baum, sondern ein Bestandteil, etwa die Frucht gemeint ist, oder man das als Gesamtklassifikator einer Droge ẖr-n-ksb.t zu interpretieren hat.
2 rḏi̯ nn: Westendorf 1999 vermutet: „werde gegeben (?), ohne <nj?>“. Die Fragezeichen sind berechtigt, denn man erwartet ein direktes Objekt nach rḏi̯ als Angabe, wohin das Medikament gegeben wurde. Dass ein Objektsatz nach rḏi̯ vorliegt, scheidet als Alternative aus, da in dem Fall ein Subjunktiv zu erwarten ist; dieser würde jedoch mit tm=f sḏm gebildet und nicht mit nn sḏm=f (vgl. etwa das Liebeslied oCairo CG 25218, Z. 25), soweit er überhaupt negiert wird – in der Regel wird nämlich nur das rḏi̯ negiert und der Subjunktiv affirmativ angeschlossen („nicht zulassen, dass ...“). Ob in der Vorlage vielleicht die Präposition n, gefolgt von einem mit n beginnenden Nomen, gestanden hat? Zur Schreibung der Präposition n mit negierenden Armen vor Nomina s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 421, § 1. Für die Phrase vgl. das rḏi n šw: „werde in die Sonne gelegt“ in Zeile 82,13, wo das n ebenso mit diakritischem Punkt geschrieben ist wie hier, und für die Anordnung der Präposition über einem schmalen Zeichen (wenn auch in regulärer Graphie) in 53,18: rḏi n=s mw: „darauf werde Wasser gegeben“. Möglicherweise liegt hier also gar nicht ein Kopierfehler, sondern nur ein moderner Transkriptionsfehler vor: Die Zeichenfolge n n... würde, wenn übereinander geschrieben, der Negationspartikel tatsächlich sehr ähnlich sehen. Vgl. aber n nh.t in 20,11, wo beide n mit dem einfachen hieratischen Strich geschrieben sind.
3 „leer gefunden“: Eine typische Formel ägyptischer Kopisten, um anzuzeigen, dass an der entsprechenden Stelle die kopierte Vorlage zerstört (also mit einer Lücke im Papyrus) oder absichtlich getilgt und nicht wiederbeschrieben war. Mitunter kann dieser Vermerk auch ein Kunstgriff sein, um dem eigenen Text den Charakter einer Kopie von einem alten, d.h. altehrwürdigen, Original und damit dem eigenen Text eine höhere Autorität zu verleihen. In Eb 57 spricht jedoch nichts dagegen, dass tatsächlich die Kopie einer irgendwie beschädigten Vorlage vorliegt. Diese Beschädigung dürfte auch der Grund sein, weshalb der genaue Inhalt und die Grammatik dieser Passage nicht eindeutig zu klären ist.
4 jd ist genau so geschrieben wie das Verb jdi̯, weshalb es im Wb auch als Beleg hierfür abgelegt wurde (DZA 21.476.760) – wenn auch ohne Übersetzungsvorschlag. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) haben es dagegen als eigenes Lemma unklarer Bedeutung aufgeführt. Der Grund dürfte sein, dass nach der Präposition ein Infinitiv stehen müsste, der aber jdi̯.t lauten müsste.
Eb 58
Ein anderes (Heilmittel):
mw.t-Teile vom gw-Gras: 1/32 (Dja), Malachit: 1/32 (Dja), [18,5] Wasser: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde gekocht. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 59 = Bln 4
Ein anderes (Heilmittel):wꜣm-Früchte: ein viertel (Dja), šnf.t-Früchte: ein viertel (Dja), [18,10] ẖr/ẖt-Teil (?) der Schirmakazie: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde zermahlen; werde nachts mit Honig stehen gelassen; du sollst früh auf sein, [18,15] um es mit 1/64 (Oipe = 1 Dja) Bier zu verreiben. Werde vom Mann getrunken.
Eb 60
Ein anderes (Heilmittel):
wꜣm-Früchte: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Wasser: 1/64+1/64 (Oipe = 2 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken. [18,20] (Werde) alternativ mit Bier (statt Wasser zubereitet).
Eb 61, vgl. Eb 62
Ein anderes (Heilmittel):
Schilfrohr: 1/64 (Oipe = 1 Dja), [19,1] šꜣms-Pflanzen: ein viertel (Dja).
Werde mit Honig gekocht. Werde gegessen.
Ihre (d.h. der Würmer? der Ingredienzien?) Beschwörung:
„Die Last1 möge gelöst werden! [19,5] Die Mattigkeit möge weichen, die ‚Der-auf-seinem-Bauch-Ist‘ in diesen meinen Bauch gelegt hat, die ein Gott verursacht hat, die ein Feind verursacht hat!2 Streit sei wider ihn! (?)3 Der Gott möge das lösen, was er [19,10] in diesem meinem Bauch verursacht hat!“
1 Das ägyptische Wort an dieser Stelle ist pꜣw.t.
2 Übersetzung mit Westendorf 1999, 557. Bardinet 1995, 52 übersetzt: „(...) et (le corps) de celui qui a perdu ses forces (= la momie) fut retourné. (Tout à coup), un ver-hery-shetef sauta dans ce mien intérieur du corps. Que ce soit un dieu qui a agi, que ce soit un démon, (...)!” Seine Übersetzung lässt sich aber nicht ganz mit der Wortstellung des Originals vereinbaren.
3 Übersetzung unsicher. Die Graphie von šnt.t erinnert an manche Graphien für šnṯ.t: „Streit, Zank“. Westendorf 1999, 557 schlägt eine verbale Übersetzung vor: „Möge man ihn bestrafen (šnṯ.tw n-f ?)“, die aber unwahrscheinlich ist, da das Contraagens normalerweise als direktes Objekt an šnṯ angeschlossen wird (šnṯ sw, nicht šnṯ n=f) und das Passivsuffix tw hinter dem Determinativ stehen müsste.
Auch die scheinbare Präposition n ist nicht sicher: Zu einem vorgeblich zu streichenden n unter dem "schlechten Vogel", der wohl eher als eine Art Füllstrich zu interpretieren ist, vgl. G. Posener, L’enseignement loyaliste. Sagesse égyptienne du Moyen Empire, Centre de Recherches d’Histoire et de Philologie de la IVe Section de l’Ecole pratique des Hautes Etudes 2. Hautes Études Orientales 5 (Genève 1976), 96, § 6, Anm. a (im TLA unter: Loyalistische Lehre, Text oAshmolean 1938.912, § 6,11), ders., Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh. Tome II. Fasc. 1. Nos 1109-1167, Documents de fouilles de l’Institut français d’archéologie orientale 18 (Le Caire 1951), Taf. 8 (im TLA: Kemit, Handschrift oBrüssel E3208, § 7)), sowie im TLA pd'Orbiney 3,2 und 7,3, pBoulaq 13, Frg. IV,1 und IX,3.
Eb 62, vgl. Eb 61
Ein anderes nützliches Heilmittel von denen1, die für den Bauch angefertigt werden (können):Schilfrohr: 1 (Dosis), šꜣms-Pflanzen: 1 (Dosis).
[19,15] Werde fein zermahlen; werde mit Honig gekocht. Werde von dem Mann gegessen, der Gewürm in seinem Bauch hat.
Es ist der ꜥꜣꜥ- Giftsame2, der es geschaffen hat. 〈Es〉 kann nicht durch irgendein (anderes) Heilmittel sterben.
1 Zur partitiven Auffassung der Präposition vgl. Bardinet 1995, 259. Westendorf 1999, 557 fasst die Präposition m dagegen identifizierend auf: „Ein anderes wirksames Heilmittel als etwas, das gemacht wird für den Bauch“.
2 ꜥꜣꜥ: Die hier angedeutete Konnotation mit Susanne Radestock (mdl. Mitteilung).
Eb 63, vgl. Eb 50
Ein anderes (Heilmittel):
Wurzel des Granatapfelbaumes: ∅.
[19,20] Werde zerstoßen1 mit 1/64 (Oipe = 1 Dja) Bier; werde nachts in einem Hin-Topf2 mit 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja) Wasser stehen gelassen; du sollst früh auf sein, um es durch Tücher zu filtern. Werde vom Mann getrunken.
1 Ägyptisch hbq: Ein hauptsächlich in medizinischen Texten verwendetes Wort. Die Klassifizierung mit dem schlagenden Mann oder dem schlagenden Arm besagt zunächst nur, dass es sich um ein Aktionsverb handelt. Aufgrund der ptolemäisch belegten Klassifizierung mit dem Messer und des koptischen ϩⲃⲟⲕ wird von H. von Deines – W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Zweite Hälfte (h-ḏ), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.2 (Berlin 1962), 565 ein spitzer Gegenstand als Instrument des Vorgangs vermutet. Als Ort des Vorgangs erscheint in den Belegen ein steinerner Mörser (šd n jnr). Außerdem kann der Vorgang, wie in Eb 63, auch über oder in einer Flüssigkeit stattfinden (dagegen wird im MedWb, ebd. vermutet, dass bei hbq ḥr nur eine Verkürzung aus hbq rḏi̯ ḥr: „werde zerstoßen, werde gegeben in ...“ vorliegt). Aufgrund des für die Handlung hbq notwendigen spitzen Gegenstands vermutet T. Pommerening, Medical Re-Enactments. Ancient Egyptian Prescriptions from an Emic Viewpoint, in: M.C. Guidotti – G. Rosati (Hrsg.), Proceedings of the XI[th] International Congress of Egyptologists, Florence Egyptian Museum, Florence, 23-30 August 2015, Archeopress Egyptology 19 (Oxford 2017), 519–526, hier 525, dass dem Wort die zusätzliche metaphorische Bedeutung des Aufspießens innewohnt, derzufolge die Droge ähnlich zerstört werden soll wie die Krankheit oder das Symptom, wogegen die hbq-gemachte Droge verwendet werden soll. (Die Droge würde durch die hbq genannte Verarbeitung sozusagen mit einer Eigenschaft – nämlich derjenigen des Aufgespießt-Seins – aufgeladen, die sie durch Analogiezauber auf die Krankheit übertragen soll.) Im Fall von Eb 63 würde also der Wurm aufgespießt und dadurch getötet.
2 hnw meint hier klar den Hin-Topf, nicht das sich daraus entwickelnde Hin-Maß. Vgl. auch T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), 200, die schreibt, dass das Wort hnw in den medizinischen Texten dann, wenn es nicht als Rubrum geschrieben ist, das Gefäß meint. Gleich im nächsten Satz schreibt sie: „Sein Volumen dürfte im Mittleren Reich nicht zu weit vom späteren Standard der Hin-Maßeinheit entfernt gewesen sein, weil davon auszugehen ist, daß eine stete Entwicklung vom Alltags- über das Quasi-Meßgefäß zu der vom Gefäß unabhängigen Einheit stattfand.“ Das Rezept Eb 63 könnte jedoch ein Zeugnis dafür sein, dass noch zur Zeit von dessen Niederschrift die Größe eines Hin-Gefäßes variieren konnte: Das Verhältnis von Hin-Maß zu Dja hat sie an mehreren Stellen (etwa T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), 244–246 oder T. Pommerening, Healing measures. dja and oipe in Ancient Egyptian Pharmacy and Medicine, in: J. Cockitt – R. David (Hrsg.), Pharmacy and Medicine in Ancient Egypt. Proceedings of the Conferences held in Cairo (2007) and Manchester (2008), British Archaeological Reports - International Series 2141 (Oxford 2010), 132–137, 132–137, hier spez. 134) als 5 Hin = 8 Dja festmachen können. Das bedeutet, dass 1 Dja einer Menge von 0,625 Hin entspricht. Im Rezept Eb 63 sollen nun Wurzeln des Granatapfelbaumes (in ungenannter Dosierung) in einem Dja Bier zerstampft, und diese Mischung soll zusätzlich mit 3 Dja Wasser in einem Hin-Gefäß aufbewahrt werden. Die Gesamtdrogenmenge von 4(+x) Dja übersteigt dabei ein Hin-Maß um ein Vielfaches, genauer gesagt, entspricht sie 2,5(+x) Hin. Speziell im Rezept Eb 63 kann also das erwähnte Hin-Gefäß unmöglich das „Quasi-Meßgefäß“ meinen, sondern muss noch seine allgemeinere Bedeutung als Alltagsgefäß unterschiedlicher Größe haben. Inwieweit sich das auf die anderen Belege des pEbers verallgemeinern lässt, bliebe zu prüfen.
Eb 64
[20,1] Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen eines ḥfꜣ.t-Eingeweidewurms im Bauch:
ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis), Wermutkraut (?): 1 (Dosis), Pflanzenbrei: 1 (Dosis).
[20,5] Werde zu einer homogenen Masse vermengt. Werde gegessen. Dann scheidet er (d.h. der Patient) alle Würmer, die in seinem Bauch sind, aus.
Eb 65, vgl. Eb 71
Ein anderes (Heilmittel) zum Töten eines ḥfꜣ.t-Eingeweidewurms:[20,10] Ungeritzte Früchte, getrocknet, der Sykomore: 1 (Dosis), „Dattel-auf-seiner-Mutter“-Droge: 1 (Dosis).
Werde ordentlich zermalmt; werde in dickgewordenes Bier gegeben. [20,15] Werde vom Mann getrunken.
Eb 66
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen der Krankheit, die durch einen ḥfꜣ.t-Eingeweidewurm oder durch einen Bandwurm (?) entstanden ist:Mehl von psḏ-Schoten: 1 (Dosis), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte bester Qualität: 1 (Dosis), [20,20] Gänsefett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 67
(Ein anderes Heilmittel zum) Beseitigen der Krankheit, die durch [21,1] einen Bandwurm (?) entstanden ist:Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Zweige/Stängel der Polei-Minze (?): 1 (Dosis), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis), ḏꜣjs-Pflanzen: 1 (Dosis).
[21,5] Werde zu einer homogenen Masse zerstoßen. Der Bauch der Frau oder des Mannes werde darüber verbunden.
Eb 68
Heilmittel zum Töten eines ḥfꜣ.t-Eingeweidewurms:Blätter der Dornakazie: ∅.
Werde in [21,10] einem njw-Topf in Wasser gegeben; werde nachts mit Tüchern bedeckt stehen gelassen; du sollst früh auf sein, um es in einem steinernen Mörser zu zerstoßen, bis du es vollkommen zerkleinert hast. Eine sw.t-Binse werde an seiner (des Kranken) Nase gerieben, nachdem er es getrunken hat.
Eb 69
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen der Krankheit, die durch [21,15] einen Bandwurm (?) entstanden ist:Konyza (?): 1 (Dosis), jnb-Pflanzen: 1 (Dosis), Knoten (?)1 der sw.t-Binse: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
[21,20] Werde über 4 Tage hinweg sdb-eingenommen2.
1 ṯs.t: Das z-förmige hieratische Zeichen hinter dem t ist schwer zu identifizieren und wird von Wreszinski 1913 wie von Grapow 1958 durch eine w-Schleife wiedergegeben. Beide versehen das Zeichen aber mit einem Fragezeichen. Auf DZA 29.037.950 wird es dagegen durch den Kanal-Klassifikator (Gardiner N 23) wiedergegeben.
Von allen Wörtern dieser und homographer Wurzeln scheint eine Gleichsetzung von ṯs.t mit dem ṯꜣz.t-Knoten die wahrscheinlichste. Es könnte sich also um einen knotigen Teil der Pflanze handeln.
2 sdb: Schon L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 43a denkt an ein Verb der Nahrungsaufnahme: „vorare, edere“. So auch vorsichtig Wb 4, 368, das mit koptisch ⲥⲁⲧⲃⲉ: „kauen, wiederkäuen“ vergleicht. Tatsächlich wird es in den medizinischen Texten in Rezepten genannt, die gänzlich oder vorrangig feste Ingredienzien haben. In der Spätzeit dürfte es dagegen eher „trinken“ meinen (so auch schon Wb 4, 369.2), denn im hieratisch-demotischen pRhind ist es mit drei Wasserlinien klassifiziert und hat als Synonym im demotischen Text zwr: „trinken“. Vielleicht deswegen schlagen H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 825 ein etwas allgemeineres „einnehmen“ vor. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 975 setzt eine ähnlich allgemeinere Übersetzung für den Gebrauch in ptolemäischen Texten an, wobei gesagt werden muss, dass die von ihr genannten Belegstellen entweder positiv eher für eine Übertragung als „trinken“ sprechen oder aber nicht dezidiert für „essen“. In einigen Texten wird sdb parallel zu Verben des Essens gebraucht, so etwa im genannten hieratisch-demotischen pRhind, wo es neben wšꜥ: „kauen, verzehren“ und qnqn: „essen“ steht (was im Demotischen durch das Verbpaar zwr und wnm ersetzt wurde) und wo es aufgrund des Kontextes wie der schon erwähnten Schreibung eher komplementär („essen“ und „trinken“) als (teil)synonym (etwa „essen“ und „verzehren“) aufzufassen ist. Ähnlich vielleicht auch bei É. Chassinat, Le temple d’Edfou. Vol. VII, Mémoires publiés par les membres de la Mission Archéologique Française au Caire 25 (Le Caire 1932), 264, 6–10, wo es in einer Anweisung zur Einnahme von Opferspeisen neben jri̯: „essen“ verwendet wird – hier könnte sich jri̯ auf die festen Opfergaben und sdb auf die flüssigen beziehen. In den Sargtexten wird es parallel zu wnm gebraucht (R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 587); allerdings ist die Identität des dort genannten Objektes von sdb, nšn.w, unklar, so dass nicht mit Sicherheit entschieden werden kann, ob es ebenfalls eher ein Verb des Trinkens als des Essens ist. Zusammengefasst bedeutet das, dass sich die Bedeutung des Verbs noch nicht genau greifen lässt: Der Kontext der medizinischen Texte lässt eher an ein Verb des Essens denken, die Komplementarität mit wnm in anderen Texten und die zusätzliche Ersetzung durch zwr im pRhind eher an ein Verb des Trinkens. So scheint es am Besten, mit H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) bei einem allgemeineren „einnehmen“ zu bleiben, das aber nur als Platzhalter für eine noch zu spezifizierende Bedeutung verstanden werden sollte.
Eb 70, vgl. Eb 73
Ein anderes (Heilmittel) zum Töten eines ḥfꜣ.t-Eingeweidewurms:
wꜣm-Früchte: 1/8 (Dja), šnf.t-Früchte: 1/16 (Dja), unterägyptisches Salz: 1/32 (Dja), Honig: 1/8 (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde über 1 Tag hinweg sdb-eingenommen.1
1 Der Klassifikator von sdb und die Temporalangabe r hrw 1 wurden nachträglich getilgt und unter der Zeile nachgetragen, als der Schreiber merkte, dass diese Zeichen in die nächste Kolumne hineinragen würden, vgl. schon H. Grapow, Bemerkungen zum Papyrus Ebers als Handschrift, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 71, 1935, 160–164, hier: 161–162.
Eb 71, vgl. Eb 65
[22,1] Ein anderes Heilmittel:qꜣꜣ-Früchte (?)1 der Sykomore, getrocknet: 1 (Dosis), frische Datteln: 1 (Dosis).
Werde in Bier zermalmt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 qꜣꜣ: Mit Mineralienklassifikator und Pluralstrichen, einmal mit einem Getreidekorn(?), geschrieben. Wohl vom gleichradikaligen qꜣꜣ mit Pflanzenklassifikator zu trennen, so jedenfalls H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 510–511, wohingegen Wb 5, 5.8 eine Zusammengehörigkeit dieser beiden Wörter nicht auszuschließen scheint.
Das Wort qꜣꜣ mit Mineralienklassifikator ist jedenfalls eine unbekannte Droge und wird vom ꜥr.w-Baum, der šnḏ.t-Dornakazie und der nh.t-Sykomore genannt. Einmal, in Eb 71 = Eb 65, wechselt es mit kꜣ.w, das wohl unreife Früchte bezeichnet, weswegen naheliegt, auch in qꜣꜣ eine besondere Art Früchte zu sehen. Wie so oft in der Materia medica ist nicht sicher zu entscheiden, ob die Pluralstriche zur Klassifizierung (etwa eines Kollektivums) gehören oder grammatische Pluralmarkierung sind. Die nachfolgende Genitiv-Nisbe wird jedenfalls immer nur singularisch n geschrieben. Außerhalb der medizinischen Texte scheint es aber Schreibungen ohne Pluralzeichen zu geben, sofern man diese Belege nicht dem Lemma qꜣw: „Mehl, Pulver“ zuordnet; und wenn man die Schreibung des Pseudopartizips (?) oder Partizips (?) šw.w: „getrocknet“ mit Pluralstrichen in der Drogenangabe qꜣꜣ n nh.t šw.w in Eb 71 als Indikator für einen echten Plural nimmt und das Pseudopartizp auch auf qꜣꜣ bezieht, könnte qꜣꜣ eben auch dort ein Plural sein. Andererseits bezieht sich das ebenso pluralisch geschriebene šw.w in Eb 835 auf ein üblicherweise als Kollektivum aufgefasstes pr.t (ẖnš): „Früchte/Samen von ...“, und W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 163 nennt nur singularische (!) Pseudopartizipien mit Pluralstrichen.
Eb 72, vgl. Bln 5
Ein anderes Heilmittel zum Töten eines Bandwurms (?):ẖr/ẖt-Teil (?) der Schirmakazie: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Starkbier: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde sofort getrunken.
Eb 73, vgl. Eb 70
Ein anderes (Heilmittel):wꜣm-Früchte: 1/8 (Dja), unterägyptisches Salz: 1/32 (Dja), šnf.t-Früchte: 1/32 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), süßes Bier: ein halbes Dja (?)1.
Werde zu 4 Pillen verarbeitet. Werde vom Mann verschluckt [22,5] (und) mit einem halben Dja (?)1 Bier hinuntergeschluckt.
1 gs 1/64: Vgl. Eb 19.
Eb 74
Ein anderes1 Heilmittel:
wꜣm-Früchte: ein viertel (Dja), šnf.t-Früchte: 1/32 (Dja), Starkbier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde fein zermahlen. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 k.t ist nicht als Rubrum geschrieben.
Eb 75
Ein anderes (Heimittel):„Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis), rotes Natron:1 1 (Dosis), Galle eines gw-Rindes: 1 (Dosis).
Werde zu einem fqꜣ-Kuchen verarbeitet. Werde über 1 Tag hinweg gegessen.
1 ḥzmn-dšr: Wörtl.: „rotes Natron“. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 372 vermuten eine besondere Natronsorte, ohne einen Vorschlag zu unterbreiten, worin die Besonderheit liegen könnte. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 195 (mit älterer Lit.) identifiziert es mit dem koptischen ϩⲟⲥⲙ̄ ⲉϥⲧⲣⲉϣⲣⲟϣ und griechisch βερενικάριον und denkt dabei an ein möglicherweise durch einen Eisenanteil verunreinigtes Natron. Ferner verweist er auf Plinius, N.H. 31, 46,111, der ein Natron nennt, das durch die umgebende Erde rot gefärbt wäre, und N.H. 31, 41,86, wo von rotem Salz aus einem See nahe Memphis die Rede ist. Ausgehend von letzterer Stelle hält er es für denkbar, dass mit ḥzmn-dšr nicht nur ausschließlich Natron, sondern auch andere adstringierende Mineralien gemeint sein könnten.
Eb 76
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1 (Dosis), qst.t-Pflanzen,1 ns.ty-Keimlinge (?),1 tʾ-wj-Brot: 1 (Dosis), Bergteer (?)2: 1 (Dosis), süßes Bier: ∅.
Werde fein zermahlen; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 Hinter einigen Drogen fehlen die Maßangaben. Während Bardinet 1995, 261 den Text nimmt, wie er steht, ergänzt Westendorf 1999, 559 die Einerstriche.
2 mrḥ.t ḫꜣs.t: Wörtl.: „Öl/Fett der Wüste/des Berglandes/des Fremdlandes“; in dieser Verbindung einmalig (Eb 76). Joachim 1890, 15 entscheidet sich kommentarlos für „Erdöl (Petroleum?)“. Ihm folgen Ebbell 1937, 36: „rockoil“ und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 83, Anm. 1. Das Wb ordnet es dagegen mit dem Übersetzungsvorschlag „fremdes Öl?“ dem Wort mrḥ.t unter (abgelegt unter DZA 24.245.330).
É. Chassinat, Le mot dans les textes médicaux, in: Anonymous (Hrsg.), Recueil d’études égyptologiques. Dédiées à la mémoire de Jean-François Champollion à l’occasion du centenaire de la lettre à M. Dacier relative à l’alphabet des hiéroglyphes phonétiques, lue à l’Académie des inscriptions et belles-lettres le 27 septembre 1822, Bibliothèque de l’École des hautes études, Sciences historiques et philologiques 234 (Paris 1922), 447–465, hier: 463–464 erwähnt an möglichen Deutungen (1) diejenige von Joachim, (2) Pissasphalt, oder (3) Asphalt, auch wenn er Letzteres wegen seiner festen Konsistenz als Äquivalent für das mit dem Krug klassifizierte mrḥ.t ḫꜣs.t für weniger wahrscheinlich hält. Außerdem hält er es für denkbar, es mit dem demotischen mrḥe ḫr, dem „syrischen Asphalt“, des pRhind zu vergleichen. Dieses hat im hieratischen Teil des Papyrus mnnn: „Bitumen“ als Synonym; darauf basierend schlägt Chassinat vor, in der Droge des pEbers eben Bitumen bzw. genauer: dessen halbflüssige Variante Pissasphalt zu sehen. Eine Bedeutung „Bitumen“ für mrḥ.t allein sieht er durch das koptische Derivat ⲁⲙⲣⲏϩⲉ gesichert. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 173–174 zweifelt dagegen an, dass mnnn primär Bitumen bezeichnet habe, weil dieses nicht vor der griechischen Zeit zur Mumifizierung verwendet worden sei (s. die Diskussion dort). Er denkt bei mnnn eher an Holzteer oder ein Baum-, konkreter Koniferenharz und vermutet, dass das mrḥe des pRhind eine dementsprechende Bedeutung habe. Bezüglich der Droge des pEbers hält er jedoch aufgrund des ḫꜣs.t weiterhin einen mineralischen Ursprung und damit Chassinats „Pissasphalt“ für möglich. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 273 geben lediglich eine wörtliche Übersetzung wieder; von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 115 tendieren vorsichtig zu der von Chassinat mit etwas Skepsis genannten Bedeutung „Asphalt?“, ebenso Bardinet 1995, 261: „huile de désert (asphalte?)“ und – ohne Fragezeichen – Westendorf 1999, 559: „Asphalt“.
Eb 77
Ein anderes (Heilmittel):„Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), rotes Natron: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis).
Werde 〈zu〉 [22,10] einem fqꜣ-Kuchen verarbeitet. Werde über 1 Tag hinweg gegessen.
Eb 78
Ein anderes (Heimittel):
Früchte des bgs.w-Busches1: 1/8 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde erwärmt.2 Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 bgs.w: Wohl zu dem bꜣgs-Busch Wb I, 432.2–3 zu stellen, in dem K. Sethe, Übersetzung und Kommentar zu den altägyptischen Pyramidentexten 4. Spruch 336 – 506 (§§ 788a – 1101d) (Hamburg 1939), 356 aufgrund desselben Konsonantenbestands wie bꜣgs.w: „Dolch“ einen Dornbusch vermutet.
2 sšmm: Etymologisch ein sehr unspezifischer Terminus („warm/heiß machen“); allerdings weder in der Beschreibung der Nahrungsmittelproduktion noch der Rohstoffverarbeitung verwendet, und außerhalb der medizinischen (bzw. magischen) Texte sehr selten verwendet. Trotz seiner augenscheinlich allgemeinen Bedeutung ein potenzieller Kandidat für eine Fachwortliste.
Eb 79
Ein anderes (Heilmittel):
Starkbier: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), ḏꜣjs-Pflanzen: 1 (Dosis), „Feder-des-Nemti“-Pflanzen: 1 (Dosis), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: 1 (Dosis), tjꜥm-Pflanzen: 1 (Dosis), Wüstendatteln (?): 1 (Dosis), süßes Bier: ∅.‘
Werde gekocht. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 80
Ein anderes (Heilmittel):Früchte des Johannisbrotbaums: 1 (Dosis), Milch: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), „Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), Wein: ∅.
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken. Das (dient dem) Entleeren des Bauches.
Eb 81
Ein anderes (Heilmittel):„Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), Herz des Zugvogels (?)1: 1 (Dosis), [22,15] Honig: 1 (Dosis), Wein: 1 (Dosis), Konyza (?): 1 (Dosis), süßes Bier: 1 (Dosis).
Werde zu fqꜣ-Kuchen verarbeitet. Werde über 1 Tag hinweg gegessen.
1 „Zugvogel (?)“, ägyptisch mšꜥ: Mit Einkonsonantenzeichen geschrieben und mit einem Vogel klassifiziert. Bei von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 116 unübersetzt gelassen; Westendorf 1999, 560 schlägt „Zugvogel“ vor, basierend auf dem gleichradikaligen Wortstamm „reisen, marschieren“. Auffälligerweise fehlt bei dem Vogelnamen die bei mšꜥ: „reisen“ (und Derivaten) üblicherweise vorhandene Klassifizierung mit den laufenden Beinchen und meist auch dem angewinkelten Bein.
Eb 82
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Behandeln eines Bandwurms (?):
Polei-Minze (?): 1 (Dosis), kmw-Korn (?)1: 1 (Dosis), nwꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: 1 (Dosis).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 kmw: Nur zweimal, in den Rezepten Eb 82 und 449, belegt und mit dem Rohstoffklassifikator N33:Z2 geschrieben. R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), scheint in diesem kmw keine Pflanze oder ein pflanzliches Produkt gesehen zu haben, denn sie führt es nicht mit auf. G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), 752 listet es dagegen als Nr. 1258 auf, auch wenn er schreibt „drogue inconnue“. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 215 weist darauf hin, dass es in den beiden Malen, in denen es genannt wird, hauptsächlich zusammen mit pflanzlichen Drogen vermischt wird. Er hält daher ein pflanzliches Produkt nicht für ausgeschlossen, hält aber auch ein Mineral für denkbar.
H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VII (Leipzig 1882), 1245 vermutet in diesem kmw die Frucht vom ḫt km: „Schwarzbaum“ (vgl. Wb 3, 340.7), der süßlich riecht und wie zerkleinertes tj-šps schmeckt (s. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 753). Das ist jedoch eher unwahrschinlich, weil es ungewöhnlich wäre, dass der Baum nach der Frucht heißt, erwartet man doch eher eine umgekehrte Benennung, vgl. die mit pr.t gebildeten Bezeichnungen in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 199.
Weiterhin vergleicht Brugsch das kmw des pEbers mit einem Substantiv km.t mit Pflanzenklassifikator in einer Inschrift des Paheri, das neben dem Getreide šr.t genannt wird (vgl. DZA 30.195.720). Brugsch vermutet darin zwei koordinierend angeordnete Substantive (H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. IV (Leipzig 1868), 1405), wohingegen Wb 5, 123.11 in km.t ein attributes Adjektiv zu šr.t sieht (vgl. auch die Übersetzung auf DZA 30.195.720). Eine Klassifizierung mit der Pflanze wäre für ein rein attributives Adjektiv km: „schwarz“ zumindest ungewöhnlich; sofern man in der Pflanze also nicht den Gesamtklassifikator eines Kompositums šr.t-km.t sieht, könnte er darauf hindeuten, dass km.t eine Pflanzenbezeichnung ist.
Eine Droge pr.t km(.t) gibt es auf oDeM 1242; Westendorf 1999, 63 übersetzt sie kommentarlos mit: „ägyptisches Getreide“, vermutet also in km(.t) das „schwarze Land, Ägypten“ oder ein davon abgeleitetes Nisbe-Adjektiv. Vgl. zu weiteren Belegen für pr.t km(.t) u.ä. R. A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954), 117–118, Anm. 1 und die Diskussion zu oDeM 1242. Vgl. ferner die Diskussion bei J. J. Janssen, Two ancient Egyptian ship’s logs. Papyrus Leiden 1350 verso and papyrus Turin 2008+2016, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden. Supplement 42 (Leiden 1961), 83–84, der zwischen den Übersetzungen „black seed“ und „seed of Egypt“ schwankt. Angesichts der sonstigen Verbindungen von pr.t wäre es auch nicht auszuschließen, dass es hier Samen oder Früchte der km-Pflanze sind, was zu der Pflanze aus dem Grab des Paheri passen könnte.
In ptolemäischen Gauprozessionen kommt schließlich unter den Gaben des 18. oberägyptischen Gaues ein Opfer km.y vor. Laut H. Beinlich, Die spezifischen Opfer der oberägyptischen Gaue, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 7, 1979, 11–22, hier: 18 ist dies nur eine Variante des šnw genannten Opfers des 17. oberägyptischen Gaues; und obwohl beide Wörter mit einem Brot klassifiziert sind, weist Beinlich auf Indizien dafür hin, in beiden Wörtern Pflanzenbezeichnung zu sehen: šnw kann laut einem Text in Dendera „gepflückt“ werden (sq); km.y ist in Kom Ombo einmal mit Gardiner Sign-list M8, dem Teich mit Lotosblumen, klassifiziert; und einmal heißt das Opferstichwort ṯḥn.w n.w ṯsjw: „Blumen der (Speise)aufhäufung?“. Es wäre daher zu prüfen, ob dieses späte km.y mit dem kmw des pEbers zusammenhängen könnte.
Eb 83
Ein anderes (Heilmittel):ꜥmꜥꜥ-Kerne (?) der Dattel: 1/16 (Dja), Wermutkraut (?): 1/8 (Dja), gw-Gras: 1/16 (Dja), „Großer-Schutz“-Droge: 1/64 (Dja), šnf.t-Früchte: 1/32 (Dja), snwt.t-Winden: ein halbes Dja (?), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), süßes Bier: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 84
Ein anderes (Heilmittel):Johannisbrot: 1/8 (Dja), Roter Ocker: 1/64 (Dja), [22,20] gegorener Pflanzenbrei:1 ein halbes Dja (?), weißes Öl:2 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
[23,1] Werde gekocht. Werde davon getrunken. Das (dient dem) Töten des Bandwurms (?).
1 ḥsꜣ n ꜥwꜣ.yt: ꜥwꜣ.yt ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Ableitung von ꜥwꜣ: „verfaulen u.ä.“. Der Gebrauch des Terminus ist fast ausschließlich auf medizinische Texte beschränkt. Die Genitivverbindung ist in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 440, s.v. Nr. I.I als Genitivus attributivus interpretiert worden; dementsprechend übersetzt Westendorf 1999, 560: „gegorener Pflanzenschleim“ und Bardinet 1995, 262: „mucilage fermenté (?)“. Alternativ sind daneben auch Deutungen als Genitivus materiae („Brei aus Vergorenem“) oder, wenn auch weniger wahrscheinlich, weil nicht am Ende des Rezeptes stehend, als Genitivus finalis („Brei für Vergorenes“) denkbar.
2 mrḥ.t ḥḏ.t: In H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 269 wird vermutet, dass mrḥ.t mit attributiven „Zusätzen der Beschaffenheit“ eher ein Öl als ein Fett sei. B. Koura, Die „7-Heiligen Öle“ und andere Öl- und Fettnamen. Eine lexikographische Untersuchung zu den Bezeichnungen von Ölen, Fetten und Salben bei den alten Ägyptern von der Frühzeit bis zum Anfang der Ptolemäerzeit (von 3000 v. Chr. – ca. 305 v. Chr.), Aegyptiaca Monasteriensia 2 (Aachen 1999), 115 zufolge beziehen sich die Attribute eher „auf den Zustand der verarbeiteten pflanzlichen oder tierischen Öle“.
Eb 85
Ein anderes (Heilmittel):
Beeren vom Stech-Wacholder: 1/64 (Oipe = 1 Dja), weißes Öl: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 86
Ein Heilmittel zum Zerbrechen (d.h. zum Beseitigen) von Krankheitsauslösern (?) im Bauch:
Rindfleisch, lebhaft (?)1: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), frisches Brot: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 jwf n jḥ ꜥnḫ: jḥ ist, wie in den medizinischen Texten üblich, logographisch geschrieben; es könnte demzufolge statt der Gattungsbezeichnung jḥ: „Rind“ auch das homographe Wort jwꜣ: „Langhornrind“ oder kꜣ: „Stier“ gemeint sein (Letzteres etwa Bardinet 1995, 262). Die Wortstellung suggeriert augenscheinlich, dass hier Fleisch von lebenden Rindern gemeint ist. Dementsprechend lautet auch eine Notiz auf DZA 21.741.390: „Fl[eisch] (von einem) lebenden (Tier)?“. Bei einer solchen Annahme wäre u.U. die Diskussion von A. von Lieven, Das Göttliche in der Natur erkennen. Tiere, Pflanzen und Phänomene der unbelebten Natur als Manifestation des Göttlichen; mit einer Edition der Baumliste P. Berlin 29027, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 131, 2004, 156–172, hier: 168, Anm. 46 zu berücksichtigen, wo sie anmerkt, dass beim Mundöffnungsritual, zumindest nach Ausweis des Totenbuches des Hunefer, einem lebenden Kalb ein Schenkel abgetrennt wurde. Allerdings bedürfte diese Szene einer näheren Untersuchung: Neben dem Schenkel wird auch das Herz dargebracht des Tieres, was de facto darauf hinausläuft, dass das Tier geschlachtet wurde. Die Szene entspricht den Szenen 23–25 resp. 43–45 des Mundöffnungsrituals (nach der Zählung Ottos). Es bliebe zu prüfen, ob die Darstellung auf dem Papyrus des Hunefer Parallelen findet; in anderen Versionen dieser Szene ist das Rind liegend abgebildet; ob das Abschneiden des Schenkels am noch lebenden oder schon toten Tier geschieht, lässt sich aus diesen Darstellungen und den Beischriften nicht eruieren.
Neben dieser Interpretation von jwf n jḥ ꜥnḫ als Fleisch von einem lebenden Tier ist noch eine zweite denkbar: Zwei Belege ohne genitivischen Zusatz (Eb 664 und Bln 155), also bloßes jwf ꜥnḫ, lassen es auch denkbar erscheinen, dass sich das Attribut „lebend“ auf das Nomen regens, also auf das „Fleisch“ und nicht auf das „Rind“, bezieht, auch wenn in diesem Fall die Wortstellung in Eb 86 regelwidrig ist, weil es regelkonform jwf ꜥnḫ n jḥ lauten müsste. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 165.aa.1 mit Anm. 7 erklärt die Wortstellung allerdings damit, dass ꜥnḫ kein attributives Partizip, sondern ein Stativ ist, der ganz regulär erst auf den Genitiv folgen würde.
Davon abgesehen, wäre ohnehin die genaue Konnotation des ꜥnḫ zu hinterfragen. Westendorf 1999, 561 und Bardinet 1995, 262 denken an einen Ausdruck der Frische, aber das ist keineswegs sicher (vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 16–17), weil der Zustand der Frische meist mithilfe von wꜣḏ ausgedrückt wird (vgl. schon in diesem Rezept tʾ wꜣḏ: „frisches Brot“). Diese Unsicherheit in der genauen Bedeutung findet sich auch schon im Wb 1, 196.4, wo sich bei jwf ꜥnḫ der Zusatz findet: „d.h. soeben frischgeschlachtet?“. Die nähere Beschreibung mittels ꜥnḫ kommt nun auch bei Pflanzenteilen vor (vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 144), und zwar auch bei solchen, deren Frische in anderen Rezepten mithilfe von wꜣḏ bezeichnet wird – es muss also einen davon zu unterscheidenden Zustand bezeichnen. Generell wäre hierbei zu hinterfragen, ob aus ägyptischer Perspektive Pflanzen der Kategorie „leben“ zugeordnet wurden und die Umschreibung mittels ꜥnḫ eben den quasi noch lebendigen Zustand bezeichnet. Zumindest in den Texten der Amarnazeit ist das der Fall (vgl. Wb 1, 195.2), aber ob das auch früher der Fall war, ist unklar. Es ist daher nicht auszuschließen, dass das Wort ꜥnḫ hier nur zum Ausdruck einer anderen Qualität dient, vergleichbar zu anderen Kategorien der belebten Natur, die ebenfalls auf – aus moderner Perspektive – unbelebte Dinge angewendet wurden, wie bspw. die Unterscheidung zwischen „männlich“ (man denke an den ṯꜣ.y n msdm.t: „männlichen Bleiglanz“) und „weiblich“ (vgl. das ⲃⲉⲛⲓⲡⲉ ⲛⲥϩⲓⲙⲉ: „weibliche Eisen“). Speziell für ꜥnḫ sei an das deutsche Adjektiv „lebhaft“ erinnert, das bspw. bei Farben und Mustern eine besonders kräftige oder ins Auge springende Nuance bezeichnen kann. Vgl. ferner das Metall bqs-ꜥnḫ < *bjꜣ-Qjs-ꜥnḫ, bei dem es sich vielleicht um ein magnetisches Erz handeln könnte (s. die Diskussion bei J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 168–170, u.a. auch zu dessen Verhältnis zu griech. μάγνης ζῶν = latein. ferrum vivum = demot. mꜥkns nt ꜥnḫ). Dort bezieht sich das Adjektiv laut J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 170 wohl auf die „apparently live nature of the mineral in attracting iron“ – eine Bedeutung, die ꜥnḫ natürlich nicht haben kann, wenn es sich auf Fleisch oder Pflanzen bezieht.
Eb 87
Ein anderes (Heilmittel) zum Abwehren1 von Krankheitsauslösern (?) im Bauch:tjꜥm-Pflanzen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), [23,5] sḫp.t-Dünnbier: 1/64 (Oipe = 1 Dja), süßes Bier: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde ausgepresst; werde gekocht. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 ḫsf hat anscheinend eine prophylaktische Konnotation.
Eb 88
Ein anderes (Heilmittel):smt-Droge: 1/64 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Blätter der Dornakazie: 1/32 (Dja), Gänsefett: 1/16 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 89
Ein anderes (Heilmittel):Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Weintrauben: 1/16 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Gänsefett: 1/16 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 90 = pLouvre E 32847, Rto. 9,9–101
Ein anderes (Heilmittel) [23,10] zum Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens im Bauch:„Spitzer-Stein“-Droge: 1 (Dosis), „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis), bsbs-Pflanzen: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis).
Werde zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die krankhafte Stelle) werde damit gesalbt.
Dann sollst du Mittel zum Ausscheiden bereiten, nach dem Aussperren (?)2 (der Krankheit) aus (?) seinem Bauch:
„Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), gngn.t-Pflanzen: 1 (Dosis), jnb-Pflanzen: 1 (Dosis), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1 (Dosis).
Werde zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde zu 4 fqꜣ-Kuchen verarbeitet. (Es) werde veranlasst, dass er (d.h. der Patient) sie (d.h. die Kuchen) isst.
1 Statt dem sfṯ-Öl nennt die Parallele die smt-Droge. Der zweite Teil des Rezepts fehlt in der Parallele komplett, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 83.
2 Ägyptisch ḏdḥ r: Nur in Eb 90 und Eb 864c belegt, beide Male mit dem Zusatz r ẖ.t=f. Wb 5, 635.5 schlägt vor: „(ein Heilmittel) auf den Leib binden, als Umschlag“, versteht also das Heilmittel als Objekt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 1018 sieht dagegen eher die Krankheit als Objekt und vermutet, dass das Verb ein „‚Isolieren‘ der Krankheitserscheinung von der Stelle (...), wo sie Schaden anrichtet bzw. anrichten könnte“ ausdrückt: „sie wird abgesperrt gegen den Leib“. So auch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 174, Anm. 10 zu Eb 864 und Westendorf 1999, 561. Umgekehrt Bardinet 1995, 262: „cela (les ouhaou) aura été emprisonné à l’intérieur du corps“. Ebbell 1937, 37 überrsetzt kommentarlos mit „after obstruction of his bowels“.
Eb 91 = pLouvre E 32847, Rto. 6,14–17
Ein anderes (Mittel) zum Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens, das schwer auf [23,15] dem Körper liegt, (und zu) seinem ordnungsgemäßen Abtöten im Bauch:
Getrocknete Myrrhe: 1/64 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), „Spitzer-Stein“-Droge: 1/64 (Dja), „Großer-Schutz“-Droge: 1/64 (Dja), jnb-Pflanzen: 1/32 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Schilfrohr: 1/16 (Dja), sꜥꜣm-Pflanzen: 1/8 (Dja), Bleiglanz: 1/64 (Dja), gngn.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Johannisbrot: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja): begossene (?) Erdmandeln:1 1/32 (Dja).
Werde zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde in angenehmer Wärme gegessen. (Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich!
1 wꜥḥ sti̯: begossene (?) Erdmandeln: sti̯ ist mit drei Wasserlinien klassifiziert und ist damit sti̯: „ausgießen“ und nicht sti̯: „strahlen, leuchten“ zu lesen. Der nachfolgende Rohstoffklassifikator gehört wie die Pluralstriche vermutlich zu einem lexikalisierten wꜥḥ-sti̯(.w), also nicht eigentlich zum Attribut selbst. Was sti̯ an dieser Stelle genau zu bedeuten hat, ist unsicher. R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 135 denkt an die allgemeine Bedeutung „ausschütten“ und vermutet hier eine Bezeichnung der Erdmandelknollen für die Aussaat. Westendorf 1999, 562 denkt an „(mit Wasser) begossene Erdmandeln“. Vielleicht sind tatsächlich eben nicht die getrockneten, sondern im Gegenteil gewässerte Erdmandeln gemeint; aber ohne inhaltlich klarere Parallelen ist dies bloße Spekulation.
Eb 92 = pLouvre E 32847, Rto. 6,17–19
Ein anderes (Heilmittel)1 zum Herausholen [23,20] des wḥꜣ.w-Hautleidens im Bauch, oder (um) es ab(zu)töten:
Feigen: 1/32 (Dja), unterägyptisches Salz: 1/8 (Dja), frisches Brot: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Ein anderes (Heilmittel), nach ihm (anzuwenden):
„Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), [24,1] Datteltrester (?): ein halbes Dja (?), Honig: ein viertel (Dja), süßes Bier: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde über 4 Tage hinweg gegessen.
1 k.t ist schwarz geschrieben, um es von dem vorigen Rezept, das mit einem Rubrum endet, optisch zu trennen, vgl. H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 48–49.
Eb 93 = pLouvre E 32847, Rto. 6,19–21
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer srf.t-Hautentzündung:
Mehl von Datteln: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Mehl vom Johannisbrot: 1/64 (Oipe = 1 Dja), mstꜣ-Flüssigkeit: 1/8 (Oipe = 8 Dja).
Werde bis zu einem Rest an Flüssigkeit von 1/32+1/16 (Oipe = 6 Dja) verkocht (d.h. bis nur noch 6 Dja übrig sind?).1
In angenehmer Wärme gibst du (es) dem (betroffenen) Mann oder der (betroffenen) Frau, so dass er (oder sie) gesund wird.
1 Auffällig ist, dass bei der Mengenangabe erst der kleinere Bruch und dann der größere steht, während es üblicherweise umgekehrt ist.
Eb 94 = pLouvre E 32847, Rto. 6,21–7,1
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens:
sꜥꜣm-Pflanzen: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Mehl vom Johannisbrot: 1/64 (Oipe = 1 Dja), unterägyptisches Salz: ein halbes (Dja), [24,5] Schnitzel (?) von Datteln: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Öl/Fett: ein halbes (Dja), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: 1/64 (Oipe = 1 Dja), süßes Bier: 1/32 (Oipe = 2 Dja).1
Werde gekocht. Werde in mittlerer Wärme sẖp-eingenommen.2
1 Im Louvre-Papyrus varriiert die Drogenliste leicht: Statt der sꜥꜣm-Pflanzen stehen dort die sꜥm-Pflanzen; die Dattelkerne und das unterägyptische Salz haben die Position getauscht, und das Öl/Fett fehlt. S. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 74.
2 jmj.tw srf.wj: Wohl „bei mittlerer Wärme“ gemeint.
Eb 95, vgl. Eb 116 und pLouvre E 32847, Rto. x+9,1–2
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens im Bauch:Süße Myrrhe: 1 (Dosis), „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis), Verengung (?)1 der bḏꜣ-Brotform: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die krankhafte Stelle) werde damit gesalbt.
1 ḥns.t: Nur in Eb 95 und dem fast identischen Rezept Eb 116 sowie dessen Parallele pLouvre E 32847, Rto. x+9,1–2 belegt. Auf DZA 26.976.580 wird, mit doppeltem Fragezeichen, aber ohne jeden begründenden Kommentar, „Ruß“ vermutet. Dem Klassifikator nach ist das Wort eine Ableitung von ḥns: „eng sein“; daher kommt Hannigs Übersetzung der Phrase als „das ‚Enge’ (die enge Spitze) der Bedja-Brotform“ (R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 579, Nr. 20991). Zu einer solchen glockenförmigen Brotform vgl. etwa H. Balcz, Die Gefässdarstellungen des Alten Reiches. Fortsetzung des Aufsatzes in Band IV, Heft 1, in: Mitteilungen des Deutschen Instituts für Ägyptische Altertumskunde in Kairo 4, 1933, 207–227, hier: 210. Aber ob es an ihr tatsächlich eine Stelle gegeben hat, die als „Enge“ bezeichnet worden wäre? Neben der Brotform bezeichnet bḏꜣ auch die Gussform. Vgl. dazu etwa R. Drenkhahn, Die Handwerker und ihre Tätigkeiten im alten Ägypten, Ägyptologische Abhandlungen 31 (Wiesbaden 1976), 38–39. Ob vielleicht mit ḥns.t das Ausgussloch bezeichnet wurde oder vielleicht eher der Rest der Gussmasse, der das Ausgussloch zusetzt und damit weiter verengt? Angesichts der sonstigen Drogen dieses Rezeptes ist eigentlich ein Mineral oder ein Pflanzenprodukt zu erwarten.
Eb 96 = pLouvre E 32847, Rto. x+9,4–5
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer üblen srf.t-Hautentzündung:
Alaun: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Tamariskensamen/-früchte: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), {{unterägyptisches}} Salz:1 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde daran (d.h. an die entzündete Stelle) gegeben.2
1 ḥmꜣ.t mḥ.t: Der Schreiber hat erst ḥmꜣ.t mḥ.t geschrieben, dann hat er oder ein Korrektor das Attribut mḥ.t rot durchgestrichen. Es ist also, wie auch Westendorf 1999, 563 übersetzt, nur „Salz“ gemeint. Bardinets Klammerung „sel (marin)“ (Bardinet 1995, 263) ist fehlleitend. In der Parallele steht ebenfalls nur ḥmꜣ.t, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 82.
2 In der Parallele sollen die Ingredienzien nicht „zu einer Masse gemacht“, sondern „in Eselsfett fein zermahlen“ werden. Damit soll dann „eingerieben“ werden, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018).
Eb 97
Ein anderes (Heilmittel) [24,10] zum Zerbrechen von Krankheitsauslösern (?) im Bauch:
„Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), tjꜥm-Pflanzen: 1/16 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), Johannisbrot: 1/32 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), ꜥꜥꜣm-Pflanzen: 1/32 (Dja): Gänsefett: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 98
Ein anderes (Heilmittel) zum Abtöten von Krankheitsauslösern (?):
psḏ-Schoten: 1/16 (Dja), Datteln: 1/64 (Oipe = 1 Dja), sḫr-Bier:1 1/32 (Oipe = 2 Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Eselsmilch: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 ḥ(n)q.t sḫr: In H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 378 wird, sicher aufgrund der fehlenden Genuskongruenz, von einem direkten Genitiv ausgegangen (bei einer attributiven Verbindung wäre ḥ(n)q.t sḫr.t zu erwarten). Dem Determinativ nach ist sḫr zu dem Verb „fällen, niederwerfen“ zu stellen. Westendorf 1999, 563 schlägt „abgestandenes Bier vor“; Bardinet 1995 unterlässt einen Übersetzungsversuch. Ob mit dem sḫr.w-Getränk der Admonitions, Wb 4, 258.6 zu verbinden?
Eb 99
Ein anderes (Heilmittel) zum Abtöten1 von Krankheitsauslösern (?) und Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens eines Untoten (oder) einer Untoten im Bauch eines Mannes [24,15] oder einer Frau:
Blätter der Dornakazie: 1/64 (Oipe = 1 Dja), ihre (d.h. der Akazie) ẖr/ẖt-Teile (?): 1/64 (Oipe = 1 Dja), ihre qꜣꜣ-Früchte (?): 1/64 (Oipe = 1 Dja), Blätter der Seyal-Akazie: 1/64 (Oipe = 1 Dja), ihre ẖr/ẖt-Teile (?): 1/64 (Oipe = 1 Dja), ihre qꜣꜣ-Früchte (?): 1/64 (Oipe = 1 Dja), sꜥꜣm-Pflanzen2: ein viertel (Dja), „Leidabwender“-Pflanzen: ein viertel (Dja), tjꜣ-Pflanzen: ein viertel (Dja), Konyza (?): ein viertel (Dja), Weinbeeren/Rosinen: ein viertel (Dja), Polei-Minze (?): ein viertel (Dja).
Werde vermischt; werde zu einem Schluckmittel verarbeitet. Werde über 4 Tage hinweg gegessen.
1 k.t n.t smꜣ: Die Genitiv-Nisbe n.t ist nachgetragen; allerdings hinter dem Messer, mit dem smꜣ geschrieben ist – vielleicht fehlerhaft, vielleicht aber auch, weil der dreieckige Raum, der durch die schräge Position des Messers entstand, eine Spur größer war als der Zeilenzwischenraum vor smꜣ.
2 sꜥꜣm: Das s wurde in Rot nachgetragen.
Eb 100
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Abtöten von Krankheitsauslösern (?) im Bauch:
Grütze vom sw.t-Wildweizen: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Grütze von Gerste: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Gebrochenes (?) von Datteln: ein viertel (Dja), šnf.t-Früchte: 1/8 (Dja), Schnitzel (?) von Datteln: ein viertel (Dja), [24,20] die beiden Hälften der psḏ-Schote: ein viertel (Dja), Wermutkraut (?): 1/8 (Dja).
Werde gekocht; werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 101
Ein anderes (Heilmittel):
mw.t-Teile [25,1] vom gw-Gras: 1/16 (Dja), gw-Gras vom Garten: 1/16 (Dja), gw-Gras: 1/16 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja): Gummiharz: 1/32 (Dja), Gänsefett: ein viertel (Dja), Honig: ein viertel (Dja), Wasser: 1/8+1/4 (Oipe = 24 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 102 = Eb 296
Wenn du einen unter Sekret mit einem Schneiden1 (Leidenden) betrachtest, unter dem sein Bauch steif ist, (und) er an seinem Verdauungstrakt leidet, (dann) ist sein Sekret in seinem Bauch.2 Es kann keinen Weg des [25,5] Herauskommens finden3.
(Und weil) es nun keinen Weg gibt, dass es (d.h. das Sekret) herauskommen kann (?) aus ihm (d.h. dem Verdauungstrakt),4 verfault es folglich in seinem Bauch. Es kann nicht herauskommen, (sondern?) es ist zu Gewürm (?)5 geworden. Es wandelt sich folglich vollständig (oder: Es wandelt sich folglich nicht)6 zu Gewürm (?) um, bis/so dass es sich zu etwas umwandelt,7 das tot ist.
Anschließend scheidet er es aus, (und) ihm ist sofort angenehm. Wenn er es (aber) nicht in Form von Gewürm (?) ausscheidet, bereitest du ihm folglich Mittel zum Ausscheiden, so dass ihm sofort angenehm ist.
1 nqꜥ.wt: Vermutlich zur Charakterisierung eines bestimmten Schmerzes von nqꜥ: „schneiden“ abgeleitet. H. Goedicke, Readings [III-IV], in: Varia Aegyptiaca 4 (1), 1988, 33–42, hier: 33–37 vermutet dagegen hierin eine Verschreibung für das Wort „geritzte Sykomorenfrüchte“ und in dem Rezept eine Anweisung zur Behandlung von jemandem, der unter Verdauungsschwierigkeiten aufgrund des Verzehrs dieser Früchte leidet. Goedickes primäres Argument ist aber ein Zirkelschluss: Er lehnt Grapows (Grapow 1955) und Westendorfs (Westendorf 1999) Übersetzung des Wortes als „Schneiden“ ab, weil ein physisches Objekt (das st.t-Sekret) und eine Empfindung (das nqꜥ.wt-Schneiden) zu unterschiedlichen semantischen Feldern gehören und daher nicht mit der Präposition m koordiniert werden könnten. Daher deutet er m nicht komitativ („mit“), sondern instrumental („durch“). Anschließend lehnt er die Übersetzung von st.t durch „Schleimstoffe“ ab und denkt eher an eine Bedeutung „pain“ (< sti̯: „schießen“). Damit hat er aus st.t ebenfalls eine Empfindung gemacht, die nun wiederum problemlos mit nqꜥ.wt: „Schneiden“ koordiniert werden könnte.
2 Die Entscheidung, was die Apodosis zur Protasis jr mꜣꜣ=k ... ist, ist schwer zu treffen; auch wenn sich die bisherigen Übersetzungen – manche explizit, manche implizit – einig zu sein scheinen: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I beginnen erst mit „Dann verfaulen sie in seinem Bauch“ einen neuen Satz. Die davorstehenden Hauptsätze sind jedoch ohne jegliche Konjunktion übersetzt und, durch Semikola voneinander und von der Protasis getrennt, parataktisch angeordnet worden. L. Depuydt, The Contingent Tenses of Egyptian, in: Orientalia 58, 1989, 1–27, hier: 11–13 hat alles zwischen nḫt ẖ.t=f ẖr=s und ḥwꜣ.ḫr=s parenthetisch interpretiert, was das kontigente Tempus zur notwendigen Apodosis macht. Damit liefert er eine grammatische Analyse zu der bereits in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I durch das „dann“ angedeuteten konditionalen Verschränkung von jr mꜣꜣ=k und ḥwꜣ.ḫr=s. Bardinet 1995, 125 und 264 folgt von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I sowohl in der parataktischen Anordnung der Krankheitsbeschreibung als auch in der Andeutung der Apodosis bei ḥwꜣ.ḫr=s durch „alors“. Dem folgt schließlich auch Westendorf 1999, 564. W. Schenkel, Kontingenter Hintergrund. Beobachtungen zum Gebrauch des śčm.ı͗n=f in erzählenden Texten, in: Lingua Aegyptia 21, 2013, 207–264 wiederum greift Depuydts explizitere Formulierung auf und markiert die Parenthese durch Gedankenstriche. (H. Buchberger, Transformation und Transformat. Sargtextstudien 1, Ägyptologische Abhandlungen 52 (Wiesbaden 1993) umgeht die Problematik, indem er erst mit wnn st.t=f m ẖ.t=f einsetzt und damit alle konditionalen Abhängigkeiten überspielt.) Folgt man diesen Interpretationen, erhielte man jedoch, ohne Parenthese, einen Satz „Wenn du jemanden siehst, der unter Sekret mit Schneiden leidet, worunter sein Bauch steif ist, (dann) verfault es in seinem Bauch“. Während dies syntaktisch denkbar ist, ergibt sich das semantische Problem, dass die Apodosis im Grunde nicht die Protasis fortführt, sondern sich auf einen Teil des Objektes der Protasis bezieht, d.h. der Nachsatz erfüllt nicht die im Vorsatz aufgestellte Bedingung. Außerdem würde die Parenthese Teil der Untersuchung sein und damit wäre der Satz wnn st.t=f m ẖ.t=f tautologisch: „Wenn du jemanden siehst, der unter Sekret mit Schneiden leidet, worunter sein Bauch steif ist – (N.B.:) sein Sekret ist in seinem Bauch – (...)“. Daher wird hier vorgeschlagen, in wnn st.t=f m ẖ.t=f den ersten Satz der Diagnose zu sehen – entweder als Apodosis oder als Nachsatz des gelegentlich ausgelassenen (W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 456d) ḏd.ḫr=k r=s: „dann sollst du dazu sagen“.
3 gmm.t=s: Vgl. die Schreibung gmi̯.n=s in der Parallele Eb 296. K. Sethe, Ägyptische Lesestücke zum Gebrauch im akademischen Unterricht. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1924), 55, Anm. f schlägt eine Verlesung der Ligatur mt aus der Ligatur mn vor, was W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 269.2, S. 196, Anm. 2 zurückweist, weil die so entstehende Form gmm.n=s erklärt werden müsste. Er äußert ebd. stattdessen die Vermutung, dass es ein „imperfektivisches sḏm.t=f“, also eine geminierte Form des relativen bzw. bi-referentiellen Futurs sein könnte. Eine solche geminierte Form ist jedoch ungewöhnlich. Ob man vielleicht stattdessen einen falsch geschriebenen Infinitiv nach Negation annehmen sollte? Hierfür ist zwar die Negation nn anstelle von n zu erwarten, aber auch im folgenden Satz wird eine Verbesserung der Negation zu nn vorgeschlagen. Damit ergäben sich die Varianten Eb 102: n(n) gm{m}.t=s wꜣ.t n.t pri.t: „ohne dass es einen Weg des Herauskommens findet“ und Eb 296: n gmi.n=s wꜣ.t n.t pri.t: „wobei es/das keinen Weg des Herauskommens gefunden hat“.
4 wꜣ.t prr.y=s jm=f: Eine grammatisch und daraus folgend inhaltlich problematische Stelle aufgrund zweier Auffälligkeiten: (1) der Gemination des Verbs und der zusätzlichen Schreibung mit Doppelschilfblatt; sowie (2) das ohne erkennbares Bezugswort dastehende jm=f. Das Parallelrezept ist an dieser Stelle identisch, bietet also keinen Lösungshinweis. K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 83 (zu K. Sethe, Ägyptische Lesestücke zum Gebrauch im akademischen Unterricht. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1924), 55,18) denkt, dass pri̯ hier eigentlich ein feminines Partizip ist, das er auf wꜣ.t bezieht und hinter dem in der Vorlage ein maskulines Nomen folgte, auf das sich ein maskulines pri̯.y sowie das Suffixpronomen nach jm beziehen: n gr.t wꜣ.t prr⟨.t=s jm=s „weil es keine Öffnung gibt“ pri̯⟩.y=s jm=f. Durch Aberratio oculi sei der Kopist direkt vom prr.t=s jm=f zum pri̯.y=s jm=f gesprungen. Vielleicht auf einer solchen Lösung basierend, führt A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 358 die Stelle als Beleg für ein maskulines, singularisches Passivpartizip auf. Es fragt sich allerdings, wie ein Passivpartizip von pri̯: „herausgehen“ in dem vorliegenden Kontext mit wꜣ.t als Bezugswort übersetzt werden sollte.
W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 210.2 lehnt Sethes und Gardiners Lösungsvorschlag ab, weil ein derartiger Fehler nicht allein beim Kopieren geschehen sein kann, sondern teilweise schon in der Vorlage zu finden sein müsste und Eb 102 und 296 nicht völlig identisch seien, also nicht von derselben Vorlage stammen. Dieses Argument ist etwas verkürzt; doch wenn man die Abweichungen der Rezepte miteinander vergleicht, müsste man tatsächlich einen recht komplexen Überlieferungsweg rekonstruieren, wie er Westendorf vielleicht vor Augen gestanden hat: Von einer ursprünglichen, hypothetischen Quelle α mit korrektem Wortlaut wäre eine fehlerhafte Kopie (β) gemacht worden, in der v.a. die von Sethe vermutete Aberratio oculi zu verorten wäre; von dieser Kopie wären wiederum zwei verschiedene Kopien (γ und δ) mit weiteren Fehlern gemacht worden; und von diesen letzteren Kopien stammen dann die Rezepte Eb 102 und Eb 296 ab, die damit den Weg zurück in eine Handschrift finden. Schritt β würde die Fehler erklären, die Eb 102 und 296 gemeinsam haben, Schritt γ+δ diejenigen, in denen Eb 102 und 296 voneinander abweichen. Anstatt einen solchen komplizierten Entstehungsweg anzunehmen, vermutet Westendorf in prr.y=s eine ungewöhnliche Schreibung eines prospektiven sḏm=fs in Finalsätzen: „es gibt auch keinen Weg, daß er [der st.t-Schleimstoff, L.P.] herausgehen könnte“. Sein Argument gegen Sethes Lösung ist jedoch partiell zu revidieren, selbst wenn man Sethe nicht folgen möchte: (a) der Wortlaut von Eb 102 und 296 stimmt weit genug überein, um eine letztlich identische Vorlage ansetzen zu dürfen; aber (b) das weit auseinanderliegende Vorkommen der beiden Texte in der Sammelschrift gegen Bauchbeschwerden einerseits (Eb 102) und in einer Rezeptsammlung gegen Sekrete in der Leistengegend andererseits (Eb 296) spricht dafür, dass es tatsächlich in zwei verschiedenen Texten stand, die dann im pEbers vereint wurden. Bei welchem Kopiervorgang dann die von Westendorf angenommenen Fehler in den Text kamen – sofern es wirklich Fehler sind und nicht Fehlbeurteilungen von Ausnahmeschreibungen durch den modernen Philologen – kann freilich nicht eruiert werden. Diese Überlegung dürfte Westendorfs Vorschlag insofern bestätigen, als die ägyptischen Kopisten prr.y=f wohl als korrekt empfunden hatten, weil es andernfalls wohl wenigstens in einem der beiden Fälle korrigiert worden wäre.
Man könnte als Alternative anmerken, dass das hieratische prr im Grunde nicht von dem hieratischen pri̯.t kurz zuvor unterschieden werden kann und dass daher das unmittelbar vorangehende wꜣ.t n.t pri̯.t den Schreiber verleitet haben mag, wꜣ.t pri̯.t.y=s (und nicht das wꜣ.t prr.y=s der bisherigen Transkriptionen) zu schreiben (was Westendorf, ebd. grundlos ablehnt). Doch auch dann ist keine emendationsfreie Lösung denkbar; eine zunächst naheliegende Relativform (*„es gibt auch keinen Weg, des es (das Sekret) herauskommt aus ihm (dem Magen?)“) wäre grammatisch problematisch, und zudem ist die Relativform von pri̯ ohne Doppelschilfblatt geschrieben; und Relativformen mit Doppelschilfblatt von anderen IIIae inf. setzen dieses erwartungsgemäß auch vor das .t und nicht dahinter.
Vgl. zur Frage, ob ḥwꜣ.ḫr=s vielleicht die einleitende Protasis fortführt, den Kommentar dort. Zur hier gewählten Satzverbindung vgl. E. Oréal, Les particules en égyptien ancien. De l’ancien égyptien à l’égyptien classique, Bibliothèque d’étude 152 (Le Caire 2011), 447. Einen engeren Anschluss von n gr.t wꜣ.t prr.y=s jm=f an den vorangegangenen Satz, wie es von L. Depuydt, The Contingent Tenses of Egyptian, in: Orientalia 58, 1989, 1–27, hier: 11–13, Bardinet 1995 und Westendorf 1999 vorgeschlagen wird, hält sie für „une répétition incohérente du même contenu propositionnel“.
5 ḥsb.t: Nur in Eb 102 und in der Parallele Eb 296. Es ist in Eb 102 einmal mit dem schlechten Paket und Pluralstrichen klassifiziert sowie zweimal mit einer Schlange und Pluralstrichen. In Eb 296 ist es einmal mit dem schlechten Paket und Pluralstrichen geschrieben und zweimal mit dem schlechten Paket, der Schlange und den Pluralstrichen. Wohl aufgrund des Schlangenklassifikators wird im Wb 3, 168.8 „Würmer im Leibe?“ vermutet (so auch schon, aber mit scheinbarer Sicherheit, L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 17b und, ihm folgend, H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 852: „ϩⲱⲥ, taenia, genus vermis“, also einen Bandwurm). B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 44–45 vermutet dagegen aufgrund der zweimaligen Schreibung ohne Schlangenklassifikator, dass das schlechte Paket das wichtigere Determinativ sei und das Wort allgemein eine Krankheit benenne. Dennoch sieht er in der Schlange einen Hinweis, dass diese Krankheit „etwas wurmartiges an sich hat“, und vermutet daher Ileus, weil man hierbei, „zumindest bei mageren Individuen“, die Konturen des Darmes sehen könne. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 634–635 lehnt sich mit der Übersetzung „Gewürm, Geschlinge“ wieder an das Wb an und vermutet darin ein besonderes Aussehen der genannten Ausscheidung oder alternativ, dass sich hier die Vorstellung widerspiegele, Eingeweidewürmer entstünden aus dem Sekret.
6 tm.ḫr=s: Rein graphisch ist nicht zu entscheiden, ob das Negationsverb „nicht sein“ („es wird nicht zu Gewürm“) oder das Verb „vollständig sein“ („es wird vollständig zu Gewürm“) vorliegt. Als Negationsverb wird es aufgefasst von A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 432, Bardinet 1995, 126 und 264, und ihm folgend Westendorf 1999, 564. Auch P. Vernus, Future at Issue. Tense, Mood and Aspect in Middle Egyptian: Studies in Syntax and Semantics, Yale Egyptological Studies 4 (New Haven 1990), 77, Anm. 105 scheint eher zu tm als Negationsverb zu tendieren. Als Vollverb interpretieren es dagegen Stern, in: Ebers 1875, 48, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 108 und dezidiert IV/2, 101, Anm. 9, W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 275, L. Depuydt, The Contingent Tenses of Egyptian, in: Orientalia 58, 1989, 1–27, hier: 10 mit Anm. 30, H. Buchberger, Transformation und Transformat. Sargtextstudien 1, Ägyptologische Abhandlungen 52 (Wiesbaden 1993), 546. Die Beleglage für eine Negation tm.ḫr=f sḏm ist in der Tat dürftig – das Ebers-Beispiel wäre der einzige mittelägyptische Beleg; einen altägyptischen Beleg liefert immerhin noch Depuydt. Dieses äußerst seltene Vorkommen von negiertem sḏm.ḫr=f und der damit einhergehenden Unsicherheit, ob es überhaupt regulär mithilfe von tm gebildet wird, ist sicher einer der Hauptgründe, im Ebers zur Interpretation als Vollverb zu tendieren. Andererseits ist die Konstruktion tm + Verb: „etwas vollständig tun“, in dem tm Hilfsverb wäre, nicht belegt, wohingegen bei einer Erklärung von tm als Negationsverb ein nachfolgendes Verb sogar zwingend erforderlich ist und ḫpr dann das Negativkomplement wäre. Buchberger löst dieses Problem, indem er ḫpr an dieser Stelle als nominalisierten Infinitiv und damit als direktes Objekt eines transitiven tm versteht: „So vollendet er [scil.: der Schleimstoff, L.P.] das (sich) in Gewürm transformieren“. Eine letzte, wenn auch wenig wahrscheinliche Möglichkeit wäre, das Negationsverb tm in seiner ursprünglichen Bedeutung als „aufhören“ zu interpretieren, für die es durchaus Belege mit anschließendem Verb gibt („aufhören etwas zu tun“). Während tm als Negationsverb einen Zustand überhaupt negiert, würde tm in seiner Grundbedeutung das Ende eines Zustands ausdrücken. Im spätzeitlichen pBremner Rhind, 30,26 gibt es sogar einen möglichen Beleg für tm ḫpr mit der Bedeutung „aufhören zu existieren“. ḫpr m bedeutet in der Regel „werden zu“, weshalb man im Ebers analog zum Bremner Rhind eine Übersetzung „aufhören, zu Gewürm zu werden“ anbieten könnte. Allerdings ist bei Belegen für tm + Verb die Entscheidung, ob die ursprüngliche Bedeutung „aufhören zu“ oder die davon abgeleitete Bedeutung „nicht sein“ vorliegt, in Einzelfällen schwer oder unmöglich zu treffen. Im vorliegenden Fall ließe sich eine Übersetzung „aufhören zu Gewürm zu werden“ nur schwer in den Kontext eingliedern, aber die Möglichkeit sollte trotzdem erwähnt worden sein.
7 r ḫpr=s: Die Form r sḏm=f drückt üblicherweise ein finales Verhältnis aus. Bardinet 1995 schlägt vor, diese Konnotation im Fall dieser Passage in Richtung einer reinen Vorzeitigkeit zu verschieben: „(Il est bien évident que) cela ne devra pas (= ne pourra pas) se transformer en vermine avant que cela se soit transformé“. Er versteht auf S. 126 in dem ganzen Satz einen sekundären Einschub eines Redakteurs, mit dem erläutert würde, dass die st.t-Stoffe als etwas Lebendiges verstanden werden, die sterben müssen, um zu „vermine“ zu werden.
Eb 103
Ein anderes (Heilmittel) zum Abtöten von Krankheitsauslösern (?) im Bauch und Abtöten der Wurzel des wḥꜣ.w-Hautleidens im Bauch eines Mannes [25,10] oder einer Frau:
Mehl von Erdmandeln, gekocht: ein viertel (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), süßes Mehl: 1/8 (Dja), Mehl von Datteln: [[1/8 (Dja)]]1, Gänsefett: ein viertel (Dja), Honig: ein viertel (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. Werde über 1 Tag hinweg gegessen.
1 Die ursprüngliche Maßanangabe wurde getilgt und durch 1/8 ersetzt. Zudem ist auch schon die alte Maßangabe ein Nachtrag gewesen, was sich daran zeigt, dass sie in das Interkolumnium hineinragt. Das heißt, der Schreiber hatte an dieser Stelle die Maßangabe vergessen, dann nachgetragen und dann noch einmal korrigiert.
Eb 104–220: Heilmittel für Leiden im Rumpf
[Mit Rezept 104 beginnt (ḥꜣ.t-ꜥ!) eine neue Rezeptgruppe. Diese enthält „Salbmittel“ (gs.w) und allgemein „Heilmittel“ (pẖr.t), die aber ebenfalls durch „einsalben“ (gs) appliziert werden sowie anschließend Rezepte gegen verschiedene andere Phänomene, bevor mit Eb 188 das Magenbuch einsetzt. Grapow 1955, 117 und Westendorf 1999, 24 schließen in diese Gruppe nur die Salbmittel von Eb 104 bis Eb 121 ein. Die Rezepte Eb 122–187 verstehen sie als lose Gruppe „[v]ereinzelte[r] Rezepte ohne klaren gemeinsamen Bezug“ (so Westendorf). Anders ist die Aufteilung der Rezepte bei Bardinet 1995, 265–275, der die Rezepte Eb 104–112 überschreibt mit „Onguents pour les Ouhaou“, Eb 113–130 mit „Onguents et autres remèdes contre les Ouhaou et les Oukhedou, derniers traitements“, Eb 131 mit „Formule magique“, Eb 132–152 mit „Soigner l’anus. Les différents cas“, Eb 153–164 mit „Brûlures à l’anus“, Eb 165–174 mit „Substances magiques dans l’intérieur du corps“ und Eb 175–187 mit „Dernières recettes et remèdes apparentés“. Bardinet unterteilt Eb 104–187 demzufolge in sieben Gruppen, wobei die Überschriften zeigen, dass auch diese tlw. thematisch nur lose zusammenhängen.
Hier wird, gemäß der Prämisse, hauptsächlich nach originalen Strukturmerkmalen zu gruppieren, die gesamte Gruppe Eb 104–187, als eine größere Rezeptgruppe (mit noch zu klärendem gemeinsamen Nenner) aufgefasst, bevor mit dem nächsten ḥꜣ.t-ꜥ m: „Anfang von (...)“ in Eb 188 das Magenbuch einsetzt. In dieser größeren Rezeptgruppe bilden die Rezepte Eb 104–112 tatsächlich eine klar abtrennbare, eigene Untergruppe: Sie sind als gs.w n dr wḥꜣ.w: „Salbmittel zum Beseitigen des wḥꜣ.w-Leidens“ überschrieben und unterscheiden sich von den anschließenden Rezepten dadurch, dass die Ingredienzien keine Mengenangaben aufweisen.]
Eb 104–131: Salbmittel gegen das wḥꜣ.w-Hautleiden
Eb 104
Anfang der Salbmittel(rezepte) zum Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens:
„Spitzer-Stein“-Droge: ∅, Milch: ∅, reines Öl/Fett: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit über 4 Tage hinweg gesalbt.
Eb 105
Ein anderes Salbmittel:
Blätter der Dornakazie: ∅, „Großer-Schutz“-Droge: ∅, „Spitzer-Stein“-Droge: ∅, tꜣ-Flüssigkeit der Wäscher:1 ∅, rotes Natron: ∅, Honig: ∅, [25,15] Öl/Fett: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 tꜣ n rḫt.jw: Auf DZA 26.049.500 wird vorgeschlagen, zu tꜣ zu ergänzen und mit „Lauge (?)“ zu übersetzen. Dieselbe Droge tꜣ findet sich aber auch auf pHearst 11, 11–12, so dass eine Verschreibung unwahrscheinlich ist. Mit einem anderen Klassifikator und nicht vom „Wäscher“, sondern als tꜣ einer šb.t-Maische (?), findet sie sich schließlich noch in pEbers 43,14 (auch dort wurde eine Ergänzung zu tꜣ erwogen: DZA 30.933.340).
Eb 106
Ein anderes Salbmittel:
šnf.t-Früchte: ∅, „Eselskopf“-Pflanzen (?)1: ∅, bsbs-Pflanzen: ∅, sbtt.yt-Pflanzen2: ∅, ns.tjw-Pflanzen: ∅, Schmutz (?) des Hofes:3 ∅, Olivenöl: ∅, reines Öl/Fett: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 ḏꜣḏꜣ (j)ꜥꜣ: „Eselskopf“: Nur in Eb 106 genannt. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 595 erwägen, trotz fehlendem Pflanzenklassifikator, in Analogie zur Pflanzenbezeichnung msḏr (j)ꜥꜣ: „Eselsohr“, auch in ḏꜣḏꜣ (j)ꜥꜣ einen Pflanzennamen. So auch Bardinet 1995 und Westendorf 1999. Nicht genannt dagegen von R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981) oder J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961); d.h. von den beiden Ersteren nicht als Pflanze, von Letzterem nicht als Mineral angesehen.
2 sbtty.t-Pflanze: Eine unbekannte Pflanze. Ob das Wort mit der aus ptolemäischen Texten bekannten sbt.t-Pflanze (Wb 4, 96.5–6) zu verknüpfen ist? Ein Zusammenhang zwischen beiden Bezeichnungen wurde schon früher vermutet: s. DZA 29.124.340 und P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 824.
3 mkj n hʾ: „Schmutz des Hofes“: V. Loret, Recherches sur plusieurs plantes connues des anciens Égyptiens (suite), in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 16, 1894, 1–14, 92–102, hier: 93–94 interpretiert das Wort hʾ als Bezeichnung einer Decke oder eines überdachten Einganges, weil er hinter dem Phonogramm eine Art Stein oder Querbalken vermutet, der auf zwei (sic, ausgehend von der Zeichenform sollten es drei sein) Stützen liegt. Neben dem mkj n hʾ gibt es die parallel gebildeten Drogenbezeichnungen jtnw n hʾ: „Erde des Hofes“ und ẖnn n hʾ: „Staub des Hofes“. Das Wort jtn vergleicht er mit koptisch ⲉⲓⲧⲛ: „κοπρία, stercus, fimus“, d.h. Dunghaufen, Misthaufen o.ä. Analog dazu vermutet er in mkj den ägyptischen Vorläufer des koptischen ⲙⲏⲟⲉⲓⲕ, für das er die Bezeichnungen „κόπρος, stercus, fimus“, Kot, Dung, Mist, gibt. Seinem Etymologisierungsvorschlag scheint sich J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 217 anzuschließen, auch wenn er angesichts der Qualifizierung von jtnw durch n hʾ: „vom Hof“ eher an die Bedeutung „dirt“ denkt. Die Bedeutung „Schmutz; Staub“ etc. ist tatsächlich sowohl für das ägyptische jtn wie auch für das koptische ⲉⲓⲧⲛ gut belegt. W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 53 sieht ebenfalls in jtnw den Vorläufer des koptischen ⲉⲓⲧⲛ; die Identifikation von ⲙⲏⲟⲉⲓⲕ mit mkj lehnt er allerdings S. 89, Anm. 1 ab und deutet das koptische Wort als Kompositum ⲙⲏ ⲟⲉⲓⲕ aus ⲙⲏ: „Urin“ (s. S. 86) und ⲟⲉⲓⲕ: „Brot“ (vgl. S. 140; ob er vielleicht an eine Bedeutung wie *Exkrementfladen dachte?). Gardiner Sign-list O4 vermutet im Phonogramm h, anders als Loret, eine Schilfhütte. Während Wb 2, 470.1–2 in dem Wort hʾ einen „Hof, Halle o.ä.“ vermutet, denkt Gardiner, a.a.O. an „room (?)“. K. Eaton, ı͗tn.w n h, in: Göttinger Miszellen 206, 2005, 29–32, schließt sich der Interpretation Gardiners an, denkt bei dem Phonogramm an eine Schilfhütte und im mkj des pEbers wie auch in dem ẖnn (sic, ihr ꜥnn muss ein Fehler sein) an Materialien „out of which the h-structure was made“ (S. 31).
Eb 107
Ein anderes Salbmittel:
Mehl vom Johannisbrot: ∅, Mehl von Langbohnen: ∅, ns.tjw-Pflanzen: ∅, „Großer-Schutz“-Droge: ∅, Olivenöl: ∅, reines Öl/Fett: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit über 4 Tage hinweg gesalbt.
Eb 108
Ein anderes Salbmittel:
„Erdlotos“: ∅, jns.t-Beinpartie des Esels:1 ∅, šfšf.t-Pflanzen2 des [25,20] Teiches/Sees: ∅, frisches smj-Milchfett: ∅, reines Öl/Fett: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit über 4 Tage hinweg gesalbt.
1 jns.t: Der Klassifikation nach ein Teil des Beines. Es wird von modernen Bearbeitern meist im unteren Bereich des Beines, unterhalb der Knie, verortet. So etwa L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 5a: „pars cruris vel pedis“, Wb 1, 99.18–20: „unterer Teil des Beines (Unterschenkel samt Fuss?)“, H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 93: unterer Teil des Beines, Westendorf 1999, 565: „Unterschenkel“. Bardinet 1995, 265: „tibia“, B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 59: „jarret“. Ausschlaggebend dafür dürfte der Horusmythos von Edfu sein, in dem einem Nilpferd, dem Tier des Seth, mit einem Metallspeer in die Fußsohle des Vorderbeins gestochen wird und das beschrieben ist mit: ḥmt mn m jns.t=f: „Das Erz (d.h. der Speer) bleibt in seinem jns.t (stecken)“, s. E. Naville, Un chapitre inédit du Livre des morts, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 11, 1873, 25–34, 81–96, hier: 89, H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. V (Leipzig 1880), 97–98 und dazu mit Zeichnung DZA 20.921.090.
Schon Brugsch, a.a.O., verweist aber auch auf eine „nicht unwichtig[e]“ Passage im Grab des Djefaihapi aus dem Mittleren Reich, in der vom jns.t n.t mn.t n.t kꜣ, dem „jns.t vom Oberschenkel des Stieres“ die Rede ist. Diese Stelle spricht dafür, dass jns.t (auch?) am Oberschenkel lokalisiert werden kann.
J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 266 gibt für das Substantiv jns.t – ohne nähere Diskussion, aber vielleicht ebenfalls basierend darauf – die Bedeutungen „1. hindleg (including buttock) 2. thigh“ an und schreibt: „Probably equivalent to mnt. inst in the lower limb seems to be parallel to gbꜣ [Arm, Oberarm, L.P.] in the upper limb.“ Sollte zudem auf pUniversity College A verso (P. Posener-Kriéger – J. L. de Cenival, The Abu Sir papyri, Hieratic papyri in the British Museum 5 (London 1968), Taf. 66) tatsächlich jns.t genannt sein, wie S. Grunert in seiner Übersetzung im TLA annimmt (der erste Beleg ist unwahrscheinlich, weil mit einem Vogel klassifiziert; der zweite immerhin möglich), dann wäre die Bedeutung „Unterschenkel“ zweifelhaft. Denn obwohl der Kontext nicht ganz klar ist, scheinen doch fleischhaltige Partien von Vögeln genannt zu sein; und Unterschenkel von Vögeln wären in dem Zusammenhang kaum zu erwarten.
Davon abgesehen wird die Verbindung jns.t n.t (j)ꜥꜣ von Rezept Eb 108 eher als Pflanzenbezeichnung angesehen, vergleichbar dem ḏꜣḏꜣ (j)ꜥꜣ von Eb 106, s. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 244 und II, 189, Anm. 2.
2 šfšf.t: Aufgrund der hiesigen Herkunftsangabe („vom Teich/See“) wird in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) die Bedeutung „Schlamm“ vermutet.
Eb 109
Ein anderes Salbmittel:
šꜥ.t-Kleie (?)1 von Gerste, gänzlich ausgeglüht2: ∅, Riedgras, gänzlich ausgeglüht2: ∅, mjmj-Getreide, gänzlich ausgeglüht2: ∅, „Spitzer-[26,1]Stein“-Droge: ∅, Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat: ∅, frisches Olivenöl: ∅, Öl/Fett: ∅.
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde damit über 7 Tage hinweg gesalbt.
1 šꜥ.t: Ein außerhalb wie innerhalb der medizinischen Texte seltenes Produkt. Es wird einmal in ḥqꜣ.t-Scheffeln (K. Sethe, Urkunden der 18. Dynastie [IV,937-1226], Urkunden des Ägyptischen Altertums IV/13-16 (Leipzig 1908–1909), 1137,10) und einmal (in dem Brief München ÄS 4313, s. H. Buchberger, Ḥtp and I͗pw-rs.ti - der Brief auf dem Gefäß München ÄS 4313, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 18, 1991, 49–87, hier: 72–73) mit dem sdf-Maß gemessen, mit dem auch Feigen gemessen werden können. J. F. Quack, Ägyptisch šꜥ(.t) „Kleie“ und ein angeblich semitischer Personenname, in: Die Welt des Orients 27, 1996, 5–8, hier: 7–8 bringt diese Drogenbezeichnung mit demotisch šꜥ und koptisch (ⲉ)ϣⲟ: „Kleie“ zusammen.
Es bliebe zu entscheiden, ob alle drei als „ausgeglüht“ (snwḫ) bezeichneten Ingredienzien parallel zu verstehen sind und šꜥ.t-Kleie von Gerste, Riedgras und mjmj-Getreide verwendet werden sollen, oder ob nur die Gerste genitivisch den šꜥ.t-Kleie zuzuordnen ist und die anderen beiden Ingredienzien eigentlich schon die nächsten Drogen der Liste bilden. Die Parallelität legt eigentlich Ersteres nahe.
2 snwḫ: Die Übersetzung „ausglühen“ (also ein Zubereiten ohne Flüssigkeit) im Gegensatz zum älteren Vorschlag „verkochen“ (eine Zubereitungsart mit Flüssigkeit) basiert auf U. Verhoeven, Grillen, Kochen, Backen im Alltag und im Ritual Altägyptens. Ein lexikographischer Beitrag, Rites égyptiens 4 (Bruxelles 1984), 181–189, die die Bedeutung "(gänzlich) ausglühen lassen" wahrscheinlich gemacht hat.
Unbegründet bleibt Bardinets (Bardinet 1995) unterschiedliche Übersetzung der ersten beiden Erwähnungen durch „bouillie“ und der dritten durch „calcinée“, obwohl in allen drei Fällen dasselbe Wort vorliegt.
Eb 110
Ein anderes Salbmittel:
bsbs-Pflanzen: ∅, jbsꜣ-Pflanzen: ∅, sbtt.yt-Pflanzen: ∅, pꜣḏt.t-Teil1 von der Sykomore: ∅, Leinsamen (?): ∅, Blätter vom „Stechholz“: ∅, reines Öl/Fett: ∅, Olivenöl: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit über 8 Tage hinweg gesalbt.
1 pꜣḏt.t: Oder pꜣḏr.t, aufgrund des folgenden femininen n.t aber keinesfalls pꜣḏrd, wie Wreszinski 1913, 30, transkribiert. Ein Hapax legomenon.
Eb 111
Ein anderes Salbmittel:
Schmutz (?) des [26,5] Hofes: ∅, Früchte/Samen der sꜣr-Pflanzen: ∅, Sellerie: ∅, sskꜣ-Droge: ∅, Früchte/Samen der jbw-Pflanze: ∅, Kreuzkümmel: ∅, Wachs: ∅, Öl/Fett: ∅, Olivenöl: ∅, Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit über 9 Tage hinweg gesalbt.
Eb 112
Ein anderes Salbmittel:
šfšf.t-Pflanzen: ∅, bsbs-Pflanzen: ∅, Früchte/Samen der jbw-Pflanze: ∅, sskꜣ-Droge: ∅, „Großer-Schutz“-Droge: ∅, „Spitzer-Stein“-Droge: ∅, Sellerie: ∅, getrocknete Myrrhe: ∅, süße Myrrhe: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit über 10 Tage hinweg gesalbt.
Eb 113 = Eb 117
Heilmittel zum Beseitigen [26,10] des wḥꜣ.w-Hautleidens und Herausholen von Krankheitsauslösern (?):
Galle eines Rindes1: ein halbes Dja (?), unterägyptisches Salz: 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde zu einer homogenen Masse vermischt. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 jḥ: Nur logographisch geschrieben; die Transkription jḥ ist unsicher. Das Parallelrezept verwendet nicht die wdd-Galle des so geschriebenen Tieres, sondern die bnf-Galle. Im Rezept Eb 75 wiederum wird bnf-Galle eines gw-Stieres genannt, so dass man sich fragen könnte, ob auch in Eb 117 und daran anschließend in Eb 113 eigentlich ebenfalls gw zu lesen ist. Andererseits entspricht die Schreibung des Tieres in Eb 113 und Eb 117 derjenigen des Milchlieferanten in der Droge jrṯ.t [RIND]: „Kuhmilch“, so dass damit am wahrscheinlichsten ein weibliches Rind oder eine generische Rinderbezeichnung gemeint ist, wohingegen gw ein männliches Rind meint.
Eb 114
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens im Körper eines Mannes:
Weißes Öl: 1 (Dosis), Nilpferdfett: 1 (Dosis), alter (?) Honig:1 ∅, „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis), tjꜥm-Pflanzen: 1 (Dosis), Wermutkraut (?): 1 (Dosis), pꜣḫ-Pflanzen2: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), bsbs-Pflanzen: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit über 4 Tage hinweg gesalbt.
1 bj.t js.t: Nach Wreszinskis dreifachem „sic“ (Wreszinski 1913, 31) zu urteilen, mit dem er einerseits die fehlende Maßangabe hinter bj.t und js.t vermerkte und andererseits die Buchrolle von js.t markierte, scheint er in js.t eine Schreibung für js.w: „Schilfrohr“ vermutet zu haben.
2 pꜣḫ: Westendorf 1999, 499 vermutet mit Verweis auf koptisch ⲡⲉⲏ: „Melone“.
Eb 115
Ein anderes (Heilmittel) zum Vorbeugen (wörtl.: zum Nicht-Zulassen, dass entsteht) [26,15] einer srf.t-Hautentzündung (und) jeder üblen Sache an jedem Körperteil:
sꜣy.t-Pflanzen, getrocknet: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 116 = pLouvre E 32847, Rto. x+9,1–2, vgl. Eb 95
Ein anderes (Rezept) ((für))1 ein Salbmittel (zum) Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens an jedem Körperteil eines Mannes:
Süße Myrrhe: 1 (Dosis), „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Verengung (?) der bḏꜣ-Brotform: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. [26,20] (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 n.t ist schwarz über der Zeile nachgetragen. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 245 übersetzen „Ein anderes (Heilmittel), ein Salbmittel (...)“ und plädieren in den Erläuterungen in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 190 dafür, das n.t zu streichen, und es wird vermutet, dass der Schreiber in gs.w den Infinitiv „das Salben“ gesehen haben könnte. Dieser Übersetzung folgt Bardinet 1995, 266. Dagegen schlägt Westendorf 1999, 566 vor: „Ein anderes (Rezept/Heilmittel) für ein Salbmittel (und) das Beseitigen (...)“. Vgl. auch Eb 118, wo eindeutig das n.t von Anfang an drin stand. Dass in Eb 116 das n.t nachträglich eingefügt wurde, ist ein Indikator dafür, dass es vom Korrektor vermisst wurde und daher nicht ignoriert werden sollte.
Eb 117 = Eb 113
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens und Herausholen von Krankheitsauslösern (?):
Galle1 eines Rindes2: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 bnf: Aufgrund der vergleichbaren Anwendungsgebiete und der Parallele von wdd des Rindes und bnf des Rindes schloss W. R. Dawson, Studies in the Egyptian Medical Texts II, in: Journal of Egyptian Archaeology 19, 1933, 133–137, hier: 136, dass beide Termini Synonyme seien. Breasteds ältere Deutung (Breasted 1930) als Exkrement lehnte er v.a. wegen des häufig verwendeten Fleischdeterminativs ab und weil es bnf vom ꜣbḏw-Fisch gibt, man aber schwerlich die Exkremente eines Fisches sammeln könnte.
2 jḥ: Nur logographisch geschrieben; die Transkription jḥ ist unsicher. Im Rezept Eb 75 wird bnf-Galle eines gw-Stieres genannt, so dass man sich fragen könnte, ob in Eb 117 eigentlich ebenfalls gw zu lesen ist. Andererseits entspricht die Schreibung des Tieres in Eb 117 derjenigen des Milchlieferanten in der Droge jrṯ.t [RIND]: „Kuhmilch“ , so dass damit am Wahrscheinlichsten ein weibliches Rind oder eine generische Rinderbezeichnung gemeint ist, wohingegen gw ein männliches Rind meint.
Eb 118
Ein anderes (Rezept) für ein Salbmittel [27,1] (zum) Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens in jedem Körperteil eines Mannes:
„Erdhaar“-Früchte: ∅, Öl/Fett: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 119
Ein anderes (Heilmittel) zum Vorbeugen einer srf.t-Hautentzündung:
Öl/Fett: 1/32+1/641 (Oipe = 3 Dja), sꜣy.t-Pflanzen, zermalmt: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Süßwassermuschel: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Der Körper werde damit eingerieben.
1 1/64: Es ist definitiv ein echtes Hieratogramm für 1/64 und nicht etwa ein nachträglich geänderter Einer-Strich. Die hier vertretene Kombination einer „richtigen“ Zahlenangabe mit dem Einerstrich ist jedenfalls die Ursache für Westendorfs doppelte Zahlenangaben in Westendorf 1999, 566–567 als „1 ro (?) (5 ro ?)“, weil er unsicher war, ob die Striche wirklich als simple Einerstriche zu lesen seien (also „1 ro“ nach seiner Interpretation der Maßangaben) oder als Abkürzung für 1/64, das von ihm angesetzte Scheffelgrundmaß von „5 ro“ (vgl. auch Westendorf 1999, 522–523).
Eb 120
Ein anderes (Heilmittel) zum ordnungsgemäßen Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens:
Öl/Fett: 1 (Dosis), Leinsamen (?): 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), sꜣy.t-Pflanzen: [27,5] 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 121
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Krankheitsauslösern (?):
ẖsꜣ.yt-Balsam: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), mjmj-Getreide: 1 (Dosis), Gummiharz: 1 (Dosis), snn-Harz: 1 (Dosis), jbr-Öl: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde daran (d.h. an die betroffene Stelle) gegeben.
Eb 122 = Bln 35
Ein anderes Heilmittel zum Abwehren von Krankheitsauslösern (?) im Mund:
Wermutkraut (?): 1/8 (Dja), tjꜥm-Pflanzen: 1/8 (Dja), ꜥꜥꜣm-Pflanzen: 1/16 (Dja), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/16 (Dja), Johannisbrot: 1/8 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), [27,10] smt-Droge: 1/64 (Dja)1, wt.yt-Teil der Sykomore: 1/8 (Dja), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: 1/16 (Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg sẖp-eingenommen.
1 1/64: Die Mengen von Weihrauch und smt-Droge sind gegenüber den anderen Drogen sehr gering. Mit Westendorf 1999, 515, Anm. 58 sollte die Möglichkeit bedacht werden, dass dies weniger mit der Wirksamkeit als eher mit der Seltenheit der Produkte und damit dem Wert zusammenhängen könnte. Auch vom Ocker ist eine kleinere Menge empfohlen worden. Auffällig ist, dass sich in dem Rezept ansonsten die Mengenangaben 1/8 und 1/16 stets abwechseln.
Eb 123, vgl. Eb 251d
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Krankheitsauslösern (?):
Öl, das aus Rizinussamen hergestellt wird.
Der Mann werde damit gesalbt, der1 ein wḥꜣ.w-Hautleiden infolge von Flattern (?)2 und Faulen (oder: Taumeln) (hat)2, wobei das Aufstehen/Stillstehen (?) der rjwm-Körperteile (?), als ob ihm (d.h. dem Mann?) nichts zugestoßen wäre, schwierig3 ist. Um sie (d.h. die genannten Krankheitsphänomene) zu beseitigen4, soll er (d.h. der Patient) aber beim Einreiben entsprechend der 10-Tage(-Kur)5, (genauer:) während des frühmorgendlichen Einreibens, berochen werden.6
(Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich, Millionen Mal (erprobt)!
1 n.tj: In seinem Kommentar zum Parallelrezept Eb 251d vermutet K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 81 (54,14) den Ausfall einer Präposition. Zu einer possessiven Funktion des Relativpronomens vgl. dagegen W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), 321 (allerdings nur mit diesem und wenigen Zusatzbelegen).
2 jṯṯ.wt ḥwꜣ.w: Das erste Wort ist nur hier und im Parallelrezept 251d belegt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 111 vermuten einen Zusammenhang mit dem gleichradikaligen Verb jṯṯ: "fliegen". Das Wort ḥwꜣw scheint zunächst seiner Schreibung und Klassifizierung mit dem schlechten Paket zufolge zum Wortfeld "faulen" zu gehören. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 111 vermuten dagegen einen Zusammenhang mit dem einmalig belegten Verb ḥwꜣwt, Wb 3, 50.5, das "taumeln" o.ä. zu heißen scheint (derselbe Zusammenhang auch in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 34, Anm. 2 hergestellt). Da die Bedeutung beider Begriffe unsicher ist, ist auch nicht zu klären, wie sich beide syntaktisch zueinander verhalten. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 12 und Westendorf 1999, 567 setzen beide koordinierend nebeneinander; Ebbell 1937, 41 vermutet ein attributives Adjektiv: "bad putrid jṯṯt"; Bardinet 1995, 267 denkt an ein Genitivverhältnis: "l’émergence d’une décomposition dangereuse".
3 qsn: K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 81 sieht hierin ein Adverb und Ebbell 1937, Bardinet 1995, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 übersetzen es auch adverbial oder stativisch, bezogen auf die vorherigen Erscheinungen. Allerdings ist es durchaus möglich, dass damit eine weitere Spezifizierung der Krankheit mithilfe eines Adjektivalsatzes (qsn + Infinitiv, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 892, W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 406.bb.2) vorliegt. In dem Fall wäre das anschließende ꜥḥꜥ kein Hilfsverb zur Einleitung des folgenden Satzes (so K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927)) bzw. Vollverb "zum Stillstand kommen" (so von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999), sondern eben der als Subjekt gebrauchte Infinitiv (vielleicht wird man die Wortverteilung auf DZA 21.476.430 auch so deuten könnten).
4 rjwm: Im Wb 2, 400.14 als separates Wort „Verbum? (…) Substantiv?“ eingetragen. Auf DZA 25.813.910 wird ein Zusammenhang mit koptisch ⲗⲱⲱⲙⲉ („verfaulen“) erwogen. Auch in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 523 wird eine Lesung als ein einziges Wort favorisiert, dessen Bedeutung aber nicht genauer als „krankhafte Erscheinung“ bzw. allenfalls noch (im Vergleich zu den ebenfalls unklaren Wörtern jṯṯ.t und ḥwꜣ.w) als „krankhafte Bewegung“ eingegrenzt werden kann. Auch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 gehen von einem einzigen Wort aus. K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 81 schlug dagegen vor, das Wort aufzuteilen und in dem Fleischstück und den Pluralstrichen eine verderbt geschriebene Krankheitserscheinung und in dem Wort davor ein Verb mit der Bedeutung "weichen" o.ä. zu sehen. So scheint es auch Ebbell 1937, 41 zu sehen, wenn er schreibt "then rjwmw the skin (?)" und damit in dem Fleischstück vielleicht eine Abkürzung für jwf "Fleisch > Haut" (?) versteht. Der Sethe'schen Aufteilung folgend, denkt C. E. Sander-Hansen, Kleinigkeiten aus der Medizin, in: O. Firchow (Hrsg.), Ägyptologische Studien, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 29 (Berlin 1955), 287–288, hier: 287 bei rjwm an einen Hörfehler für rwj mn.t: „dann schwindet die Krankheit“. Diese Vermutung ist jedoch insofern problematisch, als man bei einem Hörfehler davon ausgehen sollte, dass das verhörte Wort in ein sinnvolles geändert wird, was hier nicht der Fall zu sein scheint. Auch Bardinet 1995 folgt Sethe und Sander-Hansen: "La partie malade disparaîtra". Zu Schreibungen von rwi̯ mit Arm mit Handfläche nach unten und laufenden Beinchen vgl. Wb 2, 406 (allerdings erst ab der 19. Dynastie belegt, vgl.DZA 25.857.730 und DZA 25.857.740); und zumindest im Alten Reich konnte das Verb auch rjw geschrieben werden, so dass hauptsächlich das m komplett falsch ist.
5 Hier wird auf die Einreibemittel Eb 104–112 verwiesen.
6 ḫnm.tw=f: Die Parallele schreibt nur ḫnm=f. Es ist naheliegend, in beiden Fällen ein passives sḏm=f zu sehen, vgl. schon W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), 188 mit Anm. 5. Für die in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) vorgeschlagene Bedeutung „behandeln“ gibt es nur dieses und das Parallelrezept Eb 251 als Belege. Wb 3, 293.1 gibt: „jem[anden] mit Salbe behandeln o.ä.“, was ebenso nur auf der hier verwendeten Kombination mit wrḥ beruht. K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 81 (54,16) vermutet schlicht die Bedeutung „jmd. beriechen“ und verweist dafür auf die zuvor geschilderte Krankheitserscheinung ḥwꜣ.w („Fäulnis“ o.ä.). Damit nähert er das Wort wieder dem Grundlemma ḫnm: „einatmen, riechen“ an und es fragt sich, ob man überhaupt ein separates Lemma ansetzen muss.
Eb 124
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Krankheitsauslösern (?):
[27,15] Panzer einer Schildkröte: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), frisches Olivenöl: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde erhitzt. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 125
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen des wḥꜣ.w-Hautleidens und von kꜣkꜣ.wt-Blasen:
jḥ.w-Pflanzen: ein halbes Dja (?), šꜣšꜣ-Früchte: ein viertel (Dja), mjmj-Getreide: ein halbes Dja (?), Honig: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Wasser: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 126, vgl. Eb 229
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von jn.wt-Erscheinungen (?)1 von Krankheitsauslösern (?):
Feigen: 1/8 (Dja), (Brot)laib aus sw.t-Wildweizen: 1/32 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Wasser: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 jn.wt: Das Phänomen wird nur im Zusammenhang mit wḫd.w genannt. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 7–8, der in wḫd.w „Eiterkrankheiten“ vermutet, versteht jn.wt als eine Bezeichnung für Fälle, in denen eine Eiterkrankheit eine Eiterbildung an einer anderen Körperstelle verursacht. Ausgehend von Bln 161, wo vom Hin- und Herwandern von wḫd.w als zusätzliche Erläuterung zu jn.wt die Rede ist (ḫdi̯ ḫnti̯ wḫd.w), vermutet er in dem Nomen eine Bezeichnung für „Wandrungen“; zur Stützung verweist er auf das Verb jni̯: „verweilen, zögern“ (Wb 1, 92.18–19), von dem seiner Meinung nach das Nomen abgeleitet sein könnte. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 57–58 weisen jedoch auf die Unsicherheit dieser etymologischen Verbindung hin und erwägen einen Zusammenhang mit jn.yt: „Kern o.ä.“ von Pflanzen (Wb 1, 94.4–5). Dieses Wort jn.yt ist in vorptolemäischer Zeit sicher belegt nur in medizinischen Texten (ein möglicher Beleg im ramessidenzeitlichen Liebeslied des pTurin Cat. 1966 ist unsicher).
Eb 127
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von jn.wt-Erscheinungen (?)1 [27,20] von Krankheitsauslösern (?):
šnf.t-Früchte: 1 (Dosis), das Innere des Johannisbrots: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Blätter der Seyal-Akazie: 1 (Dosis), Kuhmilch: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 jn.wt: Siehe den Kommentar bei Eb 126.
Eb 128, vgl. H 203
Ein anderes Heilmittel [30,1]1 für die Vorderseite des Unterschenkels (d.h. für das Schienbein):
Gehirn (?)2 des Welses, das inmitten seines Kopfes gefunden wird: ∅.
Man soll es folglich in Honig tauchen. (Der Unterschenkel/Das Schienbein) werde darüber verbunden, so dass er3 sofort gesund wird.
1 Die originale Seitenzählung unterschlägt die Nummern 28 und 29.
2 Ägyptisch ꜥmm: L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 9a denkt an einen Teil des Darmtraktes („intestinum quoddam“). G. A. Reisner, The Hearst Medical Papyrus. Hieratic Text in 17 Facsimile Plates in Collotype with Introduction and Vocabulary, University of California publications in Egyptian archaeology 1 (Leipzig 1905), 18 vermutet „roe (?)“, „eggs (?)“; diese Vorschläge werden ohne Begründung geliefert. W. Wreszinski, Der Londoner medizinische Papyrus (Brit. Museum Nr. 10059) und der Papyrus Hearst. In Transkription, Übersetzung und Kommentar, Die Medizin der alten Ägypter 2 (Leipzig 1912), 118 denkt an „Gehirn“ und zieht hierfür Eb 128 heran; sein Hauptargument ist daher sicher die Bemerkung, dass es im Kopf des Welses zu finden sei. É. Chassinat, Un papyrus médical copte, Memoires de l’Institut francais d’archéologie orientale 32 (Le Caire 1921), 214–215 sieht in ꜥmm, wie Wreszinski, eine Bezeichnung für das Gehirn.
In Eb 427 ist vom ꜥmm eines ꜥpnn.t-Tieres die Rede. In diesem Tier vermutet Chassinat eine Bezeichnung für den Fischotter, in Eb 427 ein Rezept gegen Trichiasis und vergleicht daraufhin die Droge ꜥmm n ꜥpnn.t mit dem ⲁⲛⲅⲉⲫⲁⲣⲟⲥ ⲛ̄̄ⲟⲩϩⲟⲣ ⲙⲟⲟⲩ, dem „Gehirn des Otters“ des von ihm besprochenen koptischen Rezeptes. W. R. Dawson, Studies in the Egyptian Medical Texts, in: Journal of Egyptian Archaeology 18, 1932, 150–154, hier: 150–151, hat die Bedeutung „Gehirn“ für ꜥmm wieder abgelehnt: Seiner Ansicht nach spricht die angeführte Lokalisierung eher gegen das Gehirn, weil in dem Fall nicht explizit geschrieben werden müsste, dass es im Kopf zu finden sei. Er vermutet eher kleinere kalkhaltige oder kieselartige Objekte, die alle von den Ägyptern mit ein und demselben Terminus belegt seien: Im Fall des Fisches vermutet er Otholiten, im Fall von ꜥmm von Enten eher die Kiesel im Magen; hinter ꜥgg.t vermutet er eine Nacktschnecke und in deren ꜥmm rudimentäre Gehäuse, die manche Nacktschneckenarten noch, eingewachsen in ihren Mantel, besitzen. Da es nicht mit der Beschreibung von Menschen verbunden wird, schließt er ein allgemeines „Gehirn“ aus. E. Iversen, Some remarks on the terms and , in: Journal of Egyptian Archaeology 33, 1947, 47–51, hier: 47–51 schließt sich wieder Wreszinskis Identifikation mit dem „Gehirn“ an: Chassinat habe überzeugend gezeigt, dass ꜥmm dem koptischen ⲁⲛⲅⲉⲫⲁⲣⲟⲥ entspreche, pgg.t sei keine Schnecke, sondern ein Frosch oder eine Kröte (was die Erklärung ihrer ꜥmm als rudimentäre Gehäuse obsolet macht) und es komme in den Sargtexten auch von einem Menschen vor. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 96 widersprechen wiederum Iversen, weil sich die von ihm erwähnte Sargtextstelle in Wirklichkeit auf einen Vogel bezieht und in einem Kontext mit qꜣb: „Darm“ steht. Als Bedeutung wird in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) daher etwas zurückhaltender nur vorgeschlagen: „ein Körperteil eines Tieres“. R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 72 schließt sich ohne Diskussion des Begriffes Iversen an, ebenso Bardinet 1995, 268 in seiner Übersetzung des Rezeptes. Westendorf 1999, 496 empfindet die Verbindung von ꜥmm mit Eingeweiden dagegen als wenig problematisch und verweist auf eine ähnliche Bedeutungsspanne von ꜣjs: „Windungen“, die ebenfalls einerseits für das Gehirn, andererseits für Gedärm verwendet wird.
Dawsons Einwand, dass ein Gehirn selbstverständlich im Kopf ist und eine entsprechende Glossierung überflüssig scheint, hat eine gewisse Berechtigung. Andererseits ist die Präposition jm.wtj auffällig, die eben nicht nur ein semantisch breites „in“, sondern spezifischer ein „zwischen (zwei Dingen)“ bzw. ein „inmitten“ bezeichnet, was an seiner Erklärung von ꜥmm als Otholiten zweifeln lässt.
3 Das Pronomen bezieht sich entweder auf den kranken Mann (so Westendorf 1999) oder auf den Unterschenkel (so Bardinet 1995, wenn auch seine Übersetzung korrigiert werden muss, weil sich das =f grammatisch nur auf den Schenkel, nicht aber auf die Vorderseite des Schenkels beziehen kann).
Eb 129, vgl. Eb 175
Ein anderes (Heilmittel) zum Zerbrechen von Krankheitsauslösern (?):
Mehl vom sw.t-Wildweizen: 1 (Dosis), Mehl von Gerste: 1 (Dosis), Mehl vom mjmj-Getreide: 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 130
Ein anderes Heilmittel zum Ausheilen einer Wunde1, (wenn) Krankheitsauslöser (?) entstanden sind:2
Mehl vom mjmj-Getreide: [30,5] 1 (Dosis), süßes Bier: 1 (Dosis), jrt.w-Farbstoff: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Streifen (?) aus feinstem Leinen: 1 (Dosis), süße Myrrhe: 1 (Dosis), das Ausgepresste von süßem Bier: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 wbn.w: Mit dem schlechten Paket und den Pluralstrichen geschrieben; Letztere wurden im Nachhinein wieder durchgestrichen.
2 wḫd.w ḫpr: Von W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 167.1.b als einziger Beleg für einen virtuell konditionalen Satz aus Substantiv + PsP angeführt.
Eb 131
Eine Beschwörung von Krankheitsauslösern (?):
„Die Krankheitsauslöser (?) sind es, die aus bqn1 hervorkamen, die aus bqn1 hervorkamen, der Buchrolle, die keine Schrift hat.2 Meine beiden Arme sind es, die 〈...〉 (?).3 Ich werde Busiris zermalmen. Ich werde Mendes niederreißen. Ich werde zum Himmel kommen. Ich werde betrachten, was dort getan wird.4 (Es) soll nicht in Abydos5 geopfert werden, um zu beseitigen6 [30,10] die Einwirkung eines Gottes, die Einwirkung einer Göttin, die Einwirkung eines Krankheitsauslösers (?)7, die Einwirkung einer Krankheitsauslöserin (?), die Einwirkung eines Untoten, die Einwirkung einer Untoten usw., die Einwirkung jeder üblen Sache, die in diesem meinem Körper, in diesem meinem Fleisch, in diesen meinen Körperteilen ist. Wenn sich aber die Einwirkung eines Gottes, die Einwirkung einer Göttin, die Einwirkung eines Krankheitsauslösers (?), die Einwirkung einer Krankheitsauslöserin (?), die Einwirkung eines Untoten, einer Untoten usw., die Einwirkung [30,15] jeder üblen Sache, die in diesem meinem Fleisch, in diesem meinem Körper, in diesen meinen Körperteilen ist, entfernt, werde ich nicht sagen, werde ich nicht wiederholen, zu sagen:
‚Speie aus! Erbrich! Gehe zugrunde, wie (du) entstanden bist!‘“
(Dieser Spruch ist) viermal zu sprechen, während auf das Leiden des Mannes gespien wird. (Dieser Spruch ist) wirklich vortrefflich, Millionen Mal (erprobt)!
1 bqn: J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 34 schlägt kommentarlos, wenn auch mit Fragezeichen, „swelling“ vor. Den Vorschlag übernimmt D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 2. 1978, 2. Auflage (Paris 1998), 78.1374: „gonflement (?), tumeur (?)“. Darauf wiederum geht R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 279, Nr. {10149} zurück, der lediglich die Reihenfolge der beiden Vorschläge vertauscht: „*Tumor; *Anschwellung“. Bardinet 1995, 50 vermutet eher ein „foyer putride (?)“. Westendorf 1999, 569 lässt das Wort unübersetzt.
2 mḏꜣ.t jw.tt sẖꜣ=s: J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978)übersetzt „A book without script“ und denkt in Anm. 125 (S. 104) an: „A suggestive mystification or an indication of a lacuna in the original m[anu]s[cript] (unattested elsewhere in this form).“ Das folgende jn ꜥ.wj=j hält er für den Beginn einer weiteren jn-Konstruktion, deren zweiter Teil ausgefallen ist. Bardinet 1995, 50 zieht beide Phrasen zusammen: „un texte de protection qui n’a pas été rédigé de mes mains.“ Diese Lösung hält Westendorf 1999, 569 mit Anm. 27 für „völlig abwegig“; er schließt sich wieder Borghouts an, indem er in der „Schriftrolle, die keine Schrift hat“ einen Hinweis auf eine Lücke in der Handschrift vermutet. jn ꜥ.wj=j übersetzt er aber nicht als Beginn einer jn-Konstruktion, sondern schließt es als Agens-Markierung an den vorangehenden Satz an: „durch meine beiden Arme/Hände.“ Damit schließt er sich Ebbell 1937, 41–42 an, der jw.tt sẖꜣ=s als Einschub behandelt, ohne dessen Bedeutung weiter zu erläutern. In Anbetracht von Borghouts Bemerkung, dass dieser Satz eine sonst unbekannte Art wäre, eine Lücke zu vermerken, sei zumindest auch die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass er eine Apposition zu dem letztendlich unbekannten Wort bqn darstellt.
3 S. die vorige Anmerkung.
4 J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978) und Bardinet 1995 übersetzen dies als unabhängigen Hauptsatz, parallel zu den vorigen. Westendorf 1999 schließt ihn als Finalsatz an den vorigen an.
5 ꜣbḏw wird hier ausnahmsweise nicht mit Stadtklassifikator (Gardiner O49), sondern mit dem Fremdlandklassifikator geschrieben. Vgl. zur Bedeutung dieser Klassifikatoren E.-S. Lincke, Raumwissen in Hieroglyphen. Die sprachliche Kategorisierung des ägyptischen Ortes Sile (Tjaru) aus prototypentheoretischer Sicht, in: K. P. Hofmann – S. Schreiber (Hrsg.), Raumwissen und Wissensräume. Beiträge des interdisziplinären Theorie-Workshops für Nachwuchswissenschaftler/innen, eTopoi Journal for Ancient Studies Special volume 5 (Berlin 2015), 127–155.
6 r dr: Nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 504 liegt eine normale Konstruktion mit final gebrauchtem Infinitiv vor. J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978) und Bardinet 1995 analysieren die Form eher passivisch; vgl. zu einem passivischen dr nach der Präposition r W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 259.e: „so daß [...] beseitigt werden“.
7 wḫd.w wird hier künstlich um ein feminines Pendant ergänzt, weil es die magische Formel erfordert. Westendorf 1999 personifiziert beide Lemmata und deutet sie als entsprechende Dämonen, sicher, weil es zwischen belebten Agentia genannt wird. Die Graphie ist allerdings nicht anders als sonst im Papyrus und am Ende der Reihe steht das unbelebte s.t-ꜥ jḫ.t nb.t.
Eb 132–164: Heilmittel für das Rektum
Eb 132 = Eb 147
Ein Heilmittel zum Behandeln des Bauches und Behandeln des Rektums:
Milch: 1/32 (Oipe = 2 Dja) und (?) ein viertel (Dja), Gänsefett1: 1/8 (Dja), Mehl von Erdmandeln: 1/64 (Oipe = 1 Dja), „Erdhaar“-Früchte: ein viertel (Dja), Weinbeeren/Rosinen: ein viertel (Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 mrḥ.t-ꜣPD: Das Wort mit seiner Mengenangabe scheint nachgetragen zu sein: Bereits der Vogel ragt etwas über das Zeilenende hinaus; die Mengenangabe ist gänzlich in das Interkolumnium geschrieben. Vermutlich hat vor der Korrektur die erste Zeichengruppe vom nachfolgenden dq.w dort gestanden, die ihrerseits jetzt in der folgenden Zeile im Interkolumnium vor dem rechten Seitenrand steht, also nachgetragen wurde. Tintenspuren sind allerdings unter mrḥ.t keine erkennbar. Diese Korrektur wurde auch vermerkt von H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 51 unter 9.a.
Eb 133 = Eb 148
Ein anderes (Heilmittel):
Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1,5 (Dosen) (?), [30,20] Mehl von Gerste: ein viertel (Dja), Mehl von Datteln: ein viertel (Dja), Honig: 1/16 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: ein viertel (Dja), [31,1] Gänsefett: 1/8 (Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 134 = Eb 149
Ein anderes (Heilmittel):
Gänsefett: 1/16 (Dja), Honig: 1/16 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: ein viertel (Dja), frisches Brot: ein viertel (Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 135 = Eb 150, vgl. Bln 43
Ein anderes (Heilmittel):
Saft vom Johannisbrot: 1/32 (Oipe = 2 Dja), ((Honig: 1/8 (Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.))1
1 Der Schreiber hat das Ende dieses Rezeptes und den Beginn des folgenden vergessen und später am oberen Seitenrand nachgetragen. Dabei endet der Nachtrag auffälligerweise auch auf der Droge mw n.w ḏꜣr.t. Man hat dadurch einen relativ sicheren Beleg dafür, dass beide Rezepte schon in der Vorlage aufeinander folgten und der Schreiber des pEbers beim Kopieren durch Aberratio oculi von einem mw n.w ḏꜣr.t zum zweiten verrutschte.
Das Korrekturkreuz ist nicht über, sondern unter der Zeile nachgetragen.
Eb 136 = Eb 151
((Ein anderes (Heilmittel):
Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Honig: 1/32 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Saft vom Johannisbrot: ein viertel (Dja),))1 Pflanzenbrei für šꜥ.yt-Kuchen (d.h. Pflanzenbrei in der Art, wie für šꜥ.yt-Kuchen erforderlich): 1/64 (Oipe = 1 Dja), Gänsefett: ein viertel (Dja).
Werde gekocht; werde zu šꜥ.yt-Kuchen verarbeitet. Werde an jedem/irgendeinem Tag gegessen (und) mit wässrigem (?) Bier hinuntergeschluckt.
1 S. den Kommentar zu Eb 135.
Eb 137 = Eb 152
Ein anderes (Heilmittel):
„Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), süßes Bier: ein viertel (Dja), Honig: 1/16 (Dja), [31,5] Weihrauch: 1/64 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Feigen: 1/8 (Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde an jedem/irgendeinem Tag getrunken.
Eb 138
Ein anderes (Heilmittel) zum1 Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens in einem Mann, (zum) Abtöten von Krankheitsauslösern (?), (zum) Beseitigen des Leids, das an einem Mann entstanden ist, (und zum) Behandeln des Rektums, (um) es (zu) kühlen:
Wermutkraut (?): 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), süßes Bier: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 k.t n.t: Die Genitivpartikel n.t ist versehentlich wiederholt worden; dabei ist die Ligatur allerdings unterschiedlich geschrieben worden.
Eb 139 = pLouvre E 32847, Rto. x+7,7-8
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Hitze am Rektum und an der Blase für einen, der an vielen „Winden“ (leidet), ohne dass er sie kennt:1
[31,10] jbw-Pflanzen: 1 (Dosis), Salz: 1 (Dosis), Flaschenkürbis: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen; werde zu einem Zäpfchen verarbeitet. Werde in den Hintern gegeben.
1 n rḫ=f st: Es gibt verschiedene, teilweise gegensätzliche Interpretationen der Phrase. Auf DZA 31.558.960 geht man bspw. aus von „einer Person, die viele Winde von sich gibt, ohne es zu wissen“. So wurde die Stelle auch von W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 344 α aufgefasst. Bardinet 1995, 269 vermutet dagegen hierin die Unfähigkeit, die Blähungen aufzuhalten. Auch Westendorf hat dann in Westendorf 1999, 570 an „einen (Mann), der viele Winde läßt, ohne daß er es (zu verhindern) weiß“ gedacht. J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 232–233 denkt an einen Blähbauch o.ä., d.h. an eine vermehrte Gasentwicklung im Darm, ohne dass es abgehen könnte. Die Blasenbeschwerden erklärt er dann als sekundäre Symptome, die vom zunehmenden Druck im Becken oder von der Pathologie des pḥ.yt verursacht worden sein könnten. Als Alternativerklärungen bietet er in Anm. 233 noch an, dass der Patient eventuell auch gar nichts von der Gasentwicklung in seinem Darm wisse (vergleichbar zu DZA), oder dass seine Symptome daher rührten.
2 Die Paralelle nennt „unterägyptisches Salz“ statt einfachem „Salz“, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 76.
Eb 140
Ein anderes Zäpfchen zum Kühlen des Rektums:
ḫpr-wr-Pflanzen: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge1: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis).
Werde zu einem Zäpfchen verarbeitet. Werde in den Hintern gegeben.
1 ns-š: „Teich-Zungen-Droge“: L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 29a vermutet ein „n[omen] seminis herbae“. H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 696 übersetzt das ägyptische Kompositum wörtlich mit „Seezunge“, verweist aber auf Stern und wird daher nicht den im Deutschen gleichnamigen Fisch gemeint haben. Breasted 1930, 383 denkt an „garden tongue“. É. Chassinat, Un papyrus médical copte, Memoires de l’Institut francais d’archéologie orientale 32 (Le Caire 1921), 159–161 diskutiert einen möglichen Zusammenhang mit koptisch ⲗⲁⲥ ⲛ̄ⲉⲓⲟⲙ: „Zunge des Meeres; cuttlebone“, den er aber letztendlich ablehnt, weil das koptische ⲉⲓⲟⲙ nicht dem ägyptischen š entspricht. Dennoch wird diese Bezeichnung übernommen, etwa von Ebbell 1937, 132: „cuttle-bone“. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 216–217 lehnt diese Gleichsetzung erneut ab, weil š den See bezeichne und nicht das Meer, was der Herkunft der Sepia widerspricht. G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), Nr. 648 verweist zwar auf die ältere Literatur, gibt als Hinweis auf eine Identifikation aber nur an „produit pharmacologique inconnu“, ist sich also der pflanzlichen Herkunft nicht ganz sicher. Westendorf 1999, 501 schließt sich explizit Harris’ Zweifeln an und bleibt bei der vagen wörtlichen Wiedergabe durch „ns-šj (‚Zunge des Sees‘)“.
Eb 141
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Krankheitsauslösern (?) am Rektum:
Feigen: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Rückgrat des Rindes: 1 (Dosis).
[31,15] Werde zu einem Zäpfchen verarbeitet. Werde in den Hintern gegeben.
Eb 142
Ein anderes (Heilmittel) ((zum)) Herausholen von Hitze aus dem Rektum:
Antilopenfett: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 143 = Eb 785
Ein Heilmittel zum Kühlen des Rektums:
Olivenöl: 1 (Dosis), Saft vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Honig: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde in den Hintern gegossen.
Eb 144
Ein anderes Heilmittel zum Verschaffen von Linderung (am) Hintern:
Weihrauch: 1 (Dosis), shr.t-Harz/-Halbedelstein: 1 (Dosis), ẖsꜣ.yt-Balsam1: 1 (Dosis), Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), sjꜣ-Droge: 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis).
Werde fein [31,20] zermahlen; werde zu einer Pille verarbeitet. Werde über 4 Tage hinweg in den Hintern gegeben.
1 In den medizinischen Texten mit den Haaren oder dem Korn klassifiziert; als Herkunft wird das Medja-Land, also eine nubische Region, genannt. Einmal wird die Verbindung gnn n ẖsꜣ.yt genannt; gnn wiederum wird nur als Nomen regens für diese Droge und für nnjb: „Styrax“ verwendet. In Eb 655 = H 124 wechselt es mit der ḫꜣs.yt-Pflanze. Schon H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 896, der pHearst nocht nicht kannte, vermutet hinter ẖsꜣ.y.t (H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 417–418) und ḫꜣs.yt (ebd., 391–393) dieselbe Droge und versteht die ḫsꜣ.w-Pflanze (ebd., 403), die in Dendera einmal ẖs.y geschrieben ist, als weitere Graphie. Diese so polymorphe Pflanzenbezeichnung führt er auf ẖzi̯ (Wb 3, 398.Ende–399.10) und ẖzꜣ (Wb 3, 400.1) zurück, was er beides mit hebräisch חָשָׁה: „sich ruhig, untätig verhalten“ verbindet und mit „matt, müde werden“ übersetzt. Aufgrund dieser Etymologie sieht er in der Drogenbezeichnung „eine beruhigende, schlafbringende Pflanze und deren Bestandtheile, die Mohnpflanze, das Opium“. Darauf bezieht sich explizit Joachim 1890, 25 mit Anm. 5 und passim, der hinter diesen Pflanzenbezeichnungen die Mohnpflanze sieht. Diese Vermutung könnte eine der drei Quellen für den modernen Mythos sein, dass im Papyrus Ebers Opium verschrieben würde (vgl. pars pro toto hier [letzter Zugriff 18.10.2019]) – neben der angeblichen Verschreibung von Schlafmohn gegen Kindergeschrei in Eb 782 als Hauptquelle und vielleicht auch der veralteten Deutung von sḏr in Eb 156. W. R. Dawson, Studies in the Egyptian Medical Texts III, in: Journal of Egyptian Archaeology 20, 1934, 41–46, hier: 45 stellt die Gebrauchsweisen der ḫꜣs.yt-Pflanze zusammen. Er verweist besonders auf die Nennung von sd.w: „Schwänzen“ der Pflanze (in Eb 209), was auf Ranken hinweise; dies und die Verwendungsweisen lassen ihn an Bryonia dioica Jacq., die Rotfrüchtige Zaunrübe, denken. Zum Verhältnis von ḫꜣs.yt zu ẖsꜣ.yt und ḫsꜣ.w äußert er sich nicht explizit, aber die von ihm zusammengestellten Belege sind ausschließlich solche der ḫꜣs.yt-Pflanze, so dass er die Gleichsetzung dieser Drogennamen wohl ablehnt. Auf Dawson geht sicher Lefebvres Übersetzung von ḫꜣs.yt mit „bryone“ zurück; er folgt aber noch Brugsch/Joachim in der Annahme, ẖsꜣ.yt bezeichne dieselbe Droge (bspw. G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 159 und 165; das Rezept Eb 837, in dem die ḫsꜣ.w-Pflanze vorkommt, behandelt er nicht, so dass seine Interpretation dazu unklar ist). Gegen die Gleichsetzung von ẖsꜣ.yt und ḫꜣs.yt spricht laut H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 418, dass im Rezept Eb 614 beide Drogen gleichzeitig genannt sind, denn in den Drogenaufzählungen würde dieselbe Droge nie zweimal aufgelistet. Sie vermuten stattdessen in ẖsꜣ.yt einen Balsam oder ein Harz, ohne dies weiter einzuschränken. Schon Ebbell 1937, 92, und später Westendorf 1999, 632 und Bardinet 1995, 338 differenzieren zwischen den beiden Drogen, wie v.a. bei den letzten beiden deutlich wird.
Für Belege von ẖsꜣ.yt außerhalb der medizinischen Texte vgl. die Sammlung von B. Koura, Die „7-Heiligen Öle“ und andere Öl- und Fettnamen. Eine lexikographische Untersuchung zu den Bezeichnungen von Ölen, Fetten und Salben bei den alten Ägyptern von der Frühzeit bis zum Anfang der Ptolemäerzeit (von 3000 v. Chr. – ca. 305 v. Chr.), Aegyptiaca Monasteriensia 2 (Aachen 1999), 234–235. Wie in den medizinischen Texten kann es auch außerhalb derselben mit Haaren oder Korn klassifiziert sein (zumindest in der 1. Zwischenzeit und im Mittleren Reich), ansonsten auch mit Gefäßen und in einem Fall mit dem „schlechten Paket“, Gardiner Sign-list Aa 2. M. Alliot, Les rites de la chasse au filett, aux temples de Karnak, d’Edfou et d’Esneh, in: Revue d’égyptologie 5, 1946, 57–118, hier: 66, Anm. 5 vermutet einen Zusammenhang mit der personifizierten ḫns.wt-Perücke und denkt, wohl noch Brugsch/Joachim sowie Lefebvre folgend, an eine Pflanze. Dies nimmt P. Barguet, La déesse Khensout, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 49, 1950, 1–7, hier: 6–7 auf und vermutet ebenfalls eine Pflanze und damit ein daraus gewonnenes Harz, das zur Salbenproduktion genutzt wurde. Etymologisch sieht er einen Zusammenhang mit dem südlich von Ägypten gelegenen Fremdland H̱sꜣ.j, so dass das Harz nach seinem Herkunfts- oder Zwischenhandelsort benannt wäre. E. Edel, Ein bisher falsch gelesenes afrikanisches Produkt in der Inschrift des Ḥrw-ḫwjf (Herchuf), in: Studien zur Altägyptischen Kultur 11, 1984, 187–193 vermutet in dem Produkt „eine feste, kornartige Substanz (Harzkörner?)“, die aromatisch ist (S. 192), weil es im ältesten Beleg mit drei Körnern klassifiziert ist und auch in späterer Zeit oft mit dem kornähnlichen Rohstoffklassifikator geschrieben ist. Wie Barguet denkt auch er an eine Benennung nach dem Land H̱sꜣ.j. Außerdem verbindet er den Drogennamen mit dem aus Altreichstexten bekannten nubischen Produkt šsꜣ.t/ẖsꜣ.t und vermutet im šs(ꜣ).yt-Produkt des Neuen Reiches eine weitere Schreibvariante. Dieser letzte Punkt muss jedoch zurückgewiesen werden, weil das šsꜣ.yt-Produkt wohl eine grüne Fritte bezeichnet, die auch in den medizinischen Texten in verschiedenen Schreibungen vorkommt. Es wäre zwar nicht einmalig, aber doch auffällig, wenn dieselbe Droge in zwei derart verschiedenen Graphien genannt würde. Auch Koura, a.a.O., 234–235 differenziert zwischen ẖsꜣ.yt und šs(ꜣ).yt. Anstatt den Produktnamen von dem Ländernamen H̱sꜣ.j herzuleiten, bespricht sie mögliche etymologische Zusammenhänge mit dem seltenen Verb ẖzꜣ: „ungepflegt sein, ungesalbt sein“ o.ä. (ebenso, nur mit anderem Bedeutungsansatz, schon Brugsch, s.o.) sowie dem einmal belegten Verb šsꜣ: „duften“. Insgesamt lehnt sie einen Zusammenhang mit dem ersten Verb jedoch ab, einen solchen mit dem zweiten Verb konnte sie aufgrund fehlender Referenzen nicht besprechen (der konkrete Beleg, A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts VI. Texts of spells 472–786, Oriental Institute Publications 81 (Chicago 1956), 293o, war ihr nicht bekannt). Da sie das ẖsꜣ.yt-Produkt im Kapitel zu pflanzlichen Ölen behandelt, sieht sie jedenfalls darin implizit eine Ableitung von einer Pflanzenbezeichnung. Ihre Argumentation zur Bedeutung des Verbs ẖzꜣ ist jedoch weniger plausibel: Sie stellt es in Zusammenhang mit ẖzi̯: „schwach sein“ und schlägt die Bedeutung „ungesund, befallen, ausgesetzt sein“ vor. Trotz der wenigen Belege scheint aber doch deutlich zu werden, dass „salben“ o.ä. sehr wohl Teil des Begriffsinhaltes von ẖzꜣ sein könnte. Im Graffito des Djehutinacht-anch (R. Anthes, Die Felseninschriften von Hatnub. Nach den Aufnahmen Georg Möllers, Untersuchungen zur Geschichte und Altertumskunde Aegyptens 9 (Leipzig 1928), Nr. 12), Zeile 12–13 wird nämlich die wrḥ-Salbe jemandem zugewiesen, der ẖzꜣ ist, und in den Admonitions wird darüber geklagt, dass Personen „ẖzꜣ durch mrḥ.t-Salböl“ sind. Ferner wird das Verb mit den Haaren klassifiziert, ein Zusammenhang mit dem ẖsꜣ.yt-Produkt ist also gut möglich; das šsꜣ des Sargtextbelegs ist dagegen unklassifiziert. Die Semantik des Verbs beinhaltet demzufolge sehr wahrscheinlich den Vorgang des Salbens, die Klassifizierung mit den Haaren bezeugt aber eventuell eine semantisch breitere Bedeutungsspanne, wie es „ungepflegt sein“ ist. Wenn ẖzꜣ also „ungepflegt sein“ o.ä. bedeutet, könnte ein davon abgeleiteter Produktname etwas bezeichnen, was zur Körperpflege benutzt wird resp. benutzt werden kann. Da ẖsꜣ.yt allerdings den Texten zufolge ein ganz spezifisches Produkt ist, verbietet sich jedoch eine semantisch indifferente Übersetzung etwa als *„Pflegemittel“. Vielmehr muss eine konkrete Produktbezeichnung vorliegen.
Eb 145
Ein anderes (Heilmittel) für ein wnḫ-Leiden1 im Hintern:
Myrrhe: 1 (Dosis), [32,1] Weihrauch: 1 (Dosis), gw-Gras vom Garten2: 1 (Dosis), mḥ.tt-Droge3 vom Ufer: 1 (Dosis), Sellerie: 1 (Dosis), Koriander: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Salz: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verkocht; werde zu einem Faserbausch (?) verarbeitet. Werde in den Hintern gegeben.
1 wnḫ: Abgesehen von Eb 145, wo es am oder im Hintern vorkommt (m pḥ.wj), wird es sonst im Umfeld von Knochen bzw. Knochenverbindungen lokalisiert. Während das Wort in den anderen Fällen allein mit dem Riemen (Gardiner Sign-list V12) klassifiziert wird, erhält es in Eb 145 als zusätzlichen Klassifikator noch das „Schlechte Paket“. Wohl deswegen und aufgrund der unterschiedlichen Lokalisierung gibt es in Wb 1, 324.9–13 zwei pathologisch relevante Lemmata. In Eb 145 vermutet Wb Hämorrhoiden; für das Phänomen an den Knochenverbindungen dagegen eine Zerrung oder Verrenkung. Ersteres nimmt auch G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 139 auf, wenn auch nicht, ohne auf die Unsicherheit der Übersetzung hinzuweisen. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 13, F. Jonckheere, Le papyrus médical Chester Beatty, La médecine égyptienne 2 (Bruxelles 1947), 194 und Westendorf 1999, 571 vermuten dagegen Prolapsus recti. Bardinet 1995, 270 überträgt das Wort mit einem unspezifischeren „relâchement“. Eine nähere Identifikation des Phänomens kann jedenfalls aus der kontextlosen Nennung in Eb 145 nicht gewonnen werden und jegliche Interpretation bleibt eine Hypothese. Zum wnḫ bei Knochen und Knochenverbindungen s. den ausführlichen Kommentar von P. Dils zu pEdwin Smith, Fall 25.
2 ḥsp.t ist mit t-Endung geschrieben, wie es eigentlich erst in späterer Zeit vorkommt. Dafür fehlt das determinierende Kanalzeichen. Es liegt daher wohl kein Frühbeleg für eine Schreibung mit t-Endung vor, sondern ein Schreibfehler.
3 mḥ.tt: Nur in Eb 145 belegt; Existenz schon im Wb 2, 126.8 angezweifelt. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 282–283, denken, dass ein Fehler vorliegen könnte und man eigentlich wieder das gw-Gras erwarten könnte, da auch in anderen Rezepten gw-Gras vom Garten und gw-Gras vom Ufer nebeneinander stehen. Was für eine Art Fehler vorliegt, ist allerdings unklar. Westendorfs alternative Überlegung, dass mḥ.tt wie mj.tt: „dasselbe“ gebraucht worden sein könnte (Westendorf 1999, 571, Anm. 31), ist unwahrscheinlich, weil es für das Wortfeld mḥ keine Bedeutung gibt, von der sich eine solche Bedeutung ableiten ließe.
Eb 146
Ein anderes Heilmittel:
sḫt-Droge von der rʾ-Gans: 1 (Dosis), Gehirn (?) von der Bläßgans: 1 (Dosis).
Werde in den Hintern gegeben.
Eb 147 = Eb 132
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln des Rektums:
Milch: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Gänsefett: [32,5] 1/8 (Dja), Mehl von Erdmandeln: ein viertel (Dja), „Erdhaar“-Früchte: ein viertel (Dja), Weinbeeren/Rosinen: ein viertel (Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 148 = Eb 133
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von Gerste: ein viertel (Dja), Mehl von Datteln: ein viertel (Dja), Mehl vom sw.t-Wildweizen: ein viertel (Dja), Honig: 1/16 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: ein viertel (Dja), Fett: 1/8 (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde über 1 Tag hinweg getrunken1.
1 Die Applikationsanweisung ist nur mit dem Mann mit der Hand am Mund abgekürzt, was üblicherweise die Schreibung für swr: „trinken“ ist. Allerdings wird bis auf den allenfalls zähflüssigen Honig keine flüssige Droge genannt. Westendorf 1999, 572 ergänzt noch „werde durchgepresst“ (d.h. Ꜥtḫ), wie es in der Parallele Eb 133 steht.
Eb 149 = Eb 134
Ein anderes (Heilmittel):
Gänsefett: 1/16 (Dja), Honig: 1/16 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: ein viertel (Dja), frisches Brot: ein viertel (Dja).
Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 150 = Eb 135, vgl. Bln 43
Ein anderes (Heilmittel):
Saft vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Honig: 1/8 (Dja).
Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 151 = Eb 136
[32,10] Ein anderes Heilmittel:
Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Honig: 1/32 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Saft vom Johannisbrot: ein viertel (Dja), Pflanzenbrei für šꜥ.yt-Kuchen (d.h. Pflanzenbrei in der Art, wie für šꜥ.yt-Kuchen erforderlich): ein viertel (Dja), Gänsefett: ein viertel (Dja). Werde gekocht; werde zu einem šꜥ.yt-Kuchen verarbeitet.
Werde an jedem/irgendeinem Tag gegessen (und) hinuntergeschluckt mit einem „Dritten (Abguss)“ (?) von wässrigem (?) Bier.
Eb 152= Eb 137
Ein anderes (Heilmittel):
„Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), süßes Bier: ein viertel (Dja), Honig: 1/16 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja): Weinbeeren/Rosinen: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Feigen: 1/8 (Dja): Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja).
[32,15] Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 153, vgl. Eb 44
Was zu tun ist bei einer Verstopfung durch Hitze im Rektum, wenn er (d.h. der Patient) an Zusammenziehungen in seinen Beinen leidet:
Das Innere vom Johannisbrot: 1/32 (Dja), frischer ꜣḥ-Brei: 1/8 (Dja), Wachs: 1/16 (Dja), Gänsefett: 1/8 (Dja), Wasser: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 154
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Hitze im Rektum:
šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), jwḥ.w-Früchte: 1 (Dosis), Gummiharz: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Wermutkraut (?): 1 (Dosis), mw.t-Teile der [32,20] rkrk-Pflanze: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), tpꜣ.wt-Teile1 der Sykomore: 1 (Dosis), ḥḏ.w-Harz (?): 1 (Dosis), Dattel im ꜥmꜥ-Zustand2: 1 (Dosis).
Werde zermahlen (und) vermengt. Werde von dem Mann getrunken, der an [33,1] Hitze leidet, oder von der Frau.
1 tpꜣ.wt: Sowohl Wb 5, 295–296 als auch H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 555–556 führen das maskuline tpꜣ.w und das feminine tpꜣ.wt als separate Lemmata auf. Beide Wörterbücher enthalten sich aber genauerer Idenfikationsversuche. Für die maskuline Drogenbezeichnung ist gelegentlich aufgrund der Verbindung tpꜣ.w n wꜥn: „tpꜣ.w vom Stech-Wacholder“ in Eb 655 ein Baumbestandteil vermutet worden. In H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 555 wird diese Möglichkeit aber angezweifelt, weil die Parallele im pHearst an der Stelle das auch sonst häufigere ẖpꜣ n wꜥn schreibt und das tpꜣ.w n wꜥn des pEbers einen Schreibfehler darstellen könnte. Auf einem ramessidenzeitlichen Ostrakon erscheint eine tpꜣ.w-Frucht (?) (wie andere Früchte in ms-Körben gemessen und daher wohl ebenfalls eine Frucht), die im Wb als weiteres separates Lemma genannt wird (Wb 5, 295.10), bei dem aber ein Zusammenhang mit der tpꜣ.w-Droge vermutet wurde. Die Schreibung von tpꜣ.w in Eb 670, die mit derjenigen der tpꜣ.w-Frucht identisch ist, würde diese Vermutung jedenfalls stützen. G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), 800 trennt, wie das Wb, beide tpꜣ.w-Lemmata in Nr. 1362, die tpꜣ.w-Droge, und Nr. 1363, die tp(ꜣ).w-Frucht. Unter Nr. 1362 führt er aber neben dem maskulinen tpꜣ.w n wꜥn auch das feminine tpꜣ.wt n.t nh.t auf, trennt also nicht zwischen dem maskulinen und dem femininen Wort der medizinischen Texte. Auch Westendorf 1999, 509 vermutet im femininen tpꜣ.wt „eine ähnliche Erscheinung wie tpꜣ.w“. Westendorf verweist auf P.H. Chapman, Case Seven of the Smith Surgical Papyrus. The Meaning of tpꜣw, in: Journal of the American Research Center in Egypt 29, 1992, 35–42 und dessen Vorschlag „Borke“ oder „Kambium“. Westendorfs darüber hinausgehende Vermutung „gallartige Auswüchse auf der Oberfläche des Baumes“ ist allerdings ein Zirkelschluss: Sie basiert auf seiner Deutung der tpꜣ.w-Krankheit als „Kopfgrind mit Blasen- oder Borkenbildung?“ (S. 142), die wiederum von Chapmans Interpretation der tpꜣ.w-Droge als Borke oder Kambium abhängt.
2 ꜥmꜥ: in unbekannter Zustand der Dattel. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 175 haben keinen Vorschlag, vergleichen aber mit ꜥmꜥꜥ n(.j) bnr: „ꜥmꜥꜥ-Körner(???) der Dattel“, die aber ihrerseits nur ein einziges Mal vorkommen. Bardinet 1995, 271 lässt ihn unübersetzt. Westendorf 1999, 537 vermutet für bnj ꜥmꜥ „‚unbeschnittene/jungfräuliche‘ Datteln“. Dieser Vorschlag beruht auf der lange gebräuchlichen Übersetzung der ꜥmꜥ.t-Frau mit „Jungfrau“ und des ꜥmꜥ-Mannes mit „Unbeschnittener“ o.ä. (einen möglichen Zusammenhang mit diesem Lemma deuten bereits H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 178, Anm. 5 an). Gegen beide Deutungen hat sich P. F. O’Rourke, The ꜥmꜥt-woman, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 134, 2007, 166–172 und P. F. O’Rourke, The ꜥmꜥ-male, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 137, 2010, 45–53, hier ausgesprochen und vielmehr die Bedeutung „(gesellschaftlich/kultisch) Unreiner“ und speziell bei der ꜥmꜥ.t-Frau eine mit der Menstruation verbundene Unreinheit wahrscheinlich gemacht. Die Frage wäre nun, ob das hiesige ꜥmꜥ zu demselben Wortfeld gehört und wenn ja, was man unter einer unreinen Dattel zu verstehen habe.
Eb 155
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Hitze am Rektum:
Mehl von Langbohnen: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), jhm.t-Harz: 1 (Dosis), Bleiglanz1: 1 (Dosis).
Werde zu einem Zäpfchen verarbeitet. Werde in den Hintern gegeben.
1 msdm.t ist konventionell geschrieben und nicht, wie bisher, kryptographisch.
Eb 156
Ein Heilmittel zum Kühlen (namens) „Kunst des Arztes“:
ḥḏ.w-Harz (?)1: [33,5] 1/64 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Innerei (?) eines fetten2 jwꜣ-Mastrindes: ein halbes (Dja), sḏr-Getränk3: 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja), Honig4: ∅.
Werde ausgepresst. Werde in das Rektum gegossen.
1 ḥḏ.w: Die Determinierung mit der Pflanze erinnert an ḥḏ.w: „Zwiebel/Knoblauch o.ä.“, die Schreibung mit drei ḥḏ-Keulen an das ḥḏ.w-Harz. Die kleine Mengenangabe könnte ebenfalls ein Indikator für eine seltenere Droge sein.
2 ḏdꜣ bezieht sich entweder auf das jwꜣ-Rind (so Bardinet 1995) oder auf ꜣs (so Westendorf 1999); Letzteres aber nur, wenn man ꜣs n jwꜣ als lexikalisierte Verbindung deutet.
3 sḏr: Sicher vom Verb sḏr: „liegen, schlafen“ abgeleitet; vgl. auch den sḏr.t-Rauschtrank aus dem Buch von der Himmelskuh. Ebers 1889, 148 und 195 vermutet aufgrund dieser etymologischen Verbindung in diesem „Liege- oder Schlaftrank“ Opium. Diese Vermutung könnte eine der drei Quellen für den modernen Mythos sein, dass im Papyrus Ebers Opium verschrieben würde (vgl. pars pro toto hier [letzter Zugriff: 18.10.2019]) – neben der angeblichen Verschreibung von Schlafmohn gegen Kindergeschrei in Eb 782 als Hauptquelle und vielleicht auch der veralteten Deutung von ẖsꜣ.yt in Eb 144 und anderen Rezepten (vgl. die entsprechenden Kommentare). Die Tatsache allein, dass der sḏr-Trank rein etymologisch von sḏr: „liegen, schlafen“ abgeleitet ist, ist aber für eine Identifikation keinesfalls ausreichend: Der sḏr.t-Rauschtrank im Buch von der Himmelskuh besteht etwa nur aus Bier, das mithilfe von Ocker rotgefärbt ist, damit es von der blutgierigen Hathor/Sachmet getrunken wird.
4 bj.t: Ohne Mengenangabe. Westendorf 1999, 573, Anm. 34 vermutet, dass sich die Mengenangabe von 3 Dja sowohl auf das sḏr-Getränk wie auf den Honig bezieht, und verweist dazu auf Eb 277. Die beiden Rezepte unterscheiden sich aber insofern, als in Eb 277 die Mengenangabe hinter beiden Stoffen steht, hier dagegen zwischen beiden Stoffen.
Eb 157, vgl. Bln 179, 180+181, Bt 26
Ein anderes (Heilmittel):
Innerei (?) eines jwꜣ-Mastrindes: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Milch, gekocht: ein halbes Dja (?), Honig: 1/64 (Oipe = 1 Dja), mhwj-Milchfett: ein halbes (Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg in den Hintern gegossen.
Eb 158
Ein anderes (Heilmittel):
Johannisbrot: 1 (Dosis), Konyza (?): 1 (Dosis), Wasser: ∅.
Werde in das Rektum gegossen.
Eb 159
Ein anderes (Heilmittel):
Saft vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Blätter des [33,10] Christdorns: 1 (Dosis), mhwj-Milchfett: ∅.
Werde in den Hintern gegossen.
Eb 160
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Kühlen eines Rektums:
Mehl vom Johannisbrot: 1/32 (Dja), „Mäuseschwanz“-Pflanzen: 1/32 (Dja), Honig: ein viertel (Dja), Wasser: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 161, vgl. H 80
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Verschaffen von Linderung (an den) Gefäßen des Hinterns:
Fett: 1/64 (Dja), Blätter der Dornakazie: 1/64 (Dja).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 162
Ein anderes (Heilmittel) zum Ausheilen eines Rektums, das krank ist:
Rückgrat des Rindes: 1 (Dosis), swg-Teil von Fett, getrocknet: 1 (Dosis), [33,15] Bodensatz vom Wein: ∅.
Werde zu einem Zäpfchen für einen Mann oder eine Frau verarbeitet.
Eb 163
Ein anderes kühles Zäpfchen für das Rektum:
šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Bodensatz vom Wein: 1 (Dosis), ḫpr-wr-Pflanzen: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Mehl von Gerste: 1 (Dosis), Mehl von Datteln: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einem Zäpfchen verarbeitet. Werde in das Rektum gegeben.
Eb 164
Das, was Linderung1 (im) Rektum verschafft und was Linderung1 [33,20] (im) Unterleib verschafft:
Mehl von Langbohnen: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), (werde?) verrührt2 mit Myrrhe: 1 (Dosis), ẖsꜣ.yt-Balsam aus dem (in Nubien gelegenen) Medja-Land: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), [34,1] Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen; werde mit diesem (genannten) Honig vermengt; werde zu einem Kügelchen verarbeitet. Werde über 4 Tage hinweg in den Hintern gegeben.
1 snḏm ist beide Male vielleicht besser partizipial zu übersetzen als infinitivisch, wie Westendorf 1999 es tut.
2 wšm: Bardinet 1995, 272 und Westendorf 1999, 574 deuten es passivisch und damit als Bestandteil der Rezeptbereitung. Es wäre aber auch denkbar, dass hier ein Stativ vorliegt; vgl. zu dieser generellen Problematik W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), §§ 165, 181–182 und 250. Diese Frage hat Einfluss auf die Zusammensetzung des Rezeptes: Eine Lesung als Passiv würde implizieren, dass Langbohnenmehl und Natron mit Myrrhe (und?) allen anderen Bestandteilen verrührt werden solle. Eine Deutung als Stativ würde dagegen ein zweistufiges Herstellungsverfahren implizieren: das Natron, das (scil.: zuvor) mit Myrrhe verrührt worden ist, soll nun mit den anderen Ingredienzien verarbeitet werden. Dies könnte unter Umständen Auswirkungen auf die Mengenangaben haben. Denn wenn ein Teil Natron schon mit einem Teil Myrrhe verrührt wurde, bevor es in diesem Rezept zur Anwendung kommt, bezieht sich die Mengenangabe vielleicht gar nicht auf das reine Natron, sondern schon auf das Natron-Myrrhe-Gemisch.
Eb 165–182: Heilmittel gegen Beschwerden in Bauch und Unterleib
Eb 165, vgl. H 36, 54
Das, was Zauberei im Bauch beseitigt1:
Das Innere von ḥmm-Pflanzen2: 1 (Dosis), das Innere einer Süßwassermuschel: 1 (Dosis), ((Weihrauch: 1 (Dosis),))3 „Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), süßes Bier: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse zerrieben. Werde [34,5] vom Mann getrunken.
1 dr: Wie im vorigen Rezept ist eine partizipiale Übersetzung Westendorfs (Westendorf 1999) und Bardinets (Bardinet 1995) infinitivischer Übersetzung vorzuziehen.
2 ḥmm: Vielleicht eine Fehlschreibung; die Variante in H 54 schreibt die ḥmꜣ.yt-Pflanzen. Als alternative Erklärung vermuten H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 350 auch einen Fehler für die ḥmw-Pflanzen. Dieser Möglichkeit, dass ein Fehler vorliegt, schließt sich auch R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 367 an.
3 snṯr 1 ist nachgetragen: Das nṯr-Zeichen am Ende von Zeile 3, und der Rest ist vor Zeile 4 in das Interkolumnium gequetscht worden.
Eb 166
Ein anderes (Heilmittel):
„Mein-Arm-fasst-mein-Arm-packt“-Pflanzen1.
1/16 (Oipe = 4 Dja) vom Saft werde nachts dem Tau ausgesetzt2, und ein Hin (= 1,6 Dja) des Wassers davon werde über 4 Tage hinweg täglich getrunken.3
1 Die Identität der Pflanze ist unklar, aber der bildliche Name spricht immerhin für eine rankende oder kletternde Pflanze. Die von G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), Nr. 833 genannten weiteren Belege bei W. Barta, Aufbau und Bedeutung der altägyptischen Opferformel, Ägyptologische Forschungen 24 (Glückstadt 1968), sind zu streichen: Sie gehören sämtlich zur folgenden Nr. 834: ḫfnn.wt. Die Pflanze ist damit ein Hapax legomenon.
2 Die kotextuelle Bedeutung von sḏr ist unsicher. Als reines Attribut einer Droge ohne jeden Zusatz (*liegendes „Mein-Arm-fasst-mein-Arm-packt“) kommt es sonst in den medizinischen Texten nicht vor. In von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 117 und in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 831 wird daher die Konstruktion sḏr NN n jꜣd.t präferiert: „werde 20 ro von Wasser nachts dem Tau ausgesetzt“. In der zugehörigen Anmerkung 2 in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 106 wird als Alternative erwogen, ḥr: „in“ nach sḏr zu ergänzen: „*werde nachts 20 ro Wasser stehen gelassen“. Dafür verweisen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II auf Eb 63. Dort steht zwar, dass eine Droge „im Wasser“ stehen gelassen werden soll, aber der explizite Zusatz n jꜣd.t fehlt. Als dritter Vorschlag findet sich ebd. die Ergänzung eines jr.j nach mw; das ergäbe dann etwa: „‘Mein-Arm-fasst-mein-Arm-packt’-Pflanzen, werde 20 ro des Saftes davon dem Tau ausgesetzt“.
3 Die Interpretation des Satzes ist sehr unsicher, v.a. weil die einzige genannte Mengenangabe nicht ausreicht, um davon 4 Tage lang täglich 1 Hin zu trinken: Nach dem von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I favorisierten Umrechnungsquotienten würde die Angabe 1/16 einem Maß von „20 ro“ entsprechen. Viermal je 1 Hin („32 ro“) – die zu trinkende Menge – entsprechen aber „128 ro“, also einem Vielfachen davon. Deswegen wird im H. von Deines - H. Grapow - W. Westendorf, Ergänzungen. Drogenquanten, Sachgruppen, Nachträge, Bibliographie, Generalregister, Grundriss der Medizin der alten Ägypter 9 (Berlin 1973), 11 vorgeschlagen, den hinteren Winkel des Horusauges in den vorderen Winkel des Horusauges zu korrigieren, also ½ bzw. „160 ro“ anstelle von 1/16 zu lesen. Dadurch wäre nach dem Trinken von 4 Hin = „128 ro“ sogar noch ein Rest von 32 ro übrig.
Auch nach der Neuinterpretation der Maßangaben durch Pommerening (T. Pommerening, Neues zu den Hohlmassen und zum Medizinalmasssystem, in: S. Bickel – A. Loprieno (Hrsg.): Basel Egyptology Prize 1. Junior Research in Egyptian History, Archaeology, and Philology, Aegyptiaca Helvetica 17 (Basel 2003), 201–219) bleibt die Problematik bestehen, dass die zu trinkende Gesamtmenge die einzige genannte Mengenangabe überschreitet: Folgt man Pommerening, entsprechen die genannten 1/16 umgerechnet 4 Dja, das sind 2,5 Hin, also 1,5 Hin zu wenig. Ersetzt man, wie von H. von Deines - H. Grapow - W. Westendorf vorgeschlagen, ebenfalls 1/16 durch ½, hätte man 32 Dja und damit ganze 20 Hin. Eine Menge von 20 Hin zu produzieren, um letztlich nur 4 zu verbrauchen, scheint aber unökonomisch. Daher liegt es näher anzunehmen, dass ein anderer Fehler als der von H. von Deines - H. Grapow - W. Westendorf vorgeschlagene vorliegen muss, ohne dass ein Lösungsvorschlag vorgebracht werden kann.
Eb 167
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Zauberei im Bauch eines Mannes oder einer Frau:
ḏꜣjs-Pflanzen: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ vom Honig:1 1 (Dosis), Natron: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vom Mann [34,10] oder von der Frau sdb-eingenommen.
1 ḫpr ḏs=f n bj.t: H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 167 vermuten darin ein Gärungsprodukt des Honigs oder einen durch Verzuckerung entstandenen Bodensatz. Bardinet 1995, passim wie Westendorf 1999, passim legen sich in ihren Übersetzungen des pEbers auf ersteren Vorschlag fest. B. S. Feierabend, Biene und Honig im pharaonischen Ägypten: Eine Studie anhand schriftlicher und bildlicher Quellen (Mainz 2009), 138–139 zweifelt diese Übersetzung an, weil ḫpr-ḏs=f auch als Epitheton von Schöpfergottheiten auftritt und diese „nichts mit Gärung zu tun“ haben. Sie vermutet viel eher, dass „Jungfernhonig“ bzw. Wabenhonig gemeint sein könnte, der ohne mechanisches, menschliches Zutun, wie Pressen oder Schleudern, aus entdeckelten Honigwaben herausfließt [vgl. dazu hier (letzter Zugriff 23.03.2020)] und daher keine Verunreinigungen besitzt. Dieser Honig wird etwa bei Plinius, N.H. IX,38 durch „quod per se fluxit“: „was von selbst herausfließt“, beschrieben, was sie an die ägyptische Bezeichnung ḫpr-ḏs=f bzw. die Kurzform ḫpr erinnert. Zweifelhaft wird ihre Hypothese dadurch, dass es auch ḫpr-ḏs=f n bnj, „Selbstentstandenes von Dattelsaft“ gibt (H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 176), das analog gebildet ist, aber aus naheliegendene Gründen nicht analog zu Feierabends Hypothese erklärt werden könnte. Daher scheint doch die Überlegung, in ḫpr-ḏs=f ein Gärungsprodukt zu sehen, die wahrscheinlichere Lösung zu sein.
Eb 168
Eine anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen von Zauberei und des ꜥꜣꜥ-Giftsamen eines Gottes (oder) eines Untoten im Bauch eines Mannes:
Der nhp-Teil1 vom gw-Gras: 1/8 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1/64 (Dja), jbw-Pflanzen: 1/8 (Dja).
Werde zu Mehl verarbeitet; werde in Bier gegeben. Werde vor dem Schlafengehen getrunken.
1 nhp: Bedeutung unklar; die Klassifizierung mit der Sonnenscheibe suggeriert einen Zusammenhang mit dem Wortfeld nhp: „früh auf sein“.
Eb 169
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von Datteln: ∅.
Werde in Öl/Fett gegeben; werde in Maische gegeben; [34,15] werde ins Feuer gestellt; werde 〈in〉 Datteltrester (?) gegeben. Werde von einer Frau gegessen, deren Bauch versperrt ist.
Eb 170
Ein anderes (Heilmittel):
jbw-Pflanzen: 1/64 (Dja), šꜣms-Pflanzen: 1/16 (Dja), tḥwꜣ-Pflanzen: 1/64 (Dja), Koriander: 1/8 (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. Werde vor dem Schlafengehen getrunken.
Eb 171
Ein anderes (Heilmittel):
šꜣms-Pflanzen: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), qsn.tj-Mineral: 1/64 (Dja), Honig: ein halbes Dja (?).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vor dem Schlafengehen getrunken.
Eb 172 = Eb 233, H 81
Ein anderes (Heilmittel):
[34,20] Weintrauben: 1/8 (Dja), Gummiharz: 1/16 (Dja), šꜣms-Pflanzen: 1/8 (Dja), Honig: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/16 (Dja).
Werde zermahlen. Werde vor dem Schlafengehen getrunken.
Eb 173
[35,1] Ein anderes (Heilmittel):
psḏ-Schoten: 1/16 (Dja), Konyza (?): 1/16 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), mjmj-Getreide: 1/8 (Dja), sꜥꜣm-Pflanzen: 1/8 (Dja), Honig: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde vor dem Schlafengehen getrunken.
Eb 174, vgl. Eb 239
Ein anderes (Heilmittel):
jbw-Pflanzen: 1/64 (Dja), Koriander: 1/16 (Dja), mjmj-Getreide: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), šꜣms-Pflanzen: 1/16 (Dja).
Werde mit Honig, einem halben Dja (?), gekocht. Werde von der Frau beim (?)1 Schlafengehen getrunken.
1 r sḏr: Sonst steht dp-ꜥ sḏr: „vor dem Schlafengehen“. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 508 ist das vorliegende Rezept unter der Bedeutung r in Zeitangaben genannt.
Eb 175, vgl. Eb 129
Heilmittel zum Beseitigen von Hitze im Unterleib:
mjmj-Getreide: 1 (Dosis), sw.t-Wildweizen, gekocht: 1 (Dosis), [35,5] Mehl vom sw.t-Wildweizen: 1 (Dosis), Mehl von Gerste: 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Der Unterleib werde damit verbunden.
Eb 176
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Mehl von Erdmandeln: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), šf.w-Teil1 (des Bieres): 1 (Dosis).
Der Unterleib werde damit verbunden.
1 šf.w: Ein Bestandteil des ḥnq.t- und des zrm.t-Bieres. Auf DZA 30.050.100 wird ohne weiteren Kommentar „Schaum“ in Erwägung gezogen. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 491 vermuten „Schlamm“, was gar nicht zu der Verbindung mit Bier passt. Westendorf 1999, 576 denkt an „Bodensatz“.
Eb 177
Ein anderes (Heilmittel):
Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Wüstendatteln (?): 1 (Dosis), Datteln: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Datteltrester (?): 1 (Dosis).
Der Unterleib werde darüber verbunden.
Eb 178
Ein anderes (Heilmittel):
Erdmandeln, zermahlen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Polei-Minze (?): 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis).
Der Unter〈leib〉 werde darüber verbunden.
Eb 179
Ein anderes (Heilmittel):
Kugeln von den Spitzen/Trieben (?) des Flachses: 1 (Dosis), [35,10] Pflanzenbrei: ∅.
Werde an den Unterleib des Mannes gegeben, der krank ist.
Eb 180
Ein anderes (Heilmittel):
Öl/Fett von der Oberseite eines Kruges:1 ∅.
Werde an den Unterleib eines Mannes gegeben.
1 mrḥ.t n.t dp ds: É. Chassinat, Le mot dans les textes médicaux, in: Anonymous (Hrsg.), Recueil d’études égyptologiques. Dédiées à la mémoire de Jean-François Champollion à l’occasion du centenaire de la lettre à M. Dacier relative à l’alphabet des hiéroglyphes phonétiques, lue à l’Académie des inscriptions et belles-lettres le 27 septembre 1822, Bibliothèque de l’École des hautes études, Sciences historiques et philologiques 234 (Paris 1922), 447–465, hier: , 445–465 vermutet hierin das Pech, mit dem die Krugdeckel verschlossen werden. In H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 273 wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass es etwas sein könnte, was sich auf in Krügen aufgewahrtem mrḥ.t absetzt.
Eb 181
Ein anderes (Heilmittel):
Schlamm (?): ∅.
Werde 〈mit (?)〉 dem ꜣb-Teil1 der mstꜣ-Flüssigkeit zerstoßen. Werde an den Unterleib eines Mannes gegeben.
1 ꜣb: Mit den laufenden Beinchen klassifiziert, als würde es zum Wortfeld ꜣb: „aufhören, verweilen, sich trennen“ gehören. Darauf aufbauend, vermutet Westendorf 1999, 494 und 577: „Abgestandenes“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 145, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 9–10 wie Bardinet 1995, 274 enthalten sich einer Deutung. Im Wb ist diese Stelle dem ꜣbw-Medikament = H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 4 zugeordnet, allerdings ohne Übersetzung: DZA 20.043.530.
Eb 182 = H 16
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen (der Einwirkung eines) Untoten1 im Bauch eines Mannes:
Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), Selleriesamen: 1 (Dosis), qꜣꜣ-Früchte (?) der Seyal-Akazie: 1 (Dosis), das Innere einer Süßwassermuschel: 1 (Dosis), šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen. Werde vom Mann mit Honig sdb-eingenommen.
1 mwt: Nicht der „Tote“ selbst, sondern die „Einwirkung eines Toten“, Westendorf 1999, 577.
Eb 183–187: Heilmittel gegen Beschwerden in der Brust
Eb 183
Heilmittel für das Behandeln [35,15] der Brust:
Johannisbrot: 1/16 (Dja), Kreuzkümmel: ein viertel (Dja), Wein: ∅.
Werde gekocht. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 184
Ein anderes (Heilmittel):
Gerste, gemahlen: ein viertel (Dja), mw.t-Teile vom gw-Gras: ein viertel (Dja), nṯr-Pflanzen: 1/32 (Dja), das Innere von Johannisbrot: 1/32 (Dja), wt.yt-Teile der Sykomore: 1/32 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), tjꜥm-Pflanzen: 1/8 (Dja), Wasser: ∅.
Werde über 4 Tage hinweg sdb-eingenommen.
Eb 185 = Eb 35, vgl. Eb 21
Gut!
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln der Brust, (zum) Beseitigen jeder Krankheit im Bauch (und zum) Behandeln der Lunge:
Wässriges (?) süßes Bier: ∅, Johannisbrot: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde in einen Krug gegeben, werde ḥkn-gemacht [35,20] „bis zum Tode“1, werde gerieben ...(?). Damit verbreitest du Wärme zu jeder Zeit (???). Davon werde täglich ein Hin (= 1,6 Dja) getrunken.
1 r mwt: T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), 200 übersetzt mit „bis es verfault“.
Eb 186
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von qꜣd.w-Hitzeschüben1 ((von Krankheitsauslösern (?)))2 in der Brust:
Feigen: 1 (Dosis), šzp.t-Teil der Weintrauben: 1 (Dosis), Wüstendatteln (?): 1 (Dosis), [36,1] Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), smt-Droge: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Gebrochenes (?) von Datteln: 1 (Dosis), süßes Bier: ∅.
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 qꜣd.w: Nur in Eb 186 belegt. Der Vorschlag „Hitze“ basiert auf dem Klassifikator; die Präzisierung auf Hitzeschub hat nur den Zweck, in der Übersetzung zu verdeutlichen, dass das Wort mit einem pluralischen Genitivwort verbunden ist und demzufolge wohl als Plural verstanden wurde. Die Pluralstriche des Wortes sind daher in diesem Falle vielleicht nicht Teil der Klassifizierung als Abstraktum, sondern sind eine echte Pluralmarkierung.
2 n.w wḫd.w ist ein Nachtrag am Ende resp. Anfang der Zeile. Der Satz lautete also zunächst: „Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen der qꜣd.w-Hitzeschübe in der Brust“. Es ist nicht nachprüfbar, ob nur ein Abschreibefehler vorlag, der sofort berichtigt wurde, oder ob n.w wḫd.w ein späterer sekundärer Zusatz ist, um die qꜣd.w-Hitze weiter zu spezifizieren.
Eb 187
Ein anderes (Heilmittel) zum Abwehren von Krankheitsauslösern (?) in der Brust:
Blätter der Dornakazie: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde zermahlen; werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 188–220: Lehrtexte über Leiden des Verdauungstraktes (das sogenannte „Magenbuch“)
Eb 188
Erfahrungswissen zu Leiden des Verdauungstraktes:1
[Eb 188a] Wenn du einen Mann mit [36,5] einer Verstopfung seines Verdauungstraktes untersuchst, der (es) schwer hat, Speise zu essen, und das, indem sein Bauch eingeschnürt (wörtl.: eng) und sein jb-Herz/Gemüt2 (zu) matt zum Gehen3 ist wie (bei) ein(em) Mann, der an Hitze am Rektum leidet, betrachtest du ihn folglich, indem er auf dem Rücken liegt.
[Eb 188b] Findest du seinen Bauch brennend vor (und) eine Verstopfung in seinem Verdauungstrakt, sagst du folglich dazu:
„Das ist ein Vorfall der Leber.“
(Und) du bereitest ihm folglich das Geheimmittel aus [36,10] Kräutern,4 das ein Arzt (gewöhnlich) bereitet (aus) „Schafsmelone“5 (und) Schnitzel (?) von Datteln – werde gemischt, werde mit Wasser ausgepresst (und) werde vom Mann über 4 Morgen hinweg getrunken –, so dass du seinen Bauch entleerst.6
[Eb 188c] Nachdem dies getan wurde, wenn du (dann) die beiden Durchflüsse (wörtl.: Kanäle)7 in seinem Bauch vorfindest, indem die rechte Körperhälfte ((warm ist))8 (und) die linke Körperhälfte kühl, sagst du folglich dazu:
„Das ist eine Krankheitserscheinung beim Bändigen (?)9 [36,15] ihres Fressens.“
[Eb 188d] (Und) du betrachtest ihn folglich erneut.
Findest du seinen Bauch gänzlich (ab)gekühlt vor, sagst du folglich:
„Seine Leber ist geöffnet. 〈Sie〉 hat sich (?) gewässert (?). Er hat das Mittel angenommen.“10
1 Hier wird vorläufig der Communis opinio gefolgt, laut der rʾ-jb den Magen bezeichnet. Zur Identifizierung von rʾ-jb mit dem Thorax/Brustkorb s. dagegen J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 127–146.
2 Die Vermutung auf DZA 31.425.970, dass hinter jb=f eine „Lücke“, d.h. ein ausgefallener Passus, anzunehmen ist, begründet sich in der ungewöhnlichen Voranstellung des Subjekts: Parallel zu ẖ.t=f ḥns.t wäre jb=f ẖs.y zu erwarten.
3 šm.t: Wohl nicht der reine Infinitiv, wie H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 850 und Westendorf 1999, 678, vermuten, sondern eher das – auf den Infinitiv zurückgehende – Nomen šm.t: „das Gehen; der Gang“. Interessanterweise bezeichnet šm.t ḥꜣ.tj in Eb 854 den Herzschlag.
4 sp n sštꜣ n smy.t: Während Bardinet 1995, 276 konkret an ein physisches „(livre) secret des plantes“ denkt, löst Westendorf 1999, 578 die Genitive rein attributiv auf: „ein geheimes Kräuter-Mittel“.
5 pꜣḫ-sr.t: So und nicht pꜣḫ-st.t, wie Wreszinski 1913, 50 transkribiert. Die Droge kommt nur in Eb 188 und in anderer Schreibung in Eb 829 vor. In Eb 829 steht vor dem Pflanzenklassifikator noch das jb-Böckchen. Damit ist auch der zr-Widder in Eb 693 klassifiziert, was die Lesung sr.t absichert. Westendorf 1999, 499 erwägt, ausgehend von seinem Identifizierungsvorschlag pꜣḫ = „Melone“, in pꜣḫ-sr.t eine „Schafs-Melone“. Er enthält sich allerdings einer Identifizierung der so bezeichneten Pflanze.
6 r wḫꜣ=k: Die erneute Rückkehr zur 2. Person Singular verleiht der Rezeptur den Charakter eines Einschubs. In der Bedeutung von wḫꜣ wird Westendorf 1999 gefolgt. Bardinet 1995 vermutet dagegen das Lemma wḫꜣ: „untersuchen“: „jusqu’à ce que tu examines (à nouveau) l’intérieur de son corps“. Für wḫꜣ: „untersuchen“ gibt es jedoch nur einen einzigen Beleg, für den zudem schon auf DZA 22.572.650 und in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 207 ein Fehler für ḫꜣi̯: „untersuchen“ vermutet wurde.
7 mr: Wörtlich: „Kanal; Teich/See“, aber auch „Uferrand“. L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 7a interpretiert das Wort als Kurzschreibung für jtr.w, wörtl.: „Fluss“, das hier als Synonym für me (a.a.O., 20b), d.h. gs: „Seite“ verwendet würde; dazu hat ihn vielleicht Eb 188c verleitet, wo auf die mr.wj, die „beiden Kanäle“, die rechte und linke „Seite“ (gs) folgen. Als Bedeutung gibt er lat. „latus“. (Ob man ihm eine Assoziationskette „Fluss“ > „breit“ (lat. „latus“) > „Seite“ (lat. „latus“) unterstellen kann?) Dies scheint sich als Bedeutung etabliert zu haben, so etwa bei H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 22, Ebbell 1937, 47, Bardinet 1995, 276, Westendorf 1999, 578. Vgl. auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 382, die diese Bedeutung ebenfalls für den dualischen Gebrauch in Eb 188c annehmen, für die singularische Verwendungsweise aber eher an den Verdauungskanal denken.
G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 24 übersetzt den Dual in Eb 188c mit „deux courants“ und vermutet a.a.O., Anm. 1: „Expression imagée pour indiquer que le malade est flévreux.“ Den singularischen Beleg in Eb 198 übersetzt er dagegen ebd., 127 mit „le canal ( = le cardia?)“. Ausgehend von der Bedeutung „Kanal“, erwägt J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 136, in mr eher den Hohlraum zu sehen, der sich am Rücken eines liegenden Menschen neben der Wirbelsäule abzeichne (d.h. wohl: zwischen Wirbelsäule und Schulterblatt?). F. van Elst, [Review:] S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), in: Chronique d’Égypte 91 (181), 2016, 99–104, hier: 102 schlägt dagegen vor, die Bezeichnung des Magens als rʾ-jb als Indikator dafür zu sehen, dass die Ägypter den Magen-Darm-Trakt und den Blutkreislauf als physisch tatsächlich miteinander verbunden auffassten. Der mr-Kanal sei vielleicht genau diese Verbindung. Prinzipiell scheint gut dazu zu passen, dass die mr-Kanäle laut Eb 188c m ẖ.t lokalisiert werden, was der Basisbedeutung der Präposition nach im Körper und nicht am Körper ist. Andererseits liefert Van Elst noch keinen Vorschlag für den Dual von Eb 188c, der dann eben mehr als nur eine Verbindung andeuten würden. Außerdem müsste überdacht werden, wie der Arzt die beiden Kanäle dann gmi̯: „(vor)finden“ kann; sie sind jedenfalls dann nicht mehr direkt palpierbar, sondern ihr Zustand kann nur indirekt (eben vielleicht durch die unterschiedliche Wärme?) festgestellt werden.
8 šmm wurde nachträglich, nur mit der Feuerpfanne geschrieben, zwischen jmn.j und gs in die Zeile gequetscht. Diese Graphie ist in Wb 4, 468 als Variantenschreibung aufgenommen, aber der Kontext zeigt, dass sie nur eine Notlösung ist.
9 mḫ.t: Wreszinski 1913, 50 transkribiert mḫr, und das Original lässt tatsächlich beide Möglichkeiten zu. Auf DZA 24.319.200 ist Wreszinskis r dagegen als t wiedergegeben. Es wurde ebenda noch vorgeschlagen, in der hieratischen Ligatur m+ꜥ eine Verschreibung für die Ligatur mn+n zu verstehen. Jedoch würde das die Bedeutung des Wortes auch nicht klären. Im Wb wurde das Verb dann auch unter mḫ abgelegt: Wb 2, 129.13. Die dort angegebene Bedeutung „sich ausbreiten o.ä.“ passt allerdings nicht. Aus dem Grund wurde in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 388, allerdings zurückkehrend zur Transkription mḫr, erwogen, ob eine Nebenform von mḫꜣ: „fesseln“ mit einer Bedeutung „bändigen, einstellen“ vorliegen könnte. D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 2. 1978, 2. Auflage (Paris 1998), 78.1832 liefert dagegen weitere Belege, die sowohl die Lesung mḫ als auch die Bedeutung „juguler“ untermauern. Auf den Bedeutungen von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962)und Meeks basiert Westendorfs Verständnis von mḫ wnm=s als ‚ihre schädliche Tätigkeit (wörtlich: Fressen) einstellen’. Bardinets Übersetzung (Bardinet 1995) von mḫ mit ‚s’étendre’ geht dagegen wieder auf den Vorschlag des Wb zurück.
Die Kombination der Kopula pw und eines adverbialen ḥr sḏm scheint zunächst die Satzsyntax zu verkomplizieren. A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 325 erklärt Sätze des Musters jnk/NN pw sḏm(.w)/ḥr sḏm dahingehend, dass pw das Subjekt sei und die restlichen Wörter (jnk/NN sḏm(.w)/ḥr sḏm) eine Pseudoverbalkonstruktion bilden, die einen Prädikatssatz formt. Er vergleicht mit französisch „c’est que“. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 405 schlägt jedoch vor, das scheinbare Pseudopartizip sḏm(.w) in der Konstruktion jnk/NN pw sḏm(.w) eher als attributives Partizip oder als Adjektiv zu erklären. Damit wären die Sätze des Musters jnk/NN pw sḏm(.w) normale zweigliedrige pw-Sätze, bestehend aus einer Nominalphrase mit Nomen + Attribut und dazwischengeschobenem pw. Diese Voranstellung des pw in die Nominalphrase ist auch anderweitig gut belegt und würde dem nicht entgegenstehen. Einzig Gardiners Beispiele mit ḥr sḏm anstelle von sḏm(.w) seien nach Westendorf nicht so zu erklären; er nennt dabei explizit den vorliegenden Satz. Derartige Konstruktionen würden also weiterhin grammatische Sonderfälle bleiben. Dementsprechend komplex ist auch seine Übersetzung in Westendorf 1999, 578: „Es ist der Fall, daß die Krankheitserscheinung (ḫꜣj.t) dabei ist, ihre schädliche Tätigkeit (wörtlich: Fressen) einzustellen.“ Bardinet ging zuvor sogar einen Schritt weiter und setzte ḫꜣ.yt ḥr mḫ.t und wnm=s parallel: „Cela signifie que l’altération (du foie) s’étend et qu’elle dévore.“ Inzwischen hat H. Satzinger, Die ägyptischen Gerundiva, in: Lingua Aegyptia 14, 2006, 139–144 allerdings den Blick auf nicht-prädikative Verbindungen von Präposition + Infinitiv gelenkt, also solche, in denen ḥr sḏm nicht prädikative Adverbialphrase eines Adverbialsatzes ist, sondern wie ein Gerundium ein Nomen um ein Attribut erweitert. Analog dazu könnte man auch Gardiners resp. Westendorfs pw-Sätze mit ḥr sḏm verstehen. Sie wären in dem Fall keine pw-Sätze mit einer Pseudoverbalkonstruktion als Prädikatssatz, sondern ebenfalls schlichte zweigliedrige pw-Sätze, deren nominales Prädikat um ein Präpositionalattribut erweitert ist. Dieselbe Verwendungsweise von Adverbialattributen findet sich auch sonst in den medizinischen Texten in den Sätzen jr ḫꜣi̯=k z ḥr mn NP: „Wenn du einen Mann untersuchst, der an NP leidet“.
10 „Er hat das Mittel angenommen“: Üblicherweise als Aussage über die Wirksamkeit des Mittels verstanden, s. explizit H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 23, Joachim 1890, 40, Ebbell 1937, 47, S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 136–137. So sicher auch die Auffassung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 88 (allerdings unsicher, ob sich das Pronomen auf den Patienten oder den Magen bezieht, s. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 83, Anm. 14), G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 24, Bardinet 1995, 276 (ungewollt ambivalent: er hat sowohl in diesem wie im vorigen Satz ein Subjekt 3. Person Sg. „il“, was aber daran liegen wird, dass sich das „il“ des vorigen Satzes auf „foie“ bezieht, dasjenige in diesem Satz auf „un homme“) und Westendorf 1999, 578. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass ein sḏm.n=f in diesem unabhängigen Gebrauch sehr ungewöhnlich ist; W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 239 nennt auch nur diese eine Stelle.
Eb 189
[Eb 189a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, und das, indem ihm alle seine Körperteile schwer sind wie (bei) einem Ausbruch (?)1 von Müdigkeit, legst du folglich deine Hand auf seinen Verdauungstrakt. [36,20] Findest du seinen Verdauungstrakt hustend (?)2 vor, und das, indem (er) unter deinen Fingern geht und kommt, sagst du folglich dazu:
„Das ist eine Trägheit des Essens, die zuvor3 verhindert (wörtl.: nicht zugelassen) hat, [37,1] dass er isst.“
[Eb 189b] (Und) du bereitest ihm folglich irgendetwas, ihn (zu) öffnen, (nämlich) Schnitzel (?) von Datteln, ausgepresst mit verdorbenem Bier, so dass (?) sein Appetit (wörtl.: das Essen seines Brotes) (wieder)kommt.
[Eb 189c] Wenn du ihn untersuchst, nachdem dies getan wurde, (und) findest du seine Rippengegend erhitzt (und) seinen Bauch (ab)gekühlt vor, [Eb 189d] sagst du folglich:
„Seine Trägheit ist abgegangen.“
(Und) du veranlasst folglich, dass er seinen Mund vor jeder (Art von) Verbranntem (Fleisch) hütet.
1 bs.w: Im Wb gibt es ein Lemma bsw: „eine Krankheit, ob Schwellung?“ mit einem Verweis auf koptisch ⲟⲩⲓⲥⲉ, Wb 1, 475.3. (Allerdings ist die Bedeutung des Koptischen laut W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 277 nicht gesichert.) Als Belege finden sich im Wb abgelegt Eb 189 (bs.w mit den Klassifikatoren Fisch + Beine + Pluralmarkierung), Bln 53 (bs.y mit den Klassifikatoren Fisch + Beine) als etwas, das ḥm-vertrieben werden kann (das Verb ist nur hier belegt; in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 596 wird daher nicht ausgeschlossen, dass es auch eine Krankheitserscheinung ḥm.w-bsj sein könnte) und Bln 14 (bs.y mit den Klassifikatoren Riemen + Papyrusrolle; auf DZA 22.928.670 wird aber erwogen, die Klassifikatoren als Fisch + Beine zu lesen). In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 252 ist dieses Nomen als Sublemma von bz aufgenommen worden, mit allen drei Wb-Belegen und noch einem vierten: Bln 52 (bs.w mit den Klassifikatoren Schlechtes Paket + Pluralmarkierung; von den Wb-Bearbeitern noch keinem Lemma zugeordnet, vgl. DZA 27.882.230). Damit hätte dieses seltene Wort jedes Mal eine andere Graphie. Wenn man den DZA-Vorschlag annimmt und die Klassifikatoren Riemen + Papyrusrolle als Fisch + Beine liest, hätte man nur drei Graphien: bs.w mit Fisch und Beinen geschrieben, bs.w mit schlechtem Paket, beides als Plural markiert, sowie singularisches bs.y mit Fisch und Beinen. Es wäre also denkbar, dass hier eigentlich zwei oder sogar drei Lemmata vorliegen. Diese Vermutung wird noch dadurch bestärkt, dass zumindest in Eb 189 kaum eine „Schwellung“ o.ä. vorliegen wird, sondern eher eine Art „Ausbruch“, wie schon B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 19 vorschlägt.
2 sr.w: Zu dieser Lesung gegenüber Wreszinskis st.w (Wreszinski 1913) s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 775, Anm. 1. Bei B. Ebbell, Die alt-ägyptische Chirurgie. Die chirurgischen Abschnitte der Papyrus E. Smith und Papyrus Ebers, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. 2. Hist.-Filos. Klasse 1939 (2) (Oslo 1939), 76 und in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) wird ein Zusammenhang mit sr: „Pauke“ erwogen; in Letzterem wird auch ein Zusammenhang mit dem Husten (sr.jt) vorgeschlagen unter der Vermutung, dass beim Husten der Bauch auch mitschwingen würde. Ob es vielleicht schlicht das Verb zum sr.jt-Husten ist?
3 ḫnt: DZA 25.159.160 gibt adverbiales „vorher“ wieder. Will man das Partizip tm nicht präterital, sondern präsentisch übersetzen, könnte man auch eine Emendation zu ⟨mj⟩ ḫnt: „⟨wie⟩ zuvor“ in Betracht ziehen. Das in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 663 angegebene „weiterhin“ (so dann auch Westendorf 1999) passt nicht in das Bedeutungsspektrum von ḫnt. Die Satzstellung würde es ferner auch erlauben, ḫnt als Adverb der Partizipialphrase (tm rḏi̯) und nicht als Adverb des davon abhängigen Objektsatzes (wnm=f) zu interpretieren.
Eb 190
[Eb 190a] Wenn du einen Mann mit einer Verstopfung untersuchst, [37,5] die Anhebungen1 eines Hustens verursacht, und das, indem seine Krankheitserscheinung2 unter seiner Rippengegend ist wie Klumpen (?)1 von Kot, (sagst du folglich dazu)3:
„Das sind Versteifungen (?)4 an seinen beiden Rippengegenden. Sein Verdauungstrakt hat sich verengt.“
[Eb 190b] (Und) du bereitest ihm folglich starke Mittel zum Trinken:
Frischer ꜣḥ-Brei, gekocht mit Öl/Fett (und?) Honig: ∅, Wermutkraut (?): 1/32 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja).
Werde dazu (d.h. zu dem ꜣḥ-Brei?) gegeben; werde zu einer homogenen Masse verkocht. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
[Eb 190c] Wenn du ihn danach untersuchst, (und) findest du ihn mit [37,10] seiner Krankheitserscheinung des ersten Falles5 vor, bedeutet das, dass er gesund werden wird.
1 fꜣy.t und ḏrw.t sind Hapax legomena. fꜣy.t ist zweifellos eine Ableitung von fꜣi̯: „heben; tragen“, ist aber kein Infinitiv, sondern ein Nomen (vgl. dezidiert schon DZA 23.567.360). ḏrw.t wird ebd. vorschlagsweise mit „Knolle“ übertragen; in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 1009 wird unter Verweis auf ḏrj: „fest“ die Bedeutung „Klumpen“ erwogen.
2 ḫꜣ.yt=f: Sic! Bardinets „les altérations dont il souffre“ (Bardinet 1995) klingt, als würde er ḫꜣ.yt mn=f o.ä. lesen.
3 „Dann sollst du dazu sagen“: Diese Phrase kann ausgelassen worden sein, vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), 293, Anm. 3. Bardinet 1995 unterlässt in seiner Übersetzung eine Markierung, dass sie hier nur ergänzt ist.
4 sṯs.w: Ein Hapax legomenon? Auf DZA 31.685.430 wird angenommen, dass die Diagnoseeinleitung des vorigen Satzes nicht ausgelassen wurde, sondern fehlerhaft ausgefallen ist und dass man zu ⟨ḏd.ḫr=k r⟩=s ṯs.w ergänzen müsse. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 823, 823, wird sṯs.w dagegen als separates Lemma aufgenommen; in Anm. 1 wird jedoch angedeutet, dass es eventuell eine Variante zu ṯs.w (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 970) sein könnte.
5 sp dp.j ist ein Rückverweis auf den ersten Fall dieser Lehrtextgruppe, d.h. auf Eb 188.
Eb 191 = Eb 194
[Eb 191a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, und das, indem er an seinem Arm, seiner Brust und der Seite seines Verdauungstraktes leidet und indem man dazu sagt: „Das ist eine Grünfärbung.“, sagst du folglich dazu:
„Das ist etwas, das durch den Mund (oder: als Zauberspruch) eingetreten ist. Das ist der Tod (oder: ein Untoter), der ihn durchfahren1 hat.“
[Eb 191b] (Und) du bereitest ihm folglich ḏdb-artige2 Kräutermittel:
Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), ḫꜣs.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), Polei-Minze (?): 1 (Dosis), Konyza (?): 1 (Dosis), dšr.w-Schrot (?)3 der sẖ.t-Gerste: 1 (Dosis).
Werde mit Öl/Fett gekocht. Werde vom Mann getrunken.
[37,15] [Eb 191c] Du legst folglich ((deine Hand)) gebeugt auf ihn, bis es dem Arm angenehm ist, frei von Beschwerden4. (Und) du sagst folglich:
„Diese Beschwerden sind hinabgestiegen zum ‚geraden Darm‘ und zum Rektum. Nicht soll (?) ich das Mittel jemals wiederholt (anwenden) (müssen).5“
1 ḫns bedeutet gewöhnlich „durchstreifen, durchziehen“ u.ä. und ist transitiv. Der Anschluss n=f ist ungewöhnlich; daraus resultieren sicher diejenigen Übersetzungsversuche, die dem Verb eine direktive Nuance verleihen (wie Ebbell 1937, 48: „that threatens him“, oder Westendorf 1999, 579: „der zu ihm herangetreten ist“).
2 ḏdb: Unsichere Bedeutung. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 1017–1018 wird ein Zusammenhang mit ḏdb: „stechen“ erwogen und „anstacheln“ vorgeschlagen. Mit dieser Bedeutung, allerdings ohne auf die Unsicherheit der Bedeutung hinzuweisen, findet sich das Wort dann bei R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 1094–1095, Nr. {40543}. Bardinet 1995, 277, denkt an „un traitement fortifiant“, Westendorf 1999, 257, an „aufputschende (?) Mittel“.
3 dšr.w: In der Parallele Eb 194b steht stattdessen dḏw, ein Zwischenprodukt bei der Mehlherstellung, also vielleicht ein gröberes Mehl oder Schrot (vgl. E. Edel, Die Felsgräbernekropole der Qubbet el-Hawa bei Assuan. I. Abteilung. Band 2. Architektur, Darstellungen, Texte, archäologischer Befund und Funde der Gräber QH 35–QH 101 (Paderborn/München/Wien/Zürich 2008), 26).
4 jh: „Elend“: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 98 vermutet in dem jh-Leiden eine allgemeine Bezeichnung für verschiedenste Krankheiten; im pSmith steht es in Glossen, die sich auf andere Krankheiten beziehen, und auch in Eb 191 wird damit auf das zuvor genannte mn rʾ-jb: „Magenleiden“ referiert, das wꜣḏ: „Grünfärbung“ genannt ist. Es wird sich nur um eine Variante des Wortes ꜣh.w handeln, vgl. schon Wb 1, 117 und 1, 12.4–6, das seinerseits wohl mit dem gelegentlich belegten Verb ꜣh zusammenhängen dürfte, das einen Zustand des Elends benennt.
5 D.h. das Mittel ist sehr wirksam. Zur futurischen Übersetzung vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 343 a β. Andererseits könnte man erwägen, diesen Satz als Beleg für ein perfektischen Begleitumstand nach § 344 b β zu lesen: „Dieses Leiden ist hinabgestiegen zum Mastdarm und zum Rektum, ohne dass ich das Mittel jemals wiederholt (anwenden musste).“ Die Parallele hat ein passives sḏm, bei der eine vergleichbare Alternative zur Verfügung steht. Bardinet 1995 übersetzt emphatisch: „il est hors de question que je renouvelle le traitement!“, was aber mit der einfachen Negation n nicht geht, vgl. W. Schenkel, Tübinger Einführung in die klassisch-ägyptische Sprache und Schrift, 7. Auflage (Tübingen 2012), 333–335, J. P. Allen, Middle Egyptian. An Introduction to the Language and Culture of Hieroglyphs, 3. Auflage (Cambridge 2014), 380.
Eb 192 = Eb 195
[Eb 192a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, und das, indem er oft erbricht1, (und) wenn du es (d.h. das Krankheitsphänomen?) vorn2 an seiner Vorderseite findest, und das, indem seine Augen entzündet/gerötet3 sind und indem seine Nase läuft (?)4, sagst du folglich dazu:
„Das sind Fäulnisprodukte seines Sekrets5. 〈Sie〉 steigen6 nicht als sein Sekret zu seinem Leistenbereich (?) hinab.“
[37,20] [Eb 192b] (Und) du bereitest ihm folglich ein šns-Brot aus sw.t-Wildweizen und viel Wermutkraut (?). Ein dbḥ-Messbecher7 werde darauf [38,1] gegeben, (gefüllt) mit Zwiebeln/Knoblauch,8 und es/er (?) werde mit {Hunger}9 〈Bier〉 (und?) fettem Fleisch vom Rind10 eingetrübt (?)11.
Werde vom Mann gegessen (und) mit Bier vom Extra-Opfer (?)12 hinuntergeschluckt, bis/so dass sich seine Augen öffnen und sein ḫnt-Schnupfen verschwindet13, indem er (zunächst) als Sekret abgegangen14 ist.
1 qꜣs: Außerhalb der medizinischen Texte nur einige wenige Male in ptolemäischen Tempelinschriften belegt; keine zu den medizinischen Papyri zeitgenössischen Belege. Die Bedeutung „erbrechen“ beruht sicher hauptsächlich darauf, dass es u.a. als eine Begleiterscheinung von Magenbeschwerden genannt wird. In den ptolemäischen Tempeltexten wird qꜣs als „ausspucken“, aber auch als positiv besetztes Verbum von Feldern oder der Nilflut, die Pflanzen „ausspeien/hervorquellen lassen“, verwendet.
2 ḫnt.y: Nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 663 und Westendorf 1999 liegt das Verb ḫnti̯: „vorn sein“ vor. Bardinet 1995 übersetzt mit „s’exsuder“. Er vermutet also ebenfalls einen verbalen Gebrauch, aber nicht in der Basisbedeutung „vorn sein“, sondern anscheinend als Ableitung von der ḫnt-Krankheit. Seine Gründe, weshalb er hier ḫnt mit „exsudat“ und nicht, wie üblich, mit „Schnupfen; Katarrh“ übersetzt, sind unbekannt.
3 šsm: In den medizinischen Texten ausschließlich von den Augen gesagt. (In Tb 160 kommt ein Verb šsm, Variante šs, vor, mit dem eine Aussage zu den Gliedern des Osiris gemacht wird. Ob dasselbe Verb vorliegt, ist aufgrund dieses anderen Kontextes unsicher.) Das šsm der medizinischen Texte wird meist ohne Klassifikatoren geschrieben; nur einmal wird es in pEdwin Smith 10,15 mit einem Auge klassifiziert (nach dem ty) und in pEbers 109,20 mit der Buchrolle (vor dem ty). In Sm 19 wird in einer Glosse zu dem šsm-seienden Augen erklärt, dass sie rot seien wie die Farbe der (leider unidentifizierten) šꜣs-Pflanze. In Eb 877a wird gesagt, dass die Augen wꜣḏ-„grün“ und šsm seien (Westendorf 1999, 709, Anm. 289, vermutet dagegen, dass wꜣḏ fehlerhaft für ḏꜣ ist, das in anderen Beschreibungen als Augenkrankheit auftritt). In Eb 192 heißt es ferner, dass die Augen sich nach der Behandlung wieder öffnen. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 54 nimmt das Letztere als aussagekräftigeres Charakteristikum und vermutet in der šsm.wt-Krankheit eine Ptosis. Im Wb 4, 546.1 wird für šsm „entzündet sein o.ä.“ vorgeschlagen. Breasted 1930, 282 vergleicht mit den šsm-„bandages“ von Pyr. 2114b = PT 690 und dem šsm.t-Mineral, das u.a. in K. Sethe, Urkunden der 18. Dynastie [IV,315-624], Urkunden des Ägyptischen Altertums IV/9-12 (Leipzig 1907), 706.12 vorkommt. Er vermutet darin „reddish or red-streaked objects“. In den zp.w šsm.w (siehe beispielsweise Eb 190b = pEbers 37,7) sieht er einen nominalen maskulinen Gebrauch dieses Wortes und in šsm.wt (Eb 408 = pEbers 62,9) einen nominalen femininen Gebrauch. Das Nomen von Eb 408 ist durch dšr: „rot“ weiter qualifiziert. Alles in allem schlägt er als Bedeutung von šsm „to be blood-shot“ vor. Insgesamt sind jedoch Teile seiner Argumentation zu überdenken: Die šsm-„bandages“ sind völlig anders geschrieben; ferner sind sie ein Hapax legomenon, das bislang nur in den Varianten dieses einen Pyramidentextspruches belegt sind. Ein Zusammenhang mit dem šsm der medizinischen Texte lässt sich nicht herstellen. Bei dem šsm.t-Mineral handelt es sich höchstwahrscheinlich um Malachit, also eher ein grünes als ein rotes Mineral. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 869–870 spiegelt sowohl die Wb-Bedeutung wie auch Breasteds Interpretation wider: „gerötet; entzündet“. Für die šsm.wt-Krankheit wird eine Rötung oder Entzündung der Augen vermutet, aber Ebbels Deutung auch erwähnt. Auch das šsm der zp.w šsm.w wird diesem Wortfeld zugerechnet. R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 272 übernimmt für šsm die Bedeutung von Breasted; R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 905 diejenige von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962).
4 tḫb: Nur hier und in dem Parallelrezept Eb 195. Auf DZA 30.936.460 wird ein Zusammenhang mit tḫb: „eintauchen“ oder tḫb: „Geschwulstblase“ vermutet. In Wb 5, 234.14 wird nur noch der Verweis auf die „Geschwulstblase“ genannt. Auch in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 960–961, werden die Lemmata tḫb (dort mit „Aufschwemmung, Flüssigkeitsabsonderung“ übersetzt) und tḫb: „Feuchtigkeit absondern“ demselben Wortstamm zugeordnet. Bardinet 1995 vermutet „grossir“. Ob vielleicht doch zu tḫb: „eintauchen“ gehörig und etwa „befeuchtet, feucht sein“ gemeint?
5 st.t=f: Westendorf 1999, 579 mit Anm. 40 vermutet mit Verweis auf Eb 102 = 296 in dem Bezugswort von =f nicht den Kranken, sondern dessen Magen.
6 hꜣi̯.n: Das Zeichen unter den laufenden Beinchen interpretiert Wreszinski 1913 als Pluralstriche, der Grapow 1958 als n. In ersterem Fall läge eine ungewöhnliche, aber nicht einzigartige, Schreibung des neuägyptischen Suffixpronomens der 3. Person Plural vor, im zweiten Fall würde sich ein negiertes sḏm.n=f mit ausgelassenem Subjekt ergeben.
7 dbḥ: Die Gefäßbezeichnung ist in Eb 192 mit dem Elefantenzahn Gardiner Sign-list F18 (phonetischer Klassifikator für bḥ), einem stark abgekürzten Krug (W24) (?) und einem Strich (Z1) geschrieben. In Eb 195 steht dagegen einzig ein halbrundes Zeichen, das ein wenig so wirkt, als hätte der Schreiber erneut mit dem Elefantenzahn begonnen, ihn aber dann wesentlich runder ausgeführt und damit zu einem Gefäßklassifikator uminterpretiert. Einen ähnlichen oder denselben Klassifikator verwendete er in Eb 205b beim ḏsf.w-Gefäß (dieses ist das einzige andere Mal, dass es in den medizinischen Texten vorkommt, mit der Feuerpfanne geschrieben). Die hieroglyphische Wiedergabe dieses Zeichens ist unterschiedlich und teilweise uneinheitlich gehandhabt worden. L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 51b und 54b gibt den Klassifikator bei beiden Wörtern mit dem Zeichen W31 der Theinhard-Liste (= Gardiner Sign-list W10) wieder. Wreszinski 1913, 53 und 60 transkribiert dagegen den Klassifikator von dbḥ mit dem Elefantenzahn – mit Fragezeichen versehen – und denjenigen von ḏsf.w mit demselben Zeichen wie Stern. Sterns Lösung scheint Möller jedoch nicht überzeugt zu haben, denn dieser führt in seiner Paläographie (Möller 1909, Nr. 492) für das entsprechende Zeichen überhaupt keinen Ebers-Beleg auf. Falls er eine andere Idee zur Entsprechung dieses Zeichens hatte, bleibt sie ungenannt. In der Zeichenliste des Berliner Wörterbuches erscheinen beide Belege ebenfalls unter ein- und demselben Zeichen auf Blatt W5, das aber kaum etwas anderes als die abstrahierte Form des Hieratogramms abbildet. Ebenso die handschriftlichen Hieroglyphen bei Grapow 1958, 155 und 162. Das in Druckhieroglyphen gesetzte MedWb (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962)) differenziert dagegen zwischen beiden Belegen und gibt S. 976 den Klassifikator von dbḥ mit einem Zeichen wieder, das der Form nach dem nb-Korb entspricht (ohne dieser zu sein, denn dieser sieht im Hieratischen, auch demjenigen des pEbers, anders aus), und S. 1012 den Klassifikator von ḏsf.w, zu Stern zurückkehrend, mit Gardiner Sign-list W10. Es gibt noch einen vereinzelten ptolemäischen Beleg von ḏsf.w; dieser ist mit einem Zeichen klassifiziert, das P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 1246 mithilfe des um 90° gekippten Zeichens N104 der Extended Library schreibt. Dieses Zeichen N104 in originaler Ausrichtung wird in der Zeichenliste von Kurth (D. Kurth, Einführung ins Ptolemäische. Eine Grammatik mit Zeichenliste und Übungsstücken I (Hützel 2007), Nr. 12, 81) als Variante von Gardiner Sign-list N41 in der Funktion als Phonogramm von bjꜣ angeführt. Ob man, davon rückschließend, vielleicht den Klassifikator von ḏsf.w im pEbers eben als N41 interpretieren könnte und dies dann auch für den Klassifikator von dbḥ? Eine solche Klassifikation ließe sich durchaus mit einem dbḥ-Gefäß vereinbaren, das jedenfalls in manchen Fällen aus Metall sein konnte (vgl. dazu T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), 62–65). Die wenigen fürs Alt- und Mittelhieratische angeführten Formen für N41 bei Möller 1909, Nr. 446 sehen diesem Klassifikator jedenfalls nicht unähnlich, wenn auch gerade der Ebers-Beleg dreieckiger geschrieben ist als die Hieratogramme von ḏsf.w und dbḥ. Da dbḥ ein Messgefäß ist, könnte man das Hieratogramm auch als Entsprechung für U93 der Extended Library interpretieren, bei dem es sich den Nachbarzeichen nach wohl um die Schale einer Waage handelt.
8 m ḥḏ.w steht unerwartet weit hinter dem Verb. Schon in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 715 wird daher ein elliptisches (?) mḥ: „gefüllt“ hinter ḥr=f angenommen. Vgl. auch Westendorf 1999.
9 {ḥqr} <ḥ(n)q.t>: Emendation nach der Parallele.
10 jwf ḏdꜣ n jḥ: Bardinet 1995 schließt dies an das Bier an, Westendorf 1999 an den sw.t-Emmer, die sꜥm-Pflanzen und den Messbecher mit Zwiebeln/Knoblauch.
11 sjꜣrr: Ein Hapax legomenon. Der Schreibung nach sicher ein Kausativum von jꜣrr, das aber seinerseits ebenfalls sehr selten ist. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 715 sind noch unsicher, ob das Medikament zerkleinert oder abgeschwächt oder ob der Patient berauscht werden soll. Bardinet 1995 folgt der ersten Vermutung, Westendorf 1999, der letzten.
12 ḥꜣ.w-(j)ḫ.t: Der ursprünglichen Wortbedeutung nach ein „Überfluss an Dingen“. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 615 vermutet zumindest für die selbstständig gebrauchte Verbindung der griechisch-römischen Zeit, dass es sich um einen Überschuss an Bier oder Wein handeln könnte, der sauer geworden sei und als spezielles Getränk geopfert worden sei. Ob das auch für den älteren Gebrauch zutrifft, ist nicht klar.
13 r wn ... r z(b)j: Während man das erste Verb als Infinitiv auffassen könnte („um seine Augen zu öffnen“), zeigt das zweite Verb, dass r sḏm=f vorliegen muss. Wie oft in den medizinischen Texten ist unsicher, ob dieses temporal („bis dass“) oder konsekutiv („so dass“) aufzufassen ist. Ebbell 1937, 49, Bardinet 1995, 278 und Westendorf 1999, 580 entscheiden sich für Ersteres, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 90 und W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 166.bb.4 für Letzteres.
14 hꜣꜣ: Die Parallele hat den Stativ hꜣi̯.y. Nach W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), §§ 21.3 und 164.bb liegt bei der Schreibung von Eb 192 nur eine scheinbare Gemination vor. Wollte man die Stelle anders erklären und etwa ein Partizip ansetzen, wäre unter Umständen noch ein Doppelschilfblatt (hꜣꜣ.y) zu erwarten, vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 295.aa.1.
Eb 193
[Eb 193a] Wenn du einen Mann mit einer Verstopfung seines Verdauungstraktes untersuchst, legst du folglich deine Hand auf ihn. Findest du seine Krankheitserscheinung [38,5] und (?) seine Verdickungen (?)1 zitternd (?) vor, indem sie mit spitzen Fingern auf ihm ist (?),2 sagst du folglich dazu:3
„Das ist eine Anhäufung von Kot (oder: von Krankheitsauslösern (?))4, bevor sie sich festgesetzt hat.“
[Eb 193b] (Und) du bereitest ihm folglich Kräutermittel:
dšr.w-Schrot (?) der mnḏj-Pflanze:51/64 (Oipe = 1 Dja) (und) ein halbes (Dja), gekocht 〈mit〉 Öl/Fett und Honig, tjꜥm-Pflanzen: 1/16 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), gw-Gras vom Ufer: 1/16 (Dja), gw-Gras vom Garten: 1/16 (Dja), Wein: ∅, Milch: ∅.
Werde gegessen (und) mit süßem Bier hinuntergeschluckt, [38,10] so dass er sofort gesund wird.
1 swmt: Als Substantiv wäre es ein Hapax legomenon. Wreszinski 1913 vermutete bereits, dass eigentlich zwei Wörter vorliegen – ein erstes, das mit s und w-Schleife beginnt und dessen Ende aus unbekannten Gründen ausgefallen ist, und als zweites die mt.w-Gefäße (DZA 20.031.150). Vgl. auch den Vorschlag von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 725, Anm. 2, der von einer Haplographie für swmt mt.w=f: „seine Gefäße sind verdickt“ ausgeht. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 90 gehen dagegen von einem Nomen swmt aus und übersetzen als Umstandssatz: „indem seine Verdickungen zittern“. Bardinet 1995, 278 denkt ebenfalls an ein einziges Wort, interpretiert swmt aber als Verb und übersetzt: „son altération est epaisse et tremblotante“. Es ist unklar, ob er es zu einem Stativ emendierte oder von dem Paradigma NN sḏm=f ausgeht. Westendorf 1999 folgt dem Vorschlag von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, swmt aufzuteilen, und emendiert zu ḫꜣ.yt=f swmt(.tj) mt.w=f ꜣwr: „(...) und findest du seine Krankheitserscheinung (...) verdickt; seine (des Magens) Gefäße zittern (...)“.
2 spd.tj ḏbꜥ.w ḥr=f: In von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I ist übersetzt mit „wenn sie (die Hand) mit spitzen Fingern auf ihm ist“ und als wörtliche Übersetzung: „indem sie spitz an Fingern auf ihm ist“. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 178 denkt an ein „Pseudopartizip mit bestimmendem Substantiv“: „wenn du mit spitzen Fingern darauf bist“ (vergleichbar dann auch im Westendorf 1999). Bardinet 1995 übersetzt dagegen, als stünde ein Umstandssatz mit Pseudoverbalkonstruktion (*ḏbꜥ.w spd(.w) ḥr=f) da: „(...) quand les doigts se font pointus au-dessus“. Die Konstruktion bleibt ungewöhnlich; auch in Fragen des Bezugswortes von spd ist keine Entscheidung zwischen dem angeredeten Arzt und dessen Hand zu treffen, da die Endung diesbezüglich ambivalent ist (vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 163.1.bb und dd).
3 Der Satz ist möglicherweise verderbt.
4 ḥs: Das schlechte Paket und die Pluralstriche sind laut von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II hier nicht wḫd.w, sondern ḥs zu lesen. So liest dann auch Westendorf 1999. Bardinet 1995 liest dagegen wḫd.w.
5 dšr.w n.w mnḏj: Mit dšr.w liegt dasselbe Produkt vor wie in Eb 191. Die dort gegebene Übersetzung „Schrot (?)“ beruht aber einzig auf der Parallele, in der dḏw statt dšr.w steht, und auf der Bedeutung von dḏw als Zwischenschritt des Mahlvorgangs. Die Identififzierung der derzeit unbekannten mnḏj-Pflanze darf demzufolge nicht davon abhängig gemacht werden, dass Teile von ihr zu Schrot zermahlen werden können. Vielmehr ist umgekehrt die Bedeutung von dšr.w gegebenenfalls von mnḏj abhängig zu machen.
Eb 194 = Eb 191
[Eb 194a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, und das, indem er an seinem Arm, seiner Brust und der Seite seines Verdauungstraktes leidet und indem man dazu sagt: „Das ist eine Grünfärbung.“, sagst du folglich dazu:
„Das ist etwas, das durch den Mund (oder: als Zauberspruch) eingetreten ist. Das ist der Tod (oder: ein Untoter), der ihn durchfahren hat.“
[Eb 194b] (Und) du bereitest ihm folglich ḏdb-artige Kräutermittel:
tḥwꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), ḫꜣs.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), Polei-Minze (?): 1 (Dosis), Konyza (?): 1 (Dosis), Schrot (?) der sẖ.t-Gerste: 1 (Dosis).1
Werde mit Bier gekocht. Werde vom Mann getrunken.
[38,15] [Eb 194c] Du legst folglich du deine Hand gebeugt auf ihn, 〈bis〉 es dem Arm angenehm ist, frei von Beschwerden. (Und) du sagst folglich:
„Diese Beschwerden sind hinabgestiegen zum ‚geraden Darm‘ und zum Rektum. Nicht soll (?) das Mittel jemals wiederholt (angewendet) werden (müssen).“2
1 S. den Kommentar zur Paralle Eb 191.
2 Vgl. den Kommentar zur Parallele.
Eb 195 = Eb 192
[Eb 195a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, und das, indem er oft erbricht, (und) wenn du es (d.h. das Krankheitsphänomen?) vorn an seiner Vorderseite findest, und das, indem seine Augen entzündet/gerötet sind und indem seine Nase läuft (?), sagst du folglich dazu:1
„Das sind Fäulnisprodukte seines Sekrets. 〈Sie〉 steigen nicht als [38,20] sein Sekret [[zu]]2 seinem Leistenbereich (?) hinab.“
[Eb 195b] (Und) du bereitest ihm folglich ein šns-Brot aus sw.t-Wildweizen und viel Wermutkraut (?). Ein dbḥ-Messbecher3 werde darauf gegeben, gefüllt mit Zwiebeln/Knoblauch, und es/er (?) werde mit Bier (und) fettem Fleisch [39,1] vom Rind eingetrübt (?).
Werde vom Mann gegessen (und) mit Bier vom Extra-Opfer (?) hinuntergeschluckt, bis/so dass sich seine Augen öffnen und sein ḫnt-Schnupfen verschwindet, indem er (zunächst) als Sekret abgegangen ist.3
1 Vgl. den Kommentar zur Parallele Eb 192.
2 Die Präposition r ist aus dem n von hꜣi̯.n korrigiert worden, wohl nachdem der Schreiber sah, dass er sie beim Zeilenwechsel vergessen hatte. Damit hat er aber – sicher unbeabsichtigt – aus dem präsentischen „nicht steigen ⟨sie⟩ hinab“ ein präteritales „nicht stiegen ⟨sie⟩ hinab“ gemacht.
3 Vgl. den Kommentar zur Parallele.
Eb 196
Wenn du einen Mann untersuchst, der daran zeitweilig leidet1 wie am Essen von Kot (?)2, und das, indem sein Herz müde ist wie (bei) einem, der keucht (?)3, wenn (?) er läuft, sagst du folglich:
„Das ist eine ḥnw.t-Versperrung (?)4 eines Haufens (?).“ [39,5] Er kann nicht hochgebracht werden. Das jb-Herz (des Patienten) ist nicht froh über diesen schlimmen Fall. Er hat eine ḫzd-Geschwulst5 erzeugt.6 (Es sind) Fäulnisprodukte des Eiters.7 Die Krankheitserscheinung hat Druck ausgeübt (?).
So bereitest du ihm folglich Mittel, sie (zu) zerbrechen, als Heilmittel.
1 mn=f st: Das enklitische Pronomen bezieht sich auf die Stauung von Eb 193, bevor Eb 194 und 195 dazwischengeschoben wurden und den Bezug zerstörten, vgl. Westendorf 1999, 581, Anm. 1.
2 wnm.w n.w ḥs: DZA 30.611.850 vermutet einen Fehler für jm.w. Nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 50 ist jm.w „eitriger Inhalt“. Laut H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 187 und 632 ist dagegen wnm.w n.w ḥs: „Kotessen“ zu lesen. Dem folgt Westendorf 1999, der an eine Umschreibung für „Koterbrechen“ denkt. Bardinet 1995 liest wnm n wḫd.w: „à la morsure des oukhedou“.
3 kḥ.w: Ein Hapax legomenon; mit dem Mann mit der Hand am Mund klassifiziert. Im pWestcar gibt es ein ebenso klassifiziertes Nomen kḥkḥ.t. A. M. Blackman, Some Philological and Other Notes, in: Journal of Egyptian Archaeology 13, 1927, 187–192, hier: 188 leitet Letzteres von einer nur rekonstruierten Verbalform *kḥkḥ her und vermutet dieselbe semitische Wurzel wie arabisch kꜥḥḥ: „husten“. In Anm. 1 vermutet er im kḥ des pEbers eine Form des Simplex zum reduplizierten *kḥkḥ. Auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 908, Anm. 1 vergleicht mit dem kḥkḥ.t des pWestcar und schlägt für kḥ vor: „keuchen (?)“. (Ob das Wortfeld kḥkḥ: „alt werden“ damit zusammenhängt, ist unbekannt: R. O. Faulkner, Giessen University Library Papyrus No. 115, in: Journal of Egyptian Archaeology 44, 1958, 66–74, hier: 74 vermutet es.) Nach W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), 50 liegt bei kḥ.w ḫpi̯ dagegen ein prospektives sḏm mit nominalisiertem Partizip an Subjektsstelle vor: „wie einer keucht, der gelaufen ist“.
4 ḥnw.t: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 607 schlagen eine Verbindung zu ḥn: „versperren“ vor und übersetzt „Versperrung (?)“. Dem folgen Bardinet 1995 und Westendorf 1999.
5 ḫzd: Bardinet 1995 interpretiert es als Abszess; H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 669 und Westendorf 1999 denken an eine Geschwulst.
6 jri̯.n=f: Bezieht sich das Suffixpronomen auf den ṯs.w-Haufen oder auf den zp-Fall?
7 Ein durch jw eingeleiteter eingliedriger Nominalsatz? W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), 189, Anm. 3 fragt, ob es ein schlichter Verbalsatz mit passivem sḏm=f sein könnte: „der Eiter wurde zum Faulen gebracht“.
Eb 197
[Eb 197a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, und das, indem sein Körper gänzlich fremdartig verschrumpelt1 ist, (und) wenn du ihn untersuchst, du findest (aber?) keine Krankheitserscheinung in (seinem) Bauch vor außer einer ḥnw.t-Erscheinung2 des Körpers, (die) wie die py.t-Erscheinung3 (ist), sagst du folglich dazu:
[39,10] „Das ist Kummer4 deines Hauses (???).“
[Eb 197b] (Und) du bereitest ihm folglich Mittel dagegen:
Nubischer Hämatit von Elephantine: ∅, zermahlen, Leinsamen (?): ∅, Johannisbrot: ∅.
Werde mit Öl/Fett und Honig gekocht. Werde vom Mann über 4 Morgen hinweg gegessen, um seinen Durst zu vertilgen (und) um den Kummer seines jb-Herzens zu beseitigen.
1 ḫmꜣꜣ: Aufgrund der im Folgenden genannten nḥꜣ-Unebenheiten schlagen H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 657 „schrumpeln o.ä.“ vor.
2 ḥnw.t: Unbekannt. Nur hier belegt, es sei denn, man verbindet es trotz der unterschiedlichen Klassifikatoren mit dem ḥnw.t des vorigen Rezepts. Bardinet 1995 übersetzt mit „parties terminales de la superficie“. Westendorf 1999 denkt an die „Furchen des Körpers“.
3 py.t: Unbekannt. L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 31b übersetzt kommentarlos „globulus“. Ob beeinflusst von dem Klassifikator und dem fast unmittelbar folgenden, von ihm páit transkribierten Drogennamen [d.h. qmy.t: „Gummiharz“], dessen Bedeutung er mit „granum quoddam, granulum, globulus“ ansetzt? Auf ihn dürften wohl alle Deutungen dieses Wortes als etwas Kugel- bzw. Kügelchenartiges zurückgehen, etwa Joachim 1890, 44 („Kügelchen“), Bardinet 1995, 278 („pustules (?)“) und Westendorf 1999, 581 („Beeren/Körner (?)“).
Wb 1, 502.4, Ebbell 1937, 50, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 260 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 91 unterlassen eine Übersetzung. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 260, Anm. 1 weisen darauf hin, dass dieses Wort, wie das ebenfalls nur einmal belegte pjw des pEdwin Smith, in einem Kontext vorkommt, in dem von „Furchen oder Wellen bzw. Schrumpelungen die Rede“ sei.
4 nḥꜣ meint ursprünglich wohl die Unebenheit. Es kann aber auch einen unerfreulichen Zustand des Herzens bezeichnen. Zur metaphorischen Bedeutung vgl. A. B. Lloyd, Once More Hammamat Inscription 191, in: Journal of Egyptian Archaeology 61, 1975, 54–66, hier: 63–65. Die Stelle Eb 197 übersetzt er auf S. 63 mit „It is distress for your house“. Da am Ende der Prognose das nḥꜣ.t-jb-Leiden genannt wird, vermuten von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 86, Anm. 4, dass beide Male dieselbe Krankheit vorliege und pr nur eine sprachliche Verschleifung für jb sein könnte. Westendorf 1999, 581 erwähnt diese Möglichkeit ebenfalls, übersetzt aber trotzdem mit „Unruhe deines Hauses“ (also ähnlich wie Lloyd, nur mit Genitiv-n anstelle der Präposition n). Auch in W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), 33, Anm. 1 erwähnt er diesen denkbaren Phonemwechsel, erwägt aber als Alternative, dass das pr = /pi/ nicht für jb = /ip/ (?), sondern für die py.t-Erscheinung des vorigen Satzes stehen könnte. Bardinet 1995, 278 bleibt bei der wörtlichen Übersetzung: „une désaggrégation de ta maison (= de toi-même)“.
Eb 198, vgl. Eb 593, H 143, Eb 594
Gut!
[Eb 198a] Wenn du seine Verstopfung in seinem Verdauungstrakt untersuchst, (und) findest du heraus, dass sie blockiert ist und den Durchfluss zugesetzt (wörtl.: den Kanal überquert) hat,1 und das, indem sein Herz eng (?)2 und indem sein Verdauungstrakt staubtrocken3 ist, sagst du folglich dazu:
„Das ist Blut, ein Nest/Sumpf,4 bevor es geronnen ist.“
Du veranlasst folglich, [39,15] dass (es) abgeht durch5 das (folgende) Heilmittel.
[Eb 198b] (Und) du bereitest ihm folglich Wermutkraut (?): 1/8 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja).
Werde mit Bier vom Extra-Opfer (?) gekocht; werde zu einer homogenen Masse ausgepresst. Werde vom Mann getrunken.
[Eb 198c] Dieser Krankheitsfall wird durch seinen Mund oder seinen Hintern abgehen wie das Blut eines Schweines, nachdem es verbrannt wurde,6 und zwar nachdem du ihm einen Verband darüber7 angelegt hast, so dass es (d. h. das Blutnest?) vorher8 gerinnt – und zwar, bevor du dieses Mittel bereitet hast.
Du bereitest ihm folglich eine ordentliche, erstklassige [39,20] Salbe aus Fett vom Rind: ∅, dem ꜥr-Teil vom Sellerie: ∅, šꜣw.yt-Pflanzen: ∅, Myrrhe: ∅ und ꜥꜣg.yt-Absonderung: ∅.
Werde zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Die Phrase „den Kanal überqueren“ kommt noch einmal in Eb 205a vor. Während sich sonst in der längeren Protasis fast alle maskulinen Pronomina auf den Patienten beziehen, bezieht sich das =f dieser Phrase vermutlich, wie dasjenige des vorangegangenen und syntaktisch parallelen ḏbꜣ.n=f, auf den Magen. Für ḏbꜣ in Bezug auf Körperteile s. Wb 5, 558.9. Die Phrase „er hat den Kanal überquert“ ist also nicht, wie man verführt sein könnte zu denken, eine Metapher für einen schon quasi halb tot seienden Patienten, der zur Nekropole oder sogar schon auf den Wasserwegen des Jenseits unterwegs ist, sondern ein medizinischer Ausdruck für irgendeine krankhafte Tätigkeit des Magens. Im Rezept Eb 188c werden die mr.wj m ẖ.t, die beiden „Kanäle im Rumpf/Bauch“ des Patienten, genannt, weshalb H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 382 in diesem Begriff einen bildhaften „Ausdruck für den Verdauungskanal“ sehen.
2 ḥws: Ein Hapax legomenon. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) wird vermutet, dass es mit ḥns: „eng sein“ zusammenhängen könnte.
3 ḫm: Als Verb außer hier und in Eb 448 nur noch einmal in der Erzählung des Sinuhe erwähnt (B 22).
4 znf zš: Die Verbindung zš n znf ist noch aus zwei weiteren Texten bekannt. Die in Eb 198 stehende Verbindung ist sicher damit zu verbinden, ist aber nicht einfach mit „Blut-Nest“ zu übersetzen (so Westendorf 1999). Besser erscheint Bardinets (Bardinet 1995) appositionelle Anordnung: „le sang, un marais...“.
5 m in instrumentaler Funktion ist zwar bekannt, ist in dieser Funktion in der Verbindung mit hꜣi̯ in den medizinischen Texten aber sonst nur noch ein weiteres Mal aus Eb 199 bekannt.
6 ḏꜣf: Das Suffixpronomen ist, sicher aus graphischen Gründen, vor den Klassifikator gerutscht. Während Bardinet 1995 es mit der Übersetzung „cuire“ umgehen konnte, sich auf eine Konnotation festzulegen, ist Westendorfs „gekocht/erhitzt“ (vgl. schon Wb 5, 522.8) nicht richtig: ḏꜣf bedeutet „verbrennen“, wie gerade die Verwendung von Schiffen und (feindlichen) Zelten als Experiencer (Wb 5, 522.9) zeigt.
7 wt ḥr: „Verband darüber“. Es ist unklar, ob hier ein adverbialer Gebrauch des ḥr vorliegt (vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 626, § 5), oder ob aufgrund des Zeilenwechsels das Suffixpronomen ausgefallen ist und die normale Präposition gemeint ist.
8 Ob das m-ḥꜣ.t vielleicht eher zum übergeordneten Satz jri̯.n=k n=f wt gehört und nicht zu bꜣg=st?
Eb 199
[Eb 199a] Wenn du einen an einer Verstopfung in seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, [40,1] (und) findest du sie vor, indem sie unter deinen Fingern geht und kommt wie Öl/Fett im Inneren eines Schlauches, sagst du folglich dazu:
„Sie wird durch seinen Mund abgehen durch (?) Pflanzenbrei1.“2
[Eb 199b] (Und) du bereitest ihm folglich mjmj-Getreide: 1/64 (Oipe = 1 Dja) und ein halbes (Dja), ((Schnitzel (?) von Datteln: 1/64 (Oipe = 1 Dja) und ein halbes (Dja)))3.
Werde vermengt; werde ausgepresst mit/zu (?) „männlichem“ Pflanzenbrei;4 werde zermahlen; werde mit Öl/Fett und Honig gekocht.
Werde vom Mann 〈über〉 4 Morgen 〈hinweg〉 gegessen, und zwar, indem dieser (d.h. der Verdauungstrakt bzw. die Verstopfung) über mjkꜣ.t-Frucht (?), getrocknet, [40,5] zermahlen und vermengt (?)5, verbunden ist.
1 m ḥsꜣ: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 91 übersetzen: „durch Pflanzenschleim“ und vermutet in der zugehörigen Anmerkung in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 87 hierin einen Hinweis auf den im folgenden Rezept genannten Pflanzenbrei. Dem folgt auch Westendorf 1999. Bardinet 1995, 279 übersetzt „comme du mucilage“. Denkbar wäre auch, die Präposition modal und nicht instrumental zu übersetzen; der im Folgenden herzustellende Pflanzenbrei wäre dann nach dem Prinzip similia similibus hergestellt.
2 Westendorf 1999, 582, vermutet, dass die Diagnose ausgefallen ist.
3 (j)ny.t n.t bnj 1/64 gs wurde am oberen Seitenrand nachgetragen. Die Stelle, an der es eingefügt werde soll, ist mit einem roten Kreuz markiert.
4 ḥzꜣ ṯꜣy: Es ist syntaktisch nicht eindeutig, ob der Pflanzenbrei eine weitere Komponente des Rezeptes ist, mit der zusammen das andere durchgepresst werden soll (so Bardinet 1995), oder ob es das Produkt ist, das durch das Durchpressen entsteht (so Westendorf 1999). H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 367 und 369, Anm. 10 scheint beide Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Was sich hinter dem „männlichen“ Pflanzenbrei verbirgt, ist unklar. Westendorf 1999, 515, Anm. 57 zieht einen magischen Hintergrund für die Benennung in Erwägung. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 368 weist darauf hin, dass einmal Mehl als ein Produkt davon genannt wird und es demzufolge einen festen Zustand haben muss. In Eb 199 steht hinter ṯꜣy der Mann mit der Hand am Mund, der sonst weder ṯꜣy allein noch das Kompositum ḥzꜣ ṯꜣy determiniert. Ob der Schreiber hier versehentlich schon die Applikationsanweisung begann und dann mit dem Herstellungsprozess fortfuhr, ob ein anderer Fehler vorliegt oder doch eine ungewöhnliche Ausnahmeschreibung, ist unklar.
5 ꜣmj.w: Normalerweise ist wenigstens eine weitere Droge zu erwarten, mit der zusammen etwas ꜣmj-vermischt werden kann. Ob im Text etwas ausgefallen ist? In Fällen, in denen Drogen mit einer Flüssigkeit ꜣmj-gemischt werden, wird das Verb auf DZA 20.060.400, 20.060.420, 20.060.440, und 20.060.650 mit „auflösen“ übersetzt. So übersetzt würde die Passage zwar glatter klingen, weil „auflösen“ bereits impliziert, dass eine Flüssigkeit mitzudenken ist. Aber dies würde darüber hinwegtäuschen, dass an der vorliegenden Stelle syntaktisch gesehen trotzdem eine Droge fehlt.
Mit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 91, wird swšr nḏ ꜣmj.w hier als Zustandsbeschreibung der mjkꜣ.t-Droge aufgefasst und nicht als anschließende, weitere Verarbeitungsanweisung (so Bardinet 1995 und Westendorf 1999). Denn nachdem die Droge jetzt Teil eines Verbandes ist, kann sie schwerlich noch weiter verarbeitet werden.
Eb 200
[Eb 200a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, (und) findest du es (d.h. das Leiden) an seinem Rücken vor wie die Last eines Gestochenen/Gebissenen, sagst du folglich dazu:
„Das sind Krankheitsauslöser (?), die seinen Rücken angreifen1. (Das ist) eine Krankheit, die ich mit Mitteln der Nach(behandlung) behandeln werde.“
Gehe dagegen vor! Meide sie nicht!
[Eb 200b] Du bereitest folglich dagegen ḫmt-Mittel des ḏsf.w2 und gibst ihm ein Heilmittel für die Nach(behandlung):
„Stechholz“: 1 (Dosis), Polei-Minze (?): 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), bzn-Salz des Maurers: 1 (Dosis).
Werde zermahlen; werde mit Bodensatz von süßem Bier gekocht. [40,10] (Die betroffene Stelle) werde darüber 4 Tage lang verbunden, so dass er sofort gesund wird.
1 thi̯.w: Die Lesung des waagerechten Striches unter den laufenden Beinchen folgt Wreszinski 1913, 57, Grapow 1958, 159 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 958. Damit wäre wḫd.w in Eb 200 als Plural aufzufassen, wohingegen dieselbe Schreibung in anderen Fällen, etwa in s.t-ꜥ wḫd.w, das parallel zu singularischem s.t-ꜥ nṯr steht, eher als Kollektivum aufzufassen ist. Den waagerechten Strich dagegen als n zu lesen (so DZA 31.133.780), was graphisch näherliegend ist, würde die Form zu einem sḏm.n=f machen (vgl. zum Gebrauch dann W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 239.aa.1) und die Ergänzung eines Suffixpronomens erfordern: wḫd.w pw thi̯.n⟨=f/sn⟩ ḥr psḏ=f: „Ein Krankheitsauslöser ist es / Krankheitsauslöser sind es; ⟨er⟩ hat / ⟨sie⟩ haben seinen Rücken ...“. (NB: In dem Fall wäre es wieder offen, ob wḫd.w ein syntaktisch singularisches Kollektivum oder eine Pluralform ist.)
Auffällig ist auch die Konstruktion mit der Präposition ḥr: Eigentlich bedeutet thi̯ ḥr: „abweichen von, ablenken von“, nicht „abweichen hin zu“. Die hier gewählte Übersetzung folgt dennoch mit der Communis opinio der letzteren, eigentlich nicht belegten Bedeutung, da diese dem Ergebnis der Untersuchung entspricht (s. den vorigen Satz).
2 ḫmt.w n.w ḏsf.w: Eine unbekannte Behandlungsweise oder ein Heilmittel.
In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 659, wird ein Zusammenhang zwischen ḫmt.w und dem Verb ḫmt: „stechen“ in Betracht gezogen. Ob ḫmt.w vielleicht schlicht zu der ḫmt-Flüssigkeit von Wb 3, 285.1 zu stellen ist oder mit ḫmt.w n.w sogar ein Schreibfehler für die ḫmt.nw-Flüssigkeit von Wb 3, 285.2–4 vorliegt?
Das Wort ḏsf.w mit der Feuerpfanne ist nur nur in Eb 200 belegt. Während der Sammlung der Belege für das Wb wurde ein Zusammenhang mit dem determinativlosen Verb ḏsf vermutet, das nur einmal in ptolemäischer Zeit belegt ist, vgl. die Notiz auf DZA 31.703.130. Im fertigen Wb wurde es aber als eigenes Lemma abgelegt (Wb 5, 609.10) und ein Zusammenhang mit dem ḏsf.w-Gefäß von Eb 205b erwogen. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 1012 sind beide Nomina dann tatsächlich als ein Lemma abgelegt; dem folgt auch R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 1090, Nr. {40364}–{40366}. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 1246 vermutet ebenfalls in beiden Nomina dasselbe Lemma und stellt auch die Verbindung mit dem Verb ḏsf wieder her. Während das Wb nur vorsichtig „Art Gefäß o.ä.“ notiert, gibt Wilson vereinfachend „cauldron“ an. Aufgrund fehlender weiterer Belege kann aber ḏsf.w nicht genau übersetzt werden. Bardinet 1995, 280 denkt eher daran, dass das Wort eine „remède“ bezeichnet. Westendorf 1999, 582 lässt das Wort unübersetzt, gibt aber danach in Klammern die Möglichkeit „heiße Brühe/Suppe ?“. Dies dürfte wohl auf eine Kombination der Klassifikatoren Feuerpfanne (Eb 200) und Gefäß (Eb 205) zurückgehen.
Eb 201
Gut!
[Eb 201a] Wenn du eine Verstopfung seines Verdauungstraktes untersuchst, (und) findest du sie sehr bitter vor, sagst du folglich dazu:
„Das ist die Verstopfung einer hy.t-Dämonin“, die du zerbrechen sollst.1 Sie (d.h. die Verstopfung) ist wie (diejenige einer) nsy.t-Dämonin/Krankheit2, nachdem sie sich im Bauch festgesetzt hat.
[Eb 201b] (Und) du bereitest ihm folglich tjꜥm-Pflanzen: 1 (Dosis), šꜣšꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), gw-Gras vom Ufer: 1 (Dosis), gw-Gras vom Garten: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis).
Werde mit süßem Bier gekocht, so dass du diesen Fall der hy.t-Dämonin zerbrichst.
1 ngg: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 487 vermutet an dieser Stelle eine Relativform oder ein imperfektisches sḏm=f. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 317ee entscheidet sich für eine imperfektische Relativform: „das ist eine hj.t-Verstopfung, die du zerbrechen sollst“. Dem folgt Bardinet 1995: „(C’est une obstruction/démon que) tu détruiras.“ Die Übersetzung entspricht jedoch einer prospektiven Relativform, die klassisch mittelägyptisch nur selten vorkommt und in den medizinischen Texten auch anders gebildet wird (vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 316). Vielleicht deswegen übersetzt Westendorf später (Westendorf 1999, 563) als unabhängiges prospektives sḏm=f: „Du sollst (sie (die Verstopfung)) zerbrechen“. Doch auch diese Form wird außerhalb und innerhalb der medizinischen Texte nicht mittels Gemination gebildet.
2 nsj.t: In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 481 ist die Stelle als Beleg für die nsj.t-Krankheit [unbelebt] abgelegt; Bardinet 1995, und Westendorf 1999 sehen hierin eine nsj.t-Dämonin [belebt]. Am Lemmaansatz ändert diese Differenz nichts. Die Identifikation der Krankheit bleibt dagegen nach wie vor unklar: B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 62, 1927, 13–20, hier: 13 denkt an Epilepsie, M. Alliot, Une famille de mots reconstituée: Pyr., Gr., ins "être rouge", in: Revue d’égyptologie 10, 1955, 1–7 an eine Ableitung von jns: „Rot; Blut“ („congestion de sang“), W. Westendorf, Beiträge aus und zu den medizinischen Texten. III. Incubus-Vorstellungen. IV. Feuer- und Wasserprobe, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 96, 1970, 145–151, hier: 147 an einen Inkubus (< ns: „einsinken“?). Ebbells Interpretation ist nicht beweisbar, Alliots Ableitung unwahrscheinlich, weil keine der sicheren Ableitungen von jns: „rot“ mit der ns-Zunge geschrieben ist, wie es bei der Krankheit der Fall ist.
Eb 202
Gut!1
[Eb 202a] Wenn du einen Mann [40,15] mit einer Verstopfung seines Verdauungstraktes untersuchst, und das, indem er sehr schmerzvoll erbricht (und) er daran leidet wie (an der) sẖ.t-Krankheit (?)2, sagst du folglich:
„Das ist eine ṯꜣ.w-Ansammlung (?) von Kot3, bevor sie sich festgesetzt hat.“
[Eb 202b] (Und) du bereitest ihm folglich einen Trank: Feigen: 1/8 (Dja), Milch: 1/16 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja).
Werde nachts mit 1/32 (Oipe = 2 Dja) süßem Bier stehen gelassen; werde ausgepresst. Werde sehr oft getrunken, so dass er sofort gesund wird.
1 Die Glosse scheint von anderer Hand geschrieben zu sein als die vorige: Das Zeichen ist mit dünnerer Linie geschrieben und beim unteren Teil hat der Schreiber anders abgesetzt.
2 sẖ.t: Das Hieratische ist zweideutig: Im Wb wurde sẖr transkribiert (Wb 4, 270.9, vgl. die Notiz auf DZA 29.558.680). Ebbell 1937, 52 hat wohl sẖ.t gelesen und an einen Zusammenhang mit sẖ: „Verletzung o.ä.“ gedacht, wenn er mit „wound (?)“ übersetzt. (Nach V. P.-M. Laisney, L’Enseignement d’Aménémopé, Studia Pohl. Series maior 19 (Roma 2007), 143 dürfte dieses sẖ eher zu sẖ.t: „Schlag“ gehören.) H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 792 lesen sẖ.t mit Fragezeichen und hält einen Zusammenhang mit der sẖ.t-Droge für denkbar: „er erbricht sich unter starken Schmerzen, er leidet daran wie wenn er sẖ.t gegessen hätte“.
3 ḥs: Ebbell 1937, 52 und Bardinet 1995, 280 lesen nicht ḥs, sondern wḫd.w.
Eb 203
Gut!1
[Eb 203a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, legst du anschließend deine Hand auf ihn. Wenn du herausfindest, dass es (d.h. das Leiden?) sich [40,20] an seiner rechten Körperseite festgesetzt hat,2 sagst du folglich:
„(Es) hat sich zusammengeballt (?) und einen Klumpen (?) gebildet.“
[Eb 203b] (Und) du bereitest ihm folglich Mittel dagegen in Form von sofort (wirksamen) Mitteln:
mjmj-Getreide: ∅.
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
[Eb 203c] Wenn du ihn untersuchst, [41,1] nachdem dies getan wurde, (und) findest du diese seine Krankheitserscheinung leidvoll/schmerzend vor wie zuvor,3 [Eb 203d] bereitest du ihm folglich wirksam(er)e Mittel, so dass es (d.h. die Krankheitserscheinung?, der Klumpen?) abgeht (und) er gesund wird:
Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1/64 (Dja), šzp.t-Teil vom Senf (?): ∅.
Werde zermahlen; werde mit süßem Bier gekocht.
[Eb 203e] Du bereitest ihm folglich wirksame Mittel aus Öl/Fett, so dass 〈es〉 von ihm abgeht:4 ꜥꜣ.t-Körner (?)5: ∅, sẖ.t-Gerste (?): ∅.
Werde zermahlen; ((werde)) mit Öl/Fett und Honig ((gekocht)). Werde [41,5] vom Mann über 4 Tage hinweg gegessen.
1 Dieselbe dünne Linie wie bei der Glosse zum vorigen Rezept, dafür entspricht die Zeichenform eher der Glosse zu Eb 201.
2 ṯs.n=f: In von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II wird vermutet, dass sich das Suffixpronomen auf die hier nicht explizit genannte šnꜥ-Verstopfung bezieht.
3 mj jm.j-ḥꜣ.t: Westendorf 1999, 583, Anm. 51, hält diese Adverbiale für einen Querverweis auf ein früheres Rezept, nämlich Eb 188, das erste Rezept dieser Rezeptgruppe. Möglicherweise ist aber auch schlicht gemeint, dass ein neues Mittel bereitet werden soll, wenn das vorige nicht gewirkt hat und das Leiden eben „wie zuvor“ da ist. Dies steht zugegebenermaßen in einem gewissen Kontrast zu der Glosse, die dieses Rezept als „gut“ kennzeichnet.
4 r hꜣꜣ n=f: W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 229.1 nennt diese Stelle als Beleg für imperfektisches sḏm=f nach der Präposition r. Seiner Übersetzung in W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), 584 zufolge („bis daß (sie) ihm abgeht“) nahm er an, dass das Suffixpronomen nach dem Verb ausgefallen ist. Vgl. schon Übersetzung und Kommentar in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 92–93 und II, 89. Bardinet 1995, 280 ging dagegen davon aus, dass die Stelle komplett ist, war aber mit der Übersetzung unsicher: „pour quand (?) cela sera tombé“.
Ein vergessener Vorschlag findet sich auf DZA 21.646.030: Dort ist das ꜥꜣ.t des folgenden Satzes als Agens von hꜣꜣ verstanden worden: „dass die Geschwulst von ihm abgehe“ bzw. „bis ihm Steinchen abgehen“ (zur Übersetzung s. den folgenden Kommentar). Diese Satztrennung würde den hiesigen Satz syntaktisch jedenfalls vervollständigen. Ein Gegenargument ist allerdings, dass ꜥꜣ.t schwarz geschrieben ist und daher eher zu sẖ.t zu ziehen ist.
5 ꜥꜣ.t: Mit einem Korn klassifiziert. Im Vorfeld der Publikation des Wb als Beleg für die ꜥꜣ.t-Geschwulst interpretiert, vgl. die Übersetzung auf DZA 21.646.030 eben als „Geschwulst“. Später ist das Lemma dann trotz des Klassifikators als Schreibung für den ꜥꜣ.t-Stein interpretiert worden: Der Zettel ist unter diesem ꜥꜣ.t-Mineral abgelegt, und darauf ist als Alternativübersetzung „Steinchen“ nachgetragen worden. In H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 78 wurde es dann als Hapax legomenon („unbekannte Droge, vielleicht ein Mineral“) aufgenommen. Eine Verbindung zum ꜥꜣ.t-Stein wurde nicht mehr in Erwägung gezogen; zumindest findet sich kein entsprechender Verweis.
Eb 204
Gut ist die Anwendung (?). (Oder: Gut! Geprüft! (?))1
[Eb 204a] Wenn du einen Mann mit einer Verstopfung in seiner linken Körperseite untersuchst, und das, indem sie unter seiner Rippengegend ist,2 ohne dass sie ‚das Land quert‘,3 sagst du folglich dazu:
„Sie (d.h. die Verstopfung) hat eine Uferbank gebildet (und) sie hat eine Sandbank befestigt.4“
[Eb 204b] (Und) du bereitest ihm folglich Mittel des/für seinen früheren … (ob: Zustand?)5, (bestehend) aus psḏ-Schoten: einem viertel (Dja), zermahlen, tjꜥm-Pflanzen: 1/8 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchten: 1/8 (Dja).
Werde mit Öl/Fett: 2/3 (Dja) und Honig: 1/3 (Dja) zu einer homogenen Masse verkocht. Werde vom Mann über 4 Tage hinweg gegessen.
[Eb 204c] Wenn du den Mann untersuchst, nachdem dies getan wurde, (und) findest du sie (d.h. die Verstopfung) ausgebreitet und nach [41,10] unten hin verschwunden vor, [Eb 204d] bereitest du ihm folglich ein Pulver aus gänzlich gekochten psḏ-Schoten: ∅.
Werde vom Mann über 4 Tage hinweg gegessen, um seinen Bauch zu füllen, und um seinen Darm zu krümmen (?).
[Eb 204e] Du legst folglich deine Hand auf ihn.
Findest du es6 geschnitten und gemahlen wie etwas von der Getreideernte vor, [Eb 204f] bereitest du ihm folglich ein Sofort-Mittel zum Kühlen:
mjmj-Getreide: 1 (Dosis), jwḥ-Früchte: 1 (Dosis), Wasser: ∅.
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 Die Form des nfr-Zeichens erinnert an diejenige der Glosse von Eb 202. Während die Glossen des Ebers gewöhnlich nur nfr lauten, steht hier unter dem nfr noch ein Auge, das wohl als jri̯ zu lesen ist (so auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 460; nur noch ein weiteres Mal: in Ram III B 10). Ob jri̯ in diesen beiden Fällen eine Abkürzung für jri̯.t: „was anzuwenden ist“ (Wb 1, 110.15) ist? Eine mit dem Auge geschriebene Textmarkierung kommt auch in den Liebesliedern des pHarris 500 vor; dort nicht im Interkolumnium, sondern jeweils über den grḥ-, d.h. den Strophenende-Markierungen. Diese Markierungen deutet B. Mathieu, La poésie amoureuse de l’Égypte ancienne. Recherches sur un genre littéraire au Nouvel Empire, Bibliothèque d’étude 115 (Le Caire 1996), 66, Anm. 159 als einen Prüfvermerk und versteht „vu, litt. fait“. R. B. Parkinson, Poetry and Culture in Middle Kingdom Egypt. A Dark Side to Perfection, Athlone Publications in Egyptology and Ancient Near Eastern Studies (London/New York 2002), 114, Anm. 5. liest die Zeichenkombination des pHarris 500 dagegen als jri̯ grḥ: „make a pause“. Während man Mathieus Interpretation des jri̯ in pHarris 500 unter Umständen auf die Ebers-Glosse übertragen könnte – wenn es auch nicht sehr wahrscheinlich ist –, würde Parkinsons Vorschlag einen Vergleich beider Glossierungen ausschließen. In den magischen Sprüchen gegen Skorpionstiche des pChester Beatty VII Recto kommt mehrfach ein Auge vor, das jeweils am Beginn des Spruches über der Zeile eingetragen ist. A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series. Chester Beatty Gift (London 1935), 59 vermutet darin einen Vermerk „done“, „used“, der „indicates that the magician had made practical use of this incantation“.
Auf der Abrechnung pBN 209 aus der Zeit Sethos’ I, Kol. 4, findet sich mehrmals das Auge mit Lidstrich, Gardiner D5/6, als Randvermerk, hier vermutlich als Revisionsvermerk mit der Lesung ptr: „gesehen“, s. W. Spiegelberg, Rechnungen aus der Zeit Setis I. (circa 1350 v. Chr.) mit anderen Rechnungen des Neuen Reiches. Text (Strassburg 1896), 67 mit Anm. 2 (dort Verweis auf W. Spiegelberg, Correspondances du temps des rois-prêtres, publiées avec autres fragments épistolaires de la Bibliothèque Nationale, in: Notices et extraits des manuscrits de la Bibliothèque Nationale et autres bibliothèques 34, 1895, 199–317, hier: 299) und W. Spiegelberg, Rechnungen aus der Zeit Setis I. (circa 1350 v. Chr.) mit anderen Rechnungen des Neuen Reiches. Tafeln (Strassburg 1896), Taf. 10. Sollte das einfache Auge des pEbers derselbe Revisionsvermerk sein: ptr: „geprüft (< gesehen)“? Dies würde jedenfalls inhaltlich gut zu der Feststellung nfr: „gut“ passen.
2 Da ḏr.w wohl die Rippengegend meint, wäre bei der Körperregion ẖr ḏr.w zunächst an die Regio hypochondriaca zu denken. Das kann jedoch ein falscher Freund sein, denn zum einen ist unwahrscheinlich, dass der Ägypter die Rumpfregionen so fein definierte, zum anderen kann auch „unter der Rippengegend“ im Sinne von „im Brustkorb“ gemeint sein.
3 n ḏꜣi̯.n=f tꜣ: Die Phrase ist einmalig in den medizinischen Texten; außerhalb der medizinischen Texte bedeutet ḏꜣi̯ tꜣ nur im wörtlichen Sinne „ein Land durchqueren“ und in wenigen Fällen metaphorisch „etwas [Gutes oder Schlechtes] unternehmen“, dann aber stets mit Präpositionalphrase r NN: „gegenüber NN“. J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 137 vergleicht die hiesige Stelle mit den Krankheitsbildern, bei denen von „Kanälen“ (bezeichnet in etwa eine Körperhälfte) die Rede ist. Er hält mehrere Möglichkeiten der Interpretation für denkbar: (1) tꜣ könnte ein Fehler für mr: „Kanal“ und die vorliegende Stelle damit zu den metaphorischen Beschreibungen von Krankheiten zu stellen sein, die über eine Körperseite hinausstrahlen. (2) Es könnte die Metapher der Kanäle vervollständigen: Wenn „zwei Kanäle“ (mr.wj) die beiden Körperhälften bezeichnen, könnte mit dem „Land“ die dazwischenliegende Wirbelsäulenregion gemeint sein. (3) tꜣ könnte das Zwerchfell benennen. (4) Es könnte die Abgrenzung der šnꜥ-Verstopfung benennen. Er schließt damit, dass das evozierte Bild bei egal welcher Deutung demjenigen vom Kreuzen der mr-„Kanäle“ entspricht und dass die Krankheit hier in Eb 204 nur in einer Körperhälfte lokalisiert wird, weil eben davon die Rede ist, dass das tꜣ nicht durchquert wird.
4 ṯs.n=f: Syntaktisch ist nicht eindeutig, ob es parallel zu jri̯.n=f zu setzen ist („Gapping“; so Westendorf 1999), oder ob ein Umstandssatz zu jw jri̯.n=f wḏb vorliegt (so Bardinet 1995). Die Bedeutung des Satzes ist in beiden Fällen unklar.
5 sp.w n.w jm.j=f-ḥꜣ.t: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 93 und II, 89–90 waren unsicher, ob in der freien Stelle nach nw eigentlich etwas stehen sollte, das aus unbekannten Gründen nicht geschrieben wurde, oder ob wirklich nichts gestanden hat. Zur Erklärung des jm.j=f ḥꜣ.t „sein am Anfang befindlicher“ wird erwogen, dass ein Mittel für das Anfangsstadium der Krankheit gemeint sein könnte. Westendorf 1999 schließt sich dieser Vermutung an. Bardinet 1995 übersetzt „qui est auparavent“, markiert die Phrase aber durch ein Fragezeichen als unsicher.
6 st: Das Bezugswort des Objektspronomens ist unsicher. Bardinet 1995 vermutet die šnꜥ-Verstopfung, Westendorf 1999 das Abgegangene. Folgt man Bardinet, muss man st zu sw emendieren.
Eb 205
[Eb 205a] Wenn du einen an seinem Verdauungstrakt leidenden Mann untersuchst, (und) wenn du ihn (d.h. den Verdauungstrakt) vorfindest, nachdem er den Durchfluss zugesetzt (wörtl.: den Kanal überquert) hat, und das, indem er an seinen beiden Seiten leidet, indem sein Bauch gegenüber Nahrung eingeschnürt (wörtl.: eng) [41,15] und indem sein jb-Herz schwer ist vom Dagegen-Antreten, (sagst du dazu:)1
„Das ist eine bṯ.w-Krankheit2.“
Du sollst dagegen ankämpfen mit wirksamen Mitteln, nachdem er/es (?) von Flüssigkeit von der Gerste umschlossen ist.
Nachdem es unter deinen Fingern gekommen ist, [Eb 205b] bereitest du ihm folglich 4 Morgen(mittel?)3 im ḏsf-Gefäß4, die in ihn (d.h. in den Patienten?) eindringen5 und seine Gestalten6 ḏdb-machen:
Erdmandeln: ein halbes (Dja), šzp.t-Teil vom Gummiharz: 1/8 (Dja), Ocker: 1/16 (Dja).
Werde mit Öl/Fett und Honig gekocht. Werde vom Mann über 4 Tage hinweg gegessen.
[Eb 205c] Nachdem7 (es) sich ausgebreitet hat unter deinen Fingern wie Sandkörner (und?) jedes/irgendeines seiner Körperteile [41,20] unter der „Bitternis“ brennt, (sollst du ihm bereiten:) Brot im Fäulniszustand: ∅, etwas vom Reinigungsopfer(?): ∅ und Brot in Vogel(form) (?)8: ∅.
Tritt dagegen an! Meide es nicht!
1 m ꜥq r=f: Westendorf 1999, 585 geht davon aus, dass davor die Phrase „dann sollst du dazu sagen“ sowie die eigentliche Diagnose ausgefallen sind; ähnlich ist wohl seine Notiz „verkürzt“ in W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 286.1 zu verstehen. Bardinets Übersetzung (Bardinet 1995) gibt vollständige Sätze wieder, bietet aber keine Apodosis zur Protasis. Syntaktisch ist jedenfalls ein Imperativ als Apodosis möglich, vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 286.3. Eine solche Lösung wird hier vorgeschlagen.
Eine weitere Option wäre die, dass gar kein Vetitiv vorliegt, sondern eine adverbiale Erweiterung: „(und) sein jb-Herz belastet ist vom Dagegen-Antreten.“ Bei einer solchen Interpretation würde eine Apodosis an anderer Stelle benötigt, die man dann im folgenden Satz oder in einem elliptischen „(dann sollst du dazu sagen:)“ finden könnte. Kontextuell betrachtet ließe sich bei einer solchen Interpretation der Stelle der übernächste Satz („Dann sollst Du dagegen ankämpfen ...“) jedenfalls sinnvoller anschließen als bei Westendorfs Lösung, der sich gezwungen sah, davor eine weitere Ellipse „(Wenn aber ...)“ zu postulieren.
2 Bardinet 1995 denkt an eine Vergiftung. Westendorf 1999, 584 denkt eher an ein Partizip des Verbs bṯ: „(einen Kranken) aufgeben“, das in dem positiven Gegenstück zum hiesigen Text, Eb 200, auftritt: ꜥq r=f m bṯ sw: „Tritt dagegen an, meide es nicht!“ Demzufolge übersetzt er in Eb 205 mit: „es ist (ein hoffnungsloser Fall), dem man aus dem Weg gehen soll.“ Das hat aber zur Folge, dass er den folgenden Satz, in dem dann eben doch eine Behandlung angesprochen wird, nicht direkt anschließen kann und eine weitere Textergänzung vornehmen muss: „Wenn du aber...“.
3 dwꜣ.wt: Sofern das direkte Objekt von jri̯ nicht ausgefallen ist, muss es in dwꜣ.wt zu suchen sein. Daher Westendorfs Übersetzung (Westendorf 1999), der hierin keine Temporalangabe, sondern ein „Morgen(-Mittel)“ sieht. Andererseits ist in den Herstellungsanweisungen sonst eher die Herstellung eines Mittels genannt, und die Anweisung, es auf mehrere Tage zu verteilen, de facto also mehrere daraus zu machen, wird explizit als Temporalangabe angeschlossen: „werde eingenommen über x Tage/Morgen hinweg“.
4 ḏsf.w: Zum Klassifikator vgl. die Diskussion zum dbḥ-Gefäß in Eb 195b.
5 ꜥq r=f: Bardinet 1995 wie Westendorf 1999 vermuten hierin eine Angabe, dass das Mittel in den Patienten eindringt.
6 jr.w=f: Mit „seinen Gestalten“ ist vielleicht der Zustand (Bardinet 1995) oder sind die „Lebensgeister“ (Westendorf 1999) gemeint, die ḏdb: angestachelt oder gestärkt werden. Aufgrund der nicht völlig sicheren Konnotation ist unklar, ob die Pluralstriche Teil der Klassifizierung sind, oder ob ein echter Plural vorliegt.
7 jr m-ḫt scheint eher die Konnotation „nachdem“ als „wenn“ zu haben.
8 ꜥb und t’ m ꜣpd.w: Unklare Drogen. Die Bedeutung von ꜥb ist von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 137 nur geraten, weil es neben t’ m ꜥwꜣ steht.
Eb 206
[Eb 206a] Wenn du einen Mann mit einer Verstopfung seines Verdauungstraktes untersuchst, und das, indem sein jb-Herz aufgeregt ist, [42,1] (weil?) ihm der Zugang schwierig ist, nachdem er irgendwelche Nahrung gegessen hat,1 und indem das Vorbeigehen an seinem Verdauungstrakt eng ist und indem er an seinen Beinen und an den dbb.w-Körperteilen2 leidet, (aber) nicht (an) seinen Oberschenkeln – wenn du ihn (also) untersuchst, (und) findest du seinen Verdauungstrakt verstopft vor wie (den) eine(r) Frau, nachdem ein Ungeborenes (?)3 sie getreten (wörtl.: geschlagen) hat,4 und das, indem sein Gesicht/seine Körperoberfläche verschrumpelt ist, sagst du folglich dazu:
„Das ist eine Verstopfung mit (?) Sekret.“
[42,5] Tritt gegen sie an! Meide es nicht!
[Eb 206b] (Und) du bereitest ihm folglich Mittel, die (selbst) dem Gehilfen (?)5 des Arztes geheim sind – abgesehen von deinem eigenen „Söhnlein“ (oder: abgesehen von deinem eigenen Sohn/Schüler)6:
Frische Gerste, ohne dass sie gedörrt ist: ∅. Werde mit Wasser gekocht, ohne zuzulassen, dass es siedet. Um es mit Schnitzeln (?) von Datteln zu vermengen, kommt es vom Feuer. Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken, so dass er sofort gesund wird.
1 „(weil?) ihm der Zugang schwierig ist, nachdem er irgendwelche Nahrung gegessen hat“: Es ist nicht klar, ob dies parallel zu den anderen Symptomen gestellt werden soll, oder ob syntaktisch eine weitere Unterordnung erfolgt.
2 dbb.w: Ein unbekannter Körperteil (?). L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 51b verweist auf ein mögliches koptisches Derivat ⲑⲉⲃⲓ und gibt als Bedeutung „cavea, sacculus“. Dieses koptische Wort ist vermutlich ⲑⲃⲁⲓ: „Cella, Spelunca“ ~ ⲑⲉⲃⲓ: „Fovea, Caverna“ (A. Peyron, Lexicon Copticum. Accedunt auctaria ex Ephemeridi Aegyptiaca Berolinensi exerpta (Berlin 1896), 50a). Für letzteres Wort verweist Peyron auf A. Kircher, Lingua aegyptiaca restituta. Opus tripartitum. Quo linguæ coptæ sive idiomatis illius primæui Ægyptiorum pharaonici, vetustate temporum pæne collapsi, ex abstrusis Arabum monumentis, plena instauratio continetur. Cui adnectitur supplementum earum rerum, quæ in Prodromo copto, & opere hoc tripartito, vel omissa, vel obscurius tradita sunt, noua, & peregrina eruditione contextum, ad instauratæ linguæ usum, speciminis loco declarandum (Romæ 1643), 135. Dieser gibt für ⲡⲓⲑⲉⲃⲓ (d.h. ⲑⲉⲃⲓ mit maskulinem Artikel) zwar die lateinische Entsprechnung „cippus“, aber als arabisches Äquivalent nennt er ﺍﻠﻨﻘﺮ (übernommen von Peyron), was sich von der arabischen Wurzel „aushöhlen, schnitzen, schlagen“ ableitet (Hinweis J. Hensel). D.h. Kircher, der das Wort in einer Liste chirurgischer Instrumente aufführt, dachte an das, womit man etwas aushöhlen kann, Peyron an das, was ausgehöhlt ist.
Joachim 1890, 49 denkt an die Fußsohlen, aber sicher nur, weil es auf wꜥr.t folgt, was er als Bezeichnung für Füße versteht. É. Chassinat, Le manuscrit magique copte No 42573 du Musée Égyptien du Caire, Bibliothèque d’études coptes 4. Publications de l’Institut Français d’Archéologie Orientale (Le Caire 1955), 78 folgert ferner, dass sich Joachim vielleicht auch von der ṯb.t, der „Fußsohle“ (Wb 5, 361.9–363.3) hat leiten lassen, da er S. 182 dieses Wort in Eb 854h (geschrieben tb.t) eben mit „Fusssohle“ übersetzt. Diese Gleichsetzung lehnt Chassinat aber zurecht aus sprachlichen Gründen ab. Joachims Vorschlag folgt, wie üblich, Bryan 1930, 137.
B. Ebbell, Ägyptische anatomische Namen in: Acta Orientalia 15, 1937, 291–310, 291–310, hier: 305 erwägt hierin eine Bezeichnung der Hüftgegend einschließlich des Beckenbeins, weil gesagt wird, dass der Schmerz in den wꜥr.t feststellbar ist, was er als Unterschenkel interpretiert, und in den dbb.w, aber nicht in den Oberschenkeln. Daraus schließt er, dass die Oberschenkel zwischen wꜥr.t und dbb.w liegen müsste, weil nur dann die Hervorhebung, dass die Oberschenkel schmerzfrei seien, sinnvoll wäre. Er überlegt, ob die koptischen Wörter ϫⲫⲱⲧ und ϯⲡⲉ damit verwandt sein könnten. In Ebbell 1937, 54 übersetzt er seinem Vorschlag entsprechend mit „hips (?)“. Abgelehnt wird sein Vorschlag von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 975, wonach nicht einmal sicher sei, dass überhaupt ein Substantiv vorläge; danach könne vielleicht auch das Pseudopartizip einer Nebenform von ḏbꜣ: „verstopfen“ (vgl. Wb 5, 4436.3–4) vorliegen. Da gleich in der nächsten Zeile ḏbꜣ in seiner normalen Form auftaucht, distanziert sich H. von Deines – W. Westendorf gleich wieder von diesem Vorschlag und bleibt bezüglich einer Übersetzung von dbb.w offen (auch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, bieten keine Übersetzung). Die von Ebbell genannten koptischen Wörter seien nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) jedenfalls mit dbb.w nicht zu verbinden, ϫⲫⲱⲧ sei vielleicht mit ḫpd: „Hinterbacken“ zu verbinden und ϯⲡⲉ ist dp.t: „Lende“. Auf ihn gehen vielleicht auch G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 128 und Bardinet 1995, 282 zurück, die mit „hanches“ übersetzen.
Chassinat, a.a.O., 77–79 erwägt schließlich in dbb.w den „prototype“ des einmal koptisch belegten ⲧⲃⲃⲟⲟⲩ. Dieses koptische Wort ist seiner Übersetzung der fraglichen Stelle zufolge ein Körperteil, aus dem man neben dem Mittelfinger Blut ziehen kann. Eine Übersetzung von ⲧⲃⲃⲟⲟⲩ hält er aber aber für ebensowenig möglich wie eine solche von dbb.w. Auf ihn bezieht sich explizit W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 222 („ein Körperteil“) und Westendorf 1999, 585 („Hüften (?)“) mit Anm. 54. Missverständlich ist Westendorfs Anmerkung 54. Darin verweist er auf Chassinats ⲧⲃⲃⲟⲟⲩ und zitiert ihn mit: „partie du corps ... proche ou depande des membres inferieurs“. Allerdings stammt dieses Zitat aus Chassinats Kommentar zum dbb.w des pEbers und nicht zu ⲧⲃⲃⲟⲟⲩ. Auch die „Hüften (?)“ gehen nicht auf Chassinat zurück, sondern wohl ebenfalls auf Ebbell. Letztendlich ist auch Chassinats Vergleich zu streichen, der ohnehin wenig zur Identifizierung von dbb.w beigetragen hat. Denn ⲧⲃⲃⲟⲟⲩ ist wohl nur ein Ghostword, und T. S. Richter, Der Dieb, der Koch, seine Frau und ihr Liebhaber. Collectanea magica für Hans-W. Fischer-Elfert, in: Enchoria 29, 2005, 67–78, hier: 76–77 vermutet darin das Verb „reinigen“.
3 Das Wort wn.w ist vor griechisch-römischen Texten nur in Eb 206 belegt; die im Wb 1, 315.10 („vom Kind im Mutterleib“) und bei H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 185 („Embryo“) gegebene Bedeutung beruht einzig auf dieser Stelle. In einigen griechisch-römischen Texten tritt es als Bezeichnung für den jungen König auf, vergleichbar mit ḥwnw, für das es vielleicht stehen könnte (vgl. die Vermutung bei P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 232); in letzterem Falle stünde das Wort allerdings für das schon geborene, wenn auch noch junge Kind. Ähnlich dürfte das Nomen allein oder als Bestandteil von Götterbezeichnungen aufzufassen sein, vgl. C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band II. ꜥ – b, Orientalia Lovaniensia Analecta 111 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 389c–390a; für die Götterbezeichnung wn.w werden bereits zwei Belege des Neuen Reiches notiert. Laut R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 210, Nr. {7565} bezeichnet wn.w „*Embryo; Kind (a[uch] Kalb)“, mit Letzterem dürfte er sich auf die einmal im Neuen Reich bezeugte Bezeichnung des Osiris als wnn.yw m s.t Gb: „Kalb auf dem Thron des Geb“, Wb 1, 315.8, beziehen. Im Koptischen gibt es schließlich noch ein Wort ⲟⲩⲟⲛ: „Kind“, s. W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 552.
4 mj s.t ḥwi̯.y.n st wn.w: Der Nebensatz wird auf verschiedene Weise interpretiert und übersetzt: Ebbell 1937, 54: „like (in) a woman who has thrown (her) fetus“; G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 128: „comme (il arrive chez) une femme qui a rejete l’enfant qu’elle portait dans son sein“; von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 94: „wie bei einer Frau, die ein Embryo geschlagen hat“; Bardinet 1995, 282: „comme (celui d’) une femme dont l’enfant qu’elle portait en son sein a été brisé“; Westendorf 1999, 585: „wie (bei) einer Frau, die ein Embryo geschlagen hat“ (ebenso S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 158); Lalanne – Métra 2010, 89: „comme (celle) d’une femme dont l’enfant a été brisé en elle“.
Westendorf 1999, 585, Anm. 55 vergleicht mit Kah 9, wo mj.tt ḥwj.t steht: „wie eine, die geschlagen worden ist“. Daraus ergibt sich, dass die Frau Objekt und das in Eb 206 genannte Kind Subjekt ist; die Interpretationen von Ebbell und Lefebvre sind damit hinfällig. Auch die Übersetzungen von Bardinet und Lalanne/Métra werden anzweifelbar.
Alle Übersetzer geben den Satz relativisch oder partizipial wieder. Zumindest bei von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, Westendorf 1999 und Radestock ist das definitiv nur ein virtueller Relativsatz, denn W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 238.2 fasst ḥwi̯.y.n als sḏm.n=f auf. Bardinet scheint dagegen zu emendieren und von einem Relativsatz oder einem passiven Partizip auszugehen, wofür man aber das st streichen müsste; stattdessen müsste an wn.w ein Suffixpronomen angehängt werden, das in einem Relativsatz das notwendige resumptives Element stellt. Die Lösung von Lalanne/Métra, n=s mit „en elle“ wiederzugeben, ist nicht möglich: „en elle“ wäre jm=s, nicht n=s, und Ersteres müsste dem Subjekt nachgestellt sein. Somit scheint die verbale Lösung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I die beste zu sein. Problematisch ist nur die Form ḥwi̯.y.n, die eine Ausnahme unter den sḏm.n=f-Formen ist. Daher sollte als Alternative noch überlegt werden, ob ḥwi̯.y ein propektivisches sḏm=f sein könnte. Dies wäre morphologisch möglich (vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), §§ 193–199) und offenbar kann ein propektivisches sḏm=f auch als virtueller Umstandssatz zur Beschreibung von Krankheitssymptomen u.a. dienen (ebd., § 212.2). Allerdings wäre n=st dann eine präpositionale Verbindung, und ḥwi̯ n bedeutet „schlagen für/zugunsten jmd.“, nicht etwa „schlagen in Richtung von“.
5 ẖr swn.w: „der Untergebene des Arztes“: So der Vorschlag von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 691, dem Bardinet 1995 wie Westendorf 1999 folgen.
6 Das Hieratische sieht so aus, als stünde zꜣ.t=k ḏs=k, d.h. „deine eigene Tochter“. Diese Nennung konkret der Tochter und nicht des Sohnes (i.S. eines Schülers) verwundert und hat bisher keine Erklärung gefunden (angemerkt noch jüngst von T. Pommerening, „Wer weiß was?“. Heilkundliches Wissen und Wissenstransfer zur Zeit der Pharaonen, in: N. Reggiani - F. Bertonazzi (Hrsg.), Parlare la medicina. Fra lingue e culture, nello spazio e nel tempo. Atti del convegno internazionale, Università di Parma, 5-7 settembre 2016, STUSMA: Studi sul mondo antico 7 (Firenze/Milano 2018), 147–180, hier: 156, Anm. 40). Ebbell 1937, 54 und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 128 problematisieren die Stelle gar nicht, sondern übersetzen kommentarlos mit „daughter“ bzw. „fille“. Ebenso unkommentiert auch noch die jüngste Gesamtübersetzung des Papyrus von B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 89: „ta propre fille“. Bardinet 1995, 282 schreibt zumindest „fille (sic)“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 94 übersetzen zwar ebenfalls mit „Tochter“, vermuten aber in der zugehörigen Anmerkung 6 (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 91), dass hier zꜣ.tj: „männlicher Erbe“ gemeint sein könnte (so ebenfalls H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 704, Anm. 2). Diese Vermutung hat dann Westendorf 1999, 100 und 585 mit der Übersetzung „Erbe/Nachfolger“ übernommen. Dieser Vorschlag dürfte wohl auf dem königlichen Epitheton zꜣ.tj Gb: „zꜣ.tj des Geb“ (Wb 3, 412.13) basieren. Für dieses gibt es allerdings nur einen einzigen Beleg, nämlich K. Sethe, Urkunden der 18. Dynastie [IV,1-314], Urkunden des Ägyptischen Altertums IV/1-4 (Leipzig 1907), 14.14. Wb gibt daneben noch drei weitere Belege für ein zꜣ.t (ohne Bezug auf Geb) an, das sich auf männliche Personen bezieht. Neben diesem Lemma von Wb 3, 412.13 kennt Wb auch noch die Bezeichnung zꜣ.tj für Schu und Tefnut (Wb 3, 412.9, vgl. auch R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 434–435), das dort als Dual von zꜣ.t: „Tochter“ interpretiert wurde. W. Schenkel, zꜣ.t „Kindchen“, ṯꜣ.t „Jüngchen“, in: Göttinger Miszellen 84, 1985, 65–70, hier: 65 weist jedoch darauf hin, dass diese Verbindung eigentlich nicht zutreffen kann, weil bei einer Gruppenbezeichnung, die männliche und weibliche Personen einschließt, im Ägyptischen entweder singularische Kollektiva (z.B. msw.t: „Nachkommenschaft“) oder maskuline Konkreta (z.B. ms.w: „Kinder“) verwendet würden. Bei Schu und Tefnut wäre daher ein maskuliner Dual zꜣ.wj und kein femininer Dual zꜣ.tj zu erwarten. Als Lösung schlägt Schenkel vor, dass dieser Dual zꜣ.tj auf einem Singular zꜣ.t basiert, dessen t-Endung kein biologisches Femininum anzeigt, sondern ein Diminutiv-Suffix im Sinne von P. Behrens, Das afroasiatische Diminutivmorphem t im Ägyptischen, in: Göttinger Miszellen 57, 1982, 17–24 ist: *„Kindchen“ (d.h. eigentlich „Söhnchen“). Die unter Wb 3, 412.13 abgelegten Belege von zꜣ.t ohne Bezug auf Geb könnten dann Belege für die von Schenkel nur rekonstruierte Grundform sein, so dass für das zꜣ.tj Gb des Wb letztlich nur der eine Beleg aus der Karnakstele des Ahmose übrigbleibt. Unter dieser Voraussetzung könnte Eb 206b = pEbers 42,5 ein weiterer Beleg für dieses Wort zꜣ.t: „Kindchen“ sein. Es wäre zwar noch immer unerwartet, dass nicht einfaches zꜣ: „Sohn“ steht, das als Metapher für „Schüler“ gut belegt ist, aber es würde die Stelle erklären, ohne sie emendieren zu müssen.
Eine andere, noch einfachere Lösung wäre, den Haken unter der Spießente gar nicht als t, sondern als hieratischen sitzenden Mann und damit als Klassifikator eines maskulinen zꜣ: „Sohn, i.S.v. Schüler“ zu lesen. Unter dieser Prämisse wäre die Schreibung überhaupt nicht mehr auffällig. Eine solche Ligatur für Spießente + sitzender Mann ist aus dem pLouvre E 3226 aus der Zeit Thutmosis’ III. belegt, s. G. Möller, Hieratische Paläographie. Die ägyptische Buchschrift in ihrer Entwicklung von der fünften Dynastie bis zur römischen Kaiserzeit. Bd. 2. Von der Zeit Thutmosis’ III bis zum Ende der einundzwanzigsten Dynastie (Osnabrück 1965 (= 1927)), Nr. 216B, Anm. 2 = M. Megally, Considérations sur les variations et la transformation des formes des signes hiératiques dans le papyrus E.3226 du Louvre, Études sur le Papyrus E.3226 du Louvre 3 (Paris 1969), Taf. VI. Ein zusätzliches Argument für eine Lesung der vorliegenden Stelle als Spießente + sitzender Mann ist die Schreibung von zꜣ-ḥmm: „Kautergehilfe“ (?) mit demselben Hieratogramm im medizinischen pLouvre E 32847, Verso 6,6, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 186 und das Foto dieser Kolumne auf dem vorderen Buchdeckel. Diese Personenbezeichnung ist im pEbers (Eb 863, 864, 865, 872 und 876) immer mit logographischer Spießente geschrieben, ist also dort definitiv immer ein maskuliner zꜣ-ḥmm. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass im Louvre-Papyrus stattdessen eine zꜣ.t-ḥmm: „Kautergehilfin“ gemeint sein sollte, zumal das Kompositum als Ganzes, wie im pEbers, mit einem sitzenden Mann klassifiziert ist. Das fragliche Hieratogramm wird also im pLouvre E 32847 als Ligatur aus Spießente und sitzender Mann zu verstehen sein und weder als Spießente allein (so die hieroglyphische Umsetzung von Bardinet) noch als Spießente und t. Analog dazu wird das graphisch identische Hieratogramm von Eb 206 wohl ebenfalls eher eine Ligatur aus Spießente und sitzendem Mann sein statt, wie bislang angenommen, eine Ligatur aus Spießente und t. Dass das Wort zꜣ: „Sohn“ in Eb 763 dagegen logographisch, d.h. mit der Spießente allein, aber ohne sitzenden Mann, geschrieben ist, ist jedenfalls kein Argument gegen diese Interpretation. Denn beide Passagen, Eb 206 und Eb 763, stammen aus verschiedenen Textgruppen und könnten daher auf unterschiedlichen Vorlagen mit unterschiedlichen orthographischen Konventionen basieren. In Eb 2, 499 und 500, wo zꜣ konkret einen göttlichen Sohn meint, nämlich Horus als Sohn der Isis, ist zꜣ mit dem Falken auf Standarte klassifiziert.
Eb 207
[Eb 207a] Wenn du einen Mann mit einer Verstopfung ((untersuchst)), und das, indem sein jb-Herz aufgeregt ist, sein Gesicht bleich (?) ist und sein jb-Herz (heftig (?)) [42,10] klopft – wenn du ihn (also) untersuchst, (und) findest du sein jb-Herz heiß und seinen Bauch aufgetrieben (?) vor, (dann) ist das eine tiefsitzende Ansammlung, nachdem er Verbranntes gegessen hat. [Eb 207b] Du bereitest ihm folglich ein Mittel zum Ausspülen1 des Verbrannten (und) zum Öffnen seines Darmes in Form eines Tranks:
Süßes Bier: ∅.
Werde nachts mit Angeritzten Sykomorenfrüchten, getrocknet, stehen gelassen. Werde über 4 Tage hinweg gegessen und getrunken.2
[Eb 207c] Du sollst täglich früh auf sein wegen des „Seinigen“ (?)3 und um zu betrachten, [42,15] was aus seinem Hintern abgegangen ist.
Wenn ihm nꜥꜣḏ.t-Exkremente (?) abgehen wie schwarze ꜥr.wt-Substanz (?), sagst du folglich dazu:
„Dieses Verbrannte ist abgegangen.“
Sein Verdauungstrakt4 ist ruiniert (?)5. Sein Bauch ist gestört (oder: elend) (?)6.
[Eb 207d] Wenn du ihn untersuchst, nachdem dies getan wurde, und das, indem etwas von seinem Hintern abgegangen ist wie šš.t-Teile von Langbohnen, und indem Tau7 darauf ist, ausstrahlend wie Ausfluss [42,20] der tpꜣ.wt-Pflanzenteile (?), sagst du folglich über dieses, das in seinem Verdauungstrakt ist:
„(Es) [43,1] ist abgegangen“.
[Eb 207e] (Und) du bereitest ihm folglich kühlende Mittel und gibst den Topf (mit dem Mittel???) aufs Feuer (???).
Werde veranlasst, dass er (d.h. der Patient?) das auspresst (?), was insgesamt gekocht wurde.8
1 jꜥi̯ heißt wörtlich „waschen“. Im Folgenden ist vom „Öffnen des Darmes“ die Rede; daher wird man hier vielleicht an ein „ausspülen“ denken können.
2 Anmerkenswert ist, dass hier für das Bier und die Sykomorenfrüchte jeweils eigene Verben zur Einnahme genannt werden. Üblicherweise wird, je nach Konsistenz des Heilmittels, nur „essen“ oder „trinken“ genannt.
3 ntf: Die Bedeutung ist unsicher. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 489 vermuten darin das unabhängige Personalpronomen der 3. Pers. Sg. Mit Verweis auf A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 114 Obs. (Gardiners Beleg ist pRhind, Nr. 49) wird darin eine Umschreibung für „Inhalt“ erwogen. Ob das nicht aber vielleicht auf ein substantiviertes (n.j)-ntf: „Was ihm gehört“ zurückgeht? Alternativ erwägen H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) ein Verb. Bardinet 1995 übergeht die Phrase, Westendorf 1999 übernimmt die Idee von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) und denkt an den „(Magen-)Inhalt“. Ob es vielleicht eher ein Euphemismus für die Ausscheidung des Patienten (als Vorgang oder Produkt) ist? Fraglich bleibt ferner, ob rꜥ-nb: „täglich“ zum Hauptsatz gehört oder an ntf anzuschließen ist.
4 r’-jb=f: Auf DZA 24.681.990 wird vorgeschlagen, das dastehende r jb zu r⟨ʾ-⟩jb zu emendieren und zu übersetzen: „Sein Magen ist ...“ (für das Verb wurde kein Vorschlag angegeben). In von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 92, Anm. 8 wurde dagegen vorgeschlagen, zu r ⟨rʾ-⟩jb zu emendieren: „dieses scharf gebratene Fleisch (...) ist abgegangen zu seinem Magen.“ Dem folgen Westendorf 1999, und C. Leitz, Die medizinischen Texte aus dem Alten Ägypten, in: A. Karenberg – C. Leitz (Hrsg.) Heilkunde und Hochkultur I. Geburt, Seuche und Traumdeutung in den antiken Zivilisationen des Mittelmeerraumes, Naturwissenschaft, Philosophie, Geschichte 14 (Münster/Hamburg/London 2000), 17–34, hier: 29–30. Bardinet 1995 übersetzt dagegen „l’entrée de son intérieur-ib est en mauvais état“, als hätte er sogar zu r⟨ʾ⟩ ⟨rʾ-⟩jb ergänzt. Von der Art der Emendation hängt ab, ob man die Worte an das Ende des vorigen Satzes hängt, oder ob damit einen neuen Satz beginnt.
5 jz.y: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 105 nennt nur diesen Beleg und übersetzt mit „sich in üblem Zustand befinden“. Vermutlich hängt das Wort mit dem Wortfeld jz: „alt [im positiven wie negativen Sinne]; verfallen [von Gebäuden]“ zusammen. Zur Schreibung mit dem „schlechten Vogel“ vgl. pMoskau 127 (Wermai), Z. 3,8. Wieder hängt von der Emendation von r jb=f ab, wie man dieses Verb anschließt: Als Stativ an ein rʾ-jb=f (DZA 24.681.990; Bardinet 1995) oder als Verb in Suffixkonjugation (oder prädikatives Partizip im Adjektivalsatz?) an das folgende ẖ.t=f (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I; Westendorf 1999).
6 ẖn.t: Auf DZA 24.681.990 wird ein Schreibfehler für ẖzi̯.t: „elend“ vermutet. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 687 interpretieren es als ungewöhnliche Graphie für ẖnn: „stören, gestört sein, sich zersetzen“, das sonst mit den rudernden Armen geschrieben ist. Dafür verweist es auf eine ähnlich abweichende Graphie des Verbs ẖnn: „entzündet sein“ vom Sinai. In von Deines – Grapow – Westendorf 1958 und in W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), wo ẖ.t=f als Subjekt zu jsi̯ gezogen ist (s. den vorigen Kommentar), wird ẖn.t partizipial als Attribut angeschlossen: „übel ergeht es seinem Bauch, der gestört ist“. Bardinet 1995 hat ähnliche Satzgrenzen wie auf DZA 24.681.990 und übersetzt: „son intérieur du corpse est bouleversé“. Letztlich implizieren beide Vorschläge Ausnahmeschreibungen, denn in beiden Fällen müsste man das determinierende Fleischstück erklären.
7 jꜣd.t: Vielleicht liegt nur eine Verwechslung mit jd.t: „(Wohl-)Geruch, Duft“ vor. Beide Wörter sind ab dem Mittleren Reich oft miteinander verwechselt worden, vgl. Wb 1, 36 und 152.
8 Eine unverständliche Phrase, die möglicherweise korrupt ist (schon DZA 24.508.440, Westendorf 1999, 586, Anm. 58). Joachim 1890, 50: „Mach Du ihm Mittel, die das Gesicht kühlen; den Kessel über Feuer stellen, eine Mischung ihm machen und auf dieselbe Weise kochen.“ (vermerkt aber ebd., Ab. 4, das dieser Abschnitt schwierig zu übersetzen sei); DZA 24.508.440: „Bereite du ihm Mittel zum Abkühlen .... auf dem Feuer, lasse es .....“; Ebbell 1937, 54: „Thou shalt prepare for him remedies to cool the face at the side of a vessel (with water) over the fire; let him attend (?) the boiling all through“; von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 95: „Dann sollst du ihm machen Kühlmittel .... auf Feuer; werde veranlaßt, daß er auspresse (mḏd) das Gekochte ganz und gar.“ (mit der Erwägung in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 92, Anm. 11, psi̯.t ḥr-qd alternativ als „ganz und gar Gekochtes“ zu verstehen und als andere Bezeichnung für das ḏꜣf-Fleisch zu interpretieren); Bardinet 1995, 282: „Alors tu lui prépareras un traitement froid pour .?. sur le feu. Le presser et le cuire à point.“; Westendorf 1999, 586: „Dann sollst du ihm ein Kühlmittel machen <ḥr rꜣ-ꜥ nw ??> auf das Feuer (?); werde veranlaßt, daß er das Gekochte ganz und gar auspreßt.“; S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 161: „Dann sollst du für ihn Mittel machen zum Kühlen ḥr rꜣ-ꜥ nw (?) auf das Feuer. Werde veranlasst, dass er auspresst das Gekochte ganz und gar.“
- ḥr wird von Joachim und Ebbell als Nomen „Gesicht“ verstanden (so vermutlich auch die Auffassung von Stern, in: Ebers 1875, 40, s.v. zp, wo die vorliegende Stelle als letztes Bsp. erscheint und das Zitat mit ḥr endet). H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 624, Bardinet, Westendorf 1999 und Radestock denken dagegen eher an die Präposition, wobei Westendorf 1999, 586, Anm. 58 noch erwägt, dass sie zusammen mit dem Folgenden eine Verschreibung für das ḥrw-ꜥ, das „Sofort-Mittel“, sein könnte.
- rḏi̯: Stern, in: Ebers 1875, 42, s.v. sét, gefolgt von Joachim, liest rḏi̯. Diese Lesung wird später nicht wieder aufgenommen, sicher weil sie die explizite Tilgung des senkrechten Striches erfordert. Einzig H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 624, Anm. 2 erwägen noch eine Lesung als „ḥr rḏj (oder rḏj.t) ꜥ tp sḏ.t ‚indem ein Topf aufs Feuer gesetzt wird‘“. Hierfür muss die Stelle bereits emendiert worden sein, denn in der gegebenen Transkription ist der Arm zweifach belegt: als Äquivalent für Gardiner Sign-list D37 im Verb rḏi̯ und als Phonogramm für das Wort ꜥ(j): „Napf“ (vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 116 und 2, 829). Ebbell versteht die Schreibung dagegen offenbar als Präpositionalphrase r ꜥ: „at the side of“. Westendorf, dem Radestock folgt, interpretiert die Schreibung als rʾ-ꜥ, ohne aber eine Übersetzung vorzuschlagen.
- nw: Als Gefäßbezeichnung erachtet von Stern (ḥn.w gelesen), Joachim, Ebbell und im Alternativvorschlag von H. von Deines – W. Westendorf (ꜥ gelesen, vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 116 und 2, 829). Westendorf und Radestock geben nw ohne Übersetzung.
- dp sḏ.t wird von allen als Präpositionalphrase interpretiert.
Hier wird versucht, der Phrase mit so wenig Eingriffen wie möglich einen Sinn abzugewinnen. Dies zieht im Grunde nach sich, dass dem Alternativvorschlag von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962)gefolgt wird, unter einer leichten Modifikation in der Gefäßbezeichnung (Lesung nw statt ꜥ(j)). Dies erfordert letztendlich lediglich die Tilgung des Striches vor dem nw-Topf. Ob hier in verkürzter Weise von der Herstellung des Kühlmittels die Rede ist, die natürlich einen Erhitzungsprozess beinhalten kann?
Eb 208, vgl. Eb 213
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen einer Verstopfung im Verdauungstrakt:
Brot von Christdornfrüchten: 1 (Dosis), Flaschenkürbis: 1 (Dosis), Ausscheidung (?)1 einer Katze: 1 (Dosis), süßes Bier: 1 (Dosis), Wein: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 ry.t: In dem nahezu identischen Rezept Eb 213 steht stattdessen ḥs, weswegen H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 323 die Bedeutung „Ausscheidung“ für ry.t angeben. Zu „Katze“ statt „Kater“ s. Eb 213.
Eb 209
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln einer Verstopfung in der rechten Seite, nachdem eine nsy.t-Dämonin sie (d.h. die Seite) befallen hat:
[43,5] šnf.t-Früchte: 1/16 (Oipe = 4 Dja), weiße sẖ.t-Gerste:11/8 (Dja), grüne sẖ.t-Gerste:11/8 (Dja), „Schwänze“ der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1/16 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Sellerie des Berglandes: 1/8 (Dja), unterägyptischer Sellerie: 1/8 (Dja), ḫꜣ.w-Blätter2 des Lotos: 1/8 (Dja), Myrrhe: 1/16 (Dja), „Stechholz“: 1/8 (Dja), Malachit vom wjꜣ-Schiff: 1/8 (Dja), sfṯ-Öl: 1/16 (Dja), twn-Pflanzen: 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Fett der Spießente3: 1/8 (Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 sẖ.t: Die Farbattribute scheinen keinen Reifezustand zu bezeichnen (etwa „grün“ für „unreif“ und „weiß“ für „reif“). Denn in Opferlisten werden ebenfalls beide Sorten von sẖ.t-Gerste nebeneinander genannt, und es ist wenig wahrscheinlich, dass dort unreife Gerste erscheint. Im Gegenteil könnte wꜣḏ, wie so häufig, aufgrund der Assoziation „grün“ = „frisch/neu“ eben frische sẖ.t-Gerste meinen; wofür allerdings „weiße“ sẖ.t-Gerste stehen sollte, ist unsicher. Vielleicht sind es auch schlicht zwei von den Ägyptern taxonomisch verschiedene Unterarten von sẖ.t-Gerste.
2 ḫꜣ.w: Das Schriftzeichen, Gardiner Sign-list M12, zeigt eine stilisierte Lotospflanze mit Blatt, Stiel, Rhizom und angedeuteten Wurzeln, s. L. Keimer, La signification de l’hiéroglyphe rd , , etc., in: Annales du Service des Antiquités de l’Égypte 48, 89–108, hier: 92–93.
Die verwendeten Übersetzungen haben sich im Laufe der Zeit geändert: L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 59a vermerkte „enuntiatio incerta“, legte sich aber auf „flos“ fest. Daher wird ḫꜣ.w n.w sšn bei Joachim 1890, 50 auch durch „Lotusblume“ wiedergegeben, vgl. auch R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 183: „[ḫꜣ.w n.w sšn] ‚lotus-f[lowers]“. Dagegen wendet Wb (s. DZA 27.591.560) ein, dass bei einer solchen Wortbedeutung die Phrase ḫꜣ.w n.w sšn tautologisch wäre und wohl eher das „Blatt“ des Lotos gemeint sei. So dann der entsprechende Eintrag in Wb 3, 219.1–2: „Blätter (?)“ (wobei sich der alte Vorschlag „Blumen“ vielleicht noch in Wb 3, 221.1 erhalten hat: ḫꜣ.w: „Kräuter, Blumen“); nachfolgend Ebbell 1937, u.a. 55: „leaves“, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 390: „Blätter“, G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), Nr. 803; „feuilles?“. G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), u.a. 154: „feuilles“, Bardinet 1995, u.a. 283: „feuilles“.
D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 3. 1979 (Paris 1982), 79.2128 nimmt die Zeichenbeschreibung von Keimer als Wortbedeutung: „rhizome et feuille de lotus“, ebenso R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 27, auf die er verweist, die aber den Bedeutungsschwerpunkt auf den „unterirdischen Teil der Pflanze“ einschränkt und S. 27 beim Lotos an das „Rhizom“ und S. 127 bei der šsp.t-Melone an „Wurzel“ denkt. Dem folgt Westendorf 1999, 503.
Gardiner Sign-list M12 gibt für ḫꜣ.w n.w sšn unspezifisches „lotus plants“. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 702 vereint alle Bedeutungen und ist dadurch etwas inkonsequent: Als Hauptübersetzung für ḫꜣ.w gibt sie „leaves, blossoms“ und schreibt dann im Kommentar „ḫꜣw are the leaves or rhizomes of the lotus and as the sign is a lotus plant, it may be that the word means ‚lotus‘ or ‚lotus leaf‘ in general“. In der Gauliste Edfou IV 34, 7–8 kommt das pḥ.w-Gewässer mit „seinen Lotosknospen“ (nḥb.w=f), deren ḫꜣ.w sich (noch?) nicht geöffnet haben (oder: „leuchten“, oder: „grün sind“): n wbg ḫꜣ.w=sn. Hier scheint ḫꜣ.w ein Bestandteil der nḥb.w-Knospen zu sein, also jedenfalls nicht die Wurzel. Ob es die Blütenblätter meint? Bei einer solchen Übersetzung könnte man fragen, wieso das Zeichen M12 alle Bestandteile einer Lotospflanze zeigt außer der Blüte, aber die Bedeutung könnte sich natürlich im Laufe der Zeit gewandelt haben. Auf jeden Fall scheint diese Stelle eher in Richtung „Blatt“ als „Wurzel“ zu deuten.
3 S. den Kommentar hier, v.a. am Ende.
Eb 210
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Verstopfung in der rechten Seite bei gleichzeitigem (Ab-)Löschen (?)1:
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), [43,10] qsn.tj-Mineral: 1/16 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/16 (Dja), jns.t-Pflanzen: 1/16 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Milch: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), Weihrauch, gespalten (?)2: 1/8 (Dja), weißes Gummiharz: 1/32 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/16 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Blätter der Dornakazie: 1/32 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Blätter des Christdorn: 1/32 (Dja), Blätter der Sykomore: 1/32 (Dja), Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 ḫft ꜥḫm: Welche Bedeutung die Präposition hier hat, ist umstritten. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 655 führen Eb 210 als einzigen Beleg für die Bedeutung „durch; dadurch, dass“ mit Infinitiv auf. Vgl. auch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 101: „durch (Ab)löschen“. Bardinet 1995, wie Westendorf 1999, gehen dagegen von der gängigeren Bedeutung „at the time of, when“ aus (A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 169).
2 pḫꜣ: Eine unbekannte Verarbeitungsanweisung. Die Grundbedeutung des Verbs ist „spalten, durchschlagen; öffnen“. Darauf basiert Ebbell 1937, 55: „split (?) frankincense“. Das „Öffnen“ (pḫꜣ oder spḫꜣ) des Körpers ist ein medizinischer Terminus technicus für „abführen“ als Reinigung des Körpers. Es ist wohl dieser Gebrauch, der Germers (Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 117) und Westendorfs (Westendorf 1999, 587) Übersetzung mit „gereinigt“ zugrunde liegt. Bardinet 1995, 283 verzichtet auf eine Übersetzung: „partie-pekha de la résine de térébinthe“. Seine Übersetzung scheint zu suggerieren, dass er pḫꜣ als Bestandteil des snṯr-Weihrauchs interpretierte; sowohl Schreibung wie auch Wortstellung lassen aber eher an das Verb und damit an eine Zustandsbeschreibung denken.
Eb 211, vgl. Eb 597
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Verstopfung von Blutfraß1 am Verdauungstrakt:
tꜣ-Flüssigkeit von Maische: 1 (Dosis), gegorener Pflanzenbrei: [43,15] 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Zu diesen Phänomen vgl. den Kommentar hier.
Eb 212
Ein anderes Heilmittel für den Verdauungstrakt:
Erdmandeln: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/64 (Oipe = 1 Dja), „Erdhaar“-Früchte: ein viertel (Dja), Feigen: ein wenig, Angeritzte Sykomorenfrüchte1 der Sykomore oder Johannisbrot aus der Oase: ∅.
Werde fein zermahlen,2 gegeben in süßes Bier vom täglichen Bedarf; werde nachts dem Tau ausgesetzt, ohne ihm Sonnenlicht zu zeigen,3 (weil) es (nämlich) zugedeckt wurde; 1/64 (Oipe = 1 Dja) Honig (und) 1/64 (Oipe = 1 Dja) Gänsefett werde dazu gegeben; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vom Mann oder von der Frau getrunken.
1 nqꜥ.wt n.t nh.t: Da der Terminus nqꜥ.wt allein spezifisch die reife Sykomorenfrucht meint, ist der Zusatz n.t nh.t in gewisser Hinsicht tautologisch.
2 nḏ snꜥꜥ rḏi̯.tj: Das Verb snꜥꜥ wird gewöhnlich als Pseudopartizip verstanden oder zumindest so übersetzt, vgl. explizit zu dieser Frage W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 175. Eine Alternativlösung wäre eine Erklärung als zweites unpersönliches Passiv parallel zu nḏ, so etwa Breasted 1930, 500 („ground, triturated“) und J. P. Allen, The Art of Medicine in Ancient Egypt (New York/New Haven/London 2005), 115 („ground, smoothed“). Bei einer Deutung als Pseudopartizip wäre der Bezug zu klären: Ist es unpersönlich aufzufassen? Bezieht es sich auf den unmittelbar zuvor genannten Vorgang nḏ: „werde zermahlen“? Oder bezieht es sich auf die zuvor genannten Drogen? Für letzteren Fall würden unter Umständen die bei Westendorf ebd. genannten, wenn auch wenigen, Einzelfälle sprechen, in denen snꜥꜥ mit zusätzlichen Pluralstrichen geschrieben ist. Ein solcher Bezug würde aber bei Rezepten mit femininen Einzeldrogen eine Form snꜥꜥ.tj erfordern, sofern man nicht von einer endungslosen Form ausgeht (s. zu dieser Frage Westendorf, ebd.). Für diese Frage ist die vorliegende Stelle von Bedeutung, da hier rḏi̯.tj folgt. Dieses kann sich eigentlich nicht auf die Gruppe von Einzeldrogen beziehen, da dann eine maskuline Form zu erwarten wäre, als ein rḏi̯(.w) (vgl. A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 511.1). Denkbar wären folgende Erklärungen: (1) Der Schreiber hat die Drogenliste allein, also noch vor der Verarbeitungsanweisung, schon als pẖr.t: „Heilmittel“ oder ꜣbḫ.t (vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 4, ob vielleicht ein „(Drogen)gemisch“?) verstanden, auf das sich ein singularisches rḏi̯.tj beziehen kann. (2) W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), 81, Anm. 1 erwähnt die Möglichkeit, dass „in gewissen Fällen Pflanzenbezeichnungen als Feminina behandelt werden“, was er aber unmittelbar darauf ablehnt, weil es dafür, abgesehen von den Ausnahmen, die er ebd. und im zugehörigen § 123: „fehlerhafte Genuskongruenz“ nennt, keine Anhaltspunkte gäbe. Die hiesige Stelle könnte u.U. diesen Ausnahmen hinzugefügt werden, denn wenn man die Pflanzenbezeichungen als Feminina aufgefasst hätte, bestünde die Liste, auf die sich rḏi̯.tj bezieht, eben nur aus Feminina.
3 rḏi̯ mꜣꜣ=s šw: Zur Grammatik vgl. bspw. Westendorf 1999, 587: „ohne sie die Sonne sehen zu lassen“. Bardinets Übersetzung (Bardinet 1995, 283) „sans permettre que le soleil voie cela“ ginge dagegen nur, wenn man in s eine Schreibung des enklitischen Personalpronomens sieht statt des Suffixpronomens. Das enklitische Pronomen ist aber gewöhnlich ausführlicher geschrieben, vgl. Westendorf 1999, § 86. Auffällig ist, dass in der folgenden Weiterverarbeitungsanweisung das singularische Personalpronomen =s durch das pluralische Pronomen =sn ersetzt wird.
Zur Übersetzung „veranlassen, dass der A das B sieht“ > „dem A das B zeigen“ vgl. J. Assmann, Ägyptische Hymnen und Gebete, Die Bibliothek der Alten Welt. Reihe der Alte Orient (Zürich 1975), 487 (Poetische Stele Thutmosis’ III.) und zu Z. 46 die Anmerkung auf S. 636.
Eb 213, vgl. Eb 208
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Verstopfung im Verdauungstrakt:
Brot von Christdornfrüchten: 1 (Dosis), [43,20] Katzenkot1: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Flaschenkürbis: 1 (Dosis), süßes Bier: 1 (Dosis), Wein: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Wörtl.: „Kot eines Katers“. Es wird aber nicht spezifisch der Kot einer männlichen Katze gemeint sein, sondern ganz allgemein Katzenkot: Wo eine männliche Tierbezeichnung existiert, wird diese in den Drogennamen als generisches Maskulinum genutzt, was besonders in den Fällen klar wird, in denen „Milch“ verwendet wird, bspw. jrṯ.t-jꜥꜣ: „Eselsmilch“.
Eb 214, vgl. pChester Beatty VIII vso. 5,1–3
Ein anderes Heilmittel für den Verdauungstrakt:
Honig: 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Wein: 1 (Dosis).
[44,1] Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde gekocht. Werde gegessen.
Eb 215
Ein anderes (Heilmittel):
Honig: 2 (Dosen), Mehl vom mjmj-Getreide: 2 (Dosen), „Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis).
Werde zu 4 fqꜣ-Kuchen für 4 Tage verarbeitet. Nachdem der Honig zuvor gekocht wurde, gibt man folglich das Mehl vom mjmj-Getreide und die „Erdhaar“-Früchte hinzu (wörtl.: lässt man ... hinabfallen). Werde über 4 Tage hinweg gegessen.
Eb 216
Ein anderes (Heilmittel) für den Verdauungstrakt:
Weihrauch: 1/64 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/64 (Oipe = 1 Dja), „((Erd))haar“-Früchte1: ein viertel (Dja), Honig: [44,5] ein viertel (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Gänsefett: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde gekocht. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 šnj-tꜣ: Der Wortbestandteil tꜣ ist in Rot über der anschließenden Mengenangabe nachgetragen.
Eb 217 = H 48
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Krankheit des jb-Herzen:
Mehl von Datteln: ein viertel (Dja), Johannisbrot: 1/32 (Dja), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: 1/64 (Oipe = 1 Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken, thb-gemacht (?)1 zu 1/32 (Oipe = 2 Dja).
1 thb.w: Wie in Eb 23 ist auch hier die Mengenangabe größer als die Gesamtmenge der Bestandteile.
Eb 218 = H 49
Ein anderes (Heilmittel):
Milch: 1/64 (Oipe = 1 Dja)1, Honig: 1/16 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 Die Mengenangabe der Milch ist nachträglich zwischen jrṯ.t und bj.t geschrieben worden. Dazu ist vorher etwas schwarz Geschriebenes, nicht mehr Identifzierbares, gelöscht worden (Stelle auch aufgeführt bei H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 43).
Eb 219
Heilmittel zum Beseitigen einer Zusammenballung von Hitze am ḥꜣ.tj-Herzen:
jns.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Grütze vom sw.t-Wildweizen: 1/8 (Dja), Gummiharz: 1/32 (Dja), ḫꜣ.w-Blätter der šzp.t-Melone (?): [44,10] 1/32 (Dja), qsn.tj-Mineral: 1/32 (Dja), Honig: ein viertel (Dja), Wasser: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 220
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Behandeln des ḥꜣ.tj-Herzens:
šzp.t-Melone (?): 1/32 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Ocker: 1/32 (Dja), frische Datteln: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Honig: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 221–241: Heilmittel gegen ꜥꜣꜥ-Giftsamen
Eb 221 = H 79
Anfang der Heilmittel zum Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens im Bauch und im ḥꜣ.tj-Herzen:
Früchte/Samen der šꜣms-Pflanze: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), Ocker: 1/64 (Dja), Honig: sfḫ (?) und ein halbes (Dja).
Werde zu [44,15] einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vor dem Schlafengehen gegessen.
Eb 222 = H 80
Ein anderes (Heilmittel):
gw-Gras: 1/8 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), Malachit: 1/64 (Dja), shr.t-Harz/-Halbedelstein: 1/32 (Dja), psḏ-Schoten: 1/32 (Dja), Honig: sfḫ (?) und ein halbes (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vor dem Schlafengehen gegessen.
Eb 223 = Eb 172, H 81
Ein anderes (Heilmittel):
Gummiharz: 1/32 (Dja), Weintrauben: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), šꜣms-Pflanzen: 1/16 (Dja), Honig: sfḫ (?) und ein halbes (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vor dem Schlafengehen gegessen.
Eb 224 = H 82
Ein anderes Heilmittel:
Erdmandeln, [44,20] zermahlen: 1/64 (Oipe = 1 Dja), ḥm.w-Teile der kꜣkꜣ-Pflanze: 1/8 (Dja), ḫs-Teile1 der Sykomore: 1/8 (Dja), frische Datteln: 1/8 (Dja), ḫꜣ.w-Blätter des Lotos: 1/8 (Dja), frischer ꜣḥ-Brei: 1/32 (Oipe = 2 Dja), Wasser: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde ausgepresst. Werde sofort getrunken.
1 ḫsꜣ.w: Als vom jmꜣ-Baum und der nh.t-Sykomore kommend genannt; mit dem Rohstoffklassifikator N33 oder dem Korn M33B (?) bzw. dem Ei H8 (?) geschrieben – das Hieratogramm ist seiner Form nach nicht eindeutig. Nur zwei Mal, im selben Rezept (Eb 224 = H 82), mit Pluralzeichen geschrieben und in der Variante des pHearst auch von einer pluralischer Genitiv-Nisbe n.w gefolgt, so dass in dem Rezept wohl ein echter Plural vorliegt. Die Identität ist unklar und meist wird keine Übersetzung angeboten. Fragend schlägt L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 62b „fructus arborum quarundam“ vor. Diese Idee wird aufgegriffen von G. A. Reisner, The Hearst Medical Papyrus. Hieratic Text in 17 Facsimile Plates in Collotype with Introduction and Vocabulary, University of California publications in Egyptian archaeology 1 (Leipzig 1905), 35 („large fruit (such as dom-nut, sycomore fig, etc.)“) und G. Jéquier, Matériaux pour servir à l’établissement d’un dictionnaire d’archéologie égyptienne, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 19, 1922, 1–271, hier: 16. Wenn F. Jonckheere, Le papyrus médical Chester Beatty, La médecine égyptienne 2 (Bruxelles 1947), 21, Anm. 7 schreibt, dass das Wb die Bedeutungen „Teig“ und „Schleim“ vorgeschlagen habe, was er selbst ablehnt, scheint er es mit ḥzꜣ verwechselt zu haben, das vom Wb tatsächlich so übersetzt wird. Denn für ḫsꜣ.w bietet Wb keine Übersetzung an. Westendorf 1999, 503 schlägt noch „Gallapfel“ vor, weil ihn das „eiförmige Determinativ (...) an eine kugelige Bildung an den Bäumen denken“ lässt. Dies allein scheint jedoch für eine Identifikation nicht ausreichend.
Eb 225, vgl. H 83
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens eines Gottes (oder) eines Untoten im Bauch eines Mannes:
Blätter [45,1] der Dornakazie: 1/32 (Dja), Blätter der Seyal-Akazie: 1/32 (Dja), qꜣꜣ-Früchte (?) der Seyal-Akazie: 1/32 (Dja), Johannisbrot: 1/8 (Dja), Salz: 1/32 (Dja), Weintrauben: 1/8 (Dja), das Innere einer Süßwassermuschel: 1/32 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), šꜣms-Pflanzen: 1/16 (Dja), Honig: sfḫ (?) und ein halbes (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde vor dem Schlafengehen gegessen.
Eb 226 = H 84
Ein anderes (Heilmittel):
jns.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), unterägyptischer Sellerie: 1/32 (Dja), qsn.tj-Mineral: 1/32 (Dja), [45,5] Honig〈wasser〉(?)1: 1/16 (Oipe = 4 Dja), Weintrauben: 1/32 (Dja), Erdmandeln: 1/32 (Dja), Brot von Christdornfrüchten: 1/16 (Dja), jbw-Pflanzen: 1/32 (Dja), Koriander: 1/16 (Dja).
Werde ausgepresst. Werde vor dem Schlafengehen getrunken.
1 Die große Menge Honig lässt schon von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 124 mit Anm. 4 zu Eb 226 und Westendorf 1999, 589, Anm. 62, beide Male mit Verweis auf Eb 277, vermuten, dass eigentlich mit Honig versetztes Wasser zu denken ist.
H 84 verschreibt nur 1/32 Dja Honig und erwähnt tatsächlich danach Wasser, nämlich in einer Menge von 2 Dja, was nach Westendorf ebenfalls zu emendieren ist. D.h. er erwägt eine Emendation von Eb 226 zu ⟨mw⟩ bj.t 1/16 und von H 84 zu mw {rʾ-32} bj.t 1/16.
Eb 2361
(([45,23] Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens am ḥꜣ.tj-Herzen:
Sellerie: 1/16 (Dja), jbw-Pflanzen: 1/32 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde gekocht. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.))2
1 Die Kolumne 45 enthielt ursprünglich 23, nach H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 53 wohl sogar 24 Zeilen (ganz schwache Verdunklungen am unteren Zeilenrand könnten Zeichenreste sein, aber ebenso gut auch bloße Verunreinigungen der Oberfläche). Beide Zeilen wurden gelöscht, um einen Nachtrag aufzunehmen, der jetzt als (neue) Zeile 45,23 firmiert. Dass dieser Nachtrag auf Eb 226 folgen sollte, zeigt das Kreuz hinter dem sḏr von Eb 226, das eine Auslassung markiert. Wreszinski 1913 hat aber, als er die Rezepte durchzählte, dieses Kreuz nicht beachtet (bzw. es in der Transkription mit einem „sic“ versehen und daher vielleicht für ein falsch gesetztes ḥsb-Zeichen gehalten) und das Rezept in Zeile 45,23 als Eb 236 gezählt, weil es scheinbar auf Eb 235 folgt, und das Rezept in 46,1 als Eb 237. So ist auch das scheinbar doppelte k.t beim Zeilenumbruch von Zeile 45,22 auf 45,23, das Wreszinski mit einem „sic“ versah, simpel zu erklären: Das k.t am Ende von Z. 45,22 gehört zum ursprünglichen Text. Das k.t am Beginn der nachgetragenen Zeile 45,23 ist keine Dittographie aufgrund des Zeilenwechsels, sondern gehört eben zum Nachtrag.
Was ursprünglich in der von Grapow behaupteten unteren Zeile *45,24 vor der Löschung gestanden hat, konnte er selbst nicht angeben. Er stellte die Möglichkeit in den Raum, dass dort ursprünglich das Rezept gestanden hat, das jetzt Zeile 46,1 bildet, von Wreszinski als Eb 237 gezählt wurde und seinerseits ebenfalls ein Nachtrag ist. In dem Fall müsste man aber erklären, was dann in Zeile 45,23 gestanden hat. Ferner kann ein mechanisches Argument gegen diese Vermutung angeführt werden: Angenommen, der Schreiber sieht sich genötigt, das ganze Rezept Eb 236 nachzutragen, hat aber nicht genügend Raum am unteren Kolumnenrand (wo ursprünglich 24 Zeilen gestanden haben). Also entscheidet er sich, so die logische Fortführung von Grapows Hypothese, ganze zwei Zeilen zu löschen, den neu gewonnenen Raum mit dem Nachtrag zu füllen, und – nur einen Teil (!) – des gelöschten Textes seinerseits über Kol. 46 nachzutragen: eben das, was jetzt die eine Zeile 46,1 bildet. Dies erscheint angesichts der Alternative, Eb 236 schlicht am oberen Rand von Kol. 45 nachzutragen, wie etwa in Kol. 31, relativ unökonomisch. Dort hätte ihm nämlich kein anderer Text im Wege gestanden, der hätte gelöscht werden müssen: Die Paginierung erfolgte erst später, es stand also noch keine Zeilenzahl im Weg (deutlich zu erkennen in Kolumne 46, wo die Paginierung den Nachtrag berücksichtigt, also hinzugefügt wurde, als dieser schon stand).
Bardinet 1995 folgt Wreszinskis Rezept-Zählung und stellt seine Übersetzung von Eb 236 nach Eb 235. Westendorf 1999, hat den Nachtrag als solchen angesehen und lässt ihn in der Übersetzung auf Eb 226 folgen.
2 Das ganze Rezept ist ein Nachtrag, s. den Kommentar am Beginn von Eb 236.
Eb 2371
(([46,1] Ein anderes (Heilmittel):
jbw-Pflanzen: 1/64 (Dja), Sellerie: 1/32 (Dja), tḥwꜣ-Pflanzen: 1/64 (Dja), süßes Bier: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde gekocht; werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.))
1 Das Rezept ist wie das vorige, Eb 236, ein Nachtrag und gehört hinter Eb 226, wie das dort stehende Kreuz zeigt. Vgl. den Kommentar zu Eb 236.
Eb 227, vgl. Bln 58
[45,6] Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens am ḥꜣ.tj-Herzen (und zum) Beseitigen von Vergesslichkeit des jb-Herzens1, Flucht des jb-Herzens2 und Stichen des jb-Herzens3:
jns.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), Sellerie: 1/16 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
1 mh.t-jb: Das Verb mhi̯ ist „vergessen“ als Antonym von sḫꜣ: „sich erinnern“. Die Verbindung des Verbs wie des davon abgeleiteten Nomens mh.t mit dem Herzen kommt auch außerhalb der medizinischen Texte vor und dürfte eine allgemeine Vergesslichkeit oder Nachlässigkeit benennen, ist also kein medizinischer Terminus für ein bestimmtes Symptom oder eine Krankheit. Dagegen vermutet W. R. Dawson, Adversaria Ægyptiaca, in: Aegyptus 12 (1), 1932, 9–16, hier: 16 in dem mhh jb: „dass das Herz vergisst“ von pEbers 102,15 Aussetzer des Pulses („intermittent pulse“) oder einen sehr schwachen Herzschlag, der nicht als Pulsschlag spürbar ist.
Als amüsanter Zufall sei darauf hingewiesen, dass der Schreiber in Eb 227 das Wort jb: „Herz“ vergessen hat und über der Zeile nachtragen musste, und dass vor diesem Rezept ganze zwei andere Rezepte vergessen oder übersehen wurden und später am Ende der Seite bzw. Anfang der folgenden Seite nachgetragen wurden.
2 wꜥr jb: H. Grapow, Kranker, Krankheiten und Arzt. Vom gesunden und kranken Ägypter, von den Krankheiten, vom Arzt und von der ärztlichen Tätigkeit, Grundriss der Medizin der alten Ägypter III (Berlin 1956), 38 übersetzt „Gedankenflucht“ (erweiterte Bedeutung von jb nicht als „Herz“, d.h. das Organ, sondern als „Gedanken“). Westendorf 1999, 590 vermeidet selbst diese Interpretation und übersetzt: „Flucht des Herzens (jb)“. Ähnlich allgemein schon Bardinet 1995, 286: „la fuite de l’interieur-jb“.
3 dm.wt jb: Auch dieser Terminus lässt sich nicht genau medizinisch fassen. H. Grapow, Kranker, Krankheiten und Arzt. Vom gesunden und kranken Ägypter, von den Krankheiten, vom Arzt und von der ärztlichen Tätigkeit, Grundriss der Medizin der alten Ägypter III (Berlin 1956), 38 erwägt „Gewissensbisse“, betont aber in der zugehörigen Anmerkung b, dass dies alles andere als sicher sei. Die Verben dm: „schärfen“ und dm: „stechen“ kommen häufiger vor; das abgeleitete Nomen dm.t: „Stich“ (auch vom Stich eines Skorpions) aber nur in wenigen, weitestgehend medizinischen und magischen Kontexten. Die Verbindung mit jb ist nur hier belegt.
Westendorf 1999, 397 erwägt für alle drei Termini auch „rein organische Fehlfunktionen des Herzens (...): Unregelmäßiger Puls, vorübergehender Schwächeanfall und Stiche in der Herzgegend.“
Eb 228
Ein anderes (Heilmittel):
Weintrauben: 1/16 (Dja), Erdmandeln: 1/8 (Dja), Brot von Christdornfrüchten: 1/16 (Dja), jbw-Pflanzen: 1/16 (Dja), Sellerie: 1/32 (Dja), [45,10] ((jns.t-Pflanzen: 1/16 (Dja),))1 Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
1 jns.t r’-16 ist am Beginn von Zeile 10 nachgetragen, offenbar nachdem zuvor die Mengenangabe von mꜣt.t gelöscht wurde, denn dieses scheint am Ende von Zeile 9 nachgetragen.
Eb 229, vgl. Eb 126
Sofort1 (wirksame) Mittel zum Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens eines Gottes (oder) eines Untoten, (und zum Beseitigen) des Schlagens (?) jeder Sache:2
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Grütze vom sw.t-Wildweizen: 1/32 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Wasser: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
1 ḥr.w-ꜥ ist hier, wie in Eb 203b, mit Pluralzeichen geschrieben, während im pEbers die Schreibung ohne Pluralstriche die übliche zu sein scheint. Auch im pHearst ist es beide Male mit Pluralstrichen geschrieben und in H 57 folgt dem Wort die pluralische Genitiv-Nisbe n.w. Dies könnte als Indikator für einen grammatischen Plural gewertet werden; auf Eb 229 folgen weitere Rezepte mit „Sofort (wirksamen) Mitteln“, so dass man hier den Plural auch inhaltlich erklären könnte: Das ḥr.w-ꜥ von Eb 229 würde sich einerseits allein auf das Rezept Eb 229 beziehen und leitet andererseits eine ganze Gruppe ähnlicher Rezepte ein; das Wort hätte hier dieselbe Ambivalenz wie pẖr.t in der Einleitung von Rezeptgruppen des Typs ḥꜣ.t-ꜥ-m pẖr.t. In Eb 203b, wo „Mittel in Form von sofort (wirksamen) Mitteln“ gemacht werden sollen, könnte der Plural vielleicht als generischer Plural interpretiert werden, auch wenn im konkreten Fall nur ein einziges Mittel folgt. Zu prüfen blieben die beiden Stellen des pHearst, ob sie eine ähnliche Ambivalenz aufweisen könnten. Andernfalls wären die Pluralstriche Teil der Klassifizierung, wie bei pẖr.t (obwohl auch gelegentlich pluralisch aufgefasst), zp, gs u.a.
2 sqr jḫ.t nb.t: Dieselbe Phrase, tlw. um ein zusätzliches Attribut ḏw.t: „übel“ erweitert, steht noch einmal in Eb 231 und ähnlich in Eb 876a. Im Wb 4, 307.7 ist beim Verb sqr eine metaphorische Bedeutung „Krankhaftes im Körper beseitigen“ angegeben, mit den beiden Stellen Eb 229 und 231 als Beleg. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 805 haben dagegen beide Stellen unter dem Lemma „Schlag, Schlagverletzung“ abgelegt. Bardinet 1995 folgt noch der Wb-Interpretation, Westendorf 1999 derjenigen von H. von Deines – W. Westendorf.
Eb 230
Ein anderes (Heilmittel), ein sofort (wirksames) Mittel zum ordnungsgemäßen Behandeln des ḥꜣ.tj-Herzens:
Feigen: 1/8 (Dja), Ocker: 1/16 (Dja), Gummiharz: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 231
Ein sofort (wirksames) Mittel zum Beseitigen (der Einwirkung) eines Untoten im Bauch, (zum) Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens eines Gottes (oder) eines Untoten (sowie) der Krankheitsauslöser (?) und des Schlagens (?) jeder üblen Sache:1
Unterägyptischer Sellerie: [45,15] 1/32 (Dja), Erdmandeln: ein viertel (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), mjmj-Getreide: 1/64 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/64 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
1 sqr jḫ.t nb.t: Dieselbe Phrase, tlw. ohne ḏw.t: „übel“, steht noch einmal in Eb 229 und ähnlich in Eb 876a. Im Wb 4, 307.7 ist beim Verb sqr eine metaphorische Bedeutung „Krankhaftes im Körper beseitigen“ angegeben, mit den beiden Stellen Eb 229 und 231 als Beleg. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 805 haben dagegen beide Stellen unter dem Lemma „Schlag, Schlagverletzung“ abgelegt. Bardinet 1995 folgt noch der Wb-Interpretation, Westendorf 1999 derjenigen von H. von Deines – W. Westendorf.
Eb 232
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von Erdmandeln: 1/8 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), Weintrauben: 1/8 (Dja), jns.t-Pflanzen: 1/16 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), gw-Gras: 1/32 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 233
Ein anderes (Heilmittel) ((zum)) Behandeln des ḥꜣ.tj-Herzens und Entfernen der Krankheitsauslöser (?):
Ocker: 1/32 (Dja), Gummiharz: 1/32 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: ein halbes Dja (?), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Grütze vom [45,20] sw.t-Wildweizen: ein halbes Dja (?), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde gekocht. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 234
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: 1/8 (Dja), Grütze vom sw.t-Wildweizen: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Wasser: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 235
Ein anderes (Heilmittel)1, ein sofort (wirksames) Mittel zum Kühlen des ḥꜣ.tj-Herzens:
Feigen: 1/8 (Dja), jns.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), Ocker: 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
1 k.t: Hier ist ein elliptisches pẖr.t zu denken, da sich das feminine k.t nicht auf das maskuline ḥr.w-ꜥ beziehen kann.
Eb 238, vgl. H 87
Ein anderes (Heilmittel),1 [46,2] ein sofort (wirksames) Mittel zum ordnungsgemäßen Beseitigen des ꜥꜣꜥ-Giftsamens im Bauch und im ḥꜣ.tj-Herzen:
Mehl von jbw-Pflanzen: 1/64 (Dja), Mehl vom Koriander: 1/16 (Dja), süßes Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde vor dem Schlafengehen getrunken.2
1 k.t steht am Ende von Zeile 45,22. Die jetzt auf dem Papyrus stehenden Rezepte Eb 236 und 237 = Zeile 45,23 und 46,1 sind Nachträge, die hinter Eb 226 = Zeile 45,6 gehören. Vgl. zu den Details den Kommentar zu Eb 236. Dementsprechend wird das k.t von 45,22 von Grapow 1958, 261 und von Westendorf 1999, 590, Anm. 63 dem Rezept Eb 238 zugeschlagen. Da aber unklar ist, was vor der Rasur in Zeile 45,23 gestanden hat (s. wiederum den Kommentar zu Eb 236), ist auch nicht auszuschließen, dass das k.t zu einem weiteren, ansonsten völlig getilgten Rezept gehört. Auch das ḥr.w-ꜥ ist ein Nachtrag, denn es wurde vor die Zeile 46,2 in den Kolumnenzwischenraum geschrieben, hat also vielleicht ursprünglich in der letzten Zeile von Kolumne 45 gestanden. Eigentlich hätte der Korrektor dann auch den Kasus der Genitivnisbe n.t anpassen müssen.
Bardinet 1995, der die Rezepte entsprechend der Nummerierung von Wreszinski 1913 übersetzt, ohne die Umstellung von Eb 236 und 237 zu berücksichtigen, hat das k.t von 45,22 nicht mit übersetzt, sondern beginnt mit „Potion-her-â“.
2 Sic. Es gibt keine Verarbeitungsanweisung („werde zu einer Masse gemacht“ o.ä.).
Eb 239, vgl. Bln 115, Eb 174
Ein anderes (Heilmittel):
jbw-Pflanzen: 1/64 (Dja), Koriander: 1/16 (Dja), tḥwꜣ-Pflanzen: 1/64 (Dja), šꜣms-Pflanzen: 1/16 (Dja), [46,5] mjmj-Getreide: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), Honig: ein halbes (Dja).
Werde gekocht. Werde vor dem Schlafengehen gegessen.
Eb 240
Ein anderes (Heilmittel):
Wasser einer Gerste, deren Inneres herausgeholt wurde1 (in Form von?) Gerste, zerstampft und gekocht:2 1/64 (Oipe = 1 Dja), qst.t-Pflanzen: 1/16 (Dja), Johannisbrot: 1/32 (Dja), Honig: 1/16 (Dja), mw.t-Teile der rkrk-Pflanze: 1/32 (Dja), 〈... der〉 Sykomore: 1/32 (Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst; werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 jt šdi̯ ẖn=sn: Auffälligerweise wird hier mit einem pluralischen Suffixpronomen auf das Kollektivum jt zurückverwiesen. Dies wird aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass jt auch als Plural aufgefasst wurde. Zu nicht stimmiger Numeruskongruenz zwischen Kollektiva und Suffixen vgl. schon A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 510.2. Ähnliches findet sich bspw. auch bei der Erwähnung von Tributabgaben, wo davon die Rede sein kann, dass ein singularisches Land mit „ihren“ (d.h. der Bewohner) Abgaben genannt wird, etwa in pSallier I, 1,2.
2 mw n.w jt šdi̯ ẖn=sn jt sḥm psi̯: Ebbell 1937, 58 sieht hierin zwei Drogenangaben: „barley-water whose substance is removed, pounded and toasted barley“. Ebenso von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 149: „Gerstenschleim (...), dessen Inhalt (...) herausgenommen ist; Gerste, zerstampft, gekocht“; und Bardinet 1995, 287: „eau d’orge, débarassée de son contenu (= l’orge trempée); orge écrasée et cuite“. Weil bei der ersten Droge dann aber die Mengenangabe fehlen würde, erwägen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 126, dass vielleicht auch nur eine einzige Drogenbezeichnung vorliegen könnte. So dann auch Westendorf 1999, 592: „Wasser (Schleim) von Gerste, deren Inhalt herausgeholt ist, (und zwar hergestellt aus) Gerste, zerstampft (und) gekocht“.
Eb 241
Ein anderes (Heilmittel) zum Abwehren des ꜥꜣꜥ-Giftsamens:
nḥbw.t-Droge1 von Balken: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben). Werde darauf (d.h. auf die betroffene Stelle) gegeben.
1 nḥbw.t: Hapax legomenon unbekannter Bedeutung. Die hier vorgeschlagene Spezifizierung in Richtung auf etwas Flüssiges beruht einzig auf der Klassifizierung mit dem Topf. Die Herkunftsangabe n.t zꜣw macht diese Lesung zugegebenermaßen anzweifelbar; am ehesten wäre noch ein Harz o.ä. denkbar. Die von Westendorf 1999, 501 für die gesamte Verbindung nḥbw.t n.t zꜣw gegebene Übersetzung „Knospen von Zweigen“ (mit Verweis auf J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 51 (Leiden 1970), 81, Anm. 124) ist sehr fraglich: Zum einen ist Borghouts’ Gleichsetzung des hier stehenden nḥbw.t mit den nḥb.t-Knospen aufgrund der unterschiedlichen Klassifikatoren problematisch; zum anderen hat Borghouts selbst, a.a.O., 147, Anm. 351 die Wb-Belege für zꜣw: „Zweige“ (Wb 3, 419.19) als Fehlschreibungen erklärt (die von ihm stattdessen gegebenen Zusatzbelege sind ihrerseits ebenso fraglich). Westendorf 1999, 592, Anm. 66 vermerkt, dass die äußerliche Anwendung ungewöhnlich sei.
Eb 242–260: Heilmittel gegen Kopfschmerzen und andere negative Einwirkungen von Göttern
Eb 242–247: Die sogenannten „Göttermittel“
Eb 242
[46,10] Anfang der Heilmittel: Was Re für sich selbst bereitet hat:1
Honig von mittlerer Hitze (wörtl.: Honig zwischen den beiden Hitzen): 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), ẖpꜣ-Kügelchen (?)2 des Weihrauchs: 1 (Dosis), Früchte/Samen der sꜣr-Pflanze: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), mw.t-Teile vom gw-Gras: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḏꜣjs-Pflanze: 1 (Dosis), jbw-Pflanzen: 1 (Dosis), ḫꜣs.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), Bestes (?) 〈vom〉 Weihrauch:31 (Dosis), prš-Droge4: 1 (Dosis), Koriandersamen: 1 (Dosis), ẖpꜣ-Kügelchen (?)2 des Stech-Wacholders: 1 (Dosis), ẖpꜣ-Kügelchen (?)2 der ꜥš-Konifere: 1 (Dosis), frischer ꜣḥ-Brei5: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Das Leiden werde darüber verbunden.
[46,15] Das (dient dem) Beseitigen der Einwirkung eines Gottes, 〈einer Göttin,〉6 eines Untoten, einer Untoten, eines Krankheitsauslösers (?), einer Krankheitsauslöserin (?) in allen Körperteilen eines Mannes, so dass ihm sofort angenehm ist.
1 Wörtlich steht da: „Anfang des Heilmittels, das Re für sich selbst hergestellt hat.“ Die folgenden Rezepte sind zwar ebenfalls für Re hergestellt, aber von anderen Göttern. Daher hat pẖr.t an dieser Stelle im Grunde eine doppelte Funktion:
Zum einen dient es zusammen mit ḥꜣ.t-ꜥ-m der Einleitung dieser Rezeptgruppe der sogenannten „Göttermittel“ und bildet die von der Präposition m geforderte Nominalphrase – dieser syntaktisch notwendige Zusammenhang schließt auch die Möglichkeit aus, mit Bardinet 1995, speziell S. 288, die ḥꜣ.t-ꜥ-m-Anfänge mit einem einfachen „Commencement“ zu übersetzen, als läge damit eine eigenständige Überschrift vor.
Zum zweiten bildet es die Einleitung des Einzelrezeptes Eb 242, nämlich des Rezeptes, das Re für sich selbst hergestellt hat. Die Übersetzung versucht, diese doppelte Funktion widerzuspiegeln.
2 ẖpꜣ: Ein unbekannter Bestandteil von ꜥš-Koniferen, Stech-Wacholder, Grenadill-Bäumen, aber auch von Weihrauch (d.h. vielleicht von Weihrauchbäumen?). Ein weiteres, scheinbar gleich geschriebenes Wort ẖpꜣ ist ferner als Teil des Malachit belegt; s. hierzu die Diskussion zu ḥsb.w. Die Bedeutung von ẖpꜣ ist unklar. L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 61a sowie H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VII (Leipzig 1882), 962 verbinden es noch mit dem gleichgeschriebenen Wort für „Nabel“ und verstehen in der Drogenbezeichnung eben analog den „Nabel“ oder die „Lende“, wobei letzteres im metaphorischen Sinne für die Genitalien steht, wie Sterns Verweis auf koptisch (ϣⲓⲡⲉ,) ϣⲓⲡⲓ: „Scham“ zeigt. In Wb 3, 365–366 sind dagegen ẖpꜣ: „Nabel“ und die ẖpꜣ-Droge als verschiedene Lemmata aufgefasst. Dawson vermutet Harzperlen; Gardiner, der die äußere Form als Tertium comparationis zwischen den beiden ẖpꜣ-Begriffen sah, Nadeln (beide genannt bei J. W. B. Barns, Five Ramesseum Papyri (Oxford 1956), 18). H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 413 lehnen letztere Bedeutungen aber ab, weil sie nicht auf alle Verbindungen von ẖpꜣ passt. R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 51 lehnt auch Dawsons Interpretation ab, weil der von ihr mit Dahlbergia melanoxylon identifizierte hbnj-Baum kein Harz absondert. Dennoch schlägt sie vor, die Suche nach der Bedeutung zumindest auf perlenförmige Objekte zu beschränken, worauf ihrer Ansicht nach der Klassifikator hindeuten könnte, und denkt an Kügelchen.
Ein alternativer Interpretationsversuch geht schon auf Ebers 1889, 225 mit Anm. 40 zurück: Mit Verweis auf Dioskurides I 129, wo Ebenholzspäne verordnet werden, schlägt er mit aller Vorsicht „Späne“ vor; er erwägt einen Zusammenhang mit koptisch ϣⲱⲃ: „scheren“ und vermutet, dass ẖpꜣ das Abgeschorene, Geschnittene, Abgehobelte bezeichnen könnte. Sicher gehen Ebbell 1937, 69: „chip“ und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 80: „écaille“ darauf zurück.
Westendorf 1999, 504 nennt dann sowohl „Harzperlen“ als auch „Schuppen“, setzt aber beides in Fragezeichen. Auf S. 611 entscheidet er sich für „Schuppen“.
3 ḫnt.t m snṯr: In Eb 242 ohne m geschrieben, in den anderen Belegen mit m, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 401 zufolge ist das m dort wohl aufgrund des Zeilenwechsels ausgefallen. Wreszinski 1913 und Barns vermuten eine Qualitätsangabe: „allerfeinstes snṯr“; vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 401, die diese Interpretation aber ablehnen. Da es in Eb 256 als Einzeldroge für eine Salbe („der Kopf werde damit gesalbt“) verwendet wird, vermuten H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) stattdessen eine Droge mit „salbenartige[r] Konsistenz“. Dieser Begründung folgt auch R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), die als weiteres Argument noch hinzufügt, dass es in Eb 242 neben Harzperlen genannt wird. Westendorf 1999, schließt sich H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) und Germer an und vermutet, dass bei der Droge „wahrscheinlich mit einem kostbaren Salböl ‚veredelter‘ Weihrauch“ vorliege. Es ist zumindest anzumerken, dass B. Koura, Die „7-Heiligen Öle“ und andere Öl- und Fettnamen. Eine lexikographische Untersuchung zu den Bezeichnungen von Ölen, Fetten und Salben bei den alten Ägyptern von der Frühzeit bis zum Anfang der Ptolemäerzeit (von 3000 v. Chr. – ca. 305 v. Chr.), Aegyptiaca Monasteriensia 2 (Aachen 1999), keine von der Präposition ḫntj abgeleiteten Ölnamen kennt.
Bardinet 1995, lässt ḫnt.t unübersetzt.
4 prš: Vgl. die Diskussion bei H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 203 und bei J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 145–166: Wohl identisch mit demotisch prš und koptisch ⲡⲏⲣϣ̄. Das koptische Wort kann eine rotfärbende Substanz (Äquivalent zu griechisch μίλτος), Rostpilze (Äquivalent zu griechisch ἐρυσίβη) oder Ungeziefer benennen, vgl. W. E. Crum, A Coptic Dictionary (Oxford 1962), 269b. Das demotische Lemma ist auf dem magischen Papyrus London-Leiden, V,4 (zu weiteren Stellen s. im TLA) belegt: Dort soll bei einer Divination eine Lampe ohne prš verwendet werden; in ähnlichen Anleitungen auf griechischen magischen Texten steht das Adjektiv ἀμίλτωτος: „ungerötelt“, vgl. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 145–146 mit Verweis auf F. Ll. Griffith – H. Thompson, The Demotic Magical Papyrus of London and Leiden, 3 Bd. (London 1904–1909), Vol. I, 44; beide beziehen sich auf P. Mag. Gr. Leid. V (d.h. C. Leemans, Papyri Graeci Musei Antiquarii Publici Lugduni-Batavi (Lugduni Batavorum 1843-1885), Vol. II) = K. Preisendanz, Papyri Graecae Magicae. Bd. II (Leipzig/Berlin 1931), Nr. XII resp. pLeiden I 384 Verso, Kol. I,22 und IV,25, sowie auf G. Parthey, Zwei griechische Zauberpapyri des Berliner Museums, Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin 1866 (Berlin 1866), = K. Preisendanz, Papyri Graecae Magicae. Bd. I (Leipzig/Berlin 1928), Nr. I resp. pBerlin P 5025 A und B, Zeile 277. Aufgrund dessen schließt Harris, dass auch das demotische prš, ähnlich dem koptischen, einem griechischen μίλτος entspricht. Dieses wiederum benennt verschiedene rote Materialien, wie rote Erde oder Ocker, rotes Blei, Rostpilze oder Blut, vgl. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 146 und H. G. Liddell – R. Scott, A Greek-English Lexicon. Revised and augmented throughout by Sir Henry Stuart Jones (Oxford 1940), 1134, s.v. μίλτος. Davon ist die erste Bedeutung die am weitesten verbreitete. Harris kommt daher zu dem Schluss, dass prš, auch schon das vordemotische, „a red ochreous earth“ bezeichne.
In Philae, also in ptolemäischer Zeit, wird prš einmal mit dem Pflanzenklassifikator geschrieben und in Edfu wird einmal gesagt, dass es eine Bezeichnung für Beeren vom Stech-Wacholder, pr.t wꜥn, sei. A. Lüchtrath, Das Kyphirezept, in: D. Kurth (Hrsg.), Edfu. Bericht über drei Surveys. Materialien und Studien, Die Inschriften des Tempels von Edfu. Begleitheft 5 (Wiesbaden 1999), 97–145, hier: 126 erwägt, darin eventuell spezifischer ein „Fruchtmus aus zerstampften Wacholderbeeren“ zu sehen, und deutet einen Zusammenhang mit der Drogenbezeichnung der medizinischen Texte an. Zumindest in älterer Zeit können prš und pr.t wꜥn tatsächlich nicht vollkommen identisch gewesen sein, so dass Lüchtraths Vorschlag, in ersterem nicht einfach nur Beeren vom Stech-Wacholder zu sehen, nachvollziehbar ist. Denn im Rezept Eb 655 werden beide Drogen zusammen genannt und laut H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 418 wird in keiner Drogenaufzählung dieselbe Droge zweimal genannt. Warum Lüchtrath für das prš in Philae eine spezifisch breiige Konsistenz annimmt, schreibt sie aber nicht; über die Konsistenz des prš der medizinischen Texte gibt es jedenfalls keine unabhängige Auskunft, so dass diese einem diesbezüglichen Vergleich nicht dienlich sind.
In einer Ölliste auf einem Sarg der 12. Dynastie gibt es eine Ölbezeichnung prš.t, vgl. B. Koura, Die „7-Heiligen Öle“ und andere Öl- und Fettnamen. Eine lexikographische Untersuchung zu den Bezeichnungen von Ölen, Fetten und Salben bei den alten Ägyptern von der Frühzeit bis zum Anfang der Ptolemäerzeit (von 3000 v. Chr. – ca. 305 v. Chr.), Aegyptiaca Monasteriensia 2 (Aachen 1999), 242 = J.-E. Gautier – G. Jéquier Mémoire sur les fouilles de Licht, Mémoires publiés par les membres de l’Institut français d’archéologie orientale 6 (Le Caire 1902), Taf. 23. Ob dies mit der Drogenbezeichnung und/oder dem ptolemäischen Lemma zusammenhängt, ist unklar.
5 Der Abstrich des ꜣ von ꜣḥ liegt über dem Einerstrich des vorangegangenen ẖpꜣ n ꜥš. Also hat der Schreiber selbst bei so kurzen roten Passagen wie den Einerstrichen in diesem Rezept die Binse jedes Mal gewechselt und nicht etwa kurze Freiräume gelassen und sie dann alle auf einmal gefüllt.
6 Obwohl weder von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 noch von Bardinet 1995 oder Westendorf 1999 vermerkt, wird man wohl aus Gründen der Systematik ein weibliches Pendant zu „Gott“ ergänzen können.
Eb 243 = H 71
Ein anderes,1 das zweite Heilmittel, das Schu für sich selbst bereitet hat:2
Mehl vom sw.t-Wildweizen: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Mehl vom Koriander: 1 (Dosis), Ruß von der Wand: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Mehl von Langbohnen: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), qst.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Pflanzenbrei: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Das Leiden werde darüber verbunden.
1 Der Anfang ist nicht als Rubrum geschrieben, um es von dem vorigen Rezept, das mit einem Rubrum endet, abzusetzen.
2 Wie im vorigen Rezept steht „jri̯.t.n Gottesname ḥr=f ḏs=f“. Die folgenden Rezepte zeigen aber, dass die genannten Gottheiten das Rezept nicht für sich selbst, sondern für Re anfertigen. Vermutlich bezieht sich Wreszinskis „sic“ auf diese Inkonsistenz (Wreszinski 1913). Bardinet 1995 und Westendorf 1999 haben dagegen so übersetzt, wie es dasteht.
Eb 244 = H 72
Ein anderes, das dritte Heilmittel, [46,20] das Tefnut für Re selbst bereitet hat:
Mehl von ꜥmꜥꜥ-Körnern (der Gerste / des Emmers): 1 (Dosis), šnf.t-Früchte: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis).
Werde zu irgendeiner Masse zusammengeschlossen.1
Jedes Leiden, jede Einwirkung eines Gottes oder einer Göttin werde (darüber) verbunden, so dass ihm sofort angenehm ist.
1 ḫtm m (j)ḫ.t nb.t: Es ist zumindest der Lexik zufolge keine „masse homogène“ (so Bardinet 1995), sondern eher mit Westendorf 1999 „irgendeine Masse“. Vielleicht ist auch, dem allgemeineren Anwendungsspektrum entsprechend, „jede (Art) Masse“ gemeint.
Eb 245 = H 73
Das vierte Heilmittel, das Geb für Re selbst hergestellt bereitet hat:
Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Mehl von tḥwꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), Mehl vom „Stechholz“: 1 (Dosis).
Werde mit „Selbstentstandenem“ vom Dattelsaft fein zermahlen.
[47,1] Jedes Leiden, (verursacht) durch eine Einwirkung eines Gottes, (und) jede üble Sache werde (darüber) verbunden, so dass 〈ihm〉 sofort angenehm ist.
Eb 246 = H 74
Das fünfte Heilmittel, das Nut für Re selbst bereitet hat:
Ziegel der Mauer: 1 (Dosis), Spitzen/Triebe (?) des qꜣd.t-Kriechkrauts: 1 (Dosis), Kalk (?) vom Ufer eines Gewässers:1 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), frischer ꜣḥ-Brei: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Honig:2 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis), Laib eines šns-Brots: 1 (Dosis).
Werde gekocht; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet.
Jedes Leiden, (verursacht) durch [47,5] einen Krankheitsauslöser (?) (oder) durch eine Krankheitsauslöserin (?), durch die Einwirkung (eines Gottes / Untoten) (oder) durch jede (andere) Sache, werde darüber verbunden.
1 jnr n sp.t mw: Wörtl.: „Stein vom Ufer eines Gewässers“. B. Ebbell, Die ägyptischen Drogennamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 64, 1929, 48–54, hier: 49–50 vermutet darin die Schalen von Meerestieren und verweist auf ähnliche Bezeichnungen bei Dioskurides; außerdem werden der von Dioskurides genannte asbestos ex tôn lithôn kochlakôn („Kalk von Steinkieseln“) und jnr n sp.t mw gegen dieselben Erkrankungen angewendet. Vgl. auch J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 184.
2 {qmy}.t: Ein Schreibfehler aufgrund des Zeilenumbruchs? Am Ende von 47,3 steht der auffliegende Vogel, mit dem im Ebers qmy.t „Gummi“ geschrieben ist. Am Beginn der folgenden Zeile stehen t, Ersatzstrich, Krug und Pluralstriche. Dieselbe Schreibung, ebenfalls bei einem Zeilenumbruch, kommt in Eb 317 vor. Das Parallelrezept H 74 schreibt an der Stelle bj.t: „Honig“. Wreszinski 1913, 73 hat den Vogel mit einem „sic“ versehen, denkt also sicher, dass im Ebers ebenfalls bj.t zu lesen ist. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 261 übersetzen „Honig“, ohne auf die Schreibung einzugehen, und in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 157 sind die beiden Stellen Eb 246 und 317 sogar so aufgenommen, als wären sie mit der Biene geschrieben. Westendorf 1999, 593 übersetzt ebenfalls schlicht „Honig“. Ebbell 1937, 59 liest dagegen „gum“, ebenso Bardinet 1995, 289: „gomme“ (wobei er interessanterweise die Stelle Eb 317 emendiert und auf S. 299 „miel“ übersetzt). Insgesamt spricht die Schreibung doch eher für „Honig“: Zwar gibt es Schreibungen von qmy.t mit dem Gefäß, aber im Ebers wird das Wort durchgängig mit dem Kreis klassifiziert (vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 516). bj.t wird im Ebers dagegen immer mit dem Gefäß klassifiziert, auch wenn die Schreibung speziell mit dem Ersatzstrich nur in den beiden genannten Stellen vorliegt.
Eb 247 = H 75
Ein anderes, das sechste (Heilmittel), das Isis für Re selbst bereitet hat, um die Krankheit zu beseitigen, die in seinem Kopf ist:
Koriandersamen: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), sꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), Früchte/Samen der šꜣms-Pflanze: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde mit diesem Honig vermengt.
(Die schmerzende Stelle) werde darüber verbunden, so dass ihm sofort angenehm ist.
Was jeden anbetrifft, für den dieses Heilmittel bereitet1 wurde bei jeder Krankheit im Kopf, bei jeder schlimmen und üblen Sache: [47,10] Ihm wird sofort angenehm sein.
1 jrr.w: Wreszinski 1913, 73 transkribiert jri̯.tw oder jri̯=tw; so auch Grapow 1958, 446. Das Parallelrezept H 75 schreibt jrr=j. Als passives Verb, d.h. jri̯.tw, fasst Ebbell 1937, 59 die Stelle auf, muss dann jedoch das nb.t nach n=f als fehlerhaft tilgen: „If this remedy is made for him“. Vergleichbar von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 260, nur mit der Lesung als aktives Verb, d.h. jri̯=tw: „Wenn man ihm dieses Heilmittel macht“. Laut W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), S. 163, Anm. 1 ist jedoch jrr.w zu transkribieren: „was jeden anbetrifft, dem man dieses Heilmittel macht“ (vgl. seine Übersetzung der Hearst-Stelle oben auf S. 163 und S. 222). Auf S. 220 führt er die Stelle dementsprechend als Beleg für ein Passivpartizip auf. So findet es sich dann auch bei Westendorf 1999, 593: „Was jeden anbetrifft, dem dieses Heilmittel gemacht wird“. Er kann zumindest nb stehen lassen, muss aber die Schreibung des Hearst als fehlerhaft auffassen. Bardinet 1995, 289 (vgl. auch 56–57) scheint sich in der Wahl der 1. Person vom Hearst leiten zu lassen, teilt aber die partizipiale Auffassung des jri̯: „Quiconque à qui j‘ai préparé cette médication“.
Eb 248–260: Heilmittel gegen Kopfschmerzen
Eb 248 = H 76
Heilmittel zum Beseitigen einer Einwirkung im Kopf:1
Inneres vom Johannisbrot: 1 (Dosis), ḫs-Teil des jꜣm-Baumes: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), šfšf.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Gräten vom Nilbarsch, gekocht: 1 (Dosis), (Gräten vom) Roten Nilbuntbarsch, gekocht: 1 (Dosis), Schädel vom Fiederbartwels, gekocht: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), jbr-Öl: 1 (Dosis).
Der Kopf werde damit über 4 Tage hinweg eingerieben.
1 Die Rezeptgruppe 248ff. wird nicht durch ḥꜣ.t-ꜥ-m o.ä. eingeleitet, ist aber durch das Fehlen der Götternamen von der vorigen Gruppe abgegrenzt. Allerdings vermutet Grapow 1955, 119 einen Zusammenhang mit der vorigen Gruppe insofern, als die Mittel Eb 243–247, also bis auf das erste alle „Göttermittel“, ihre Parallele in der Gruppe H 71–75 haben, und die Rezepte Eb 248 und 249 auch in der Parallele an die „Göttermittel“ anschließen und dort H 76 und H 77 bilden. Grapow 1955 vermutet ebd., dass diese Rezepte gegen „Einwirkungen im Kopf“ an die „Schmerzen im Kopf“ von Eb 247 anknüpfen. Auch das Rizinus-Rezept Eb 251 sei vielleicht über eine solche Assoziation mit den „Göttermitteln“ verbunden, weil als erste Anwendungsweise die Behandlung des Kopfes genannt würde. Damit gliedert Grapow 1955 die Mittel Eb 242–247 als 7. Rezeptgruppe, die Rezepte Eb 248–250 und 252–260 als 8. Abschnitt und den eingeschobenen Text Eb 251 als 9. Abschnitt, eben mit den genannten inhaltlichen Verbindungsmöglichkeiten zur 7. Gruppe. Westendorf 1999, folgt in seiner Aufteilung des Ebers dieser Gruppierung. Bardinet 1995, 288–291 ordnet dagegen alle Rezepte Eb 242–260 seiner „Groupe 4: Onguents protecteurs et maladies de la tête“ zu und untergliedert lediglich in Eb 242–247 („Groupe 4,A: Onguents protecteurs d’usage général (protégeant la guérison, empêchant le récedives)“) sowie Eb 248–260 („Groupe 4,B: Onguents protecteurs pour certaines maladies de la tête et dernières recettes pour la tête“).
Eb 249 = H 77
Ein anderes (Heilmittel):
Dillsamen: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), Koriandersamen: 1 (Dosis), Konyza (?): 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis), Eselsfett: 1 (Dosis).
Der Kopf werde damit eingerieben1.
1 wrḥ scheint teilweise über einer Rasur zu stehen.
Eb 250, vgl. Eb 7301
Ein anderes (Heilmittel) für eine Krankheit in der Hälfte des Kopfes:
Schädel [47,15] des Welses: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben). Der Kopf werde damit über 4 Tage hinweg gesalbt2.
1 Weitere Literatur zu diesem Rezept, besonders zur Definition der Krankheit:
Pommerening 2010, 153–174, spez. 164–172.
2 gs dp: „den Kopf salben“: Ein Wortspiel mit gs dp: „Hälfte des Kopfes“? Auffälligerweise wird für den Vorgang des Salbens im vorigen Rezept, das für allgemeinere Beschwerden im Kopf gedacht ist, das Verb wrḥ verwendet. Ist das Wortspiel vielleicht sogar umfassender, so dass man etwa mḥr.t m gs dp mit dem mḥr.t gs dp jm vergleichen könnte?
Eb 251, vgl. Eb 25 und 123
Kenntnis dessen, was aus/mit der Rizinuspflanze hergestellt werden (kann) nach (Anweisungen),1 die in Schriften alter Zeiten gefunden wurden,2 (eine Kenntnis,) die etwas für die Menschen Nützliches/Wirksames (ist):
[Eb 251a] Seine (d.h. des Rizinus) Wurzeln werden in Wasser zerstoßen (und) werden an den Kopf dessen3 gelegt, der krank ist: Er wird folglich sofort gesund, als ob er nicht krank war. [Eb 251b] {Wenn}4 Auch (kann) von dem Mann5 mit Diarrhoe (?)6 mit/als (?) Kot etwas von seinem Samen7 zusammen mit Bier gekaut werden.
Das (dient dem) Beseitigen einer Krankheitserscheinung im Bauch des Mannes.
[Eb 251c] Auch (kann) [47,20] man mit seinem Samen das Haar einer Frau wachsen lassen:
Werde zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde in Öl/Fett gegeben. Die Frau8 salbt folglich ihren Kopf damit.
[Eb 251d] Auch9 wird sein Öl aus seinem Samen hergestellt, um den zu salben, der ein wḥꜣ.w-Hautleiden infolge von Flattern (?) und Faulen (oder: Taumeln) (hat), wobei das Aufstehen/Stillstehen (?) der rjwm-Körperteile (?)10, als [48,1] ob ihm (d.h. dem Mann?) nichts zugestoßen wäre, schwierig ist.
Um sie (d.h. die genannten Krankheitsphänomene) zu beseitigen, soll er (d.h. der Patient) aber beim Einreiben entsprechend der 10-Tage(-Kur), (genauer:) während des frühmorgendlichen Einreibens,11 berochen werden.
(Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich, Millionen Mal (erprobt)!
1 jrr.wt m wird in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 332, Abschnitt F.II.a.1 als „herstellen aus“ verstanden (so schon H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 25; und H. von Deines – W. Westendorf folgend von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 307 und Westendorf 1999, 594). Es wäre auch denkbar, das m instrumental aufzufassen (so V. Loret, Le ricin et ses emplois médicinaux dans l’ancienne Égypte, in: Revue de médecine 22, 1902, 687–698, hier: 696, Anm. 1; DZA 21.285.380, W. R. Dawson, Studies in Medical History. (a) The Origin of the Herbal. (b) Castor-Oil in Antiquity, in: Aegyptus 10, 1929, 47–72, hier: 53, Anm. 1; Ebbell 1937, 59; Grapow 1955, 49 und Bardinet 1995, 290).
2 m sẖꜣ.w js.wt: Stern, in: Ebers 1875, 7 gibt für js.wt die adjektivische Bedeutung „vetus“ vor, und so wird es in der nachfolgenden, älteren Literatur immer verstanden: H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 25 („in einem alten Buche“), Joachim 1890, 62 („in alten (...) Bücher[n]“), V. Loret, Le ricin et ses emplois médicinaux dans l’ancienne Égypte, in: Revue de médecine 22, 1902, 687–698, hier: 696 („d’anciens écrits“), DZA 21.285.380 („in einem alten Buch“), W. R. Dawson, Studies in Medical History. (a) The Origin of the Herbal. (b) Castor-Oil in Antiquity, in: Aegyptus 10, 1929, 47–72, hier: 53 („in an ancient book“), Ebbell 1937, 59 („in old writings“). Dieser adjektivische, attributive Gebrauch von js.wt ist hier aber nicht möglich, weil js.wt feminin ist, sẖꜣ.w aber maskulin. Daher wird js.wt in der jüngeren Literatur immer als Nomen und sẖꜣ.w js.wt als Genitivverbindung interpretiert. Der Übergang erfolgt in Grapow 1955, 101 übersetzt noch „in alten Schriften“, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 307 aber schon „in Schriften alter Zeit“, vgl. auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 104. So dann bei G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 48 („dans des écrits de l’ancien temps“), Westendorf 1999, 594 („in Schriften der alten Zeit“) und Bardinet 1995, 290 („dans des écrits de l’ancien temps“).
3 Hinzufügung der Genitivnisbe und damit Substantivierung der Relativphrase mit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 231, Anm. 2 zum hiesigen Rezept. Bardinet 1995 wie Westendorf 1999 beziehen n.tj dagegen auf den „Kopf“.
4 Emendation des jr zu jw mit Westendorf 1999, 594, Anm. 69. In den Teilen c und d hat der Schreiber ebenfalls zunächst jr geschrieben und es dann in jw verbessert. Prinzipiell sind aber dieser und der folgende Satz durch ein temporales oder konditionales Verhältnis miteinander verbunden; es wäre daher auch möglich, den Satz so zu belassen, wie er ist, und in diesem Satz die Protasis, im folgenden Satz die Apodosis eines Konditionalsatzes anzusetzen.
5 ḫr s: Der Anschluss des Agens mittels der Präposition ḫr ist sehr selten. Üblich ist ein Anschluß mit jn oder n.
6 whj: Eine selten genannte Krankheitserscheinung, die neben dem allgemeinen Klassifikator Gardiner Sign-list Aa2, dem „schlechten Paket“, im Rezept H 19 mit den drei Wasserlinien geschrieben ist, also vielleicht etwas Flüssiges bezeichnet. H 19 verschreibt gekochtes (psi̯) Rinderblut dagegen. Das davorstehende Rezept H 18 ist eines gegen Ausscheiden von Blut, woraus H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 202 folgern, dass whj mit Blut verbunden sei. In pLansing, 10,1–2 wird es dadurch verursacht, dass der Betroffene zu wenig Trinkwasser zur Verfügung hat, das zudem faulig und salzig ist (A. H. Gardiner, Late-Egyptian Miscellanies, Bibliotheca Aegyptiaca 7 (Bruxelles 1937), 108, R. A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954), 401).
Joachim 1890, 62 schlägt für whj m ḥs, sicher basierend auf dem Verb whi̯: „entgehen, entkommen, verfehlen“, eine Übersetzung als „Mangel an Excrementen“, d.h. Verstopfung, vor. Dieselbe Interpretation findet sich bei V. Loret, Le ricin et ses emplois médicinaux dans l’ancienne Égypte, in: Revue de médecine 22, 1902, 687–698, hier: 696: „lorsque l’on a une absence de selles“ und bei W. R. Dawson, Studies in Medical History. (a) The Origin of the Herbal. (b) Castor-Oil in Antiquity, in: Aegyptus 10, 1929, 47–72, hier: 53: „a person who is constipated“. Auch G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 135 hält diese Interpretation zumindest noch für möglich.
B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 59, 1924, 55–59, 144–149, hier: 148 vergleicht das Rezept H 19 dagegen mit Dioskurides, De mat. med. II 79, wo gebratenes Blut verschiedener Tiere gegen Dysenterie und „Bauchflüsse“ verschrieben wird. Obwohl unter den Tieren, deren Blut laut Dioskurides helfen soll, kein Rind genannt wird, hält Ebbell die Ähnlichkeiten für ausreichend, in whj eine Bezeichnung von Diarrhoe oder Dysenterie zu sehen. In Ebbell 1937, 59 entscheidet er sich dann für das weniger spezifische „looseness in his excrements (diarrhea)“. Dem schließt sich Westendorf 1999, 594 an: „Durchfall im Kot“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 307, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 135 und Bardinet 1995, 290 übersetzen whj dagegen nicht.
Wenn man whj als Diarrhoe versteht, wäre noch zu klären, wie in Eb 251b der präpositionale Anschluss m ḥs zu interpretieren ist. „Durchfall im Kot“, wie Ebbell und Westendorf 1999 vorschlagen, ist jedenfalls anzweifelbar, denn der „Durchfall“ wäre eine Erscheinungsform des Kots, aber wäre kaum etwas „im“ Kot. Sollte es ein „m of predication“ sein: „Durchfall als Kot“?
7 tꜣy=f pr.t: Mehrere griechische Autoren erwähnen den Gebrauch von Rizinusöl in Ägypten als Lampenöl und schreiben, dass die Ägypter die Rizinuspflanze κίκι genannt hätten. Auf dieser Zuschreibung basiert die Annahme in älterer Literatur, dass das kꜣkꜣ der medizinischen Texte dieses κίκι sei. Mit Verweis auf einige Texte der 3. Zwischenzeit und Spätzeit, namentlich die Statue Louvre A 90, auf der sgnn n dgm: „Öl des dgm-Baumes“ zur Beleuchtung eines Tempels verwendet wird, identifizierte dagegen E. Revillout, Taricheutes et choachytes. Seconde étude, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 18, 1880, 70–80, 103–120, 136–148, hier: 92, Anm. 1 und ders., L’antigraphe des luminaires, in: Revue égyptologique 2, 1882, 78–83, hier: 79, Anm. 4 eben dieses dgm und das in demotischen Texten genannte tkm als Rizinus. Dem schloss sich V. Loret, Le ricin et ses emplois médicinaux dans l’ancienne Égypte, in: Revue de médecine 22, 1902, 687–698, spez. 694 an. Zusätzlich verwies Loret auf das koptische Derivat ⲧⲏϭⲙⲉⲥ (S), ϫⲓⲥⲙⲓⲥ (B), das ebenfalls Rizinus bedeute. Seitdem wird üblicherweise das dgm der medizinischen Texte eben mit Rizinus übersetzt.
Für das Rezept Eb 251b bedeutet das, dass Rizinussamen gegen Diarrhoe verschrieben werden. Hierbei muss allerdings bedacht werden (Hinweis K. Stegbauer), dass die Samenschalen des Rizinus das hochtoxische Rizin enthalten und schon wenige Samen potenziell tödlich sind (vgl. RÖMPP und Toxnet, Zugriff: 24.01.2017). Kaut man also „etwas/einige von seinen Samen“, beseitigt das zwar das „Leiden im Bauch des Mannes“, aber auf eine potenziell endgültige Weise. Man kann daher vielleicht erwägen, dass in Eb 251b irgendeine zusätzliche Verarbeitungsanweisung der Rizinussamen nicht mit aufgezeichnet worden ist.
8 ḫr s.t: Ebbell 1937, 59 interpretiert ḫr als Einleitung des Agens, analog zu Eb 251b: „(...) and put into oil by the woman“. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 277.2.b und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 665 interpretieren ḫr dagegen als Bildungselement des Paradigmas ḫr=f/NP sḏm=f: „dann soll die Frau ihren Kopf damit einreiben“. Diese Interpretation ist die weitaus häufigere und findet sich schon bei V. Loret, Le ricin et ses emplois médicinaux dans l’ancienne Égypte, in: Revue de médecine 22, 1902, 687–698, hier: 696: „Que la femme s’en enduise la tête“; W. R. Dawson, Studies in Medical History. (a) The Origin of the Herbal. (b) Castor-Oil in Antiquity, in: Aegyptus 10, 1929, 47–72, hier: 53: „Let the woman anoint her head with it“; dann eben in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 307: „dann soll die Frau ihren Kopf damit salben“; weiterhin bei Bardinet 1995, 209: „alors la femme en enduira sa tête“ und Westendorf 1999, 594: „dann soll die Frau ihren Kopf damit salben“.
9 jw: Auch dieses jw ist aus etwas anderem verbessert worden. Während man beim jw von Abschnitt [c], v.a. im Vergleich mit dem jr von Abschnitt [b], noch vage Reste des ursprünglichen jr erkennen kann, ist hier in Abschnitt [d] nur noch zu erkennen, dass das jw über etwas Weggewaschenem steht – bei dem es sich aber sicher ebenfalls um ein jr gehandelt hat.
10 Vgl. den Kommentar in Eb 123.
11 ḫnm=f: Zur passivischen Übersetzung vgl. den Kommentar zur Parallele in Eb 123.
Eb 252
Ein anderes (Heilmittel)1 zum Beseitigen von Zittern2 im Kopf:
Wenn der Kopf eines Mannes zittert, legst du folglich deine Hand an seinen Kopf, ohne dass er dadurch Schmerzen bekommt.3
Du bereitest ihm folglich Natron, in Öl/Fett zermahlen: ∅, [48,5] Honig: ∅, Wachs: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Der Kopf) werde darüber verbunden.
1 k.t n.t ist nicht rubriziert, um es von der vorigen, rubrizierten, Passage abzusetzen.
2 dꜣw.t: Eine Ableitung von dꜣ: „zittern“. Vielleicht ist auch ein Wackeln am Kopf, also eine äußerliche Erscheinung, gemeint.
3 D.h.: nicht so fest?
Eb 253
Ein anderes Heilmittel für einen Kopf, der schmerzt, (und um) Krankheitsauslöser (?) schwinden (zu) lassen:1
Weihrauch: 1 (Dosis), Fettes von jbw-Pflanzen: 1 (Dosis), jbr-Öl: 1 (Dosis), Schilfrohr: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis).
Werde zermahlen; werde gekocht. (Der Kopf) werde damit eingerieben.
1 ssꜣꜣ wḫd.w: In älteren Übersetzungen als Krankheitsterminus ssꜣꜣ verstanden, vgl. bspw. DZA 31.876.670 oder Ebbell 1937, 60. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 795 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 47, Anm. 1 schlagen dagegen vor, analog zu Eb 254 ssꜣi̯.t wḫd.w zu lesen. Zur scheinbaren Geminierung von ssꜣ und der ungewöhnlichen Klassifizierung von wḫd.w mit dem schlechten Vogel s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 795, Anm. 4: Mit Verweis auf Möller 1909, Nr. L schlagen H. von Deines – W. Westendorf vor, den vermeintlichen zweiten Schmutzgeier eher als Ligatur aus t und laufenden Beinchen zu verstehen. Außerdem wird vorgeschlagen, das schlechte Paket nicht über, sondern hinter dem schlechten Vogel stehend zu interpretieren. So ist dann in Grapow 1958, 59 wḫd.w tatsächlich so geschrieben, als stünde es im Original hinter ssꜣꜣ; dieses Verb ist aber weiterhin mit zwei Schmutzgeiern wiedergegeben. Tatsächlich sieht das hieratische Zeichen genau so aus wie der Schmutzgeier davor, so dass der Vorschlag von H. von Deines – W. Westendorf vielleicht eher einen antiken Schreibfehler als einen modernen Transliterationsfehler voraussetzt. Leider gehört diese Kolumne zu den Kriegsverlusten, so dass es kein Foto von ihr gibt und man einzig auf das Faksimile angewiesen ist. Daher kann nicht geprüft werden, ob möglicherweise irgendeine von Ebers 1875 nicht erkannte Korrektur vorliegt.
Eb 254
Ein anderes Heilmittel für einen Kopf, der schmerzt, (um um) die Krankheitsauslöser (?) schwinden (zu) lassen:
Weihrauch: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der Kopf) werde damit eingerieben.
Eb 255
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln des Kopfes:
Öl vom Ostafrikanischen Kampfer (?): 1 (Dosis), jbsꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), gnn-Teil [48,10] vom ẖsꜣ.yt-Balsam: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis).
(Der Kopf) werde damit täglich eingerieben.
Das (dient der) Behandlung des Kopfes.
Eb 256
Ein anderes (Heilmittel):
Bestes (?) vom Weihrauch: 1 (Dosis).
Der Kopf werde damit sehr oft eingerieben.
Eb 257
Ein anderes (Heilmittel) zum Gesundmachen eines Kopfes, der schmerzt:
Schilfrohr: 1 (Dosis), Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Koniferenharz: 1 (Dosis), pꜣꜥr.t-Holz (?): 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. Werde an den Kopf gegeben.
Eb 258
Ein anderes (Heilmittel):
Kreuzkümmel: 1 (Dosis), gsfn-Droge: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tntm-Pflanze: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Lotos:1 ∅.
Werde zermahlen. Werde an den Kopf gegeben.
1 sšn: Westendorf 1999 ergänzt eine Mengenangabe, Bardinet 1995 nicht.
Eb 259
Ein anderes (Heilmittel) zum [48,15] Kühlen eines Kopfes, der schmerzt:
Ocker: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), versteinertes Holz:1 1 (Dosis), wꜣnb-Pflanzen2: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis), Geweih des Damhirschs:31 (Dosis), Gummiharz: 1 (Dosis), nṯr.yt-Natron4: 1 (Dosis), Lehm5 des Töpfers: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. Werde an den Kopf gegeben.
1 ḫt-ꜥwꜣ: Wörtl.: „verfaultes Holz“. In einer ptolemäischen Mineralienliste aus Edfu als Import aus Punt genannt (s. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 753). Darauf verweist Ebers 1889, 73 [= 205], Anm. 14, und vermutet hierin „Holz in zerreibbarem Zustand“. Weil es mehrfach zusammen mit festen Substanzen verarbeitet werden soll, denkt er konkret an ein Bindemittel und schreibt dem ḫt-ꜥwꜣ daher neben dem zerriebenen auch einen feuchten Zustand zu. Auf diese Besprechung verweist Joachim 1890, 64 mit Anm. 4, bleibt aber bei einer wörtlichen Übersetzung als „Fauliges Holz (?)“. Ebbell 1937, 133 vermutet ohne Angabe von Gründen Aloe socotrina – ob sich die Festlegung zumindest der Pflanzenart gerade mit der Herkunft aus Punt begründen lässt? Laut R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 102 ist diese Pflanze aber erst in römischer Zeit nach Ägypten gekommen. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 178–179 verweist auf Nennungen von ḫt-ꜥwꜣ eben in einer Mineralienliste. Dieses Produkt sei daher von den Ägyptern wohl nicht als Pflanze, sondern als mineralischer Stoff klassifiziert worden, sah aber offenbar holzartig genug aus, um eben als „verfaultes Holz“ umschrieben zu werden. Er vermutet versteinertes Holz.
2 wꜣnb: H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 124 vergleicht mit Eb 555, wo die wꜣb-Wurzel vom tj-šps-Baum genannt wird, und erwägt in Eb 259 eine fehlerhafte Schreibung dafür, u.a. verursacht durch den Zeilenumbruch innerhalb von wꜣnb. Diese Vermutung findet sich auch bei Westendorf 1999, 596, Anm. 71. Es ist allerdings auch nicht auszuschließen, dass eine Schreibung für wnb: „Blüte“ vorliegt.
3 db n hnn: Das Ägyptische unterscheidet nicht zwischen Hörnern und Geweihen. Beides wird gleichermaßen als db: „Horn“ bezeichnet.
4 nṯr.yt: Wohl eine Natron(/nṯr.j)-Art oder -bereitungsform, vgl. Breasted 1930, 412 und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 319.
5 dbn: Breasted 1930, 412 denkt an „mortar“. In der Lehre des Cheti, § 9.3, wird der Töpfer dahingehend karikiert, dass seine Kleidung steif (nḫt) vor daran haftendem dbn ist. Von Reisner stammt der Vorschlag „pottersclay“; vgl. auch J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 207. Bardinet 1995 lässt das Wort unübersetzt.
Eb 260
Ein anderes (Heilmittel) für einen Kopf und für eine Schläfe:
Weihrauch: 1/64 (Dja), ḥḏ.w-Harz: 1/64 (Dja), nṯr.yt-Natron: 1/32 (Dja), snn-Harz: 1/32 (Dja), Malachit: 1/32 (Dja), Bleiglanz: 1/32 (Dja), Erz aus Kusae: 1/32 (Dja), wꜣḥ-[48,20]-nḥb.t-Mineral/-Pflanzen1: 1/64 (Dja): Wasser: ein halbes Dja (?).
Werde zermahlen. Werde an die Schläfe gegeben.
1 wꜣḥ-nḥb.t: Mit dem Hausgrundriss klassifiziert und nur hier belegt. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 166 nennt ein ebenfalls nur einmal belegtes Mineral wꜣḥ vom pChester Beatty IV, vso. 8,2 (gleichfalls mit dem Steinklassifikator geschrieben) und erwägt in Anm. 2 einen Zusammenhang mit dem hier stehenden wꜣḥ-nḥb.t. Bardinet 1995 wie Westendorf 1999 vermuten ebenfalls ein Mineral. In ptolemäischen Texten gibt es ein mit Pflanzenstängel oder einer Lotosblüte klassifiziertes wꜣḥ-nḥb.t. Dabei könnte es sich um einen Lotoskranz, eine Lotospflanze, oder um eine spezifische Wasserpflanze handeln – die Deutung ist nicht ganz sicher. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 196 nennt in der Diskussion zu diesem Wort abschließend auch die Ebers-Stelle. Sie stellt zwar keine explizite Verbindung zwischen beiden Lemmata her, suggeriert aber durch die Nennung, dass sie eine solche für denkbar hält.
Eb 261–283: Heilmittel gegen Festsetzungen des Harns und Schmerzen im Unterleib
Eb 261
Anfang1 der Heilmittel zum Beseitigen einer Festsetzung von Harn, wenn der Unterleib krank ist:2
sw.t-Wildweizen: 1/8 (Dja), Datteln: ein viertel (Dja), Erdmandeln, gekocht: ein viertel (Dja), Wasser: ein halbes und ein viertel (Dja).
Werde zermahlen; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 Bardinet 1995 setzt das ḥꜣ.t-ꜥ-m als „Eb 261“ vom Rest des Rezeptes als „Eb 261bis“ ab. ḥꜣ.t-ꜥ-m ist aber üblicherweise an das Folgende angeschlossen; aus grammatischer Sicht ist ein Anschluss sogar zwingend, weil die Präposition m (wie Präpositionen allgemein) eine syntaktische Ergänzung erfordert. Ihm ist in gewisser Weise recht zu geben, dass sich die Einleitung sicher nicht nur auf dieses eine Rezept, sondern auf eine ganze Gruppe (Eb 261–283) bezieht; vgl. auch schon DZA 26.534.580.
2 Wenn das Faksimile dieser Kolumne zuverlässig ist, könnte die Überschrift ganz oder teilweise eine Korrektur sein: Die Faksimile-Fassung mit Papyrushintergrund zeigt unter pẖr.t n.t rote Spuren, als wären es Tintenreste eines früheren Textes; und der Abstrich des Klassifikators von kns liegt über dem s des sw.t-Emmers, ist also nach diesem hingeschrieben worden. Leider ist das Original dieser Kolumne ein Kriegsverlust, sodass sie nicht kollationiert werden kann. In anderen Kolumnen sind manche Tintenspuren nicht ins Faksimile übernommen worden und umgekehrt lassen sich manche Tintenspuren aus dem Faksimile nicht am Original bestätigen. Doch immerhin der Abstrich des kns könnte aussagekräftig sein.
Eb 262
Ein anderes (Heilmittel) zum Veranlassen, dass ein Kind [49,1] die Anhäufung von Harn1 ausscheidet, die in seinem Bauch ist:
Ein altes Schriftstück2, gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben).
Sein Bauch werde (damit) gesalbt, um seinen Harn(fluss) zu regeln.
1 ṯs.w n mw.yt: Wb 5, 399.13 (mit Verweis auf Wb 5, 409.5) vermutet, dass es sich um dasselbe Phänomen wie das ṯs.t n.t mw.yt von Eb 261 handelt, aber Schreibung und Genus differieren.
2 Mit dem „alten Schriftstück“ ist kein beliebiges Stück „Altpapyrus“ gemeint, sondern ein Papyrus mit einem Rezept oder einem magischen Spruch aus „alter Zeit“, vergleichbar mit dem in Eb 251 erwähnten Schriftstück. Durch die Verarbeitung eines solchen Schriftstückes sollte die darin niedergeschriebene Heilwirkung auf den Patienten übergehen.
Eb 263
Ein anderes (Heilmittel) zum Ordnen des Harns:
Rispe vom Schilf: 1/8 (Dja), Datteln1: ein viertel (Dja), Spitzen/Triebe (?) der ḫꜣs.yt-Pflanze: ein viertel (Dja), Honig: ein halbes Dja (?), Beeren vom Stech-Wacholder: ein viertel (Dja), Wasser: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 bnrj: Westendorf 1999 scheint versehentlich die Wurzel, mit der bnr determiniert ist, als Papyrusstängel wꜣḏ verlesen zu haben, denn er übersetzt „grüne Datteln“.
Eb 264
Ein anderes (Heilmittel) zum Richten von Harn im Überfluss (?)1:
gw-Gras: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: [49,5] 1 (Dosis), Wurzel der bḥḥ-Pflanze2: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zerstoßen; werde nachts mit süßem Bier stehen gelassen. Werde getrunken, und das, indem der Satz (?) daran ist.
1 ḥꜣ.w ist mit dem sitzenden Mann geschrieben. Sterns Vorschlag (in: Ebers 1875, 114), hierin die Bezeichnung für einen Erwachsenen („homo adultus“) zu sehen, wodurch Eb 264 ein Gegenstück zu Eb 262 wäre, ist interessant, aber rein spekulativ und würde das Wort zu einem Hapax legomenon machen. Sein Vorschlag findet sich noch bei Joachim 1890, 66 und, mit einem Fragezeichen versehen, auf DZA 23.952.770. Ebbell 1937, 61 denkt dagegen an das normale Wort ḥꜣ.w: „Überfluss“: „the too excessive urine“. So auch G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 148: „une urine excessive“, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 135: „Harnüberfluss“ und Westendorf 1999, 597: „Harn des Überflusses“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 117, Anm. 1, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 583, Anm. 2 und Westendorf 1999, 597, Anm. 73 schlagen hierfür dezidiert vor, den sitzenden Mann in die Buchrolle zu emendieren. Alternativ halten H. von Deines – W. Westendorf es aber auch für denkbar, dass mit dem Wort eine „Person, die Überfluß hat“ gemeint sein könnte. Diesen Vorschlag übernimmt Bardinet 1995, 292: „l’homme qui a de l’excédent“.
2 bḥḥ: Eine nur hier belegte Pflanzenbezeichnung. Es ist aber denkbar, dass sie mit der bḥ-Pflanze und/oder der nbḥḥ-Pflanze verbunden werden kann (vgl. schon DZA 22.906.630 und DZA 22.905.180), deren Identifikation aber ebenso unmöglich ist.
Eb 265
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Stauung von Hitze an der Blase, wenn er (d.h. der Patient) an Verhaltungen des Harns leidet:
Unterägyptisches Salz: 1/64 (Dja), mhwj-Milchfett: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Olivenöl: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), süßes Bier: 1 (Dosis).
Werde in das Rektum gegossen.
Eb 266
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Ordnen des Harns, wenn er nicht geordnet ist:
Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/8 (Dja), Gänsefett: 1/8 (Dja), Honig: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Erdmandeln: 1/8 (Dja), [49,10] Schnitzel (?) von Datteln: 1/16 (Dja), frische Datteln: 1/32 (Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 267
Ein anderes Heilmittel, etwas, was zu tun ist1 für den, der an einer ḥnꜥ.w-Zusammenziehung seines Harnes leidet:
Leber vom jwꜣ-Mastrind2: 1 (Dosis), jns.t-Pflanzen: 1 (Dosis).
((Werde zu)) einem pꜥ.t-Gebäck ((verarbeitet)). Werde vom Mann gegessen.
1 pẖr.t (regulär mit Pluralstrichen geschrieben) jrr.wt: Für das Verhältnis der Numeri zueinander gibt es verschiedene Lösungsmöglichkeiten:
(1) Die Pluralform jrr.wt zeigt, dass pẖr.t an dieser Stelle syntaktisch als Plural aufgefasst wurde. Vgl. dazu auch die Verwendung pluralischer Demonstrativpronomen bei pẖr.t, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 288, s.v. B.IX.c.4–5. Daneben kommt aber auch die Verwendung singularischer Demonstrativpronomina bei gleicher Schreibung vor, B.IX.c.1–3.
(2) pẖr.t ist auch hier singularisch und die Pluralstriche von jrr.wt sind zu tilgen.
(3) jrr.wt ist substantiviert und eine selbstständige Apposition zu pẖr.t, analog zu den Fällen, in denen es allein ein Rezept einleitet, vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 93, s.v. jri̯, § 2 (zu A IV) und Grapow 1955, 49, v.a. letzter Absatz.
Hier wird Erklärung (3) favorisiert, weil sie weder eine Emendation notwendig macht noch die Stelle den Fällen für Numerusinkongruenz hinzufügt.
2 jwꜣ ist logographisch geschrieben. Es könnte also auch jḥ zu transkribieren sein, das sehr oft allein mit dem Rind und dem Ideogrammstrich geschrieben wird. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 608 merken aber an, dass es in den medizinischen Texten keinen Beleg für jḥ in Pleneschreibung gäbe. H. Grapow – H. von Deines führen Eb 156 und 157 an, wo ꜣjs n jwꜣ genannt wird, und vergleicht es mit deren Varianten Bln 179 und 180 sowie Bt 26, wo statt jwꜣ nur logographisch das Rind steht. Daher liegt die Lesung jwꜣ für das logographisch geschriebene Rind nahe. Bardinets „taureau“ (Bardinet 1995) dürfte eine Lesung als kꜣ: „Stier“ wiedergeben. Westendorf 1999 übersetzt „Rind“, so dass unsicher ist, ob er jwꜣ oder das allgemeinere jḥ gelesen hat.
Eb 268, vgl. Bln 185
Ein anderes (Heilmittel):
Leinsamen (?): 1/8 (Dja), das Innere vom Johannisbrot: 1/32 (Dja), sw.t-Wildweizen, zerstoßen: ein viertel (Dja), Gänsefett: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), jḥ.w-Pflanzen: 1/8 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 269
Ein anderes (Heilmittel) zum Ordnen des Harns:
„Stechholz“: 1 (Dosis).
Werde in Pflanzenbrei zerstoßen. Werde an die Eichel / den Penis1 gegeben.
1 bꜣḥ: Der Penis heißt ḥnn, die Vorhaut ṯꜣm. Deswegen, und weil in der Sonnenlitanei ḥnn und bꜣḥ als zwei verschiedene Organe genannt werden, wird im H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 86 in bꜣḥ ein Wort für die Eichel vermutet. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 241 fügen dem Argument noch die Glosse Sm 10,20 hinzu, derzufolge bꜣḥ das pḥwj ḥnn=f, das „Ende seines Penis“ ist. Dies widerspricht dem älteren H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 86, wo unter dem pḥwj derselben Passage die „Ansatzstelle des Penis am Körper“, also eher die Peniswurzel, vermutet wird. G. M. Sanchez – E. S. Meltzer, The Edwin Smith Papyrus. Updated Translation of the Trauma Treatise and Modern Medical Commentaries (Atlanta 2012), 201 und 203 übersetzen schlicht mit „the end of his penis“, ohne sich genauer festzulegen, welches Ende sie meinen.
W. A. Ward, The four Egyptian homographic roots B-ꜣ. Eymological and Egypto-Semitic studies, Studia Pohl. Series maior 6 (Rome 1978), 124–127 führt das Wort bꜣḥ auf das Verb bꜣ: „pour out semen“ mit ḥ-Suffix zurück und gibt als Grundbedeutung für bꜣḥ „what pours out semen“ an. Ward vermutet, dass bꜣḥ sowohl den Penis als auch spezifischer die Eichel bezeichnen kann. Anmerkenswert ist hier, dass im Stundenbuch bꜣḥ=s: „ihr [fem.] bꜣḥ“ gemeint ist. Aus diesem Grund vermutet Breasted 1930, 325, dass bꜣḥ nur allgemein „sexual organ“ meint.
Eb 270
Ein anderes (Heilmittel):
Halm der sw.t-Binse: 1 (Dosis), Langbohnen, [49,15] gänzlich ausgeglüht: 1 (Dosis).
Werde in Öl/Fett gegeben. Die Eichel / der Penis1 werde damit gesalbt.
1 Die hier vorliegende Graphie von bꜣḥ erinnert eher an das Wort mt: „Gefäß“, aber der Kontext zeigt, dass ein Wort für „Penis“ vorliegt.
Eb 271
Ein anderes (Heilmittel):
Ein Hin-Topf, gefüllt mit Sumpfwasser1: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), „Schwänze“ der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), Pflanzenbrei: 1 (Dosis), jꜥy.t-Droge2 vom Bier: 1 (Dosis), ḫꜣ.w-Blätter der šzp.t-Melone (?): 1 (Dosis), frische Datteln: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 mw n.w zš: Das Lemma zš kann sowohl den Sumpf als auch einen Vogelteich oder ein Vogelnest bezeichnen. Letzteres ist innerhalb der Drogenbezeichnung mw n.w zš: „Wasser vom zš“ unwahrscheinlich, weil ein Vogelnest in der Regel trocken ist. Die Determinierung in Eb 271 mit dem Kanal könnte in Richtung „Sumpf“ weisen, wohingegen der kultivierte „Sumpf“, also der Teich bzw. der Geflügelhof, oft mit einem Hausgrundriss determiniert ist. Allerdings kommt es zu Überschneidungen in diesen Graphien und es wäre eine genauere Untersuchung nötig, um Klarheit zu erlangen, ob man in diesem Falle über die Klassifikatoren die Bedeutungen wirklich differenzieren kann. Im Wb sind jedenfalls alle drei Bedeutungen einem einzigen Lemma zugeordnet, wobei die Verbindung mw n.w zš als „Sumpfwasser“ angegeben ist (Wb 3, 484.3). R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 246 differenziert zwischen den Lemmata zš: „marsh“ und zšj: „nest“. Die Bedeutung „Vogelteich“ ist nicht mit aufgeführt. Die Graphie von Eb 271 würde in seiner Lemmaverteilung ebenfalls in die Kategorie „marsh“ fallen. Es ist allerdings gut denkbar, dass im Ägyptischen gar nicht zwischen dem Sumpf und dem Vogelteich unterschieden wird, wie es die Homophonie bzw. Homographie auch nahelegt, so dass effektiv nicht festzustellen ist, ob Wasser aus sumpfigen Gegenden oder solches aus einem Vogelteich gemeint ist.
2 jꜥj.t: Eine unbekannte, nur viermal belegte Droge. Sie ist einmal (Eb 271) mit drei Wasserlinien, einmal mit Wasserlinien und Topf (Bln 154), einmal nur mit Topf (H 62) und einmal mit Brot (Ram III A23) determiniert. Im Fall der Verbindung mit ḥnq.t schlägt G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 146 „écume (?) de bière“ vor, weist aber in Anm. 6 auf die Unsicherheit der Übersetzung hin.
Eb 272
Ein anderes (Heilmittel):
Holz vom Christdorn: 1 (Dosis).
Werde in einem „Dritten (Abguss)“ (?) von mstꜣ-Flüssigkeit zerstoßen. Die Eichel / der Penis werde damit gesalbt.
Eb 272bis = Ram III A 30–311
Ein anderes (Heilmittel) zum Ordnen des Harns eines Kindes:
ꜣgg.t-Faser (?)2, die im Schilf ist: ∅.
Werde gänzlich in süßem Bier zerrieben, [49,20] einem Napf3 (voll), im (Zustand des) Gerinnen(s) (?)4.5
Werde von der Frau getrunken.6 In einem Hin-Topf werde (es) dem Kind gegeben.
1 Das Rezept hat von Wreszinski 1913 keine eigene Nummer erhalten. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 und Grapow 1958, Bardinet 1995 und Westendorf 1999 nummerieren es als 272bis.
2 ꜣgg.t: Ein Hapax legomenon; die von den Übersetzern standardmäßig angesetzte Bedeutung „Mark“ ergibt sich nur aus der hiesigen Qualifizierung, dass es sich in einem Pflanzenstängel befindet. R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 82–83 versieht diese Übersetzung zu Recht mit einem Fragezeichen, weil Schilfrohr kein Mark in den Halmen hat. Aufgrund dessen zweifelt sie allerdings eher die Identifizierung von nbj.t mit Schilfrohr an als umgekehrt die Übersetzung von ꜣgg.t mit Mark. Im Rezept Eb 325 wird jedoch ein šbb n nbj.t, ein „Rohr der nbj.t-Pflanze“, als Teil einer Inhalationsapparatur genannt, durch das der Rauch des beschriebenen Heilmittels eingeatmet werden soll. Diese Pflanze hat demzufolge einen röhrenartigen, d.h. innen hohlen, Bestandteil, was gut zum Schilfrohr passt. Die Frage nach der Bedeutung von ꜣgg.t ist damit weiterhin offen, muss aber bei nur einem einzigen Beleg reine Spekulation bleiben. Vielleicht ist die innere Schicht (das innere Parenchym) des Schilfrohres gemeint, oder die Pflanzenfasern unter der verholzten Außenschicht. Aber es kommt auch jeder andere Teil in Frage, v.a. da Halm und Rispe als Bestandteile vom nbj.t genannt werden, dieses Wort also wohl die Pflanze in ihrer Gesamtheit und nicht nur die signifikanten Halme bezeichnet.
3 ḫꜣw: Bis auf T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), die an das ḫꜣ.wj-Getränk denkt, gehen alle davon aus, dass hiermit die Gefäßbezeichnung Wb 3, 225.10–16 vorliegt (so auch das Wb, vgl. DZA 27.607.110 und DZA 27.607.330, sowie H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 648). Pommerenings Übersetzung würde eine zweifache Emendation voraussetzen: einmal die Hinzufügung einer Präposition vor ḫꜣ.wj und zum zweiten die Streichung des m. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 und Bardinet 1995 scheinen das Gefäß als Apposition zum Bier zu stellen; die Wortfolge wäre regulär. Westendorf 1999 fügt in Klammern die Präposition „in“ dazu und macht aus der Apposition eine parenthetische Ortsangabe, wo die Drogen verarbeitet werden sollen. Das trifft sicher den Inhalt der Aussage und wäre daher ebenfalls denkbar. Die vielleicht darauf zurückgehende Übersetzung von R.-A. Jean – A.-M. Loyrette, La mere, l’enfant et le lait en Egypte ancienne. Traditions médico-religieuses. Une étude de sénologie égyptienne (textes médicaux des papyrus Ramesseum nos III et IV) (Paris 2010) („dans une coupe“) scheint dagegen etwas zu frei.
4 Der Zusatz m bꜣg ist schwer zu interpretieren. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 und Westendorf 1999 denken an eine zusätzliche Zustandsbeschreibung des Bieres, T. Pommerening, Neues zu den Hohlmassen und zum Medizinalmasssystem, in: S. Bickel – A. Loprieno (Hrsg.): Basel Egyptology Prize 1. Junior Research in Egyptian History, Archaeology, and Philology, Aegyptiaca Helvetica 17 (Basel 2003), 201–219 an eine solche des ḫꜣ.wj-Getränks. Die Interpretation von Bardinet 1995 würde eine Emendation zu r bꜣg=s erfordern; diejenige von R.-A. Jean – A.-M. Loyrette, La mere, l’enfant et le lait en Egypte ancienne. Traditions médico-religieuses. Une étude de sénologie égyptienne (textes médicaux des papyrus Ramesseum nos III et IV) (Paris 2010) würde zu große Eingriffe voraussetzen. Sollte eine Textverderbnis vorliegen? Die Parallele auf pRamesseum III, A 30–31 schreibt: sjn ḥr ḥ(n)q.t bꜣg.t ḫꜣ.wj nꜥꜥ: „(...) reduced to paste with a ḫꜣwy-bowl of thick beer; it is to be finely mixed (...)“ (J. W. B. Barns, Five Ramesseum Papyri (Oxford 1956), 20).
5 von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 295 übersetzen: „werde ganz und gar verrieben in süßem Bier, eine Schale (ḫꜣw), in geronnenem Zustand“. Bardinet 1995, 293: „(Ce) sera pilé dans une vase-khaou de bière douce, de sorte qu’elle soit épaisse.“ Westendorf 1999, 598: „werde ganz und gar verrieben mit süßem Bier, (in) einer Schale, in geronnenem Zustand“. T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), 200: „werde ganz und gar verrieben mit süßem Bier zu geronnenem ḫꜣw(y)-Getränk“. R.-A. Jean – A.-M. Loyrette, La mere, l’enfant et le lait en Egypte ancienne. Traditions médico-religieuses. Une étude de sénologie égyptienne (textes médicaux des papyrus Ramesseum nos III et IV) (Paris 2010), 141: „À broyer complètement dans une coupe de lie épaisse de bière douce“.
6 Westendorf 1999, 440 merkt die Besonderheit an, dass das Mittel sowohl vom Kind als auch von der Mutter getrunken wird.
Eb 273
Was zu tun ist für ein Kind, das unter Nässen (?)1 leidet:
Fayence, gänzlich zu einer Pille ausgeglüht: ∅.
Wenn es ein älteres Kind ist, soll es sie durch Schlucken2 verschlucken.
Wenn es in Windel(n) ist (d.h. noch ein Kleinkind), [50,1] soll für es (die Pille) von seiner Amme in Milch zerrieben werden;3 werde davon über 4 Tage hinweg gelutscht (?)4.
1 ḏꜣḏ.yt: Mit den Wasserlinien klassifiziert und vielleicht mit nḏꜣḏꜣ zu verbinden. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 997 vermuten „Nässen“; R.-A. Jean – A.-M. Loyrette, La mere, l’enfant et le lait en Egypte ancienne. Traditions médico-religieuses. Une étude de sénologie égyptienne (textes médicaux des papyrus Ramesseum nos III et IV) (Paris 2010), 153 schlagen konkret Harninkontinenz vor.
2 ꜥm als Nomen in den medizinischen Texten nur hier belegt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 139, Anm. 3 lehnt eine alternativ denkbare Erklärung als Komplementsinfinitiv ab, weil diese nicht durch Präpositionen angeschlossen sind, und schlägt die Übersetzung „Schluckmittel (?)“ vor.
3 sjn ḥr jrṯ.t: Westendorf 1999, 598 vermutet, dass die Pille konkret auf der Brust der Amme verrieben werden soll, damit der Säugling die Medizin während des Stillens aufnehmen kann.
4 kff wird auffälligerweise nicht mit dem üblichen Klassifikator für Nahrungsaufnahme, dem Mann mit der Hand am Mund, geschrieben, sondern mit dem Mund, aus dem eine Flüssigkeit heraustritt. Wohl aus dem Grunde gab das Wb 5, 122.2 die Bedeutung „sabbern (vom Kinde an der Brust)?“ an. Das Verb kfꜣ: „ausspeien, ausfließen“ kann genauso wie hier kff geschrieben werden und kfꜣ r heißt: „fließe aus in Richtung ...“. Ob man verstehen soll, dass die Amme die dermaßen in Milch verrührte Fayence in den Mund nehmen und in den Mund des Säuglings spucken soll? Die Frage wäre dann nur, worauf sich das Suffixpronomen nach der Präposition r bezieht.
Eb 274, vgl. Eb 279, H 66
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Harn, der in großer Menge auftritt:
Grütze vom sw.t-Wildweizen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Wasser: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 275, vgl. Eb 277
Ein anderes (Heilmittel):
Gummiharz: ein viertel (Dja), Grütze vom sw.t-Wildweizen: ein viertel (Dja), frischer ꜣḥ-Brei: ein viertel (Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 276 =Eb 281
[50,5] Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Harndrang:
Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), Bier: ein Hin (= 1,6 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 277 = H 63, pLouvre E 32847, Rto. x+6,1–2, vgl. Eb 275
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Harn, der in großer Menge auftritt:
Gummiharz: ein viertel (Dja), Grütze vom sw.t-Wildweizen: ein viertel (Dja), frischer ꜣḥ-Brei: ein viertel (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Honigwasser1: 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja).
Werde nachts stehen gelassen; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 mw bj.t: Bislang stets als zwei Drogen verstanden; die folgende, für Honig relativ große Menge hat von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, Anm. 116, Anm. 2 zu Eb 277 veranlasst zu „vermuten (...), Wasser und Honig gehörten hier zusammen als: Wasser 15 ro mit Zusatz von Honig“. Dennoch setzen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 134 Wasser und Honig durch ein Semikolon voneinander ab, wie es zwischen einzelnen Drogen steht. Westendorf 1999, 599 verfolgt dann die im Kommentar geäußerte Idee weiter und übersetzt „Wasser (und) Honig“; Bardinet 1995, 293 und B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 105 stellen beide Drogen, wie in der Übersetzung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, nebeneinander: Bardinet mit Semikolon „eau ; miel“ Lalanne/Métra nur mit Komma getrennt: „eau, miel“ (sonst setzen sie zwischen Drogen ebenfalls ein Semikolon, so dass das hier gewählte Komma vielleicht doch eine nähere Verbindung andeuten soll). Die Vermutung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II dürfte durch die neue Parallele in pLouvre E 32847 Bestätigung finden, wo mw n bj.t steht: „Wasser vom Honig“ oder „eau miellée“, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 69.
In H 63 steht nur mw, das sogar in noch größerer Menge, nämlich 5 Dja, verschrieben wird. In Eb 275 stehen nur die ersten drei Ingredienzien.
Eb 278 = H 64, vgl. H 67
Ein anderes (Heilmittel):
Wurzel des qꜣd.t- Kriechkrauts: ein viertel (Dja), Weintrauben: 1/8 (Dja), Honig: ein viertel (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/32 (Dja), süßes Bier: 1/64 + ein halbes 1/64 (Oipe = 1,5 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über [[4]] {{1}} Tag hinweg getrunken.
Eb 279 = H 66, vgl. Eb 274
[50,10] Ein anderes (Heilmittel):
Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Grütze vom sw.t-Wildweizen: 1/8 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Gummiharz: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 280 = H 65, vgl. Bln 33
Ein anderes (Heilmittel):
Gummiharz: 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Wasser: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 281 = Eb 276
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Harndrang:
Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), Bier: ein Hin (= 1,6 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 282 = H 68
Heilmittel zum Halten des Harns:
Sellerie des Berglandes: ein viertel (Dja), unterägyptischer Sellerie: 1/8 (Dja), oberägyptische jbw-Pflanzen: 1/16 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), frischer ꜣḥ-Brei1: 1/8 (Dja), [50,15] unterägyptische jbw-Pflanzen: 1/16 (Dja), [[pšn.t-Droge2: 1/16 (Dja), wꜣm-Früchte3: 1/16 (Dja)4, dwꜣ.t-Pflanzen5: 1/16 (Dja), Wasser: 1/16 (Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.]]6
1 ꜣḥ-wꜣḏ: Die Mengenangabe ist teilweise über den Schwanz der ḏ-Kobra geschrieben und ragt etwas in das Interkolumnium hinein, trägt also den Charakter eines Nachtrags.
2 pšn.t: Nur zweimal im Ebers und einmal mit der Metathese zu špn.t im pHearst. Eine unbekannte Droge. Der Klassifikator lässt keine sichere Entscheidung zu, ob eine Pflanze oder ein Mineral vorliegt.
3 wꜣm: Ohne Determinativ, und die Mengenangabe ist nachträglich dahinter gequetscht.
4 pšn.t 1/16 wꜣm 1/16 ist insgesamt sehr gedrängt geschrieben und dürfte eine Korrektur sein. Vom ursprünglichen Text ist nichts mehr vorhanden. Vor dem mw ist die Spur eines roten Abstriches zu erkennen, sodass auch dieses und die davorstehende Maßangabe Korrekturen sind; man wird daraus folgern dürfen, dass auch das dwꜣ.t eine Korrektur ist, auch wenn darunter keine älteren Tintenspuren zu erkennen sind. Vgl. auch H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 43.
5 dwꜣ.t: Immer nur mit dem Stern ohne phonetische Komplemente geschrieben. Daher ist die Lesung als dwꜣ.t nicht sicher.
6 sḏr n jꜣd.t ꜥtḫ swr r hrw 4 ist sehr gedrängt geschrieben und ragt in das Interkolumnium. Ab dem davor stehenden mw 1/16 sind rote Farbspuren des älteren Textes zu erkennen (vgl. auch H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 43). Hier hat ursprünglich der Beginn von Eb 283 gestanden, wie Westendorf 1999, 600, Anm. 76 zurecht vermutet. Der Platz ist ausreichend für k.t pẖr.t, aber im Grunde auch noch für etwas mehr, so dass der Rezeptanfang nicht mit Sicherheit komplett rekonstruiert werden kann.
Eb 283
{{Ein anderes Heilmittel ...}} zum Regeln des Harns, wenn der Unterleib schmerzt, beim ersten Mal, dass er (scil.: der Harnfluss) leidvoll/schmerzhaft ist:
Honig: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), jšf-Droge1 des Bäckers: 1 (Dosis), ḫs-Teil der Sykomore: 1 (Dosis), Wurzel der kꜣkꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), frische Datteln: 1 (Dosis), Wurzel der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), ꜣḥ-Brei: ∅.
Werde erhitzt; werde ausgepresst; werde in ein ṯꜣb-Gefäß gegeben.
[50,20] (Es) werde am frühen Morgen hergestellt, bevor die Zeit des Frühstücks anbricht, und es werde getrunken, so dass er sofort gesund wird.
1 jšf: Westendorf 1999, 495 vermutet eine Ableitung von šfj: „schwellen“ und schlägt „Hefe“ vor.
Eb 284 – 293: Mittel zur Appetitanregung und/oder gegen Essstörungen
Eb 284
Anfang der Heilmittel zum Veranlassen, dass das jb-Herz1 Nahrung aufnimmt:
Fettes Fleisch: [51,1] 1/16 (Dja), ṯr.w-Ocker: 1/32 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), smt-Droge: 1/64 (Dja), tjꜥm-Pflanzen: 1/16 (Dja), Gänsefett: 1/8 (Dja), [[Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Starkbier:]]2 1/64 (Oipe = 1 Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde getrunken.
1 jb: Ob man zu ⟨r’-⟩jb: „Magen“ ergänzen kann?
2 Das jšd r’-8 am Ende von Zeile 2 ragt so weit in das Interkolumnium hinein, dass der Schreiber vor den beiden ersten Zeilen der folgenden Kolumne eine Trennlinie einzeichnen musste, um die Zeilen optisch voneinander zu trennen. Auch das ḏsr.t am Beginn von Zeile 3 steht im Interkolumnium. H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 52 sieht darin Nachträge, aber keine Korrekturen. In der Tat sind keine Zeichenreste eines älteren Textes erkennbar. Allerdings ist die Mengenangabe von ḏsr.t um ein halbes Schreibquadrat eingerückt, so dass davor sicher etwas gestanden haben muss. Während die Phonogramme von ḏsr.t sehr klein geschrieben sind, sind die Klassifikatoren, die genau die Einrückung ausfüllen, normal geschrieben. Daher ist zu vermuten, dass der Schreiber die Droge jšd r’-8 vergessen hat und an ihrer Stelle eigentlich die Phonogramme von ḏsr.t standen; diese hat er dann gelöscht, um das Vergessene am Ende von Zeile 2 nachzutragen, und sie dann ihrerseits vor Zeile 3 nachgetragen.
Eb 285
Ein anderes (Heilmittel):
Süßes Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja), sḫp.t-Dünnbier: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Starkbier: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Mehl von Datteln: 1/8 (Dja), Mehl vom sw.t-Wildweizen: 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), [51,5] smt-Droge: 1/64 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/8 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), Gänsefett: 1/8 (Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 286
Ein anderes (Heilmittel):
šnf.t-Früchte: 1/32 (Dja), süßes Bier: ein halbes Dja (?).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 287
Ein anderes (Heilmittel):
Wein: ein halbes Dja (?), Grütze vom sw.t-Wildweizen: 1/8 (Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 288
Ein anderes (Heilmittel):
tjꜥm-Pflanzen: 1/8 (Dja), Erdmandeln: 1/8 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Knochenmark: 1/8 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Wein: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über {{1}} [[4]] Tage hinweg getrunken.
1 hrw 4: Die Zahl ist zu Teilen über dem k des folgenden k.t geschrieben und damit eine spätere Korrektur. Laut H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 48 stand erst hrw 1, danach wurde der Einerstrich durch Auswischen der Mitte zu zwei übereinanderstehenden Einerstrichen (ein dunkler Fleck im Zwischenraum zwischen den beiden Einerstrichen könnten Tintenreste sein), und es wurden daneben zwei weitere Einerstriche hinzugefügt.
Eb 289, vgl. Eb 290
Ein anderes (Heilmittel):
Brot, durch (?) Dörren1 getrocknet:2 ein halbes Dja (?), Erdmandeln: ein viertel (Dja), qsn.tj-Mineral: 1/32 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage3 hinweg getrunken.
1 wꜣm: Auf DZA 22.065.610 ist „vgl. [jꜣm]“ notiert; gemeint ist das Verb ꜣm, vgl. Wb 1, 31 und Wb 1, 10.1–3, wo sich dann ein entsprechender Verweis auf wꜣm findet. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 162 verweisen in Anm. 2 dagegen auf das mehr oder weniger synonyme Verb wꜣi̯; und W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), §§ 34.3 und 43.3 nennt dieses Wort unter seinen Beispielen für den Wechsel w > m, d.h. er vermutet, dass hier das Stativ-w als m erscheint. U. Verhoeven, Grillen, Kochen, Backen im Alltag und im Ritual Altägyptens. Ein lexikographischer Beitrag, Rites égyptiens 4 (Bruxelles 1984), 83–84 findet diese Erklärung zumindest problematisch, da im pEbers sowohl wꜣi̯ als auch wꜣm vorkommen, das Verb also sowohl in der einen wie auch in der anderen Schreibung verwendet würden.
2 tʾ šwi̯ n wꜣm: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 97 und Westendorf 1999, 601 übersetzen: „Brot, getrocknet durch Dörren“. Der Anschluss mit n ist problematisch. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 301 nennt die Stelle als möglichen Beleg für den Anschluss des Partizips mit m oder n. Allerdings führt er für diese Konstruktion nur zwei weitere Belege an, von denen einer sich gut als normaler adverbieller Anschluss erklären lässt. U. Verhoeven, Grillen, Kochen, Backen im Alltag und im Ritual Altägyptens. Ein lexikographischer Beitrag, Rites égyptiens 4 (Bruxelles 1984), 83 findet die Funktion des n an dieser Stelle fraglich. Bardinet 1995, 295 übersetzt: „pain sec doré (au four)“.
3 hrw 4: Laut H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 48 stand erst hrw 1, danach wurde der Einerstrich durch Auswischen der Mitte zu zwei übereinanderstehenden Einerstrichen, und es wurden daneben zwei weitere Einerstriche hinzugefügt. Anders als im Rezept davor und danach ist das nachfolgende k.t aber nicht von den hinteren Einerstrichen überschrieben worden, sondern man gewinnt sogar eher den Eindruck, dass das k.t den oberen hinteren Einerstrich überschneidet.
Eb 290, vgl. Eb 289
Ein anderes (Heilmittel):
Brot, gedörrt1: 1/8 (Dja), Erdmandeln: [51,10] 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Wasser: 1/64 (Oipe = 1 Dja) und ein halbes (Dja) (d.h. 1,5 Dja).
Werde zermahlen; werde ausgepresst. Werde über {{1}} [[4]]2 Tage hinweg getrunken.
1 wm: Die Schreibung nur mit der Feuerpfanne spräche für eine Lesung als psi̯, aber die Parallelität zum vorigen Rezept spricht für eine Lesung wꜣm.
2 hrw 4: Die Zahl ist zu Teilen über dem k des folgenden k.t geschrieben und damit eine spätere Korrektur. Laut H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 48 stand erst hrw 1, danach wurde der Einerstrich durch Auswischen der Mitte zu zwei übereinanderstehenden Einerstrichen (ein dunkler Fleck im Zwischenraum zwischen den beiden Einerstrichen könnten Tintenreste sein), und es wurden daneben zwei weitere Einerstriche hinzugefügt.
Eb 291
Ein anderes (Heilmittel):
Fettes Fleisch: 1/16 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/16 (Dja), Feigen: 1/16 (Dja), Sellerie: 1/16 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 292
Ein anderes (Heilmittel):
wtjw-Backwerk1: 1/8 (Dja), ḥkn-Backwerk: 1/8 (Dja), Gebrochenes (?) von Datteln: 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 wtjw: Ein Hapax legomenon; die Schreibung ist mehrdeutig: Die hier verwendete Transkription ist konform mit der Transliteration des Hieratischen von Wreszinski 1913. Wb 1, 289.15 transkribiert das Wort dagegen wwtjw, schließt aber Lesungen als wtjw und twtjw nicht aus. Grapow 1958, 169 und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 145 kehren wieder zur Lesung von Wreszinski zurück; H. Grapow – H. von Deines halten aber die Transkription von Wb 1, 289.15 als Alternative für denkbar.
Westendorf 1999, 601, Anm. 77 denkt an einen Zusammenhang mit jt: „Gerste“ und vergleicht auch mit dem t’-wt-Brot.
Eb 293
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: 1/8 (Dja), Erdmandeln: 1/8 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Gebrochenes (?) von Datteln: 1/32 (Dja), ḥḏ.w-Harz (?): 1/32 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja), fettes Fleisch: ein viertel (Dja), Ägyptische Weide: 1/8 (Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 294–304: Heilmittel gegen krankmachende Sekrete
Eb 294 = H 35
[51,15] Anfang der Heilmittel für das Abführen (wörtl.: Abgehen-Lassen) von Sekret aus dem Leistenbereich (?):
Ein Gewächs1 – ihr (sic) Name ist snwt.t-Winde; wie das qꜣd.t-Kriechkraut2 wächst sie auf ihrem Bauch; (üblicherweise) treibt sie Blüte(n) wie der Lotos3 – seine gꜣb.t-Blätter werden wie weißes Holz4 vorgefunden5: Es wird folglich herbeigeholt und auf dem Leistenbereich (?) verrieben. Dann beginnt es (d.h. das Sekret), sofort abzugehen. Ihre Frucht kann ferner den an Krankheitsauslösern (?) Leidenden mit Brot verabreicht werden, um zu veranlassen, dass (es) (d.h. das Sekret) aus dem Leistenbereich (?) abgeht.6
1 sm.w ist eine sehr allgemeine Bezeichnung für Pflanzen mit einem variablen Bedeutungsspektrum: Es kann den Bäumen gegenübergestellt sein und damit nicht-verholzte Pflanzen bezeichnen; es kann Viehfutter bezeichnen; es kommt sowohl in wilder wie auch in kultivierter Form vor; es kann Gemüse oder selten auch ein Fruchtlieferant sein. Es handelt sich um keinen botanisch eindeutig klassifizierbaren Terminus; die oft verwendete ägyptologische Grundübersetzung „Kraut“ meint das Kraut im weitesten und ursprünglichen Sinne der nutzbaren Pflanzen, die eben nicht Unkraut sind.
2 Zu dieser Pflanze s. die Diskussion die Anm. im Veterinärmedizinischen Papyrus Kahun.
3 sšn: pHearst schreibt stattdessen srd: „Gewächs“ o.ä. Diese Parallele zum Ebers scheint aber fehlerhaft zu sein, so schreibt der Hearst auch sinnloses s.t: „Frau“ statt st.t: „Sekret“. Daher ist der Ebers-Version Vorrang zu geben.
4 ḫt ḥḏ: In Eb 294 steht eine zunächst unspezifische attributive Verbindung „weißes/helles Holz“. Das Parallelrezept H 35 im pHearst versieht ḥḏ mit Gardiner M2 und Pluralstrichen als Klassifikatoren; diese letztere Schreibung könnte darauf hindeuten, dass der Schreiber des pHearst ein Kompositum *„Weißholz“ angedacht hat. Die Alternative, dass diese Klassifikatoren zu ḥḏ gehören und „Holz der ḥḏ.w-Pflanze“ gemeint ist, scheidet aus, weil die so geschriebene ḥḏ.w-Pflanze mit der Zwiebel resp. dem Knoblauch identifiziert wird und keine verholzten Bestandteile hat. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 140 und Westendorf 1999, 601 übersetzen wörtlich „weißes Holz“; bei H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), gibt es keinen separaten Eintrag dazu und nicht einmal einen Kommentar unter dem Eintrag ḫt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 671 vermerken unter ḫt ḥḏ: „‚weißes Holz‘ einer Pflanze“, gehen also wohl davon aus, dass es nur ein Pflanzenbestandteil, also tatsächlich nur helles Holz o.ä., ist. Weder G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), noch R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), haben einen eigenen Eintrag dazu.
Anders dagegen Ebbell 1937, 63. Er gibt für diese Verbindung keine Übersetzung an, was man zumindest so interpretieren kann, dass er sie nicht wörtlich aufzufassen scheint (auch wenn seine Übersetzung des Satzes sonst problematisch ist).T. Bardinet 1995, 296 übersetzt es kommentarlos mit „sycomore (litteralement: ‚bois blanc’)“.
In ptolemäischen Texten ist ein ḫt ḥḏ (s. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 753) als Styraxlieferant neben ḫt km: „schwarzem Holz“ und ḫt dšr: „rotem Holz“ genannt. Es ist eine „Wiederholung wie das Getrocknete des ḏꜣr.t-Baumes“, d.h. vom Johannisbrotbaum, es wird fest, wenn es zerbrochen wird, ist weich wie der Charakter (?; jwn: „Farbe, Wesen, Charakter“) von Gold, riecht wie tj-šps (der Kampferbaum, vgl. A. Lüchtrath, tj-šps, der Kampferbaum Ostafrikas, in: Göttinger Miszellen 101, 1988, 43–48); und wenn es auf seine Seite gelegt wird „mit seinem Einschnitt (?)“, ist es wie die Flügelfarbe des sft-Vogels. Vgl. zu diesem Text C. Leitz, Aromatische Substanzen, in: A. Rickert – B. Ventker (Hrsg.), Altägyptische Enzyklopädien. Die Soubassements in den Tempeln der griechisch-römischen Zeit. Soubassementstudien I. Bd. 1, Studien zur spätägyptischen Religion 7 (Wiesbaden 2014), 483-516, hier: 508–509.
5 r gmi̯.tw: Die Bedeutung des r ist unklar. Die Schreibung so zu nehmen, wie sie ist, und ein adverbielles r sḏm=f anzunehmen, führt zu keiner sinnvollen Übersetzung. In von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 140 wird mithilfe von „wenn“ übersetzt, also zu jr korrigiert (explizit in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 120, Anm. 8); als Apodosis dient jni̯.ḫr.tw=f ...: „Wenn man seine Blütenblätter findet wie weißes Holz, dann soll man es holen“. Dem folgt dann auch Bardinet 1995. Eine solche Emendation würde der Beschreibung der Pflanze eine zusätzliche, temporale Note verleihen: Die Pflanze soll geholt werden, wenn ihre Blätter wie „weißes Holz“ vorgefunden werden; vermutlich ist das also der Zeitpunkt, zu dem sie ihre Heilkraft entfaltet.
von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 120, Anm. 8 erwägen allerdings für die Lösung noch zwei Alternativen, nämlich eine schlichte Tilgung oder eine Interpretation als Schreibung für jw. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), S. 33 und 233, Anm. 5 entscheidet sich für Letzteres, eine Erklärung als Graphie für jw sḏm=f, führt diese Stelle dann aber im entsprechenden Paragraphen nicht auf. Westendorf 1999 übersetzt den Satz dieser Lösung entsprechend rein verbal koordinierend. Bei dieser Interpretation entfiele die temporale Komponente und der Satz wäre ein Bestandteil der generellen Beschreibung der Pflanze.
Die Parallele in pHearst schreibt unsinniges dgm=s: „ihr Rhizinus (?) ist ...“ anstelle von r gmi̯.tw gꜣb.t=f. Allerdings ließe sich die Lesung der Phoneme als dgm leicht als Verlesung eines hieratischen r gmi̯ erklären; und die Determinierung (Gardiner M2 und Pluralstriche) korrespondiert mit der Determinierung von gꜣb.t im Papyrus Ebers. Es wäre also denkbar, dass der Kopist des Hearst die Phoneme von gꜣb.t übersehen hat und aus einem *r gmi̯ gꜣb.t die dgm-Pflanze gemacht hat. Dies lässt darauf schließen, dass das r in der gemeinsamen Vorlage von Ebers und Hearst gestanden haben muss und kein Fehler des Ebers ist.
6 In der Beschreibung der Pflanze wechseln in diesem Rezept das maskuline und das feminine Personalpronomen, so dass man zunächst den Eindruck hat, als bezögen sie sich teils auf das maskuline smw und teils auf das feminine snwt.t. Es fragt sich, ob hier nicht zwei unterschiedliche Beschreibungen ineinander geschoben sind. Die Sätze mit maskulinem Bezug lesen sich: „Ein Gewächs, dessen (o.ä.) Blätter wie weißes Holz (vor)gefunden werden: Es soll herbeigeholt werden (und) es soll auf der Leistengegend verrieben ⟨werden⟩. Damit wird es (d.h. das Sekret) sofort abgehen.“ Die Sätze mit femininem Bezug lesen sich: „snwt.t ist ihr Name. Wie eine qꜣd.t-Pflanze wächst sie auf ihrem Bauch. (Gewöhnlich) treibt sie Blüte(n) wie Lotos. Ihre Frucht kann ferner den an Krankheitsauslösern (Leidenden) mit Brot verabreicht werden, um zu veranlassen, dass (es) (d.h. das Sekret) aus der Leistengegend abgeht.“
Eb 295
Ein anderes (Heilmittel):
Wenn du einen Mann betrachtest, in dessen Nacken Sekret ist, [51,20] und zwar, indem er am Gelenk (?) seines Nackens leidet, er an seinem Kopf leidet, seine Halswirbel steif sind und sein Nacken (es) schwer (hat), ohne dass (es) ihm gelingt, auf seinen Bauch zu schauen, (weil?) es ihm schwierig ist, sagst du anschließend:
„(Das ist) einer mit Sekret in seinem Nacken.“
[52,1] (Und) du veranlasst folglich, dass er sich einreibt (und) dass er sich schminkt, so dass ihm sofort angenehm ist.
Eb 296 = Eb 102
Ein anderes (Heilmittel):
Wenn du (einen) an Sekret (Leidenden) mit einem Schneiden betrachtest, unter dem sein Bauch steif ist (und) er an seinem Verdauungstrakt leidet, (dann) ist sein Sekret in seinem Bauch. Es kann keinen Weg des Herauskommens finden. (Und weil) es nun keinen Weg gibt, dass es (d.h. das Sekret) herauskommen kann (?) aus ihm (d.h. dem Verdauungstrakt), verfault es folglich in seinem Bauch. Es kann nicht herauskommen, (sondern?) es ist zu [52,5] Gewürm (?) geworden. Es wandelt sich folglich vollständig (oder: Es wandelt sich folglich nicht) zu Gewürm (?) um, bis/so dass es sich zu etwas umwandelt, das tot ist.1 Anschließend scheidet er es aus, (und) ihm ist sofort angenehm. Wenn er es (aber) nicht in Form von Gewürm (?) ausscheidet, bereitest du ihm folglich Mittel zum Ausscheiden, so dass ihm sofort angenehm ist.
1 m(w)t ist mit Pluralstrichen geschrieben, was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass es ein pluralisches Subjekt hat. Im Gegenteil verzeichnet W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 163 Schreibungen des Stativs mit Pluralstrichen nur bei der 3. Person Singular, nicht bei der 3. Person Plural.
Eb 297 = Bln 136, vgl. Eb 321
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Sekret im Bauch:
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/16 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Blätter der Dornakazie: 1/32 (Dja), ṯr.w-Ocker: 1/64 (Dja), Polei-Minze (?): 1/32 (Dja), gngn.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), [52,10] süßes Bier: ∅.
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 298
Ein anderes (Heilmittel),1 etwas, was zu tun ist für einen Mann, der an ḫnt-Schnupfen in seinem Kopf leidet, (und der) Sekret in seinem Nacken hat:
jbr-Öl: 1 (Dosis), ẖsꜣ.yt-Balsam: 1 (Dosis), Ast vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis).
Werde zermahlen; werde zu einem Verband verarbeitet.2 Werde an den Kopf gegeben.
1 k.t ist erneut nicht rubriziert, um es vom vorigen Rezept, das mit einem Rubrum endet, abzuheben.
2 jri̯ m šd: Die Verbindung jri̯ m bedeutet „machen zu etw.“ oder „herstellen aus etw.“. Hier ist sicher Ersteres gemeint, wobei genau genommen nicht die Herstellung der Binde, sondern nur die Herstellung dessen, was in der Binde ist, beschrieben ist. Westendorf 1999, 603 vermutet sogar, dass eine Abkürzung für jri̯ (m jḫ.t wꜥ.t rḏi̯) m šd: „werde (zu einer Masse) gemacht (und) in eine Binde (gegeben)“ vorliegt.
Eb 299
Ein anderes Heilmittel:
„Feder-des-Nemti“-Pflanzen: 1 (Dosis), nḥd.t-Myrrhe1: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), Koniferenharz: ((1 (Dosis))), Steinbockfett: 1 (Dosis),2 jbr-Öl: 1 (Dosis).
Werde [52,15] zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 nḥd.t: Geschrieben wie der nḥḏ.t-Eckzahn, aber H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 311–319 trennen zwischen beiden Drogen, weil die nḥḏ.t-Droge auch mit dem Rohstoffklassifikator N33 geschrieben werden kann, der Zahn dagegen nicht, und weil der Zahn in den beiden Belegen, in denen er vorkommt, durch eine Tierbezeichnung weiter spezifiziert wird.
R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 179 schreibt dezidiert, dass die Droge nur in medizinischen Texten genannt ist. Ob man daraus schließen kann, dass sie die Belege aus den ptolemäischen Tempelinschriften (s. im Folgenden) nicht kannte, oder ob sie in Letzterem ein anderes, nicht mit der Droge zusammenhängendes Wort vermutete, ist unbekannt. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 537 sieht hierin dasselbe Wort.
Die Bedeutung ist unsicher. Zumindest das nḥd(.t) der ptolemäischen Texte ist eine Myrrheart, vgl. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 537. Und auf diesen späten Belegen beruhen, in manchen Fällen mit explizitem Bezug, in anderen mit zu vermutendem Bezug, alle Versuche, den Drogennamen in der Übersetzungssprache auf ein Harz einzugrenzen:
- Ebers 1889, 69 („eine Weihrauchart“), der sich auf S. 144–145, Anm. 115 auf von Dümichen publizierte Texte, d.h. diese ptolemäischen Inschriften, stützt, in denen diese Droge unter „den Produkten der Balsamsträucher“ genannt sei;
- Joachim 1890, 74 („neḥedet-Harz“) und 116 („neḥed-Harz“), der aber ganz unsystematisch an anderen Stellen auch „Korn“, „Körner“ und im Index sogar „Samen“ hinzufügt und mit Letzterem „Zahnkrautkörner“ meint (womit er sich dezidiert auf Ebers 1889 stützt, der, wohl basierend auf der Homographie mit dem nḥḏ.t-Zahn, tatsächlich S. 69 „Zahnkörner“ und S. 144 „Zahn(kraut?) Körner“ schreibt und auf S. 69, Anm. 4 den „aegyptischen Zahnbaum, balanites aegyptiaca“ nennt, der aber eine Gleichsetzung der Droge mit Teilen oder Produkten dieses Baumes auf S. 144–145 letztendlich doch ablehnt);
- sicher auch Ebbells kommentarlose und durch nichts begründete Eingrenzung auf „Gum ammoniac“ (das ist ein Harz von Dorema ammoniacum) in Ebbell 1937, 132;
- D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 3. 1979 (Paris 1982), 79.1597 („un aromate“) und
- Westendorf 1999, 501 („nḥd.t-Duftstoff”), der ferner Dieter Kurths persönliche Mitteilung „Weihrauch“ nennt.
Ebers hatte neben Dümichen auch auf „Brugsch’s Wörterb., ser. II S. 251“ d.h. H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. V (Leipzig 1880), 251, verwiesen, wo nḥd.t mit einem Harz namens mamama (H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. II (Leipzig 1868), 585 = das mmꜣꜥ... von Wb 2, 59.4) gleichgesetzt würde (dieses Harz ist laut dem einzigen Beleg, DZA 24.003.720, eine „trockene Myrrhe“ von karneolartiger Farbe und sehr süßem/angenehmen Duft). Brugschs Beleg stammt ebenfalls aus Dümichens Texten, nämlich aus J. Dümichen, Geographische Inschriften altägyptischer Denkmäler II (Leipzig 1866), Taf. 86, Zeile 5 (= Edfu II, 206,3). C. Leitz, Aromatische Substanzen, in: A. Rickert – B. Ventker (Hrsg.), Altägyptische Enzyklopädien. Die Soubassements in den Tempeln der griechisch-römischen Zeit. Soubassementstudien I. Bd. 1, Studien zur spätägyptischen Religion 7 (Wiesbaden 2014), 483-516, hier: 512 nennt zwei weitere Belege für diese Myrrheart, die er vergleichbar mit Brugsch als mꜥmꜥm und mꜥmꜣm transkribiert; und er ruft dazu auf zu prüfen, ob sie mit griechisch μαμάλι, arab. „Maʿmal“ identifiziert werden könnte. Der von H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. II (Leipzig 1868), 585 genannte Hauptbeleg für dieses Lemma ist dagegen zu streichen, weil es sich dabei um die mꜥmꜥ: „Dumpalme“ handelt (vgl. eine fast identische Schreibung bei P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 403).
2 ꜥḏ ꜥš ꜥḏ nrꜣw: Der Einerstrich für ꜥḏ ꜥš ist nachgetragen worden, allerdings versehentlich ein Wort zu weit hinten, nämlich hinter dem zweiten ꜥḏ.
Eb 300
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Sekret im Bauch eines Mannes oder einer Frau:
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/16 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde ausgepresst. Werde getrunken.
Eb 301 = H 33, vgl. Kah. 14
Ein anderes Heilmittel zum Entfernen einer Krankheit in allen Körperteilen eines Mannes:
Pflanzenbrei aus Maische (d.h. gemaischter Pflanzenbrei): ∅.
Werde fein zermahlen; werde mit gegorenem Pflanzenbrei vermengt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 302 = H 131
Ein anderes (Heilmittel) [52,20] zum Beseitigen von „Bitternis“1:
Johannisbrot: ∅.
Werde in Honig zermahlen. Werde mit Bier getrunken.
1 dḥr.t: Stern, in: Ebers 1875, 52 trennt die Belege auf zwei verschiedene Wörter, die er beide etymologisch mit koptisch ⲧϩⲟ („Schlechtigkeit, Bitternis“) verbinden möchte:
(a) dḥr.t mit dem Tierfell klassifiziert: „facies, aspectus, cutis“; nur zwei Belegstellen, in denen dḥr.t sb.t steht. Das zweite Wort übersetzt er mit „musca canina; pendiculus“ und sah darin den Vorläufer des koptischen ⲥⲓⲃ „Zecke; Laus; Ungeziefer“ (so dann später auch Wb 3, 432.14–16).
(b) dḥr.t mit Tierfell und „schlechtem Vogel“ resp. allein mit dem „schlechtem Vogel“ klassifiziert und von Stern mit „putredo; morbus cutis“ wiedergegeben, d.h. einer Hautkrankheit und speziell einer Fäulnis (eigentlich Fäulnis von Wunden, s. C. T. Lewis – C. Short, A Latin Dictionary).
H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VII (Leipzig 1882), 1373 sieht Sterns Lemma (a) nur als Variante für maskulines dḥr: „Leder, Haut“. Für Sterns Lemma (b) schlägt er dagegen eine Verbindung mit dem Stamm dḥr: „Furcht, Schaudern“ (H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. IV (Leipzig 1868), 1656) vor.
In Wb 5, 482 finden sich drei separate Lemmata:
(1) dḥr.t in der Verbindung dḥr.t sb.t, also Sterns Lemma (a). Im Wb ist es schlicht mit „Krätze o.ä.“ übersetzt. Ausschlaggebend scheint hierfür vielleicht, ähnlich wie bei Brugsch, die Determinierung mit dem Tierfell gewesen zu sein, und das Lemma folgt im Wb unmittelbar dem dḥr-Leder.
(2) Auf dḥr.t folgt im Wb das Verb dḥr: „bitter sein“, das in übertragener Bedeutung auch vom Herzen oder Magen gesagt werden kann. Es drückt das Gegenteil von nḏm: „angenehm“ und bnr: „süß“ aus. Die einmal belegte Nennung im Zusammenhang mit der wdd-Galle scheint aber für die Bedeutungsfindung wenig bedeutend gewesen zu sein; eher war wohl umgekehrt die Kombination von wdd mit dḥr wichtig für die Identifikation von Ersterem, vgl. die Notizen auf DZA 22.679.460.
(3) Als drittes Lemma findet sich im Wb das von dḥr: „bitter sein“ abgeleitete Nomen dḥr.t: „Bitternis“ und allgemeiner „Böses, Unheil“ (auch Schreibungen mit dem Tierfell).
Zur Deutung des dḥr.t-Phänomens führt B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 62 das Rezept Eb 205c an, wonach das dort genannte Leiden unter den Fingern des Untersuchenden sš macht (Ebbell übersetzt mit „öffnen“). Das erinnert ihn an die Druckstellen bei „ödematöse[n] Schwellung[en], Wassersucht o.ä.“. Anders als das Wb und wieder näher an Stern will Ebbell das Lemma von dḥr: „Leder“ ableiten. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 131, Anm. 1 zu IV L2c halten diesen Vergleich aber für unhaltbar. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 988 sind die beiden femininen Nomina dḥr.t, die im Wb zu zwei Lemmata aufgeteilt sind, wieder zu einem Lemma zusammengeführt. P. Vernus, Études de philologie et de linguistique (II), in: Revue d’égyptologie 34, 1982–1983, 115–128, hier: 121–125 schließt sich der Herleitung des Wb von dḥr: „bitter sein“ an. Er zeigt auf, dass dḥr.t mit šmm.t-Hitze verbunden sein kann und durch ṯꜣw-Wind verbreitet wird. Westendorf 1999, 603 geht von einer „(dämonischen) ‚Bitternis-Krankheit‘“ aus.
Eb 303
Ein anderes (Heilmittel) zum Abwehren von šmm.t-Hitze:
ꜥbḫn-Frosch: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben). (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 304
Ein anderes (Heilmittel):
Der Kopf des ḏdb-Fisches1: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben). Werde dem Mann an sein Fleisch (?)2 gegeben.
1 ḏdb: Nur hier belegt. Westendorf 1999, 603 schlägt durch seine Übersetzung „Stecher“-Fisch implizit eine Ableitung der Bezeichnung vom Verb ḏdb: „stechen“ vor. Eine Identifikation des Fisches bleibt unmöglich.
2 jwf: Nur mit dem Fleischstück geschrieben, was ungewöhnlich ist. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962)31, Anm. 2 erwägt mit Verweis auf Gardiner, Sign-list F51 noch eine abgekürzte Schreibung für ḥꜥw: „Leib“; die von Gardiner für eine solche Lesung des Fleischstückes angeführte Belegstelle K. Sethe, Urkunden der 18. Dynastie [IV,937-1226], Urkunden des Ägyptischen Altertums IV/13-16 (Leipzig 1908–1909), 959, 2 schreibt aber drei Fleischstücke und nicht, wie es hier der Fall wäre, nur eines. Die Möglichkeit, dass ein Euphemismus für Unterleib oder die Genitalien vorliegt (vgl. die Abkürzung für kns bei Gardiner, ebd.) schließen H. von Deines – W. Westendorf, ebd. aus. Bardinet 1995, wie Westendorf 1999, bleiben bei „chair“ resp. „Fleisch“, versehen es aber aufgrund der unsicheren Lesung mit einem Fragezeichen.
Die Abkürzung wird wohl ihre Ursache darin haben, dass der Schreiber am Ende der Rezeptgruppe angelangt war und die letzten Worte noch in dieser Kolumne unterbringen wollte, um die nächste Kolumne direkt mit ḥꜣ.t-ꜥ-m beginnen zu können.
Eb 305–325: Heilmittel gegen Husten
Eb 305, vgl. Eb 307, 324
[53,1] Anfang der Heilmittel zum Beseitigen des Hustens:
Frisches Johannisbrot: ∅.
Werde in einem neuen ḥn.w-Topf in Wasser gegeben. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 306, vgl. Eb 21
Ein anderes (Heilmittel):
Johannisbrot: ∅.
Werde mit süßem Bier gekocht. Davon werde ein Dja (?) über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 307, vgl. Eb 305, 324
Ein anderes (Heilmittel):
Du stellst folglich ein rmn.t-Gefäß (bereit)1, dessen (eine) Hälfte mit Wasser und die (andere) Hälfte mit Johannisbrot (gefüllt) ist. Du lässt es folglich 4 Tage lang ruhen, wobei es (tagsüber) dem Sonnenlicht ausgesetzt ist und nachts dem Tau ausgesetzt ist. (Und) du veranlasst folglich, [53,5] [[dass ein Viertel eines Dja (?) aus]] diesem rmn.t-Gefäß [[abgegossen werde]]2. Veranlasst werde (weiterhin), dass der mit dem Husten3 es4 über 4 Tage hinweg trinkt, so dass er sofort gesund wird.
1 rḏi̯.ḫr=k: In den folgenden Sätze liegt ein Kausativum aus rḏi̯ + Verbalform vor, hier dagegen einfaches rḏi̯. Auf DZA 25.903.090 wird vermutet, dass hier jni̯.tw n=k nach rḏi̯.ḫr=k ausgefallen ist: „Lass ⟨dir bringen⟩ ...“.
2 stf.tw: Als aktivisches sḏm=tw NN übersetzt etwa von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 161 oder Westendorf 1999, 604, als passivisches sḏm.tw NN bspw. von Bardinet 1995, 298. Letzteres ist wahrscheinlicher, das Paradigma rḏi̯ sḏm.tw=f ist regulär. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 253 vermutet zwar, dass in den medizinischen Texten das Passiv nach rḏi̯ mithilfe eines endungslosen sḏm gebildet wird, gesteht aber ein, dass keiner der von ihm genannten Belege grammatisch eindeutig ist.
3 sry.t: Angesichts der relativischen Konstruktion mit ntj + Präposition ḥr würde man zunächst an ein Verb und damit an das Paradigma ntj ḥr sḏm: „einer, der hört“ denken. Das für diese Konstruktion notwendige Verb sr: „husten“ ist vielleicht in Eb 189a belegt. Das Wort ist hier allerdings genauso geschrieben wie klar nominale Fälle, so dass auch hier das Substantiv vorliegen wird.
4 sw: Satzsyntaktisch scheint sich das Pronomen auf das ausgegossene Viertel-Dja zu beziehen. Von der Handlungslogik ausgehend ist aber sicher der im Gefäß verbliebene Rest gemeint, denn erstens wird das Medikament über vier Tage verteilt getrunken, und um das mit dem ausgegossenen Viertel-Dja tun zu wollen, müsste es auch irgendwo aufbewahrt werden; und zweitens bliebe der größere Teil des Medikaments ungenutzt, wenn nur das ausgegossene Viertel-Dja getrunken werden sollte.
Eb 308, vgl. Eb 313
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von Datteln: ein Hin (= 1,6 Dja).
Werde (folgendermaßen) zu einem ḫꜣḏ.w-Fladen verarbeitet: Werde in zwei Schalen gegeben; werde aufs Feuer gestellt. Dadurch wird ein solcher ḫꜣḏ.w-Fladen zum Entstehen gebracht. Es wird folglich (vom Feuer) genommen, nachdem dies getan wurde. Werde mit Fett und Olivenöl zu einem ꜣmꜥ.t-Brei verarbeitet. Werde vom Mann in angenehmer Wärme gegessen, so dass er sofort gesund wird.
Eb 309, vgl. Bln 30
Ein anderes (Heilmittel):
Johannisbrot: 1 (Dosis), Datteln, zerquetscht: 1 (Dosis), ein Hin (= 1,6 Dja) Milch.
Werde getrunken.
Eb 310, vgl. Bln 38
Ein anderes (Heilmittel):
Kuhmilch: ∅.
Werde gekocht. Nachdem das mhwj-Milchfett zermahlen worden ist,1 werde smj-Milchfett dazu gegeben. Werde vom Mann sẖb-eingenommen. Werde mit der Milch, die gekocht wurde, über 4 Tage hinweg hinuntergeschluckt.
1 jr m-ḫt mhwj nḏ: Nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 65, s.v. B.I das einzige Beispiel der Konstruktion jr m-ḫt + Nomen + Pseudopartizip. Da m-ḫt ein späterer Nachtrag ist (s. schon H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 52), ohne dass zusätzlich Spuren einer Rasur unter jr oder mhwj erkennbar wären, kann man wohl annehmen, dass ursprünglich jr mhwj zu lesen war: „Was das mhwj-Milchprodukt angeht: ...“ Damit könnte die Stelle im Prinzip als Glosse verstanden werden, auch wenn die grammatische Konstruktion für Glossen ebenfalls ungewöhnlich ist (zu den üblichen Konstruktionen s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 68, s.v. jr, § 2). Eb 310 wäre damit das erste Rezept dieses Papyrus mit einer Glosse, die anderen folgen erst kurz vor Ende des Textes.
Eb 311
Ein anderes (Heilmittel):
Schnitzel (?) von Datteln: ∅.
Werde zerstoßen;1 werde in einen Stoffbeutel2 gegeben. Dieser Beutel werde 1 (?) Tag3 in Maische gelegt;4 ins Feuer werde er (danach) gestellt.5 Der (so entstandene?) ꜣḥ-Brei werde (vom Feuer) genommen. Dieser Beutel werde entleert, wobei sie (d.h. die Masse) in einen ḥn.w-Topf umzufüllen ist. Wasser werde ihr hinzugegeben. Werde ausgepresst, wie es zu tun ist bei [53,15] der Bier(herstellung). Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 hbq: Die Wortstellung würde es erlauben, darin sowohl ein Attribut zu bnj zu lesen (so Bardinet 1995) wie auch eine erste Handlungsanweisung (so Westendorf 1999).
2 qrf.t: Ein nur in Eb 311 und im mathematischen Papyrus Rhind, Aufgabe Nr. 62 belegter Behälter. Dem hiesigen Rezept nach aus Stoff und daher am wahrscheinlichsten als eine Art Beutel aufzufassen. Auffälligerweise wird dieser Beutel in administrativen Texten etwa aus Deir el-Medineh nicht genannt, scheint also kein allgemein gebräuchliches Objekt gewesen zu sein.
Ein maskuliner qrf-Beutel ist durch zwei Belege aus der 1. Zwischenzeit resp. dem Mittleren Reich bekannt: zum einen aus Grab Nr. 5 in el-Bersheh (F. Ll. Griffith – P. E. Newberry, El Bersheh II (London 1895), Taf. 17 unten) und zum anderen aus dem Brief pBerlin 10031 A aus Illahun, Zeile VS.3, vgl. im TLA. Beide Belege sind aber zu unspezifisch, als dass sie mehr Informationen zu dieser Art Beutel liefern können.
Drei weitere Belege für ein homographes Lemma qrf stammen wiederum aus dem Neuen Reich, wo im Zusammenhang mit dem Wag-Fest von Abydos der „Tag des Aufziehens (?; zbi̯) der Segel (?, qrf)“ genannt ist; vgl. Wb 3, 431.28 und Wb 5, 60.3. Unter diesem Lemma sind im Wb auch die beiden MR-Belege für den qrf-Beutel (?) abgelegt. Ob dieses Lemma mit dem qrf.t-Beutel von Eb 311 zusammenhängt, ist unklar, aber möglich. W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 80 hält es ferner für denkbar, dass das koptische Wort ⲕⲗⲁϥⲧ: „Kappe“ ebenfalls mit dem Lemma qrf zusammenhängt.
3 hrw 1: Vgl. den Kommentar zum folgenden Satz.
4 Die beschriebene Prozedur ist inhaltlich schwer zu durchdringen. Zu betonen ist, dass die Maische nicht zu den zerstoßenen Dattelkernen *in* den Beutel hineingefüllt, sondern umgekehrt der Beutel in die Maische gelegt werden soll. Darauf folgt ein Erhitzungsvorgang (s. den nächsten Satz), bei dem der Beutel aber nicht verbrannt oder anderweitig zerstört wird, weil er sich danach noch entleeren lässt (s. den drittnächsten Satz). Man muss daher wohl voraussetzen, dass die Maische am Beutel haften bleibt und im Feuer gebacken wird. Oder wird die Maische inklusive dem Beutel mit Dattelkernen doch noch in ein Gefäß gefüllt und dieser Vorgang nur deswegen nicht genannt, weil er selbstverständlich ist? In jedem Fall impliziert die Beschreibung, dass der ꜣḥ-Brei, der durch den Prozess zu entstehen scheint (s. den übernächsten Satz), allein aus den erhitzten und zerkleinerten Dattelkernen besteht (so wohl auch das Verständnis von H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 6). Anders DZA 20.064.350: Dort wird bezüglich des übernächsten Satzes vermutet, dass sich die ꜣḥ-Droge „beim Kochen oben absetzt“, was implizieren würde, dass sich noch etwas Anderes, Ungenanntes, im Beutel befindet, *worauf* sich das ꜣḥ absetzen kann.
Technologiegeschichtlich interessant ist, dass der Herstellungsprozess oder wenigstens der letzte Teil davon mit der Bierherstellung verglichen wird. Weitgehend basierend auf der Darstellung im Grab des Ti, beschreibt W. Helck, Das Bier im Alten Ägypten (Berlin 1971), S. 30–36 die Bierherstellung folgendermaßen: (1) Emmer-Malz und Weizenmehl werden zu einem Teig vermischt; (2) dieser Teig wird in runde Klumpen, pzn genannt, aufgeteilt; (3) diese werden mit Wasser verdünnt und durch ein Sieb gestrichen: dni̯.t sṯ.t: „Verdünnen der Brotmasse / Verdünnen für die Brotform“. (4) Der so flüssiger gemachte Teig wird in sṯ.t genannte Formen gegossen und (5) darin (bzw. in Darstellungen in „Gräbern weniger hochgestellter Leute“ auch ohne jegliche Form) im Feuer angebacken. Anschließend (6) werden die Braubrote zerbröckelt und mit sgnn (Helck: Dattelsaft?) gemischt; diese Masse wird (7) ꜥtḫ: „durchgemischt/-geseiht“ und das Ergebnis zum Gären stehengelassen.
Bei der Bierherstellung kann nun auch ein ꜣḥ genanntes Produkt zum Einsatz kommen: In den Bierbrauszenen im Grab des Nianch-Chnum und Chnumhotep in Dahschur findet sich die Darstellung eines Mannes, der in einem großen Gefäß steht und dessen Beischrift lautet: zšn ꜣḥ: „Austreten des ꜣḥ“ (A. M. Moussa – H. Altenmüller, Das Grab des Nianchchnum und Chnumhotep. Old Kingdom tombs at the causeway of king Unas at Saqqara, Archäologische Veröffentlichungen. Deutsches Archäologisches Institut. Abteilung Kairo 21 (Mainz 1977), 70–71 und Tafel 23). Rechts von dieser Szene befindet sich die Darstellung der Bierherstellung in mehreren Subszenen. Diese Subszenen der Bierherstellung lesen A. M. Moussa – H. Altenmüller, 70 weitestgehend von rechts nach links, was theoretisch die Szene, in der ꜣḥ ausgetreten wird, ganz ans Ende der Bierherstellung setzen würde. Moussa/Altenmüller denken jedoch, dass es sich dabei nicht um eine weitere Subszene der Bierherstellung handelt, sondern um eine eigenständige Szene, die im Arbeitsprozess der eigentlichen Bierherstellung voranzustellen ist. Ähnlich denkt auch S. Grunert, Bierbrauer unter sich. Über den Nutzen eines Wörterbuches beim Übersetzen nicht nur lockerer Reden, in: Göttinger Miszellen 173, 1999, 91–112, hier: 91–94, dass hiermit der erste Arbeitsschritt der Bierherstellung, nämlich die Zerkleinerung des Rohstoffes, dargestellt sein könnte, die entweder auf einem Mahlstein oder durch Zertreten in einem Bottich erfolgte. Als Argument führt Grunert an, dass ꜣḥ mit drei Getreidekörnern und nicht als Flüssigkeit klassifiziert ist.
Es wäre aber auch eine andere Lesereihenfolge denkbar: Im Register über der Bierherstellung ist die Herstellung zweier Brotsorten dargestellt: links ḥṯꜣ-Brot und rechts pzn-Brot. Genauer gesagt sind nur zwei Szenen dargestellt, die das „Verdünnen (dni̯.t) des sṯ.t-Teiges“ sowie das „Ausgießen“ desselben zeigen. Dies ließe sich mit Helcks Reihenfolge der Bierherstellung vergleichen: In beiden Fällen wird sṯ.t-Teig dni̯-verdünnt und dann ausgegossen. S. Grunert schlägt im TLA folgende Lesereihenfolge des 4. und 5. Registers vor: Formen von pzn-Brot, Erhitzen einer Backform, ṯjs-Zerkleinern des frischen Brotes, Verdünnen/Einweichen (dni̯.t) des sṯ.t-Teiges, Ausgießen (Grunert: „Umschütten“), zšn-Zerkleinern des ꜣḥ, Tragen (von Bierkrügen), Ausschmieren der Krüge mit Ton, Versiegeln der Krüge, „Abschneiden“ und ꜥtḫ-Durchseihen, Abfüllen des Bieres. Bei dieser Lesefolge befände sich der zšn ꜣḥ genannte Prozess zwischen dem „Ausgießen“ und den Vorbereitungen der Krüge, mithin ungefähr an der Stelle der Prozedur, in der Helck das Zerkleinern des angebackenen Braubrotes und die Zugabe von Dattelsaft vermutet.
5 von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 163 übersetzen den vorigen und diesen Satz mit: „werde dieser Beutel gegeben in eine Maische am Tage, an dem sie ins Feuer gegeben wird“. Ebenso Bardinet 1995, 299: „ce sachet sera placé dans de la chebet le jour où celle-ci est mise au feu.“ Syntaktisch müsste man wohl davon ausgehen, dass dd.tw=s in dem Fall ein substantivisches sḏm=f als Nomen rectum einer Genitivverbindung ist, vgl. dazu B. Gunn, A Special Use of the śḏm·f and śḏm·n·f forms, in: Journal of Egyptian Archaeology 35, 1949, 21–24 und W. Schenkel, Tübinger Einführung in die klassisch-ägyptische Sprache und Schrift, 7. Auflage (Tübingen 2012), 296. (Eine Relativform, an die man zunächst auch denken könnte, scheidet als Erklärung aus, weil das dafür notwendige resumptive Element fehlt; es wäre dann *dd.tw=s m ḫ.t jm=f o.ä. zu erwarten.) Westendorf 1999, 605 schlägt stattdessen vor: „werde dieser Beutel in Maische (šb.t) gegeben einen Tag lang (?) (...), man möge ihn ins Feuer geben“. In der zugehörigen Anmerkung 81 spricht er sich explizit gegen die Übersetzung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I aus.
Nach von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Bardinet wäre also die Information, dass etwas im Feuer erhitzt wurde, eine Hintergrundinformation und nähere Beschreibung der šb.t-Maische; nach Westendorf 1999 wäre dies ein Detailvorgang der eigentlichen Drogenbereitung und damit Vordergrundinformation. Welche der beiden Lösungen die bessere ist, ist schwer zu entscheiden. Die von Westendorf 1999 genannten Referenzen W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), §§ 150,2 und 224,2 sprechen jedenfalls nicht gegen den Vorschlag von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I (in § 150,2, Anm. 2 hält er die Interpretation von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I noch für eine Alternative und in § 227.3 sogar für die bessere Lösung). Die Schreibung spricht weder für die eine noch für die andere Lösung. Das Wort hrw ist mit der Sonnenscheibe abgekürzt. Danach steht ein senkrechter Strich, der nach der Auffassung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I als Logogrammstrich, nach derjenigen von Westendorf 1999 als Zahlzeichen zu verstehen ist. Im pEbers sind für hrw beide Schreibungen belegt, sowohl mit der Sonnenscheibe allein als auch mit Sonnenscheibe + Logogrammstrich, s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 568. Ein klarer Fall, in dem hrw mit Sonnenscheibe und Logogrammstrich geschrieben ist und in einer Genitivkonstruktion mit einem geminierten Verb als Nomen rectum steht – also genau die Konstruktion, die nach von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I auch in Eb 311 steht –, findet sich in pEbers 97,13: hrw mss.tw=f: „Tag seines Geboren-Werdens“.
Andererseits ist im folgenden Satz davon die Rede, dass der ꜣḥ-Brei „herausgenommen“ (šdi̯) werden solle. Der Satz ist stark verkürzt, so dass nicht ganz sicher ist, woraus der Brei genommen werden soll. Theoretisch infrage kämen der qrf.t-Beutel und das Feuer. Wenn das Verb im Zusammenhang mit der Drogenzubereitung vorkommt, benennt es aber in der Mehrzahl der Fälle das Herausnehmen aus dem Feuer, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 874–875. Wenn man das auch für Eb 311 annimmt, wäre der im vorigen Satz genannte Vorgang „werde ins Feuer gelegt“ Teil der eigentlichen Drogenzubereitung und Vordergrundinformation. Dies spräche für Westendorfs Lösung.
Eb 312, vgl. Bln 36
Ein anderes (Heilmittel):
Gegorener Pflanzenbrei: ein Viertel (Dja), Öl/Fett: ein Viertel (Dja), Bier: ein Viertel (Dja).
Werde in einen Kessel gegeben; werde gekocht.
Danach zermahlst du folglich ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis). Werde in diesen Kessel gegeben. Nachdem es gekocht und ausgepresst wurde, gibst du es folglich über 4 Tage hinweg (zu) trinken.
Eb 313, vgl. Eb 308
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von Datteln: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde in Wasser gegeben; werde zu šd.t-Teig verarbeitet; werde vermengt,1 und das, nachdem du zwei Schalen aufs Feuer gestellt hast, so dass sie heiß werden; dieser šd.t-Teig werde dazugegeben2; [53,20] werde zu einem ḫꜣḏ.w-Fladen verarbeitet.
Nachdem er gebacken wurde, verarbeitest du ihn folglich mit Honig und Rinderfett zu einem ꜣmꜥ.t-Brei. Werde über 1 Tag hinweg gegessen.
1 ꜣmj.w: Ebbell 1937, 66, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 162 und Westendorf 1999, 605 verstehen darin die nächste Anweisung und setzen ꜣmj.w parallel zu jri̯ m šd.t. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 6 interpretieren es dagegen als Umstandssatz der Vorzeitigkeit, der an die vorige Anweisung anzuschließen ist: „nachdem sie (d.h. die Drogen, L.P.) gemischt sind“. Bardinet 1995, 299 folgt zwar dem Vorschlag der Unterordnung, übersetzt das Verb aber, ebenso wie den Hauptsatz, prospektivisch/optativisch („qui sera battue“), so dass ꜣmj.w letztendlich auch bei ihm die nächste Verarbeitungsanweisung darstellt.
Der Vorschlag von H. von Deines – W. Westendorf hat zunächst einiges für sich, denn man gewinnt den Eindruck, dass der šd.t-Teig eine Folge des Vermengens darstellt und nicht die Bedingung. Andererseits ist es auch gut möglich, dass die Anweisung jri̯ m šd.t den Prozess der Vermischung von Dattelmehl und Wasser bereits einschließt und sich der Prozess des ꜣmj-Vermengens auf einen anderen, zweiten Vermischungsvorgang bezieht, der während des Erhitzungsprozesses stattfindet. So ließe sich auch jw rḏi̯.n=k syntaktisch gut anschließen, und auch inhaltlich, sofern man rḏi šd.t tn r=s als Fortführung des jw-Satzes analysieren darf. Westendorf (Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), 172 und Westendorf 1999) lässt dagegen mit jw einen vorangestellten temporalen Umstandssatz der Vorzeitigkeit zu rḏi šd.t tn r=s beginnen, was im Ägyptischen zwar vorkommt, aber nicht sehr oft. Ebbell 1937, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Bardinet 1995 beginnen mit jw rḏi̯.n=k einen neuen Hauptsatz, aber ebenfalls einen, der gegenüber der folgenden Verarbeitungsanweisung in der Vergangenheit steht. Bei beiden Lösungen sieht die Handlungsreihenfolge so aus: Mehl und Wasser werden vermischt; dies wird zu einem šd.t-Teig gemacht; dieser wird in zwei Schalen gegeben, die zuvor erhitzt worden waren; dies wird zu einem ḫꜣd.w-Fladen gemacht. Durch die hier vorgeschlagene Lösung ergibt sich ein Arbeitsschritt mehr: Mehl und Wasser werden vermischt; dies wird zu einem šd.t-Teig gemacht; dieser wird in zwei Schalen gegeben, die zuvor erhitzt worden waren, und (darin?) nochmals vermengt; dies wird zu einem ḫꜣd.w-Fladen gemacht. Sollte dieser zusätzliche Vermischungsvorgang vielleicht eine Art Umrühren des Teigs in den Schalen benennen? Oder sollte dies die erneute Zusammenführung der beiden Teile zu einer einzigen Masse benannt haben? Denn obwohl der Teig in zwei Schalen erhitzt, also geteilt wurde, wird danach nur ein einziger Fladen produziert – dass das ḫꜣd.w des folgenden Satzes ein Singular ist, ergibt sich aus dem qfn=f des darauffolgenden Satzes.
2 r=s: Das Suffixpronomen wird sich ganz allgemein auf den beschriebenen Aufbau der Gefäße beziehen, denn die einzigen beiden satzsyntaktisch infrage kommenden, explizit genannten Bezugsworte pgꜣ und 2 (sn.w) sind maskulin.
Eb 314
Ein anderes (Heilmittel):
Kuhmilch: ∅, Erdmandeln: ∅.
Werde in ein rmn.t-Gefäß gegeben, wobei (dies)es ins Feuer gestellt werde wie (zum) Kochen von Langbohnen.
Nachdem (es) gekocht wurde, kaut der Mann folglich [54,1] diese Erdmandeln. Werde mit dieser Milch über 4 Tage hinweg hinuntergeschluckt.
Eb 315, vgl. Bln 29
Ein anderes (Heilmittel):
Honig: ∅, smj-Milchfett: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde gegessen, (und) werde mit Bier des „Dritten (Abgusses)“ (?) über 4 Tage hinweg hinuntergeschluckt.
Eb 316
Ein anderes (Heilmittel):
nḥḏ.t-Zahn vom Schwein: ∅.
Werde fein zermahlen; werde in vier fqꜣ-Kuchen gegeben. Werde über 4 Tage hinweg gegessen.
Eb 317, vgl. Bln 34
Ein anderes (Heilmittel):
Flüssigkeit vom Datteltrester (?): ∅, [54,5] Honig: ∅, smj-Milchfett: ∅.
((Werde gekocht.))1 Werde mit fqꜣ-Kuchen über 4 Tage hinweg gegessen.
1 psi̯ wurde als Korrektur nachträglich in Rot zwischen smj und wnm gequetscht.
Eb 318
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl vom mjmj-Getreide: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Gänsefett: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Honig: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde gekocht. Werde über 4 Tage hinweg gegessen.
Eb 319
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von Datteln: 1/32 (Dja), šnf.t-Früchte: 1/32 (Dja), tjꜥm-Pflanzen: 1/8 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde in 1/16 (Oipe = 4 Dja) Bier gegeben; werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 320
Ein anderes (Heilmittel):
tjꜥm-Pflanzen: 1/32 (Dja), ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: 1/32 (Dja).
Werde fein zermahlen; werde aufs Feuer gestellt. Der Rauch davon werde über 1 Tag hinweg mit einem Schilfrohr inhaliert (wörtl.: verschluckt).
Eb 321, vgl. Eb 297, Bln 136
[54,10] Ein anderes (Heilmittel), ein sofort (wirksames) Mittel zum Beseitigen von Husten im Bauch:
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/16 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Blätter der Dornakazie: 1/32 (Dja), ṯr.w-Ocker: 1/64 (Dja), Polei-Minze (?): 1/32 (Dja), gngn.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), süßes Bier: ∅.
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 322
Ein anderes (Heilmittel):
mjmj-Getreide, geröstet: ∅.
Werde mit Bier vermengt, wozu eine bḏꜣ-Brotform erwärmt werde;1 werde zu einem (Brot)laib verarbeitet. Werde über 2 Tage2 hinweg gegessen.
1 sšmm bḏꜣ r=s wird in den existierenden Übersetzungen üblicherweise dem vorherigen und dem folgenden Satz parallel gestellt. Allerdings benennt der Satz eigentlich keinen separaten Schritt der Verarbeitungsanweisung, sondern scheint eher die Art, wie das Mischen des Getreides mit dem Bier vonstatten gehen soll, weiter zu präzisieren. Daher wäre es wohl besser, ihn im Sinne von W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 255.2.a oder b als untergeordneten Nebensatz aufzufassen.
von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 136 schlagen noch als Alternative vor: „werde erhitzt, indem ein bḏꜣ-Topf dafür ⟨verwendet wird⟩“. In diesem Fall wäre sšmm doch wieder Teil der Verarbeitungsanweisung und könnte parallel zu ꜣmj.w und jri̯ gestellt werden. Das folgende bḏꜣ r=s scheint in dem Fall allerdings etwas zu stark verkürzt, selbst für die formelhaften medizinischen Texte.
2 Die Angabe von zwei Tagen ist ungewöhnlich.
Eb 323
Ein anderes (Heilmittel):
Honig: 1 Hin (= 1,6 Dja), Rinderfett: [54,15] 1 Hin (= 1,6 Dja), Flüssigkeit vom Datteltrester (?): 2 Hin (= 3,2 Dja), mjmj-Getreide, geröstet: 1 Hin (= 1,6 Dja), Gummiharz der Dornakazie: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen;1 werde gekocht. Werde handwarm (wörtl.: in Wärme des Fingers) gegessen.
1 Wohl verkürzt aus: „Werde gemahlen, (werde) zu einer Masse (gemacht).“
Eb 324, vgl. Eb 305, 307
Ein anderes (Heilmittel):
Frisches Johannisbrot: ∅.
Werde in ein rmn.t-Gefäß gegeben, dessen (eine) Hälfte mit Wasser, (die andere) Hälfte mit Johannisbrot (gefüllt) ist. Davon werde täglich ein Hin (= 1,6 Dja) über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 325
Ein anderes (Heilmittel):
Realgar: 1 (Dosis), Rötel (?): 1 (Dosis), ꜥꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen.1
Du holst du folglich 7 Steine. [54,20] Du erhitzt sie folglich im Feuer. Du nimmst (wörtl.: holst) folglich einen davon. Du gibst folglich (etwas) von diesem Heilmittel darauf. Du bedeckst ihn (d.h. den Stein) folglich mit einem neuen ḥn.w-Topf, dessen Unterseite durchbohrt wurde2. Du gibst folglich ein Rohr3 des Schilfs in diese Durchbohrung. (Und) du gibst folglich deinen Mund an dieses Rohr, so dass du den Rauch davon inhalierst (wörtl.: verschluckst).
(Werde) ebenso (verfahren) mit jedem (anderen) Stein.
[55,1] (Und) du isst folglich etwas Fett danach, von fettem Fleisch oder Öl/Fett.4
1 Wohl verkürzt aus: „Werde gemahlen, (werde) zu einer Masse (gemacht).“
2 whb: Nach W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 255.2.b ein passives sḏm in einem virtuell relativen Umstandssatz.
3 šbb als „Rohr“ ist nur in Eb 325 belegt; im Inhalationsrezept Eb 320 wird anstelle der gesamten Konstruktion šbb n nbj.t: „Rohr (?) vom nbj.t-Schilfrohr“ nur ein sb.t-Rohr genannt. Ob dies auf leicht unterschiedliche Konstruktionen hinweist oder nur eine sprachliche Variante ist, bleibt unklar.
Anmerkenswert ist, dass die Deutung von šbb: „Speiseröhre; Luftröhre“ unter anderem auf diesem Wort beruht (vgl. DZA 29.993.410), wohingegen dessen koptisches Derivat ⲥⲟⲩⲱⲃⲉ die Kehle bezeichnet.
4 jwf ḏdꜣ mrḥ.t rʾ-pw: Bardinet 1995 scheint dies koordinierend an qn anzuschließen: „quelque chose de gras, viande grasse ou grasse/huil“. Westendorf 1999, interpretiert das m dagegen identifizierend und jwf ḏdꜣ sowie mrḥ.t als nähere Erläuterung zu qn: „etwas Fettes (…) in Form von fettem Fleisch oder Öl/Fett“.
Eb 326–335: Heilmittel gegen die gḥ.w-Krankheit
Eb 326
Anfang der Heilmittel zum Abtöten der gḥ.w-Krankheit1:
„Göttlicher-Falke“-Droge (?)2: 1/16 (Dja), Etwas, das in der Süßwassermuschel ist:3 1/16 (Dja), ḥmw.t-Droge:4 1/16 (Dja), Kot des jdw-Vogels5: 1/16 (Dja), Olivenöl: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 Mit der Eidechse (Gardiner Sign list I 1) klassifiziert und nur hier belegt, aber die Rezeptgruppe umfasst immerhin 9 Rezepte (d.h. 10 mit einem, das doppelt ist). B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 59, 1924, 55–59, 144–149, hier: 147–148 vermutete hierin Asthma und brachte vier Faktoren zur Identifizierung der Krankheit an: (1) Das Rezept steht nach den Hustenrezepten, aber vor den Augenrezepten, sei also wohl mit dem Brustraum verbunden. (2) Er identifizierte das Tier, mit dem die Krankheit determiniert ist, mit einem Chamäleon. Dieses Tier sei als Klassifikator gewählt worden, weil Chamäleons die Fähigkeit haben, sich bei Gefahr aufzublasen und die Luft geräuschvoll abzugeben – das klinge wie ein Fauchen, das dem Atmen eines Asthmatikers ähnele. Die Identifikation mit Asthma sah Ebbell ferner darin gestützt, dass (3) nur Einnahmemittel angewendet werden, also eine innere Krankheit vorliege, und (4) die Anzahl von 10 resp. 9 Rezepten für eine gewisse Häufigkeit der Krankheit spreche. Grapow 1955, 122 vermutet in dem Klassifikator dagegen eher einen Indikator für eine tierische Ursache, „vielleicht ein Parasit“. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 923 tendieren dagegen wieder zu Ebbells Deutung und vermutet in dem Wort ein Onomatopoetikum. Bardinet 1995, 178, kombiniert beide Erklärungen und erwägt eine von Parasiten verursachte Krankheit mit Atemnot. R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 2. Auflage (Mainz am Rhein 1997), 905 (übernommen in R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der antiken Welt 64 (Mainz 2009), 976, Nr. 36034) erwägt einen möglichen Zusammenhang mit der gꜣḥ.w-Mattigkeit (D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 1. 1977 (Paris 1980), 77.4613, TLA-Lemmanr. 856733). Für Letztere gibt es zwar Schreibungen ohne ꜣ, aber immer mit dem charakteristischen Klassifikator des matt dasitzenden Mannes. W. Westendorf, Beiträge aus und zu den medizinischen Texten, in: Göttinger Miszellen 153, 1996, 107–112, hier: 111–112 folgt dem Vorschlag von H. von Deines – W. Westendorf, in gḥ.w ein onomatopoetisches Wort zu sehen, das auf ein Keuchen hindeutet. Den Klassifikator identifiziert er aber, anders als Ebbell, mit einem Gecko, der als eines der wenigen Reptilien eine Stimme habe. Das Geräusch, das jemand mit gḥ.w-Leiden hat, würde vielleicht an die Stimme des Geckos erinnern. Damit schließt sich der Kreis: Ebbell nimmt die Klassifizierung zum Anlass, in der Krankheit Asthma zu sehen; und Westendorf nimmt den von Ebbell und von H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) vermuteten Zusammenhang mit Atemproblemen zum Anlass, den Klassifikator als Gecko zu erklären, weil die Atemprobleme wie der Ruf eines Geckos klängen.
2 Mit dem nṯr-Zeichen, dem Falken mit Flagellum, dem „schlechten Paket“ sowie Pluralstrichen geschrieben. Die Lesung ist unsicher: H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 319 transkribieren nṯr ..., hält aber auch bjk-nṯr für denkbar. Das ist mit allem Vorbehalt auch von Westendorf 1999 übernommen worden. Bardinet 1995 unterlässt dagegen einen Lesungsversuch gänzlich und setzt nur drei Punkte. Sofern es sich nicht um eine spielerische Schreibung einer bekannten Droge, wie z.B. des einfachen nṯr-Natrons, handelt, wäre es ein Hapax legomenon.
3 Eine ungewöhnliche Formulierung. Das „Innere einer Süßwassemuschel“ wird sonst genau so, nämlich jm.j n wḏꜥ.yt, genannt, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 147–148.
4 Eine nur in Eb 326 und 330 belegte Droge. Unter Umständen könnte es eine feminine Form der ḥm.w-Teile der kꜣkꜣ-Pflanze sein, die einmal in H 82 auch mit dem Rohstoffklassifikator anstelle der sonst dafür üblichen Stängel geschrieben wurde.
5 Das jdw-Tier kommt nur in Eb 326 vor, vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 76. Dort wird als alternative Lesung auch njdw angegeben, weil ḥs + Tier: „Kot von ...“ sehr oft im direkten Genitiv konstruiert sind und daher das n in Eb 326 auch der erste Konsonant des Tiernamens anstelle der Genitivnisbe sein könnte. Der Ohr-Klassifikator spricht jedoch eher dafür, dass der Tiername mit dem Verb jdi̯: „taub sein“ in Verbindung gebracht werden kann, oder dass der Schreiber des pEbers eine solche Verbindung für möglich hielt. Dies spricht doch für die Lesung jdw und gegen njdw. Als weiterer Klassifikator tritt der Vogel auf. Stern, in: Ebers 1875, 7, schrieb nur unspezifisch, dass das jdw-Tier ein Vogel sei, nannte dann aber zusätzlich das arabische Wort iwazz: „Gans“ mit der lateinischen Entsprechung „anser“ (wörtl.: „die Lachende, Gackernde“?). H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 76 erwähnen noch die Möglichkeit, dass es sich auch um ein Insekt handeln könnte – Insektennamen wurden tatsächlich oft mit einem Vogel klassifiziert. Die meisten in den medizinischen Texten genannten Kotarten stammen allerdings i.d.R. von Wirbeltieren (bis auf ḥs n ꜥff: „Fliegenkot“, bei dem es sich um einen Decknamen für Propolis handeln könnte), so dass auch in diesem Fall wahrscheinlicher ein Vogel gemeint ist.
Die gesamte Verbindung ḥs n jdw ist zusätzlich mit Gardiner N 33 klassifiziert, dem allgemeinen Rohstoffklassifikator. Es könnte daher auch sein, dass gar nicht echter Kot dieses Vogels gemeint ist, sondern dass es sich um den Namen eines Minerals, einer Pflanze oder eines Pflanzenproduktes handeln könnte.
Eb 327, vgl. Eb 89
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): [55,5] 1/8 (Dja), Weintrauben: 1/8 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Wein: ein halbes Dja (?), Gänsefett: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 328
Ein anderes (Heilmittel):
ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte1: 1/64 (Oipe = 1 Dja), frisches Brot: ein halbes Dja (?), Ocker: 1/32 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/8 (Dja), Öl/Fett: 1/64 (Oipe = 1 Dja), unterägyptisches Salz: ein viertel (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 Wegen der großen Dosis vermutet Westendorf 1999, 608 mit Anm. 85, dass an dieser Stelle nicht die Pflanze als solche, sondern Saft dieser Pflanze verwendet werden sollte. Ähnlich schon H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 89.
Eb 329 = Eb 331
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: 1/64 (Dja), lebhafte (?) sw.t-Binse: [55,10] 1/8 (Dja), Johannisbrot: 1/32 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 330
Ein anderes (Heilmittel):
„Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Zwiebeln/Knoblauch: 1/8 (Dja), ḥmw.t-Droge: 1/8 (Dja), tjꜣ-Pflanzen: 1/8 (Dja), fauliges Fleisch: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Gänsefett: 1/8 (Dja), Starkbier: 1/16 (Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 331 = Eb 329
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: 1/64 (Dja), lebhafte (?) sw.t-Binse: 1/8 (Dja), Johannisbrot: 1/32 (Dja), Wein: ein viertel (Dja).
Werde gekocht. Werde über 1 Tag hinweg gegessen1.
1 Im Gegensatz zu der Parallele Eb 329 wird dieses Heilmittel nicht getrunken, sondern gegessen. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass in Eb 329 derselben Menge Drogen viermal mehr Wein zugegeben wird als in Eb 331 und damit der Flüssiganteil wesentlich höher ist.
Eb 332
Ein anderes (Heilmittel):
Unterägyptisches Salz: 1/16 (Dja), „Großer-Schutz“-Droge: 1/16 (Dja), Ocker: 1/16 (Dja), Wein: 1/16 (Dja), Starkbier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 333
Ein anderes (Heilmittel):
[55,15] Fayence1: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Stern2 der Dattel: 1/64 (Oipe = 1 Dja), süßes Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde über 1 Tag hinweg gegessen.
1 Geschrieben, als würde es „Krokodilserde“ bedeuten, und so ist es auch lange gelesen worden: tꜣ-mzḥ: „Krokodilserde“, viell. metaphorisch für „Krokodilskot“, vgl. etwa H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 544–545. Zur Lesung als ṯḥn.t: „Fayence“ s. D. Kurth, Zu in medizinischen Texten, in: Göttinger Miszellen 111, 1989, 81–83 und schon Borghouts in den Thesen zur Verteidigung seiner Dissertation (eingelegt in J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 51 (Leiden 1970), hier „Stelling XV“). Kurth zeigt, dass tꜣ zur Schreibung des initialen ṯ verwendet wird und das Krokodil nicht mzḥ, sondern ḥn, ḥn.t oder ḥnt.j zu lesen sei. Zusätzlich führt er einige Belege für diese und ähnliche Schreibungen für ṯḥn.t in ptolemäischer Zeit an. Seiner Lesung folgen Bardinet 1995, 302: „glaçure-tjehent“ und Westendorf 1999, 494 und 608, der direkt „Fayence“ übersetzt, es aber noch in Anführungszeichen setzt. Diese Graphie von ṯḥn.t ist in den medizinischen Texten auf den Ebers beschränkt. Daneben kommen auch „normale“ Schreibungen von ṯḥn.t vor. Vermutlich handelt es sich aber nicht um zwei verschiedene ṯḥn.t-Arten, sondern nur um verschiedene Graphien; vgl. dasselbe Phänomen bei msdm.t: „Bleiglanz“, das im pEbers sowohl spielerisch als auch graphisch unauffällig geschrieben wird.
2 Diese Droge ist nur in Eb 333 belegt. Die Lesung ist unsicher. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 434 halten es für denkbar, dass es eine Verschreibung für wḏꜥ ist, das als Teil der Dattel auch an anderen Stellen genannt wird. Zwar seien die Schreibungen des Sterns und des wḏꜥ-Zeichens im pEbers deutlich unterscheidbar, aber H. Grapow – H. von Deines halten es für möglich, dass der Schreiber in der Vorlage eine Graphie von wḏꜥ vorgefunden habe, die er als sbꜣ verlesen haben könnte.
Eb 334
Ein anderes (Heilmittel):
Frisches twr-Rohr: 1/16 (Dja), frisches Brot: 1/8 (Dja), „Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), pḫ.t-jꜥꜣ-Droge1: 1/8 (Dja), Sellerie: 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Feigen: 1/16 (Dja), Weintrauben: 1/16 (Dja), Wein: ein halbes Dja (?), Starkbier: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 pḫ.t-ꜥꜣ ist „pḫ.t vom Esel“, wohl pflanzlicher Herkunft, weil alle anderen Bestandteile des Rezeptes pflanzlicher Natur sind. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 205 verweisen auf die Droge pꜣḫ-sr.t, sieht also vielleicht einen Zusammenhang. Das pḫ.t von Eb 334 ist mit dem ejakulierenden Phallus klassifiziert. Wohl deswegen vermutet Westendorf 1999, 609 darin „Esels-Ausscheidung“. Einen zweiten Beleg für das Wort vermeint S. Sauneron, Un traité égyptien d’ophiologie. Papyrus du Brooklyn Museum No 47.218.48 et .85, Bibliothèque générale 11 (Le Caire 1989), 85 in pBrooklyn 47.218.48+85, Zl. 4,7 gefunden zu haben, wo allerdings prḫ-ꜥꜣ.t steht, was man mit „Eselsblüte“ o.ä. übersetzen könnte. Tatsächlich ist die Lesung des ersten Teils des Kompositums im pEbers als pḫ.t (so H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) und Westendorf 1999; also < *pḫ) gar nicht sicher. Das Hieratische ließe auch eine Lesung als pḫt (mask.), pḫd oder sogar pḫr möglich erscheinen – Letzteres würde das Wort weiter an Saunerons Beleg annähern, da man von einer Metathese ausgehen könnte: prḫ ~ pḫr.
Eb 335
Ein anderes (Heilmittel):
Honig: 1/32 (Dja), Starkbier: ein viertel (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
[55,20] Werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 336–436: Heilmittel für Augenleiden und Bisswunden
Eb 336–431: Sammelhandschrift für die Augen (das „Augenbuch“)
Eb 336
{Ein anderes (Heilmittel):}1
[Eb 336a] Anfang der Sammelhandschrift für die Augen:
Was zu tun ist bezüglich eines Gewächses von Krankheitsauslösern (?) mit/im (?)2 Blut im Auge:
Oberägyptische sjꜣ-Droge: 1 (Dosis), Honig: [56,1] 1 (Dosis), snn-Harz: 1 (Dosis), nḥd.t-Myrrhe: 1 (Dosis).
[Eb 336b] Sein (d.h. des Auges) Wasser3 werde (damit) behandelt4.
Weihrauch: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), tntm-Pflanzen: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis).
[Eb 336c] Das Gewächs werde (damit) behandelt4.
Unterägyptische sjꜣ-Droge: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
[Eb 336d] Danach bereitest du ihm (d.h. dem Patienten) anschließend Öl/Fett: 1 (Dosis).
Anfang der Nachbehandlung: Wachs: 1 (Dosis), gsfn-Droge: 1 (Dosis), Bestes (?) vom Weihrauch:5 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis).
Vollendung (?)6 der Nachbehandlung: Versteinertes Holz: [56,5] 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis).
Ende der Nachbehandlung: Ocker: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
(Die kranke Stelle) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
Du sollst (den Verband (?)) überhaupt nicht stören!7
1 Dieses k.t wurde mechanisch an den Anfang gesetzt, ist aber zu streichen, weil hier eine neue Rezeptgruppe mit einer eigenen Überschrift beginnt. Vgl. Westendorf 1999, 609, Anm. 87. Bardinet 1995, 302 hat das k.t gar nicht erst mit übersetzt oder diesen Fehler angemerkt.
2 Grammatisch kann die Präposition sowohl „mit“ als auch „in“ bezeichnen. Ersteres etwa Bardinet 1995: „qui se trouve dans le sans ...“, Letzteres bei Westendorf 1999: „Gewächs von Schmerzstoffen mit Blut“.
3 In diesem Zusammenhang in der Regel als Krankheit oder Symptom betrachtet: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 358 versteht hierin einen „Krankheitsstoff“. Bardinet 1995, 302 denkt konkreter an eine „sérosité“. Westendorf 1999, 286 nennt mw als Inhalt einer Schwellung, spezifisch im Kontext mit šfw.t. In seiner Übersetzung des konkreten Rezeptes Eb 336 auf S. 609 bleibt er aber bei einer wörtlichen Übersetzung „Wasser“, so dass unsicher bleibt, ob er hierin dasselbe versteht wie das Wasser als Inhalt der Schwellung.
4 Sowohl Westendorf 1999, als auch Bardinet 1995 übersetzen es infinitivisch. Es wäre aber auch eine Übersetzung als passives sḏm=f möglich.
5 In Eb 242 ohne m geschrieben, in den anderen Belegen mit m, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 401 zufolge ist das m dort wohl aufgrund des Zeilenwechsels ausgefallen. Wreszinski 1913 und Barns vermuten eine Qualitätsangabe: „allerfeinstes snṯr“; vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 401, die diese Interpretation aber ablehnen. Da es in Eb 256 als Einzeldroge für eine Salbe („der Kopf werde damit gesalbt“) verwendet wird, vermuten H. Grapow – H. von Deines stattdessen eine Droge mit „salbenartige[r] Konsistenz“. Dieser Begründung folgt auch R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), die als weiteres Argument noch hinzufügt, dass es in neben Harzperlen genannt wird. Westendorf 1999, schließt sich H. Grapow – H. von Deines und Germer an und vermutet, dass bei der Droge „wahrscheinlich mit einem kostbaren Salböl ‚veredelter‘ Weihrauch“ vorliege. Es ist zumindest anzumerken, dass B. Koura, Die „7-Heiligen Öle“ und andere Öl- und Fettnamen. Eine lexikographische Untersuchung zu den Bezeichnungen von Ölen, Fetten und Salben bei den alten Ägyptern von der Frühzeit bis zum Anfang der Ptolemäerzeit (von 3000 v. Chr. – ca. 305 v. Chr.), Aegyptiaca Monasteriensia 2 (Aachen 1999), keine von der Präposition ḫntjEb 242 abgeleiteten Ölnamen kennt.
Bardinet 1995, lässt ḫnt.t unübersetzt.
6 In medizinischen Texten nur hier belegt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 906 schlagen mit Verweis auf Wb 5, 130.1 („Vollendung der Zeit“) eine Übersetzung als „Vollendung der Nachbehandlung“ vor. Das eigentliche „Ende“ kommt aber erst noch im folgenden Satz.
7 Die ungewöhnliche intransitive Verwendung erschwert die Feststellung, was nicht gestört werden soll. DZA 28.244.010 vermutet das Auge und übersetzt: „drücke (?) nicht sehr“. Bardinet 1995, und Westendorf 1999, vermuten dagegen, dass der Verband nicht gestört werden soll. Ebbell 1937, 68 bleibt unspezifisch: „Thou shalt not disturb much.“
Eb 3371
Ein anderes (Heilmittel), etwas, was zu tun ist bezüglich einer tḫn-Verletzung2 am Auge:
Am ersten Tag Sumpfwasser: 1 (Dosis).
Am zweiten Tag Honig: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), 1 Tag lang.
Wenn es (d.h. das Auge) blutet, (dann verwende) Honig: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis).
(Die verletzte Stelle) werde darüber 2 Tage lang verbunden.
Wenn aber oft Flüssigkeit daraus heraustritt (wörtl.: herabsteigt), bereitest du ihm (d.h. dem Auge) anschließend „Es-werde-ausgewrungen“-Mittel (?)3: jꜣw-Droge4: 1 (Dosis), Malachit5: 1 (Dosis), [56,10] Weihrauch: 1 (Dosis), Kopf der hdn-Rohrpflanze6: 1 (Dosis).
Werde gekocht.
1 Wreszinski 1913 setzt mit Eb 337 und 338 zwei Rezepte an, wobei er Rezept 337 nach psi̯̯ enden lässt und davon ausgeht, dass die Applikationsanweisung dieses Rezeptes und die Überschrift von Eb 338 verloren wären. Darin sind ihm Grapow 1958, 90 und Bardinet 1995, 303 gefolgt. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 59, Anm. 1 zu Eb 338 lieferen dann auch die Begründung nach: die „grüne Augenschminke“, wꜣḏ, sei sowohl in Eb 337 als auch in 338 genannt. Dass beide Drogenaufzählungen zum selben Rezept gehören, verbietet die Beobachtung des Grundrisses, dass in den Drogenauflistungen nie eine Droge zweimal genannt sei (vgl. etwa in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) 418, s.v. ẖsꜣj.t). Westendorf 1999, 609 mit Anm. 89 fasst trotzdem beide Rezepte zusammen; als mögliche Argumente, in zwei Rezepte aufzuteilen, führt er die doppelte Nennung des wꜣḏ an (wie von Deines – Grapow – Westendorf 1958) sowie die fehlende Applikationsanweisung nach psi̯. Letzteres Argument lehnt er dann aber ab, weil auch schon am Anfang von Eb 337 (d.h. nach der ersten Drogenliste) keine Applikationsanweisung stünde und deren Fehlen daher nicht ausschlaggebend sei. Ein Gegenargument bezüglich der doppelten Nennung von Malachit führt er allerdings nicht an.
2 Ein relativ seltenes Wort, das den Belegen nach exogen entstandene Beschädigungen von Objekten bezeichnet. In medizinischen Kontexten ist es auf Verletzungen am Auge beschränkt und in diesen Fällen auch mit einem Auge klassifiziert. Ebbell 1937, 68 übersetzt mit „blow“, Bardinet 1995, 303 mit „blessure“, Westendorf 1999, 609 mit „Ritzung“.
3 Wreszinski 1913, 97 transkribiert n ꜥfs. Dem folgen Ebbell 1937, 68 (allerdings ohne Übersetzungsvorschlag: „for ꜥfś“) und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 76, Anm. 1 (ebenfalls ohne Übersetzungsvorschlag, aber mit dem Vermerk „avec déterminatif des maladies (pustule, signe Aa, 2)“). Wb 1, 169.14, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 59, Anm. 3 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962)135 lesen dagegen „ꜥꜥfs (?)“ und vermuten eine fehlerhafte Schreibung für ꜥꜥf=s, das vielleicht die am Rezeptende nicht genannte Applikationsanweisung vorwegnimmt. Westendorf 1999, 610 vermutet einen noch weiter gehenden Schreibfehler für ꜥꜥf=s m wt: „es pressen mit einem Verband“ im Sinne von „eine Kompresse anlegen“. Als weitere Alternative wäre auch zu überlegen, ob ein substantivierter und lexikalisierter Satz ꜥꜥf=s oder noch eher ꜥꜥf-s(j): „es werde ausgepresst“ vorliegt und das schlechte Paket nicht als wt zu lesen ist, sondern den Klassifikator dieses Nomens bildet. Zum schlechten Paket als Klassifikator für Worte des Wortfeldes „verbinden“ vgl. die Bemerkungen bei A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), Sign-list, Aa2 (anstelle des Zeichens V38 verwendet). An Beispielen für solche substantivierten Sätze vgl. dp-ḥr-mꜣs.t: „der Kopf (ist) auf dem Knie“ für „Trauer; Trauerhaltung“, bw-rḫ=f: „Nicht kennt er (etwas)“ für „Ignorant“ oder „Unbekannter“, jw.tj-n=f: „dem nichts gehört“ für „Habenichts“, vgl. auch J. F. Borghouts, Egyptian. An introduction to the writing and language of the Middle Kingdom, 2 Bände, Egyptologische Uitgaven 24 (Leiden 2010), , § 89 mit weiteren Beispielen. Aus dem medizinischen Wortschatz ließe sich diesbezüglich noch der Pflanzenname ḫfꜥ-ꜥ=j-ꜣm-ꜥ=j: „Mein Arm fasst, mein Arm packt“ anführen (H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 397), der als Kompositum einen eigenen Klassifikator bekam. Bardinet 1995, 303 übersetzt ab zp.w: „le traitement destiné à assechér“. Es ist unklar, an welche Wörter er dachte. Sein „destiné à“ dürfte eine Präposition n wiedergeben, wodurch sein Vorschlag der Worttrennung von Wreszinski, Ebbell und Lefebvre nahesteht. Wie er zu „assechér“ kommt, bleibt allerdings unklar. Dachte er an eine übertragene Bedeutung von (j)ꜥf, das eigentlich ein Auswringen oder Auspressen bezeichnet und damit natürlich impliziert, dass am Ende etwas Ausgepresstes und damit Flüssigkeitsloses, Trockenes zurückbleibt?
4 Mit Rohstoffklassifikator und Pluralstrichen geschrieben; nur in Eb 337 belegt. Nach J.-C. Goyon, Une identification possible de la plante hdn des anciens Égyptiens, in: J. Friedrich (Hrsg.), Studien zu Sprache und Religion Ägyptens. Zu Ehren von Wolfhart Westendorf, überreicht von seinen Freunden and Schülern. Bd. 1 (Göttingen 1984), 241–250, hier: , 245, Anm. 29 ist es nur eine graphische Variante von jꜣꜣ (Wb 1, 27.8) aus einem Text in Edfu. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 163 schließt aufgrund des Kontextes, in dem jꜣꜣ steht, dass es ein Mineral sein muss und vielleicht noch konkreter ein Pigment sein könnte.
5 Ebers 1889, 203–204, Anm. 11 sieht hierin eine Bezeichnung für Kieselkupfer, d.h. Chrysokoll, weil es einige wenige Male mit der Materialangabe ḥmt: „Kupfer” verbunden wird und er daher in bloßem wꜣḏ ein kupferhaltiges Mineral vermutet. Die Vermutung Chrysokoll wird von A. Florence – V. Loret, Le collyre noir et le collyre vert du tombeau de la princesse Noub-hotep, in: J. de Morgan, Fouilles a Dahchour. Mars–Juin 1894 (Vienne 1895), 153–164, hier: 160–164 bestätigt, die Reste grüner Schminke chemisch analysieren ließen. Dementsprechend identifiziert V. Loret, La turquoise chez les anciens Égyptiens, in: Kêmi 1, 1928, 99–114, hier: 104 wꜣḏ mit Chrysokoll, worauf die Übersetzungen von Lefebvre und Jonckheere basieren (H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 127). Ebbell 1937, 132 übersetzt dagegen kommentarlos mit Malachit (wegen des Zusammenhangs mit dem Wortfeld wꜣḏ: „grün“?). Diese Identifizierung übernehmen dann auch H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 127 und ihm folgend Westendorf 1999 und Bardinet 1995. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 102–104 kommt nach einer Untersuchung der in den Quellen genannten Verwendungsweisen von wꜣḏ zu dem Ergebnis, dass es, wenn als Pigment oder in Medikamenten gebraucht, Malachit, Grünspan, Chrysokoll oder, als künstliches Äquivalent, grüne Fritte bezeichnet, wobei er am ehesten zu Malachit tendiert. Außerhalb von Schminkmitteln und Medikamenten sei das Bedeutungsspektrum noch breiter und könne auch andere grüne Mineralien und Gesteinsarten einschließen und in diesem Bedeutungsumfang vielleicht dem lateinischen smaragdus entsprechen (C. T. Lewis – C. Short, A Latin Dictionary [letzter Zugriff: 23.06.2016]).
6 Laut J.-C. Goyon, Une identification possible de la plante hdn des anciens Égyptiens, in: J. Friedrich (Hrsg.), Studien zu Sprache und Religion Ägyptens. Zu Ehren von Wolfhart Westendorf, überreicht von seinen Freunden and Schülern. Bd. 1 (Göttingen 1984), 241–250 ist es Bupleurum, Hasenöhrchen. Was der Kopf (dp.t) dieser Pflanze ist, ist unklar.
Eb 338
Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), Papyrus: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. Werde in sein (d.h. des Auges) Inneres gegeben.
Eb 339
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Verschleierung1 im Auge:
Myrrhe: 1 (Dosis), „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis), šs.yt-Fritte: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), unterägyptische gy.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), kꜣy.t-Kot (?)2 einer Gazelle: 1 (Dosis), das Innere eines qꜣd.yt-Käfers3: 1 (Dosis), weißes Öl: ∅.
Werde in Wasser gegeben; werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. (Die kranke Stelle) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
Eine alternative Anweisung:
Du gießt es folglich mit einer Geierfeder [56,15] (scil.: ins Auge) ein.
1 Der gelegentlichen Klassifizierung mit dem Auge wie auch seinem Kontext nach eine Augenkrankheit. CT VII [1089], 369d–370b u.a. kennt auch ein ḥꜣtj-Phänomen, das das ganze Gesicht (ḥr) betrifft, vgl. J. F. Borghouts, The Evil Eye of Apopis, in: Journal of Egyptian Archaeology 59, 1973, 114–150, hier: 116. Einzig das Vorkommen dieses Phänomens in einem magischen Spruch für die weibliche Brust (Eb 811) passt nicht in diesen Kontext. Ebers 1889, 218 mit Anm. 24 vermutet in diesem Phänomen eine Bezeichnung von Lippitudo oder Eiterfluss im Auge. Hierfür lässt er sich von dem Klassifikator Gardiner N4, dem vom Himmel herabfallenden Regen, leiten, und verbindet das Wort mit koptisch ϩⲓϯ, das eben Lippitudo bezeichne. Dem folgt B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 32–33, der anfügt: „Lippitudo entspricht ungefähr dem, was man heute Blepharitis (Entzündung des Augenlidrandes) nennt.“ In B. Ebbell, The Papyrus Ebers. The Greatest Egyptian Medical Document (Copenhagen/London 1937), 68 übersetzt er das Wort dann mit „blear-eyedness“. Das Wort könnte etymologisch auch mit dem homographen Nomen ḥꜣtj: „Hülle“ zusammenhängen. Es gibt auch ein Nomen ḥꜣtj: „Verhüllung (des Himmels), Bewölkung“, das der Graphie nach ebenfalls in diesen Bereich gehört. So übersetzen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 46 auch mit „Verschleierung“, was Bardinet 1995 und Westendorf 1999 übernehmen.
2 Nur in Eb 339 und 425 von einer Eidechse gesagt. Schon Stern, in: Ebers 1875, 33 vermutet darin Kot oder Mist; übernommen von H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 525. Vermutlich begründet sich dieser Vorschlag im Klassifikator, dem sogenannten „schlechten Paket“ Gardiner Aa 2. Jedenfalls wird keine andere Begründung angegeben. H. Grapow – H. von Deines merken an, dass das gewöhnliche Nomen für Kot in medizinischen Texten ḥs ist.
3 Das Tierfell, mit dem das Tier geschrieben ist, klassifiziert es nicht als Säugetier, sondern als Teil einer Tierklasse [HIDE AND TAIL]; bei dieser Tierklasse gibt es einige „fuzzy edges“, wie Skorpione, Frösche, Flöhe, Schildkröten und ein paar Würmer (vgl. O. Goldwasser, Prophets, Lovers and Giraffes. Wor(l)d Classification in Ancient Egypt, Classification and Categorization in Ancient Egypt 3. Göttinger Orientforschungen. 4. Reihe: Ägypten 38 (Wiesbaden 2002), 62 und 68–69 mit weiteren Beispielen), d.h. es gibt Tiere, die mit dem Tierfell geschrieben werden, aber nicht eigentlich zu der Klasse [HIDE AND TAIL] gehören. S. Sauneron, Un traité égyptien d’ophiologie. Papyrus du Brooklyn Museum No 47.218.48 et .85, Bibliothèque générale 11 (Le Caire 1989), 55–56, Anm. 3, erwähnt das Tier bei seiner Besprechung der qꜣdj-Schlange. Obwohl er dezidiert schreibt „Ce mot [le serpent qꜣdj, L.P.] est employé dans Pap. Ebers no 339 (...), sous la forme [qꜣd.yt]“, geht er nicht weiter auf einen möglichen Zusammenhang ein, sondern scheint sich eher von einer Gleichsetzung beider Tiere zu distanzieren: An möglichen Zusammenhängen erwähnt er das koptische ⲕⲁⲧⲁⲓ: „Heuschrecke“ (zu diesem Nomen W. E. Crum, A Coptic Dictionary (Oxford 1962), 123a); die ptolemäische Verwendung der Biene für den Lautwert kꜣ.t (diese Lesung kꜣ.t: „Arbeit“ scheint aber eher eine Metapher auf Basis des Fleißes des Tieres zu sein und nicht auf eine sonst nicht belegte Bezeichnung zurückzugehen, vgl. D. Kurth, Einführung ins Ptolemäische. Eine Grammatik mit Zeichenliste und Übungsstücken I (Hützel 2007), 45); eine Vogelbezeichnung qꜣd sowie der arabische Name qꜣdy für Agama flavimaculata: Rüppel, der auf eine ägyptische Bezeichnung zurückgehen könnte. Aber: „Tout cela n’est qu’hypothese“ (S. 56). W. Westendorf, Schlange und Schlangenkraut, in: M. Minas – J. Zeidler (Hrsg.), Aspekte spätägyptischer Kultur. Festschrift für Erich Winter zum 65. Geburtstag, Aegyptiaca Treverensia. Trierer Studien zum Griechisch-Römischen Ägypten 7 (Mainz 1994), 265–267, hier: , 265 erwähnt dann, dass Sauneron in seiner Besprechung des qꜣdj-Tieres eben die Ebers-Stelle zitiert hätte, schließt sich ihm aber bezüglich der Zurückhaltung in der Identifizierung von qꜣdj-Schlange und qꜣd.yt-Tier an. Im römerzeitlichen Tebtynis-Onomastikon wird das qꜣd.yt-Tier schließlich in einer Tiergruppe aufgelistet, die unter dem Label „was vom Himmel ins (?) Kraut fällt“ zusammengefasst wird (also vielleicht Ungeziefer im Allgemeinen bezeichnet). Dort wird gesagt, dass es ein großes ꜥpšꜣ.yt-Insekt sei, und es wird demotisch qtj und altkoptisch ⲕⲉⲧⲟⲩ glossiert. Vgl. J. Osing, The Carlsberg Papyri 2. Hieratische Papyri aus Tebtunis I, 2 Bände, CNI Publications 17 (Copenhagen 1998), 123–124. Osing vermutet darin dann eine Kakerlake, jedenfalls nicht eine Heuschrecke.
Eb 340
Ein anderes (Heilmittel):
gsfn-Droge: 1 (Dosis), „wsf-des-Teiches“-Droge1: 1 (Dosis), Spitzen/Triebe (?) des mḥy.t-Papyrus2: 1 (Dosis).
Danach bereitest du ihm (d.h. dem Patienten?) folglich Knochenmark: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis).
Werde an seinen (d.h. des Auges) „Rücken“3 gegeben.
1 Nur hier belegt. Nach š: „Teich“ steht der Mineralienklassifikator, so dass es sich um ein zusammengesetztes Nomen handelt. Es wäre auch zu erwägen, dass hier ein missverstandener Textfehler vorliegt, in dem Sinne, dass in der Vorlage eine Lücke oder Zerstörung vorlag, die der Schreiber als solche notierte, und die dann später als Drogenbezeichnung missverstanden wurde. Ähnliches ist in Königslisten passiert, vgl. die Diskussion um die Bedeutung und Lesung der wzf- oder ḏfꜣ-Einträge im Turiner Königspapyrus, K. Ryholt, The Turin King-list, in: Ägypten und Levante 14, 2004, 135–155, hier: 147–148, bei denen es sich um vergleichbare missverstandene „textkritische“ Notizen des Kopisten handelt. Der vermeintliche Drogenname könnte daher eigentlich so aufzulösen sein: „[LÜCKE] des Teiches“.
2 Ob auch hier ein Fehler vorliegt? Vgl. Eb 179, wo kfꜣ.w-Teile des mḥj-Flachses verwendet werden. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 282 verweisen dagegen auf den mnḥ-Papyrus, von dem einmal in den Zaubersprüchen für Mutter und Kind (pBerlin 3027) auch kfꜣ.w-Teile verwendet werden.
3 Was mit dem sꜣ, dem „Rücken“ des Auges, gemeint sein könnte, ist unklar. H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 33 vermutet darin „das obere Lid des geschlossenen Auges“. So dann auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 705. Bardinet 1995, passim folgt diesem Vorschlag und übersetzt „paupières“. Westendorf 1999, ist vorsichtiger und belässt es bei der „Außenseite“ des Auges. E. Iversen, The Hieroglyph , in: Journal of Egyptian Archaeology 42, 1956, 54–57, hier: 56–57 versteht in der Hieroglyphe Gardiner Sign-list Aa18, mit der das Wort sꜣ geschrieben ist, einen Deckel und vermutet daher in den sꜣ n jr.tj des pEbers die „Deckel der Augen“, ergo: die Augenlider. Die Interpretation des Zeichens Aa18 als Deckel beruht u.a. auf Darstellungen eines ebenso aussehenden Gegenstandes am oberen Ende von Köchern in Darstellungen Rames’ III. in Medinet Habu, woraus schon Brugsch geschlossen habe, dass das der Deckel des Köchers sei (s. Iversen mit weiterer Literatur zur Diskussion dieser These). Ein weiteres Argument ist die Darstellung eines Gegenstandes, der wie Gardiner Aa17 aussähe, der älteren Form von Aa18, als Klassifikator eines Wortes sjꜣ auf einem Relief des Alten Reiches in Karlsruhe. Hierfür verweist er auf eine Diskussion der Szene bei Jéquier (G. Jéquier, Note sur deux hiéroglyphes, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 7, 1910, 89–96, hier: 95), der dieses sjꜣ als Schreibung des Wortes sꜣi̯: „sättigen, satt sein“ auffasst, es aber konkret in diesem Falle als „boucher, couvrir“, d.h. als „verschließen“, verstanden wissen will, weil es einer Person beigeschrieben ist, die einen Behälter / einen Korb mit einem Deckel verschließt. Aufgrund dessen identifiziert er die Hieroglyphe Aa17 als Deckel des Korbes. Dem schließt sich Iversen an und vermutet in dem Wort sꜣ eine allgemeine Bezeichnung für „Deckel“, egal ob für einen Korb oder einen Köcher. H. Goedicke, On the Origin of the Hieroglyph , in: Journal of Egyptian Archaeology 45, 1959, 99–100, hier: 99–100 weist jedoch nach, dass Jéquiers Interpretation hinfällig ist und in dem fraglichen Relief eigentlich ein Mann mit einem Sieb mit Griffen dargestellt sei. Das fragliche Wort sjꜣ wäre nicht sꜣi̯: „sättigen; satt sein“, sondern sjꜣ(r): „(durch)sieben“. Er verweist auf zwei (noch unpublizierte) Darstellungen von Bogenschützen aus dem Alten Reich, bei denen der leere Köcher an die Form Aa17 erinnerten; aus der Praxis, diesen auf dem Rücken zu tragen, leitet er ferner die Bedeutung „Rücken“ für das mit Aa17 geschriebene sꜣ ab. In dem im Neuen Reich verwendeten Zeichen Aa18 vermutet er, wie Iversen, den Deckel des Köchers. Goedickes Argumente blieben zu prüfen; auf dem Relief Metropolitan Museum of Arts, Inv.-Nr. 22.1.23, auf das er verweist, kann man kaum von einer „striking similarity to the hieroglyph [Aa17]“ sprechen. Obwohl Goedicke insgesamt Iversens Deutung von Aa18 als Deckel nicht widerspricht, macht seine neue Deutung von Aa17 als Köcher Iversens Vorschlag, in sꜣ eine Bezeichnung für den „Deckel“ zu sehen und in sꜣ n jr.tj die „Deckel der Augen“, zweifelhaft. M. I. Hussein, Notes on Some Hieroglyphic Signs, in: Discussions in Egyptology 30, 1994, 47–54, hier: 49–52 will in der sꜣ-Hieroglyphe ein ägyptisches Holzschloss und in seiner hieratischen Entsprechung den dazu gehörigen Schlüssel erkennen. Es bliebe allerdings zu prüfen, ob der von ihm gemeinte Schlosstyp überhaupt schon für eine derart frühe Zeit belegt ist, wie es das sꜣ-Zeichen erfordert (zu ähnlichen Schlössern aus römischer und späterer Zeit s. W. M. Flinders Petrie, Tools and Weapons. Illustrated by the Egyptian Collection in University College, London, and 2,000 Outlines from Other Sources, British School of Archaeology in Egypt and Egyptian Research Account 30 (London 1917), 59 und Taf. 75, Nr. W132 = UC63793 und I. Zych, Note on the Collection of Wooden Finds from Naqlun, in: Polish Archaeology in the Mediterranean 11 (Reports 1999), 2000, 145–148, hier: 146–147).
Eine aktuelle kurze Besprechung des Terminus sꜣ n jr.tj findet sich bei N. Grässler, Konzepte des Auges im alten Ägypten, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 20 (Hamburg 2017), 109; sie schließt sich sich weitgehend der Bedeutung „Lid“ an (vgl. auch S. 168, Tab. 2), verweist aber auch darauf, dass die Mittel, die auf dem sꜣ aufgetragen werden sollen, in den meisten Fällen Schminkmittel mit dem Bestandteil msdm.t, Bleiglanz, sind, „die um das Auge herum angebracht wurden“.
Die generelle Vorsicht der Bearbeiter bei der Gleichsetzung dieses „Rückens der Augen“ mit dem Augenlid ist nicht ganz unberechtigt, denn in anderen Textgattungen scheint es andere Bezeichnungen für die Augenlider zu geben: H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 33, Anm. 8 verweist etwa auf Totenbuchspruch 172. Darin findet sich eine Aufzählung verschiedener Körperteile: auf das Auge selbst (jr.t) folgen dort die gꜣb.tj (im Dual, also zweimal vorhanden) und deren sṯr.wt (im Plural), die aus Lapislazuli seien, dann die mnḏ.t („Augäpfel“?) und die ẖs.w, die „mit Augenschminke gefüllt“ seien und damit sehr wahrscheinlich ebenfalls eine Augenpartie bezeichnen. In den gꜣb.tj vermutet Grapow (auch schon Wb 5, 154.11) die Wimpern, weil sie mit den Haaren klassifiziert sind, und weil „deren sṯr.wt“, also ein Teil davon, aus Lapislazuli sind, der traditionellen Farbe vom Haar der Götter. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 469 gibt für die sṯr.wt, die im Londoner medizinischen Papyrus einmal im unklaren Zusammenhang genannt werden, dementsprechend die Übersetzung „Wimperhaare“, plädiert also implizit dafür, dass die Ägypter zwischen den Wimpern in ihrer Gesamtheit und dem einzelnen Wimpernhaar terminologisch unterschieden hätten. (Was zunächst erst einmal nachzuweisen wäre, weil es zwar viele ägyptische Wörter für Haare, Locken, Haarflechten u.ä., aber kein davon zu trennendes, separates Wort für das einzelne Haar gibt, pEbers verwendet in den Augenrezepten das allgemeine Wort šnj: „Haar“, wenn von einem Haar, das ins Auge wächst, also sicher einer einzelnen Wimper, die Rede ist.) Sie verweisen ferner auf E. Naville, Un chapitre inédit du Livre des morts, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 11, 1873, 25–34, 81–96, hier: 82, der sich ebenfalls auf Tb 172 bezieht: Naville geht davon aus, dass die darin erwähnten gꜣb.tj die Augenbrauen oder vielmehr die oberen Augenlider bezeichne, und sṯr.t dann die Wimpern. Seine Interpretation von gꜣb.tj als Augenlider muss allerdings angezweifelt werden, denn es wäre erklärungsbedürftig, warum das Wort dann mit Haaren klassifiziert würde, wenn doch der einzige haarige Bestandteil, nämlich die daran befestigten Wimpern, eine eigene Bezeichnung, eben sṯr.wt, hätten. Diese sṯr.wt sind dann auch noch mit dem Fleischstück determiniert, was wiederum gar nicht zu der Wimper passt, sondern eben eher zu einem fleischigen Körperteil. D. Meeks, Notes de lexicographie (§ 5–8), in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 77, 1977, 79–88, hier: 79–83 vermutet dann auch, umgekehrt zu Naville, in gꜣb.tj die Wimpern (also wie Wb und H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954)) und in sṯr.wt die oberen Augenlider. Letzteres hält er für eine Ableitung von einer Wurzel ṯr: „(re)courvir, faire couvercle“, die er auch in dem Verb sṯr: „(eine Mumie mit Binden) umhüllen“ (Wb 4, 344.7) oder der ṯr.t-Weide wiedererkennen möchte. Die Nennung von sṯr.t im Zusammenhang mit der ṯb.t-Fußsohle im Londoner medizinischen Papyrus erklärt er für merkwürdig, enthält sich aber aufgrund des zerstörten Kontextes einer Interpretation. Da das Wort aber somit in einem religiösen wie auch einem medizinischen Text („de nature magique il est vrai“, 83) vorkommt, sieht er hierin „[un] terme courant et non d’un vocable poétique“ (S. 83). In den ebenfalls in Tb 172 genannten ẖs.w, die mit Augenschminke gefüllt seien, vermutet er ferner die Unterlider (S. 81) und weist auf die daraus folgende Beobachtung hin, dass die Ägypter terminologisch zwar im Ober- und Unterlid distinktive Körperteile sahen, dass sie aber zwischen den Wimpern des Ober- und des Unterlides nicht unterschieden hätten. Ganz zweifelsfrei bleibt Meeks’ Interpretation aber nicht, denn die Klassifizierung der beiden Wörter (Haare für gꜣb.tj und Fleisch für sṯr.t) passt zwar besser als bei den Identifizierungen von Naville und Grapow, aber warum sind dann die Oberlider in Tb 172 mit Lapislazuli in Verbindung gebracht, das eher mit Haaren in Verbindung gebracht werden kann? Mit der ergänzenden Übersetzung „leurs (= les yeux) paupières supérieures sont (maquillées) en lapis-lazuli véritable“ übergeht er jedenfalls diese Problematik. Wenn es aber, von dieser Unsicherheit abgesehen, eine Bezeichnung für die Augenlider gab – sei es gꜣb.tj, sei es sṯr.wt –, fragt sich, warum im pEbers und in wenigen Belegen des pRamesseum III hierfür das Lemma sꜣ verwendet wird. Sollte vielleicht doch eine andere Stelle im Umfeld des Auges gemeint sein? Oder ist sꜣ ein echtes Fachwort der medizinischen Texte?
Eb 341
Ein anderes (Heilmittel) zum Abwehren von Krankheitsauslösern (?) in den Augen:
Bleiglanz: 1 (Dosis), ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis).
Die Augen werden damit geschminkt.
Eb 342
Ein anderes (Heilmittel) zum Öffnen der Seh(kraft), in Form von etwas, das an den „Rücken“ der Augen gegeben wird:
Früchte/Samen der tntj-Pflanze1: 1 (Dosis), das Innere der Schirmakazie(nfrucht) (?)2: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Mit dem Mineralienklassifikator und den Pluralstrichen geschrieben. Es ist aber unsicher, ob diese genuin zum Wort gehören oder die gesamte Verbindung pr.t-tntj kennzeichnen. Wb 5, 313 vermutet einen Zusammenhang mit der tn.tj-Pflanze.
2 H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 530 vermuten, dass ksb.t an dieser Stelle nicht den Baum, sondern die Frucht bezeichnet, deren „Inneres“ hier verwendet werden soll. Vgl. analog dazu etwa die Nennung des „Inneren der ḏꜣr.t-Frucht“, R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 170. R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 145 hält das „Innere des ksb.t“ dagegen für ein Harz oder ein anderes Ausflussprodukt, analog zum „Inneren des Mimusopsbaumes“. NB: Diese Identifikation dient ihr dann als Argument gegen die Gleichsetzung des ksb.t-Baumes mit der Schirmakazie, weil von dieser keine Harzgewinnung belegt sei.
Eb 343
Ein anderes (Heilmittel):
Johannisbrot: 1 (Dosis), das Innere einer Süßwassermuschel: [56,20] 1 (Dosis).
Werde vermischt mit Öl/Fett: 1 (Dosis); werde zu einem jwšš-Brei verarbeitet; (es) werde veranlasst, dass er trocknet; (etwas) davon werde zerstoßen, nachdem er getrocknet ist. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 344
Ein anderes (Heilmittel):
Mistkäfer (?)1: ∅, Bleiglanz: 1 (Dosis), Johannisbrot: [57,1] 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Krokodilskot: 1 (Dosis), „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis), rotes Natron: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 393–394 führen ḫpr mit Eb 344 als einzigem Beleg als eigenständige Droge auf, ohne einen Deutungsvorschlag zu unterbreiten, vgl. auch H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 289. So auch Ebbell 1937, 49: „ḫpr stibium“ und Bardinet 1995, 304: „kheper de galène“. Die Schreibung ist mit derjenigen von Eb 733 identisch, wo deutlich der Mistkäfer ḫprr gemeint ist, weil von der Verwendung seines Kopfes und seiner Flügel die Rede ist. Ob in Eb 344 vielleicht auch der Mistkäfer als Tier gemeint ist und schlicht die Maßangabe ausgefallen ist? So interpretiert auch Westendorf 1999, 611 die Stelle. Seine Begründung in Anm. 91, warum die Maßangabe ausgefallen ist, ist allerdings kryptisch: „Die Quante fehlt hier, weil nicht die Einheit 5 ro [d.h. der Einerstrich, L.P.], sondern die Einheit ‚Käfer‘ gefordert ist“. Eine solche Einheit „Käfer“ lässt sich aber in den ägyptischen Texten nicht belegen.
Eb 345
Ein anderes (Heilmittel) zum Zusammenziehen der Iris des Auges:
ẖpꜣ-Kügelchen (?) des Afrikanischen Grenadills1: 1 (Dosis), oberägyptische sjꜣ-Droge: 1 (Dosis).
Werde in Wasser zerstoßen. Werde sehr oft an die Augen gegeben.
1 hbnj ist laut R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 49, und R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 92 nicht der echte Ebenholzbaum, sondern Dalbergia melanoxylum, der Baum, von dem „Grenadill“ alias „Afrikanisches Ebenholz“ gewonnen wird. Letztere Pflanze wird in der modernen Pflanzensystematik nicht mehr zur Familie der Ebenholzgewächse gerechnet, sondern zur Familie der Hülsenfrüchtler. Dies ist sprachgeschichtlich anmerkenswert, da sich das Wort „Ebenholz“ vom ägyptischen hbnj ableitet.
Eb 346 = Eb 407
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des wḥꜣ.t-Leidens1 in den Augen:
Bleiglanz: 1 (Dosis), Roter Ocker: [57,5] 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), rotes Natron: 1 (Dosis).
Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Nur in Eb 346 belegt. Die Parallele Eb 407 schreibt stattdessen nḥꜣ.t, die darüber hinaus noch zwei weitere Male belegt ist. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 204, Anm. 8 halten bei wḥꜣ.t eine Verschreibung oder Nebenform zu nḥꜣ.t für möglich; H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 472 denken konkreter an zwei verschiedene Ableitungen von ḥꜣ und hält einen Schreibfehler für eher unwahrscheinlich. Westendorf 1999, 611, Anm. 92 hält wḥꜣ.t wieder für eine „sprachliche Variante von nḥꜣ.t“, ohne lexikographisch mehr ins Detail zu gehen.
Eb 347, vgl. Eb 360
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Weißen (Stellen) in den Augen:
Galle einer Schildkröte: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 348
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Blut in den Augen:
ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis), Malachit: 4 (Dosen), Bleiglanz: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
Werde fein gemahlen. Werde in die Augen gegeben.
Eb 349
Ein anderes Heilmittel, ((das hergestellt werden soll))1 bei einer tḫn-Verletzung, die sich im Auge festgesetzt hat:
Kot, der aus dem Bauch eines Kindes (kommt),2 getrocknet: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde in Pflanzenbrei gegeben. Werde 〈an〉 den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Über der Zeile nachgetragen.
2 Menschlicher Kot wird nur selten in der altägyptischen Medizin verwendet. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 363, Anm. 2 erwägen, darin Kindspech, Mekonnium, zu sehen.
Eb 350
[57,10] Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des nḥꜣ.t-Leidens in den Augen:
Galle einer Schildkröte: 1 (Dosis), jbr-Öl: 1 (Dosis).
Werde in die Augen gegeben.
Eb 351, vgl. L 23 (neu) / 35 (alt)
Ein anderes (Heilmittel) gegen Nachtblindheit (?)1 in den Augen:
Leber vom Rind, geröstet und ausgepresst: ∅.
Werde daran (d.h. an das Auge) gegeben.
(Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich!
1 Im Allgemeinen wird darin dasselbe Wort verstanden, das der Londoner medizinische Papyrus šꜣr.w schreibt. Laut H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 835 ist dies möglicherweise ein Hinweis auf eine Grundform šlw. Auch für die Schwachsichtigkeit ḫꜣrw gibt es einmal, in Eb 415, eine Schreibung ohne r. H. von Deines – W. Westendorf haben mit dieser Begründung die phonetische Nähe von r und ꜣ im Sinn. šꜣ(r).w ist mit dem Auge determiniert, ist also eindeutig ein mit den Augen zu verbindendes Phänomen. B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 59, 1924, 55–59, 144–149, hier: 57–58 vermutet in dem Wort eine Nachtblindheit, weil Eb 351 die Verabreichung von Leber vorschreibt und griechische Texte ebenfalls Leber zur Heilung von νυκταλωπία: „Nachtblindheit“ vorsehen. Dass der Kranke in pBM EA 10059, VIII,1 nach Verabreichung des Medikaments sofort sehen würde, spricht auf jeden Fall dafür, dass eine Beeinträchtigung der Sehkraft oder Sehstärke gemeint ist. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 835 nennen šꜣ(r).w zwar nur „[Augenkrankheit]“, hält aber Ebbells Deutung für eine „durchaus wahrscheinliche“. J. F. Nunn, Ancient Egyptian medicine (London 1996), 200 zweifelt die Bedeutung „Nachtblindheit“ dagegen an, weil die Leber, wie sie in Eb 351 angewendet werden soll, keine heilende Wirkung besitze und abgesehen davon nichts anderes auf die Bedeutung „Nachtblindheit“ hinweise. Einen Gegenvorschlag zur Bedeutung gibt er nicht. C. Leitz, Magical and Medical Papyri in the British Museum, Papyri in the British Museum VII (London 1999), 64 erwähnt, dass die griechischen Texte mit νυκταλωπία sowohl Nachtblindheit als auch Tagblindheit meinen, hält aber ebenfalls im Fall des ägyptischen šꜣ(r).w die Nachtblindheit für das Wahrscheinlichere. Westendorf 1999, 149, Anm. 98 erwähnt zwar Nunns Zweifel, bleibt aber dennoch bei der Übersetzung als „Nachtblindheit“.
Eb 352
Ein anderes Heilmittel zum 〈Beseitig〉en von Blut in den Augen:
Weihrauch: 1 (Dosis), Sellerie: 1 (Dosis).
Werde in die Augen gegeben.
Eb 353
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen ((einer Ballung von)) Hitze in den Augen:
Johannisbrot: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tntj-Pflanze: 1 (Dosis).
Werde 〈an〉 den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Diese Phrase wird in der Mehrzahl der Fälle ḏi̯ r sꜣ geschrieben, weswegen H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 540, Anm. 4 erwägen, dass das r versehentlich falsch positioniert ist.
Eb 354
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von „Fett“1 in den Augen:
Bleiglanz: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), [57,15] „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Der Schreibung nach könnte es mit qn: „fett sein“ (Wb 5, 40,8,14) zusammenhängen, so schon Ebers 1889, 232. Daneben gibt es auch noch eine qnj.t-Verletzung des Auges, die aber anders geschrieben ist. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 56 sieht in beiden Lemmata dasselbe Wort, lehnt aber einen Zusammenhang mit „fett sein“ ab, weil es keine Augenkrankheit gäbe, die etwas mit Fett zu tun hat. Er vermutet eher einen etymologischen Zusammenhang mit qn „Böses, Leid, Schaden“ (Wb 5, 48, 2–13). In dem Versuch, einen derart allgemeinen Begriff weiter einzuschränken, verweist er darauf, dass Dioskurides mehrere Male Verletzungen der Hornhaut, Ulcus corneae, bespricht. Weil dieses Phänomen den Griechen also bekannt war, in den ägyptischen Texten dagegen bislang fehlt, erwägt er, in qn.t eben eine Verletzung der Hornhaut zu sehen. Entsprechend auf Ebbell 1937, 70: „injury of the eyes (ulcus corneæ)“. G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 79 denkt an Pinguicula (bzw. Pinguecula), auch wenn Ebbell dies bereits abgelehnt hat. Alternativ hält er es auch für möglich, dass es „taies particulièrement épaisses de la cornée, une variété du leucome“ sein könne.
H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 886–887 trennen qn.t von qnj.t ab. Bardinet 1995 und Westendorf 1999 folgen dieser Differenzierung. Während Bardinet qn.t wörtlich mit „la graisse“ wiedergibt, folgt Westendorf Lefebvres Deutung als Pinguicula.
Eb 355
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Kügelchen im Auge:
Bleiglanz: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1 (Dosis), gsfn-Droge: 1 (Dosis).
Werde mit Wasser vermengt. Werde 〈an〉 den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 356 = pLouvre E 32847, Vso. 22,2–4
Ein anderes (Heilmittel) gegen Erblindung:
[Eb 356a] Die Augen eines Schweines, indem dessen Wasser genommen (?, oder: entfernt?) wird: ∅, echter Bleiglanz: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ vom Honig: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde in das Ohr des Mannes gegossen1, so dass er sofort gesund wird.
Handle (so), [57,20] und du wirst (den Erfolg) sehen!
(Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich!2
[Eb 356b] Du sagst folglich als Zauber:
„Ich habe dieses3 gebracht (und) an die Stelle von diesem3 gegeben (oder: das an die Stelle von diesem gegeben wurde).4 Ersetzt5 sind die schlimmen Beschwerden!“
Zwei Mal (zu sprechen).
1 Im Parallelrezept soll das Ohr des Mannes damit „gesalbt“ (wrḥ) werden, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 237.
2 H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 345 scheinen hierin das Objekt zum mꜣꜣ=k: „du wirst sehen“ des vorangegangenen Satzes zu sehen. Allerdings gibt es diesen Satz auch häufiger ohne jeglichen Zusatz, so dass šs-mꜣꜥ eher eine syntaktisch eigenständige Glosse ist. So übersetzt es auch Westendorf 1999, 613.
3 Laut Bardinet 1995, 53 und 305 bezieht sich das erste Demonstrativpronomen auf das Medikament und das zweite auf die šp.t-Blindheit (ebenso T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 238). Laut Westendorf 1999, 613 bezieht sich das erste Pronomen auf die Augen des Schweines und das zweite auf die Augen des Patienten.
4 Es ist nicht eindeutig, in welchem syntaktischen Verhältnis das rḏi̯ zum vorigen Satz steht. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 51, Westendorf 1999, 613 und C. Leitz, Die medizinischen Texte aus dem Alten Ägypten, in: A. Karenberg – C. Leitz (Hrsg.) Heilkunde und Hochkultur I. Geburt, Seuche und Traumdeutung in den antiken Zivilisationen des Mittelmeerraumes, Naturwissenschaft, Philosophie, Geschichte 14 (Münster/Hamburg/London 2000), 17–34, hier: 26 schließen es an den vorigen Satz an: „(und) an die Stelle von diesem (...) gesetzt/gegeben“. Diese Bearbeiter gehen also von einer Ellipse des Suffixpronomens und eigentlich auch von einer Ellipse des Infixes n aus. Ebbell 1937, 70 und Bardinet 1995, 305 schließen das Verb dagegen partizipial an das nn an, mit dem der vorige Satz endet: „(...) this which was applied (...)“ resp. „(...) ceci (...) qui a été mis (...)“.
5 Wie bei dem rḏi̯ des vorigen Satzes herrscht keine Einigkeit, wie diese Form syntaktisch aufzufassen ist: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 51 stellen es wie das rḏi̯ elliptisch auf dieselbe syntaktische Stufe wie das jw jri̯.n=j: „Ich habe dieses gebracht (und) (...) gegeben (und) ersetzt (...)“. Dem folgt C. Leitz, Die medizinischen Texte aus dem Alten Ägypten, in: A. Karenberg – C. Leitz (Hrsg.) Heilkunde und Hochkultur I. Geburt, Seuche und Traumdeutung in den antiken Zivilisationen des Mittelmeerraumes, Naturwissenschaft, Philosophie, Geschichte 14 (Münster/Hamburg/London 2000), 17–34, hier: 26. Bardinet 1995, 305 übersetzt es ebenfalls verbal und interpretiert ꜣdw substantivisch und nicht adjektivisch-attributiv wie die anderen Bearbeiter. Das Verb ḏbꜣ fasst er zudem final auf: „de sorte que la partie faible a été échangée avec la partie aggressive“.
Ebbell 1937, 70 setzt ḏbꜣ zu rḏi̯ parallel; doch weil er dieses als Partizip deutete, ist auch das ḏbꜣ ein Partizip: „I have brought this which was applied (...) and replaces (...)“. Westendorf 1999, 613 übersetzt schließlich so, als würde er es als passives Partizip auffassen, das die Prädikatsstelle in einem Adjektivalsatz einnimmt: „Ersetzt ist das furchtbare Leiden.“
Eb 357 = pLouvre E 32847, Vso. 22,4
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Erblindung in den Augen durch [58,1] Kügelchen (?)1:
Getrocknete Myrrhe: ∅.
Werde in gegorenem Pflanzenbrei zermahlen. Werde 〈an〉 den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 „Kügelchen“: Nur noch ein weiteres Mal in den medizinischen Texten als Drogenform verwendet.
Eb 358, vgl. Eb 420
Ein anderes (Heilmittel):
Johannisbrot: ∅.
Werde in Honig zerstoßen. Werde 〈an〉 den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 359
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln der Seh(kraft) in den Augen:
Bleiglanz1: 1 (Dosis), ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), gsfn-Droge: [58,5] 1 (Dosis), „Männliches“ vom Bleiglanz1: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an die Augen gegeben.
1 „Bleiglanz“: Auffällig ist, dass es in diesem Rezept zweimal genannt wird, und zwar einmal in einer spielerischen, quasi „proto-ptolemäischen“ Schreibung, und einmal in regulärer mittelägyptischer Orthographie. Nach H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 418 (s.v. ẖsꜣj.t) tauchen Drogen in den ägyptischen Rezepten nie doppelt auf; dies vor Augen, scheinen „Bleiglanz“ und das „Männliche vom Bleiglanz“ dem Ägypter vielleicht unterschiedlich genug, um als verschiedene Drogen identifiziert zu werden.
Eb 360, vgl. Eb 347
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen der Weißen (Stellen) in den Augen:
„Donner ist am südlichen Himmel am Abend1 (und) Unwetter am nördlichen Himmel. Ein Pfeiler (d.h. eine der vier Himmelsstützen?)2 ist ins Wasser gefallen. Die Mannschaft des Re3 schlägt ihre Poller ein, weil/während [58,10] Köpfe ins Wasser fallen.4
Wer ist es denn, der ihn (d.h. jeden einzelnen Kopf) holen wird, der ihn (für unversehrt) befinden wird?
Ich bin es, der ihn holen wird. Ich bin es, der ihn (für unversehrt) befinden wird. Ich habe eure Köpfe geholt. Ich habe eure Nacken angeknüpft. Ich habe die von euch abgeschnittenen (Köpfe) an ihrem Platz befestigt. Ich habe euch geholt, um die Einwirkung eines Gottes, eines Untoten, einer Untoten usw. zu beseitigen.“
(Diese) Worte (sind) zu sprechen über Galle einer Schildkröte, die in [58,15] Honig zerstoßen ist. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Die Präposition ḏr ist zwar im temporalen Gebrauch gewöhnlich ingressiv („seit“, so Ebbell 1937, 70, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 49, J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 51 (Leiden 1970), 204, J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 37, Westendorf 1999, 613), scheint aber im Zusammenhang mit ḫꜣwj den Belegen zufolge oft eine durative Nuance zu haben („am“, so Bardinet 1995, 49).
2 Der Schreibung nach liegt der Terminus jwn: „Pfeiler, Stütze“ vor. Die Klassifizierung mit dem Hausgrundriss ist exzeptionell. Sie findet sich nur noch im etwa zeitgleichen pRhind und in der wesentlich späteren Weihinschrift Ramses’ II. in Abydos. Was allerdings mit dem Pfeiler, der ins Wasser gefallen ist, gemeint sein könnte, ist nicht klar. Ebbell 1937, 70 übersetzt stattdessen kommentarlos „corpses“, interpretiert es also als Schreibung des Lemmas jwn.w: „Leichenhaufen“, Wb 1, 54.4. So auch Westendorf 1999, 613: „Anhäufung (von Leichen)“. Zwar ist das auch einmal mit dem Hausgrundriss belegt, aber der für dieses Lemma typische Klassifikator des liegenden und blutenden Mannes (Gardiner A14) fehlt im hiesigen Rezept. Zudem ist jwn.w: „Leichenhaufen“ nur im Plural belegt und nur in der Verbindung mit der Präposition m als Präpositionalobjekt zu jri̯.w: „gemacht (zu Leichenhaufen)“ oder Verben des Tötens und Schlagens. Abzulehnen ist auch der Versuch von von Deines – Grapow – Westendorf 1958, darin eine von jwn: „Pfeiler“ abzuleitende allgemeinere Subbedeutung „Anhäufung, Haufen“ anzusetzen, die sich in Eb 360 vielleicht auf die im weiteren Textverlauf genannten abgeschlagenen Köpfe beziehen würde (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 32, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 49 und II, 56, Anm. 1).
3 Damit ist die Rudermannschaft gemeint, die den Sonnengott Re in der Sonnenbarke über den Himmel rudert.
4 Die syntaktische Konstruktion ist nicht ganz eindeutig. Die häufigste Übersetzung ist die eines Kausalsatzes „weil die Köpfe ins Wasser gefallen sind“: Ebbell 1937, 70, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 49, J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 38, Westendorf 1999, 614. Expliziert wird diese Interpretation in W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 437.2. Vermutlich wird man hier die gut belegte Konstruktion ḥr sḏm=f (A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 165.11) ansetzen dürfen. Ähnlich kausativ ist auch die Übersetzung von Bardinet 1995, 49, die sich aber nicht ganz in der originalen Wortstellung wiederfindet: „à cause des têtes qui sont tombées dans l’eau“. Alternativ ist die Übersetzung als Begleitumstand, so J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 51 (Leiden 1970), 204: „while heads fell into the water“, parallel zum Vorigen gesetzt, das er übersetzt mit: „while the crew of Re drove in their mooring-poles“. Dies wäre ḥr + Infinitiv (A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 165.10), aber dann wäre dp.w ein zweites, nachgestelltes Subjekt, was merkwürdig erscheint.
Zur inhaltlichen Deutung verweist J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 51 (Leiden 1970) auf den Sargtextspruch CT VII [818], wo davon die Rede ist, dass während der Nachtfahrt der Sonne Feinde (?) durch Schu (?) geköpft werden. Aufgrund diverser Anspielungen hält Borghouts eine Verbindung des hiesigen Schu mit Mechenti-irti, dem Horus von Letopolis, für möglich, dem die Fähigkeiten eines Arztes zugesprochen werden und der einigen Texten zufolge blind ist. Entsprechend vermutet er auch in Eb 360 Mechenti-irti als Sprecher der folgenden Passagen. Laut Bardinet handelt es sich bei den Köpfen, die hier ins Wasser fallen, um diejenigen der Mannschaft des Re, und er erwägt, dass hier durch eine Analogie die Sonnenbarke, die einen Verlust erfährt, mit dem kranken Auge verglichen wird und dass die Wiederherstellung der Integrität der Sonnenbarke auf die Heilung des Auges übertragen wird. Auch H. von Deines - H. Grapow - W. Westendorf, Ergänzungen. Drogenquanten, Sachgruppen, Nachträge, Bibliographie, Generalregister, Grundriss der Medizin der alten Ägypter 9 (Berlin 1973), 76 vermuten im anschließend genannten Wiederfinden und Wiederanknüpfen der Köpfe eine Metapher für die Heilung des Sonnenauges.
Eb 361
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Hitze in den Augen:
Beeren vom Phönizischen Wacholder aus Byblos: ∅.
Werde in Wasser fein zermahlen. Werde dem Mann an den „Rücken“ seiner Augen gegeben, so dass er sofort gesund wird.
Eb 362
Ein anderes (Heilmittel):
Mark von der Kinnlade eines Esels: ∅.
Werde in kaltem Wasser zerstoßen. Werde dem Mann an seine Schläfe gegeben, so dass er sofort [58,20] gesund wird.
Eb 363
Ein anderes (Heilmittel) für die Schläfe:
Sellerie: ∅.
Werde in kaltem1 Wasser zermalmt. Werde dem Mann an seine Schläfe gegeben, so dass er sofort gesund wird.
1 Dass hier im Gegensatz zu Zeile 58,19 die Pluralstriche hinter qb.w fehlen, könnte daran liegen, dass das Wort am Zeilenende steht und schon die klassifizierenden Wasserlinien in das Interkolumnium hineinragen. Obwohl der Schreiber in diesen Kolumnen durchaus auch innerhalb von Wörtern die Zeile umgebrochen hat, könnte er auch die Setzung der Pluralstriche am Beginn der neuen Zeile verzichtet oder es schlicht vergessen haben.
Eb 364
Ein anderes (Heilmittel):
nḥḏ.t-Zahn vom Esel: ∅.
Werde in Wasser zerstoßen. Werde dem Mann an seine Schläfe gegeben, so dass er sofort gesund wird.
Eb 365
[59,1] [[Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen eines Wütens1 im Auge:]]
Kot vom Pelikan: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde ins Innere des Auges gegeben.
1 Schon Ebers 1889, 254–255 vermutet hierin Pterygium, denn er vergleicht das Wort mit ꜣd: „Krokodil“ und notiert eine „Bemerkung unseres verehrten Freundes, des Leipziger Chirurgen Carl Thiersch, dass die Haut, welche sich bei der Pterygionkrankheit über den Augapfel zieht, in der That einem Krokodilkopfe recht ähnlich sieht.“ Auch B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 6 denkt an Pterygium, wenn auch nicht wegen der von Ebers resp. Thiersch beschriebenen Form, sondern nach einer Zusammenschau der Lokalisierung (in einem Auge, nicht in beiden gleichzeitig; einmal explizit „in den Augenwinkeln“) und der Anwendung von Salz, die abgesehen vom Augenmittel aus Byblos sonst nicht in den Augenmitteln verwendet wird, was dieses Rezept mit der Angabe von Dioskurides vergleichbar mache, dass Salz Pterygium entfernen kann. So auch Ebbell 1937, 70 und, ihm folgend, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 77. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962),15 erwähnen Ebbells Identifizierung ebenfalls, bleibt aber trotzdem vorsichtig bei einer allgemeinen „[Augenkrankheit]“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 41 und Bardinet 1995, 306 geben nur den ägyptischen Begriff wieder, ohne ihn zu deuten. Westendorf 1999, 614 bringt ihn dann mit dem Verb ꜣd: „wütend sein (gegen jmdn.)“ in Verbindung und übersetzt ihn als das „Wüten“. In Anm. 100 erwähnt er Ebbells Deutung, lehnt sie aber mit Verweis auf eine persönliche Mitteilung eines Göttinger Augenarztes namens Martin Vogel ab, dem zufolge Patienten einen Glaukomanfall als „wütenden Schmerz“ beschreiben, was vielleicht hiermit gemeint sein könnte.
Eb 366
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Hitze:
Oberägyptische sjꜣ-Droge: ∅.
Werde in Wasser vom pꜣwꜥ-Gewässer (?)1 gegeben. Werde in das Auge gegeben, so dass er gesund wird.
1 Eine unbekannte Herkunftsangabe, die nur drei Mal, in Eb 366, 464 und in der Schreibung pꜣꜥ in Eb 736, vorkommt. Der Klassifizierung nach ist es ein Gewässer und alle drei Mal in der Verbindung „Wasser von pꜣwꜥ“. DZA 23.119.950 vermutet für den Beleg Eb 464, dass dort der ꜥ-Arm vielleicht an Stelle des Armes mit Spitzbrot, also ḏi̯, steht. DZA 23.119.970 schlägt bei Eb 736 vor, dass es eine Variante für pꜣdw sein könnte, ein Vergleich, den DZA 23.119.970 als „wohl grundlos“ ablehnt. Bardinet 1995 gibt keine Übersetzung an. Westendorf 1999, 489–499 schlägt vor, es nicht als Kompositum zu lesen, sondern als ein Wort: pꜣwꜥ. Zur Annäherung an eine Deutung gibt er drei Richtungen an: (1) Er verweist, wie schon die Bearbeiter des Berliner Wörterbuches vor ihm, auf das Wort pꜣdw; (2) gleichzeitig verweist er auf das pꜣꜥ.t-Gewässer Wb 1, 497.19; (3) er hält es auch für denkbar, dass mit diesem Wort eine ältere Form von pꜣ-wr vorliegt, das er, S. Aufrère, Études de lexicologie et d’histoire naturelle XVIII-XXVI, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 87, 1987, 21–44, hier: 36–39 folgend, mit Essig identifiziert. Sollte Nr. (2) der Fall sein, sei darauf verwiesen, dass A. H. Gardiner, Ancient Egyptian Onomastica (London 1947), 12* anzweifelt, dass das pꜣꜥ.t-Gewässer am Himmel zu lokalisieren sei, wie Wb annimmt. Vielmehr sei es ein Land „susceptible for irrigation“ und vielleicht mit dem pꜥ.t-Land identisch.
Eb 367
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von ḫnt-Schnupfen in den Augen:
Bleiglanz: 1/32 (Dja), snn-Harz: 1/16 (Dja), ḥtm-Mineral: 1/16 (Dja), ṯr.w-Ocker: 1/64 (Dja), frische [59,5] Myrrhe: 1/64 (Dja), oberägyptische sjꜣ-Droge: 1/64 (Dja).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde in die Augen gegeben, so dass sie sofort gesund werden.
Eb 368
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von bjdj-Blindheit1 in den Augen:
Echter Bleiglanz: ∅.
Werde über 4 Tage hinweg in einem Hin-Topf in Wasser gegeben.
Die Handlung werde wiederholt in (der Form, dass) es über 4 Tage hinweg in Spießentenfett gelegt (ist). Man soll ihn (d.h. den Bleiglanz) folglich mit Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat, waschen. Werde über 9 Tage hinweg getrocknet. (Und) man soll ihn folglich zermahlen. Kügelchen aus Myrrhe werden unversehrt (?)2 dazu gegeben.
[59,10] Die Augen ((desjenigen, dessen Augen an der bjdj-Blindheit (leiden),)) werden damit geschminkt.3
1 Der Determinierung mit dem Auge und der Position des Rezeptes im Augenbuch zufolge eine Krankheit, Verletzung o.ä. des Auges. In den medizinischen Texten außer in Eb 368 nur noch einmal in Eb 385 genannt. Dort steht es in einer Auflistung von augenbezogenen Phänomenen zwischen ḥꜣr.w und šp.t. Laut G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 82 mit Anm. 1 ist es nicht identifiziert. Auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), Bardinet 1995 und Westendorf 1999 enthalten sich eines Deutungsvorschlags. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 44–45 und V, 77 nennt es nur eine „Augenkrankheit“ resp. „Krankheit“; die Sortierung der Rezepte der augenbezogenen Phänomene in Grapow 1958 erfolgte rein alphabetisch nach den einzelnen Phänomenen (s. S. 71), erlaubt also keine Rückschlüsse auf irgendeine Interpretation von Seiten der Autoren. Es gibt noch einige wenige ptolemäer- resp. römerzeitliche Belege. In einem Sachmet-Hymnus, der in mehreren ptolemäischen Tempeln steht, ist Sachmet bezeichnet als mꜣꜣ(.t) jr.t-nb.t tm ḫpr b(j)d(j); vgl. P. Germond, Sekhmet et la protection du monde, Aegyptiaca Helvetica 9 (Genève 1981), 30. P. Germond, Sekhmet et la protection du monde, Aegyptiaca Helvetica 9 (Genève 1981), 31 übersetzt das fragliche Wort ganz unspezifisch mit „Blindheit“ und das gesamte Epitheton mit: „(celle) qui fait voir tout oeil sans qu’advienne la cécité“. Als Übersetzungsvariante gibt er S. 90, Anm. 18: „que ne peut voir aucun oeil sans devenir aveugle“. Germond verweist ebenfalls nur auf Lefebvre, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 und Grapow 1958 sowie auf Eb 385, wo bjdj zwischen šp.t, was Germond als „cécité“ versteht, und ḥꜣr.w, das er mit „l’amblyopie“ übersetzt, steht. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 339 übersetzt das Epitheton, Germond folgend, mit: „who makes every eye see, whithout whom [...] comes blindness“ bzw. „who cannot see any eye without becoming blind“. Insgesamt scheint eine Variante des Epithetons mꜣꜣ.t jr.t-nb.t dg.t jm=s: „die jedes Auge (d.h jedermann) ansieht, das auf sie blickt“ vorzuliegen (s. C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band III. p – nbw, Orientalia Lovaniensia Analecta 112 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 205a–b). Das zeigt sich insbesondere an einem der Belege aus Denderah, genauer D VII, 107, 15, wo zwischen jr.t-nb.t und tm ḫpr bjdj ein Rest von dg=s steht. Damit bedeutet das Epitheton nur: „diejenige, die jedes Auge (d.h. jedermann) sieht, das nicht bjdj hat“ o.ä. Auf pFlorenz PSI inv. I 72, Zl. x+4,25 ist davon die Rede, dass Regenwolken vertrieben werden und dann Licht (ḥḏḏ.wt) anstelle von bjdj sei. J. Osing – G. Rosati, Papiri geroglifici e ieratici da Tebtynis, 2 Bände (Firenze 1998), 163 übersetzen bjdj=f hier mit „offuscamento dei suoi occhi“, verweisen aber nur auf Wb und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), ohne weitere Argumente anzubringen.
T. Pommerening, Medical Re-enactments. Ancient Egyptian Prescriptions from an Emic Viewpoint, in: G. Rosati – M. C. Guidotti (Hrsg.), Proceedings of the XI International Congress of Egyptologists, Florence Egyptian Museum, Florence, 23-30 August 2015, Archaeopress Egyptology 19 (Oxford 2017), 519–526, hier: 523–524 geht davon aus, dass bjdj eine bakteriell verursachte Konjunktivitis, vielleicht das erste Stadium eines Trachoms, sein könnte: In Eb 368 werden mehrere Drogen verarbeitet: Bleiglanz, Wasser, Spießentenfett und Milch einer Frau, die ein männliches Kind geboren hat. Auch wenn Bleiglanz eine antibakterielle Wirkung hat, ist auffällig, dass die gesamte Verarbeitung der Drogen 17 Tage dauert, und der Bleiglanz nicht sofort angebracht wird. In dem Bleiglanz vermutet sie daher nach dem Prinzip similia similibus eher eine Imitation der kranken Pupille; und das Wasser wie auch die Tatsache, dass das Medikament neun Tage lang getrocknet werden soll, deutet sie als Hinweis darauf, dass bjdj mit krankhafter Feuchtigkeit zu verbinden ist, die geheilt werden muss. Auch das Spießentenfett könnte ihr zufolge eine pathologische Erscheinung symbolisieren, und sie denkt konkret an „blurred vision“.
2 von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 54, Anm. 4 und Westendorf 1999, 615, Anm. 101 schlagen zwei Optionen vor: Das Verb könnte hier einen Gegensatz zu zermahlenen Myrrhekugeln (vgl. Eb 357) ausdrücken oder eine Verschreibung für wꜣḏ: „frisch“ sein. Bardinet 1995, 306 entscheidet sich für die zweite Option.
3 Nach jm hat der Schreiber bereits mit dem nächsten Rezept angefangen; später hat er seinen Fehler bemerkt, ein rotes Markierungskreuz gesetzt und die fehlenden Wörter unter der Seite nachgetragen. Bardinet 1995 hat bei seiner Übersetzung den Nachtrag vergessen.
Eb 369
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen eines Wütens im Auge:
[Eb 369a] Erstes Mittel, nachdem es schmerzhaft geworden ist:
Honig von „Entstandenem“1 oder gw-Teil (?)2 des Honigs: ∅.
Werde über 4 Tage hinweg daran gegeben.
[Eb 369b] Zweites Mittel:
Grünspan (wörtl.: erzenes Malachit): 1/8 (Dja), Bleiglanz: 1/8 (Dja), versteinertes Holz: 1/8 (Dja), oberägyptische sjꜣ-Droge: 1/8 (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. Werde über 4 Tage hinweg daran gegeben.
1 Eine unklare Herkunftsbezeichnung des Honigs. Nur in Eb 369 und Eb 385 belegt. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 395 vermuten ein Gärungsprodukt und vergleicht es mit der Phrase ḫpr-ḏs=s: „das von selbst Entstandene“. B. S. Feierabend, Biene und Honig im pharaonischen Ägypten: Eine Studie anhand schriftlicher und bildlicher Quellen (Mainz 2009), 139 denkt dagegen aufgrund des Mineralienklassifikators, mit dem ḫpr.j geschrieben ist, an eine körnige Substanz und damit an aus Honig kristallisierten Zucker. Am Rande sei erwähnt, dass Ebers 1889, 260 in bj.t n.t ḫpr.j eine Bezeichnung für Käferwachs, Schellack (< „Honig vom Käfer“) versteht. Diese Idee wird später zu Recht nicht wieder aufgegriffen (Joachim 1890, 89 erwähnt es noch in Anm. 6, gibt in der Hauptübersetzung aber nur noch die Transkription „χepera Honig“), eine Begründung ist aber nicht gegeben: Die Schreibung von ḫpr wäre auffällig, wenn auch nicht unerklärbar (Schreibungen mit einem Schilfblatt sind für das Substantiv seit der 18. Dynastie belegt, und die Klassifizierung mit Mineralienkorn N33 resp. nw-Topf ließe sich als Klassifikator der Gesamtdroge erklären). Als tatsächliches Gegenargument kann angeführt werden, dass über eine Schellack-Gewinnung in Ägypten nichts bekannt ist.
2 Nur in Eb 369 belegt. Basierend auf dem Klassifikator, dem Stoffstreifen Gardiner Sign-list S28, der auch bei Wörtern wie „verdecken“ verwendet werden kann, vermuten H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 537 einen Überzug oder „eine Art Krustenbildung bei der Eindickung“. B. S. Feierabend, Biene und Honig im pharaonischen Ägypten: Eine Studie anhand schriftlicher und bildlicher Quellen (Mainz 2009), 139 erwägt dagegen, in gw eine Bezeichnung für den Wabendeckel zu sehen, mit dem die Bienenwaben verschlossen sind (vergleichbar schon Ebers 1889, 156, Nr. 45, der darin eine Bezeichnung der Honigwabe vermutete).
Eb 370
Ein anderes (Heilmittel):
Kot eines Geckos: 1 (Dosis), oberägyptische sjꜣ-Droge: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), „Entstandenes“ vom Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer [59,15] homogenen Masse zermahlen. Werde an die Augen gegeben.
Eb 371
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), „Entstandenes“ vom Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an die Augen gegeben.
Eb 372
Ein anderes (Heilmittel):
Grünspan (wörtl.: erzenes Malachit): 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis).
[[Werde]] über 4 Tage [[hinweg an]] die Augen [[gegeben]].
Eb 373
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), snn-Harz: 1 (Dosis), „Entstandenes“ vom Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. Werde über 4 Tage hinweg an die Augen gegeben.
Eb 374
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1 (Dosis), Erz aus Kusae: 1 (Dosis), ḥtm-Mineral: 1 (Dosis), Ei vom Strauß: 1 (Dosis), oberägyptische sjꜣ-Droge: 1 (Dosis), Pulver von der ḥnw.t-Droge1: [59,20] 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an die Augen gegeben.
1 Nur in Eb 374 belegt. Nach der Klassifizierung mit dem Erzstück zu schließen, wohl ein Metall oder Mineral.
Eb 375
Ein anderes (Heilmittel):
Schwarzer Feuerstein: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde über 4 Tage hinweg in die Augen gegeben.
Eb 376
Ein anderes (Heilmittel) für das Tränen (?)1 im Auge:
jm-Substanz einer Figur: 1 (Dosis), ḥm.w-Teile der kꜣkꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
[60,1] Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an die Augen gegeben.
1 Wohl eine Ableitung von ḏfḏf: „tränen“. Obwohl dieses Phänomen, mit verschiedentlichen Ursachen, sicher häufig vorgekommen sein muss, ist das Wort nur in Eb 376 belegt.
Eb 377
Ein anderes Mittel 〈zum〉 Öffnen der Seh(kraft):
Bleiglanz: 1/8 (Dja), versteinertes Holz: ein viertel (Dja), snn-Harz: ein viertel (Dja), ṯr.w-Ocker: 1/64 (Dja), oberägyptische sjꜣ-Droge: 1/64 (Dja), Myrrhe: 1/64 (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Die Augen werden damit geschminkt.
Eb 378
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen einer „Anhebung“1 von Wasser in den Augen:
Echter Lapislazuli: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), snn-Harz: 1 (Dosis), Milch: [60,5] 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Fayence: 1 (Dosis), mnww-Teil (?)2 der šb.t-Melone: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Geschrieben wie eine Ableitung von ꜥḫi̯: „etw. anheben“ und wohl von der anders geschriebenen ꜥḫw-Krankheit zu unterscheiden. B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 64, 1929, 117–122, hier: 120 denkt an „Katarakt“; H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 151 übersetzt mit „Aufstauung“.
2 Eine unbekannte Droge oder Teil einer Droge; nur in Eb 378 belegt. Schon die Lesung ist unsicher, denn das Hieratische könnte man auch mntw lesen. Ein Klassifikator fehlt.
Eb 379
Ein anderes (Heilmittel):
shr.t-Harz/-Halbedelstein1: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis), „Entstandenes“ vom Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde über 4 Tage hinweg in die Augen gegeben.
1 J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 130–131 vermutet, dass es sich um einen grünen Halbedelstein handelt, ohne ihn aber genauer identifizieren zu können. Die Vermutung, dass es ein grüner Stein sei, basiert u.a. darauf, dass z.B. Herzskarabäen damit beschrieben sind, von denen sehr viele von grüner oder grünlicher Farbe sind, und darauf, dass mehrere andere Amulette u.ä., die in Denderah als shr.t bezeichnet werden, auch in grünen Mineralien gefertigt werden. Außerdem leite sich der Name shr.t vom Verb shru̯: „zufriedenstellen; erfreuen“ her, was ebenfalls auf eine grüne Färbung hindeute, weil „grün“ von den Alten Ägyptern mit Freude assoziiert würde (J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 131 und 224–225).
Eb 380
Ein anderes (Heilmittel):
gsfn-Droge: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), „Was-auf-seinem-Bergland-hervorkommt“-Droge1: 1 (Dosis).
Werde zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Die Augen werden damit geschminkt.
1 Eine nur in Eb 380 belegte Umschreibung oder ein Satzname für eine Droge; ein abschließender Mineralien- oder Pflanzenklassifikator fehlt. B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 64, 1929, 117–122, hier: 120 vermutet darin eine Bezeichnung für Naphtha, eine Deutung, die zumindest als Möglichkeit in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 202 und bei Westendorf 1999, 616 angegeben wird und der sich auch G. Lefebvre, Sur quelques mots égyptiens, in: O. Firchow (Hrsg.), Ägyptologische Studien, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung 29 (Berlin 1955), 205–211, hier: 209 anschließt. Bardinet 1995 enthält sich eines Übersetzungsvorschlages. Die Deutung ist allerdings keineswegs sicher: In Totenbuchspruch 183 kommt die Partizipialkonstruktion pri̯.t ḥr ḫꜣs.t als Umschreibung für Pflanzen o.ä. vor, jedenfalls als etwas, das „wachsen“ (srwḏ) kann. Der Zusatz ḥr ḫꜣs.t=f, also ohne das Verb pri̯, kann ferner als Adverbialattribut von Metallen stehen, vgl. Wb 3, 235.15–17. Nach DZA 27.648.280 ff. könnte es auch ein Metall „aus seinem Land/Berg“ sein.
Eb 381
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen einer tḫn-Verletzung im Auge:
šꜣšꜣ-Früchte, ((gekocht))1: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen; werde [60,10] durch Tücher geseiht2. Das Auge, das am „Rücken“ der Augen eine tḫn-Verletzung davongetragen hat,3 werde darüber verbunden.
1 psi̯ wurde zwischen šꜣšꜣ und der Mengenangabe in schwarz nachgetragen. Dafür mussten die Klassifikatoren von šꜣšꜣ und die Mengenangabe gelöscht und in größerem Abstand zueinander erneut eingetragen werden, vgl. auch H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 43.
2 Nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 708, „werde aufbewahrt“, dem auch Bardinet 1995 folgt. E. Dévaud, Études et notes de grammaire, de lexicologie, de paléographie, etc., égyptiennes et coptes, in: Kêmi 1, 1928, 136–146, hier: 140 vermutet dagegen eine Verschreibung für sꜣr/sꜣj: „sieben“ (genannt auch in H. von Deines – W. Westendorf, 708, Anm. 2). Westendorf 1999 folgt in seiner Übersetzung Dévauds Vorschlag.
3 Der einzige Beleg für tḫn als Verb. Der Schreiber hat ursprünglich nt.(j)t tḫn.tj r=s stehen: „das darauf/daran eine tḫn-Verletzung davongetragen hat“. Später wurden die Stativendung und das r mit einer roten Linie durchgestrichen und hinter dem s die doppelte diagonale Linie (Gardiner Z4) nachgetragen. Dadurch wurde aus dem Stativ die Konstruktion Partizip + enklitisches Personalpronomen, die in den medizinischen Texten oft anstelle eines Stativs verwendet wird.
Eb 382
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Weißen (Stellen) im Auge:
Granit: ∅. Werde fein zermahlen; werde in Tüchern durchgesiebt (?) und es (werde) an die Augen (ge)streut.
Eb 383
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von „Unebenheit“ (d.h. Trachom?) in den Augen:
Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Granit: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. [[Die Augen werden darüber ]]verbunden.
Eb 384
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Blut an den Augen:
Zwei Schalen aus Mergelton, die eine mit Mehl vom mjmj-Getreide und Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat, die andere mit Milch1. [60,15] Werde nachts dem Tau ausgesetzt.
Du solltest (?) früh auf sein,2 um deine Augen3 mit diesem mjmj-Getreide zu füllen.
Nach diesem (Verfahren) wäschst du folglich die Augen 4 Mal täglich mit dieser Milch.
1 Es ist unsicher, ob auch die zweite Schale Muttermilch enthalten soll, ob dort also nur eine Verkürzung von jrṯ.t n.t msi̯.t ṯꜣ.y vorliegt, oder ob auch andere Milch gemeint ist. Nach H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 56 kann aufgrund einer Reihe von Parallelen darauf geschlossen werden, dass bei jrṯ.t, wenn ohne Herkunftsangabe, in den Rezepten oft Kuhmilch gemeint ist.
2 An anderen Stellen lautet diese Anweisung dwꜣ.ḫr=k: „so sollst/musst du früh auf sein“. Hier steht ein einfaches sḏm=f, das aufgrund der Parallelen wohl optativisch aufgefasst werden soll. So auch Westendorf 1999: „Du mögest früh auf sein ...“.
3 Wie in Eb 325 wird hier ausnahmsweise der Patient selbst angeredet und nicht der Arzt. Westendorf 1999, 617, Anm. 102 vermutet in beiden Fällen ein „Hausrezept“.
Eb 385 = pLouvre E 32847, Vso. 22,5–7
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer „Anhebung“ von Wasser in den Augen:
„(Es) kommt der Malachit, (es) kommt der Malachit; (es) kommt das Grüne, (es) kommt der Ausfluss des Horus-Auges1; (es) kommt die Absonderung des Atum-Auges; (es) kommt der Ausfluss, der aus Osiris herausgekommen ist; (es) kommt zu ihm das, was er beseitigt hat: (pathogene) Flüssigkeit, Eiter, Blut, Schwachsichtigkeit, bjdj-Blindheit, Erblindung, Verschleierung, die Einwirkung eines Gottes und eines Untoten, einer Untoten, eines Krankheitsauslösers (?), einer Krankheitsauslöserin (?), jeder schlimmen und üblen Sache, die in diesen Augen ist“, usw.
(Diese) Worte (sind) zu sprechen über Malachit.
(Dieser) werde in Honig des „Entstandenen“ zerstoßen. gw-Gras werde [61,1] in sie (d.h. in den Malachit und den Honig) hineingestoßen. Werde an das Auge gegeben. (Dieser Spruch ist) wirklich vortrefflich!
1 jnf gibt es sowohl verbal (Wb 1, 96.9) als auch nominal (Wb 1, 96.10). Der verbale Gebrauch wird vom bhd-Duft gebraucht, daher die im Wb angegebene Notiz „vom Weihrauch“. Unter dem nominalen Gebrauch sind dort Eb 385, pBerlin P. 3055, Zl. 3 und Passagen aus Denderah und Edfu gelistet. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 99 lehnt diese Subsummierung aller (der wenigen) Belege unter einem Lemma ab. Die Belege aus Denderah und Edfu hält er für ein Wort für Malachit, weil es dort eine Variante zu wꜣḏ zu sein scheint. Einen etymologischen Zusammenhang zwischen „Ausfluss“ und diesem Malachit hält er aber immerhin für denkbar. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 84 nennt ebenfalls nur die Beispiele aus den Tempeltexten, obwohl sie sonst ältere Belege, auch aus dem pEbers nennt, wenn sie sie für relevant hält. Sie hält jnf aber für ein Räuchermittel, weil es als aus dem Udjat-Auge kommend beschrieben wird. Diese Herkunftsangabe haben die Stellen der Tempeltexte mit Eb 385 gemeinsam. In pBerlin P. 3055 tritt jnf als Umschreibung für Honig auf, weswegen H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 59 auch für Eb 385 vermutet, dass damit der wenig später genannte Honig gemeint sein könnte. Alle drei Deutungen – Malachit, Weihrauch oder ein anderes Räuchermittel, und Honig – sind hier denkbar. Bardinet 1995 wie Westendorf 1999 enthalten sich einer Interpretation, was mit dem Ausfluss des Horus-Auges gemeint sein könnte.
Eb 386
Ein anderes (Heilmittel) zum Schminken (und) zum Abwehren von Krankheitsauslösern (?) in den Augen:
Der Kopf der ḥnj-Sumpfpflanze, Johannisbrot, Honig, Gänsefett: Teil zu Teil (d.h. zu gleichen Teilen).
Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
(Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich, Millionen Mal (erprobt)!
Eb 387
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Strängen von Blut1 in den Augen:
Getrocknete Myrrhe, nḥd.t-Myrrhe, Malachit (oder: frische nḥd.t-Myrrhe): Teil zu Teil (d.h. zu gleichen Teilen).
Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Die mt.w: „Gefäße; Stränge“ sind aus ägyptischer Perspektive ein integraler Bestandteil der menschlichen Anatomie, wobei die Ägypter aber nicht zwischen Hohlgefäßen und Muskeln sowie Nerven unterschieden. Mit den hier genannten „Strängen von Blut“ sind keine „Blutgefäße“ gemeint, sondern eine krankhafte Erscheinung. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 405, Anm. 1 vermuten „eine Art Blutgeäder“.
Eb 388
Was zu tun ist vom 3. Monat der Peret-Jahreszeit bis [61,5] zum 4. Monat der Peret-Jahreszeit:
Bleiglanz, oberägyptische sjꜣ-Droge, ḥtm-Mineral, versteinertes Holz: Teil 〈zu〉 Teil (d.h. zu gleichen Teilen).
Werde in die Augen gegeben.
Eb 389
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Schminken, etwas, was zu tun ist in der Schemu-, der Peret- und der Achet-Jahreszeit:1
Bleiglanz: ∅.
Werde am Morgen in Blässgansfett zermahlen, ohne (es) aufs Feuer fallen zu lassen (?).2 Werde damit in der Nacht geschminkt.
1 Schemu, Peret und Achet sind die drei Jahreszeiten des ägyptischen Kalenders. Die normale Reihenfolge ist aber Achet, Peret und Schemu, d.h. die Reihenfolge ist umgekehrt.
2 Die Formulierung und damit der beschriebene Vorgang sind unklar, daher auch das Fragezeichen bei Bardinet 1995, 309 hinter „tombe“. Die Verbindung rḏi̯ hꜣi̯ ḥr: „fallen auf ... veranlassen“ resp. mit Negation: „fallen auf ... nicht zuzulassen“ ist in diesem Zusammenhang ungewöhnlich. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 561 nennen nur diese eine Stelle. Für die Anweisung, Drogen aufs Feuer zu stellen, d.h. sie zu erwärmen, wird sonst einfaches rḏi̯ ḥr ḫ.t: „aufs Feuer geben/setzen“ verwendet.
Eb 390 = Eb 400
Ein anderes (Heilmittel):
Bleiglanz, Malachit, Lapislazuli, Honig, Ocker: Teil zu Teil (d.h. zu gleichen Teilen).
Werde zu einem ziehbaren (?; d.h. zähem? oder flüssigem?)1 jwšš-Brei verarbeitet. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 Ägyptisch sṯꜣ: Als attributives Adjektiv steht es außerhalb der medizinischen Text bei Meret-Behältern, die auf einem Schlitten stehen und gezogen werden können; sicher ist es eine Ableitung von sṯꜣ: „ziehen, fließen, sich begeben (zu)“. Für den hiesigen Kontext erwägt Wb 4, 354.6 die Bedeutung „zäher Teig o.ä.?“; vor dem Hintergrund, dass sṯꜣ auch „fließen“ bedeuten kann, könnte man aber auch an das Gegenteil, nämlich „flüssigen Teig“, denken.
Eb 391
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen [61,10] von ḫnt-Schnupfen im Kopf durch schminken (oder: als Schminkmittel):
Bleiglanz: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1/8 (Dja), snn-Harz: 1/16 (Dja), ḥtm-Mineral: 1/16 (Dja), ṯr.w-Ocker: 1/64 (Dja), getrocknete Myrrhe: 1/64 (Dja), Früchte/Samen der tntj-Pflanze: 1/64 (Dja).1
1 Das Rezept endet ohne Verarbeitungs- und/oder Applikationsanweisung.
Eb 392
Ein anderes Heilmittel für das Auge, dem irgendeine üble Sache geschehen ist:
Galle eines {Menschen} 〈Schweins〉.1
Werde in zwei Hälften geteilt;2 ihre (eine) Hälfte werde in Honig gelegt (und) das Auge damit am Abend geschminkt, und ihre (andere) Hälfte werde getrocknet, fein zermahlen (und) das Auge werde damit am Morgen geschminkt.
1 Eb 392 wäre die einzige Stelle in den medizinischen Texten, in denen ein menschliches Organ als Droge verwendet würde. Aus diesem Grund schließt W. R. Dawson, Three Anatomical Terms, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 62, 1927, 20–23, hier: 21–22, dass in der Vorlage für das Rezept das im Hieratischen ähnliche Substantiv rr: „Schwein“ gestanden hat und eigentlich Schweinegalle gemeint ist.
2 Bezeichnend für die ägyptische Rechenweise dürfte sein, dass die beiden Hälften hier nicht etwa als *gs 2: „2 Hälften“, sondern als Dual gs.wj: „die beiden Hälften“ bezeichnet werden.
Eb 393
Ein anderes (Heilmittel) 〈für〉 das Stärken der Seh(kraft), [61,15] etwas, das zu tun ist vom 1. Monat der Peret-Jahreszeit bis zum 2. Monat der Peret-Jahreszeit:
Bleiglanz, „Männliches“ vom Bleiglanz, snn-Harz: Teil zu Teil (d.h. zu gleichen Teilen).
Werde an/in die Augen gegeben.
Eb 394
Ein anderes (Heilmittel):
Oberägyptische sjꜣ-Droge, Bleiglanz: Teil zu Teil (d.h. zu gleichen Teilen).
Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 395, vgl. Eb 399
Ein anderes (Heilmittel):
Johannisbrot, Bleiglanz, Honig: Teil zu Teil (d.h. zu gleichen Teilen).
Werde in die Augen gegeben.
Eb 396
Ein anderes (Heilmittel) zum Öffnen der Seh(kraft):
Eine Scherbe eines neuen Hin-Topfes, mit Pflanzenbrei bedampft1.
Werde sehr oft an die Augen gegeben.
1 Eigentlich „beräuchern“. Welcher Vorgang genau damit gemeint ist, erhellt sich durch die Rezepte Bln 60 und 76: Drogen werden im Feuer erhitzt, „(ab)gelöscht“ (ꜥḫm) mit ḥzꜣ-Brei und anderer Flüssigkeit, und damit werde der Patient „beräuchert“ (kꜣp.w s(j) ḥr=st) (Bln 60).
Eb 397
Ein anderes (Heilmittel), (nämlich) ein Schminkmittel zum Öffnen der [61,20] Seh(kraft):
Bleiglanz: ∅, Knochenmark vom Rind: ∅.
Werde in die Augen gegeben.
Eb 398, vgl. Eb 337
Ein anderes (Heilmittel) zum Öffnen der Seh(kraft):
Bleiglanz: 4 (Dosen), Honig: ((3 (Dosen))).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 399, vgl. Eb 395
Ein anderes (Heilmittel) zum Öffnen [62,1] der Seh(kraft):
Bleiglanz: ∅, Saft von frischem Johannisbrot: ∅, „Selbstentstandenes“ vom Honig: ∅.
Werde in die Augen gegeben.
Eb 400 = Eb 390
Eine anderes Schminkmittel:
Bleiglanz: 2 (Dosen), Honig: 4 (Dosen), Malachit: ein viertel (Dja), Ocker: ein viertel (Dja), echter Lapislazuli: ∅.
Werde zermahlen. Werde in die Augen gegeben.
Eb 401
Ein anderes Schminkmittel:
Bleiglanz: 2 (Dosen), Gänsefett: 2 (Dosen), Wasser: 4 (Dosen).
Werde in die Augen gegossen.
Eb 402
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen der Weißen (Stellen), die in den Augen entstanden sind:
Bleiglanz: 1 (Dosis), [62,5] versteinertes Holz: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen. Werde in die Augen gegeben.
Eb 403
Ein anderes (Heilmittel):
ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Wasser: ∅.
Werde fein zermahlen. Werde in die Augen gegeben.
Eb 404
Ein anderes (Heilmittel):
Afrikanisches Grenadill: ∅, Bleiglanz: ∅, Wasser: ∅.
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 405
Ein anderes (Heilmittel):
Galle eines ꜣbḏ.w-Fisches: ∅, Bleiglanz: ∅.
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 406, vgl. Eb 414
Ein anderes (Heilmittel):
smj-Milchfett: ∅, Milch: ∅.
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 407 = Eb 346
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von „Unebenheit“ (d.h. Trachom?):
Bleiglanz: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), rotes Natron: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 408
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von roter Entzündung in den Augen:
Johannisbrot: ∅, Blätter der Dornakazie: ∅, Malachit: ∅, [62,10] Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 409
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen eines Wütens im Auge:
Bleiglanz: ein halbes (Dja), Eier(schale) (?) vom Geier:1 ein halbes und ein viertel (Dja).
Werde fein zermahlen. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
1 „Eier vom Geier“: Nur in Eb 409 als Droge verwendet. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 304 vermuten, dass die Eierschale gemeint sei, weil eine genaue Dosierung angegeben ist und außerdem beide Drogen miteinander „verrieben“ werden sollen. Die Verwendung des Verbs snꜥꜥ ist zwar weniger signifikant, weil es auch in solchen Rezepten verwendet wird, in denen feste Drogen in Flüssigkeiten „verrieben“ werden sollen und wo es dann folglich eher mit „verrührt“ übersetzt werden könnte; von großem Aussagewert ist aber tatsächlich die Angabe, ein Dreiviertel Dja zu verwenden, was ca. 225 ccm entspricht. Denn das lässt sich unter Umständen leichter von Eierschalen abmessen als vom viskosen Eiklar und -dotter.
Die Verschreibung speziell von Geiereiern in diesem Mittel gegen ein Augenleiden erklärt sich aus der diesem Vogel zugeschriebenen großen Sehkraft: es liegt ein Sympathiemittel vor, s. C. Leitz, Die Rolle von Religion und Naturbeobachtung bei der Auswahl der Drogen im Papyrus Ebers, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.) Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15.-16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 41–62, hier: 54.
Eb 410, vgl. Eb 411, 413
Ein anderes (Heilmittel):
Bleiglanz: 2 (Dosen), Honig: 1/64 (Dja), Ocker: 1/16 (Dja), Roter Ocker: 1/8 (Dja), snn-Harz: 1/16 (Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 411, vgl. Eb 410, 413
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1/32 (Dja), Ocker: ein viertel (Dja), Bleiglanz: 1/32 (Dja), snn-Harz: 1/16 (Dja), „Selbstentstandenes“ vom Honig: {ein viertel und 2} 〈1/32 (Dja)〉 (?)1.
(Werde) ebenso (verfahren).
1 Es wird kaum „ein Viertel von 2“ gemeint sein, weil dafür ein einfacheres „ein Halbes (scil. von 1)“ näherliegend wäre. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 52, Anm. 2 vermuten einen Schreibfehler, dass nämlich ḥsb: „ein Viertel“ anstelle der Bruchzahl 1/30 steht und die gesamte Mengenangabe daher als 1/32 zu lesen wäre. Im pEbers sind zwar ḥsb und 1/30 klar zu unterscheiden, aber es könnte sich um einen Kopierfehler handeln.
Eb 412
Ein anderes (Heilmittel):
Schwarzer Feuerstein: [62,15] 1/32 (Dja), Weihrauch: 1/8 (Dja), Fayence: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde an die Winkel der Augen gegeben.
Eb 413, vgl. Eb 410, 411
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1/64 (Dja), Ocker: [[1/64 (Dja)]], „Selbstentstandenes“ vom Honig: 1/8 (Dja), Bleiglanz: 1/8 (Dja), snn-Harz: 1/32 (Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 414, vgl. Eb 406
Ein anderes (Heilmittel) zum Öffnen der Seh(kraft):
smj-Milchfett: ∅, Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde in die Augen gegossen.
Eb 415, vgl. pLouvre E 32847, Vso. 20,21–21,2
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Verschleierung, Verdunkelung, Schwachsichtigkeit und (jeglicher) Einwirkung, die in den Augen entstanden ist:
Versteinertes Holz: 1 (Dosis), [62,20] Malachit: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), ẖpꜣ-Kügelchen (?) des Afrikanischen Grenadills: 1 (Dosis), Saft der qb.w-Pflanze: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde zu einem jwšš-Brei verarbeitet; werde getrocknet; werde in Wasser zerstoßen. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 416
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des qnj.t-Leidens (am Auge):
Malachit: 2 (Dosen), ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis), Bleiglanz: 2,5 (Dosen), Natron: 1 (Dosis), [63,1] Ocker: 1/8 (Dja).
Werde in Wasser zermahlen. Werde an den „Rücken“ der Augen gegeben.
Eb 417
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis).
Der „Rücken“ der Augen werde damit gesalbt.
Handle (so), und du wirst (den Erfolg) sehen!
Eb 418
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von ḫnt-Schnupfen in der Nase:
Bleiglanz: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1 (Dosis), getrocknete Myrrhe: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde damit über 4 Tage hinweg geschminkt.
Handle (so), und du wirst (den Erfolg) sehen! Siehe, das ist ein ordnungsgemäßes (Heilmittel)!
Eb 419
Ein anderes Schminkmittel, (nämlich) das, was für den Großen der Schauenden1, Chui, angefertigt wurde2:
Bleiglanz: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), [63,5] oberägyptische sjꜣ-Droge: 1 (Dosis), unterägyptische sjꜣ-Droge: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ vom Honig: 1 (Dosis).3
1 „Großer der Schauenden“ ist der Titel des Hohepriesters von Heliopolis. Mit dem hier genannten Chui ist wohl Chuienher gemeint, der zur Zeit der 6. Dynastie, also am Ende des Alten Reiches, lebte. Vgl. W. Spiegelberg, Der Architekt Bnr-mrw.t, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 58, 1923, 151–152, hier: 152 und M. I. Moursi, Die Hohenpriester des Sonnengottes von der Frühzeit Ägyptens bis zum Ende des Neuen Reiches, Münchner Ägyptologische Studien 26 (München/Berlin 1972), 32–33.
2 Die Präposition n nach dem Verb jri̯ bezeichnet gewöhnlich die Person, für die etwas angefertigt wird, und nicht, von wem es angefertigt ist, vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 93. Entsprechend hat H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 92 ältere Übersetzungen von Eb 419 korrigiert (z.B. Ebbell 1937, 75), und er schreibt dezidiert, dass hier das Rezept für Chui angefertigt wurde.
3 Sic. Das Rezept endet ohne Applikationsanweisung.
Eb 420, vgl. Eb 358
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Erblindung in den Augen:
Johannisbrot: ∅.
Werde fein zermahlen; werde durch Tücher durchgeseiht; ((werde mit „Selbstentstandenes“ vom)) Honig ((zusammengeschlossen))1.2 Werde in die Augen gegeben.
1 So die wörtliche Übersetzung, der auch Westendorf 1999 folgt. Ob damit „bedeckt“ (in einem Gefäß) gemeint ist? Bardinet 1995 übersetzt mit „malaxé“, was sicher auch einem „einschließen in etw.“ entspricht, aber einen anderen Verarbeitungsvorgang bezeichnet.
2 Der Satz ist zum größten Teil (d.h. abgesehen vermutlich von bj.t: „Honig“) eine Korrektur: Die Wörter sind sehr eng geschrieben und es sind Tintenreste erkennbar, die auf einen gelöschten Text verweisen. Es hat also möglicherweise anfangs eine andere Verbindung mit Honig im Rezept gestanden.
Eb 421
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen des „ḫsf-des-Fleisches“-Leidens1 in den Augen:
Malachit: ∅, Weihrauch: ∅, Roter Ocker: ∅.
Werde zermahlen. Werde an die Augen gegeben.
1 Dieses Phänomen ist nur hier belegt. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 39 übersetzt als „Umdrehen des Fleisches“ und denkt an Ektropium. Von G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 74 abgelehnt, von Westendorf 1999, 623 zumindest in Anm. 108 genannt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 668 erwähnen die Möglichkeit, ḫsf vom Verb ḫsf abzuleiten und die Stelle mit der in koptischen Texten belegten Krankheitserscheinung ⲁⲁϥ ⲛ̅ϩⲟⲩⲟ: „Zuviel-Fleisch“ (W. C. Till, Die Arzneikunde der Kopten (Berlin 1951), 15, Nr. 9) in Verbindung zu bringen, die auch am Auge auftreten kann. Dem folgt wohl Bardinet 1995, 312: „une partie déprimé de la chair superficielle“. J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 3–18, spez. 18 zeigt, dass ḫꜥw eher den Körper oder die Haut bezeichnet, weniger „Fleisch“. Daher wird hier eben mit „Haut“ übersetzt. Für ḫsf verbietet sich aufgrund der nur einmaligen Nennung eine genauere Übersetzung.
Eb 422
Ein anderes Heilmittel für die Augen, (nämlich) das, was ein Asiat aus Byblos mitgeteilt hat:
ꜥḏrn-Droge1: 1 (Dosis), Datteln: 1 (Dosis), frische Gerste:2 1 (Dosis), Gerste: 1 (Dosis), ṯwṯkn-Droge: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), [63,10] Alaun: 1 (Dosis), Salz: 1 (Dosis), Blei: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Mark vom Unterschenkel: ∅, frisches Olivenöl: ∅.3
Werde in4 das Heilmittel gegeben.
1 Eine nur in Eb 422 belegte Drogenbezeichnung. Aufgrund des Kontextes in einem byblitischen Rezept wie auch wegen der Schreibung wird angenommen, dass es sich um ein Fremdwort handelt. Es ist unsicher, ob die Schreibung als syllabisch aufgefasst werden sollte; v.a. die Kombination aus Löwe und n ist ungewöhnlich. Bardinet 1995, 313 gibt die Schreibung schlicht durch „âdjal“ wieder, hat also mindestens das n am Wortende als fehlerhaft verstanden oder die Kombination von Löwe und n als Wiedergabe eines /l/ gedeutet. Im Index, S. 567, definiert er das Wort noch als „nom sémitique“, gibt aber weiter keinen Übersetzungsvorschlag. Westendorf 1999, 497 erwägt, unter Verweis auf eine Auskunft von Borger, eine Ableitung von akkadisch ar(a)zallu: „Pflanze, Stein“. J. E. Hoch, Semitic words in Egyptian texts of the New Kingdom and Third Intermediate Period (Princeton 1994), 90, Nr. 110 (Lesungsvorschlag: ꜥaṣūrun) vermutet einen Zusammenhang mit der semitischen Wurzel ꜥṣr: „(Trauben/Oliven) auspressen“, wobei das ägyptische Wort dann einer Passivkonstruktion entspräche: „that which is squeezed out“.
2 Oder: „grüne Gerste“? Beide Varianten auch bei Westendorf 1999, 623. Das Adjektiv wꜣḏ erlaubt beide Übersetzungen, wobei es, wenn es als Attribut von Drogennamen verwendet wird, üblicherweise im Sinne von „frisch“ zu verstehen ist, vgl. auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 164.
Auffällig ist außerdem, dass hier „frische Gerste“ und normale „Gerste“ direkt hintereinander genannt werden. Laut H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 418 und 505 wird in den Drogenlisten der Rezepte nie eine Droge zweimal genannt. Entweder wäre das Rezept Eb 422 ein Gegenargument gegen diese Behauptung, oder aber dieses Rezept ist ein Hinweis darauf, dass die Ägypter „frische Gerste“ und „Gerste“ als unterschiedlich genug auffassten, um darin zwei verschiedene Drogen zu sehen.
3 Bei den beiden letzten Drogenbezeichnungen fehlt die Maßangabe.
4 Zu dieser Übersetzung der Präposition ḥr s. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 59 und II, 64, Anm. 4 sowie Westendorf 1999, 623 mit Anm. 110: Dort wird vermutet, dass mit dem eigentlichen „Heilmittel“ die beiden zuletzt genannten Drogen, diejenigen ohne Maßangaben, gemeint sind, in die die anderen hineingetan werden sollen. Ebbell 1937, 76 übersetzt die Präposition dagegen identifizierend: „are given as a remedy“, vergleichbar Bardinet 1995, 313: „(Ce) sera appliqué sous forme de remède.“ Ein solcher Gebrauch der Präposition ḥr ist allerdings nicht belegt.
Eb 423 = Eb 430, pLouvre E 32847, Vso. 20,1–2
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen von Kügelchen1 im Auge:
Bleiglanz: 1 (Dosis), snn-Harz: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1 (Dosis).
Das Auge werde damit geschminkt.
1 Die Parallele Eb 430 hat das wohl richtigere pds.t. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 21 vermutet bei Letzterem ein Hordeolum oder Chalazion. Bardinet 1995 wie Westendorf 1999 bieten in ihren Übersetzungen Ersteres als mögliche Bedeutung an.
Eb 424
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen einer Einkrümmung des Haares im Auge:
Myrrhe: 1 (Dosis), Blut eines Geckos:1 1 (Dosis), Blut einer Fledermaus: 1 (Dosis).
Das Haar werde herausgezogen. (Das Heilmittel) werde daran (d.h. an das Auge) gegeben, so dass es gesund wird.
1 Auffällig ist, dass das Blut eines Geckos im direkten Genitiv (snf ḥ⟨n⟩tꜣsw), das Fledermausblut im indirekten Genitiv (snf n d(ꜣ)gy.t) geschrieben ist. Ob das durch den Zeilenwechsel vor ḥntꜣsw verursacht wurde oder andere Gründe hat, ist unklar.
Eb 425
Ein anderes Heilmittel zum Verhindern, dass (wieder) ein Haar in(s) Auge wächst, nachdem es heraus(ge)rissen (wurde):
Weihrauch, mit kꜣy.t-Kot (?) [63,15] eines Geckos zermahlen: 1 (Dosis), Blut vom Rind: 1 (Dosis), Blut vom Esel: 1 (Dosis), Blut vom Schwein: 1 (Dosis), Blut vom Hund: 1 (Dosis), Blut vom Ziegenbock: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis).
Werde in diesem Blut fein zu einer homogenen Masse zermahlen. Werde an die Stelle dieses Haares gegeben, nachdem es heraus(ge)rissen (wurde).
Es kann nicht wieder wachsen.
Eb 426 = pLouvre E 32847, Vso. 22,8
Ein anderes (Heilmittel):1
Blut der Fledermaus: 1 (Dosis), Ränder eines neuen Hin-Topfes: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen. Werde an die Stelle dieses Haares gegeben, nachdem es heraus(ge)rissen (wurde).
1 In der Parallele ist dieses Rezept nicht mit k.t überschrieben, sondern mit der Überschrift von Eb 425, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 239–240.
Eb 427 = pLouvre E 32847, Vso. 22,8–9
Ein anderes (Heilmittel):
Fett vom Rind: 1 (Dosis), [63,20] Olivenöl: 1 (Dosis), Gehirn (?) vom ꜥpnn.t-Tier: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen; werde aufs Feuer gestellt. Werde an die Stelle des Haares gegeben.
Eb 428
Ein anderes (Heilmittel):
Galle eines wjꜣ.t-Vogels: ∅.
Ein Schilfrohr werde damit angefeuchtet. Werde an die Stelle dieses Haares gegeben, nachdem [64,1] es heraus(ge)rissen (wurde).
Eb 429
Ein anderes (Heilmittel) zum Verhindern, dass (wieder) ein Haar in(s) Auge wächst, nachdem es heraus(ge)rissen (wurde):
Propolis (?, wörtl.: Kot einer Fliege): 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Harn: ∅.
Werde zerstoßen. Werde an die Stelle dieses Haares gegeben, nachdem es heraus(ge)rissen (wurde).
Eb 430 = Eb 423, pLouvre E 32847, Vso. 20,1–2
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Kügelchen1 im Auge:
snn-Harz: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1 (Dosis).
Die Augen werden damit geschminkt.
1 B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 21 vermutet Hordeolum oder Chalazion. Bardinet 1995 wie Westendorf 1999 bieten in ihren Übersetzungen Ersteres als mögliche Bedeutung an.
Eb 431
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von „Fett“ im Auge:
[64,5] Splitter vom Feuerstein: ∅.
Werde in Pflanzenbrei zerstoßen. Werde viele Male daran gegeben.
Eb 432–436: Rezepte gegen Bisswunden
Eb 4321 = H 21, pLouvre E 32847, Rto. x+7,21–8,1 und Vso. 25,7–8
Ein anderes (Heilmittel) gegen Menschenbisse:2
ẖꜥꜥ-Teile3 vom 〈šd.t-Teig, die in einem〉 ꜥnḏ.w-Topf 〈sind〉: ∅,4 Porree, zermalmt: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die verletzte Stelle) werde darüber verbunden.
1 Die Rezeptgruppe Eb 432–436 ist eine der wenigen des pEbers, die nicht mit ḥꜣ.t-ꜥ-m beginnt, sondern direkt mit einem ersten Rezept. Die Thematik ist aber eine komplett andere als das vorherige Augenbuch, nämlich eben verschiedene Bisswunden. Dieser thematische Bruch zum Augenbuch lässt es vertretbar erscheinen, mit Eb 432 eine neue Rezeptgruppe zu beginnen; so wird es auch in den bisherigen Übersetzungen des pEbers gehandhabt. Dass Eb 432 mit k.t: „ein anderes (Heilmittel)“ beginnt und damit suggeriert, dass es an die vorherigen anschließt, steht dem nicht entgegen. Auch im Augenbuch ist das k.t an manchen Stellen semantisch zu einem reinen Marker umgewandelt, der nur den Umstand markiert, dass ein neuer Textabschnitt beginnt: so direkt am Beginn des Augenbuches, wo es vor der Einleitungsformel ḥꜣ.t-ꜥ-m steht, oder in manchen Rezepten, wo es einem maskulinen sdm(.w): „Schminkmittel“ vorgeschaltet ist, auf das es sich, satzsyntaktisch gesehen, eigentlich gar nicht beziehen kann.
2 rmṯ: „Menschen“: Theoretisch wäre auch möglich, es als Verschreibung für rr: „Schwein“ zu lesen, das im Hieratischen ähnlich geschrieben ist. Aber Westendorf 1999, 625, 112 erwähnt dezidiert, dass auch die koptische Medizin Bisswunden durch Menschen kennt und eine Korrektur der Lesung daher nicht nötig sei.
3 ẖꜥꜥ ist in den Belegen verschieden klassifiziert: Als Flüssigkeit, mit dem relativ unspezifischen Rohstoffklassifikator Gardiner Sign-list N33, oder, etwa in Eb 578, gänzlich ohne Klassifikator. Die älteren Übersetzungen lassen sich wohl weitgehend vom ersten Beleg auf pEbers, in Eb 432, leiten, wo ẖꜥꜥ.w eines ꜥnḏ.w-Topfes erwähnt werden. So zu vermuten für L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 59: „pulvis?“ (d.h. Staub, Pulver o.ä.). Ähnlich auch Ebers 1889, 330. Dieser übersetzt Eb 432: „Man zerstosse Stücke eines ꜥandu gefässes“, hat also vielleicht *ẖꜥ(.w) ꜥ.w n.w ꜥnḏ.w gelesen. Darauf basiert dann die Übersetzung von Joachim 1890, 101: „Stücke eines āndu-Gefässes“; Wb 3, 364.7: „Stücke (o.ä.)“, mit den zugehörigen Belegzetteln, speziell DZA 28.194.810: „Stücke eines Gefässes“; Ebbell 1937, 76: „shell of ꜥnḏw-vessel“; G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 167: „Morceaux d’un (vase-)ândjou“. Die vier Letztgenannten haben allerdings Ebers’ andere Wortteilung nicht beachtet, wie sich daran zeigt, dass sie kein Äquivalent für Ebers’ „Man zerstosse“ bieten. Daher ist diese Übersetzung nicht haltbar (letzten Endes auch schon von den Wörterbuchmitarbeitern vermutet, denn das Wort „Stücke“ ist auf dem Eingangszettel DZA 28.194.760 durchgestrichen). Auch die Übersetzung von Ebers selbst ist nicht haltbar, da es kein Wort ẖꜥ: „zerstoßen“ gibt. Ob er es mit ẖꜣ verwechselt hat, das im Ebers mehrfach vorkommt? H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 411 lehnen die Übersetzung als „Stücke“ dezidiert ab und erwähnt stattdessen einen Vorschlag von Barns (J. W. B. Barns, Five Ramesseum Papyri (Oxford 1956), 18, Nr. 23), der in ẖꜥꜥ.w einen allgemeinen Mengenbegriff vermutet. Genauer denkt Barns bezüglich der Schreibung mit Gefäßklassifikator an „pot(ful)“ (ob beeinflusst von dem einmal belegten ẖꜥ.w-Gefäß von Wb 3, 364.8, das R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 2. Auflage (Mainz am Rhein 1997), 632 für eine mögliche Verschreibung für das ẖpꜥ.w-Gefäß von ebd. 633 = R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 683, Nr. {24858} hält?), für die Schreibung mit Rohstoffklassifikator an „portions“ und für diejenige mit Wasserlinien an „quantities“. Ähnlich allgemein und vorsichtig ist Faulkners Angabe „measure (?); allowance (?)“ in R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 201. Dessen Vorschläge gehen auf Belege in den Sargtexten zurück: In Spruch 39, A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts I. Texts of Spells 1-75, Oriental Institute Publications 34 (Chicago 1935), 168b, lautet der entsprechende Satz in der Version B12Cb: n swrj.t N pn ḥzꜣ=j r ẖꜥꜥ=f, in der Version B12Cc: n swrj.t=j ḥzꜣ N pn r ẖꜥꜥ=f. Etwas unklar, vielleicht zu frei, ist die Übersetzung bei R. O. Faulkner, The Ancient Egyptian Coffin Texts. Volume I Spells 1–354 (Warminster 1973), 32: „(before I had eaten the bread of my nurse,) before I had drunk my due measure of milk“. Es geht generell darum, dass etwas passiert ist, als der Sprecher noch sehr jung war. Die erste Version würde eigentlich lauten: „bevor dieser N meinen Brei getrunken hat entsprechend/bezüglich seinem/s (d.h. dem/s N? oder dem/s Brei(s)?) ẖꜥꜥ.w”. Die zweite Version würde bedeuten: „bevor ich den Brei dieses N getrunken habe entsprechend/bezüglich seinem/s ẖꜥꜥ.w“. Die Varianz in den Aktanten bei sonst gleichbleibenden Satzgliedern macht es wahrscheinlich, dass sich das Possessivpronomen von ẖꜥꜥ.w auf den „Brei“ bezieht; denn würde es sich auf eine der beiden Personen beziehen, wäre wenigstens in einer der beiden Varianten eine Anpassung des Pronomens zu erwarten (*„mein ẖꜥꜥ.w“). Die Verbindung ḥzꜣ r ẖꜥꜥ=f erscheint auch in Spruch 476 (A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts V. Texts of Spells 355-471, Oriental Institute Publications 73 (Chicago 1954), 370a) und evtl. Spruch 468 (ebd., 384i) (tlw. zerstört). Faulkner scheint in diesem „Brei“ eine Bezeichnung für „Milch“ zu vermuten, und in ẖꜥꜥ.w „Anteil“ o.ä. Eine noch etwas andere Deutung findet sich bei R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 2. Auflage (Mainz am Rhein 1997), 632 = R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 682: „*Bodensatz, Restlauge; *Neige“ (gefolgt von Westendorf 1999, 503 und 625) und R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 418: „dregs“. Diese Übersetzung könnte vielleicht auf Wreszinskis Übersetzung des pHearst basieren, der etwas apodiktisch schreibt (W. Wreszinski, Der Londoner medizinische Papyrus (Brit. Museum Nr. 10059) und der Papyrus Hearst. In Transkription, Übersetzung und Kommentar, Die Medizin der alten Ägypter 2 (Leipzig 1912), 75): „ẖꜥꜥ.w bezeichnet im allgemeinen ‚Abfälle‘“ (NB: spezifisch in H 21, der Parallele von Eb 432, übersetzt Wreszinski dagegen, vielleicht inspiriert von Stern, „Krümel“); dass das von Hannig vorgeschlagene Bedeutungsspektrum konkret in Richtung ‚Reste von Flüssigkeiten‘ geht liegt an den Kotexten: ẖꜥꜥ.w kommt u.a. als Bestandteil von flüssigen oder zähflüssigen Stoffen vor. Insgesamt betrachtet sind jedoch alle Vorschläge spekulativ.
Die Varianten von Eb 432 = H 21 auf pLouvre E 32847 bieten wenig zusätzliche Informationen: In der Recto-Variante (T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 78) ist das Wort zerstört. In der Verso-Variante (Bardinet, ebd., 253) ist das Wort mit N33 klassifiziert. Ungewöhnlich ist dort die Schreibung der Phoneme: Mit ẖ, dem Napf Gardiner W10 und dem ꜥ-Arm. Bardinet schlägt vor, dass der Napf hier die Lesung ẖꜥꜥ.w habe, „comme déterminatif phonétique“. Als phonetisches Determinativ wäre er jedoch eher am Wortende zu erwarten. Vielmehr verhält sich der Napf hier wie ein nach vorn und hinten komplementiertes Mehrkonsonantenzeichen; oder eher wird er hier vielleicht schon den Lautwert ꜥ haben, den er spätestens im ptolemäischen Schriftsystem haben kann, s. D. Kurth, Einführung ins Ptolemäische. Eine Grammatik mit Zeichenliste und Übungsstücken I (Hützel 2007), 425.
4 Korrektur nach H 21. Die Varianten in pLouvre E 32847 scheint uneinheitlich zu sein: Die Recto-Variante hatte diesen Zusatz definitiv nicht. Dort ist zwar der Anfang des Rezeptes verloren, aber Rto. 8,1 setzt mit dem Wortende des ꜥnḏ.w-Gefäßes ein, auf das direkt der Porree folgt, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 78. In der Verso-Variante ist zwar die fragliche Passage ebenfalls zerstört, aber Bardinet, ebd., 253 ergänzt hier nach der Version von H 21, woraus man schließen könnte, dass die Lücke lang genug dafür war.
Eb 433 = H 22, pLouvre E 32847, Rto. x+8,1–2 und Vso. 25,8
Ein anderes, zweites Heilmittel:
Weihrauch: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Galle einer Ziege: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die verletzte Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 434 = H 23, pLouvre E 32847, Rto. x+8,2 und Vso. 25,8
Ein anderes, drittes Heilmittel:
nṯr-Pflanzen1: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), ḥḏ.w-Harz: 1 (Dosis).
Werde gekocht; werde zu einer Salbe verarbeitet. (Die verletzte Stelle) werde darüber verbunden.
1 „nṯr-Pflanze“: Nur hier belegt. Die Parallele H 23 schreibt stattdessen qst.t, eine ebenso unbekannte Pflanze. Ebbell 1937, 133 denkt bei Letzterer an „costus?“, d.h. das κόστος von Dioskurides I 15. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 522 betonen noch einmal die Unsicherheit, die sich schon in Ebbells Fragezeichen zeigt. Bei R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 142–143 findet sich kein Deutungsvorschlag. Die Recto-Variante in pLouvre E 32847 lässt diese Position komplett aus und scheint direkt mit dem Weihrauch anzufangen, in der Verso-Variante steht wie in Eb 434 die nṯr-Droge, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 78 und 253.
Eb 435 = pLouvre E 32847, Vso. 25,6–7
Ein anderes (Heilmittel):
Anschließend verbindest du ihn am ersten Tag mit/über frischem Fleisch.1
[64,10] Danach behandelst du ihn mit Öl/Fett und Honig, so dass ihm angenehm ist. Danach gibst du folglich das Öl/Fett ((in)) Wachs (scil.: und gibst es auf die Wunde), so dass ihm sofort angenehm ist.
1 Das Rezept gehört in eine Gruppe gegen Menschenbisse. Das „ihn“ bezieht sich auf den Biss, ägyptisch pzḥ.
In der Parallele pLouvre E 32847 beginnt die kleine Gruppe von Rezepten gegen Menschenbisse, die mehrere Parallelrezepte zum pEbers enthält, mit diesem Rezept, das überschrieben ist mit pẖr.t jrr.wt r pzḥ r(m)ṯ: „Heilmittel, was zu tun ist bezüglich eines Menschenbisses“, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 252.
2 ḥr: „in“ ist in Rot nachgetragen. Das spricht dafür, dass hier die Konstruktion rḏi̯ A ḥr B: „Droge A werde in Droge B gegeben“ vorliegt. Der Umstand, dass diese Präposition nachgetragen, also vom Schreiber vermisst wurde, zeigt, dass sie wohl keine koordinierende Funktion hatte (so etwa Westendorf 1999, 625: „Danach sollst du Öl/Fett und Wachs geben“). Denn eine Koordination zweier Substantive kann im Ägyptischen auch durch bloße Nebeneinanderstellung ausgedrückt werden, benötigt also nicht zwangsläufig eine Präposition. Hätte der Schreiber eine Koordinierung ausdrücken wollen, hätte demzufolge im Prinzip keine Notwendigkeit bestanden, etwas nachzutragen.
Eb 436, vgl. H 239
Was zu tun ist bezüglich eines Krokodilbisses:1
Wenn du einen Krokodilbiss untersuchst, (und) findest du ihn vor, indem sein Fleisch aufgeworfen (?) ist und seine Seiten (d.h. Ränder?) geteilt sind, verbindest du ihn folglich am ersten Tag mit frischem Fleisch, so wie (es auch getan wird bei) jeder (anderen) Wunde eines Mannes.
1 dp(.j)-rʾ: Die Verbindung dp.j-rʾ bedeutet eigentlich „Das am/im Mund Befindliche“ und dient als übertragene Bezeichnung für „Ausspruch“ o.ä. Als Bezeichnung einer Krankheit oder Verletzung kommt diese Verbindung nur in Eb 436 vor. Die Behandlung entspricht derjenigen anderer Bisswunden, weswegen davon auszugehen ist, dass hiermit ein Krokodilbiss gemeint ist, bzw. genauer gesagt: eine von einem Krokodil verursachte Bisswunde, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 947. Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob man dp(.j) rʾ n mzḥ in diesem Kontext nicht als Reverse Nisbe auffassen sollte, d.h. nicht als „das, was am/im Maul des Krokodils ist“, sondern als „das, an dem das Maul des Krokodils ist/war“.
Eb 437–450: Heilmittel gegen ein ḫns.yt-Leiden am Kopf
Eb 437 = H 24
Anfang der Heilmittel zum Beseitigen des ḫns.yt-Leidens1 am Kopf:
Rizinussamen: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis), [64,15] Olivenöl: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit jeden Tag eingerieben.
1 ḫns.yt-Phänomen: Ein offenbar nicht selten vorkommendes Krankheitsphänomen am Kopf (m dp nach Eb 437), denn es gibt im pEbers 14 Rezepte dagegen. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 36–37 schließt aufgrund der Position der Rezeptgruppe vor den Mitteln zum Haarefärben sowie aus der Tatsache, dass die Krankheit im pHearst mit den Haaren geschrieben ist, auf eine Krankheit am behaarten Teil des Kopfes. Eine Identifizierung mit Haarausfall oder Ergrauen schließt er aus, weil dies später im pEbers besprochen ist, und Schuppen vermutet er hinter der Bezeichnung tpꜣ.w, weswegen er das hier ebenfalls ausschließt. In mehreren der Rezepte ist von einem Pulver die Rede, weswegen Ebbell von einem nässenden Ausschlag ausgeht (dem schließt sich Westendorf 1999, 142 an), vielleicht das ἄχωρ der griechischen Texte, speziell Alexander Med. (Trallianus), Therapeutica, Kapitel 8, auf das Ebbell verweist. Als weitere Hinweise in dieser Richtung wertet Ebbell, dass fünf der genannten Mittel laut Dioskurides gegen Nässen wirken und vier davon ausdrücklich gegen Achor eingesetzt würden (De Materia Medica 32, 68, sowie im [pseudepigraphen?] De simplicibus medicamentis I, 99). R. D. Hoblyn, A Dictionary of Terms Used in Medicine and the Collateral Sciences (Philadelphia 1845), 18 definiert Achor folgendermaßen: „A small acuminated pustule, which contains a strawcoloured matter, and is succeeded by a thin brown or yellowish scab.“, laut der 39.–42. Ausgabe des Pschyrembel (Klinisches Wörterbuch, 39.–42. Auflage (1940)) Achorion Schönleinii (heute Trichophyton Schoenleini, Verursacher von Favus, vgl. Pschyrembel. Klinisches Wörterbuch, 264. Auflage (2013), 657, s.v. „Favus“). Bardinet 1995, 315 denkt dagegen eher an eine „substance“, „qui est dans la tête“.
Eb 438
Ein anderes (Heilmittel):
sꜣr-Pflanzen: ∅.
Werde in Honig zermalmt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 439
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 440
Ein anderes (Heilmittel):
„Spitzer-Stein“-Droge: 1 (Dosis), Dattelsaft: 1 (Dosis), špnn-Pflanzenteil: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), šnf.t-Früchte: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit eingerieben.
Eb 441
Ein anderes (Heilmittel):
Honig: 1 (Dosis), Dattelsaft: 1 (Dosis), šnf.t-Früchte: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt1.
1 gs: Die anderen Salbmittel gegen das ḫnsy.t-Phänomen sollen immer wrḥ-eingerieben werden. Eb 441 ist das einzige, das gs verwendet.
Eb 442 = Eb 450
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. [64,20] (Die betroffene Stelle) werde damit eingerieben.
Eb 443
Ein anderes (Heilmittel):
Nilpferdhaut, gänzlich ausgeglüht: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), špnn-Pflanzenteile: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit eingerieben.
Eb 444
Ein anderes (Heilmittel):
ꜣbw-Droge1: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Fayence: 1 (Dosis), Ei vom Strauß: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde [65,1] damit bestreut (?).
1 ꜣbw-Droge: Ein Hapax legomenon. Ebbell 1937, 77 schlägt „ivory“ vor, das aber sonst in vorptolemäischer Zeit immer mit dem Knochen klassifiziert ist. Vielleicht aus dem Grund wurde sein Vorschlag in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 4 genannt, aber nicht als Übersetzung angeboten. Trotzdem wurde Ebbells Vorschlag von Bardinet 1995 übernommen, wenn auch mit Fragezeichen (Bardinet 1995, 315: „ivoire (?)“), während Westendorf 1999, 626 keine Übersetzung gibt.
2 tmt: „bestreuen (?)“: Das Verb kommt nur im pEbers vor. Stern, in: Ebers 1875, 48 gibt als Vorschlag: „conjungere, aducctere“ [sic, gemeint ist sicher adductere]. Als koptische Derivate vermutet er ⲧⲉⲙ, ⲧⲟⲙⲓ. H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VII (Leipzig 1882), 1327 ließ sich möglicherweise von Sterns Vorschlag leiten, als er das Wort zu dmꜣ: „zusammenbinden“ stellte. Seiner grammatischen Form nach liegt aber bei tmt.w kein tw-Passiv vor, sondern ein w- oder endungsloses Passiv. Das zweite t gehört also ebenfalls zum Stamm. Die Verbindung mit dem genannten koptischen Wort ist daher zu streichen; das koptische ⲧⲱⲱⲙⲉ, zu dem auch die beiden von Stern genannten Varianten gehören, bedeutet nach W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 232 u.a. „verbinden, berühren“. Die Bearbeiter des Wb, die das ägyptische Lemma richtig tmt lasen, waren sich der Bedeutung nicht sicher, wie die verschiedenen Vorschläge auf den Belegzetteln anzeigen: „einreiben“ (z.B. DZA 31.101.190), „eine Wunde trocken machen“ (DZA 31.101.240), „legen“ (DZA 31.101.250), „mischen (?)“ (DZA 31.101.270). Letzten Endes entschied man sich im Wb 5, 309.2–3 für: „eine Wunde bestreuen mit einem Pulver, etw. streuen auf“. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 954–955 übersetzen schließlich mit „pudern“, was eine trockene und sehr feine Konsistenz des semantischen Instruments, eben ein „Puder“, voraussetzt. Die aussagekräftigste Stelle für die Eigenschaften des semantischen Instruments ist Eb 766d, wo tmt.w als Anwendungsart von Mitteln zum „Trocknen einer Wunde“ (⟨s⟩šwi̯ wbn.w) genannt wird. Es dürfte sich also mindestens um ein hygroskopisches Mittel handeln. Aufgrund des Rezeptes Eb 622, wo Natron auf eine Zehe tmt.w-getan werden soll, lässt sich vielleicht die Konnotation „streuen“ festmachen. Allerdings ist die Korngröße des genannten Natrons unbekannt; es dürfte sehr grobkörnig sein und daher kaum dem Bedeutungsspektrum „Pulver“ und noch weniger dem von „Puder“ entsprechen. Die Angabe nḏ snꜥꜥ, wörtl.: „werde fein zerrieben“, die in Eb 446 genannt ist, wo das daraus entstehende Mittel ebenfalls tmt.w-getan werden soll, ist dagegen wenig aussagekräftig – im Gegenteil wird diese Phrase mitunter auch bei Rezepten mit flüssigen Bestandteilen genannt, und gelegentlich wird dezidiert eine weitere Flüssigkeit genannt, in der etwas „zerrieben“ werden soll. Die Phrase nḏ snꜥꜥ ist daher zu unspezifisch und kann sowohl „werde fein zermahlen“ (fester Zustand) und „werde gut verrührt“ o.ä. (flüssiger Zustand) bedeuten. Für tmt ergibt sich daher keine Klarheit über den Endzustand der so verarbeiteten Drogen und für das Verb keine nähere und sicherere Eingrenzung als „streuen; bestreuen“ (?).
Die Bedeutungsfindung geht sicher einher mit der zum Verb tmtm, das vielleicht mit tmt zusammenhängt (vgl. explizit H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 956, Anm. 1, und mit dem Nomen tmt.w, dessen Zusammenhang mit tmt schon H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VII (Leipzig 1882) vermutet hat.
Weder die Art des Verhältnisses zwischen tmt und tmtm, noch die Bedeutung des Letzteren, ist allerdings klar. Eine einfache Ableitung des Letzteren vom Ersteren in Form einer Reduplikation kommt zunächst nicht infrage, weil das Muster ABA.B nicht belegt ist. Allenfalls könnte man erwägen, dass beide Lemmata von einem Simplex *tm unbekannter Bedeutung abgeleitet wären, wobei tmtm nach dem Muster AB.AB total redupliziert wäre und tmt nach dem Muster AB.A teilredupliziert. Vgl. dazu E. Edel, Altägyptische Grammatik, Analecta Orientalia 34 und 39, 2 Bände (Rom 1955 und 1964), §§ 429–439. Die Bedeutung von tmtm ist im Wb 5, 309.7–8 mit „zerquetschen o.ä.“ festgemacht. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 956 gibt dagegen ohne weitere Begründung „pulverisieren“ an, und Westendorf 1999, 672 geht noch einen Schritt weiter, wenn er es mit ‚zu Puder machen‘ übersetzt. Keine dieser Bedeutungen lässt sich an den wenigen Belegen verifizieren; im Gegenteil gehören zu den so verarbeiteten Drogen auch Öle/Fette bzw. Honig, die sich nur schwerlich mit einem pulverigen oder sogar puderigen Endprodukt in Übereinstimmung bringen lassen. Allenfalls die zweite in H. von Deines – W. Westendorf angegebene Bedeutung „bestreuen mit“ ließe sich halten. Doch auch sie ist nur geraten, denn die beiden Belege könnten ebenso gut zu der Wb-Bedeutung „zerquetschen“ passen, könnten aber theoretisch auch „einlegen in“ o.a. bedeuten.
Das Nomen tmt.w übersetzte Stern, ebd. mit „Globulus“. In den Belegzetteln des Wb ist es verschiedentlich mit „Salbe“, „Masse (?)“, oder „Kugeln“ übersetzt und als „Mittel zum Trocknen“ (DZA 31.101.280) wiedergegeben und in Wb 5, 309.4–5 dann mit „Pulver, Puder“ übersetzt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 955–956 reduziert diese beiden Angaben auf das feine „Puder“. Breasted 1930, 220–221 denkt zwar bei tmt.w ebenfalls an ein Mittel zum Trocknen von Wunden, übersetzt aber, anders als die deutschsprachige Tradition, mit „poultice“. Die alte Bedeutung als Globulus im Sinne eines Einnahmemittels lehnt er ab, hält maximal im Fall von Eb 862c „suppositories“ für denkbar. Warum er allerdings konkret an „poultice“ denkt, schreibt er nicht. Tatsächlich wird jedenfalls tmt.w dazu benutzt, Wunden zu trocknen (Eb 766c), aber gelegentlich gehören Fette resp. Öle zu seinen Bestandteilen bzw. entsteht es durch „kochen“ (psi̯) der Einzeldrogen, so dass es nicht ausschließlich ein trockenes Pulver sein kann.
Eb 445
Ein anderes (Heilmittel):
„Spitzer-Stein“-Droge: 1 (Dosis), špnn-Pflanzenteile: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), shr.t-Harz/-Halbedelstein: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde damit bestreut (?).
Eb 446
Ein anderes (Heilmittel):
Kreuzkümmel: 1 (Dosis), „Erdhaar“-Früchte: 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge: 1 (Dosis), šfšf.t-Pflanzen: 1 (Dosis).
Werde fein zu einer homogenen Masse zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde damit bestreut (?).
Eb 447
Ein anderes (Heilmittel):
Nilpferdfett: 1 (Dosis), Mehl von jbsꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), gsfn-Droge: 1 (Dosis), „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde damit eingerieben.
Eb 448
Ein anderes (Heilmittel):
prš-Droge: 1 (Dosis), Fayence: 1 (Dosis), [65,5] jbsꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde damit bestreut (?). Wenn sie (?) staubt, applizierst (wörtl.: gibst) du folglich Öl/Fett.
Eb 449
Ein anderes (Heilmittel):
Straußenfett: ∅, Galle eines ꜣbḏ.w-Fisches: ∅, kmw-Korn (?): ∅, „Großer-Schutz“-Droge: ∅, sfṯ-Öl: ∅, Weihrauch: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Der Kopf werde damit über 4 Tage hinweg eingerieben.
Eb 450 = Eb 442
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: 1 (Dosis), Frisches Johannisbrot: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit eingerieben.
Eb 451–463: Heilmittel gegen Ergrauen der Haare
Eb 451 = Eb 459
Anfang der Heilmittel zum Beseitigen von Ergrauen und Behandeln der Haare:
Blut eines schwarzen Kalbs: ∅.
Werde mit Öl/Fett gekocht. (Der Kopf) werde damit eingerieben.
Eb 452
Ein anderes (Heilmittel):
Panzer einer Schildkröte: ∅, [65,10] Wirbelsäule (?) eines Raben/einer Krähe1: ∅.
Werde mit Öl/Fett gekocht. (Der Kopf) werde damit sehr oft eingerieben.
1 gꜣbg.w: „Rabe/Krähe (?)“: Die Tierbezeichnung ist nur im Ebers und Hearst belegt. Es ist mit dem Vogel klassifiziert und sowohl Eier, Wirbel als auch Knochen finden Verwendung. Demzufolge handelt es sich wirklich um einen Vogel und nicht etwa um ein Insekt, die teilweise ebenfalls mit einem Vogel klassifiziert werden können (vgl. etwa die Schreibungen von ꜥff: „Fliege“). In den Sargtexten gibt es einen gbg bzw. gbgꜣ geschriebenen Vogel, der als „schwarzer Vogel“ (ꜣpd km) bezeichnet wird. Dieses Tier ist i.d.R. mit einer Gans, also dem prototypischen Vogelklassifikator, klassifiziert, in CT VI, 318a (Spr. 688) jedoch mit einem schwarzen Vogel mit geradem Schnabel bzw. in A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts III. Texts of Spells 164-267, Oriental Institute Publications 64 (Chicago 1947), 144d (Spr. 205) mit einem schwarzen Geier. S. Schott, Schreiber und Schreibgerät im Jenseits, in: Journal of Egyptian Archaeology 54, 1968, 45–50, hier: 48 vermutet darin eine Krähe und in der ägyptischen Bezeichnung ein Onomatopoetikum. Vgl. auch die Diskussion bei A. Grimm, Aelians Krähe des Königs Mares, in: R. Schulz – M. Görg (Hrsg.), Lingua Restituta Orientalis. Festgabe für Julius Aßfalg, Ägypten und Altes Testament 20 (Wiesbaden 1990), 135–154, hier: 141–142 mit Abb. 10–12 zu den Schreibungen der Sargtexte. P. Vernus – J. Yoyotte, Bestiaire des pharaons (Paris 2005), 63, 80 und 365 vermutet in dem Vogel einen Vertreter der Gattung Corvus, „corbeaux et corneilles“, bzw. genauer Corvus corax, Corvus ruficollis oder Corvus rhipidurus. R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 685 gibt dagegen kommentarlos, aber wohl basierend auf der Klassifizierung in A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts II. Texts of Spells 76-163, Oriental Institute Publications 49 (Chicago 1938), 144d, „vulture“ als Übersetzung. Eine mögliche Gleichsetzung des gbgꜣ-Vogels der Sargtexte mit dem gꜣbg.w-Vogel der medizinischen Texte ist schon bei der Erstellung des Berliner Wörterbuches besprochen worden, vgl. Wb 5, 155.1 und 165.2 sowie die Bemerkung auf DZA 30.631.260. Ebbell 1937, 78 übersetzt gꜣbg.w kommentarlos mit „raven“; es liegt nahe, dass dieser Vorschlag ebenfalls in der Gleichsetzung mit dem Vogel der Sargtexte begründet liegt. Diese Identifikation wird auch von R. Grieshammer, Das Jenseitsgericht in den Sargtexten, Ägyptologische Abhandlungen 20 (Wiesbaden 1970), 35–36 vertreten, der zwar S. 36, Anm. 186 Ebbels Übersetzung mit „Rabe“ bespricht und für denkbar erachtet, sich im Haupttext aber nicht festlegt.
Eb 453
Ein anderes (Heilmittel) zum Vorbeugen von Ergrauen:
Plazenta einer Katze: ∅, Ei eines Raben/einer Krähe (?): ∅, Öl/Fett: ∅, jbr-Öl: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht. Werde an den Kopf des Mannes gegeben, nachdem er rasiert wurde.
Eb 454
Ein anderes (Heilmittel):
Blut vom Horn eines schwarzen Rindes:1 ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben). (Der Kopf) werde damit eingerieben.
1 Westendorf 1999, 627, Anm. 116 vermutet, dass eine Haplographie für „Blut des Horns (und) Horn eines schwarzen Rindes“ vorliegen könnte, weil die folgende Verarbeitungsanweisung „ausglühen/kalzinieren“ eine feste Substanz erfordert.
Eb 455
Ein anderes (Heilmittel):
Innerei (?) vieler Fiederbartwelse:1 ∅.
Werde in einen Hin-Topf gegeben. Werde an den Kopf des Mannes gegeben, der nicht ergrauen soll.
1 ꜥšꜣ wird in der Regel als Attribut zu wḥꜥ.w verstanden: „viele Fiederbartwelse“, so etwa von Ebbell 1937, 78, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 297, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 52, Westendorf 1999, 628. In H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 153, Anm. 3 wird als zusätzliche Alternative erwogen, ꜥšꜣ auf ꜣjs, das Gehirn, zu beziehen: „viel Gehirn von wḥꜥ-Fischen“. Bardinet 1995, 317 scheint das Adjektiv übersehen oder stillschweigend getilgt zu haben. Die Angabe ist in der Tat ungewöhnlich: Man erwartet eine konkrete Mengenangabe oder umgekehrt eine unbestimmte Angabe ꜣjs n wḥꜥ.w: „Gehirn vom Fiederbartwels“. Auch der Numerus ist nicht so eindeutig, wie er zunächst erscheint: Die Pluralstriche, mit denen sowohl wḥꜥ.w als auch ꜥšꜣ geschrieben sind, deuten nicht zwangsläufig auf einen grammatischen Plural hin. Denn Drogennamen sind in den medizinischen Texten, auch dann, wenn sie singularisch verwendet werden, fast regelmäßig mit Pluralstrichen geschrieben; und bei ꜥšꜣ sind die Pluralstriche normalerweise reiner Klassifikator. Es wäre daher noch als dritte Alternative neben der Communis Opinio und der in H. von Deines – W. Westendorf gegebenen zu erwägen, dass ꜥšꜣ an dieser Stelle nicht die Bedeutung „viel, zahlreich“, sondern „gewöhnlich, einfach“ o.ä. (Wb 1, 228.21) hat: „Gehirn eines einfachen Fiederbartwelses“. Dies ist bereits auf DZA 21.995.240 als Option erwogen worden. Mit dieser Bedeutung ist ꜥšꜣ mehrfach als Attribut von Tieren belegt, vgl. die Reiterkarte DZA 21.995.210 mit den darunter abgelegten Belegzetteln (u.a. auch die vorliegende Stelle). Zugegebenermaßen tritt das Adjektiv fast ausschließlich in der 20. Dynastie in Vogelbezeichnungen (ꜣpd ꜥšꜣ) auf. Dass ꜥšꜣ in diesen Fällen keinesfalls die Bedeutung „viel“ haben kann, zeigt sich daran, dass diese Bezeichnungen oft mit konkreten Zahlen verbunden sind und damit in ihrer Anzahl determiniert sind, und sogar mit so geringen Zahlwerten wie „2“ (DZA 21.995.440) und „1“ (DZA 21.995.500) auftreten. Einige wenige Male wird das Adjektiv auch mit Rinderbezeichnungen verbunden. Eine Verbindung mit einem Fisch wäre dagegen bislang einmalig. Worin sich zudem ein „einfacher Fiederbartwels“ von anderen, nicht weiter spezifizierten Fiederbartwelsen (H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 138) unterscheiden sollte, wäre ebenfalls noch zu klären. Im Fall der Bezeichnung ꜣpd ꜥšꜣ denkt R. A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954), 130 aufgrund der jeweiligen Kontexte jedenfalls an „rather small fowl which would appear to have been thought particularly suitable for temple offerings“.
Eb 456
Ein anderes (Heilmittel):
[65,15] Kaulquappen1 vom Graben: ∅.
Werde getrocknet. Werde zermahlen. Werde mit jbr-Öl vermengt. (Der Kopf) werde damit eingerieben, nachdem er rasiert wurde.
1 ḥfrn: „Kaulquappen“. Nur zwei Mal im pEbers belegt; einmal mit einer Schlange und einmal mit einem Fisch klassifiziert. DZA 26.722.830 verweist auf ḥfn („Kaulquappe“) und ḥfnr. Letzteres wird ebenfalls als Variante von ḥfn betrachtet und mit koptisch ϩⲁϥⲗⲉⲉⲗⲉ, ⲁϥⲗⲉⲗⲓ verglichen (DZA 26.722.790), das aber „Eidechse“ heißt (s. ebd. und W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 319, der ebenfalls das ältere ḥfn: „Kaulquappe“ nennt).
Eb 457
Ein anderes (Heilmittel):
Blut von der Wirbelsäule (?) eines Raben/einer Krähe: ∅.
Werde in echtes jbr-Öl gegeben. (Der Kopf) werde damit eingerieben.
Anschließend streckt er (d.h. der Patient) seinen Arm auf den Rücken eines lebenden Milans aus; an eine lebende Schwalbe gibt er (dagegen) seinen Kopf.
Eb 458
Ein anderes (Heilmittel):
Horn einer Gazelle: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht (und) in einem Kessel in Öl/Fett (gegeben). Werde mit (diesem) Öl/Fett vermengt. Der Kopf eines Mannes oder einer Frau werde damit eingerieben.
Eb 459 = Eb 451
Ein anderes (Heilmittel) zum ordnungsgemäßen Beseitigen von Ergrauen [65,20] und Behandeln der Haare:
Blut eines schwarzen Rindes: ∅.
Werde in Öl/Fett gegeben. (Der Kopf) werde damit eingerieben.
Eb 460
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Ergrauen:
Huf eines Esels, gänzlich ausgeglüht: ∅, Vulva einer Hündin: ∅, šzp.t-Teil vom Senf (?): ∅, Gummiharz: ∅, Streifen (?) (Rezept bricht ab). ---1
1 Das Rezept Eb 460 bricht unvermittelt mitten in der Zeile ab, und Eb 461 setzt bei Kolumne 66,1 unvermittelt mitten im Wort ein. Es ist daher schon früher vermutet worden (etwa von H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 41), dass die usprünglich folgende Kolumne herausgeschnitten worden und der Papyrus neu zusammengeklebt worden sein muss. Das ist bereits vor der Paginierung geschehen, denn die Kolumnenzählung wird nicht unterbrochen. Tatsächlich befindet sich zwischen den (jetzigen) Kolumnen 65 und 66 eine relativ gerade Schnittkante. Da sich die vorhergehende Klebung im Interkolumnium zwischen Kolumne 64 und 65 befindet, also nur eine Kolumne weiter vorn, und es unwahrscheinlich ist, dass nur eine Kolumne weiter schon die nächste Klebung notwendig war, kann man diese Schnittkante zwischen Kolumne 65 und 66 als weiteren Indikator für diese Hypothese werten.
Dass Zeile 22 nur zur Hälfte beschrieben wurde, ist auffällig. Man könnte die Hypothese wagen, dass der Text von Zeile 22 ursprünglich am Beginn der heute herausgeschnittenen Kolumne gestanden hat, und dass derjenige, der die Rolle wieder zusammengeklebt hat, das Ende des Rezeptes unter Zeile 21 nachgetragen hat – entweder, soweit er sich erinnerte, oder das Rezept endete tatsächlich ohne Verarbeitungs- und Applikationsanweisung (vgl. zu Belegen Grapow 1955, 66, wo auch Eb 460 angeführt ist).
Eb 461
[Ein anderes (Heilmittel): ---]
[66,1] [---]-Droge: ∅, Öl/Fett: ∅ (oder: [---]-Droge vom Öl/Fett: ∅), schwarzer ḥfꜣ.t-Eingeweidewurm1: ∅, der wꜥwy.t-Wurm2, der im Kot gefunden wird: ∅.
Werde mit Öl/Fett gekocht. (Der Kopf) werde damit sehr oft eingerieben.
1 mrḥ.t ḥf(ꜣ).t: Sowohl H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), Bardinet 1995 wie auch Westendorf 1999 vermuten ein Genitiv-Verhältnis: „Öl/Fett eines schwarzen ḥfꜣ.t-Wurmes“, wobei H. Grapow – H. von Deines, 336 vorschlagen, darin einen in Öl/Fett verkochten Wurm zu sehen. Angesichts des fragmentarischen Zustandes des Rezeptes kann das aber nur ein Vorschlag sein. Es könnte ebenso gut sein, dass mrḥ.t hier das Nomen rectum einer zusammengesetzten Drogenbezeichnung im indirekten Genitiv ist, vgl. bspw. H. Grapow – H. von Deines, 256, unter B.
2 wꜥwy.t-Wurm: Nur hier belegt; immerhin kann man der Textstelle entnehmen, dass es sich um ein Tier handelt, dass im Kot zu finden ist, was die vagen Deutungsansätze „Wurm“ und „Made“ begründet. Eine grammatisch maskuline Entsprechung findet sich an drei Stellen in den Liebesliedern des pHarris 500 als Köder zum Vogelfangen, wobei zweimal der echte Wurm als Köder gemeint ist und einmal metaphorisch das Haar der Geliebten mit diesen Würmern gleichgesetzt sind, die als Köder den Verliebten anlocken, der sich selbst als Vogel bezeichnet. Als geköderte Vögel werden in einem Beleg Zugvögel aus Punt genannt, im zweiten Beleg die gb-Gans, und im dritten Beleg eine junge (?, krṯ) gb-Gans. Aus der Verwendung als Köder zum Vogel-, genauer: zum Gänsefangen kann man eventuell schließen, dass der wꜥw.y-Wurm unter Umständen auch etwas größer sein kann, denn immerhin muss er als Köder tauglich sein. Zwar gibt es Abbildungen des Schlagnetzes in der Grabdekoration, aber keine so detaillierte, dass der Köder zu erkennen oder sogar zu identifizieren wäre. Sofern der als Köder gebrauchte wꜥw.y-Wurm mit dem Wurm des pEbers in Verbindung gebracht werden kann, fragt sich, ob das .t eine Feminin-Endung ist oder, wie bei ḥfꜣ.t vermutet, ein Diminutivsuffix.
Der letzte im Wb angeführte Beleg (DZA 22.180.210 = Edfu I,1, 224), aus dem Tempel von Edfu, ist wohl zu streichen. Zwar ist das dort geschriebene Wort ww (?) weder mit Sicherheit zu lesen noch zu identifizieren, so dass kein Gegenvorschlag unterbreitet werden kann. Aber dem Formular nach ist die hinter dem klassifizierenden (?) Napf stehende Schlangenhieroglyphe weniger ein weiterer Klassifikator als vielmehr eine ptolemäische Schreibung des Suffixpronomens =k.
Eb 462
(Zum) Vorbeugen von Ergrauen an den Augenbrauen:
Honig mit Saft vom Johannisbrot: ∅, Fayence: ∅.
Nach dem Waschen1 über einen Zeitraum von drei Monaten, (und) nach dem Es-Verfestigen (?)2, indem es stehen gelassen wurde,3 mögest du (es) jeden Tag daran geben.
1 jꜥi̯: Die Grundbedeutung des Verbs ist „waschen“, die Konnotation im hiesigen Kontext ist unklar. Bardinet 1995, übersetzt es, wohl nur verursacht durch den hier gegebenen Kontext, mit „tremper“.
2 m-ḫt smn st sḏr: „nach dem Es-Verfestigen (?), indem es stehen gelassen wurde“: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I schlagen vor: „nachdem es stehengelassen ist, indem es die Nacht verbracht hat“ unter Verweis auf die häufige Verarbeitungsanweisung sḏr n jꜣd.t: „werde über Nacht dem Tau ausgesetzt“. So versteht es auch Westendorf 1999, 629, nur dass er smn nicht durativ („stehenlassen“), sondern ingressiv („ansetzen“) versteht. Beide Übersetzungen implizieren, dass das Medikament eine Zeit lang ruhen muss, wobei der Fokus auf das Ruhen (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I) bzw. auf das zuvor erfolgte Verarbeiten der Drogen (Westendorf 1999) gelegt wird. Eine Aussage über den Zweck dieser Zubereitungsphase treffen sie nicht. Anders Bardinet 1995, 318, der smn mit „aura été stabilisé (= homogénéisé)“ übersetzt. Der hier gegebene Vorschlag „verfestigen, festmachen“ beruht auf der Verwendung des Verbs in den medizinischen Texten im Zusammenhang mit der Stärkung oder Befestigung von mt.w-Gefäßen oder Zähnen. Welche genaue Konnotation das Verb wirklich hat, hängt wesentlich auch von derjenigen von jꜥi̯: „waschen“ ab und muss zunächst offenbleiben.
3 sḏr: Die Grundbedeutung des Verbs ist „eine Nacht zubringen“, doch davon abgeleitet auch „eine Zeit bei einem Tun zubringen“ bis hin zu einer rein auxiliaren Bedeutung „dabei sein etwas zu tun“. Viele Rezepte enthalten die Anweisung, ein Medikament „nachts im Tau stehen zu lassen“ (sḏr n jꜣd.t). Dementsprechend wird der Aspekt des nächtlichen Stehenlassens auch in allen Übersetzungen des Rezeptes Eb 462 genannt. Das führt hier aber zu der zeitlichen Diskrepanz, dass einerseits von einer Zubereitungsdauer von drei Monaten die Rede ist, wohingegen das sḏr sonst eigentlich eine Ruhephase über (scil.: eine) Nacht meint. Bardinet 1995 löst diese Diskrepanz auf, indem er sḏr in diesem Rezept nicht als adverbiale Modifikation von smn interpretiert, sondern als Beginn des Hauptsatzes. Ein derartig kurzer Hauptsatz – auch wenn ihm ein zweiter folgt – scheint jedoch ungewöhnlich. Aus diesem Grund wird hier von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999, gefolgt, die den Hauptsatz erst mit rḏi̯=k beginnen lassen.
Eb 463 vgl. H 148
Ein anderes gutes Heilmittel:
[66,5] Warmes sḏr-Getränk:1 ∅, Leber eines Esels, indem sie in einen ḥn.w-Topf2 gegeben ist,3 bis (sie) zu Kügelchen geworden ist: ∅.
Werde getrocknet. Werde in einen ḏꜣḏꜣ-Topf (und dieser) aufs Feuer gestellt.
(Sobald (???)) das, was darin ist, bereit ist auszuglühen, werde (es) in Öl getaucht. (Der Kopf) werde damit eingerieben.
1 srf n sḏr: Zur grammatischen Konstruktion vgl. vielleicht A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 94.1, W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 154.3.bb.1 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 441, Abschnitt VI: Substantiviertes Adjektiv als Nomen regens einer Genitiv-Konstruktion. Andernfalls ist srf ein eigenständiges Nomen, wie vielleicht in ptolemäischer Zeit in Edfu, wo eine derartig geschriebene Bier- oder Biergefäßbezeichnung erscheint, P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 885. Die Schreibung von srf mit Gefäßklassifikator spricht eigentlich eher für Letzteres, doch kann Ersteres nicht ganz ausgeschlossen werden.
2 ḥn.w: „Topf“: So die Auflösung der Abkürzung im H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 606. Im ähnlichen Rezept H 148 steht dagegen der ḏꜣḏꜣ-Topf, weswegen H. von Deines – W. Westendorf, 606, Anm. 1 es auch für möglich halten, die Abkürzung in Eb 463 eben ḏꜣḏꜣ zu lesen.
3 rḏi̯ sj: „indem sie gegeben ist“: Diese Art des untergeordneten Adjektivalsatzes dient als Alternative zum Stativ (vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 171 oder A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 374 Ende) und stellt daher eine adverbiale Erweiterung zur Drogenliste dar. Es kann daher nicht, wie bei Bardinet 1995, der Beginn der Verarbeitungsanweisung sein. Ob es sich indes nur auf die Eselleber bezieht, oder auf beide Drogen, ist unbekannt.
Eb 464–476: Heilmittel zum Festigen der Haare
Eb 464
Anfang der Heilmittel zum Befestigen (oder: zum Wachsen-Lassen)1 der Haare:
sꜣr-Pflanzen, zermalmt: 1 (Dosis), (gegeben?) in Öl/Fett: 1 (Dosis).
Werde in Wasser vom pꜣwꜥ-Gewässer (?) gegeben. (Der Kopf) werde damit eingerieben.
1 srwḏ: „befestigen“: Wie auch in anderen Texten bzw. im Fall des Basisverbs rwḏ: „fest sein“ könnte eine Verschreibung mit dem ähnlich geschriebenen srd vorliegen, das in den folgenden Rezepten genannt wird, vgl. auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 779, Anm. 2. Daher auch das Fragezeichen hinter dem Verb bei Westendorf 1999. Diese Vermutung bekommt weiteres Gewicht dadurch, dass Eb 464 das einzige Rezept dieser Gruppe ist, das für das „Befestigen“ des Haares, d.h. wohl als Vorbeugung von Haarausfall, gedacht ist, wohingegen sonst immer von srd.t: „wachsen lassen“ die Rede ist, d.h. dass dort Haarwuchsmittel gemeint sind.
Eb 465
Ein anderes (Heilmittel) zum Wachsen-Lassen der Haare eines Kahlen:
Fett eines grimmig blickenden Löwen1: 1 (Dosis), Nilpferdfett: [66,10] 1 (Dosis), Krokodilsfett: 1 (Dosis), Katzenfett: 1 (Dosis), Schlangenfett: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Der Kopf des Kahlköpfigen werde damit eingerieben.
1 „Fett eines grimmig blickenden Löwen“: Im Ägyptischen steht dieselbe Konstruktion wie bei den anderen Drogennamen dieses Rezeptes, nämlich der sogenannte direkte Genitiv. Dass in diesem Fall kein deutsches Kompositum gebildet wurde (analog zu „Nilpferdfett“ etc.), liegt einzig daran, dass sich die Verbindung „grimmig blickender Löwe“ nur schwer in den ersten Teil eines solchen Kompositums umwandeln lässt.
Eb 466, vgl. Eb 771
Ein anderes (Heilmittel) zum Wachsen-Lassen der Haare bei nssq-Haarausfall1:
„Haare“ eines Igels/Stachelschweins2: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben). Der Kopf werde damit über 4 Tage hinweg eingerieben.
1 nssq: Nach E. Edel, Altägyptische Grammatik, Analecta Orientalia 34 und 39, 2 Bände (Rom 1955 und 1964),§ 119 N eine Ableitung von einer Wurzel nsq. Das Wb kennt mit dieser Konsonantenfolge nur das Wort nsq: „beißen“ (Wb 2, 336.15, vgl. W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 77, 528). B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 59, 1924, 55–59, 144–149, hier: 56–57 vermutet in dem Nomen eine Bezeichnung für Alopecia areata, denn er vergleicht die Rezepte des pEbers gegen dieses Phänomen mit Dioskurides und Celsus, die ganz ähnliche Drogen und Verarbeitungsanweisungen gegen ἀλωπεκία nennen, was Ebbell aufgrund der Beschreibung bei Celsus, De Medicina VI 4 eben mit Alopecia areata identifiziert.
2 ḥntꜣ: „Igel (?)“: Seiner Klassifizierung mit dem Tierfell zufolge ein Vertreter der ägyptischen Tierklasse [HIDE AND TAIL], zu der vornehmlich (wenn auch nicht ausschließlich) Säugetiere gehören. In Eb 466 und 771 in Haarwuchsmitteln eingesetzt, wobei in Eb 466 dessen „Haare“, in Eb 771 dessen „Stacheln“ Verwendung finden. Als Bedeutung kommen daher am ehesten der Igel oder das Stachelschwein infrage, und zwischen diesen beiden Optionen changieren entsprechend die Übersetzungen der wenigen Belege (H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 354–355 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 611 favorisieren das Stachelschwein). Im pSmith wird es zum Vergleich mit dem menschlichen Sternum oder Manubrium (?) herangezogen, für das das Tier wohl namengebend war (vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 611). V. von Droste zu Hülshoff, Der Igel im alten Ägypten, Hildesheimer Ägyptologische Beiträge 11 (Hildesheim 1980), bespricht 13–15 das ḥntꜣ-Tier und führt die Vertreter der beiden Übersetzungen „Igel“ und „Stachelschwein“ an. Zwar legt sie sich selbst nicht explizit auf einen der beiden Vorschläge fest, verweist aber auf Dioskurides und Plinius, die verschiedene Körperteile von Igeln in Haarwuchsmitteln nennen. In diesem Zusammenhang scheint erwähnenswert, dass das Igelbugschiff im Alten Reich als ḥn.t (feminin) oder ḥnt (maskulin) bezeichnet wird, vgl. etwa H. Altenmüller, Die Nachtfahrt des Grabherrn im Alten Reich. Zur Frage der Schiffe mit Igelkopfbug. in: Studien zur Altägyptischen Kultur 28, 2000, 1–26, hier: 6–7.
Eb 467
Ein anderes (Heilmittel):
[Eb 467a] ṯr.w-Ocker, zerstoßen in Flüssigkeit der Galle: 1 (Dosis).
Werde daran gegeben.
[Eb 467b] ꜥfꜣ-Lattich (?), aufgeschnitten: ∅.
Werde daran gegeben.
[Eb 467c] Das Innere einer Süßwassermuschel, zerstoßen [66,15] in jbr-Öl: 1 (Dosis).
Werde daran gegeben.
Eb 468
Ein anderes Heilmittel zum Wachsen-Lassen der Haare, das angefertigt wurde für Schesch, die Mutter der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten Teti, des Gerechtfertigten:
jns.t-Beinpartie eines Hundes: 1 (Dosis), Schnitzel (?) von Datteln: 1 (Dosis), Huf eines Esels: 1 (Dosis).
Werde in einem ḏꜣḏꜣ-Topf vortrefflich mit Öl/Fett gekocht. (Das Haar/Der Kopf) werde damit eingerieben.
Eb 469
Ein anderes (Heilmittel):
Schwarzer Gecko: ∅.
Werde durchstoßen wie das Erz eines Siebs1; werde mit Öl/Fett gekocht. (Der Kopf) werde damit eingerieben.
1 kꜣ.t-mtrḫ.t: Ebbell 1937, 79 vermutet hierin eine weitere Droge, auch wenn er keine Übersetzung anbietet: „a black lizzard, is pounded like copper, kꜣt mtrḫt, is boiled (...)“. Es handelt sich aber wohl um ein Instrument, das identisch ist mit dem kꜣ.t-mrḫ.t des oBM EA 5633rto., Zeile 2,5, vgl. schon die Vermutung in Wb 5, 94.3–4 und auch J. J. Janssen, Commodity Prices from the Ramessid Period. An Economic Study of the Village of Necropolis Workmen at Thebes (Leiden 1975), 145–146 und 431. J. J. Janssen, Commodity Prices from the Ramessid Period. An Economic Study of the Village of Necropolis Workmen at Thebes (Leiden 1975), 145 erwägt, in kꜣ.t-m(t)rḫ.t ein Metallsieb zu sehen, während das einfache m(t)rḫ.t ein Sieb oder einen Filter aus Flechtwerk bezeichnen könnte. Das Objekt von oBM EA 5633 kostet nur 1 Deben, weshalb es wohl relativ klein ist. Ob diese Kleinheit ein generelles Charakteristikum des kꜣ.t-mrḫ.t ist oder nur auf dasjenige dieses Ostrakons zutrifft, ist unklar.
In welchem semantischen Verhältnis das Gerät und die davor stehende Verarbeitungsanweisung stehen, ist umstritten. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 227, Anm. 2, vermutet, dass die Eidechse in Eb 469 vielleicht „durchlöchert werden soll wie ein Sieb“. Westendorf 1999, 630 übersetzt „Schwarze Eidechse; werde zerstoßen wie durch ein Sieb von Metall (geschlagen)“, meint also, dass die Eidechse völlig zerkleinert werden soll. Bardinet 1995, 319 vermutet dagegen, dass kꜣ.t-mtrḫ.t ein Instrument ist, mit dessen Hilfe die Eidechse zerkleinert werden soll: „(Ce) sera pile avec l’instrument de metal (appele) kat-meterekh“. Letzteres geht nur, wenn man die Präposition mj in m emendiert.
Eb 470
Ein anderes (Heilmittel) [66,20] zum ordnungsgemäßen Behandeln der Haare:
Zahn vom Esel: ∅.
Werde in Honig zerstoßen. (Der Kopf) werde 〈damit〉 eingerieben.
Eb 471
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln der Haare:
ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Kot einer Gazelle: 1 (Dosis), Nilpferdfett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Das Haar/Der Kopf) werde [67,1] damit eingerieben.
Eb 472
Ein anderes (Heilmittel) zum Wachsen-Lassen der Haare (bei) einer Wunde:
Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), ḫs-Teil des jꜣm-Baumes: 1 (Dosis), šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), mjmj-Getreide: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Das Haar/Der Kopf) werde darüber verbunden.
Eb 473
Ein anderes (Heilmittel) zum Wachsen-Lassen der Haare:
Öl/Fett: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis).
(Das Haar/Der Kopf) werde damit eingerieben.
Eb 474 = H 157
Ein anderes (Mittel) zum Ausfallen der Haare (wörtl.: zum Veranlassen, dass die Haare kahl/leer sind):
ꜥnꜥr.t-Tier, gekocht, gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett und Olivenöl (gegeben): ∅.
Werde an den Kopf der Verhassten gegeben.
Eb 475 = H 158
Ein anderes (Heilmittel):
Lotosblatt: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht; [67,5] werde in Öl/Fett gegeben. Werde an den Kopf der Verhassten gegeben.
Eb 476
(Mittel,) es (zu) beseitigen, wie es entstanden ist (?):
Panzer einer Schildkröte: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht; werde zermahlen; werde in Fett der jns.t-Beinpartie eines Nilpferdes gegeben. (Der Kopf/das Haar) werde damit sehr, sehr oft eingerieben.
Eb 477–481: Heilmittel zum Behandeln der Leber
Eb 477
Anfang der Heilmittel zum Behandeln der Leber:1
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), šzp.t-Teil der Weintrauben: 1/16 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1/16 (Dja), Gummiharz: 1/32 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), smt-Droge: 1/64 (Dja), Wasser: 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 Ebbells Vermutung „jaundice“, Gelbsucht, beruht nur darauf, dass Behandlungen für die Leber auch an anderen Stellen im pEbers genannt werden und die kleine Rezeptgruppe hier „among diseases of the skin“ stünde (genauer: nach Mitteln zur Haarbehandlung und vor Mitteln gegen Brandwunden), weshalb er annimmt, dass hier konkret Leberphänomene angesprochen seien, die Auswirkungen auf die Haut des Patienten haben (Ebbell 1937, 80, Anm. 1).
Eb 478
Ein anderes (Heilmittel):
[67,10] Feigen: 1/8 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/8 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/16 (Dja), Schilfrohr: 1/16 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32 (Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 479
Ein anderes (Heilmittel):
ḫꜣ.w-Blätter des Lotos: 1/8 (Dja), Wein: 1/16 (Oipe = 4 Dja), Mehl von Christdornfrüchten: 1/8 (Dja), Feigen: 1/8 (Dja), Milch: 1/16 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), süßes Bier: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 480
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), jns.t-Pflanzen: ein viertel (Dja), Brot von Christdornfrüchten: 1/8 (Dja), Johannisbrot: 1/32 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/16 (Dja), šzp.t-Teil der Weintrauben: 1/8 (Dja), smt-Droge: 1/64 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), [67,15] süßes Bier: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 481
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: 1/8 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), oberägyptische sjꜣ-Droge: 1/8 (Dja), Wasser: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 482–514: Heilmittel für Verbrennungen
Eb 482
Anfang der Heilmittel für Verbrennung(en):
[Eb 482a] Was diesbezüglich zu tun ist am ersten Tag:
Schwarzer Schlamm: ∅.
Werde daran gegeben.
[Eb 482b] Was zu tun ist am zweiten Tag:
Schaf-/Ziegenkot: ∅.
Werde gekocht; werde mit gegorenem (?) Datteltrester fein zermahlen. Werde daran gegeben.
[Eb 482c] Was zu tun ist am dritten Tag:
ꜥꜣg.yt-Absonderung von der Dornakazie, getrocknet, indem sie in gekochter šꜥ.t-Kleie (?) von Gerste und Johannisbrot zermahlen ist: ∅. (Oder: ꜥꜣg.yt-Absonderung von der Dornakazie, getrocknet, indem sie in šꜥ.t-Kleie (?) von gekochter Gerste und Johannisbrot zermahlen ist: ∅. Oder: ꜥꜣg.yt-Absonderung von der Dornakazie, getrocknet, indem sie in šꜥ.t-Kleie (?) von Gerste zermahlen ist: ∅. Johannisbrot werde gekocht.)1
Werde in Öl/Fett gegeben. (Die Wunde) werde darüber verbunden.
[67,20] [Eb 482d] Was zu tun ist am vierten Tag:
Wachs: ∅, Rinderfett: ∅; Leeres Papyrusblatt werde mit Erdmandeln gekocht; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet.
(Die Wunde) werde darüber verbunden.
[Eb 482e] Was zu tun ist am fünften Tag:
Johannisbrot: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), ḫs-Teil des jꜣm-Baumes: 1 (Dosis).
Werde mit Abgestoßenen (Spänen) vom Kupfer2 fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die Wunde) werde verbunden.
1 Die Bezüge der Verben und damit die syntaktischen Ebenen sind in den Übersetzungen unterschiedlich interpretiert worden. An Verben stehen zur Diskussion: (1) šwi̯.t, (2) nḏ sj, (3) psi̯, (4) ḏi̯.w.
- Ebbell 1937, 81 interpretiert (2) nḏ sj und (1) ḏi̯.w als Verarbeitungsanweisungen, parallel zu wt, die anderen beiden als Attribute: „dry gallnut of acacia, it is ground with warm šꜥt of barley, ḏꜣrt, is put in oil and (it) is bandaged therewith“.
- Ähnlich G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 164, der allerdings in (2) nḏ sj noch eine weitere Zustandsbeschreibung des Harzes vermutet und erst mit (4) ḏi̯.w die eigentlichen Verarbeitungsanweisungen beginnen lässt: „Resine d’acacia desséchée, qui a ete broyée avec de l’orge grillée et de la coloquinte. A mettre dans de l’huile, puis on bandera avec cela.“
- Eine dritte und vierte Interpretation findet sich im Grundriß der Medizin: In von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 214 wird schon in (3) psi̯ die erste Verarbeitungsanweisung angesetzt, vielleicht sogar schon in (2) nḏ sj: „ꜥꜣgj.t (Harz) der Dornakazie, getrocknet; zerrieben in šꜥ.t (Teig) von Gerste; werde gekocht mit Koloquinte (ḏꜣr.t); werde gegeben in Öl/Fett; werde damit verbunden.“ (Hier ist nḏ sj noch etwas verkürzt übersetzt und daher ambivalent; als erste Verarbeitungsanweisung explizit wahrscheinlich gemacht in W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 188b, S. 134.) Als Alternative wird in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 163, Anm. 2 erwogen, dass sich (3) psi̯ „auf die vorher genannten Drogen“, also das Harz und den Teig, bezieht. Das ist aber unwahrscheinlich, weil dann ḏꜣr.t syntaktisch in der Luft hängen würde. Lefebvres Deutung lehnen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 163, Anm. 2 ab, weil psi̯ dann, wenn es sich auf šꜥ.t n.t jt bezöge, eigentlich im Stativ stehen müsste: psi̯.tj. Dies ist aber nicht zwingend, Ausnahmen finden sich in W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 163dd, S. 117 mit Anm. 1. Vgl. auch Eb 497, wo sich endungslose psi̯-Zustände sowohl auf maskuline als auch auf feminine Drogennamen beziehen. Bardinet 1995, 321 folgt der Hauptübersetzung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I.
- Westendorf 1999, 632 variiert dagegen Levebvres Übersetzung dahingehend, dass er psi̯ nicht auf šꜥ.t n.t jt, sondern auf jt bezieht und damit eine Antwort auf den Kritikpunkt von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I liefert. Wie bei von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I sieht er aber in (2) nḏ sj schon andeutungsweise die erste Verarbeitungsanweisung: „ꜥꜣgj.t-Harz der Dornakazie, getrocknet; zerrieben in Brot/Kuchen (šꜥ.t) von gekochter Gerste (und) Johannisbrotfrucht (ḏꜣr.t); werde gegeben auf Öl/Fett; werde damit verbunden.“ Westendorfs Interpretation ist aber nur möglich, wenn man in šꜥ.t einen Teig oder Kuchen sieht. Versteht man es als Kleie, wie J. F. Quack, Ägyptisch šꜥ(.t) „Kleie“ und ein angeblich semitischer Personenname, in: Die Welt des Orients 27, 1996, 5–8 vermutet, ist diese Interpretation kaum möglich, weil Kleie der Sammelbegriff für Rückstände nach dem Sieben des Mehls ist, die also nicht von gekochter Gerste stammen können.
2 ḫꜣ.w n.w ḥmt: Identisch mit ẖꜣ.w n.w ḥmt, s. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 410. Das Nomen ẖꜣ.w ist wohl eine Ableitung vom Verb ẖꜣ: „zerstoßen“ o.ä. und wird einmal durch tj-šps spezifiziert (in H 260; tj-šps ist dort mit dem Baum klassifiziert) und sonst durch ḥmt. Dem folgenden Genitiv-Wort n.w nach zu schließen ein Plural. H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 954, der die Hieroglyphen noch ẖrꜣw liest (Lesung verteidigt in H. Brugsch, Über den Lautwerth des Zeichens χr, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 19, 1881, 25–41, zum hier besprochenen Verb und davon abgeleiteten Drogennamen s. S. 26; Lesung widerlegt von G. Ebers, Der wahre Lautwerth des Zeichens χa. Versuch einer Widerlegung der von Brugsch vertheidigten Lesung χr, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 20, 1882, 47–55), verglich das Verb mit hebräisch חָלָא: „reiben, aufreiben, aufgerieben sein“, לוּח: „reiben, gerieben, auflösen“, חָלַל: „reiben, abreiben, auflösen“; die Droge ẖꜣ.w n.w ḥmt vergleicht er mit koptisch ϩⲟⲟⲗⲉ: „aerugo“ und hebräisch חֶלְאָה „Rost“ und denkt an „Rost vom Kupfer, Grünspan“. So auch H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 96, der es zwar als das „Abgeriebene von Kupfer“, „Hammerschlag“ übersetzt und als Äquivalent von Dioskurides’ λεπίς versteht, der aber mit Verweis auf Brugsch erwähnt, dass dieses ein rotbraunes Pulver sei, das Ähnlichkeit mit Rost haben könne. Bestätigung für die Konnotation „Rost“ sieht er im Rezept Bln 88, wo er bjꜣ n(.j) p.t ẖꜣ.w ḥr mw n.w ḥwy übersetzt mit: „Im Nilwasser gerostetes Eisen“. (Dagegen dürfte ẖꜣ.w in diesem Fall eher das Verb sein: „Eisen. Werde im Regenwasser (sic, nicht Nilwasser) zerstoßen.“) G. Ebers, Der wahre Lautwerth des Zeichens χa. Versuch einer Widerlegung der von Brugsch vertheidigten Lesung χr, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 20, 1882, 47–55, hier: 51–52 widerspricht Brugschs Übersetzung von ϩⲟⲟⲗⲉ mit „aerugo“: Die Grundbedeutung sei „Motte“, und das Wort könne „(...) wohl allerlei Fraſs (auch Rostfraſs), Zerreibung, Zerlöcherung und dergl., aber nie und nimmer aerugo, die Substanz des Rostes, das Kupferoxyd und dergl. bedeuten (...)“. Joachim 1890, 110 verweist noch auf Lürings Übersetzung „Abgeriebenes von Kupfer“, interpretiert es aber nicht als „Rost“ o.ä., sondern als „Kupferspähne“. So dann auch versuchsweise vom Wb-Team übernommen, vgl. DZA 28.189.800, wo es mit „Kupferspähne“ übersetzt wurde (auf DZA 28.189.820 dagegen mit „Kupferschlag“, auf DZA 28.189.840 mit „Metallstückchen“, auf DZA 28.189.900 mit „Feilspähne“ [mit Fragezeichen]), das sich aber nicht sicher war und in Wb 3, 361.9 daher keine deutsche Entsprechung anbietet. Die Bedeutung „Kupferspäne“ o.ä. ist dennoch inzwischen zur communis opinio geworden; vgl. Ebbell 1937, 81: „hammering-flakes from copper“, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 410: „Hammerschlag von Kupfer“, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 214: „Hammerschlag des Kupfers“, S. Sauneron, Un traité égyptien d’ophiologie. Papyrus du Brooklyn Museum No 47.218.48 et .85, Bibliothèque générale 11 (Le Caire 1989), 77: „fragments de limaille de cuivre“, Westendorf 1999: „Hammerschlag vom Kupfer (Kupfergranulat)“, Bardinet 1995, 321: „déchets de cuivre“. Für die Bedeutungsbestimmung sollte beachtet werden: (1) Es ist communis opinio, dass das Nomen ẖꜣ.w vom Verb ẖꜣ, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 680–681 abgeleitet ist. Die dort angegebene Bedeutung „zerschlagen“ basiert aber vorrangig auf der Droge ẖꜣ.w n.w ḥmt, „die ‚Kupferschlag‘ bedeuten könnte“, nicht umgekehrt. Für die Bedeutung des Verbs ist maßgeblich, dass es verwendet wird „besonders vom vermischen harter unlösbarer Dinge in flüssigen“, DZA 28.189.260. (2) Das Nomen ẖꜣ.w wird einmal, in H 260, auch vom tj-šps-, d.h. Kampferbaum, genannt. Es ist wahrscheinlich, dass es sich um dasselbe Lemma handelt, auch wenn H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 409–410 es auf zwei Einträge verteilen. Deutungen von ẖꜣ.w in der Verbindung mit ḥmt sollten auch für die Verbindung mit dem tj-šps-Baum möglich sein. Bei Letzterem übersetzen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 203 diskussionslos „Zerstoßenes (ẖꜣ.w) von tj-šps, R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 151: „Zerkleinertes ti-šps“.
Eb 483
Heilmittel zum Bandagieren einer Verbrennung:
[68,1] Erdmandeln: ∅.
Werde gekocht. (Die Wunde) werde darüber verbunden.
Eb 484 = Eb 497, vgl. L 53 (neu) / 18 (alt)
Heilmittel für eine Verbrennung:
Erdmandeln: 1 (Dosis), Gerste: 1 (Dosis), gw-Gras vom Acker: 1 (Dosis), oberägyptisches Salz: 1 (Dosis), db.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), Leeres Papyrusblatt: 1 (Dosis), Leder, gekocht: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis).
Werde täglich1 daran gegeben, nachdem es abgekühlt ist2.
1 rꜥ-nb: Die ausführliche Schreibung von rꜥ ist für den pEbers ungewöhnlich, aber fast alle Übersetzungen lesen hier „täglich“, also rꜥ-nb. Einzig Ebbell 1937, 81 übersetzt „is applied every day“, scheint die Schreibung also als rḏi̯(.w) rꜥ-nb aufgefasst zu haben.
2 m-ḫt qbb=s: Nicht ganz sicher, ob m-ḫt + Infinitiv: „nach dem Es-Kühlen“ oder m-ḫt sḏm=f: „nachdem es kühl geworden ist“. Die erste Variante suggeriert eine aktive Erzeugung des Ergebnisses (etwas kühl machen), die zweite ein passives Abwarten (etwas kühl werden lassen). H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 670 entscheiden sich explizit für Letzteres, und dahin tendieren auch die Übersetzungen. Dass überhaupt ein Kühlungsvorgang angesprochen ist, impliziert, dass die Drogen zuvor gekocht wurden, vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 883, Anm. 4.
Eb 485, vgl. Eb 488 und 498
Ein anderes (Heilmittel) für eine Verbrennung:
Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), jḥ.w-Pflanzen: 1 (Dosis).
Werde mit Gummiharzlösung (wörtl.: Wasser von Gummiharz)1 vermischt. Werde daran gegeben.
1 mw n.w qmy.t: S. R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 138. Ihr zufolge ist mit qmy.t das Gummiharz der Nilakazie gemeint, da auch die Verbindung qmy.t n.t šnḏ.t belegt ist.
Eb 486 = pLouvre E 32487, Rto. x+8,9
Ein anderes (Heilmittel):
Gummiharz: 1 (Dosis), [68,5] Haar einer Katze: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. Werde daran gegeben.
Eb 487 = L 39 (neu) / 51 (alt)
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln einer Brandwunde an allen Körperteilen eines Mannes:
qb.w-Pflanzen: 1 (Dosis), Sellerie: 1 (Dosis), Koniferenharz: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. (Die Wunde) werde darüber verbunden.
Eb 488 = Eb 498, pLouvre E 32847, Rto. x+8,8–9, vgl. Eb 485
Ein anderes (Heilmittel):
Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), jḥ.w-Pflanzen: 1 (Dosis), Kot einer Katze: 1 (Dosis).
Werde vermengt; werde in Gummiharzlösung (wörtl.: Wasser von Gummiharz) gegeben. Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 489
Ein anderes (Heilmittel):
Knochenmark: 1 (Dosis), hr.j-Pflanzen1: 1 (Dosis), šꜣb.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge: 1 (Dosis), Leinsamen (?): 1 (Dosis), jbr-Öl: 1 (Dosis).
(Die Anwendungsweise) ist die Gleiche (wie beim vorigen Rezept).
1 hr.j-Pflanzen: In der in Eb 489 vorliegenden Schreibung ein Hapax legomenon. J. Osing, Die Nominalbildung des Ägyptischen, Sonderschrift des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo 3 (Mainz 1976), 721, Anm. 846, und 193 zufolge leitet sich der Pflanzenname von der Wurzel hru̯: „ruhig sein“ ab, ohne dass er den Benennungsgrund erkennen könne. Auf Seite 721, Anm. 846 bringt er die Bezeichnung zudem mit dem syllabisch geschriebenen Pflanzennamen hr auf dem Ostrakon Cairo CG 25657, Zeile 2 zusammen und sieht in beidem den Vorläufer des koptischen ϩⲣⲓ: „Endivie“ (vgl. W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 383, der dieser Interpretation folgt). So auch R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 93: Cichorium endivia L. Den Vorschlag von L. Manniche, An ancient Egyptian Herbal (London 1999), 88, hierin Cichorium intybus L. zu sehen, den Chicorée, lehnt Germer ab, weil dieser nicht in Ägypten heimisch gewesen sei.
Grundsätzlich ließe sich das Hieratische aber auch als htj lesen; in dem Fall wären dann die Verbindungen mit dem hr des Kairener Ostrakons und mit dem koptischen ϩⲣⲓ nicht möglich.
Eb 490 = L 52 (neu) / (alt 17)
[68,10] Ein anderes (Heilmittel):
Geschmolzener (?)1 Weihrauch: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis), Kalk (?) vom Uferrand (?)2:3 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge: 1 (Dosis), Leinsamen (?): 1 (Dosis), Koniferenharz: 1 (Dosis), 〈... der〉 Sykomore: 1 (Dosis), jns.t-Pflanzen: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. Werde zu einer Paste (?)4 verarbeitet.
1 sꜣq: Vgl. J. Quaegebeur, Conglomérer et modeler l’encens (śꜣḳ śnṯr), in: Chronique dʾÉgypte 68 (135–136), 1993, 29–44: „conglomérer; donner forme, modeler“ und A. Lüchtrath, Das Kyphirezept, in: D. Kurth (Hrsg.), Edfu. Bericht über drei Surveys. Materialien und Studien, Die Inschriften des Tempels von Edfu. Begleitheft 5 (Wiesbaden 1999), 97–145, hier: 109.
2 rʾ mw: Die Bedeutung, die das Wort rʾ: „Mund, Öffnung“ im Zusammenhang mit Gewässern hat, ist nicht ganz sicher. Wb 2, 392.10 listet verschiedene Kollokationen auf:
(1) Im Zusammenhang mit Brunnenanlagen, wo es die Öffnung auf Höhe des Grundwasserspiegels zu meinen scheint (vgl. konkret den Übersetzungsvorschlag der Inschrift des Henu bei W. Schenkel, Memphis · Herakleopolis · Theben. Die epigraphischen Zeugnisse der 7.–11. Dynastie Ägyptens, Ägyptologische Abhandlungen 12 (Wiesbaden 1965), 257 mit Anm. c).
(2) Der rʾ eines Sees oder Teiches. In den Schiffsteilvergottungen der Sargtexte ist die Göttin Heqet erwähnt, die am rʾ ihres Sees/Teiches (š=s) ist. Es liegt nahe, hier die Bedeutung „Rand“ anzunehmen, so auch R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 267, der „edge of lake“ und zusätzlich „meadow?“ ansetzt. Die häufigere Bezeichnung für „Ufer“ ist dagegen sp.t (n mw).
(3) Der rʾ des Überschwemmungswassers (ḥꜥpj). Das Wb nennt Belege für rʾ n ḥꜥpj aus Felsinschriften der 12. und 13. Dynastie aus Nubien (DZA 25.791.150), auf den dort als Referenz angegeben Tafelseiten LD II 139 und 151 finden sich weitere Belege. Hierbei handelt es sich um Fluthöhen, man könnte demzufolge wieder an die Bedeutung „Wasserspiegel“ denken, wie in (1). In ptolemäischen Texten scheint rʾ ḥꜥpj (im direkten Genitiv) allerdings auch eine Bezeichnung der Quelllöcher des Nils bei Cheri-aha und am 1. Katarakt zu sein, s. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 571, s.v. rʾ-mw.
(4) Der rʾ des Wassers (mw) (NB: Die drei Wasserlinien werden auf DZA 25.809.130 als mw gelesen und nachträglich mit einem Fragezeichen versehen. Im gedruckten Wb sind die drei Wasserlinien dann anscheinend als Klassifikatoren von rʾ interpretiert worden, vgl. die „Alternativschreibung“ in Wb 2, 392.10 und explizit Wb 1, 97.14. Sonst werden die Wasserlinien aber stets als Schreibung für mw interpretiert). Eine wörtliche Übersetzung „Mund/Öffnung des Wassers“ würde u.U. eine Flussmündung suggerieren, was jedoch wohl eher nicht gemeint ist, denn die Nilmündungen werden als rʾ-ḥꜣ.wt bezeichnet. In den medizinischen Texten kommt neben der Droge jnr n rʾ mw auch jnr n sp.tj mw vor. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 41 sehen in beidem dieselbe Droge, so dass rʾ mw und sp.tj mw Synonyme wären: „Ufer eines Gewässers“. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 571 sieht in rʾ mw dagegen ein Synonym für rʾ ḥꜥpj, also hier Nr. (3). Aus einer Passage in Edfu, in der rʾ mw parallel zu den „Beiden Ländern“ genannt wird, schließt sie zudem auf die Möglichkeit, dass damit sowohl die Quelle als auch die Mündung des Nils gemeint sein könnten, zwischen denen sich die „Beiden Länder“, Ägypten, erstrecken. Es wäre allerdings ebenso denkbar, dass in diesem Beleg die beiden Quelllöcher metaphorisch für die beiden Länder eintreten und damit dieser Beleg gar keine zweite Bedeutung für rʾ mw impliziert.
Zusammenfassend scheint also rʾ im Zusammenhang mit Wasser den Wasserspiegel, speziell von Quellen, aber darüber hinaus auch von größeren Wasserflächen zu bezeichnen. Zudem scheint es auch die Konnotation „Ufer“ (als Begrenzung von Gewässern?) zu haben.
3 jnr n rʾ mw: Die Bedeutung hängt wesentlich von derjenigen von rʾ mw ab. DZA 25.809.150 denkt an „Flusskiesel“. B. Ebbell, Die ägyptischen Drogennamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 64, 1929, 48–54, hier: 49–50 vermutet darin „Schalen oder Stücke von Schalen verschiedener Schaltiere, Muscheln, Schnecken usw. (...), die von den Wellen an die Küste gespült wurden“, und er verweist auf Dioskurides, De mat. med. V 115, der auch, wohl ebenfalls an Schalen denkend, von λίθων κοχλάκων: „Ufersteinchen“ spricht, aus denen gebrannter Kalk, ἄσβεστος, hergestellt wurde. Außerdem findet Ebbell Übereinstimmungen in der Anwendung von jnr n rʾ mw mit derjenigen von ἄσβεστος ἐκ λίθων κοχλάκων. Ebbells Interpretation wird in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 41 genannt, ihnen folgen ferner J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 184 und Westendorf 1999, 633. Interessanterweise bleibt Ebbell selbst in seiner durchgängigen Übersetzung des pEbers (Ebbell 1937, 81) bei einem unspezifischen „(lime)stone from the shore“, ebenso vorsichtig Bardinet 1995, 322: „pierre du rivage“.
4 ꜥmj: „Paste (?)“: Hapax legomenon. Stern, in: Ebers 1875, 9 denkt an „cataplasma“, d.h. einen Breiumschlag, Joachim 1890, 111 an: „Pflaster“, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 217 und Westendorf 1999, 633 an „Schmiere“, Bardinet 1995, 322 an „bouchon de jarre“. Ebbell 1937, 81 lässt es unübersetzt. Nur einmal wird eine Begründung angegeben, nämlich in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 140 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 166, Anm. 3: Dort wird es mit dem Verb ꜥmj verbunden, das in Mastabas des Alten Reiches vorkommt und dort vielleicht das Versiegeln von Tonkrügen durch zuschmieren bezeichnet (vgl. DZA 21.720.100). Außerdem sei in Eb 490 keine Applikationsanweisung genannt, weshalb sie implizit erkennbar sein müsse, wie bei sdm.w: „Schminkmittel“. Daher die Übersetzung als „Schmiere“. Ähnlich wohl auch die Hintergründe für Sterns „cataplasma“ und Joachims „Pflaster“ – mit Letzterem hatte Joachim sicher kein Pflaster im modernen Sinne eines Wundpflasters gemeint, sondern entweder eben ein „cataplasma“ oder vielleicht ein solches Harz-Wachs-Fett-Gemisch als Trägersubstanz für Heilmittel, die fest sind und zum Gebrauch zurechtgeknetet werden, wie es die etwa zeitgenössische Ausgabe von Meyers Großem Konversationslexikon beschreibt (Meyers Großes Konversationslexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage. Leipzig und Wien 1905–1909). Der rechteckige Klassifikator wird wohl Anteil an dieser Deutung gehabt haben. Bardinet stellt ebenfalls einen Zusammenhang mit dem Verb ꜥmj her und seine Übersetzung als Krugverschluss scheint ebenfalls dem rechteckigen Klassifikator Rechnung zu tragen, der scheinbar auf ein festes Objekt hindeutet. Wie er sich aber einen Krugverschluss als Heilmittel bei Verbrennungen angewendet vorstellt, ist unklar.
Eb 491, vgl. L 49 (neu) / 61 (alt)
Ein anderes (Heilmittel) für eine Brand(wunde), die fault:
Abgeschlagene (Späne) vom Kupfer: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis), frischer Weihrauch: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), qsn.tj-Mineral: 1 (Dosis), gsfn-Droge: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis), ẖsꜣ.yt-Balsam: 1 (Dosis), süße Myrrhe: 1 (Dosis), [68,15] sfṯ-Öl: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die Wunde) werde darüber verbunden.
Eb 492 = L 37 (neu) / 49 (alt)
Ein anderes (Heilmittel), etwas, was zu tun ist bezüglich einer Verbrennung am ersten Tage:
Honig: ∅.
(Die Wunde) werde darüber verbunden.
Eb 493 = L 38 (neu) / 50 (alt)
Ein anderes (Heilmittel):
Nilerde des Wasserholers (?): ∅, Fett: ∅, Olivenöl: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 494 = L 50 (neu) / 15 (alt)
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln einer Brandwunde an allen Körperteilen eines Mannes:
Binse: ∅.
Werde mit Öl/Fett gekocht; werde zermahlen. Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 495, vgl. L 51 (neu) / 16 (alt)
Ein anderes (Heilmittel):
Kalk (?) vom Uferrand (?): 1 (Dosis), jns.t-Pflanzen: 1 (Dosis), jbw-Pflanzen: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. [68,20] Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 496
Ein anderes (Heilmittel):
Süßwassermuschel, gekocht: ∅.
Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 497 = Eb 484, pLouvre E 32847, Rto. x+8,6-8, vgl. L 53 (neu) / 18 (alt)
Ein anderes (Heilmittel) für eine Verbrennung am ersten Tag:
Erdmandeln, gekocht: 1 (Dosis), Gerste, gekocht: 1 (Dosis), gw-Gras, gekocht: 1 (Dosis), db.yt-Pflanzen, gekocht: 1 (Dosis), Leeres Papyrusblatt, gekocht: 1 (Dosis), Leder, gekocht: 1 (Dosis), [69,1] Rinderfett: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
Wachs werde mit dem Fett (des Rindes?) gekocht; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 498 = Eb 488, pLouvre E 32847, Rto. x+8,8–9, vgl. Eb 485
Ein anderes (Heilmittel):
Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Erdmandeln: 1 (Dosis), Katzenkot: 1 (Dosis).
Werde mit Gummiharzlösung (wörtl.: Wasser von Gummiharz) zu einer homogenen Masse vermengt. Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 499 = L 35 (neu) / 47 (alt)
Eine andere Beschwörung des Feuers beim ersten Mal:
(Ritualist:) „Dein Sohn Horus ist auf dem Bergland verbrannt.“
(Isis:) „Ist dort Wasser?“
(Ritualist:) „Dort ist kein Wasser.“
(Isis:) „Wasser ist in meinem Mund. Hapi (d.h. der Gott der Nilflut) ist zwischen meinen Schenkeln. Um das Feuer zu löschen, bin ich gekommen!“
(Diese) Worte (sind) zu sprechen über Milch [69,5] einer (Frau), die einen Knaben geboren hat, (über) Gummiharz und Haar eines Widders.
(Die beschworenen Ingredienzien) werden auf die Verbrennung gegeben.
Eb 500, vgl. L 36 (neu) / 48 (alt)
Eine andere Beschwörung:
(Isis:) „Mein Sohn Horus ist auf dem Bergland verbrannt. Dort ist kein Wasser. Ich bin nicht dort.“
(Ritualist:) „Du sollst Wasser vom Rand der Wasserflut bringen, um das Feuer zu löschen!“
(Diese) Worte sind (zu) sprechen über Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat.
Eb 501
Ein anderes Heilmittel zum Einschwärzen einer Verbrennung:
Roter Ocker: 1 (Dosis), zermahlen mit Milchsaft einer Sykomore: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), wty.t-Teil vom Johannisbrot: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. (Die Verbrennung) werde darüber verbunden.
Du bereitest folglich Schnitte (?) des Arztes.1
Porree, zermalmt: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: [69,10] 1 (Dosis).
(Die Verbrennung) werde darüber verbunden.
1 sfṯ.w n swn.w: „Schnitte (?) des Arztes“: Welche Handlung angesprochen wird, ist unklar. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 748, Anm. 1 erwägen die beiden Möglichkeiten, dass vielleicht Schnitte durch den Arzt gemeint sind, auf die die anschließenden Drogen als Nachbehandlung folgen, oder dass hiermit die Bezeichnung für die Nachbehandlung selbst vorliegt.
Eb 502
Ein anderes (Heilmittel):
Unterägyptischer Sellerie: 1 (Dosis).
Werde zermalmt. (Die Verbrennung) ((werde)) darüber ((verbunden)).
Eb 503
Ein anderes (Heilmittel):
Holz eines mnq-Baumes, zermalmt: 1 (Dosis), ꜥg.yt-Teil der wꜣm-Frucht1, zermalmt: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die Verbrennung) werde darüber verbunden.
1 ꜥg,yt n.t wꜣm: „ꜥg.yt-Teile der wꜣm-Frucht“: Da die wꜣm-Pflanze/-Frucht noch unidentifizierbar ist, ist auch unklar, worum es sich bei ꜥg.yt handelt, das nur in Eb 503 belegt ist. Stern, in: Ebers 1875, 8, dem Ebbell 1937, 83 folgt, vermutete hierin eine Schreibvariante für die ꜥꜣg.yt-Droge. Ebbell interpretiert Letzteres als „gall-nut“. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 112 lehnen diese Gleichsetzung aber ab, da ꜥꜣg.yt kein Gallapfel, sondern ein Harz ist. Westendorf 1999, 635 greift dennoch Ebbells Gleichsetzung wieder auf, was ihm dadurch ermöglicht wird, dass er ebd. 496 als Grundbedeutung für ꜥꜣg.yt „Ausscheidung/Absonderung“ festmacht, weil dieses in Eb 539 als Bezeichnung einer Absonderung einer Wunde genannt wird. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 220 und Bardinet 1995, 324 enthalten sich eines Deutungsvorschlags.
Eb 504 = L 40 (neu) / 52 (alt), L 44 (neu) / 56 (alt)
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Aufhellung(en) einer Verbrennung:
kšw-Pflanzen1: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis).
Werde mit einem Dorn zerstoßen und (die Verbrennung werde) 〈da〉mit gesalbt.
1 kšw: „Zucker“: Erwähnt in den Parallelrezepten Eb 504 und L 40 (alt 52). Das Rezept L 44 (alt 56) gibt, neben den ansonsten gleichen Bestandteilen Honig und Johannisbrot, škr: „Zucker“. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 507 vermuten (laut F. Daumas, Quelques notes sur l’ambre jaune dans l’ancienne Égypte, in: Chronique d’Égypte 46 (91), 1971, 50–58, hier: 53 basierend auf Burchardts Bestimmung von škr als semitisches Fremdwort [M. Burchardt, Die altkanaanäischen Fremdworte und Eigennamen im Aegyptischen 2. Listen der sylabisch geschriebenen Worte sowie der altkanaanäischen Fremdworte und Eigennamen (Leipzig 1910), Nr. 886]), dass škr vielleicht das nichtägyptische, kšw das ägyptische Wort für dieselbe Droge sein könnte. Daumas beschließt diesen Vorschlag von H. Grapow – H. von Deines mit „Il est difficile de se prononcer sur ce point“. S. Aufrère, Études de lexicologie et d’histoire naturelle I-III, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 83, 1983, 1–31 bespricht S. 18–26 das Wort škr und in diesem Zusammenhang auch kšw. (NB: Seine Verweise auf pHearst sind in diesem Teil durch den medizinischen Papyrus London zu ersetzen: Im pHearst gibt es dazu keine Parallelen.) Auf S. 24 hält Aufrère es für möglich, dass kšw eine Verschreibung für škr sein könnte, oder dass škr und kšw zwei verschiedene Entlehnungen sein könnten (so schon sein Alternativvorschlag zur Deutung von H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) auf S. 21). Zur Untermauerung führt er S. 22 und 24–25 die akkadischen Varianten šakiru ~ kaširu an, die ein wohl zuckerhaltiges Getränk bezeichnen, und erwähnt, dass die letztere Schreibung im sumerischen KAŠ zu lesen sei, wobei er eingesteht, dass „cette hypothèse n’est malheureusment pas vérifiable“.
Als Alternative verweist Aufrère auf die im Ugaritischen vorkommende Pflanzenbezeichnung (?) kš, die parallel zum Wort für „Oliven“ gebraucht wird und vielleicht verwandt ist mit arab. kiššat, „Kassie“. Zu Letzterem würde passen, dass es in den Annalen Amenemhets II., Kolumne x+20, ein Wort kšw mit Pflanzenklassifikator gibt. Sollte kšw eine Pflanze sein, wäre natürlich die Varianz zwischen L 40 (alt 52) und L (52) neu zu untersuchen.
Eb 505, vgl. L 45 (neu) / 57 (alt)
〈Ein anderes (Heilmittel):〉
Roter Ocker: ∅, Bleiglanz: ∅.
Werde fein zermahlen; werde mit Milchsaft einer Sykomore vermischt. (Die Verbrennung) werde damit über viele Tage hinweg gesalbt.
Eb 506 = L 48 (neu) / 60 (alt)
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis).
Werde mit Honig vermengt. (Die Verbrennung) werde darüber verbunden.
Eb 507
Ein anderes (Heilmittel):
Streifen (?) [69,15] aus feinstem Leinen: ∅.
Werde mit Öl/Fett zermalmt. (Die Verbrennung) werde damit gesalbt.
Eb 508 = L 47 (neu) / 59 (alt)
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Die Verbrennung) werde damit gesalbt.
Eb 509, vgl. L 41 (neu) / 53 (alt)
Ein anderes (Heilmittel):
Brot aus Gerste und Fett: ∅, Salz (oder: Senf (?))1: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse vermengt. (Die Verbrennung) werde darüber sehr oft verbunden, so dass er sofort gesund wird.
(Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich. Ich habe (die Wirksamkeit) gesehen. (Es) ist durch mich oft geschehen.
1 ḥmꜣ.yt: Allgemein als Schreibvariante für ḥmꜣ.t: „Salz“ gehalten, obwohl dessen Standardschreibung im pEbers anders aussieht. Während Bardinet 1995, zu „sel (marin)“ tendiert, liest Westendorf 1999 sogar ganz ohne Klammern: „unterägyptisches Salz“. Allerdings steht nur ḥmꜣ.yt, nicht *ḥmꜣ.yt-mḥ.t da. Alternativ zur Interpretation als „Salz“ wäre es auch möglich, hierin die ḥmꜣ.yt-Früchte (?) zu sehen, die auch so geschrieben sein können (vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 344–345). Wie auch immer man diesen letzten Drogennamen übersetzt, das Rezept muss aus zwei Einzeldrogen bestehen, die „zu einer Masse vermengt“ werden. Es ist also nicht möglich, etwa „Brot aus Gerste mit Fett und Salz“ bzw. „Brot aus Gerste mit Fett und ḥmꜣ.yt-Früchten“ (oder sogar „Brot aus Gerste und Öl von ḥmꜣ.yt-Früchten“ [vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 345, A.II und C.IV]) zu lesen.
Eb 510
Heilmittel zum Beseitigen von Striemen1 durch Schläg(e):
Honig: ∅, Galle eines Rindes: ∅, bzn-Salz des Töpfers: ∅, Saft der sꜣr-Pflanzen: ∅, Dattelsaft: ∅.
Werde gekocht. (Die Striemen) werden darüber verbunden.
1 ꜥrq.w: Die Bedeutung „Striemen“ ergibt sich allein aus dem hiesigen Kontext.
Eb 511
Ein anderes (Heilmittel):
Das Innere vom Kalzitalabaster:1 ∅, jm-Substanz einer Figur: ∅, [69,20] mꜣd-Mineral: ∅, Pflanzenbrei: ∅.
(Die Striemen) werden damit gesalbt.
1 Was mit dem „Inneren vom Kalzitalabaster“ gemeint ist, ist unklar, vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 504. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 78 vermutet „alabaster in crushed or powdered form“.
Eb 512
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von Gerste: ∅, Kuhmilch: ∅.
(Die Striemen) werden damit sehr oft gesalbt.
Eb 513
Ein anderes (Heilmittel):
Honig: ∅.
(Die Striemen) werden damit handwarm (wörtl.: in Wärme des Fingers) gesalbt.
Eb 514, vgl. Eb 32, H 1
Ein anderes (Heilmittel):
šzp.t-Teil vom Senf (?), getrocknet: ∅.
Werde fein zermahlen; werde in einen fqꜣ-Kuchen gegeben (und) ein anderer (Kuchen) auf ihn; werde in Honig getaucht. (Der Kuchen) werde vom Mann verschluckt.
Eb 515–542: Heilmittel zum Ausheilen von Wunden
Eb 515
[70,1] Anfang der Heilmittel zum Ausheilen einer Wunde, die dem Körper beigebracht wird:
(Leinen-)Streifen (?), mit Weihrauch und Honig durchtränkt: ∅.
Werde 4 Tage lang daran gegeben.
Eb 516
Ein anderes (Heilmittel) zum Bandagieren einer Wunde:
Langbohnen: ∅.
Werde {{fein}}1 zermahlen; werde durch Tücher geseiht2; werde mit Öl/Fett, Honig (und) Faserbäuschen (?) von db.yt-Pflanzen vermengt. 〈Werde〉 jeden Tag an ihre Oberseite 〈gegeben〉, damit es ihm angenehm ist.
1 Interessanterweise hat ein Korrektor das ursprünglich dastehende snꜥꜥ: „fein (zerreiben)“ rot durchgestrichen.
2 zꜣu̯.w: Nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 708 „werde aufbewahrt“, dem auch Bardinet 1995 folgt. E. Dévaud, Études et notes de grammaire, de lexicologie, de paléographie, etc., égyptiennes et coptes, in: Kêmi 1, 1928, 136–146, hier: 140 vermutet dagegen eine Verschreibung für sꜣr/sꜣj: „sieben“ (genannt auch in H. von Deines – W. Westendorf, 708, Anm. 2). Westendorf 1999 folgt in seiner Übersetzung diesem Vorschlag.
Eb 517 = pLouvre E 32847, Rto. x+5–6
Ein anderes Heilmittel zum Ziehen [70,5] von Blut1 aus der Öffnung einer Wunde:
Wachs: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Gerste, gänzlich ausgeglüht: 1 (Dosis).
Werde gekocht; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die Wunde) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
1 jtḥ snf: „Ziehen von Blut“: Ebbell 1937, 84 übersetzt kommentarlos mit „stop the blood“. jtḥ bedeutet aber „ziehen“, nicht „aufhalten, stoppen“. Ein Aderlass, wie man nach dieser Grundbedeutung u.U. denken könnte, ist aber sicher nicht gemeint, denn es geht eher um das Entfernen von Blut aus einer offenen Wunde.
Eb 518
Ein anderes (Heilmittel) für ein Wundsekret, das sich anhäuft:
Wachs: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 519
Ein anderes (Heilmittel):
Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), (Teile vom ?) šnj-wšꜥ-Baum (?)1: 7 (Dosen), Öl/Fett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis), Zwiebeln/Knoblauch: 7 „Kügelchen“2, abgestorben (?).
Werde zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 šnj-n-wšꜥ: Nur in den Rezepten Eb 519 und 577 genannt. wšꜥ ist in Eb 519 mit dem Zahn, Mann mit Hand am Mund und dem unspezifischen Mineralienkorn über Pluralstrichen klassifiziert, in Eb 577 ist es abgekürzt mit dem Zahn, Mineralienkorn und Pluralstrichen geschrieben. Dieser Klassifizierung nach scheint es zur selben Wortfamilie wie wšꜥ: „kauen, verzehren“ zu gehören oder von diesem Verb abgeleitet zu sein. Die Klassifizierung der Droge nur mit dem Mineralienkorn ist aber zu unspezifisch für eine Identifizierung.
In Eb 519 sollen sieben Stück davon verarbeitet werden, genauso viel wie Zwiebel-/Knoblauch-Zehen (?), während die anderen Drogen im Verhältnis 1:1 genannt sind. Dies spricht dafür, dass das šnj: „Haar“ der wšꜥ-Droge zählbar ist.
In Eb 577 wird qꜣw/dqw/dqr davon genannt. Aufgrund der ambivalenten Lesung und damit Übersetzung dieses Wortes hilft diese Stelle aber nur bedingt weiter: Das šnj: „Haar“ der wšꜥ-Droge kann also entweder pulverisiert werden (Lesung qꜣw oder dqw) oder Früchte haben (Lesung dqr). Letztere Option würde immerhin die Identifizierung als Pflanze und damit vielleicht eine Gleichsetzung mit dem šnj-wšꜥ-Baum (im direkten Genitiv) der ramessidenzeitlichen Erzählung von Horus und Seth auf pChester Beatty I Recto, Zeile 10,9 ermöglichen. Das dortige Kompositum ist definitiv ein Baum: Es wird mit dem Baum klassifiziert und als nh.t bezeichnet, das hier vielleicht eher generisch als „Baum“ zu verstehen ist denn spezifisch als „Sykomore“. Dieser Baum wächst laut der Erzählung in den Oasen der Westwüste (ob auch oder ausschließlich, ist unklar) und ist groß genug, dass sich Horus darunter verstecken kann. G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), Nr. 1122bis schreibt dazu: „vraisemblablement la ronce“. Eine Begründung liefert er aber nicht. Unter der Literatur verweist er auch auf W. Gesenius, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, 18. Auflage (Berlin/Heidelberg 2013), 547b. Dort findet sich ein Lemma םְנֶה: „ein Stachelgewächs, Dornstrauch, wahrsch[einlich] Cassia obovata“. Zu dem letzten Vorschlag schreibt allerdings I. Löw, Die Flora der Juden. Bd. 2, Iridaceae – Papilionaceae, Wien 1924, 409 (hierauf verweist auch Charpentier, ebd.): „Die Erklärung: Cassia obovata sei das biblische םנה, ist leider auch [bei] G[esenius] aufgenommen. Sie ist vollkommen verfehlt.“ Die Pflanzen seien nicht bekannt gewesen. J. E. Hoch, Semitic words in Egyptian texts of the New Kingdom and Third Intermediate Period (Princeton 1994) führt šnj-wšꜥ nicht an, hat es also nicht als Lehnwort gesehen. Die Pflanze des pChester Beatty bleibt damit unidentifizierbar.
Weder L. Keimer, Die Gartenpflanzen im alten Ägypten. Ägyptologische Studien (Hamburg/Berlin 1924), noch R. Germer, Flora des pharaonischen Ägypten, Sonderschrift. Deutsches Archäologisches Institut. Abteilung Kairo 14 (Mainz 1985) oder R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008) führen eine Pflanze wšꜥ oder sogar šnj-(n-)wšꜥ an.
2 Was mit den „Kügelchen“ gemeint ist, hängt wesentlich davon ab, was die ḥḏ.w-Pflanze ist: Handelt es sich, wie meist angenommen, um die Zwiebel, kämen kleingeschnittene Zwiebelschalen oder der Kern der Zwiebel infrage. Handelt es sich um den Knoblauch, könnten die einzelnen Zehen damit gemeint sein.
Eb 520
Ein anderes (Heilmittel) zum Austrocknen einer Wunde:
Weihrauch: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Rinderfett: [70,10] 1 (Dosis).
Werde zermahlen. Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 521
Ein anderes (Heilmittel):
Gummiharz: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), nḥd.t-Myrrhe: 1 (Dosis), Propolis (?, wörtl.: Kot einer Fliege): 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. Werde daran (d.h. an die Wunde) gegeben.
Eb 522
[Eb 522a] Heilmittel für eine Wunde am ersten Tag:
Rinderfett, bis sie (d.h. die Wunde) fault,1 oder Fleisch vom Rind.
Wenn sie jedoch sehr fault, verbindest du sie folglich über Brot von Gerste, das verdorben ist, so dass es infolgedessen trocknet.
Du wiederholst folglich, sie erneut über Fett zu verbinden, bis sie fault.
[Eb 522b] Wenn sie sich aber wegen ihres [70,15] Wundsekrets verschließt, verbindest du sie folglich über Steinbockfett, sfṯ-Öl und zermahlenen tḥwꜣ-Pflanzen.
[Eb 522c] Wenn 〈sie〉 dadurch aufbricht (?), bestreust du sie folglich mit Pulver aus grünem Glasfluss.
[Eb 522d] Danach verbindest du sie folglich über dem Drogengemisch mit einem Faserbausch (?) von db.yt-Pflanzen.
Nachdem sie sich verschlossen hat, 〈bereitest〉2 du folglich eine Salbe zum Stärken der Gefäße.
(Die Wunde) werde darüber verbunden, bis/so dass sie gesund wird3.
[Eb 522e] Nachdem sie sich wegen ihres Wundsekrets verschlossen hat, bereitest du folglich Fett und ḏꜣjs-Pflanzen.
(Die Wunde) werde darüber verbunden, bis ihre Öffnung aufgeht [70,20] (und) bis sie verfault.
1 r ḥwꜣ=f: Von den meisten Bearbeitern temporal verstanden: Ebbell 1937, 84 („until it (...) suppurates“), Bardinet 1995, 326 („jusqu’à ce qu’elle (...) se décompose“), Westendorf 1999, 638 („bis daß sie (...) faulig wird“). Abweichend kausal bzw. final sind Joachim 1890, 116 („um sie zu reifen“) und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 205 („so daß sie (...) fault“). Eine temporale Übersetzung ist im hiesigen Kontext wahrscheinlicher, weil eine kausale Übersetzung implizieren würde, dass die Wunde zwar zum „Verfaulen“ gebracht werden soll – dann als Teil des Heilungsprozesses verstanden –, aber nicht zu sehr, und falls der Verfaulungsprozess zu stark wird, müsste er gestoppt bzw. wieder in gemäßigte Bahnen gelenkt werden.
2 Beim Zeilenwechsel muss der Schreiber das Verb des Hauptsatzes vergessen haben, am wahrscheinlichsten jri̯. Es wäre allerdings zusätzlich erklärungsbedürftig, wie es stattdessen zur Einfügung der Präposition r gekommen ist. „Eine Salbe herstellen“ ist jri̯ nwd.t, nicht *jri̯ r nwd.t (oder ein anderes Verb mit der Präposition r).
3 Das „gesund werden“ wird sich hier nicht, wie so oft in den Rezepten, auf den Patienten beziehen, sondern eher auf die Wunde. So auch die bisherigen Übersetzungen.
Eb 523
Ein anderes (Heilmittel) zum Bandagieren einer Wunde:
Wachs: 1 (Dosis), šꜣ.w-Exkremente, getrocknet: ∅.
Werde fein zermahlen. (Die Wunde) werde darüber verbunden.
Eb 524
Ein anderes (Heilmittel):
Pulver von grünem Glasfluss: ∅.
Werde mit Honig vermischt. (Die Wunde) werde darüber verbunden.
Eb 525
Ein anderes (Heilmittel):
Steinbockfett: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis).
Werde vermengt. (Die Wunde) werde darüber verbunden.
Eb 526
Was zu tun ist bezüglich eines unter Krämpfen (?) infolge einer Wunde (Leidenden):
Mehl von Gerste: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Es) werde veranlasst, dass er (d.h. der Patient) es sẖp-einnimmt, (auch) wenn er (es) nicht will.1
1 m msdd=f: „auch wenn er es nicht will“: Unter der Voraussetzung, dass die Übersetzung von jꜣṯ.w in der Rezeptüberschrift mit „Krämpfen“ korrekt ist, ist mit m msdd=f vielleicht nicht gemeint, dass der Patient das Mittel verabscheut, etwa weil es nicht schmeckt o.ä., sondern dass man wegen der Krämpfe das Mittel nur mit leichter Gewalt einflößen kann, s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 21.
Eb 527
Ein anderes Heilmittel für Abszesse in einer Wunde:
[71,1] Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis).
Werde zermahlen; werde in Öl/Fett gegeben. Werde an die Wunde gegeben.
Das (dient dem) Beseitigen der Geschwülste.
Eb 528
Was zu tun ist bezüglich einer Wunde auf der Brust:
wšb.t-Alaun: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), fettes Fett:1 1 (Dosis).
Werde an die Brust gegeben. (Diese) werde darüber verbunden.
1 „fettes Fett“: Dem Adjektiv ḏdꜣ muss noch eine Konnotation innewohnen, die eine Verbindung mit dem Nomen möglich macht, ohne als Tautologie verstanden worden zu sein.
Eb 529
Was zu tun ist bezüglich einer Wunde am Nacken:
Myrrhe: 1 (Dosis), Mehl von db.yt-Pflanzen: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die Wunde) werde darüber verbunden.
Eb 530
(Heilmittel zum) Ausheilen von allen Dingen, an denen ein Mann mit jeder (Art von) Wundsekret leidet:
Unterägyptisches Salz: [71,5] 1 (Dosis), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis).
Werde in Öl/Fett zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 531
Ein anderes (Heilmittel) zum Ausheilen jedes Wundsekrets:
Kot: ∅, Gerste: ∅.
Werde in Nilpferd- oder Schweinefett zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 532
Ein anderes (Heilmittel):
Gerste, gekocht: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 533
Ein anderes (Heilmittel) zum Wachsenlassen der Haut1:
Bleiglanz: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), ḥsb.w-Paste (?) aus Malachit: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Für ḥꜥ.w nicht als „Leib“, sondern als „Haut“ vgl. J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 8–14. Sein Ergebnis auf S. 18, dass in den meisten Fällen dort, wo die Bedeutung „Haut, Körperoberfläche“ passt, auch „Körper“ passt, trifft hier nur mit Einschränkungen zu. Hier dürfte doch am ehesten die Haut gemeint sein, die über einer Wunde zuwachsen soll.
Eb 534
Ein anderes (Heilmittel):
Johannisbrot: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis), šps-Pflanzen (oder: Ostafrikanischer Kampfer (?)):1 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse [71,10] zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 šps: Die Droge ist viermal im Papyrus Ebers belegt, davon zweimal mit dem Pflanzenklassifikator M2A und zweimal mit dem Mineralienkorn N33. Ein weiterer Beleg findet sich noch in der mittelägyptischen Erzählung des „Sporting King“, pMoskau o.Nr. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 491 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 207 vermuten, dass es sich bei der Droge um eine Schreibvariante von tj-šps (von A. Lüchtrath, tj-šps, der Kampferbaum Ostafrikas, in: Göttinger Miszellen 101, 1988, 43–48 mit dem Kampfer identifiziert) handelt. Eine solche Gleichsetzung hielten bereits Ebbell 1937, 85 und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 64 für möglich, außerdem wohl auch Wreszinski 1913, 138, der wohl aus diesem Grund ein „sic“ unter šps schrieb. Vielleicht aus demselben Grund fehlt bei R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), ein separater Eintrag zu šps. G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), führt die Pflanze zwar als Nr. 1098 an, schreibt aber ebenfalls: „Vraisemblablement la plante est à rapprocher de ty-šps (...)“. Ähnlich vorsichtig Westendorf 1999, 507, der die Möglichkeit der Gleichsetzung erwähnt, bei der Übersetzung der konkreten Stelle aber bei „šps-Pflanze“ bleibt. Dagegen findet sich in Wb 4, 451.10 der Eintrag zu šps ohne jeglichen Verweis auf tj-šps; auf DZA 30.045.730 und DZA 30.045.740 findet sich zwar jeweils ein Vermerk, dass šps vielleicht für tj-šps steht, auf DZA 30.045.730 ist dieser Vermerk aber wieder durchgestrichen. Bardinet 1995, gibt für beide Pflanzen nur die jeweilige Transkription an: „plante-chepes“ vs. „ti-chepes“, ohne sich dazu zu äußern, ob er eine Gleichsetzung für denkbar hält.
Eb 535
Ein anderes (Heilmittel):
Zweige/Stängel des jꜣm-Baumes: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis), Früchte/Samen des ꜥnn.w-Baumes: 1 (Dosis), jnb-Pflanzen: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis), Wachs: ∅.
Werde gekocht. Werde an die Öffnung des Wundsekrets (d.h. wohl: an die mit Wundsekret verschlossene Öffnung der Wunde) gegeben.
Eb 536, vgl. H 134
(Heilmittel zum) Ausheilen von allen Dingen, an denen ein Mann mit jeder (Art von) Wundsekret leidet:
Brot von Christdornfrüchten: ∅.
Werde mit Wasser gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber in angenehmer Wärme verbunden.
Eb 537 = H 39
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von ꜣšy.t-Sekret:
Johannisbrot: ∅, unterägyptisches Salz: ∅.
Werde mit Harn gekocht. Werde daran (d.h. an das Sekret) gegeben.
Eb 538 = H 40
Ein anderes (Heilmittel):
Gummiharz: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 539, vgl. Eb 710
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen der ꜥꜣg.yt-Absonderung, [71,15] die an der Öffnung einer Wunde ist:
Ei vom Strauß: 1 (Dosis), Panzer einer Schildkröte, gänzlich ausgeglüht: 1 (Dosis), ꜥꜣg.yt-Absonderung des jꜣm-Baumes: 1 (Dosis).
(Die Wunde) werde damit gesalbt.
Eb 540
Ein anderes (Heilmittel) zum Ausheilen jedes Wundsekrets:
Fett der Ziege: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), duftendes Gummiharz: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis), frisches Olivenöl: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an das Wundsekret gegeben, so dass er gesund wird.
Eb 541
Ein anderes (Heilmittel) zum Bandagieren einer Wunde:
Menschlicher Kot, mit Bodensatz [[von süßem Bier]]1 zermahlen: ∅, sfṯ-Öl: ∅, Honig: ∅.2
(Die Wunde) werde darüber verbunden.
1 n.t ḥ(n)q.t nḏm.t ist sehr gedrängt geschrieben und scheint eine spätere Korrektur zu sein, vgl. für ḥ(n)q.t nḏm.t schon H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 43. Vielleicht trifft das ganz oder teilweise auch schon für tꜣḥ.t zu, das auch schon etwas gedrängt geschrieben wirkt.
Von dem, was ursprünglich an dieser Stelle gestanden hat, ist nichts mehr erkennbar.
2 Die Drogenliste endet ohne Verarbeitungsanweisung.
Eb 542
Ein anderes (Heilmittel zum) [71,20] Lindern von Wundsekret:
Vollständige (d.h. Nicht ausgenommene)1 Buntbarsche: 7 (Dosen), Johannisbrot: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Fayence: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen. Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 tm.t „nicht ausgenommen“: Nur in Eb 542 belegt. Seit Stern, in: Ebers 1875, 48 oft als Bezeichnung eines kleinen Fisches verstanden, klein, weil sieben Stück davon verwendet werden sollen. So bspw. Wreszinski 1913, 139 (so ist sicher sein „sic“ hinter jn.t zu interpretieren, mit dem er vermutlich eine von ihm vermisste Mengenangabe markierte), Wb 5, 306.5, Ebbell 1937, 86, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 206 und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 558, oder Bardinet 1995, 328. Allerdings wird eher schlicht ein Partizip des Verbs tm: „vollständig sein“ vorliegen, das als Attribut des Nomens jn.t dient. Der Fisch hinter tm.t wäre dann ein Referentenklassifikator, der die Klassifikation der Basis wieder aufnimmt, man vgl. analog Drogenbezeichnungen wie ꜥnt.w šw: „getrocknete Myrrhe“ oder bnr wꜣḏ: „frische Datteln“, bei denen das Attribut noch einmal denselben Klassifikator wie das Nomen haben kann.
Ein scheinbar zweites Beispiel für die scheinbare Fischbezeichnung auf pLeiden I 350 vso., III,4 wird noch genannt von W. Spiegelberg, Das Geschäftsjournal eines ægyptischen Beamten in der Ramsesstadt aus der Regierung Ramses’ II, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 17, 1895, 143–160, hier: 147 und 159, Anm. XXIV und Gardiner in seiner Kollationierung für das Wb, s. DZA 31.098.530 (abgelegt als einziger Beleg für Wb 5, 306.6). Dort steht es in einer Nahrungsliste in der Reihe bry wgs 200 tm.t 1000 bg(.t) 10 dmḏ 1210: „bry-Fische, ausgenommen: 200, tm.t: 1000, bg.t-Meeräschen: 10, zusammen: 1210.“ In seiner Neuedition von pLeiden I 350 hat , 12, 28 und 32 den Klassifikator von tm.tJ. J. Janssen, Two ancient Egyptian ship’s logs. Papyrus Leiden 1350 verso and papyrus Turin 2008+2016, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden. Supplement 42 (Leiden 1961) aber nicht als Fisch, sondern als Buchrolle gelesen (auch das Foto auf Taf. 1 spricht eher dafür) und in tm.t das Gegenstück zu wgs vermutet: „nicht ausgenommen“. Somit ist zu lesen: „bry-Fische, ausgenommen: 200, nicht ausgenommen: 1000 (...)“. Dieser Lesung folgt K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions. Historical and Biographical. II (Oxford 1979), 809,10, worauf sich D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 3. 1979 (Paris 1982), 79.3410 bezieht; Westendorf 1999, 641 mit Anm. 138 referiert wiederum auf Meeks. Die bei Meeks und infolgedessen Westendorf zu findende Phrase rm.w tm ist allerdings missverständlich, weil an der angegebenen Stelle eben keine rm.w-Fische, sondern bry-Fische genannt sind. Die Verbindung rm.w tmt findet sich dagegen in vergleichbaren Stellen im pHarris I, 20b,15–21a,1 und 65c,7–8 (s. J. J. Janssen, Two ancient Egyptian ship’s logs. Papyrus Leiden 1350 verso and papyrus Turin 2008+2016, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden. Supplement 42 (Leiden 1961), 32 und interessanterweise auch schon Spiegelberg, in: RecTrav 17, 1895, 159, Anm. 3, der damit eigentlich auf die richtige Spur hätte kommen müssen; zum pHarris I s. P. Grandet, Le Papyrus Harris I (BM 9999), 2 Bd., Bibliothèque d’étude 109 (Le Caire 1994), 250–251 und 318, Taf. 20–21 und Taf. 65).
Einen scheinbar dritten Beleg nannte W. Spiegelberg, Das Geschäftsjournal eines ægyptischen Beamten in der Ramsesstadt aus der Regierung Ramses’ II, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 17, 1895, 143–160, hier: 159, Anm. XXIV in Papyrus Turin 68/III, 5; d.h. in W. Pleyte – F. Rossi, Papyrus de Turin (Leiden 1869), 68 resp. pTurin Cat. 2008, allerdings in Zeile II,5 (Spiegelbergs III,5 wird ein Druckfehler sein). Jedoch liegt dort dieselbe Phrase vor wie im pHarris: rm.w tm, vgl. , 59 und Taf. 3. Der Klassifikator von tmJ. J. Janssen, Two ancient Egyptian ship’s logs. Papyrus Leiden 1350 verso and papyrus Turin 2008+2016, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden. Supplement 42 (Leiden 1961) ist dort auf einen reinen Strich reduziert.
Eb 543–550: Heilmittel gegen Blasen
Eb 543
Anfang der Heilmittel zum Beseitigen von ꜣk.wt-Blasen (?):
[72,1] Dattelsaft: 1 (Dosis), bd.t-ḥꜣwr.t-Natron: 1 (Dosis), Gummiharz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde daran (d.h. an die betroffene Stelle) gegeben.
Eb 544
Ein anderes (Heilmittel):
twn-Pflanzen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis).
Werde daran (d.h. an die betroffene Stelle) gegeben.
Eb 545
Ein anderes (Heilmittel):
mꜣd-Mineral: ∅.
Werde mit Myrrhe fein zermahlen. Werde daran (d.h. an die betroffene Stelle) gegeben.
Eb 546
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von kꜣkꜣ.wt-Blasen an jedem Körperteil eines Mannes:
Koniferenharz: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis), ẖsꜣ.yt-Balsam: [72,5] 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Ruß (?)1: 1 (Dosis), ((Wasser: ∅)).
Werde fein zermahlen; werde zu einer homogenen Masse vermengt. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 wbd: „Ruß (?)”: Westendorf 1999, 497 vermutet mit Verweis auf R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64 (Mainz am Rhein 1995), 189 = R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 2. Auflage (Mainz am Rhein 1997), 203, Nr. 7263 „Ruß“. Diese Vermutung findet sich auch schon bei J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 160, worauf Hannig vielleicht zurückgehen mag. Der Klassifikator des Wortes, die Feuerpfanne, stützt jedenfalls eine solche Vermutung.
Eb 547 = Eb 550
Ein anderes (Heilmittel):
Unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Pflanzenbrei: 1 (Dosis), rotes Natron: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde damit sehr oft gesalbt.
Eb 548
(Heilmittel zum) Beseitigen von kꜣkꜣ.wt-Blasen:
ḏꜣꜥ-Pflanzen: ∅.
Werde mit dem ḥrw.t-Teil1 des Bieres gekocht. Werde über 4 Tage hinweg gegessen.
1 ḥrw.t: Westendorf 1999, 502 vermutet „Schaum“ als Ableitung von der Präposition ḥr: „auf“. Hierfür wäre zu prüfen, wie schäumend ägyptisches Bier war.
Eb 549
Ein anderes (Heilmittel):
Ruß (?): 1 (Dosis), Leinsamen (?): 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge: 1 (Dosis), šfšf.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Wasser: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 550 = Eb 547
Ein anderes (Heilmittel):
Unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Pflanzenbrei: 1 (Dosis), rotes Natron: [72,10] 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde damit sehr oft gesalbt.
Eb 551–555: Heilmittel gegen Abszesse
Eb 551 = pLouvre E 32847, Rto. x+7,5–6
Anfang der Heilmittel zum Beseitigen von Abszessen im Körper eines Mannes, in allen Körperteilen:
sk.j-Mehl von der Tenne: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde damit sehr oft gesalbt.
Eb 552 = pLouvre E 32847, Rto. x+7,6–7 sowie Eb 12 = pLouvre E 32847, Rto. x+10,1, vgl. Eb 9, Bln 147
Ein anderes (Heilmittel):
„Erdhaar“-Früchte: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde fein zermahlen. Werde getrunken.
Eb 553
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Quetschungen von Abszessen an den Zähnen:
šps-Pflanzen (oder: Ostafrikanischer Kampfer (?)): 1 (Dosis), Gummiharz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 554
(Mittel zum) Beseitigen von Abszessen [72,15] an den Zähnen und Wachsen-Lassen des (Zahn-)Fleisches:
bsbs-Pflanzen: 1 (Dosis), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1 (Dosis), jns.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde gespült.
Eb 555
Ein anderes (Heilmittel):
tjꜥm-Pflanzen: 1 (Dosis), jns.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), ꜥmꜥꜥ-Körner (der Gerste / des Emmers): 1 (Dosis), nwꜣn-Pflanzen: 1 (Dosis), Sellerie: 1 (Dosis), Wurzel des Ostafrikanischen Kampfers (?): 1 (Dosis), Konyza (?): 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Wasser: ∅.
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 556–591: Heilmittel für Schwellungen
Eb 556 = pLouvre E 32847, Rto. x+5,1–2
Anfang (der Heilmittel zum) Beseitigen von Schwellungen und zum Stillen1 des „Kauens“ in jedem Körperteil eines Mannes:
[72,20] ns.ty-Keimlinge (?) des bšꜣ-Getreide(produkte)s2: 1 (Dosis), šnf.t-Früchte: 1 (Dosis).3
Werde mit Pflanzenbrei vermengt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Wreszinski 1913, 142 beginnt mit sgr.t eine neue Zeile, setzt also das vorherige als separate Überschrift der gesamten Rezeptgruppe ab. Bardinet 1995, 331 setzt, wie immer, ḥꜣ.t-ꜥ-m als separate Überschrift ab, stellt aber dr šf.wt und sgr.t wšꜥ.w parallel. Westendorf 1999, 642 behandelt schließlich das gesamte Rubrum als einheitliche Überschrift.
2 bšꜣ: Nur in Kurzform mit Kornmaß und Pluralstrichen geschrieben. Das Wörterbuch (vgl. die Reiterkarte DZA 25.303.370 mit dem darunter abgelegten Zettel DZA 25.303.380), Ebbell 1937, 87 („barley“) und B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 149 denken an jt, das häufig so abgekürzt wird. Aber weil die ns.ty-Droge zwei weitere Male im pEbers mit bšꜣ verbunden wird, vermuten von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 235 und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 182–183 sowie 315, dass in Eb 556 nur eine abgekürzte Schreibung für bšꜣ vorliegt und ebenfalls ns.ty bšꜣ zu lesen ist. Dem folgen Bardinet 1995, 331 und Westendorf 1999, 642. Die Parallele pLouvre E 32847, Rto. x+5,1 schreibt tatsächlich bšꜣ, was diese Lesung auch in Eb 556 bestätigt, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 63.
3 Der Louvre-Papyrus fügt dem Rezept noch „Koriander, Früchte der Sykomore, gemaischter Pflanzenbrei“ hinzu, lässt aber bei allen Drogennamen die Mengenangabe weg, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 63.
Eb 557 = H 140, pLouvre E 32847, Rto. x+7,8–9
Ein anderes (Heilmittel) zum Herausholen des Eiters:
jpšnn-Droge: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), bzn-Salz vom Ofen: 1 (Dosis), [73,1] Johannisbrot: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Schnitzel (?) von Datteln: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 558
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis), qst.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
((Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet.1 (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.))2
1 Der Satz wurde senkrecht im Zwischenraum zwischen Kolumne 73 und 74, beginnend auf Höhe von Zeile 73,2, nachgetragen.
2 Der Satz wurde senkrecht im Zwischenraum zwischen Kolumne 73 und 74 nachgetragen.
Eb 559
Ein anderes (Heilmittel):
Kügelchen der Erdscholle: 1 (Dosis), in Wasser gegeben und zu Brei verarbeitet, Johannisbrot: ∅.
Werde zermahlen; werde durch Tücher geseiht; werde zu einer homogenen Masse verkocht; werde zu einem (Brot)laib verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 560
Ein anderes (Heilmittel):
ꜥmꜥꜥ-Körner vom weißen Emmer: ∅.
[73,5] Werde gedörrt; werde zerquetscht; werde durch Tücher geseiht; werde in Pflanzenbrei gegeben; werde zu einem (Brot)laib verarbeitet, vermengt mit Öl/Fett. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 561
Ein anderes (Heilmittel), etwas, was zu tun ist bezüglich von Füßen, die schmerzhaft geschwollen sind:
Rotes Natron: 1 (Dosis).
Werde mit „Entstandenem“ vom Dattelsaft vermengt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 562
Ein anderes (Heilmittel) für das Knie:
Mehl von Langbohnen: 1 (Dosis), sk.j-Mehl von der Tenne: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Harn vom Menschen: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. (Das Knie) werde darüber verbunden.
Eb 563 = H 125
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Schwellung und Stillen des „Kauens“ in [73,10] allen Körperteilen:
gw-Gras: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), lebhafte (?) Datteln: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), gegorener Pflanzenbrei: 1 (Dosis), šnf.t-Früchte: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 564 = H 126
Ein anderes (Heilmittel):
Holzkohle: 1 (Dosis), Dattelsaft: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Bodensatz des Bieres: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 565
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen einer Schwellung in allen Körperteilen:
Du bereitest ihm folglich Mittel zum Herausholen des Wassers aus der Schwellung:1
Mehl von frischer Gerste: 1 (Dosis), gw-Gras vom Ufer: 1 (Dosis), gw-Gras vom Garten: 1 (Dosis), mw.t-Teile vom gw-Gras: 1 (Dosis), [73,15] Bleiglanz: 1 (Dosis), Mehl der qꜣꜣ.t-Droge: 1 (Dosis),2 in neuem Öl/Fett (und) Faserbäuschen (?) von db.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), Tinte: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis), „männlicher“ Pflanzenbrei: 1 (Dosis), tjwjꜣ-Droge3: 1 (Dosis), wty.t-Droge: 1 (Dosis), Mehl von Früchte/Samen der nḏḥꜥḏḥꜥ.t-Pflanze, gekocht: 1 (Dosis), Leinsamen (?): 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Sicher eine Verkürzung eines Konditionalsatzes des Musters: „Wenn du einen Mann mit ... untersuchst, so bereitest du ihm folglich ... .“
2 qꜣꜣ.t 1: Ursprünglich stand nur qꜣꜣ.t da, das hinter dem Mineralienkorn + Pluralstrichen weitere Pluralstriche hatte. Letztere sind nachträglich mit dem roten Einerstrich teilweise überschrieben worden.
3 tjwjꜣ-Droge: Nur hier belegt. Die Schreibung mit einem tjw-Vogel am Wortanfang ist ungewöhnlich und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 551 halten es daher für denkbar, dass es sich nur um das Ende eines Wortes handelt, dessen Anfang beim Zeilenwechsel vergessen wurde.
Eb 566 = H 127
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von wꜣm-Früchten: 1 (Dosis), Weintrauben: 1 (Dosis), šnꜥ.w-Pflanzen: 1 (Dosis), zermalmt in Pflanzenbrei: 1 (Dosis), frische ꜥḫ-Pflanzen: 1 (Dosis), zermalmt in Trinkwasser vom Fluss: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 567 = H 128
Ein anderes (Heilmittel):
Unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), [73,20] sk.j-Mehl von der Tenne: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), ein Laib aus Grütze (?)1: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden, um zu veranlassen, dass ihr (d.h. der Schwellung) Wasser abgeht.
1 jb.t n.t bj.t: Wörtlich: „Fladen von Fladen“ (beide Schreibungen sind im pEbers belegt). Die Parallele in H 128 schreibt nur jb.t: „Fladen“. Ebbell 1937, 88 übersetzt jb.t nicht und kann daher kommentarlos schreiben: „jbt of dough“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 235, Westendorf 1999, 644 und Bardinet 1995, 332 verstehen dagegen das zweite Wort als Schreibung für bj: „Grütze“.
Eb 568
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von ꜥmꜥꜥ-Körnern des Emmers: 1 (Dosis), Fettes vom Leder: 1 (Dosis), bzn-Salz [74,1] des Maurers: 1 (Dosis), šbb-Pflanzen: 1 (Dosis).
Werde mit Bodensatz von süßem Bier ausgepresst. Die Schwellung werde darüber verbunden.
Eb 569
Ein anderes (Heilmittel):
Frische ḥm.w-Pflanzenteile, mit mstꜣ-Flüssigkeit gekocht: 1 (Dosis), ḥwr.w-Droge in Muttermilch: ∅.
Werde an die Öffnung der ḫzd-Geschwulst gegeben, so dass sie von selbst zerfällt.
Eb 570
Ein anderes (Heilmittel):
Propolis (? wörtl.: Fliegenkot) im Milchsaft der Sykomore: ∅.
Werde an die Öffnung der ḫzd-Geschwulst gegeben, so dass sie von selbst zerfällt.
Eb 571
Ein anderes (Heilmittel):
[74,5] Trockenes (?)1 vom Gummiharz: 1 (Dosis), in Eselsmilch: 1 (Dosis).
Werde an die Öffnung der ḫzd-Geschwulst gegeben, so dass sie von selbst zerfällt.
Nachdem sie zerfallen ist, legt man folglich einen „Schwanz“ (d.h. einen Drain?) an sie.
Öl/Fett werde viel darauf gegeben, (ferner) šnf.t-Früchte: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), bzn-Salz vom Ofen: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Schnitzel (?) von Datteln: 1 (Dosis).
Werde mit „Selbstentstandenem“ vom Dattelsaft zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 šw: „Trockenes“: Die Schreibung sieht aus wie diejenige der psḏ-Schote. Dementsprechend lesen Ebbell 1937, 88, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 237 und Bardinet 1995, 333 eben psḏ. Zur hier vorgeschlagenen Lesung šw vgl. W. Westendorf, Beiträge aus und zu den medizinischen Texten. 8. Die Droge psḏ, in: Göttinger Miszellen 155, 1996, 109–112 und Westendorf 1999, 645.
Eb 572
Ein anderes (Heilmittel):
mjmj-Getreide: 1 (Dosis), Pflanzenbrei: 1 (Dosis), ꜥmꜥꜥ-Körner des Emmers: 1 (Dosis), [74,10] qꜣꜣ-Früchte (?) 〈des ...-Baumes〉: 1 (Dosis), Propolis (?, wörtl.: Fliegenkot): 1 (Dosis).
Werde mit Pflanzenbrei vermengt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 573
Ein anderes (Heilmittel):
Tinte eines Schreibers: ∅.
Werde zerstoßen; werde mit Pflanzenbrei eingedickt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 574
Ein anderes (Heilmittel):
Holz der ꜥš-Konifere: ∅.
Werde mit Pflanzenbrei und dem Boden eines neuen Hin-Topfes zerstoßen, (und zwar) werde (es im Verhältnis?) eins zu eins zerstoßen1. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Dieses zweite ẖꜣ.w des Satzes wird von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 231 und von Bardinet 1995, 333 partizipial oder stativisch als Attribut zum „neuen Hin-Maß-Gefäß“ verstanden, von Ebbell 1937, 89, und Westendorf 1999, 645 als Verarbeitungsanweisung des Drogengemisches (auch als Alternative gegeben in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 181, Anm. 1).
Eb 575
Ein anderes (Heilmittel):
„Knoten“ der ꜥš-Konifere: ∅.
Werde in Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat, zerstoßen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 576
Ein anderes (Heilmittel):
ꜥpnn.t-Tiere: 7, Fliegen: 7, „Durchwühler-der-Erde“-Tiere (?)1: 7,2 [74,15] Pulver aus Nubischem Hämatit von Elephantine: ∅.
Werde mit Öl/Fett gekocht. Die ḫzd-Geschwulst einer Schwellung (d.h. die ḫzd-Geschwulst, die durch eine Schwellung entstanden ist?)3 werde darüber verbunden.
1 „Durchwühler der Erde“: Die Drogenbezeichnung ist ohne Klassifikator geschrieben, aber dass dieselbe Mengenangabe steht wie bei den vorigen Tieren, legt nahe, auch hierin ein Tier zu sehen. Ebbell 1937, 89 erwägt „millipeds (?) of the soil“, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 237 einen Käfer, Westendorf 1999, 646 einen Käfer oder eine Ameise. Bardinet 1995, 333 gibt keinen Vorschlag an. Ein Kompositum jk.w-tꜣ kommt in den Pyramidentexten vor (PT 437, Pyr. 806b; PT 477, Pyr. 959b als Name des Geb; vielleicht auch PT 601, Pyr. 1663a) und wird PT 437 in der Version von Pepi I. mit einem Käfer klassifiziert. J. P. Allen, The ancient Egyptian Pyramid Texts, Writings from the Ancient World 38 (Atlanta 2015), 106 übersetzt es in PT 437 mit „earth-choppers“ und vermutet 201, Anm. 22 zu dieser Stelle: „Those who farm the deceased’s food“.
2 Die drei Mengenangaben sind nicht als Rubrum geschrieben.
3 Zur Deutung von ḫsd n šf.wt vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 669. Westendorf 1999, 646 übersetzt mit „Verfaulungs-Geschwulst einer Schwellung“.
Eb 577
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl/Pulver vom šnj-wšꜥ-Baum (?): 1 (Dosis), Mehl von sꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), Mehl von frischen Früchten (oder: frischen Wüstendatteln (?))1: 1 (Dosis).
Werde mit Pflanzenbrei gekocht und getrocknet2. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 jšd.t wꜣḏ.t: Zunächst steht einmal „frische Früchte“ da. Es wäre allerdings denkbar, dass man zu „frischen Wüstendatteln“ verbessern sollte (zumal dies eine spezfischere Drogenangabe ist). Da Letztere im pEbers immer maskulin sind, müsste man hierfür die Femininendungen hinter dem Substantiv und dem Adjektiv streichen. Vgl. beide Alternativen bei Westendorf 1999, 646. Eine weitere Alternative bietet Bardinet 1995, 333: „poudre (sciure?) de l’arbre à fruit-iched“; er denkt also, dass mit jšd.t nicht die Frucht, sondern der Baum gemeint ist.
2 swšr: Üblicherweise als Schreibung des Verbs „trocknen“ interpretiert. Die Klassifizierung mit drei Wasserlinien ist ungewöhnlich, aber immerhin als graphische Contradictio in Adiectio erklärbar. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I deuten das davorstehende ḥr als koordinierende Präposition (s. die wenigen Fälle der dann vorliegenden Gebrauchsweise auch in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 624, s.v. H): „Werde gekocht und (...) werde getrocknet in Pflanzenschleim“. Ihm folgt Westendorf 1999: „werde gekocht und werde getrocknet (und gegeben) in Pflanzenschleim“. In der zugehörigen Anmerkung spezifiziern von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 182: „Die Drogenbereitung ist wohl so zu verstehen, daß die Drogen in Pflanzenschleim gekocht werden und durch den Kochprozeß dabei austrocknen. Vergleicht man unsere Stelle mit Sm 21,9–22,10 (...), wo vom Verdampfen des Wassers beim Kochen die Rede ist, so könnte man auf die Vermutung kommen, daß swšr mw zu lesen ist: ‚Austrocknen des Wassers‘.“ In dem Fall wäre swšr ohne Klassifikatoren geschrieben. Ähnlich wie von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999, nur unter Umstellung der Satzglieder, übersetzt Bardinet 1995, 333: „(Ce) sera cuit avec du mucilage et séché.“ Eine weitere Möglichkeit wäre schließlich, davon auszugehen, dass vor swšr etwas ausgefallen ist: „Werde gekocht mit ⟨...⟩; werde getrocknet mit Pflanzenbrei“.
Eb 578
Ein anderes (Heilmittel):
ẖꜥꜥ-Teile vom Speisebedarf (?): 1 (Dosis), Katzenkot: 1 (Dosis), Hundekot: 1 (Dosis).
Die Schwellung werde darüber verbunden.
Eb 579
Ein anderes (Heilmittel):
Mehl von Gerste: ∅.
Werde mit mstꜣ-Flüssigkeit vermengt; werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 580, vgl. Eb 584, H 41
Ein anderes (Heilmittel):
ẖꜥꜥ-Teile von Wäschelauge: [74,20] 1 (Dosis), Zähne vom Schwein: ∅, Katzenkot: 1 (Dosis), Hundekot: 1 (Dosis), Früchte vom „Stechholz“: 1 (Dosis).
Werde zermalmt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 581
Ein anderes (Heilmittel):
ḏꜥ.t-Droge1: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 ḏꜥ.t: Westendorf 1999, 646, scheint es mit der Landbezeichnung ḏꜥ.t (Wb 5, 535.12) zu verbinden, denn er übersetzt mit „Erde“.
Eb 582
Ein anderes (Heilmittel):
[75,1] Töpferton, zermahlen in Gummiharzlösung (wörtl: Wasser von Gummiharz): 1 (Dosis), Früchte der Sykomore: 1 (Dosis), Früchte des Christdorns: 1 (Dosis), Kätzchen der Ägyptischen Weide: 1 (Dosis), mjmj-Getreide: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 583
Ein anderes (Heilmittel) zum Kühlen und Beseitigen einer Schwellung:
šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde darüber 4 Tage lang verbunden.
Eb 584 = H 41, vgl. Eb 580
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Krankheitsauslösern (?) und (ihres?) Umherschnellens in allen Körperteilen eines Mannes:
ẖꜥꜥ-Teile von {Kot}〈Wäschelauge〉1: ∅, Katzenkot: ∅, [75,5] Hundekot: ∅, Früchte des „Stechholzes“: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden. Das ist das Beseitigen einer Schwellung.
1 Emendation aufgrund der sonstigen Verbindungen von ẖꜥꜥ.w.
Eb 585
(Mittel zum) Beseitigen einer Schwellung im Bauch:
Milch eines Weibchens (?)1: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), krkr-Pflanzen: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde zu einer homogenen Masse zermalmt. Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 jrṯ.t jd.t: Zunächst einmal steht da „Milch einer Milchkuh“, so übersetzen es auch Bardinet 1995 und Westendorf 1999, und diese Übersetzung liegt auch nahe. Allerdings wird Kuhmilch sonst stets als jrṯ.t (n.t) jḥ: „Milch vom Rind“ bezeichnet. Daher fragt sich, ob jd.t an dieser Stelle nicht eher die von der Grundbedeutung „Kuh“ abgeleitete, erweiterte Bedeutung „weibliches Tier“ hat und in dem Rezept vielmehr die Milch jeglichen (scil: Säuge-)Tieres verwendet werden kann, nur eben kein pflanzlicher Milchsaft, der ebenfalls jrṯ.t genannt wird. Eine weitere Alternative wäre, dass hier eine Genusdifferenzierung analog zum „männlichen Bleiglanz“ angedeutet sein könnte, also „weibliche Milch“. Was darunter zu verstehen wäre, ist zwar unklar, doch bedürfte diese Art der Qualifizierung von einzelnen Produkten über eine Geschlechtsangabe generell einer genaueren Untersuchung.
Eb 586
Ein anderes (Heilmittel):
Unterägyptisches Salz: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 587
Ein anderes (Heilmittel):
sw.t-Wildweizen: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Honig: 1/8 (Dja), ḥnb.t-Droge1: 1/32 (Dja), ḏꜣjs-Pflanzen: 1/32 (Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 ḥnb.t: Westendorf 1999 vermutet kommentarlos, aber vorsichtig „Salbkugel ?“. Offenbar denkt er an einen Zusammenhang mit ḥnb: „Salbkügelchen“ (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 607); ein nur einmal vorkommendes Wort, dessen Bedeutung auch nur aus dem Kontext geraten ist.
Eb 588 = H 132, pLouvre E 32847, Rto. x+12,1–2
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Veranlassen, dass eine 〈jede〉 Sache〈, die〉 von selbst 〈entstanden ist,〉 zerfällt (oder: Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Veranlassen, dass eine 〈jede〉 Sache〈, die entstanden ist/entsteht,〉 von selbst zerfällt):1
Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse [75,10] verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
1 Abgesehen von dem Unterschied in den Ingredienzien stj mrḥ.t vs. bj.t liegt dieselbe Rezeptur wie in pLouvre 32847, Rto. x+12,1–2 vor, und T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 93 mit Anm. 101 nimmt daher an, dass (scil.: eine Variante) desselben Rezeptes vorliegt. Eine direkte Parallele findet das Louvre-Rezept in H 132. Im pLouvre ist das Rezept gegen/für wbꜣ (j)ḫ,t nb.t ḫpr.t ḏs=s: „das Sich-Öffnen einer jeden Sache, die von selbst entstanden ist“ gedacht. Im pEbers könnte nb ḫpr.t aufgrund des Zeilenwechsels ausgefallen sein. Das „Öffnen“ einer Sache, d.h. einer Krankheit, Wunde o.ä., wird in den medizinischen Papyri eher mit dem Verb sḏ: „aufbrechen“ ausgedrückt; das sehr selten in diesem Kontext gebrauchte wbꜣ scheint eher eine passive Nuance zu besitzen: die Wunde öffnet sich von selbst (s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 171, s.v. wbꜣ A.II mit nur zwei Belegen aus Sm 39). Diese Nuance würde u.U. auch im pLouvre und pHearst passen, wenn das auch mangels weiterer Belege für das Phänomen jḫ.t ḫpr.t ḏs=s nicht verifiziert werden kann.
Angesichts des Beleges in Sm 39 wäre es zudem möglich, dass auch im Louvre-Rezept = H 132 das ḏs=f von wbꜣ abhängt und nicht von jḫ.t nb.t ḫpr.t, dass sich also „eine jede Sache, die entsteht/entstanden ist, von selbst öffnet“ statt dass sich „eine jede Sache öffnet, die von selbst entstanden ist“. Dasselbe wäre für Eb 588 denkbar: Soll dort die Sache „von selbst zerfallen“? So bisher auch alle Übersetzungen der Stelle, und unter dieser Prämisse wäre die Stelle auch ohne nb.t ḫpr.t verständlich, so dass vielleicht gar nichts fehlt.
Eb 589
Ein anderes (Heilmittel) zum Stillen des „Kauens“:
gw-Gras vom Rand des Fruchtlandes (?)1: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ vom Dattelsaft: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an den Ort der Schwellung gegeben.
Handle (so), und du wirst (den Erfolg) sehen! Siehe, das ist ein ordnungsgemäßes Heilmittel! Bei der Revision im Tempel des (Osiris) Wennefer wurde es gefunden.
Das ist ein Heilmittel zum Beseitigen einer Schwellung in allen Körperteilen eines Mannes. 〈Er〉 wird folglich sofort gesund werden. Handle (so), und du wirst (den Erfolg) sehen!
1 pnd: Bei Wreszinski 1913 und im von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I pn.t transliteriert. Westendorf 1999, 648, Anm. 151 schlägt einen Zusammenhang mit pnd: „fruchtbar machen“ und die auch hier übernommene Bedeutung vor. Das Hieratische ließe diese Transliteration sogar zu, so dass man nicht einmal emendieren (ergo: einen vermeintlichen Fehler korrigieren) müsste.
Eb 590
(Ein Heilmittel zum) Beseitigen einer Schwellung, damit (sie) überhaupt nicht mehr existiert:
Ein Hin (= 1,6 Dja) [75,15] Gerste, zerstampft und zermahlen, ꜥmꜥꜥ-Körner (der Gerste / des Emmers): ∅, rotes Natron: 1 (Dosis), sꜥꜣm-Pflanzen: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 591
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Schwellung und (zum) Stillen des „Kauens“ im Knie:
Johannisbrot: 1 (Dosis), Schoten der Langbohne: 1 (Dosis), rotes Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), gegorener Pflanzenbrei: 1 (Dosis).
Das Knie werde darüber verbunden, so dass es sofort gesund wird.
Eb 592–602: Heilmittel gegen Blutfraß und zum Stillen des Kauens
Eb 592
Anfang der Heilmittel gegen Blutfraß und (zum) Stillen des „Kauens“:
Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), jnwn-Pflanzen: [75,20] 1 (Dosis), sꜣr-Pflanzen: 1 (Dosis), sbtt.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), sꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), mꜥꜥ-Körner (der Gerste/des Emmers): 1 (Dosis), Mehl/Pulver1 von „männlichem“ Pflanzenbrei: 1 (Dosis), Bodensatz vom Wein: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ vom Dattelsaft: 1 (Dosis).
Werde in [76,1] Handwärme (wörtl.: Wärme des Fingers) zu einer homogenen Masse verkocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Westendorf 1999, 648 mit Anm. 152 vermutet eine Textverderbnis im Zeilenumbruch: qꜣw/dq.w: „Mehl, Pulver“ steht am Ende von Zeile 75,20 und Westendorf vermutet, dass beim Wechsel auf die neue Zeile etwas vergessen wurde: „Mehl/Brei von [..?..] [1]; männlicher Pflanzenschleim 1“. Dies begründet er damit, dass nach dem Rezept Bln 149 die Droge ḥzꜣ ṯꜣ.y eigentlich flüssig sein müsste, weil das dortige Rezept getrunken werden soll. Sein Vorschlag muss aber insofern modifiziert werden, als das Genitiv-Adjektiv schon am Beginn von Zeile 75,21 steht. Der „männliche Brei“ ist somit in jedem Fall das Nomen rectum einer Genitivverbindung, selbst wenn zwischen ihm und dem qꜣw/dq.w der vorigen Zeile etwas ausgefallen ist. Also hätte Westendorf eigentlich übersetzen müssen: *„Mehl/Brei von [..?..] [1]; [...] vom männlichen Pflanzenschleim 1“. Hinzu kommt, dass im Rezept Bln 149 der ḥzꜣ ṯꜣ.y nicht die einzige Droge ist. Sie soll zu gleichen Teilen mit Maische, „Erdhaar“-Früchten und Bier vermischt werden. Die Rezeptur enthält also auch andere flüssige bzw. teilweise flüssige Bestandteile, die zu der Wortwahl „werde getrunken“ Anlass gegeben haben könnten. Nicht zuletzt sei ferner darauf hingewiesen, dass noch gar nicht klar ist, worum es sich genau bei „Männlichem Brei“ handelt und dass er, selbst wenn er flüssig oder halbflüssig ist, vielleicht einen Bestandteil enthielt oder selbst gänzlich in einen Zustand übergehen könnte, den man zu „Mehl/Pulver“ weiterverarbeiten konnte.
Eb 593 = Eb 198b, H 143
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen eines Blutnestes, ohne dass es sich festsetzt:1
sꜥꜣm-Pflanzen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/32 (Dja), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1/8 (Dja), šꜣšꜣ-Früchte: 1/64 (Dja), Öl/Fett: 1/16 (Dja).
Werde mit Bier vom Extra-Opfer (?) gekocht. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
1 n ṯs.n=f: Eb 198a und H 143 schreiben n ṯs.t=f: „bevor es sich festgesetzt hat”. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 269.b, Anm. 3 vermutet in der Form von Eb 593 ein „prospektives sḏm.n=f“. Man könnte hierin vielleicht auch einen negativen Generalis im Umstandssatz nach W. Schenkel, Tübinger Einführung in die klassisch-ägyptische Sprache und Schrift, 7. Auflage (Tübingen 2012), S. 239 ansetzen.
Eb 594, vgl. Eb 198c
Ein anderes (Heilmittel):
Fett: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), gw-Gras vom Garten: 1 (Dosis), gw-Gras [76,5] vom Ufer: 1 (Dosis), Sägemehl der ꜥš-Konifere: 1 (Dosis), edle Salbe: 1 (Dosis), getrocknete Myrrhe: 1 (Dosis), ꜥꜣg.yt-Absonderung: 1 (Dosis), Sellerie: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 595
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Herannahen-Lassen des Eiters:
Mehl von Datteln, gedörrt1: 1 (Dosis), Mehl von ꜥmꜥꜥ-Körnern des Emmers: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), „Federkonstruktion“2-Droge: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden, indem sie/es erwärmt ist.
1 wꜣm: Wreszinski 1913, 150 versah die Schreibung mit einem „sic“ und setzte vor der Feuerpfanne ein kleines Spatium. Er scheint demzufolge hierunter die wꜣm-Droge und in der Feuerpfanne die häufige Abkürzung für psi̯ gesehen zu haben. So auch Ebbell 1937, 90: „roasted wꜣm“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 234, Westendorf 1999, 649 und Bardinet 1995, 336 vermuten hier dagegen das Verb wꜣm/wꜣi̯.
2 kꜣ.t-šw.t: „Federkonstruktion“: Schon Stern, in: Ebers 1875, 34 vermutet hierin kommentarlos ein „nomen herbae“. Diese vorgegebene Richtung der Identifizierung weiter verfolgend, schlägt W. R. Dawson, Studies in the Egyptian Medical Texts III, in: Journal of Egyptian Archaeology 20, 1934, 41–46, hier: 46 vor, darin eine Flechte zu sehen, wobei seine Deutung hauptsächlich auf dem Klassifikator, den Haaren, basiert. Er denkt sogar konkret an Parmelia furfuracea, weil diese Pflanze gelegentlich in ägyptischen Mumien gefunden wurde. R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 331 und R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 143 widerspricht dem allerdings, weil diese Pflanze einen flächigen Thallus habe, wozu die Klassifizierung von kꜣ.t-šw.t mit den Haaren nicht passen würde. Sie merkt zu Recht an, dass überhaupt nicht klar ist, ob es sich überhaupt um ein pflanzliches Produkt handelt. Sie schlägt in Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 331 vor, den Haarklassifikator nur auf šw.t, nicht auf die gesamte Konstruktion zu beziehen und darin das normale Wort für „Feder“ zu sehen; davon abgeleitet sei der Drogenname, wie hier übernommen, vielleicht als „Federkonstruktion“ zu interpretieren; die „Federkonstruktion der Mauer“ des Bln sei vielleicht ein Nest.
Eb 596
Ein anderes (Heilmittel) {((zum))} zum 〈Beseitig〉en 〈von ... am〉 Hals:1
Fledermaus, aufgetrennt: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden, so dass er sofort gesund wird.
1 Eigentlich hatte der Schreiber die Genitivnisbe ausgeschrieben und die Phonogramme von dr vergessen. Dann hat er bzw. der Korrektor zwar gesehen, dass an der Stelle etwas fehlte, hat aber statt der Phonogramme von dr versehentlich noch einmal die Genitivnisbe nachgetragen. Dass zudem nach dem Verb noch die Krankheitserscheinung fehlt, scheint dann übersehen worden zu sein.
Eb 597, vgl. Eb 211
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des Blutes [76,10] an der Rippengegend:
Maische, gegoren (wörtl.: entstanden): ∅, gegorener Pflanzenbrei: ∅.
Werde gekocht; werde zu irgendeiner Masse verarbeitet; werde zu zwei Kugeln verarbeitet, die (hinauf)kommen und hinabsteigen (???)1; werde mit Öl/Fett und Olivenöl eingesalbt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 prr hꜣꜣ: Ebbell 1937, 91 vermutet hierin eine weitere Verarbeitungsanweisung dergestalt, dass die Kugeln hin- und herbewegt werden sollen: „(they) being moved to and fro“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 157 und II, 133, Anm. 4 folgen ihm weitgehend darin, übersetzen aber wörtlicher: „indem ⟨sie⟩ aufsteigen ⟨und⟩ absteigen“. Auch Bardinet 1995, 336 interpretiert es als Verarbeitungsanweisung, aber syntaktisch als eigenständigen Hauptsatz mit prr als Prädikat und hꜣꜣ als partizipialem Subjekt: „Ce qui descend sera sorti (= les deux boules seront exprimées).“ Westendorf 1999, 649 vermutet in beiden Verben dagegen wieder eine uneingeleitete Protasis eines Konditionalsatzes: „wenn (sie) auf- und absteigen, werden (sie) ...“.
Eb 598
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen der Krankheit, die im Inneren des Körpers ist:
šꜥ.tjt-Gebäck, mit mstꜣ-Flüssigkeit vermengt, nachdem es vom Feuer gekommen ist: ∅.
Das Leiden werde darüber verbunden.
Eb 599
Ein anderes (Heilmittel):
šꜥ.tjt-Gebäck, mit Öl/Fett und unterägyptischem [76,15] Salz vermengt und erwärmt: ∅.
Die Einwirkung jeder Sache (und) jedes Leiden werden darüber verbunden.
Eb 600
Ein anderes (Heilmittel):
šns-Brot: ∅.
Werde mit unterägyptischem Salz vermengt. Jedes Leiden werde darüber verbunden.
Eb 601
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Schmerzen in allen Körperteilen eines Mannes:
Rizinussamen: ∅.
Werde zerstoßen; werde in Honig gegeben. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 602
Ein anderes (Heilmittel) für eine Rippengegend, die schmerzt:
Ein Hin-Topf Maische: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verkocht; werde vermengt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 603–615: Heilmittel für die Beine
Eb 603
Anfang der Heilmittel zum Geschmeidig-Machen [76,20] eines Knies:
gy.t-Pflanzen: 1 (Dosis), fettes Fleisch: 1 (Dosis), Mehl vom sw.t-Wildweizen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. Das Knie werde darüber verbunden.
Eb 604 = Ram III A 3–4
Ein anderes (Heilmittel) für ein Knie, das zurückweicht:
Häcksel/Spreu1, gesiebt: ∅.
[77,1] Werde mit Wasser vermischt. (Das Knie) werde darüber verbunden, so dass ihm (d.h. dem Patienten) sofort angenehm ist.
(Das) kann bei jedem Körperteil, (bei) dem du (es) möchtest, getan werden.
1 Das Substantiv dḥꜣ ist im Wb 5, 481.1–7 mit den Bedeutungen Stroh und Häcksel angegeben, in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 579 sogar nur als „Stroh“ (ebenso R. A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954), 190; zu seinem Verweis auf das Koptische s.u.). Den hieroglyphischen und hieratischen Belegen nach ist es jedoch weniger reines Stroh als vielmehr ein schon etwas verarbeiteter Teil des Getreides. Dafür sprechen drei Indizien:
(1) Im Grab des Paheri in Elkab steht es in einer Beischrift zu Korn austretenden Rindern als Anruf zu diesen: „Drescht für euch, drescht für euch! dḥꜣ zum (Fr)essen, Korn für eure Herren!“ Auch anderweitig dient es als Viehfutter, was zwar auch auf Stroh zutrifft, aber nach der Darstellung im Grab des Paheri eher auf die Bedeutung „Spreu“ oder „Häcksel“ hindeutet.
(2) Es ist als Bestandteil von Lehm für den Ziegelbau genannt, was die Bedeutung weiter in Richtung „Häcksel“ eingrenzt.
(3) Die Verarbeitung „sieben“ in Eb 604 spricht ebenfalls weniger für Stroh: In der Getreideverarbeitung während der Lebensmittelherstellung finden Siebvorgänge erst als letzte Arbeitsschritte vor der Einlagerung des Getreides, mithin nach dem Dreschen und Worfeln, statt (P. T. Nicholson – I. Shaw (Hrsg.) Ancient Egyptian materials and technology (Cambridge 2000), 506, Abb. 21.2 und 526).
Für das koptische Derivat ⲧⲱϩ gibt R. A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954), 190 dieselbe Bedeutung an wie für das Hieroglyphisch-Hieratische: „‚chaff‘, viz. chopped straw“, so auch W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 225: „paille hâchée“ (wenn Bardinet 1995, 337 in Eb 604 für dḥꜣ nqr.w ebenfalls „paille hachée“ schreibt, folgt er entweder Vycichl unter Ignorierung des nqr.w, oder von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I mit einer freien Wiedergabe des nqr.w als „gehäckselt“). W. E. Crum, A Coptic Dictionary (Oxford 1962), 453 gibt für das Koptische, anders als Vycichl, die semantisch breitere Bedeutung „chaff“ an und als griechische Entsprechung auch ἄχυρον, dass nach H. G. Liddell – R. Scott, A Greek-English Lexicon. Revised and augmented throughout by Sir Henry Stuart Jones (Oxford 1940) „chaff, bran, husks left after threshing or grinding“ bedeutet, also die Spreu ebenfalls einschließt (und auch die Kleie, die in den hieroglyphisch-hieratischen Gebrauchsweisen als Bedeutung nicht belegt ist).
Eb 605
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer Krankheit im Knie1:
Mehl der qꜣꜣ.t-Droge: 1 (Dosis), ḏꜣjs-Pflanzen: 1 (Dosis).
Werde in süßem Bier zermalmt; werde gekocht. (Das Knie) werde darüber verbunden.
1 mꜣs.t: Parallel zu Eb 604 ist sicher auch hier mꜣs.t zu lesen und nicht rd.
Eb 606
Ein anderes (Heilmittel):
sḥyḥ.t-Flugtier1, in einem Mörser zerstampft, indem jede ihm zugehörige Sache ((dabei ist)): ∅.
(Das Knie) werde darüber verbunden.
1 sḥyḥ.t: Einmal mit Doppelschilfblatt in Eb 606 und einmal mit nur einem Schilfblatt in Ram III B 2 belegt, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 459. J. W. B. Barns, Five Ramesseum Papyri (Oxford 1956), 20 verweist bezüglich einer möglichen Identifikation auf den mit sḥḥ überschriebenen Vogel im Grab von Baket III, Beni Hassan, Grab 15 (P. E. Newberry, Beni Hasan 2, Archaeological Survey of Egypt 2 (London 1893), Taf. 4, N. M. Davies, Birds and Bats at Beni Ḥasan, in: Journal of Egyptian Archaeology 35, 1949, 13–20, hier: Taf. 2).
Schon I. Rosellini, I monumenti dell’Egitto e della Nubia. 2,1. Monumenti civili (Pisa 1834), 181 hat den Vogel aus Beni Hassan mit Porphyrio hyacinthinus identifiziert, d.h. mit dem Purpurhuhn (nach heutiger Nomenklatus Porphyrio porphyrio, vgl. R. Bailleul-LeSuer – J. Wyatt, 19th century epigraphers as key to the identification of Baqet III’s birds in Beni Hassan, in: M. Betrò – G. Miniaci (Hrsg.) Talking along the Nile. Ippolito Rosellini, travellers and scholars of the 19th century in Egypt. Proceedings of the international conference held on the occasion of the presentation of progetto Rosellini. Pisa, June 14-16, 2012 (Pisa 2013), 19–34, hier: 28: sie geben fälschlich Rosellini S. 180 an). Mit dieser Identifzierung findet sich der Name dann auch bei S. Birch, Dictionary of hieroglyphics, in: C. C. J. von Bunsen (Hrsg.), Egypt’s place in universal history. An historical investigation in five books. 5 (London 1867), 335–586, hier: 476 und H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. III (Leipzig 1868), 989 (unter der invertierten Lesung ḥḥs!), ebenso noch bei P. F. Houlihan, A guide to the wildlife represented in the great swampland scene in the offering-chapel of Ti (No. 60) at Saqqara, in: Göttinger Miszellen 155, 1996, 19–53, hier: 31–34 und P. Vernus – J. Yoyotte, Bestiaire des pharaons (Paris 2005), 415. Eine alternative Identifikation mit dem Bronzesultanshuhn (Porphyrio chloronotus, nach heutiger Nomenklatur Porphyrio alleni) bietet P. Hippolyte-Boussac, Identification de quelques oiseux représentés sur les monuments pharaoniques, in: Le Naturaliste. Revue illustrée des Sciences Naturelles 30, 1908, 230–231, hier: 230. Vielleicht aufgrund dieser Unsicherheit legt sich N. M. Davies, Birds and Bats at Beni Ḥasan, in: Journal of Egyptian Archaeology 35, 1949, 13–20, hier: 15 nicht auf eine Art fest, sondern bleibt bei der Unterfamilie „Gallinule ?“; R. Bailleul-LeSuer – J. Wyatt, 19th century epigraphers as key to the identification of Baqet III’s birds in Beni Hassan, in: M. Betrò – G. Miniaci (Hrsg.) Talking along the Nile. Ippolito Rosellini, travellers and scholars of the 19th century in Egypt. Proceedings of the international conference held on the occasion of the presentation of progetto Rosellini. Pisa, June 14-16, 2012 (Pisa 2013), 19–34, hier: 28 tendieren wieder zu Porphyrio alleni.
H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 459 verweisen auf den Identifikationsvorschlag von Barns (wenn es mit Verweis auf Barns, d.h. letztlich auf Davies, „Teichhuhn (?)“ schreibt, ist das nicht ganz korrekt, denn das Teichhuhn ist eigentlich konkret Gallinula chloropus, die Teichralle), lehnt ihn aber ab, weil in Eb 606 dezidiert ein ganzes Tier verwendet werden soll, was eher für ein kleines Tier spricht. Dennoch findet sich die Gleichsetzung des sḥḥ-Vogels mit dem sḥyḥ.t-Tier auch bei P. F. Houlihan, A guide to the wildlife represented in the great swampland scene in the offering-chapel of Ti (No. 60) at Saqqara, in: Göttinger Miszellen 155, 1996, 19–53, hier: 31–34. P. Vernus – J. Yoyotte, Bestiaire des pharaons (Paris 2005), 80 verweist zwar noch auf die Lesung sḥḥ,führt aber auf Seite 415 als Namen des fraglichen Vogels aus Beni Hassan nur noch sḥyḥ.t an. Das von H. Grapow – H. von Deines angesprochene Problem, dass Eb 606 eher für ein kleines Tier spricht, diskutiert er nicht. Westendorf 1999, 506 versucht zwar einen Kompromiss zwischen der Gleichsetzung von sḥyḥ.t mit sḥḥ und der von Eb 606 vorgegebenen Kleinheit, indem er „[v]ielleicht ein junges Purpurhuhn“ erwägt; in seiner Übersetzung von Eb 606 auf S. 650 bleibt er aber bei der seit Stern, in: Ebers 1875, 38 etablierten Alternativangabe Insekt/Vogel.
Eb 607
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Beseitigen von Schwäche/Lahmheit:
qn.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), [77,5] sk.j-Mehl von der Tenne: 1 (Dosis).
Werde mit „Selbstentstandenem“ vom Dattelsaft vermengt. Die Knie werden darüber verbunden.
1 mꜣs.tj: Zur Begründung, hier mꜣs.tj zu lesen und nicht, wie in Eb 615, rd.wj, siehe H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 351. Einen Dual in Pleneschreibung gibt es in Ram III B 1, so dass es prinzipiell möglich ist, einem Dual von mꜣs.t in einem Rezept zu begegnen, und in Mutter und Kind E 5,1 wird gbgb-Lahmheit mit pꜣḏ: „Kniescheibe“ verbunden. Nicht zuletzt folgen auf Eb 607 noch drei weitere Rezepte, in denen mꜣs.t ausgeschrieben ist, so dass mit Eb 603–610 eine geschlossene Gruppe von Rezepten gegen Kniebeschwerden vorliegen wird.
Eb 608
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen eines Knies:
sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ vom Dattelsaft: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Knochenmark vom Rind: 1 (Dosis), Fleisch vom Rind: 1 (Dosis), Milz vom Rind: 1 (Dosis), Bodensatz von süßem Bier: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zusammengeschlossen. (Das Knie) werde darüber verbunden.
Eb 609
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln einer Krankheit im Knie:
[77,10] Fettige ḏꜥ.t-Droge: 1 (Dosis), sk.j-Mehl von der Tenne: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), rotes Natron: 1 (Dosis), ḏꜣjs-Pflanzen: 1 (Dosis), jꜣg.wt-Droge: 1 (Dosis), Bodensatz von süßem Bier: 1 (Dosis), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. (Das Knie) werde darüber verbunden.
Eb 610
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen eines Knies:
Öl/Fett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), prš-Droge: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), Selleriesamen: 1 (Dosis), Früchte/Samen der šꜣms-Pflanze: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. (Das Knie) werde darüber verbunden.
Eb 611
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen einer tḫb-Schwellung eines Mannes:
wꜣd.w-Pflanzen vom Feld: ∅, Kaulquappen [77,15] vom Graben: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben). Die Beine werden damit gesalbt.
Eb 612
Was zu tun ist bezüglich einer Kniescheibe, die schmerzt:
šꜣšꜣ-Früchte: ∅.
Werde fein zermahlen; werde mit Wasser der mstꜣ-Flüssigkeit vermengt. (Das Knie) werde darüber verbunden, so dass er (d.h. der Patient) gesund wird.
Eb 613
Ein anderes (Heilmittel) zum Gesund-Machen der Fersen-/Fußknöchelbereiche, die krank sind:
Fett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), ḥsb.w-Paste (?) aus Malachit: 1 (Dosis), getrocknete Myrrhe: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Die schmerzende Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 614
Ein anderes (Heilmittel):
bsbs-Pflanzen: 1 (Dosis), Blätter der [77,20] Dornakazie: 1 (Dosis), Blätter des mꜣf.t-Baumes: 1 (Dosis), ḫꜣs.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Gummiharz der Dornakazie: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), frisches Olivenöl: 1 (Dosis), ẖsꜣ.yt-Balsam: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), ẖpꜣ-Kügelchen (?) der ꜥš-Konifere: 1 (Dosis), ẖpꜣ-Kügelchen (?) des Stech-Wacholders: 1 (Dosis), Wasser vom „Himmelstau“ (d.h. vom Regen?), getrocknete Myrrhe: 1 (Dosis), [78,1] sꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen. Die Fessel-/Fußknöchelbereiche werden darüber 4 Tage lang verbunden.
Eb 615
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des „Kauens“ in den Beinen:
Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), Früchte/Samen der šꜣms-Pflanze: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Die Beine) werden darüber 4 Tage lang verbunden.
Eb 616–626: Heilmittel für Finger und Zehen
Eb 616 = H 173b
Anfang der Heilmittel für einen Finger, der schmerzt, oder für einen Zeh:
Danach1 sollst du ihm ein [78,5] kühlendes Heilmittel bereiten2:
Blätter der Dornakazie: ein viertel (Dja), Blätter des Christdorns: ein viertel (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Fritte von Malachit: 1/32 (Dja), das Innere einer Süßwassermuschel: 1/8 (Dja).
Werde zermahlen. (Das betroffene Glied)3 werde darüber verbunden.
1 Die Konjunktion „Danach“ bezieht sich auf Eb 621: Die Parallele zu diesen beiden Rezepten, H 173, beginnt wie Eb 616 mit der Überschrift dieser Rezeptgruppe (wenn auch ohne das initiale ḥꜣ.t-ꜥ-m), listet dann die Drogen auf, die im pEbers etwas später das eigenständige Rezept Eb 621 bilden, und schließt daran die Bereitung des „kühlenden Heilmittels“ an.
2 jrr=k: In H 173b steht stattdessen das kontingente Tempus jri̯.ḫr=k.
3 „(Das betroffene Glied)“: Es handelt sich um ein Mittel für den Zeh, wie aus der Parallele H 173 hervorgeht.
Eb 617 = H 174
Wenn du einen Finger oder Zeh vorfindest, die schmerzen (und) um die / hinter denen1 Wasser kreist, deren Geruch schlecht ist (und) die einen zꜣ-Wurm (?) haben entstehen lassen, sagst du folglich dazu:
„(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
(Und) du bereitest du ihm (d.h. dem Patienten) folglich Mittel zum Abtöten des sp-Wurmes:
Oberägyptische sjꜣ-Droge: 1/32 (Dja), unterägyptische sjꜣ-Droge: 1/32 (Dja), [78,10] sfṯ-Öl: 1/8 (Dja).
Werde zermahlen. (Das betroffene Glied) werde darüber verbunden.
1 „um sie / hinter ihnen“: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 575 mit Anm. 2 übersetzt wörtlich als „hinter ihnen“ und vermutet, dass gemeint ist: „hinter den Nägeln der Zehen bzw. Finger“. Die Präposition ḥꜣ bedeutet aber nicht nur „hinter“, sondern auch „um ... herum“, gerade auch in Kollokation mit dem Verb pẖr, vgl. schon A. H. Gardiner, On the Meaning of the Preposistion , in: Proceedings of the society of Biblical Archæology 25, 1903, 334–336. Es könnte also auch gemeint sein, dass die betroffenen Glieder feucht sind. Die Identität des folgenden zꜣ-Wurmes bleibt unklar, weil das Wort nur in diesem Rezept und seiner Parallele H 174 vorkommt und damit ein Hapax ist. Am Ende des Rezeptes scheint aber diese Erscheinung mit der wurmartigen Erscheinung sp gleichgesetzt oder zumindest verbunden zu werden. Beide Bezeichnungen müssen nicht zwangsläufig tatsächlich belebt sein, sondern es könnte sich auch um wurmartige Gerinnsel oder andere wurmartige Erscheinungen handeln, vgl. für zꜣ etwa H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 705 und für sp ebd., 741. Es ist ferner zu notieren, dass das sp.y-Phänomen im medizinischen Papyrus London, 5,5 zusammen mit anderen, ähnlichen Phänomenen, von einem Nässen begleitet ist (es „kommt mit Wasser“, jyi̯ ẖr mw).
Eb 618 = H 177, H 188
Ein anderes (Heilmittel) für einen Nagel des Zehs:
Honig: ein viertel (Dja), Ocker: 1/64 (Dja), šmšm.t-Pflanzen1: 1/32 (Dja), ḥḏ.w-Harz: 1/32 (Dja), jbw-Pflanzen: 1/32 (Dja).
(Werde) ebenso (verfahren). (Der betroffene Nagel) werde darüber verbunden.
1 šmšm.t: (1) Schon H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. IV (Leipzig 1868), 1392 setzt diesen Pflanzennamen mit koptisch ⲥⲉⲙⲥⲏⲙ: „Sesam“ gleich, vgl. noch É. Chassinat, Deux formules pharmaceutiques coptes, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 49, 1950, 9–22, hier: 14. Schon V. Loret, La flore pharaonique d’après les documents hiéroglyphiques et les spécimens découverts dans les tombes (Paris 1892), 57 zweifelt jedoch diese Gleichsetzung an, zum einen, weil es keinen sicheren Nachweis für Sesam in Ägypten in pharaonischer Zeit gäbe, und zum zweiten, weil das gängigere koptische Wort für Sesam ⲟⲕⲉ sei, das mit einem hieroglyphischen „Ake“ zusammenhängen könnte. (Vermutlich meinte er damit die jwq.t-Pflanze, die üblicherweise nur als Schreibvariante von jꜣq.t: „Lauch“ angesehen wird, vgl. V. Loret, Recherches sur plusieurs plantes connues des anciens Égyptiens (suite), in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 16, 1894, 1–14, 92–102, hier: 4, Anm. 1; die von V. Loret, La flore pharaonique d’après les documents hiéroglyphiques et les spécimens découverts dans les tombes (Paris 1892), 57 angekündigte Studie zum Verhältnis dieser Pflanze zu šmšm.t scheint nicht erschienen zu sein.) Insgesamt hält es V. Loret, La flore pharaonique d’après les documents hiéroglyphiques et les spécimens découverts dans les tombes (Paris 1892), 57 aber für möglich, dass das hieroglyphische „Ake“ der einheimische Name für Sesam und šmšm.t ein semitisches Lehnwort sein könnte. Mit Verweis auf Lorets Zweifel lehnt L. Keimer, Die Gartenpflanzen im alten Ägypten. Ägyptologische Studien (Hamburg/Berlin 1924), 135 die Identifizierung von šmšm.t und ⲥⲉⲙⲥⲏⲙ ab (auf Lorets Hypothese, dass beide Bezeichnungen u.U. doch dieselbe Pflanze meinen könnten, geht er nicht ein). (2) In jüngerer Zeit ist šmšm.t oft mit „Hanf“ resp. „Cannabis“ übersetzt worden (bspw. Westendorf 1999, 507 [mit Fragezeichen], L. Manniche, An ancient Egyptian Herbal (London 1999), 82–83). Diese Übersetzung begründet sich darin, dass in den Pyramidentexten einmal davon die Rede ist, dass Seile aus der šmšm.t-Pflanze gedreht werden sollen. R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 198 u.a. führen diese Übersetzung auf W. R. Dawson, Studies in the Egyptian Medical Texts III, in: Journal of Egyptian Archaeology 20, 1934, 41–46, hier: 44 zurück, aber dieser Vorschlag wurde bereits bei der Erstellung des Berliner Wörterbuches erwogen, s. DZA 30.140.630. A. Lucas, Ancient Egyptian Materials (London/New York 1926), 149 führt die Erwähnung von Hanf-Funden bei G. Brunton, Mostagedda and the Tasian culture. British Museum expedition to Middle Egypt, first and second years, 1928, 1929 (London 1937), 145 (non vidi) an, schränkt dies aber dahingehend ein, dass der Lieferant unsicher sei, weil das dort erwähnte „hemp“ mehrere Pflanzen meinen könnte. Lucas denkt etwa an Hibiscus cannabinus, Kenaf, als möglichen Lieferanten. Der echte Hanf, Cannabis sativa L., ist jedenfalls laut R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 199 und R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 133 bislang für das pharaonische Ägypten nicht belegt. Auch P. T. Nicholson – I. Shaw (Hrsg.) Ancient Egyptian materials and technology (Cambridge 2000), 269 äußern sich zweifelnd zu den von Lucas erwähnten Hanf-Funden.
Eb 619 = H 178
Ein anderes (Heilmittel):
Honig: 1/8 (Dja), Ocker: 1/64 (Dja), Öl/Fett: 1/32 (Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 620 = H 175
[Eb 620a] Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln eines Zehs, der schmerzt:
Ocker: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), „Großer-Schutz“-Droge: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Schmutz (?)1 des Hofes: 1 (Dosis), Leinsamen (?): 1 (Dosis), ns.ty-Keimlinge (?)2: 1 (Dosis).
Werde gekocht; werde zu Pulver verarbeitet.3
[Eb 620b] Nachdem [78,15] du diese Pulver bereitet hast, bereitest du folglich ein Salbmittel aus Knochenmark: ∅, Fett: ∅, Honig: ∅, Öl/Fett: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. Werde daran (d.h. an die betroffene Stelle) gegeben.
1 ẖnn.w: Stern, in: Ebers 1875, 60 missversteht die darauf folgende Genitivpartikel als Klassifikator und denkt an eine Bezeichnung für ein Gefäß. Ebbell 1937, 93 interpretiert die Schreibung dagegen als Genitivverbindung, bietet aber keine Übersetzung für das erste Wort: „ẖnnw from the courtyard“. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 415 verweist auf die ähnliche Verbindung mkj n.w hʾ und nennt bezüglich mkj (H. Grapow – H. von Deines, 291) nur Ebbells Vermutung „Staub“. Als dritte vergleichbare Verbindung gibt es noch jtn.w n hʾ: „Erde vom Hof“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 70 und Bardinet 1995, 339 übersetzen das Wort, wie Ebbell, nicht. Westendorf 1999, 504 vergleicht es immerhin mit dem demotischen ẖnn, das nach E. A. E. Reymond, From the contents of the libraries of the Suchos temples in the Fayyum I. A medical book from Crocodilopolis. P. Vindob. D. 6257, Mitteilungen aus der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek (Papyrus Erzherzog Rainer). Neue Serie 10 (Wien 1976), 274, Nr. 128 „lime dust, alkali powder“ bedeute (sic; Westendorf setzt bei der Zitation von Reymond versehentlich ein weiteres Komma nach „lime“ und erhält so drei anstelle von zwei Bedeutungen). Reymond verweist allerdings ihrerseits nur auf H. Grapow – H. von Deines, 415, also genau das hiesige Lemma, sowie auf ein mögliches koptisches Derivat ϩⲏⲛⲉ, das laut W. E. Crum, A Coptic Dictionary (Oxford 1962), 689 „lime, dust“ bezeichne. Als griechische Entsprechung gibt sie (basierend auf Crum), κονία an, das nach H. G. Liddell – R. Scott, A Greek-English Lexicon. Revised and augmented throughout by Sir Henry Stuart Jones (Oxford 1940) u.a. „Staub, Sand, Asche“, aber auch „Seifenpulver“ bezeichnet. Für die Verwendung des griechischen Produkts verweist Reymond auf Dioskurides und Galen. Auf das koptische Wort verweist dann auch Westendorf 1999, und es findet sich schließlich bei W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 374 mit den Bedeutungen „Staub, Schutt, Asche“. Laut Chicago Demotic Dictionary, H̱, 51 ist das demotische Wort aus Reymonds Liste jedoch ein Ghostword und wohl eine Fehllesung für [ḏꜣ]ḏꜣ: „Kopf“. Auch die Existenz des koptischen Derivats ist nicht zweifelsfrei, J. Černý, Coptic Etymological Dictionary (Cambridge 1976), 286–287 vermutet darin nur eine dialektale Variante von ϩⲁⲁⲛⲓ: „something“. Somit bliebe als Erklärung nur ein Vergleich mit dem – allerdings ebenso unklaren – mkj n hʾ sowie dem jtn.w n hʾ: „Staub vom Boden“. Vgl. den Kommentar zu mkj.
2 nsty: Die in H 175 stehende nḫtj-Pflanze ist ein Hapax und wohl ein Fehler.
3 Statt „gekocht und zu einem Pulver gemacht“ zu werden, sollen die genannten Drogen in H 175 „zu einer homogenen Masse gemacht und (die Zehe) darüber verbunden werden“.
Eb 621 = H 173a
Ein anderes Heilmittel für einen Zeh:
Roter Ocker: 1 (Dosis), Scherbe eines neuen Hin-Topfes: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ vom Honig: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 622 = pLouvre E 32847, Rto. x+4,16–17, vgl. H 179
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Behandeln eines Nagels, der herunterfällt (wörtl.: der auf den Boden fällt):
Du bereitest ihm (d.h. dem Patienten) folglich Natron: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis) und streust das Natron darauf.1
1 Ob das hier stehende jri̯.ḫr=k in der Parallele pLouvre E 32847, Rto. x+4,17 wirklich ausgefallen ist, wie die hieroglyphische Transkription und die Übersetzung von T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 62 und 290–291 suggerieren, müsste am Original geprüft werden. Ob dieser Ausfall durch die Länge der Lücke bedingt ist?
Im Louvre-Papyrus fehlen, wie in H 179, die Einerstriche hinter den Drogennamen. Dafür steht dort aber, wie im Ebers, nach der letzten Droge ḥnꜥ tmt ḥsmn ḥr=s und nicht das ḏi̯ r=s ḥnꜥ tm rḏi̯.w wdn wtꜣ=f: „werde daran gegeben und verhindert, dass der Verband drückt“ von H 179.
Eb 623
Ein anderes Heilmittel zum Beseitigen von Zittern [78,20] in den Fingern:
Früchte/Samen der twn-Pflanze: ∅, Rinderfett: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), Milch: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), 〈... der〉 Sykomore (?): 1 (Dosis).
Werde gekocht; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die Finger) werden darüber verbunden.
Eb 624
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), [79,1] Wachs: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), nṯr.yt-Natron: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Feigen: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. (Die Finger) werden darüber verbunden.
Eb 625
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Zittern in allen Körperteilen eines Mannes:
mjmj-Getreide: 1 (Dosis), ḥḏ.w-Harz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Grünspan (wörtl.: erzenes Malachit): 1 (Dosis).
šꜣ.w-Exkrement vom Hund werde darauf (?; oder: an sein Gesicht)1 gegeben. Du sollst den Arm nicht daran (d.h. an das Zittern) legen!
1 r ḥr=f: Die meisten Übersetzungen verstehen dies als r-ḥr=f: „darauf“ (Joachim 1890, 136, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 256, Westendorf 1999, 654, Bardinet 1995, 340). Einzig Ebbell 1937, 93 versteht es als r ḥr=f: „auf sein Gesicht“. Diese Option wird von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 169, Anm. 2 explizit abgelehnt, und tatsächlich gibt es keinen Hinweis, dass das dꜣw.t-Zittern konkret im Gesicht oder am Kopf auftritt. Andererseits wird die Präpositionalphrase „auf ihn/es“ im pEbers sonst immer nur ḥr=f geschrieben, nie r-ḥr=f.
Eb 626
Ein anderes (Heilmittel):
mjmj-Getreide: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis).
Werde gekocht. Werde daran (d.h. an die zitternde Stelle) gegeben. Du sollst [79,5] den Arm nicht daran legen!
Eb 627–696: Mittel zur Gefäßbehandlung
Eb 627 = H 96
Anfang der Salben zum Stärken der Gefäße:
Heilmittel zum Verschaffen von Linderung an den Gefäßen:
Katzenfett: 1 (Dosis), versteinertes Holz: 1 (Dosis), ꜥꜣg.yt-Absonderung vom jqr.w-Baum: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die Gefäße) werden damit gesalbt.
Eb 628 = H 97
Ein anderes (Heilmittel):
Koriandersamen: 1 (Dosis), Leder vom Sandalenmacher: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. (Die Gefäße) werden damit gesalbt.
Eb 629
Ein anderes (Heilmittel):
Schlangenfett: ∅.
(Die Gefäße) werden damit gesalbt.
Eb 630
Ein anderes (Heilmittel), jede Sache in Gang zu bringen:
Laib eines Brotes aus Gerste: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), ḏꜣjs-Pflanzen: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde [79,10] darüber verbunden.
Eb 631
Ein anderes (Heilmittel) für das Behandeln eines Gefäßes in der linken Körperseite:
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Weintrauben: 1/8 (Dja), Schilfrohr: 1/32 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), jns.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/32 (Dja), „Feder-des-Nemti“-Pflanzen: 1/32 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Johannisbrot: 1/64 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Brot von Christdornfrüchten: 1/8 (Dja), ḫꜣ.w-Blätter der šzp.t-Melone (?): 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 632, vgl. H 28
Ein anderes Heilmittel für die linke Körperseite:
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: [79,15] 1/8 (Dja), Johannisbrot: 1/32 (Dja), jns.t-Pflanzen: 1/8 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Gummiharz: 1/32 (Dja), smt-Droge: 1/64 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), Wein: 1/64 (Oipe = 1 Dja), sḫp.t-Dünnbier: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Starkbier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 633
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/64 (Dja), Weintrauben: ein halbes Dja (?), jns.t-Pflanzen: ein halbes Dja (?), Johannisbrot: 1/8 (Dja), Gummiharz: 1/32 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Wasser: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 634
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen eines Gefäßes des Knies:
[79,20] Unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), nḥd.t-Myrrhe: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Sellerie: 1 (Dosis), ḥnj-tꜣ-Pflanzen (oder: ḥnj-Pflanzen des Landes):11 (Dosis), ḥtm-Mineral: 1 (Dosis), Zwiebeln/Knoblauch: 1 (Dosis), Abgestoßene (Späne) vom Kupfer: 1 (Dosis), Schaf-/Ziegenfett: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. (Das Knie) werde darüber verbunden.
1 ḥnj-tꜣ: Im pEdwin Smith mit dem Pflanzenklassifikator geschrieben und daher eine Pflanze. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 351 hält einen Zusammenhang mit der ḥnj-Sumpfpflanze für möglich, und dem folgend, übersetzt Westendorf 1999, 502 und 655 mit „ḥnj-Pflanze des Landes (ḥnj-tꜣ)“ und überlegt, ob es sich dabei um eine auf dem Land wachsende Variante der ḥnj-Pflanze handelt, die als Sumpfpflanze verstanden wird.
Eb 635
Ein anderes (Heilmittel) zum Lösen [80,1] einer Versteifung in allen Körperteilen:
Fleisch eines fetten Rindes: ∅.
Das Leiden werde darüber verbunden.
Eb 636
Eine andere Salbe zum Gesund-Machen eines Knochens in allen Körperteilen eines Mannes:
(Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich!
Natron: 1 (Dosis), wšb.t-Alaun: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis), schwarzer Feuerstein: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 637
Salbe zum Geschmeidig-Machen jeder Sache:
[80,5] Gummiharz: 1 (Dosis), prš-Droge: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), {Gefäße}1.
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 Üblicherweise wird mt.w nicht gestrichen, sondern zusammen mit dem folgenden, ideographisch geschriebenen Wort als mt.w šm verstanden und als vorangestellter Nebensatz zur folgenden Applikationsanweisung gezogen: „Nachdem die Gefäße erwärmt wurden, werden sie darüber verbunden.“ Vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 167.e oder H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 854, Gebrauchsweise V von šmm. Eine Voranstellung von temporalen Umstandssätzen ist zwar möglich, aber in dieser uneingeleiteten Form im pEbers ungewöhnlich. Auch graphisch ist diese Erklärung zweifelhaft, weil šmm normalerweise nie auf diese Weise abgekürzt wird. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 853 führt zwar noch Eb 188c (= die vermeintliche Schreibvariante von Wb 4, 468) als zweiten Beleg für diese Abkürzung auf. Dieser zweite Beleg ist aber ein sekundärer Nachtrag, der möglichst platzsparend positioniert werden musste; die Graphie ist also an der Stelle irregulär. Aus diesem Grund wird die Feuerpfanne hier als normale Schreibung für psi̯: „kochen“ interpretiert und mt.w als fehlerhaft gestrichen. Oder ist es Teil eines Sympathiemittels?
Eb 638, vgl. Ram V, Nr. XV
Ein anderes (Heilmittel):
ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis), Fayence: 1 (Dosis), Abgestoßene (Späne) vom Kupfer: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
Eb 639
Ein anderes (Heilmittel):
Fleisch vom Wels: 1 (Dosis), Bodensatz von süßem Bier: 1 (Dosis), gy.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
Eb 640
Ein anderes (Heilmittel):
[80,10] wšb.t-Alaun: 1 (Dosis), prš-Droge: 1 (Dosis), Abgestoßene (Späne) vom Kupfer: 1 (Dosis), Bodensatz vom sḏr-Getränk: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis), Eselskot: 1 (Dosis), lebhafte (?) tpꜣ.w-Droge: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), twn-Pflanzen: 1 (Dosis), psḏ-Schoten: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis), weißes Öl: 1 (Dosis).
Werde zermahlen; werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 641
Ein anderes (Heilmittel):
Frische Datteln: 1 (Dosis), frische wꜣm-Früchte: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Honig: [80,15] 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 642 = H 111, pLouvre E 32847, Rto. x+5,2–3
Ein anderes (Heilmittel) zum Veranlassen, dass die Gefäße ein Heilmittel annehmen:
Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat: ∅.1
Werde nachts in einem neuen Hin-Topf stehengelassen, so dass deren smj-Milchfett entsteht. Jedes Leiden werde damit gesalbt.
1 Die Parallelen nennen unterägyptisches Salz als weitere Droge, Grapow 1958, 27, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 64.
Eb 643 = H 112
Ein anderes (Heilmittel):
Datteltrester: ∅, Bodensatz vom Bier: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 644 = H 99
Was zu tun ist bezüglich eines Gefäßes in allen Körperteilen, das zuckt:1
ḫs-Teil des jꜣm-Baumes: 1 (Dosis), twn-Pflanzen: 1 (Dosis), ((„Selbstentstandenes“ vom)) Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 mt nhp=f: Westendorf 1999, 657, Anm. 1 vermutet mit Verweis auf Eb 584, ein Rezept zur Beseitigung von „Schmerzstoffen und dem Umherschnellen (von Schmerzstoffen)“, dass „Gefäß“ hier metaphorisch für den Gefäßinhalt stehen und ein Pulsieren bei Schwellungen gemeint sein könnte. Es ist aber ebenso denkbar, die Stelle wörtlich aufzufassen und etwa an Muskelzuckungen oder dergleichen zu denken.
Eb 645, vgl. H 114
Ein anderes (Heilmittel):
Fleisch vom Rind: 1 (Dosis), Milz (vom Rind)1: [80,20] 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Grütze vom sw.t-Wildweizen: 1 (Dosis), Nubischer Hämatit: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis), Innerei (?)2 vom Rind: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 nnšm: Vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 303–304 zu der Annahme, dass wohl stets die Milz eines Rindes gemeint sei, auch wenn dies nicht in jedem Falle durch den Zusatz n jḥ spezifiziert ist.
2 ꜣjs bezeichnet wohl sowohl das Gehirn als auch die Gedärme. In Eb 645 ist nicht klar, welche der Bedeutungen zutrifft. Über einen Interpretationsansatz als Sympathiemittel kommt man an dieser Stelle nicht weiter, denn es läge weder für Gehirn noch für Därme ein Tertium Comparationis vor (vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 2). Bardinet 1995, 342 entscheidet sich kommentarlos für „cervelle“; Westendorf 1999, 657 gibt beide Bedeutungen als Alternativen an.
Eb 646
Ein anderes (Heilmittel):
Olivenöl: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), [81,1] sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), jbr-Öl: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Fleisch vom Rind: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 647 = H 116
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Verschaffen von Linderung an den Gefäßen eines Zehs:
Wachs: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Mehl von twn-Pflanzen: 1 (Dosis), Spitzen/Triebe (?) des qꜣd.t-Kriechkrauts: 1 (Dosis), shr.t-Harz/-Halbedelstein: 1 (Dosis), Pulver vom Gummiharz: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 648 = pLouvre E 32847, Rto. x+5,10–11
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen [81,5] von Gefäßen eines Zehs:
ꜥmꜥꜥ-Körner des Emmers: 1 (Dosis), ꜥmꜥꜥ-Körner der Gerste: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).1
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber handwarm (wörtl.: in Wärme des Fingers) verbunden.
(Dieses Rezept ist) wirklich vortrefflich!
1 Im Louvre-Papyrus werden erst die Körner der Gerste und dann die des Emmers genannt. Nach dem Emmer folgt dort snwḫ: „(vollständig) ausgeglüht“; und in der anschließenden kurzen Lücke ergänzt T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 66–67 m mrḥ.t: „in Öl/Fett“. Vgl. dazu H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 758. Dies ersetzt die Verarbeitungsanweisung „Werde zu einer Masse zerkocht“ des pEbers, die in pLouvre fehlt.
Eb 649 = pLouvre E 32847, Rto. x+5,8-10, vgl. H 107, 228
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen von Gefäßen:
Wachs: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), frischer Weihrauch: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), Koriandersamen: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), Früchte/Samen der sꜣr-Pflanze: 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis).1
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden, [81,10] (nachdem sie) mit Myrrhe eingerieben wurde.2
1 Es gibt folgende Abweichungen in der Rezeptur:
(1) In H 107 (Grapow 1958, 29) sind das Rinderfett und das Wort „Früchte/Samen“ vor der sꜣr-Pflanze ausgefallen.
(2) In H 228 (Grapow 1958, 33–34) ist die Reihenfolge vom Weihrauch und dem gw-Gras vertauscht, außerdem fehlt bei Ersterem das Attribut „frisch“. In H 228 steht zwar vor der sꜣr-Pflanze das Wort „Früchte/Samen“, dafür ist es dort vor der ḫꜣs.yt-Pflanze ausgefallen. Außerdem steht dort nach der ḫꜣs.yt-Pflanze noch eine weitere Droge, nämlich irgendetwas n.t tj-šps: „vom Kampferöl/-holz/-baum“. Was genau davon, ist unklar. Das Genitivadjektiv ist feminin, so dass das ausgefallene Bezugswort ebenfalls feminin sein muss. Von den in den medizinischen Texten belegten Verbindungen trifft das nur auf ws.t n.t tj-šps zu, weshalb H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 550–551 mit Anm. 2 diese Droge auch für H 228 anehmen: Es dürften also „⟨Sägespäne⟩ vom Kampferbaum“ gemeint sein.
(3) Im Louvre-Papyrus (T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 66) fehlen am Ende das Stechholz und der Bleiglanz.
2 sgnn m ꜥnt.w: „nachdem sie mit Myrrhe eingerieben wurde“: H 107 und 228 schreiben stattdessen gs m ꜥnt.w ẖr-ḥꜣ.t: „Werde zuvor mit Myrrhe gesalbt“.
Eb 650
Ein anderes Heilmittel zum Verschaffen von Linderung an den Gefäßen einer Schulter:
Süße Myrrhe: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), sꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), Früchte/Samen der jbw-Pflanze: 1 (Dosis), Dillsamen: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), „männlicher“ Pflanzenbrei: 1 (Dosis), Sägemehl der ꜥš-Konifere: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), Früchte der Sykomore: 1 (Dosis), ns.ty-Keimlinge des bšꜣ-Getreide(produkte)s (?): ∅.
Werde zu einer homogenen Masse vermengt. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 651 = pLouvre E 32847, Rto. x+5,4–6
Ein anderes (Heilmittel) zum Verschaffen von Linderung an den Gefäßen in jedem Körperteil:
[81,15] Wachs: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), šfšf.t-Pflanzen: 1 (Dosis), sꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge: 1 (Dosis), Bleiglanz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).1
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden, (nachdem sie) mit Myrrhe gesalbt wurde.
1 Die Parallele lässt wieder die Mengenangabe weg, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 65.
Eb 652 = H 101
Ein anderes (Heilmittel) zum Beleben der Gefäße und Erfrischen der Gefäße:
jhm.t-Harz: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Sägemehl des Ostafrikanischen Kampfers (?): 1 (Dosis), Sägemehl des Stech-Wacholders: 1 (Dosis), Koriandersamen: 1 (Dosis), Fett vom Schwein: 1 (Dosis), [81,20] Rinderfett: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden, (nachdem sie) mit Myrrhe gesalbt wurde.
Eb 653
Ein anderes Einreibemittel zum Verschaffen von Linderung an den Gefäßen:
jbr-Öl: 1 (Dosis), Bestes vom Weihrauch: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tntj-Pflanze: 1 (Dosis), Koriandersamen: [82,1] 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde über wirklich viele Tage hinweg damit gesalbt.
Eb 654 = H 123
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen eines Gelenks in jedem Körperteil:
Honig: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Bestes vom Weihrauch: 1 (Dosis), jbr-Öl: 1 (Dosis), mhwj-Milchfett: 1 (Dosis), Mehl vom Johannisbrot: 1 (Dosis), šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḏꜣjs-Pflanze: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 655 = H 124
Ein anderes (Heilmittel):
Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), mw.t-Teile der rkrk-Pflanze: [82,5] 1 (Dosis), ẖsꜣ.yt-Balsam: 1 (Dosis), prš-Droge: 1 (Dosis), Selleriesamen: 1 (Dosis), ẖpꜣ-Kügelchen (?) des Weihrauchs: 1 (Dosis), {tpꜣ.w-Droge} 〈ẖpꜣ-Kügelchen (?)〉 des Stech-Wacholders: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Das betroffene Gelenk) werde darüber verbunden.
Eb 656 = Ram V, Nr. II, pLouvre E 32847, Rto. x+5,6–8 und x+11,21–12,1
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen von Steifheit in allen Körperteilen eines Mannes:1
Natron: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis),2 Öl/Fett des zweiten Tages3: 1 (Dosis), Nilpferdfett: 1 (Dosis), Krokodilsfett: 1 (Dosis), Meeräschenöl: 〈1 (Dosis)〉, Welsöl4: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis),5 [82,10] süße Myrrhe: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 In pLouvre E 32847 sind das zwei Rezepte: Das erste Rezept besteht nur aus dem Natron, den Langbohnen und den [twn-Pflanzen] und soll „darüber verbunden werden“; das zweite beginnt vor dem Nilpferdfett mit einem k.t: „Ein anderes (Heilmittel)“. S. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 65. In pLouvre E 32847, Rto. 11,21–12,1 ist nur der hintere Teil des Rezepts, d.h. ab „Meeräschen[öl]“, Zeile 12,1, erhalten, so dass unklar ist, ob auch dort die Ingredienzien über zwei Rezepte verteilt waren. Vgl. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 91.
2 Die Parallele in pRamesseum V lässt darauf noch die twn-Pflanze folgen, Grapow 1958, 44. In pLouvre E 32847, Rto. x+5,7 folgt hinter den Langbohnen offenbar eine kleine Lücke, in die T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 65 und 292–293 ebenfalls die twn-Pflanze einfügt.
3 Auf pRamesseum V steht stattdessen „weißes Öl“ (Grapow 1958, 44), der Louvre-Papyrus lässt diese Droge komplett aus (T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018)).
4 Die Position der Drogen Meeräschenöl und Welsöl ist in pRamesseum V vertauscht.
Mrḥ.t nꜥr wird üblicherweise und sicher zu Recht als Öl/Fett des nꜥr-Fisches, d.h. des Welses, aufgefasst. Am Rande sei erwähnt, dass das ptolemäerzeitliche Kyphi-Rezept ebenfalls ein mrḥ.t nꜥr kennt, das als Synonym für pr.t-šnj genannt wird. A. Lüchtrath, Das Kyphirezept, in: D. Kurth (Hrsg.), Edfu. Bericht über drei Surveys. Materialien und Studien, Die Inschriften des Tempels von Edfu. Begleitheft 5 (Wiesbaden 1999), 97–145, hier: 127–130 sieht in diesem nꜥr eine Schreibung für den nꜥr.t-Baum, den sie mit dem Phönizischen Wacholder, Juniperus phoenicea L., und pr.t-šnj mit dessen Beeren identifiziert. Dementsprechend wäre mrḥ.t nꜥr ein Mus aus diesen Beeren. Wie schon im Fall von prš (s. die Diskussion dort) können ihre Ergebnisse allerdings nicht einfach auf die Materia medica des frühen Neuen Reiches, konkret: des pEbers, übertragen werden. Denn in Eb 656 wird mrḥ.t nꜥr neben dem Öl/Fett von aquatisch lebenden Tieren, u.a. einer weiteren Fischart, genannt, so dass dort die Bezeichnung sicher tatsächlich das Öl/Fett des nꜥr-Fisches meint. Im pRamesseum V wird das mrḥ.t nꜥr, das dort zudem wohl als Kompositum behandelt wird, nach dem Fisch mit dem Ölgefäß Gardiner W1 klassifiziert, was darauf hinweist, dass es auch dort eine Ölbezeichnung ist.
5 pRamesseum V lässt hierauf noch das mnt.w-Harz(?) folgen.
Eb 657 = Ram V, Nr. V, vgl. H 94, 237
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen von Gefäßen:Rinderfett: 1 (Dosis), Bodensatz vom Wein: 1 (Dosis), Zwiebeln/Knoblauch: 1 (Dosis), Ruß (?) von der Mauer: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḏꜣjs-Pflanze: 1 (Dosis), oberägyptische sjꜣ-Droge: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis).
Der Körper werde (damit) gesalbt (und) werde dem Sonnenlicht ausgesetzt.1
1 Zu gs ḥꜥ.w parallel gesetzt mit Ebbell 1937, 97, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 22 und Bardinet 1995, 344. Westendorf 1999, 659 übersetzt dagegen: „nachdem er (der Körper) der Sonne ausgesetzt wurde“ und vertauscht damit den zeitlichen Ablauf der Behandlung.
Eb 658, vgl. Ram V, Nr. III
Ein anderes Einreibemittel zum1 Geschmeidig-Machen einer Versteifung:
Schweinefett: 1 (Dosis), Schlangenfett: 1 (Dosis), Fett des [82,15] jbṯrs.w-Tieres: 1 (Dosis), Mäusefett: 1 (Dosis), Katzenfett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse vereint. (Die Versteifungen) werden darüber verbunden.
1 Das Faksimile erweckt den Eindruck, dass wrḥ.t am Ende von Zeile 82,13 und n.t am Beginn von Zeile 82,14 nachgetragen sind. Es fragt sich, ob ursprünglich vielleicht nur k.t n.t | sgnn snḫt.w gestanden hat, mit einem n.t am Ende von 82,13, das dem wrḥ.t weichen musste und seinerseits am Beginn von 82,14 nachgetragen wurde. Leider gehört diese Kolumne zum Kriegsverlust, so dass dies nicht mehr am Original nachgeprüft werden kann.
Eb 659 = Bln 49
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen einer šw.t-Erhebung (?) eines Gefäßes:1
„Stechholz“: 1 (Dosis), Fett: 1 (Dosis), Milz vom Rind: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 šw.t n.t mt: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 48–49 geht davon aus, dass mt nicht nur diverse „Gefäße“, wie Adern, Sehnen, Muskeln etc. bezeichnet, sondern im Singular auch den Penis. Dies schließt er v.a. aus der Hieroglyphe, die eben einen Penis darstellt. Außerdem sei das Rezept Eb 662 gegen „wšꜥ.w-Jucken des mt“ gedacht, und weil innere Gefäße nicht „jucken“ können, müsse mt eben noch andere Bedeutungen gehabt haben. In der Krankheitserscheinung šw.t sieht er eine Ableitung vom Verb šwi̯: „(sich) erheben“ und vermutet daher in šw.t n.t mt u.a. des Eb 659 eine Bezeichnung für Priapismus, eine dauerhafte Erektion. In Eb 659 (und den nachfolgenden, durch bloßes k.t eingeleiteten Rezepten), Eb 662 gegen „Jucken des mt“ und Eb 663 gegen „Schlaffheit (gnn) des mt” vermutet er eine Rezeptgruppe gegen diverse Erkrankungen des Penis. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 840 lehnen Ebbells Erklärung ab und denkt eher an eine rhythmische Bewegung, vielleicht auch ein Pochen der Gefäße. Als Begründung wird das Rezept H 114 gegen šw.t n.t mt angeführt, das fast dieselben Drogen aufweist wie Eb 645, das k.t: „ein anderes (Heilmittel)“ gegen das in Eb 644 genannte „Gefäß, wenn es zuckt“ (mt nhp=f) ist. Alternativ leitet es šw.t ebenfalls von šwi̯: „(sich) erheben“ ab, aber eher im Sinne einer „Schwellung“, oder hält es sogar nicht für ausgeschlossen, dass die šw.t: „Seite“ des Gefäßes gemeint sei.
Während Ebbell 1937, 97 die Stelle in Eb 659 entsprechend seiner eigenen Deutung mit „elevation of the male member (i.e. priapism)“ übersetzt, lassen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 32 die Erscheinung unübersetzt. Bardinet 1995, 344 („la paroi d’un conduit-met“) und Westendorf 1999, 659 („Schwellung/Erhebung (šw.t) des Gefäßes“) folgen H. von Deines – W. Westendorf.
Eb 660 = H 117+118, vgl. Bln 50
Ein anderes (Heilmittel):
Zwiebeln/Knoblauch: 1 (Dosis), Flaschenkürbis: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), Fleisch vom Rind: 1 (Dosis), Nubischer Hämatit: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
Eb 661 = H 119
Ein anderes (Heilmittel):
[82,20] „Männlicher“ Mergelton: 1 (Dosis), Koriandersamen: 1 (Dosis), Datteln1: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 bnj: So zu lesen und nicht wꜣḏ: „green corn“, wie Ebbell 1937, 97 die etwas weniger klare Transliteration des Wortes bei Wreszinski 1913, 166 wohl aufgefasst hat.
H 119 verschreibt stattdessen bnj.w: „Dattelsaft“ bzw. „Dattelsirup“ (u.a. mit Verweis auf die Parallelrezepte Eb 661 und H 119 vermutet R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 159, dass bnj.w eher eine festere, sirupartige Konsistenz hätte).
Eb 662, vgl. H 120
Ein anderes (Heilmittel) zum Stillen des „Kauens“ eines Gefäßes1:
ḏꜥ.t-Droge2: 1 (Dosis), Dattelsaft, getrocknet:3 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Bodensatz von süßem Bier: 1 (Dosis).
(Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 mt: Zur Begründung, weshalb Ebbell 1937, 97 mt hier als „male member“ versteht, s. den Kommentar in Eb 659.
2 ḏꜥ.t: H 120 verschreibt stattdessen wḏꜣ.yt: „Süßwassermuschel“.
3 bnj.w s(w)šr: „Dattelsaft, getrocknet“: H 120 hat stattdessen zwei Drogen: bnj.w sẖ.t: „Dattelsaft, sẖ.t-Korn“. Ebbells Übersetzung des bnj.w s(w)šr von Eb 662 (Ebbell 1937, 97) als „dry date-wine“ ist missverständlich, evoziert er doch die moderne Unterscheidung von trockenen und lieblichen Weinen. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 23 („getrockneter Dattelsaft“) und Westendorf 1999, 660 („getrockneter Dattelsirup“) übersetzen nur wörtlich, ohne die derart beschriebene Droge weiter zu kommentieren. R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten (Hamburg 1979), 160 vermutet darin einen „getrockneten Dattelsirup, wohl eine Art Zucker“. Bardinet 1995, 345 erwägt ein „dépôt de vin de datte“. Zur grammatischen Form des Verbs hat sich niemand geäußert. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 bieten eine normale deutsche Wortfolge von attributivem Adjektiv + Substantiv, so dass man vermuten könnte, dass dort swšr als Partizip interpretiert wurde. Denn sowohl von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I als auch das Handbuch stellen Drogenzustände, wenn sie als Stativ aufgefasst wurden, dem Substantiv oft – wenn auch nicht immer – nach („Milch, gekocht“). H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 733 führt diesen Beleg dagegen unter „Drogenzustand“ an, und da „Zustände“ von Drogen üblicherweise durch einen Stativ ausgedrückt werden (W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 165), könnte man vermuten, dass hier swšr als Stativ interpretiert wurde.
Eb 663
Ein anderes (Heilmittel) gegen (?) Weichheit eines Gefäßes:1
psḏ-Schoten: 1 (Dosis), [83,1] Langbohnen: 1 (Dosis), ꜥmꜥꜥ-Körner (der Gerste / des Emmers): 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Sägemehl der ꜥš-Konifere: 1 (Dosis), Sägemehl der Libanonzeder (?): 1 (Dosis), Sägemehl der Ägyptischen Weide: 1 (Dosis), Sägemehl des Christdorns: 1 (Dosis), Sägemehl der Sykomore: 1 (Dosis), Sägemehl des Stech-Wacholders: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Blätter des Christdorns: 1 (Dosis), Blätter des jꜣm-Baumes: 1 (Dosis), Blätter der Sykomore: 1 (Dosis), Leinsamen (?): 1 (Dosis), Früchte/Samen des jꜣm-Baumes: 1 (Dosis), weißes Öl: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis), Schweinekot: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: [83,5] 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis), Zwiebeln/Knoblauch: 1 (Dosis), „Erdhaar“-Pflanzen: 1 (Dosis), „Zahn“ (d.h. Stachel?) der gy.t-Pflanze: 1 (Dosis), Flaschenkürbis: 1 (Dosis), tjw-Pflanzen: 1 (Dosis), bsbs-Pflanzen: 1 (Dosis), unterägyptische jbw-Pflanzen (?)2: 1 (Dosis), Häcksel (?) vom Flachs: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Salz vom Bergland: 1 (Dosis), jnb-Pflanzen: 1 (Dosis), Roter Ocker: ∅, Ocker: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), Rinderfett: ∅, šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis).3
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 gnn mt: Wreszinski 1913, 166 hat ein „sic“ unter gnn geschrieben und scheint daher wohl eine Emendation zu k.t n.t ⟨s⟩gnn mt: „Ein anderes (Heilmittel) zum Erweichen des Gefäßes“, analog zu anderen Rezepten dieser Rezeptgruppe, im Sinn gehabt zu haben. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 30 und Westendorf 1999, 660 übersetzen beide „(...) für die Weichheit eines Gefäßes“, machen aber beide deutlich (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 45, Anm. 2 und noch klarer Westendorf 1999, Anm. 174), dass sie „Weichheit“ hier als Krankheitserscheinung, nicht als Ergebnis der Behandlung interpretieren. Genau gegenteilig Bardinet 1995, 345: „(...) pour la mollesse d’un (= pour ramollir un) conduit-mt“. Zur Begründung, warum Ebbell 1937, 97 bei gnn mt an „(...) weakness of the male member (i.e. impotence)“ denkt, s. den Kommentar zu Eb 659.
2 jbw mḥ.yt: Ebbell 1937, 97 setzt nur ein Fragezeichen. Die Lesung jbw mḥ.yt ist nicht über jeden Zweifel erhaben, weil jbw hier in unüblicher Weise rein logographisch geschrieben ist. Der Klassifikator steht erst am Ende der Verbindung. Aber von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 30 transkribieren immerhin ı͗bw mḥj.t, auch wenn er keine Übersetzung anbietet. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 45, Anm. 4 denkt an eine fehlerhafte Schreibung für die „unterägyptische ı͗bw-Pflanze“, hält aber einen „ı͗b-Teil“ des Papyrus als Alternative für denkbar. Ähnlich unsicher H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 21–22, die Eb 663 zwar als Beleg für die jbw-Pflanze auflistet, aber die ungewöhnliche Graphie unter den Schreibungen nicht aufführt. Bardinet 1995, 345 und Westendorf 1999, 660 gehen kommentarlos von der jbw-Pflanze aus.
Neben der Schreibung der Pflanze ist zudem auch die Schreibung der Landesteilspezifizierung ungewöhnlich, sofern tatsächlich die jbw-Pflanze gemeint ist. Üblicherweise wird diese bei jbw, sjꜣ, ḥmꜣ.t u.ä. mithilfe von Nisbeadjektiven ausgedrückt, vgl. allein das ḥmꜣ.t-mḥ.t: „unterägyptische Salz“ in der übernächsten Position. Bei jbw wäre allerdings ein maskulines Adjektiv zu erwarten, so dass die eindeutig geschriebene Femininendung verwundert und man sich fragt, ob nicht vielleicht ausnahmsweise das Substantiv mḥw: „Unterägypten” vorliegt, das dann ebenso geschrieben wäre wie im Spruch 5 des medizinischen Papyrus London. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 387 führen Eb 663 dagegen unter den Schreibungen für das Adjektiv mḥ.w(j) auf, wenn auch noch mit einem Ausrufezeichen versehen. Westendorf 1999 übersetzt dann aber kommentarlos adjektivisch; das französische Äquivalent „du nord“ bei Bardinet 1995, lässt dagegen keine klare Entscheidung zu, wie er die Stelle grammatisch auffasste; sie unterscheidet sich jedenfalls nicht von seinen Übersetzungen etwa des sjꜣ-Minerals.
3 Mit 37 Einzelposten die längste Drogenliste der medizinischen Texte.
Eb 664
Ein anderes (Heilmittel) zum Lösen einer Versteifung in jedem Körperteil:
Lebhaftes (?) Fleisch:1 1 (Dosis), lebhafte (?) gy.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
1 jwf ꜥnḫ: Im Fall der Droge jwf n jḥ ꜥnḫ: „lebendiges Fleisch vom Rind“ (H 227) sieht W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), S. 119 mit Anm. 7 in ꜥnḫ einen Stativ, weil ein adjektivisches Partizip schon nach jḥ stehen müsste (was impliziert, dass er die alternative Möglichkeit, dies als „Fleisch eines lebenden Rindes“ zu deuten, von vornherein ausschließt). Ob er diese Deutung von ꜥnḫ nur für diese komplexere Verbindung annimmt, oder ob er sie auch auf bloßes jwf ꜥnḫ ausdehnt oder sogar generell auf alle Belege von ꜥnḫ in Drogenbezeichnungen, bspw. auch auf das nachfolgende gy.t ꜥnḫ.t, bleibt offen.
Eb 665
Ein anderes (Heilmittel):
Milz [83,10] vom Rind: 1 (Dosis), Datteltrester: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 666
Ein anderes (Heilmittel):
Milz: 1 (Dosis), ḫꜣs.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), ꜥmꜥꜥ-Körner des Emmers: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 667
Ein anderes (Heilmittel):
Johannisbrot: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), sꜣr-Pflanzen: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Datteltrester: 1 (Dosis).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 668
Ein anderes (Heilmittel):
Unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Datteltrester: 1 (Dosis), ḏꜥ.t-Droge: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 669
Ein anderes (Heilmittel):
Oberägyptische nšꜣ-Wasserpflanzen: 1 (Dosis), unterägyptische nšꜣ-Wasserpflanzen: 1 (Dosis), Papyrus: 1 (Dosis), tjꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), [83,15] „Feder-des-Nemti“-Pflanzen: 1 (Dosis), ṯr.w-Ocker: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 670
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Geschmeidig-Machen von Steifheiten in allen Körperteil〈en〉1:
ḏꜥ.t-Droge: 1 (Dosis), Dattelsaft: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Bodensatz vom Wein: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Feigen: 1 (Dosis), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Eselskot: 1 (Dosis), lebhafte (?) tpꜣ.w-Droge: 1 (Dosis), šnf.t-Früchte: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde ((darüber)) verbunden.
1 Es steht nur der Singular da: „in jedem (möglichen) Körperteil“. Allerdings ist ꜥ.t: „Körperteil“ hier untypischerweise und singulär ohne Fleischstück als Klassifikator geschrieben, so dass der Verdacht naheliegt, dass versehentlich die Gruppe Fleischstück + Pluralstriche ausgefallen ist, vgl. denselben Rezeptanfang in Eb 675.
Eb 671 = pLouvre E 32847, Rto. x+4,20–21
Ein anderes (Heilmittel):
twn-Pflanzen: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), psḏ-Schoten: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).1
Werde zermahlen. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
1 Im Louvre-Papyrus fehlen die Einerstriche, und die Drogennamen Öl/Fett und Honig sind vertauscht, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 63.
Eb 672
Ein anderes (Heilmittel):
„Stechholz“: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis), [83,20] Weihrauch: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 673
Ein anderes (Heilmittel):
psḏ-Schoten: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis), šps-Pflanzen (oder: Ostafrikanischer Kampfer (?)): 1 (Dosis), schwarzer Feuerstein: 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), „Stechholz“: 1 (Dosis), Gummiharz: 1 (Dosis), Roter Ocker: 1 (Dosis), Nubischer Hämatit: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Honig: ∅1.
Werde zermahlen. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
1 bj.t: Unsicher, ob die fehlende Mengenangabe zu ergänzen ist (so Westendorf 1999, 662 mit Fragezeichen) oder nicht (so Ebbell 1937, 98, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 26 und Bardinet 1995, 346).
Eb 674
Ein anderes (Heilmittel):
Bodensatz (von ...)1: 1 (Dosis), Dattelsaft: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis).
[84,1] Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
1 tꜣḥ.t: Die zugehörige Flüssigkeitsangabe fehlt. In der Mehrzahl der Fälle wird tꜣḥ.t von Bier genannt, in wenigen Fällen von Wein und in drei vereinzelten Fällen von je einer anderen Flüssigkeit. An welche hier zu denken ist, ist unsicher. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 547 schreiben, dass in Eb 789 eine Frau auf tꜣḥ.t sitzen soll, während im gynäkologischen Papyrus Kahun die Frau über tꜣḥ.t n.t ḥ(n)q.t nḏm.t: tꜣḥ.t von süßem Bier sitzen soll. In den anderen beiden Fällen, Eb 674 und 680, tendiern H. Grapow – H. von Deines zur Ergänzung von Wein, hält aber Bier ebenfalls für möglich. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 43, Anm. 1 schlagen die beiden Optionen „Wein“ und „süßes Bier“ vor, ebenso Westendorf 1999, 662. Bardinet 1995, 346 entscheidet sich für „Wein“.
Eb 675
Ein anderes (Heilmittel) 〈zum〉 Geschmeidig-Machen von Steifheiten in allen Körperteilen:
Honig: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), sꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Selleriesamen: 1 (Dosis), mw.t-Teile vom gw-Gras: 1 (Dosis), jbsꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), pšn.t-Droge: 1 (Dosis), Koniferenharz: 1 (Dosis), Starkbier: 1 (Dosis), Früchte/Samen der šꜣms-Pflanze: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Mehl [84,5] von ꜥmꜥꜥ-Körnern (der Gerste / des Emmers): 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 676
Ein anderes (Heilmittel):
bzn-Salz: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), süßes Bier: 1 (Dosis), Früchte der Sykomore: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 677
Ein anderes (Heilmittel):
jbw-Pflanzen: 1 (Dosis), ḏsr.t-Pflanzen: 1 (Dosis), šs.yt-Fritte: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis), psḏ-Schoten: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), jbsꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), Selleriesamen: 1 (Dosis), Koriandersamen: 1 (Dosis), Nilpferdfett: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 678
Ein anderes (Heilmittel):
psḏ-Schoten: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis), šps-Pflanzen (oder: Ostafrikanischer Kampfer (?)): 1 (Dosis), Pflanzenbrei: 1 (Dosis), Früchte (der Sykomore) (?)1, indem sie mit dem jrḥnn.t-Vogel2 zermalmt,3 (genauer:) mit seinen [84,10] Federn zermalmt sind: ∅.
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
1 jšd: Westendorf 1999, 662 mit Anm. 175 vermutet mit Verweis auf Eb 683, dass hier die Früchte (jšd.t) der Sykomore gemeint seien. Der eigentliche Grund für diese Deutung ist ein syntaktischer (s. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), S. 134): Wenn sich die folgende Beschreibung qnqn sj, wie sonst üblich, auf die vorher genannte Einzeldroge bezieht, muss diese feminin sein, weshalb ein maskulines jšd: „Wüstendatteln“ ausscheidet. Dies dürfte wohl auch der Grund sein, weswegen Ebbell 1937, 98 hierin „grapes (?)“, d.h. eine Abkürzung für jꜣrr.wt, vermutet. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 26 und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 63, die aber ohnehin (oder vielleicht ebenfalls wegen der Genusinkongruenz?) die Phrase qnqn sj anders anschließen (s.u.), sowie Bardinet 1995, 346 gehen dagegen von der jšd-Frucht aus.
2 jrḥnn.t: So die Lesung des Hieratischen nach Wb 1, 116.3 und Grapow 1958, 47. Die ältere Transliteration jtḥ.wt (Stern, in: Ebers 1875, 7, Wreszinski 1913, 170 und Ebbell 1937, 98) gilt inzwischen als obsolet, obwohl zumindest die Lesung des Wortanfangs als jtḥ... vom Hieratischen her weiterhin möglich bleibt. Das Wort ist ein Hapax legomenon, eine Identifikation nicht möglich. Da „seine Federn“ genannt sind, wird es jedenfalls ein Vogel sein, kein Insekt.
3 qnqn ḥr jrḥnn.t: H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 51 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 26: „zerstoßen auf dem ...-Vogel“, Ebbell 1937, 98 und Westendorf 1999, 662: „zerstoßen mit dem ...-Vogel“. Bardinet 1995, 346 übersetzt „broyat d’insecte/oiseau ir-henenet“, was aber wegen der Präposition ḥr nicht geht. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 44, Anm. 2 schlägt vor, diese und die folgende Anweisung qnqn sj ḥr šw.wt=s auf alle Drogen und nicht nur die letztgenannte zu beziehen, wundert sich aber darüber, weil die Verwendung von Adjektivalsätzen als Ersatz für Stative sich sonst eher auf Einzeldrogen bezieht. So dann auch aufgefasst von W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), S. 134.
Eb 679
Ein anderes (Heilmittel):
Weißes Öl: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis), Steinbockfett: 1 (Dosis), ẖpꜣ-Kügelchen (?) des Stech-Wacholders: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis), süße Myrrhe: 1 (Dosis), šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), Zwiebeln/Knoblauch: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 680
Ein anderes (Heilmittel):
šnf.t-Früchte: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Dattelsaft: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), Bodensatz (von ...)1: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
1 tꜣḥ.t: Wie in Eb 674 fehlt die zugehörige spezifizierende Flüssigkeitsangabe. Westendorf 1999, 663 hält wieder die beiden Optionen „Wein“ und „süßes Bier“ für denkbar und Bardinet 1995, 346 entscheidet sich erneut allein für „Wein“.
Eb 681, vgl. Eb 597
Ein anderes Heilmittel, etwas, was zu tun ist bezüglich eines Gefäßes in allen Körperteilen, das zuckt:
Gegorener Pflanzenbrei: 1 (Dosis), Inneres der {Maische}〈šb.t-Melone〉 (?)1: [84,15] 1 (Dosis).
Werde zu einem Klümpchen (?)2 verarbeitet; werde erwärmt. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
1 jm.j n šb.t: Was mit dem „Inneren der Maische“ gemeint ist, ist unklar. Ebbell 1937, 99 und Bardinet 1995, 347 übersetzen šb.t nicht und können daher diese Frage kommentarlos übergehen. Ähnlich kommentarlos von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 24, die aber immerhin dem šb.t in Klammern noch „Maische?“ hinzufügen. Westendorf 1999, 663 übersetzt zwar mit „Inneres von Maische“, kommentiert die Droge aber ebenso wenig. Diese Droge kommt nur in Eb 681 vor, aber es scheint sich um dasselbe zu handeln, was in Eb 597 als šb.t ḫpr.t: „entstandene Maische“ und in Eb 211 als tꜣ n šb.t: „tꜣ-Flüssigkeit von Maische“ bezeichnet wird, vgl. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 489, s.v. šb.t, Anm. 2. Da die Bedeutung dieser Drogen ebenso wenig klar ist, hilft diese Gleichsetzung für die Identifizierung kaum weiter – höchstens, um anzuzeigen, dass es sich dann wohl nicht um einen festen Terminus der Materia medica handelt, weil dann in allen Fällen dieselbe Bezeichnung zu erwarten wäre.
2 pns.t: Wb 1, 510.10: „Kugel, Kloss o.ä. (zu dem man ein Heilmittel formt)“; H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962)267: „Kloß“ (Bezeichnung einer Drogenform); R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 294: „Kugel, Kloß“. Bardinet 1995, 347 übersetzt mit „boule“. Da ein „Kloß“ im Deutschen ein etwas größeres Objekt suggeriert, wird hier die Verkleinerungsform „Klößchen, Klümpchen“ vorgeschlagen.
Eb 682
Ein anderes (Heilmittel):
nḥd.t-Myrrhe: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), ḥpꜥpꜥ.t-Pflanzen: 1 (Dosis), sskꜣ-Droge: 1 (Dosis), ns.ty-Keimlinge (?) des bšꜣ-Getreide(produkte)s: 1 (Dosis), Sellerie: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis), Koniferenharz: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 683
Ein anderes (Heilmittel):
Früchte der Sykomore: 1 (Dosis), Bodensatz von süßem Bier: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 684
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des šp.t-Leidens1 eines Gefäßes:
Erdmandeln: 1 (Dosis).
Werde vom Mann gekaut.
sḫt-Droge der Spießente: ∅.
[84,20] Werde in den Hintern gegeben.
1 šp.t: Sicher von der šp.t-Blindheit zu trennen, die anders klassifiziert ist. Das šp.t-Phänomen von Eb 684 ist damit ein Hapax legomenon. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 48–49 geht davon aus, dass singularisches mt auch den Penis bezeichnen kann, und er weist auf S. 50 darauf hin, dass die Verabreichung von Mitteln in den After im pEbers nur bei Erkrankungen des Anus und gelegentlich auch des Harntraktes, dagegen sonst nie bei der Behandlung von Adern, Muskeln oder Sehnen erfolgt. Daher denkt er, dass auch bei Eb 684 mit mt der Penis gemeint ist. Das Phänomen šp.t leitet er von dem Verb šp: „ausfließen“ ab und vermutet daher in šp.t n.t mt die Gonorrhoe. So dann auch seine Übersetzung in Ebbell 1937, 99: „efflux of the male member (gonorrhea?)“. Diese Interpretation wird von H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 75 entschieden abgelehnt, hauptsächlich mit dem Hinweis darauf, dass für den Penis die Wörter ḥnn und bꜣḥ verwendet werden und es daher unwahrscheinlich ist, noch einen dritten Begriff anzutreffen. Westendorf 1999, 663, Anm. 1 verweist auf Eb 146, wo die sḫt-Droge gegen Prolapsus recti verwendet und ebenfalls in den After eingeführt würde, und vermutet daher, dass das šp.t von Eb 684 eine Krankheitserscheinung des Darms (als „Gefäß des Afters“) sei.
Eb 685
Ein anderes (Heilmittel):
ḫpr-wr-Pflanzen: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 686
Ein anderes (Heilmittel) zum Stärken der Gefäße:
Rinderfett: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), [85,1] Früchte/Samen der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Der betroffene Körperteil) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
Eb 687
Eine andere Salbe zum Beruhigen der Gefäße:
Bleiglanz: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Ostafrikanischer Kampfer (?): 1 (Dosis), getrocknete Myrrhe: 1 (Dosis), Rinderfett: 1 (Dosis), süßes Olivenöl: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
Eb 688
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen der Gefäße:
Süße Myrrhe: 1 (Dosis), Sägemehl der ꜥš-Konifere: 1 (Dosis), Mehl von Datteln: 1 (Dosis), Öl/Fett [85,5] des Wäschers: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verkocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
Eb 689
Ein anderes (Heilmittel) zum Ausstrecken einer Verkrümmung und Geschmeidig-Machen einer Versteifung:
Dattelsaft: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), šfšf.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Natron: 1 (Dosis), ḏꜣjs-Pflanzen: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 690
Ein anderes (Heilmittel) zum Geschmeidig-Machen:
Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Koniferenharz: 1 (Dosis), Bodensatz von Bier: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 691
Ein anderes (Heilmittel):
Honig: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Eselskot: 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 692
Ein anderes (Heilmittel):
Öl/Fett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), lebhafte (?) tpꜣ.w-Droge: [85,10] 1 (Dosis).
Werde gekocht. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 693 = H 121
Ein anderes (Heilmittel) zum Kühlen der Gefäße:
Rinderfett: 1 (Dosis), Eselsfett: 1 (Dosis), Widderfett: 1 (Dosis), psḏ-Schoten: 1 (Dosis), tḥwꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), ḫꜣs.yt-Pflanzen: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis).
(Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 694 = H 110
Was zu tun ist bezüglich eines Gefäßes, das steif ist:
Polei-Minze (?): 1 (Dosis), nšꜣ-Wasserpflanzen: 1 (Dosis).
Werde zermalmt. (Der betroffene Körperteil) werde darüber verbunden.
Eb 695 = H 142
Ein anderes (Heilmittel), jede Sache in Gang zu bringen:
jm-Substanz einer Figur: 1 (Dosis), jbsꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), šꜣšꜣ-Früchte: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 696
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von rhn.w-Erscheinungen1 von Krankheitsauslösern (?) in einem Arm, [85,15] der zittert:
Pflanzenbrei von Gerste: ∅.
Werde geknetet (?)2; werde vollständig zum Gären gebracht.
6 Hin (= 9,6 Dja) (davon) werden warm getrunken (und der Patient) werde (dadurch) über 4 Tage hinweg zum Erbrechen gebracht.
1 rhn.w: Nur in Eb 696 (im Arm lokalisiert) und H 4 (im After lokalisiert) genannt; beide Male in der Konstruktion rhn.w n.w wḫd.w, d.h. syntaktisch ein Plural und semantisch eine Erscheinung der wḫd.w-Krankheitsauslöser. Eine genauere Eingrenzung der Bedeutung ist unmöglich. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 530 vermerken, dass es geschrieben sei wie eine Ableitung vom Verb rhn: „stützen“, und vermutet, dass es vielleicht als „Stütze“ im Sinne von „Grundlage, Ursache“ des wḫd.w-Phänomens zu interpretieren ist. Ferner vermuten H. von Deines – W. Westendorf, dass es vielleicht eine Bezeichnung der st.t-Schleimstoffe/-Sekrete sein könnte, denn im Rezept Eb 856f werden st.t-Sekrete als Ursache für ein Schulterleiden genannt, das mit zitternden Fingern einhergeht; die Tertia comparationis sind hierbei Leiden der Armgegend in Verbindung mit einem Zittern. Dieser Erwägung folgt auch Westendorf 1999, 655, Anm. 177. Bardinet 1995, 348 und 376 übersetzt rhn.w dagegen in beiden Fällen diskussionslos, aber vorsichtig mit „accumulations (?)“. Ebbell 1937, 100 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 83 übersetzen den Begriff nicht.
2 sqr.yw: Mit nw-Topf oder dem Bewässerungskanal (Gardiner Sign-list N 23) klassifiziert; Wreszinski 1913 transkribiert den Klassifikator dagegen als Schnur mit den Enden nach oben (zu den Möglichkeiten s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 806). Schon das Wb ordnet das Wort dem Verb sqr: „schlagen“ zu, ohne sich aber auf eine genaue Nuance festzulegen, s. DZA 29.637.840 und DZA 29.638.350. Daher bleibt das Wort bei Ebbell 1937, 100 auch ohne Übersetzung. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 806 sehen hierin mit Verweis auf Wb 4, 306.13 einen Beleg für die Bedeutung „kneten“, die Belege von Wb 4, 306.13 sind Szenen des täglichen Lebens aus Gräbern des Alten Reiches, in denen das sqr-Tun von verschiedenen Broten solchen Szenen beigeschrieben ist, in denen verschiedene Brote geknetet oder geformt werden. Darauf basiert die Übersetzung von Westendorf 1999, 665. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 83 („geschlagen“) und Bardinet 1995, 348 („battu“) bleiben bei der Grundbedeutung des Wortes sqr.
Eb 697–704: Heilmittel für die Zunge
Eb 697
Anfang der Heilmittel zum Beseitigen einer Krankheit der Zunge:
Milch: ∅.
Werde gespült; werde auf den Boden gegeben (d.h. ausgespuckt).
Eb 698
Ein anderes (Heilmittel) für eine Zunge, die schmerzt:
Rinderfett: 1 (Dosis), ꜥꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis), Kuhmilch: 1 (Dosis), frisches Brot: 1 (Dosis).
Werde gespült.
Eb 699
Ein anderes (Heilmittel):
ꜥmꜥꜥ-Körner (der Gerste / des Emmers): 1 (Dosis), Milch: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis).
Werde gespült.
Eb 700
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln einer Zunge, die schmerzt:
Weihrauch: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis), [85,20] Honig: 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
Werde gespült; werde ausgespien1.
1 Wreszinski 1913, 174 transkribiert das Zeichen nach dem Mann mit Hand am Mund, dem Klassifikator von ẖpꜥ, als r mit der Zahl 9. Ähnlich auch noch DZA 28.196.330 und DZA 28.196.370. Darauf basiert Ebbells Übersetzung „rinse the mouth for 9 (days)“ (Ebbell 1937), vgl. auch schon Joachim 1890, 154. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 70, Anm. 1 zu Eb 746 sprechen sich aber mit Verweis auf das Rezept L 11 dafür aus, dass eher der speiende Mund, Gardiner Sign-list D26, zu lesen ist und eine logographische Schreibung für „ausspeien“ vorliegt. Diesem Vorschlag folgen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 68, Westendorf 1999, 656 und Bardinet 1995, 349. Auf ein bestimmtes ägyptisches Wort legt sich von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II nicht fest; H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 844, Anm. 1 lösen die Abkürzung als qꜣꜥ auf. Das logographisch nur mit D26 geschriebene Verb im Rezept L 6 lösen H. von Deines – W. Westendorf, 844 dagegen als šp auf, erwägt aber in Anm. 1, dass es ebenfalls qꜣꜥ zu lesen sein könnte. In L 6 ist vom Ausfließen der Hitze die Rede, was tatsächlich für šp spricht; nach H. von Deines – W. Westendorf, 844 wird dieses Verb jedoch in den medizinischen Texten nicht für das (Wieder-)Erbrechen von Heilmitteln verwendet, weshalb in diesem Fall qꜣꜥ eher unwahrscheinlich ist. In solchen Zusammenhängen wird tatsächlich sonst qꜣꜥ (vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 876) sowie das vom Grundriß der Medizin für Eb 700 nicht diskutierte bši̯ (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 253) resp. sbši̯ (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 736) verwendet, weshalb in Eb 700 eben qꜣꜥ oder allenfalls noch bši̯ die wahrscheinlicheren Möglichkeiten sind.
Eb 701
Ein anderes (Heilmittel):
Bleiglanz: 1 (Dosis), Sellerie: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), „Kupferkot“-Droge1: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zermahlen. Werde darauf gegeben.
1 ḥs-ḥmt: „Kupferkot“. Wörtliche Übersetzung der nur in Eb 701 belegten Droge unbekannter Natur. Schon Stern, in: Ebers 1875, 17 denkt an „scoria metalli“, d.h. eine Metallschlacke. Abgesehen von einer weiteren Spezifizierung von Metall zu Kupfer wird diese Deutung mangels besserer Erklärungen in allen späteren Übersetzungen übernommen. S. Sauneron, Un traité égyptien d’ophiologie. Papyrus du Brooklyn Museum No 47.218.48 et .85, Bibliothèque générale 11 (Le Caire 1989), 78 erwägt einen Vergleich mit einem der Kupferprodukte, die Plinius, N.H. XXVIV, XXIV (11) erwähnt, d.h. eine Kupferschlacke („scoria aeris“) oder eine „Kupferblume“ („aeris flos“). Laut Plinius entsteht Letzteres, indem geschmolzenes Kupfer durch einen „schnelleren Gebrauch des Blasebalgs“ Metallschuppen abgebe, die dann als „Blumen“ bezeichnet würden. Daneben gibt es laut Plinius auch andere Späne, die durch schnelles Abkühlen des Kupfers in Wasser entstünden, die ähnlich rot seien („rubentque similiter“) wie die Kupferschlacke und mit denen die „Kupferblumen“ gelegentlich verschnitten würden.
Eb 702
Ein anderes (Heilmittel):
ḫs-Teil (?) (von ... (?)): 1 (Dosis), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
Werde gespült; [86,1] werde ausgespien.
Eb 703
Ein anderes (Heilmittel):
Wüstendatteln (?): 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 704
Ein anderes (Heilmittel):
Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), ꜥmꜥꜥ-Körner (der Gerste/des Emmers): 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), smt-Droge: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis), Nubischer Hämatit: 1 (Dosis), Pulver von Kalzitalabaster: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 705 – 738: Mittel zur Behandlung der Körperoberfläche
Eb 705–725: Heilmittel gegen špn, ḫnš und tpꜣ.w sowie Kosmetika
Eb 705
Anfang der Heilmittel zum Beseitigen des špn-Leidens1 und dessen, was den Körper eines Mannes oder einer Frau zusammenschnürt2:
Unterägyptisches Salz: [86,5] ein viertel (Dja), Weihrauch: ein viertel (Dja), Pflanzenbrei: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde in den Hintern gegossen.
Es kann (auch) hergestellt werden, ohne Weihrauch (dazu) zu geben.
1 špn: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 49–50 vermutet hierin Gonorrhoe, weil es nach dem Rezept Bln 183 im Urin verortet wird und nach Eb 705 im „Fleisch“ eines Mannes oder einer Frau vorkommt, worin Ebbell eine Bezeichnung der Geschlechtsteile vermutet. Außerdem denkt er an einen Zusammenhang mit dem Verb šp: „ausfließen“. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 845–846 sehen darin dagegen eine schmerzhafte Harnerkrankung. Bardinet 1995, 188–189 deutet špn eher als Bezeichnung einer „substance“, speziell von Eiter im Urin; er verweist auf Rezept Eb 707, das als „nützlich gegen wḫd.w“ bezeichnet wird, und vermutet, dass die Ägypter wḫd.w als Ursache von špn angesehen haben. J. Osing, Die Nominalbildung des Ägyptischen, Sonderschrift des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo 3 (Mainz 1976), 743 sieht es als Ableitung vom Verb ẖpn/špn: „fett sein, fett werden“ und denkt an eine „Auftreibung > Stauung“. Daher stammt vielleicht Westendorfs Idee „Verhaltung?“ (W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), 666, Anm. 178). Zu etymologischen Zusammenhängen mit der als špn.t beschriebenen Frau in der Lehre des Ptahhotep s. Osing, ebd. und C. Cannuyer, L’obèse de Ptaḥḥotep et de Samuel. Pour une meilleure compréhension de la maxime 37 de Ptaḥḥotep?, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 113, 1986, 92–103, hier: 98–99.
2 mr ḥꜥ.w: Ebbell 1937, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 und Westendorf 1999 analysieren mr partizipial als weitere Beschreibung von špn: Es ist das, was das Fleisch bindet oder „abschnürt“. Bardinet 1995, 188–189 übersetzt mr dagegen parallel zu dr als weiteren Zweck des Rezeptes: „Remède pour chasser la substance-chepen et (pour) lier la chair superficielle“. Ihm zufolge sei vielleicht die sich wegen der wḫd.w ablösende oder zurückziehende Haut als Auslöser des špn-Phänomens betrachtet worden.
Eb 706
Ein anderes (Heilmittel):
Harn: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Johannisbrot: ein halbes Dja (?), Öl/Fett: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 707
Ein anderes (Heilmittel):
Pflanzenbrei: 1/32+1/64 (Oipe = 3 Dja), Olivenöl: ein halbes Dja (?)1, Abgestoßene (Späne) vom Kupfer: 1/16 (Dja), Bleiglanz: 1/16 (Dja), Honig: 1/8 (Dja).
(Werde) ebenso (verfahren).
(Es) ist nützlich zum Beseitigen von Krankheitsauslösern (?).
1 Die Maßangabe nach bꜣq ist nachträglich von schwarz in rot geändert (so schon H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 48); ähnlich vielleicht auch diejenige von ḫꜣ.w n.w ḥmt.
Eb 708 = H 31, 150
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von ḫnš-Gestank1 im Sommer:
Weihrauch: 1 (Dosis), jbw-Pflanzen: 1 (Dosis), Beeren vom Phönizischen Wacholder: 1 (Dosis), Myrrhe: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse vereint. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 ḫnš: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 37 verbindet es mit dem koptischen ϣⲛⲟϣ: „stinken“ und vermutet in ḫnš eine Bezeichung für eine mit Gestank verbundene Erscheinung (die Wortfamilie ḫnš ist auch schon im Neuägyptischen und Demotischen belegt und bezieht sich dort ebenfalls auf schlechten Geruch, bspw. den von Fisch). Laut Eb 711 = H 32 = H 151 kommt ḫnš an Stellen vor, an denen „Körperteil an Körperteil stößt“, also in Gelenkbeugen u.ä., weswegen Ebbell an Intertrigo, Hautwolf, denkt. Diese Interpretation sieht er darin bestätigt, dass das Phänomen laut Eb 708 im Sommer vorkommt, denn eine verstärkte Schweißabsonderung könne die Entstehung von Intertrigo besonders fördern. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 661–662 sehen hinter ḫnš dagegen eher weniger konkrete „Schweißabsonderungen“, ebenfalls weil es in Eb 711 in Gelenkbeugen lokalisiert wird, wie es bspw. eine Achselhöhle sei, und weil es in Eb 708 als sommerliches Phänomen erwähnt wird. Außerdem verweisen H. von Deines – W. Westendorf darauf, dass die Rezeptur von Eb 710 mit derjenigen von Eb 539 identisch sei, das gegen eine ꜥꜣg.yt-Absonderung vom Rand einer Wunde gerichtet ist. Auch Bardinet 1995, 189 und 350 sieht in ḫnš eine „substance“ und keine abstrakte Krankheitsbezeichnung.
Eb 709
[86,10] Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von ḫnš-Gestank im/am1 Körper eines Mannes oder einer Frau:
Gestampftes vom Johannisbrot: ∅.2
Werde zu einem ḥnb-Mittel (?)3 verarbeitet. Der Körper werde damit gesalbt.
1 Die Präposition m trägt normalerweise eher die Konnotation „in“ als „an“. Dies bedeutet, dass der ḫnš-Gestank nicht nur als dem Körper anhaftend betrachtet wird, sondern auch im Körper selbst verortet wird.
2 sḥm n ḏꜣr.t: Schon L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1-63, hier 54 liest sḥm n ḏꜣr.t. So auch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 229, Anm. 1. Wreszinski 1913, 175 transliteriert die waagerechte Linie unter dem klassifizierenden Arm dagegen als Pluralstriche. In beiden Fällen wäre sḥm am ehesten nominal als Nomen regens eines indirekten (Stern, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I) oder direkten Genitivs (Wreszinski) aufzufassen. Wortsyntaktisch liegt vielleicht ein substantiviertes Partizip vor, so dass die gesamte Phrase dem srf n sḏr in Eb 463 vergleichbar wäre, oder ein echtes Nomen. Wb 4, 216.1 entscheidet sich für Letzteres und nimmt dieses Wort als eigenes Lemma: „Zerquetschtes, Mus“ auf. An Belegen führt es neben Eb 709 noch das Rezept Kah 22 an, wo es ein sḥm n ḥsmn gibt. (NB: In diesem Fall würde eine Übersetzung „Zerquetschtes“ noch möglich sein, nicht jedoch „Mus“, da dieses deutsche Wort einen Brei aus Obst oder Gemüse bezeichnet.) H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 459–460 trennen dagegen beide Wörter in zwei Lemmata auf, sicher weil die Klassifizierung sehr unterschiedlich ist; und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 211, Anm. 2 zu Kah 22 denken, dass das Lemma von Kah 22 vielleicht eher mit den Gewässerbezeichnungen sḥm.yt und jsḥm zusammenhängen könnte. Wohl deswegen schlägt Westendorf 1999, 426 für Kah 22 die Übersetzung „Lösung“ vor. Ebbell, dessen Textgrundlage Wreszinski war, geht von der Transkription sḥm ḏꜣr.t aus, versteht sḥm jedoch nicht substantivisch, sondern verbal: „ḏꜣrt is pounded“ (Ebbell 1937, 101).
3 ḥnb: Unter dem Klassifikator steht eine waagerechte Linie, die L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1-63, hier 16 und Wb 3, 113,9 als Genitiv-n interpretierten, so dass zusammen mit dem Folgenden ḥnb n(.j) gs zu lesen wäre. Dagegen interpretieren Wreszinski 1913, 175 und Grapow 1958, 523 sowie explizit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 229, Anm. 2 diese Linie als Pluralstriche. Die von Wb 3, 113.9 angesetzte Bedeutung „Salbkügelchen“ wird fraglos von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 607 und Westendorf 1999, 667 übernommen, obwohl sich dieses deutsche Kompositum nur über die von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 607, Anm. 3 explizit abgelehnte Lesung ḥnb n(.j) gs erklärt. Ebbell 1937, 101 und Bardinet 1995, 350 ziehen dagegen die richtige Konsequenz einer Lesung als ḥnb+Pluralstriche und übersetzen allein mit „ball“ bzw. „boule“. Die Konnotation [RUND] ergibt sich wiederum nur aus dem Klassifikator.
Die Schreibung von Pluralstrichen allein als waagerechte Linie, d.h. genau wie ein hieratisches n, ist im pEbers durchaus auch an anderen Stellen belegt und prinzipiell kein Problem. Im Fall von Rezept Eb 709 ist aber notierenswert, dass das direkt auf ḥnb folgende gs ebenfalls, zumindest partiell, eine Korrektur ist: Der Türriegel ist rot geschrieben; mit ihm ist ein getilgtes n überschrieben worden, vgl. schon H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 48 (contra Grapow war dieses n aber schwarz geschrieben und nicht rot, wie an dem noch sichtbaren schwarzen Abstrich erkennbar ist). Damit stellt sich die Frage, ob nicht auch der Rippenbogen mit der Lesung gs eine Korrektur ist, auch wenn weder Spuren eines älteren Zeichens erkennbar sind noch klar wäre, was stattdessen dagestanden hat. Falls das so ist, könnte tatsächlich anfangs ḥnb n NN gestanden haben und der waagerechte Strich unter dem Klassifikator von ḥnb ein n gewesen sein.
Eb 710, vgl. Eb 539
Ein anderes (Heilmittel):
Ei vom Strauß: ∅, Panzer einer Schildkröte: ∅, ꜥꜣg.yt-Absonderung vom jꜣm-Baum: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht. (Der Körper) werde damit gesalbt – du sollst nicht träge sein dabei!
Eb 711 = H 32, H 151
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: ∅, ꜣḥ-Brei: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse vermengt. Werde zu einem Kügelchen verarbeitet. Werde an die Stelle gegeben, wo Körperteil an Körperteil stößt.
Eb 712 = H 17
[86,15] [Eb 712a] Heilmittel zum Beseitigen eines tpꜣ.w-Leidens1 am/im Kopf:
Mehl von Gerste, zermahlen (und) gänzlich ausgeglüht: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Mehl vom mjmj-Getreide, gänzlich ausgeglüht: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Fett, aufgeweicht (?)2: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde damit eingerieben. Sein Kopf3 werde bestreut (?)4.
Sein whnn-Scheitel(punkt) werde auf den/in Richtung zum Boden gegeben, ohne irgendein Heilmittel darauf zu geben.
[Eb 712b] Nachdem sein whnn-Scheitel(punkt) beim (?) Einreiben mit diesem Heilmittel erreicht wurde (?), reibt man ihn folglich am zweiten Tag mit Fischöl ein.5
[86,20] Werde mit Nilpferdfett eingerieben am dritten Tag.
Werde mit jbr-Öl eingerieben am vierten Tag.
Werde mit dem Laib eines gegorenen Brotes6 aus sw.t-Wildweizen eingerieben, indem es jeden Tag auf seinen whnn-Scheitel(punkt) gegeben werde.
1 tpꜣ.w: Ein seltenes Krankheitsphänomen, das neben Eb 712 = H 17 nur noch in Ram III B 8–10 vorkommt. Während es im pEbers und pHearst am Kopf lokalisiert wird, gibt pRamesseum III keine weitere Lokalisierung an. Das Wort ist genauso geschrieben wie der anatomische tpꜣ.w-Bestandteil des menschlichen Kopfes und die pflanzliche tpꜣ.w-Droge, s. auch die Diskussionen zu diesen Wörtern. Im pHearst ist es statt mit dem Mineralienkorn N33 mit dem „schlechten Paket“ Aa2 klassifiziert.
Als Bedeutung des Krankheitsterminus schlägt H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 39 „Ausschlag, Grind“ vor: „Ein Emplastrum und das Abkratzen der schuppigen Massen des Kopfes werden zur Behandlung empfohlen“. Diese Deutung wird von Joachim 1890, 156 übernommen („Eczem“, „Grind, Ausschlag“; zum Verweis auf Lüring s. an falscher Stelle S. 139 mit Anm. 5). G. A. Reisner, The Hearst Medical Papyrus. Hieratic Text in 17 Facsimile Plates in Collotype with Introduction and Vocabulary, University of California publications in Egyptian archaeology 1 (Leipzig 1905), 45 vermutet kommentarlos „a disease (boils?)“. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 59–60 denkt eher an „Schuppen“ (als solche dann auch in der Randbemerkung zum tpꜣ.w-Schädelteil bei Breasted 1930, 186). Als Argumente dienen ihm folgende Beobachtungen: (1) Das Phänomen kommt laut pEbers auf dem Kopf und dort am Scheitel vor. Allerdings steht das Rezept nicht in der Gruppe der Haarkrankheiten (womit er sicher Eb 451–476 meint), und es geht Mitteln voran, die eher in den Bereich der Kosmetik fallen und „man behandelt ja diesen Zustand [der Schuppenbildung, L.P.] mehr aus Toilettenrücksichten, als weil er eine eigentliche Krankheit ist.“ (2) Die Klassifizierung mit dem Mineralienkorn würde gut zu einem Pulver o.ä. passen. (3) Eb 712a enthält die Anweisung tmt.w dp=f rḏi̯ whnn=f r tꜣ. Da das Rezept aber Fett enthält und explizit durch „einreiben/salben“ (wrḥ) aufgetragen werden soll, verbiete sich, tmt.w: „pudern“ u.ä. auf das Rezept zu beziehen. Der fragliche Satz sei daher wohl eher als Anweisung zu verstehen, gegebenenfalls zunächst das tpꜣ.w-Phänomen durch Vorbeugen des Kopfes zu entfernen, bevor man das Heilmittel aufträgt: „[W]enn sein Kopf stäubt (d.h. Pulver streut), soll sein Scheitel gegen die Erde gebeugt werden, ohne irgendein Heilmittel auf demselben anzubringen.“ So auch seine Übersetzung in Ebbell 1937, 101: „(but) if the scurf comes off his head, then his crown shall be turned to the ground without applying any remedy to it.“ (Syntaktisch läge in dem Fall ein Konditionalsatz ohne jr vor.) H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 948 zweifeln Ebbells Vorschlag „Schuppen“ an, vorrangig, weil Schuppen nicht nur am Scheitel auftreten, sondern auch andere Teile des Kopfhaares betreffen können, und weil das Rezept des pRamesseum gegen ein einzelnes tpꜣ-Phänomen angewendet werden soll, was für eine gewisse Größe spricht. H. von Deines – W. Westendorf erwägen eher eine bestimmte Art des Haarausfalls, da Eb 712 „unter den Schönheitsmitteln“ stehe. Eine mögliche Verbindung mit dem tpꜣ.w-Teil des Schädels wird angesprochen, aber nicht im Detail ausgeführt. Aus diesem Grund übersetzen es von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 39 nicht, sondern transkribiert es nur. P. H. Chapman, Case Seven of the Smith Surgical Papyrus. The meaning of tpꜣw, in: Journal of the American Research Center in Egypt 29, 1992, 35–42 diskutiert den tpꜣ.w-Teil des Schädels im pEdwin Smith und kommt zu dem Schluss, dass es sich dabei um die hautähnlichen Membranen der Stirnhöhlen zu handeln scheint. Bezüglich der tpꜣ.w- und der tpꜣ.wt-Droge, die als Bestandteil von Stech-Wacholder bzw. der Sykomore genannt ist, denkt er ebd., 42 an eine Bezeichnung für die Borke oder das Kambium des entsprechenden Baumes; eine konkretere Idee zur Identifikation des Phänomens von Eb 712 gibt er nicht. Bardinet 1995, 189 vermutet als Tertium comparationis zwischen dem tpꜣ.w-Schädelteil des pEdwin Smith und dem tpꜣ.w-Phänomen von Eb 712 eine beutel- oder taschenartige Form und vermutet hinter Letzterer eine Bezeichnung für „vésicules“, „très probablement du genre ‚pustules, petites érosions circulaires‘“ (ob vielleicht partiell inspiriert von Reisners Idee „boils?“?). Auf diese Idee wird wohl R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 2. Auflage (Mainz am Rhein 1997), 1001, Nr. 37059 basieren: „e[ine] Krankheit (am Kopf; *Warze)“. Westendorfs zweifelnde Erwägung „Kopfgrind mit Blasen- oder Borkenbildung?“ (W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), 142 und 667, Anm. 181) wirkt wie eine Zusammenfassung der verschiedenen Ideen: „Kopfgrind“ geht auf Lüring zurück; „Blasenbildung“ vielleicht auf Reisner und Bardinet, und „Borkenbildung“ auf Chapmanns Idee zur Bedeutung der tpꜣ.w-Droge. T. Pommerening, Heilkundliche Texte aus dem alten Ägypten. Vorschläge zur Kommentierung und Übersetzung, in: A. Imhausen – T. Pommerening (Hrsg.) Translating Writings of Early Scholars in the Ancient Near East, Egypt, Greece and Rome. Methodological Aspects with Examples, Beiträge zur Altertumskunde 344 (Berlin/Boston 2016), 175–279, hier: 222–223 schlägt schließlich vor, den Schädelteil, das Krankheitsphänomen und die Droge unter dem gemeinsamen Nenner „mit Haut und Knochen umschlossene Körperausweitung“ zu vereinen (wobei im Falle der Droge „Knochen“ natürlich nur metaphorisch gemeint sein kann). Im Fall der Krankheit erwägt sie „z.B. die am Kopf bisweilen entstehenden Fettgeschwülste“. Die Bedeutung „Borke“ für die Droge lehnt sie ab, weil dieser Pflanzenteil für mehr als nur zwei Baumarten zu erwarten sei, und die Bedeutung „Kopfgrind“ für die Krankheit ebenfalls, weil dieser besonders bei Säuglingen auftritt, aber Eb 712 nicht zwischen den Rezepten für Mutter und Kind steht. Bislang in der Diskussion zur Bedeutung wenig beachtet ist der Umstand, dass das Phänomen m ḏꜣḏꜣ=f lokalisiert wird und die Präposition in diesem Kontext eher die Bedeutung „in“ als „am“ hat. Das heißt, das Phänomen könnte auch von den Ägyptern „im Kopf“ lokalisiert sein. Oder liegt hier ein Fall analog zu den „Paradoxical Figure-Ground-Relations“ vor, die D. Werning, The semantic space of static spatial prepositions in hieroglyphic ancient Egyptian. A comparison with nine Indo-European and Afro-Asiatic languages based on the Topological Relations Picture Series, in: S. Kutscher – D. A. Werning (Hrsg.), On ancient grammars of space. Linguistic research on the expression of spatial relations and motion in ancient languages, Topoi. Berlin Studies of the Ancient World 19 (Berlin 2014), 195–325, hier: 240–241 für Fälle bespricht, in denen sich eine Kopfbedeckung m: (wörtl.:) „in“ dem Kopf des Trägers befindet?
2 ꜥḏ gnn: In der Regel adjektivisch-attributiv als „weiches Fett“ übersetzt. Es wäre aber auch möglich, hierin einen Stativ parallel zum nḏ und snwḫ der vorigen Drogen zu verstehen: „aufgeweicht, weichgemacht“. So vielleicht das Verständnis von Bardinet 1995, 351: „graisse (de taureau) ramollie“.
3 dp/ḏꜣḏꜣ: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) haben grundsätzlich alle abgekürzten Schreibungen, die nur mit Gardiner Sign-list D1 und Logogrammstrich geschrieben sind, unter dem Lemma tp abgelegt, weil „kein ausreichender Grund gegeben“ sei, dass in diesen Fällen auch ḏꜣḏꜣ gelesen werden könne, vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 944. Dessen ungeachtet listet es ebd. Fälle auf, in denen dp mit ḏꜣḏꜣ wechselt, u.a. auch Eb 712; in diesem konkreten Fall vermutet es, dass vielleicht „die jüngere (?) Rezeptüberschrift das jüngere Wort ḏꜣḏꜣ bevorzugte“. Ebenso gut könnte aber auch die Pleneschreibung der Überschrift ein Hinweis darauf sein, dass die abgekürzte Schreibung des vorliegenden Satzes ebenfalls ḏꜣḏꜣ zu lesen ist.
4 Wie die vorliegende Handlung zu verstehen ist, ist unsicher. Das Drogengemisch enthält jedenfalls Fett, was es schwierig bis unmöglich macht, diese Droge zu „streuen“, und im Satz zuvor ist auch davon die Rede, dass die betroffene Stelle eingerieben werden soll, so dass eine weitere Applikationsanweisung eigentlich unerwartet ist. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 60 (und Ebbell 1937, 101) nimmt daher an, dass hier ein Konditionalsatz ohne jr vorliegt und ein möglicher Zustand des tpꜣ.w-Phänomens beschrieben ist: „[W]enn sein Kopf stäubt (d.h. Pulver streut), soll sein Scheitel gegen die Erde gebeugt werden, ohne irgendein Heilmittel auf demselben anzubringen.“ von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 39 übersetzen die Passage dagegen als weitere Applikationsanweisung („werde sein Kopf gepudert, werde sein Scheitel (whnn) zur Erde gegeben, ohne irgendein (anderes) Heilmittel darauf zu geben“), vermutet aber in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 50, Anm. 4, dass der Text vielleicht nicht in Ordnung ist. Die Parallele H 17 schreibt an dieser Stelle ḫrm n dp=f anstelle des tmt.w dp=f des pEbers. Dieses ḫrm ist jedoch ein Hapax legomenon und scheint der Schreibung nach ein Substantiv zu sein, was die Interpretation der Stelle eher erschwert als vereinfacht. Auch Bardinet 1995, 351 hält tmt.w dp=f für eine weitere Applikationsanweisung und versucht sich zudem an einer Erklärung der Diskrepanz zwischen einem „einreiben“ und einem „bestreuen“: „Enduire (la tête) avec (cela) et saupoudrer (ensuite) sa tête ( = saupoudrer avec le reste de la farine calcinée?)“. Westendorf 1999, 567 übersetzt tmt.w dp=f ebenfalls als weitere Applikationsanweisung, kommentiert die Diskrepanz aber nicht mehr: „werde sein Kopf mit Puder bestreut“. Bei der Suche nach einer Lösung ist unter Umständen auch zu bedenken, dass die Bedeutung von tmt als „bestreuen“ keinesfalls sicher ist, sondern sich aus einigen wenigen Kontexten ergibt: So lässt einzig das Rezept Eb 622 (tmt ḥsmn ḥr=s) den Schluss zu, dass das semantische Instrument etwas Körniges sein kann, und Eb 766d, wo tmt.w als Anwendungsart von Mitteln zum „Trocknen einer Wunde“ (⟨s⟩šwi̯ wbn.w) genannt wird, gibt Auskunft darüber, dass das Mittel hygroskopisch ist. Möglicherweise basiert die Unsicherheit des Wb zur Bedeutung von tmt (s. die Übersetzungsvorschläge auf den Wörterbuchzetteln) gerade auf Rezept Eb 712. Der Vorschlag von Joachim 1890, 156: „seinen Kopf verbinden“ ist allerdings veraltet und auszuschließen, denn er beruht auf einer falschen Etymologie von tmt (s. die Diskussion zu diesem Verb).
5 Die genaue Aussage des temporalen Nebensatzes ist umstritten. Joachim 1890, 156: „Nachdem sein Kopf mit Salbe von diesen Ingredienzien bestrichen worden ist, (...)“; Ebbell 1937, 101: „Now after his crown gets done with the anointing with this remedy, (...)“; von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 39: „Wenn danach sein Scheitel (whnn) zu Ende gekommen ist mit dem Salben (wrḥ) mittels dieser Heilmittel, (...)“ (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 50, Anm. 6 überlegen: „ob gesagt werden soll, daß die erste Salbung ihre Wirkung getan hat? Dann wären die weiteren Salbungen nur Nachbehandlungen.“); Bardinet 1995, 351: „Dès qu’aura été atteinte (la limite entre la tête et) le front par l’onguent de ce remède (= donc avant le saupoudrage de la tête), (...)“; Westendorf 1999, 667: „Nachdem seine Schädeldecke fertig ist mit dem Salben (wrḥ) mit diesem Heilmittel, (...)“. Während Joachim also davon ausgeht, dass dieser Satz die nächsten Schritte der Behandlung einleitet, geht Bardinet umgekehrt davon aus, das mit diesem Satz eine Hintergrundinformation geliefert wird, was geschehen soll, bevor der Kopf bestreut (tmt.w) wird. Er stellt also diesen Satz (und die folgenden?) zeitlich der Anweisung tmt.w dp=f voran. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I vermuten hier Nachbehandlungen, gehen also davon aus, dass die eigentliche Behandlung mit dem vorigen Satz zu Ende ist. Gleiches ist vielleicht für Ebbells und Westendorfs unkommentierte Übersetzungen anzunehmen. Die Unsicherheit rührt v.a. daher, dass bereits unklar ist, ob pḥ aktivisch oder passivisch zu verstehen ist und welche syntaktische Position folglich dem whnn=f zukommt.
6 bj.t n.t tʾ: Diese Stelle könnte ein Hinweis darauf sein, dass der bj.t-Fladen gelegentlich auch eine breiige Konsistenz haben kann. Vielleicht aufgrund dieser und ähnlicher Rezepte bieten H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 155 die Übersetzung „Fladen, Teig o.ä.“. Neben dem bj.t n.t tʾ ꜥwꜣ n sw.t von Eb 712 gibt es auch zwei Belege für einfaches bj.t n.t sw.t: „Fladen von sw.t-Emmer“ (Eb 126, H 27). H. Grapow – H. von Deines, 156 erwägen, diese Belege vielleicht zu dem häufigeren bj n sw.t: „Grütze von sw.t-Emmer“ zuzuordnen, zumal Eb 126 eine Parallele in Eb 229 hat und dort tatsächlich bj n sw.t steht. Könnte man analog dazu das bj.t von Eb 712 unter Umständen auch eher zu bj: „Grütze“ emendieren? Dann hätte man auch hier eine Droge mit breiiger Konsistenz, mit der der Kopf wrḥ: „eingerieben“ werden kann.
Eb 713 = H 152
[87,1] Heilmittel zum Öffnen des Körpers:1
Eselsmilch: 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja), Blätter der Dornakazie: 1/16 (Dja), „Leidabwender“-Pflanzen: 1/16 (Dja), dwꜣ.t-Pflanzen: 1/32 (Dja), qꜣꜣ-Früchte (?) der Seyal-Akazie: 1/32 (Dja), Honig: 1/16 (Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 Rezept Eb 713 steht vor Rezepten zur Verbesserung der Haut. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 745 überlegen daher, ob das Rezept konkret ein schweißtreibendes Mittel zur Behandlung der Haut ist, vielleicht zum Entfernen von Schmutz und Schminkresten. Dessen ungeachtet wird es von Grapow 1958 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I mit der Überschrift „Abführmittel“ versehen, was Westendorf 1999, 457 ablehnt.
Eb 714 = H 153, Sm verso 21,3–6
Ein anderes (Heilmittel) zum Umkehren der Haut:1
Honig: 1 (Dosis), rotes Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. Der Körper werde damit gesalbt.
1 spnꜥ jnm: Diese Verbindung steht nur in Eb 714 und seinen beiden Parallelen. Aufgrund des Kontextes handelt es sich am wahrscheinlichsten um ein kosmetisches Mittel, dessen genauer Zweck aber unsicher bleibt. Joachim 1890, 157 sieht darin ein Rezept, „die Hautfarbe zu ändern“ (d.h. vielleicht den Teint?), Ebbell 1937, 101 vermutet „improve the skin“, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 744 „verschönern“ (denn das folgende Rezept Eb 715 ist für das snfr.t ḥꜥ.w gedacht), Breasted 1930, 490–491: „transforming the skin“, gefolgt von Bardinet 1995, 351: „transformer la peau“. J. P. Allen, The Art of Medicine in Ancient Egypt (New York/New Haven/London 2005), 113 übersetzt die eigentliche Rezeptüberschrift des pEdwin Smith wörtlich mit „reversion of the skin“, überschreibt das Rezept aber zusätzlich mit „renewing the skin“.
Eb 715 = H 154, Sm verso 21,6–8
Ein anderes (Heilmittel) zum Verschönern des Körpers:1
[87,5] Pulver vom Kalzitalabaster: 1 (Dosis), Pulver vom Natron: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde mit diesem Honig zu einer homogenen Masse vermengt. Der Körper2 werde damit gesalbt.
1 ḥꜥ.w: H 154 schreibt jnm: „Haut“, Sm verso 21,6 ḥr: „Gesicht“.
2 ḥꜥ.w: H 154 schreibt wieder jnm, Sm schreibt nur gs jm: „Werde damit gesalbt”.
Eb 716
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Zusammenziehungen (d.h. Runzeln?) des Gesichts:
Weihrauch(halt)iges Gummiharz (?)1: 1 (Dosis), Wachs: 1 (Dosis), frisches Olivenöl: 1 (Dosis), gw-Gras: 1 (Dosis).
Werde fein zermahlen; werde in Pflanzenbrei gegeben. Werde täglich ans Gesicht gegeben.
Handle (so), und du wirst (den Erfolg) sehen!
1 qmy.t n.t snṯr: Sowohl qmy.t als auch snṯr bezeichnen harzige Substanzen, dennoch wird diese Verbindung meist kommentarlos übergangen. Ebbell 1937, 101: „gum of frankinsence“; von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 301: „Gummi von Terebinthe“; ebenso Bardinet 1995, 351: „gomme de térébinthe“; Westendorf 1999, 668: „Gummi vom Weihrauchharz (snṯr)“. R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), die in qmy.t generell eine Abkürzung von qmy.t n.t šnḏ.t: „Gummiharz der Dornakazie“ versteht, vermutet S. 117 hinter qmy.t n.t sntr ein „mit Weihrauch versetztes Salböl“. Der Genitiv wäre dann ein Genitivus attributivus oder vielleicht Genitivus materiae.
Eb 717
Ein anderes (Heilmittel) zum Veranlassen, dass sich das Gesicht strafft:
Pulver vom Gummiharz mit Wasser vom pꜣd.w-Gewässer: ∅.
Nachdem sie (d.h. die Patientin) sich ihr Gesicht wäscht (wie) jeden Tag1, [87,10] salbt sie folglich ihr Gesicht damit.
1 rꜥ-nb wird üblicherweise als normale Temporalangabe aufgelöst. Dadurch erhält der Temporalsatz den Charakter einer Applikationsanweisung: Erst soll sich die betroffene Frau das Gesicht waschen und danach mit dem Mittel eincremen. Zur hier gewählten Konnotation s. Bardinet 1995, 351. Zwar ist auch in diesem Fall der Temporalsatz Teil der Applikationsanweisung, wirkt aber eher wie eine Hintergrundinformation: Sie spezifiziert lediglich den Zeitpunkt, zu dem die betroffene Frau sich eincremen soll.
Eb 718
Ein anderes (Heilmittel):
Galle eines Rindes: ∅, Öl/Fett: ∅, Gummiharz: ∅, Pulver vom Ei vom Strauß: ∅, bd.t-ḥꜣwr.t-Natron: ∅.
Werde vermischt (und) werde zu einem jwšš-Brei verarbeitet; werde in Pflanzenbrei1 zerstoßen.
Das Gesicht werde damit täglich gewaschen.
1 Sowohl jwšš als auch ḥsꜣ haben eine breiartige Konsistenz; üblicher ist dagegen „Droge ẖꜣ.w ḥr flüssige Droge“, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 681. Ebbell 1937, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Bardinet 1995 denken an ‚Droge 1 werde zerschlagen/zerstampft o.ä. in Droge 2‘; Westendorf 1999, 668 denkt an eine Abkürzung für ‚Droge 1 werde zerstoßen (und) in Droge 2 (gegeben)‘. Ob man alternativ noch denken könnte, dass ein schlagendes Unterrühren von Droge 1 in Droge 2 gemeint ist?
Eb 719
Ein anderes (Heilmittel):
sfṯ-Öl: ∅, Honig: ∅, bd.t-ḥꜣwr.t-Natron: ∅.
Werde zu einem jwšš-Brei verarbeitet; werde in Pflanzenbrei zerstoßen.
Das Gesicht werde damit sehr oft gewaschen.
Eb 720
Ein anderes (Heilmittel):
Saft der qb.w-Pflanze: ∅, Pulver vom Kalzitalabaster: ∅, Gummiharz: ∅, grüner Glasfluss:1 ∅.
Werde mit Honig vermischt; [87,15] werde zu einem jwšš-Brei verarbeitet; werde in Muttermilch zerstoßen.
((Das Gesicht)) werde damit gesalbt.
1 ḥm.t wꜣḏ.t: Sonst wird immer „Pulver von grünem Glasfluss genannt“. Aus diesem Grund erwägt von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 228, Anm. 1, dass sich die Angabe qꜣw/dq.w in diesem Rezept nicht nur auf den Alabaster bezieht, sondern auch noch auf das Gummiharz (zu qꜣw/dq.w n qmy.t s. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 517, s.v. qmy.t B.I) und den Glasfluss; daher auch die koordinierende Übersetzung bei Westendorf 1999, 669. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 301 koordiniert die Drogen trotz dieser Vermutung nicht (auch Ebbell 1937, 102 koordiniert die Drogen nicht auf diese Weise). Ebenso wenig Bardinet 1995, 352, der aber trotzdem dem Hinweis von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II Rechnung trägt und „(poudre de) glaçure verte“ übersetzt.
Eb 721
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von ḥtꜣ.w-Erscheinungen1 des Gesichts:
Das Innere der Dornakazie (d.h. ihrer Frucht?): ∅.
Werde mit Rotem Ocker vermischt. Werde sehr oft ans Gesicht gegeben.
1 ḥtꜣ.w: Mit dem „schlechten Vogel“ klassifiziert und dem Genitiv n.w nach zu urteilen ein Plural, d.h. es bezeichnet etwas Zählbares. Eine nur in Eb 721 belegte Erscheinung des Gesichts. Stern, in: Ebers 1875, 18 vergleicht mit koptisch ϩⲟⲧⲉ, ϩⲁϯ: „Furcht“ und denkt an „tremor?“ als „morbus faciei“. Joachim 1890, 158, Anm. 5 gibt als Bedeutung kommentarlos „Runzeln“ an. Basierend auf der Übersetzung des Adjektivs ḥtꜣ mit „schmutzig (von der Kleidung)“ gibt Wb 3, 182.15 „als Krankheit des Gesichts: Flecken o.ä.“ an (vgl. DZA 27.429.190). Davon bleibt in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 638 nur die Bedeutung „Flecken“ übrig; auch Ebbell 1937, 102 übersetzt ḥtꜣ.w n.w ḥr mit „spots in the face“ und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 301 mit „Flecken des Gesichts“. Die Bedeutung „schmutzig“ für ḥtꜣ wird allerdings von R. A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954), 290–292 angezweifelt, weil das Wort nie mit dem „schlechten Paket“ geschrieben wird, was bei einer Bedeutung „schmutzig“ naheliegend wäre. Außerdem steht es Adjektiven wie wbḫ und wꜣḏ gegenüber; v.a. Letzteres ist kein Gegensatz zu „schmutzig“, sondern zu „alt“ u.ä. Als koptische Derivate denkt Caminos an ϩⲓⲧⲉ: „reiben, schaben, abwetzen, abnutzen“ (W. E. Crum, A Coptic Dictionary (Oxford 1962), 719b, vgl. W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 395) und/oder ϩⲱⲧⲉ: „reiben, kneten, stechen“ (W. E. Crum, A Coptic Dictionary (Oxford 1962), 722a, vgl. Westendorf, ebd.). Nach Durchsicht der Belege von ḥtꜣ schlägt er eher die Bedeutung „(be) shabby, threadbare, in rags“ vor. Die Erscheinung des pEbers sei eher „abrasions“ oder „wrinkles“. Letzeres übernimmt R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 179. Auch W. R. Dawson, La section de l’Onomasticon du Ramesseum traitant des bovidés, in: Chronique d’Égypte 30 (59), 1955, 209–216, hier: 214–216 spricht sich gegen die Übersetzung „schmutzig“ aus: Im Ramesseumsonomastikon werden in einer Liste verschiedener Rinder auch solche aufgelistet, die ḥtꜣ sind; da die Rinder dieser Liste anhand von permanenten äußeren Charakteristika, v.a. ihrer Zeichnung, differenziert sind, passt „schmutzig“ nicht, weil dies kein natürliches Charakteristikum ist. Auch in Eb 721 passt diese Bedeutung nicht, „car le remède pour un visage sale est de laver!“ (S. 215). Die Erscheinung des pEbers hält er für ein ähnliches Phänomen, wenn nicht sogar für ein Synonym für das zuvor genannte qrf.w. Er vermutet daher, dass ḥtꜣ eher „ridé“ bedeute, was auch zur Beschreibung der Erscheinung eines Rindes und zu anderen nicht-medizinischen Belegen passen würde. J. F. Quack, Die Lehren des Ani. Ein neuägyptischer Weisheitstext in seinem kulturellen Umfeld, Orbis Biblicus et Orientalis 141 (Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1994), 115 mit Anm. 109 hält sich dagegen an Caminos und gibt „zerfetzt“, „zerrissen“. Tatsächlich würde Dawsons „ridé“ in der Lehre des Ani, wo davon die Rede ist, dass der Gott „den, der dich ḥtꜣ gemacht hat, ḥtꜣ machen wird“, nicht passen. W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), 669 bietet die Alternativen „Unreinheit (Flecken, Schrumpeln) des Gesichts“; dem folgt R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 2. Auflage (Mainz am Rhein 1997), 610, Nr. 22104: „*Flecken im Gesicht; *Falten“. Bardinet 1995, 352 denkt dagegen an „ecchymoses du visage“. Worauf seine Übersetzung basiert, schreibt er nicht, denkbar wäre etwa das koptische ϩⲱⲧⲉ: „reiben, kneten, stechen“ (s.o.).
Eb 722
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des Blutes, das im Inneren des Körpers frisst1:
Mehl von ꜥmꜥꜥ-Körnern (der Gerste / des Emmers): 1 (Dosis), Pulver einer (Gefäß-)Scherbe: 1 (Dosis), Mehl vom Emmer: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ [[vom Honig: 1 (Dosis)]], ((„Selbstentstandenes“ vom)) Dattelsaft: 1 (Dosis).2
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde zu einem jwšš-Brei verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden.
1 wnm.w: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 243 und Westendorf 1999, 669 übersetzen es partizipial, Bardinet 1995, 352 verbal konditional: „lorsqu’il mange“. Letzteres würde allerdings die Ergänzung eines Suffixpronomens =f erfordern. Oder hat Bardinet an einen Stativ gedacht?
Zu diesen Phänomen vgl. den Kommentar hier.
2 ḫpr-ḏs=f n bj.t 1 ḫpr-ḏs=f n bnj.w 1: Zur Korrektur s. H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 52: Zuerst hat nur ḫpr-ḏs=f n bnj.w 1 dagestanden. Dann habe der Schreiber das n getilgt und n bj.t 1 darüber bzw. partiell dahinter in das Interkolumnium gequetscht und das zu bnj.w gehörende ḫpr-ḏs=f n am Anfang der Folgezeile nachgetragen. Man muss aber anmerken, dass von dem laut Grapow getilgten n keine Spur mehr zu erkennen ist; dass es ursprünglich dagestanden haben muss, ergibt sich nur aus der Konstruktion, da ḫpr-ḏs=f immer mit indirektem Genitiv gebildet ist.
Eb 723
Ein anderes (Heilmittel) gegen Blutfraß:
[87,20] Dattelsaft: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), (Gefäß-)Scherbe: 1 (Dosis), Granit: 1 (Dosis), das Innere einer Süßwassermuschel: 1 (Dosis), gegorener Pflanzenbrei: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die betroffene Stelle) werde darüber [88,1] 4 Tage lang verbunden.
Eb 724 = H 129
Ein anderes (Heilmittel) gegen Blutfraß in allen Körperteilen:
Zwiebeln/Knoblauch: ∅.
Werde mit Fett zermalmt. Werde daran (d.h. an den betroffenen Körperteil) gegeben.
Eb 725 = H 130
Ein anderes (Heilmittel):
ꜣḥ-Brei: ∅.
Werde mit Natron und Schnitzeln (?) 〈von Datteln〉 (?)1 vermengt. Werde an alle Körperteile gegeben, an denen Blut auftritt (wörtl.: entsteht).
1 jny.t ⟨n(.j).t bnj⟩: So das Parallelrezept H 130 und dementsprechend die bisherigen Übersetzungen der Stelle. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 37 listet dieses jny.t als separates Lemma auf, weil es mit dem Pflanzenklassifikator M22 geschrieben ist und sich dadurch von den üblichen Schreibungen von jny.t unterscheidet, vermutet aber ebenfalls, dass es eine Abkürzung oder ein Fehler für jny.t n(.j).t bnr sein könnte.
Eb 726–732: Heilmittel gegen Dornen
Eb 726
Was zu tun ist, um einen Stachel/Dorn herauszuziehen, der im Körper (steckt):1
Nest einer bꜣybꜣy.w-Wespe2: ∅, Honig: ∅.
[88,5] Werde daran gegeben.
1 In den Übersetzungen werden standardmäßig nur die tatsächlich beschriebenen Zeilen durchgezählt, ohne die freigebliebenen Teile vor Eb 726 und nach Eb 731 zu berücksichtigen. Dadurch fällt nicht auf, dass diese Kolumne ursprünglich kürzer war als die anderen, und dies umso weniger, als die Kolumne am Seitenende noch zwei Zeilen enthält, die enger geschrieben sind und schon im üblichen unteren Seitenrand stehen und daher technisch betrachtet wohl Nachträge sind. Dank dieser beiden Zeilen kommt Kolumne 88 trotzdem am Ende doch wieder auf die durchschnittliche Anzahl von 22 Zeilen pro Kolumne.
2 pr bꜣybꜣy: Stern, in: Ebers 1875, 32 löst es als ein Wort auf: „nomen avis vel insecti“; dem folgt Joachim 1890, 159: „per-baībaīt-Vogel“. Ob Wreszinskis „sic“ (Wreszinski 1913, 179) auf derselben Vermutung beruht? Erstmals wurde es als zwei Wörter interpretiert bei der Erstellung des Berliner Wörterbuches, s. DZA 22.770.090: „Gehäuse von einem bꜣybꜣyw“, und dann Wb 1, 442.11: bjbj: „Art Insekt (?), das ein ‚Haus‘ hat“. So dann auch Ebbell 1937, 102, der aber eher an einen Vogel denkt: „house (nest) of a bꜣjbꜣjw-bird”. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 212 tendieren wieder zu einem Insekt und erwägen in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 162, Anm. 1 eine Wespenart, so dass ein Sympathiemittel (Insekt mit Stachel hilft gegen Dornen) vorliegen könnte. Auf diese Vermutung geht dann Westendorfs Übersetzung „Nest (pr) der Wespe (?) (bjbjw)“ zurück (Westendorf 1999, 669), während Bardinet 1995 zwar ebenfalls an ein „insecte-bibi“ denkt, dies aber nicht weiter spezifiziert.
Eb 727
Ein anderes (Heilmittel):
Abgestreifte Haut einer Schlange, gekocht (und) in Öl/Fett zermahlen: ∅, ꜥpnn.t-Tier, aufgeschnitten, gekocht, mit Öl/Fett zusammengeschlossen: ∅.1
2
Werde daran (?)3 gegeben.
1 Wreszinski 1913, 179 hatte, nach seinen Wortgruppengrenzen zu schließen, folgende Übersetzung im Sinn: ẖꜥq.w(t) n.w ḥfꜣ.w | psi̯ nḏ ḥr mrḥ,t ꜥpnn.t | wgs.tj | psi̯.tj | ḫtm.tj ḥr mrḥ.t: „Abgestreifte Haut einer Schlange, gekocht (und) zerrieben im Öl/Fett eines ꜥpnn.t-Tieres, (werde?) aufgeschnitten, gekocht (und) in Öl/Fett eingeschlossen“. Dabei hat er sich vielleicht von Eb 733 leiten lassen, wo mrḥ.t ꜥpnn.t: „Öl/Fett eines ꜥpnn.t-Tieres“ als Droge genannt ist. Ähnliches erwägen noch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 162, Anm. 2 als Alternative; üblicherweise werden in den Übersetzungen aber, wie hier, die abgestreifte Schlangenhaut und das ꜥpnn.t-Tier syntaktisch parallel und damit als zwei separate Einzeldrogen aufgefasst.
2 Es sind keine Verarbeitungsanweisungen des Drogengemischs genannt, sondern nur vorbereitende Verarbeitungen der beiden Einzeldrogen.
3 Ursprünglich stand rḏi̯ r rʾ=s: „Werde an seine (d.h. des Stachels?) Öffnung gegeben“ – von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 162, Anm. 3 vermuten die durch den Stachel verursachte Wundöffnung. Danach hat der Schreiber den Logogrammstrich des rʾ rot durchgestrichen und dadurch aus dem r rʾ=s ein r-r=s gemacht. Das dadurch doppelt geschriebene r versucht W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 48 als Hyperkorrektur zu deuten, d.h. als Andeutung, dass das scheinbare r der Präposition im Status pronominalis tatsächlich noch als r gesprochen und nicht zu einem Vokal verschliffen war. Er verweist auf das vergleichbare Vorgehen in neuägyptischen Texten, vgl. A. Erman, Neuaegyptische Grammatik. zweite, völlig umgestaltete Auflage (Leipzig 1933), § 613. Die übliche Hyperkorrektur des Neuägyptischen ist aber r-rʾ= und nicht r-r=.
Eb 728 = pLouvre E 32847, Rto. x+4,12–13
〈Ein anderes (Heilmittel):〉 (?)1
Eselskot: ∅.
Werde mit Pflanzenbrei vermengt.
Werde daran (?)2 gegeben.
1 Die Ergänzung ergibt sich, wenn man das Vorangehende und Folgende mit Wreszinski 1913, 179 auf zwei Rezepte verteilt. Bardinet 1995, 353 schreibt sogar „Autre (remède)“, als würde das k.t tatsächlich dastehen. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 162, Anm. 2 vermutet dagegen, dass in Eb 727 und 728 ein „Doppelrezept“ vorliegen könnte wie bei Eb 467, wo dreimal hintereinander jeweils eine Droge mit Mengenangabe und eigener Applikationsanweisung steht. Westendorf 1999, 670 hat dann auch in seiner Übersetzung nur ein Rezept 727+728 angelegt.
Eb 467 unterscheidet sich aber dahingehend von 727 und 728, dass dort die zweite und dritte Droge als Rubrum geschrieben sind, was sie vom jeweils Vorhergehenden absetzt. Die Droge von Eb 728 ist dagegen schwarz geschrieben, so dass es ohne jegliche Markierung auf die Applikationsanweisung von Eb 727 folgt, so dass man doch annehmen könnte, dass dazwischen etwas ausgefallen ist. Auch B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 181 gehen davon aus, dass Eb 728 ein eigenständiges Rezept ist, an dessen Anfang ein „Autre remède“ ausgefallen ist.
Auf pLouvre E 32847, Rto. x+12–16 gibt es eine Parallele zu der kleinen, mit Eb 728 beginnenden Rezeptgruppe. Allerdings ist dort der Beginn der Parallele zu Eb 728 zerstört, so dass unklar ist, ob dort ein k.t stand oder es ebenfalls fehlte. Auch die beiden vorhergehenden Zeilen x+4,10–11 sowie die hintere Hälfte von x+4,9 sind zerstört, so dass offen bleiben muss, ob es ein Äquivalent zu Eb 727 gegeben hat. S. zu diesem Abschnitt T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 49–61.
2 Ursprünglich stand rḏi̯ r rʾ=s: „Werde an seine (d.h. des Stachels?) Öffnung gegeben“ – von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 162, Anm. 3 vermuten die durch den Stachel verursachte Wundöffnung. Danach hat der Schreiber den Logogrammstrich des rʾ rot durchgestrichen und dadurch aus dem r rʾ=s ein r-r=s gemacht, d.h. aus der Verbindung von Präposition + Substantiv + Suffixpronomen eine Verbindung aus Präposition + Suffixpronomen allein (?). Dass von dem rʾ nur der Ideogrammstrich gestrichen wurde und nicht auch das eigentlich dann überflüssige r, versucht W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 48 so zu erklären, dass der Schreiber das übriggebliebene r-r als Hyperkorrektur interpretierte, d.h. als Andeutung, dass die Präposition im Status pronominalis tatsächlich noch ein gesprochenes r enthielt. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962)verweist auf das vergleichbare Vorgehen in neuägyptischen Texten, vgl. A. Erman, Neuaegyptische Grammatik. zweite, völlig umgestaltete Auflage (Leipzig 1933), § 613. Die übliche Hyperkorrektur des Neuägyptischen lautet aber r-rʾ= und nicht r-r=.
Auch bei diesem Satz ist die Parallele auf pLouvre Eb 32847, Rto. x4,+13 zerstört und lässt keinen Vergleich zu, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 60.
Eb 729 = pLouvre E 32847, Rto. x+4,13–14
Ein anderes (Heilmittel):
Ausfluss (d.h. Urin?) eines Unreinen (Mannes) (und/oder) einer Unreinen (Frau): ∅.
Werde daran gegeben.
Eb 730 = pLouvre E 32847, Rto. x+4,14-15, vgl. Eb 250
Ein anderes (Heilmittel):
Schädel eines Welses, gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett (gegeben): ∅.
Werde an seine (d.h. die vom Stachel verursachte?) Öffnung gegeben, bis/so dass er herauskommt.
Eb 731 = pLouvre E 32847, Rto. x+4,15–16
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: ∅, Gummiharz: ∅, unterägyptisches Salz: ∅, Propolis (? wörtl.: Fliegenkot): ∅, Fett: ∅, Roter Ocker: ∅, [88,10] Wachs: ∅.
Werde daran gegeben.
Das (dient dem) Herausholen seines Wassers (d.h. des Eiters?).
Eb 732 = pLouvre E 32847, Rto. x+5,21–6,1
Heilmittel für einen Akaziendorn, wenn er herausgeschnitten wird (und) Blut aus ihm (d.h. aus der von ihm verursachten Wunde) kommt:
Johannisbrot: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), „Teich-Zungen“-Droge: 1 (Dosis), 〈Milchsaft der〉 Sykomore: 1 (Dosis), Früchte/Samen der ḏꜣjs-Pflanze: 1 (Dosis).1
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde daran gegeben.2
1 Dieselbe Drogenliste (ohne Mengenangaben) findet sich im Louvre-Papyrus. Nur statt des Johannisbrots (ḏꜣr.t) ist dort – bislang in medizinischen Texten nicht belegt – „Hundefett“ (mrḥ.t ṯsm) genannt, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 68. Dort steht auch jrṯ.t nh.t, und dementsprechend ist wohl Eb 732 zu emendieren.
Der Louvre-Papyrus setzt der Drogenliste noch eine Behandlungsanweisung voran: sjn.ḫr=k r pri̯ snf=s: „Du reibst folglich, bis / so dass sein (d.h. das vom Akaziendorn hervorgerufene) Blut herauskommt“.
2 Im Louvre-Papyrus steht nḏ: „Werde zermahlen“ (? – nur mit dem schlagenden Mann geschrieben) statt „Werde zu seiner Masse gemacht“. Die Schreibung ist vermutlich ein Fehler, denn auch bei der folgenden Applikationsanweisung ist etwas ausgefallen, nämlich der Arm für ḏi̯.
Eb 733–738: Heilmittel gegen ḥmw.t-zꜣ-Aussatz und gegen wꜣšš-Leiden
Eb 733 = H 159
Heilmittel zum Beseitigen1 von ḥmw.t-zꜣ-Aussatz2:3
Ein großer Mistkäfer. Sein Kopf4 und seine Flügel werden abgeschnitten; werde verbrannt; werde in Öl/Fett gegeben.
Werde an ihn5 gegeben.
Wenn du sie danach zu ((beseitigen)) wünschst (???),6 glühst [88,15] du folglich seinen Kopf und seine Flügel gänzlich aus.
Werde in Öl/Fett eines ꜥpnn.t-Tieres gegeben; werde verbrannt. Werde veranlasst, dass der Mann es trinkt.
1 dr: Es ist auffällig, dass auch später im Rezept noch einmal vom dr-Beseitigen der Krankheit die Rede ist, wobei die spätere Stelle zu implizieren scheint, dass der Rezeptbeginn nicht unbedingt die Beseitigung der Krankheit thematisiert. J. F. Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke nach dem „Buch vom Tempel“, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.) Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15.-16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 63–80, hier: 75 schlägt daher vor, dr zu ḏi̯.t zu emendieren, das in der Aussprache schon sehr ähnlich gewesen sei. Der Beginn von Eb 733 wäre damit ein Rezept, jemanden mit ḥmw.t-zꜣ zu „infizieren“, und der zweite Teil ein Mittel, dies wieder rückgängig zu machen. Eine Parallele sieht Quack in Eb 474–476, zwei Mitteln zur Verursachung von Haarausfall (Eb 474–475) und einem Mittel zur Beseitigung desselben, „wie es geschehen ist“ (Eb 476). Jedoch steht auch in H 159, dem Parallelrezept zu Eb 733, das Verb dr, so dass die Verlesung von ḏi̯.t zu dr schon in der Vorlage passiert sein müsste. Außerdem fällt auf, dass Eb 474–475 dezidiert an den Kopf „der Verhassten“ (msdd.t), d.h. der zu schädigenden Person, appliziert werden soll; dagegen fehlt in Eb 733 = H 159 eine vergleichbare Spezifizierung der Person, die ḥmw.t-zꜣ bekommen soll. Das r=f: „an ihn“ kann jedenfalls nicht auf die zu „infizierende“ Person referieren, denn H 159 schreibt r=s: „an sie“, womit eigentlich nur die in der Überschrift genannte ḥmw.t-zꜣ-Krankheit selbst gemeint sein kann. Das r=f von Eb 733 dürfte also den schon an ḥmw.t-zꜣ leidenden Patienten meinen.
2 ḥmw.t-zꜣ: Wurde bislang stets aufgrund seiner wörtlichen Übersetzung „Kunst des Schutzes“ (???) o.ä. als Verhexung o.ä. verstanden. Die spätägyptischen Texte sprechen jedoch dafür, dass es eine Hautkrankheit sein könnte: Im Tebtynis-Onomastikon ist es als sḥḏ erklärt, das zu dieser Zeit der gängige Terminus für Aussatz ist. In ptolemäischen Tempeltexten ist es als Tabu genannt, und das Buch vom Tempel erwähnt es zusammen mit diversen Hautkrankheiten als etwas, das in den Aufgabenbereich des Skorpionbeschwörers fällt. Vgl. dazu J. F. Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke nach dem „Buch vom Tempel“, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.) Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15.-16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 63–80, hier: 71–77.
3 In den Übersetzungen werden standardmäßig nur die tatsächlich beschriebenen Zeilen durchgezählt, ohne die freigebliebenen Teile vor Eb 726 und nach Eb 731 zu berücksichtigen. Dadurch fällt nicht auf, dass diese Kolumne ursprünglich kürzer war als die anderen, und dies umso weniger, als die Kolumne am Seitenende noch zwei Zeilen enthält, die enger geschrieben sind und schon im üblichen unteren Seitenrand stehen und daher technisch betrachtet wohl Nachträge sind. Dank dieser beiden Zeilen kommt Kolumne 88 trotzdem am Ende doch wieder auf die durchschnittliche Anzahl von 22 Zeilen pro Kolumne.
4 ḏꜣḏꜣ: Nur logographisch geschrieben. Zur Lesung ḏꜣḏꜣ anstelle von einfachem dp vgl. die Schreibung in der übernächsten Zeile.
5 Wohl der Patient gemeint. H 159 schreibt stattdessen r=s: „an sie“, womit die ḥmw.t-zꜣ-Krankheit gemeint sein könnte.
6 jr m-ḫt mri̯=k dr st: H 159 schreibt mrr=k statt mri̯=k. Die Syntax und damit die Aussage des vorangestellten Umstandssatzes sind unklar. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 229.2 diskutiert verschiedene Möglichkeiten:
(1) „wenn du sie danach (völlig) beseitigen willst (...)“, nach ihm eine Verbindung von „jr + scheinbar imperfektivischem sḏm=f“. Eigentlich wäre dies wohl eine Protasis mit konditionalem jr vor einem adverbialen m-ḫt sḏm=f (so ist wohl auch die Bemerkung von W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 229.8 zu verstehen), was ungewöhnlich ist, da eine Protasis mit adverbialem Prädikat üblicherweise durch wnn=f eingeleitet wird (also jr wnn=f m NN, nicht jr m NN), vgl. A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 150. Aber in den medizinischen Texten scheint jr m-ḫt manchmal tatsächlich die Konnotation „wenn danach“ statt üblicherem „nachdem“ zu haben, vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 65, s.v. jr, B.I.a.
(2) „danach mögest du danach trachten, sie völlig zu beseitigen (...)“, mit einem optativischen sḏm=f nach jr-m-ḫt; vgl. dazu Wb 3, 346.8 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 66, s.v. jr B.I.c.
(3) „nachdem du sie hast beseitigen wollen (und es nicht geglückt ist) (...)“, ein reguläres temporales jr m-ḫt sḏm=f.
von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 266, Westendorf 1999, 671 und J. F. Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke nach dem „Buch vom Tempel“, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.) Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15.-16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 63–80, hier: 75 entscheiden sich für Möglichkeit (1); auch Ebbells Übersetzung (Ebbell 1937, 103) entspricht dieser Lösung. Bardinet 1995, 353 tendiert eher zu Möglichkeit (3).
Eine zusätzliche Verständnisschwierigkeit ergibt sich daraus, dass dieser Satz den Anschein erweckt, dass der erste Teil des Rezeptes gar nicht zur Beseitigung der ḥmw.t-zꜣ-Krankheit gedacht war, sondern dass erst mit dem aktuellen Satz der Rezeptteil beginnt, der zur Beseitigung der Krankheit gedacht ist. Quack schlug daher vor, den Beginn des Rezeptes zu emendieren, so dass der erste Teil eine Anweisung enthielt, wie man diese Krankheit bei jemand Anderem verursachen kann, und der zweite Teil des Rezeptes, wie man dies wieder rückgängig machen kann. Diese Idee hat einiges für sich, weist aber verschiedene Probleme auf, vgl. dazu den Kommentar zur Rezeptüberschrift.
Eb 734
Ein anderes Heilmittel gegen ein wꜣšš-Leiden1:
Muttermilch: ∅, šꜣšꜣ-Früchte: ∅, mꜣd-Mineral eines Spiegels: ∅.
Werde mit Häcksel (?) vom Flachs (und) dem Panzer einer Schildkröte zerstoßen2; werde gänzlich vereinigt; werde dem Sonnenlicht ausgesetzt. (Im gleichen Zuge, wie) du darauf (d.h. auf die betroffene Stelle?) einen Splitter eines Feuersteins gibst, applizierst (wörtl.: gibst) du es (d.h. das Heilmittel?), bis/so dass3 das Blut abfließt (wörtl.: hinabsteigt).
1 wꜣšš: Schon H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 41 vermutet darin ein Blutgeschwür, weil am Ende von Eb 743 Blut zum „herabsteigen“ gebracht werden soll. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 12–13 verweist außerdem darauf, dass diese Rezeptgruppe auf Erscheinungen der Körperoberfläche folgt und in Eb 737 Blut diverser Tiere als Sympathiemittel verordnet ist. Er denkt daher an „Sugillation, subkutane Blutung“; in Ebbell 1937, 103 übersetzt er mit „blood-suffusion“. Ein Hämatom, also eine Blutansammlung mit gleichzeitiger Anschwellung der Haut, schließt er dagegen aus, weil dies im chirurgischen Teil des pEbers beschrieben und sfṯ n mt genannt sei. Dennoch denken H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 163 mit denselben Argumenten wie Ebbell an einen „Bluterguß (?)“, vgl. Bardinet 1995, 353: „les hématomes“ (also pluralisch interpretiert) und Westendorf 1999, 671: „Blutgeschwulst“. J. F. Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke nach dem „Buch vom Tempel“, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.) Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15.-16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 63–80, hier: 74, Anm. 37 äußert sich skeptisch zum Vorschlag von H. von Deines – W. Westendorf, da „auf sehr unsicherer Basis gewonnen“.
2 p(ꜣ)q.yt n.t šṯ.w: Wreszinski 1913, 181 (zu schließen aus seinen Wortgrenzen) und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 240 halten dies für eine weitere Droge der übergeordneten Drogenliste (Muttermilch, šꜣšꜣ-Früchte, mꜣd-Mineral des Spiegels, (...), Panzer einer Schildkröte). Ebbell 1937, 103, Bardinet 1995, 353 und Westendorf 1999 671 koordinieren diese Ingredienz dagegen mit den Flachssamen.
3 r hꜣi̯.w snf: Ebbell 1937, 103, W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 224.bb.3, Westendorf 1999, 671 und Bardinet 1995, 353 übersetzen mit „bis dass“; W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 211.ee.1 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 240 mit „so dass“.
Eb 735
Ein anderes (Heilmittel):
[88,20] šf.w-Teil des Datteltresters/-saftes: ∅, ḏꜥm.w-Droge1: ∅, Sand: ∅, Myrrhe: ∅.
Werde zerstoßen. (Die betroffene Stelle) werde damit2 gesalbt.
1 ḏꜥm: Stern, in: Ebers 1875, 6 transkribiert noch „ȧsému’“ (d.h. jsmw in modernen Transkriptionszeichen) und vergleicht es mit griechisch ἄσημος. Er sah hierin eindeutig ḏꜥm: „Elekron“, s. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 44–50 zur Geschichte der Lesung und Worterklärung. Dieser zweifelt allerdings die Gleichsetzung an (47, Anm. 1); schon Wb 5, 539.7 nahm das Wort als eigenes Lemma auf, und üblicherweise wird die Droge auch nicht mehr mit Elektron gleichgesetzt.
2 Mindestens das jm ragt schon in den Kolumnenzwischenraum. Die folgenden drei Rezepte sind Nachträge, s. den Kommentar dort.
Eb 736
Ein anderes (Heilmittel):1
Gerste, gekocht: ∅, Wasser des pꜣwꜥ-Gewässers: ∅, Bleiglanz: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 Der Position auf der Seite und der Enge der Wörter nach zu schließen, sind die Rezepte Eb 736–738 ein Nachtrag (laut H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 43 dagegen „Neues über Gelöschtem, das nicht mehr lesbar ist“). Es lässt sich allerdings nicht mehr feststellen, welcher Redaktionsstufe dieser Nachtrag angehört. Schon das Ende von Eb 735 auf Zeile 88,20 ragt etwas weiter in den Kolumnenzwischenraum hinein, als hatte der Schreiber vor, die Rezeptgruppe mit Eb 735 am Ende dieser Seite zu beenden, um am Beginn der folgenden Seite mit der nächsten Rezeptgruppe, derjenigen gegen Zahnschmerzen, beginnen zu können. Die Rezepte Eb 736–738 sind auch viel enger geschrieben und Zeile 88,21 ragt, ebenso wie Zeile 88,20, noch etwas in das Interkolumnium hinein. Außerdem stehen die Zeilen 88,21 und 22 definitiv innerhalb des unteren Seitenrandes; bereits Zeile 88,20 mit dem Ende von Eb 735 steht unterhalb des Schriftspiegels der vorherigen Kolumnen. Der Schreiber hat also möglichst viel auf möglichst wenig Raum unterbringen wollen. Das könnte vielleicht auch erklären, warum vor Eb 738 das einleitende k.t fehlt – dieses könnte schlicht in der Mühe, die drei Rezepte noch unterzubringen, vergessen worden sein. All das lässt darauf schließen, dass die folgende Rezeptgruppe gegen Zahnschmerzen schon dastand, als Eb 736–738 aufgeschrieben wurde; vielleicht ist es auch kein Zufall, dass sich die letzte Zeile von Kolumne 89 an der Zeile 88,20 orientiert, also der letzten Zeile von Eb 735. Auf der anderen Seite müssen diese Rezepte noch vor der Paginierung des Papyrus hinzugefügt worden sein, denn die Seitenzahl „89“ steht viel näher am oberen Seitenrand als die anderen; die letzte Zeile des Rezepts (nach regulärer Zählung Zeile 89,1) stand also schon da.
Eb 737
Ein anderes (Heilmittel):
Blut einer Taube: ∅, Blut einer Nilgans: ∅, Blut einer Schwalbe: ∅, Blut eines Geiers: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
Eb 738
[89,1]1 〈Ein anderes (Heilmittel):〉
Abgestoßene (Späne) vom Kupfer: ∅, Malachit, ---LEER GEFUNDEN---, Milz (des Rindes): ∅.
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. (Die betroffene Stelle) werde damit gesalbt.
1 [89,1]: So die reguläre Zählung der Zeile, wodurch unbeabsichtigt überdeckt wird, dass diese Zeile ein Nachtrag ist.
Eb 739–749: Heilmittel gegen Zahnschmerzen
Eb 739
Beginn der Heilmittel zum Befestigen eines Zahnes:
Mehl vom mjmj-Getreide: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Der Zahn werde damit ausgestopft.
Eb 740
Ein anderes (Heilmittel):
Vom Mahlstein Abgeschlagenes (d.h. Steinmehl?): 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Der Zahn werde damit ausgestopft.
Eb 741
(Heilmittel zum) Beseitigen einer Ansammlung von Krankheitsauslösern (?) [89,5] in den Zähnen:
Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1 (Dosis), Langbohnen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis).
Werde zermahlen (und) zerquetscht. Werde an den Zahn gegeben.
Eb 742 = pLouvre E 32847, Rto. x+10,3–4
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln des Zahnes, der an der Öffnung des (Zahn-)Fleisches zerkaut ist:
Kreuzkümmel: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis).
Werde zerquetscht. Werde an den Zahn gegeben.
Eb 743 = pLouvre E 32847, Rto. x+10,4
Ein anderes (Heilmittel) zum Befestigen eines Zahnes:
Weihrauch: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Malachit: 1 (Dosis).
Werde zerquetscht. Werde an den Zahn gegeben.
Eb 744 = pLouvre E 32847, Rto. x+10,5
Ein anderes (Heilmittel):
Wasser: 1 (Dosis), sꜥꜣm-Pflanzen: 1 (Dosis).
(Werde) ebenso (verfahren).
Eb 745
Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln der Zähne durch eine (Mund-)Spülung:
ꜥmꜥꜥ-Körner (der Gerste / des Emmers): 1 (Dosis), süßes Bier: 1 (Dosis), „Feder-des-Nemti“-Pflanzen: 1 (Dosis).
Werde gekaut; werde auf den Boden gegeben (d.h. ausgespuckt).
Eb 746
[89,10] Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Abszessen an den Zähnen und Wachsen-Lassen des (Zahn-)Fleisches:
Kuhmilch: 1 (Dosis), frische Datteln: 1 (Dosis), Erdmandeln: 1 (Dosis).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde gespült; werde ausgespien1.
1 Wreszinski 1913, 183 transkribiert das Zeichen nach dem Mann mit Hand am Mund, dem Klassifikator von ẖpꜥ, als r mit der Zahl 9. Darauf basiert Ebbells Übersetzung „rinse the mouth for 9 (days)“ (Ebbell 1937). von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 70, Anm. 1 sprechen sich aber mit Verweis auf das Rezept L 11 dafür aus, dass eher der speiende Mund, Gardiner Sign-list D26, zu lesen ist und eine logographische Schreibung für „ausspeien“ vorliegt. Diesem Vorschlag folgen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 66, Westendorf 1999, 672 und Bardinet 1995, 355. Auf ein bestimmtes ägyptisches Wort legen sich von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II nicht fest; H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 844, Anm. 1 lösen die Abkürzung als qꜣꜥ auf. Das logographisch nur mit D26 geschriebene Verb im Rezept L 6 lösen H. von Deines – W. Westendorf, 844 dagegen als šp auf, erwägt aber in Anm. 1, dass es ebenfalls qꜣꜥ zu lesen sein könnte. In L 6 ist vom Ausfließen der Hitze die Rede, was tatsächlich für šp spricht; nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 844 wird dieses Verb jedoch in den medizinischen Texten nicht für das (Wieder-)Erbrechen von Heilmitteln verwendet, weshalb in diesem Fall qꜣꜥ eher unwahrscheinlich ist. In solchen Zusammenhängen wird tatsächlich sonst qꜣꜥ (vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 876) sowie das von H. von Deines – W. Westendorf für Eb 746 nicht diskutierte bši̯ (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 253) resp. sbši̯ (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 736) verwendet, weshalb in Eb 746 eben qꜣꜥ oder allenfalls noch bši̯ die wahrscheinlicheren Möglichkeiten sind.
Eb 747
Ein anderes (Heilmittel):
jns.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), Wüstendatteln (?): 1 (Dosis), Gummiharz: 1 (Dosis), tjꜥm-Pflanzen: 1 (Dosis), bsbs-Pflanzen: 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis), Wasser: ∅1.
(Werde) ebenso (verfahren).
1 mw: Die Mengenangabe fehlt.
Eb 748
Ein anderes (Heilmittel) zum Festmachen der Zähne und Behandeln der Zähne:
Sellerie: 1 (Dosis), dwꜣ.t-Pflanzen: 1 (Dosis), süßes Bier: 1 (Dosis).
Werde gekaut; werde auf den Boden gegeben (d.h. ausgespuckt).
Eb 749, vgl. H 9
Ein anderes Heilmittel zum Behandeln von Blutfraß im Zahn:
qb.w-Pflanzen: 1/32 (Dja), Johannisbrot: 1/64 (Dja), [89,15] Gummiharz: 1/16 (Dja), Angeritzte Sykomorenfrüchte: 1/8 (Dja), jns.t-Pflanzen: 1/32 (Dja), Wasser: 1/32 (Oipe = 2 Dja).
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde über 4 Tage hinweg gespült.
Eb 750–756: Heilmittel gegen Bitternis und das nsy.t-Leiden
Eb 750
Anfang der Heilmittel zum Beseitigen von „schwindender Bitternis“:
Mehl von Datteln: 1/32 (Oipe = 2 Dja), Wasser: ein halbes (Dja) (oder: 1/2 (Oipe = 32 Dja)).
Werde zu einem Rest von 2 Hin (= 3,2 Dja) gekocht (oder: Werde zu einem Rest von 1 Hin (= 1,6 Dja) gekocht).1
Werde handwarm (wörtl.: in der Wärme eines Fingers) getrunken. Werde danach2 zum Erbrechen gebracht.
Um die schwindende Bitternis-Krankheit zu beseitigen und um sie hr3 zu machen von allen Körperteilen, werde es getan.4
1 Die Maßangaben sind problematisch, da die Ingredienzien zusammen nur 2,5 Dja ergeben, der „Rest“ aber 3,2 Dja, was nicht möglich ist, da ein „Rest“ kleiner sein muss als das Ausgangsprodukt. Dasselbe Problem hat Westendorf 1999, 673 trotz anderem Bezugssystem der Brüche, denn er hatte 10,5 Ro, die zu einem Rest von 64 Ro verkocht werden müssten. Aus diesem Grund schlug er vor, dass der Wert von mw versehentlich seitenverkehrt geschrieben sei, so dass nicht gs, also 1/2 Dja, sondern der Horusaugenbruch Gardiner Sign-list D11, 1/2 Heqat = 160 Ro zu lesen wäre. Dadurch kommt er auf insgesamt 170 Ro (10 Ro Dattelmehl + 160 Ro Wasser), die natürlich mathematisch problemlos auf 2 Hin = 64 Ro verkocht werden könnten. T. Pommerening, Die altägyptischen Hohlmaße, Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte 10 (Hamburg 2005), 250, Anm. 63 schlägt dieselbe Verlesung vor. Nach dem von ihr vorgeschlagenen Bezugssystem der Brüche ergibt sich dadurch eine Gesamtmenge von 34 Dja (1/32 Oipe = 2 Dja Dattelmehl + 1/2 Oipe = 32 Dja Wasser), die wiederum durchaus zu 2 Hin = 3,2 Dja verkocht werden können.
Es gibt allerdings noch eine andere Möglichkeit, die vielleicht ohne Emendation auskommt: Der Hin-Topf kann im pEbers mit dem Topf allein klassifiziert sein, er kann aber auch noch mit einem zusätzlichen Strich nach dem Topf-Klassifikator geschrieben werden. Sollte hier also vielleicht gar nicht 2: „2 Hin“ zu lesen sein, sondern 1: „1 Hin“? Dann hätte man eine Summe von 2,5 Dja (1/32 Oipe = 2 Dja Dattelmehl + 1/2 Dja Wasser), die auf einen Rest von nur 1,6 Dja reduziert werden müssten. Dem könnte man nur entgegenhalten, dass diese Heilmittel „getrunken“ werden soll, was voraussetzt, dass die flüssigen Bestandteile überwiegen.
2 m-ḫt: Das direkt folgende Verb evoziert zunächst ein adverbiales m-ḫt sḏm=f: „nachdem dies getan wurde“. So die Übersetzung auf DZA 29.635.290 und bei Ebbell 1937, 104, und auch Wreszinski 1913, 183 scheint, nach seinen Wortgruppengrenzen zu schließen, davon auszugehen. Aber Wb fragt zu Recht nach dem Sinn einer solchen Aussage. Jüngere Übersetzungen nehmen daher m-ḫt als Adverbiale und beginnen mit jri̯.tw=f einen neuen Satz.
3 hr: Nur in Eb 750 und im zerstörten Kontext in Ram III B 34 belegt. Es wird etwas Ähnliches bedeuten wie dr: „beseitigen, vertreiben“, zu dem es in Eb 750 parallel steht, aber die genaue Bedeutung lässt sich nicht feststellen.
4 jrr.tw=f: A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 444.3, Anm. 8 listet diesen Satz unter dem Gebrauch von imperfektiven sḏm=f-Formen (d.h. abstrakt-relativischen nach Schenkels Terminologie) nach der Präposition m-ḫt auf (als Alternative noch genannt bei W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), S. 158, Anm. 2). Auf einer solchen Analyse begründet sich auch Ebbells Übersetzung dieses und der vorigen beiden Sätze durch: „(...) is drunk at finger-warmth,—it causes vomiting when it has been done,—to expell wandering (?) dropsy and to drive it away in all limbs“ (Ebbell 1937). Die späteren Übersetzer beginnen aber, wie hier, mit jrr.tw=f einen neuen Satz.
Eb 751, vgl. H 209
(Heilmittel zum) Beseitigen des nsy.t-Leidens in den Augen:
bsbs-Pflanzen: 1 (Dosis), ꜥfꜣ-Lattich (?): 1 (Dosis), ḏꜣjs-Pflanzen: 1 (Dosis), jḥ.w-Pflanzen: 1 (Dosis), süßes Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde ausgepresst. [89,20] Werde von dem Mann getrunken, der unter dem nsy.t-Leiden (leidet).
1 Der Schreiber hat erneut die Mengenangaben nachträglich eingetragen, dabei aber so wenig Platz gelassen, dass mindestens die Einerstriche nach ꜥfꜣ und jḥ.w, und eigentlich auch derjenige nach ḏꜣs, fast wie Nachträge wirken. Daher Wreszinskis „sic“ (Wreszinski 1913).
Eb 752 = H 206
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen des nsy.t-Leidens in einem Mann:
šnf.t-Früchte: 1/16 (Oipe = 4 Dja), weiße sẖ.t-Gerste: 1/8 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), „Schwänze“ der ḫꜣs.yt-Pflanze: 1/16 (Dja).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde getrunken.
Eb 753 = H 210
Ein anderes (Heilmittel):
šzp.t-Teil vom Senf (?): ∅.
Werde vortrefflich mit gegorenem Pflanzenbrei gekocht. Werde getrunken.
Eb 754 = H 207
Ein anderes (Heilmittel):
Feigen: ein viertel (Dja), Wüstendatteln (?): ein viertel (Dja), weißes Öl: [90,1] 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja), Weinbeeren/Rosinen: 1/16 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), süßes Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde getrunken.
Eb 755
Ein anderes (Heilmittel):
jbsꜣ-Pflanzen: 1 (Dosis), Datteln: 1 (Dosis), Johannisbrot: 1 (Dosis), unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), „Selbstentstandenes“ vom Dattelsaft: 1 (Dosis), [[Honig: 1 (Dosis)]] ---LEER GEFUNDEN---1
1 Der Schreiber hat zunächst das Rezept bis zum ḫpr-ḏs=f n bnj.w 1 geschrieben und danach gmi̯-wš. Letzteres hat er dann gelöscht, mit bj.t 1 überschrieben und das gmi̯-wš danach ganz schwach erneut eingetragen. Den Rest der Zeile hat er freigelassen, vielleicht weil er hoffte, auch den Rest des Rezeptes noch nachtragen zu können. Vgl. dazu H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 42 und 46.
Eb 756, vgl. H 208
Ein anderes (Heilmittel):
Hoden eines jungen (?) Esels: ∅.
Werde fein zermahlen; werde in Wein gegeben. Werde [90,5] vom Mann getrunken. Sie (d.h. die Krankheit) entfernt sich folglich sofort.
Eb 757–760: Heilmittel gegen das rwy.t-Leiden
Eb 757
Anfang der Heilmittel zum Behandeln der rechten Körperhälfte mit einem rwy.t-Leiden1:
Frischer ꜣḥ-Brei: 1/32 (Dja), sẖ.t-Gerste: 1/16 (Dja), Starkbier: ∅2.
(Die Körperhälfte) werde darüber verbunden.
1 rwy.t: Etymologisch wohl mit rwi̯: „sich entfernen“ verwandt. Mit Gardiner Aa2, dem „schlechten Paket“, klassifiziert. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 29–30 vermutet mit folgenden Gründen „Lahmheit“ (genauer: Lähmung, „hemiplegia (?)“, vgl. Ebbell 1937, 105), vielleicht nach einem Schlaganfall: (1) Das Phänomen tritt halbseitig auf. (2) Die Rezeptgruppe folgt Rezepten gegen eine Krankheit, in der Ebbell Epilepsie vermutet; und da beides Erkrankungen des Nervensystems sind, sei es sinnvoll, dass sie nebeneinanderstehen. (3) Von „aufhören“ zu „Lahmheit“ ist es auch etymologisch nicht weit. (4) Es werden nur äußerliche Mittel verschrieben, wie es auch Celsus bei Lahmheit tut. (5) Es wird „Senf“ verordnet (Ebbell übersetzt sẖ.t mit „Senf“, s. Ebbell 1937, 105), was ebenfalls bei Celsus eine Parallele findet. (6) Die Droge qst.t vergleicht Ebbell mit griechisch κόστος, das Dioskurides gegen Lahmheit verschreibt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 525 lehnt jedoch Ebbells Interpretation mit der Begründung ab, dass gs wnm.j auf das Körperinnere referiere, wo keine „Lahmheit, Lähmung“ auftreten könne. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) vermuten eher eine Art „Ausfluss?“. R. L. Miller – R. K. Ritner, Rwy.t, „Radiating“ Symptoms of Gallstone Disease in Ancient Egypt, in: Göttinger Miszellen 141, 1994, 71–76 vermuten eher Gallenschmerzen, weil diese zunächst in der rechten Seite des Abdomens auftreten würden und in andere Körperregionen ausstrahlen bzw. auch immer wieder verschwinden und neu auftreten würden. Dies würde zu der Lokalisierung in der gs wnm.j: der „rechten Körperhälfte“, und zur Bedeutung von rwi̯: „sich bewegen, aufhören“ passen. Dem folgend, übersetzt R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 491, Nr. 17650 das Phänomen wörtlich mit „Wanderschmerz“, verweist aber noch zusätzlich auf ry.t: „Eiter“. Westendorf 1999, 192 mit Anm. 202 und 674 mit Anm. 197 hält Millers und Ritners Deutung ebenfalls für denkbar, will aber nicht ausschließen, dass rwy.t auch das Mittel bezeichnen könne, mit dessen Hilfe die Krankheit dazu gebracht werden soll, sich zu entfernen. Allerdings sprechen sowohl die Klassifizierung mit Aa2 als auch der Kontext eher für ein Krankheitsphänomen, da sonst unklar bliebe, wogegen die vier Rezepte Eb 757–760 gerichtet sind. Denn die „rechte Körperhälfte“ allein ist nur der Ort, an dem das Phänomen auftritt.
2 ḏsr.t: Die Mengenangabe fehlt.
Eb 758
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: 1/64 (Dja), Beeren vom Stech-Wacholder: 1/16 (Dja), unterägyptische jbw-Pflanzen: 1/16 (Dja), jbḫj-Flüssigkeit (?)1: 1/16 (Dja), Sellerie des Berglandes: 1/16 (Dja), unterägyptischer Sellerie: 1/16 (Dja), pšn.t-Droge: 1/16 (Dja), tjꜥm-Pflanzen: 1/16 (Dja), sw.t-Binse: 1/16 (Dja), ḫb.w-Pflanzen: 1/16 (Dja), „Feder-des-Nemti“-Pflanzen: 1/16 (Dja), weiße sẖ.t-Gerste: [90,10] 1/16 (Dja), grüne sẖ.t-Gerste: 1/16 (Dja), Koniferenharz: 1/64 (Oipe = 1 Dja), gy.t-Pflanzen: 1/16 (Dja), psḏ-Schoten: 1/64 (Oipe = 1 Dja), rwḏ-Mineral: 1/16 (Dja), „Stechholz“: 1/8 (Dja), Honig: 1/32 (Dja).
(Die Körperhälfte) werde darüber verbunden.
1 jbḫ.j: Hapax legomenon; mit Topf und Pluralstrichen klassifiziert, also eine Flüssigkeit. Westendorf 1999, 675, Anm. 198 vermutet mit Verweis auf W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 55.a.1 einen Übergang von ḫ zu j, so dass eigentlich nur jbj zu lesen sei. An welche Pflanze er dann dachte, ist allerdings unklar; die jbw-Pflanze ist jedenfalls zweifelhaft, weil sie, oder zumindest ihre „unterägyptische“ „Unterart“, unmittelbar zuvor schon genannt ist. Außerdem führt Westendorf im genannten Paragraphen seiner Grammatik nur Fälle von auslautendem ḫ an, nämlich snwḫ und den Gottesnamen Stḫ, sowie evtl. srwḫ. Ob es vielleicht eher ein Schreibfehler für jbrj: „jbr-Balsam“ ist? Das ḫ ist zwar deutlich geschrieben und im pEbers klar von einem r unterscheidbar, aber vielleicht hatte sich der Schreiber noch von dem Schwung des Ortsklassifikators des voranstehenden mḥ(.wj).t leiten lassen.
Eb 759
Ein anderes (Heilmittel):
snwt.t-Winden: 1 (Dosis), Weinbeeren/Rosinen: 1 (Dosis), mjmj-Getreide: 1 (Dosis), ꜣḥ-Brei: 1 (Dosis), ḥmꜣ.w-Pflanzen: 1 (Dosis), qst.t-Pflanzen: 1 (Dosis), ꜥmꜥꜥ-Körner der Gerste: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Die Körperhälfte werde darüber verbunden.
Eb 760
Ein anderes (Heilmittel):
gy.t-Pflanzen: 1 (Dosis), Gänsefett: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
(Die Körperhälfte) werde darüber verbunden.
Eb 761–763: Heilmittel gegen Schnupfen
Eb 761
Anfang der Heilmittel gegen rš-Schnupfen1:
Dattelsaft: ∅.
Seine Öffnung (d.h. die Nasenlöcher?) werde damit gefüllt.
1 rš: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 30 vermutet Ozäna, Stinknase, weil in Eb 763 davon die Rede sei, dass sie ḥwꜣ: „stinke“; und in der Bezeichnung als „Knochenbrecher“ sieht er einen Hinweis auf gelegentliche Geschwürbildung der Schleimhaut mit Nekrose der darunterliegenden Knochen, die bei Ozäna auftreten könne. So übersetzt er auch in Ebbell 1937, 105. Er bezieht sich damit explizit auf den Übersetzungsvorschlag von Joachim 1890, 165, der rš in Eb 763 tatsächlich mit „Stinknase“ übersetzt. Joachim erweist sich aber gerade bei dieser kleinen Rezeptgruppe als besonders inkonsequent. Denn das rš von Eb 761 gibt er nur mit „reš der Nase“ wieder und gibt dem Wort sowohl hier wie auch in Eb 763 die Anmerkung 3 hinzu: „Aegyptisch: reš = Schleim“. Hinter der „Stinknase“ fügt er außerdem in Klammern „Coryza?“ hinzu, also keine „Stinknase“, sondern Schnupfen. Durch diese unterschiedliche Übersetzung des Wortes rš wird relativ deutlich, dass sein Vorschlag „Stinknase“ wiederum auf H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 44 zurückgeht, der rš in Eb 763 (kommentarlos) eben mit „Stinknase (Ozaena, Punaisie)“ übersetzt. Die Übersetzung „Schleim“ und das dadurch evozierte „Coryza(?)“ dürfte dagegen wohl auf Stern, in: Ebers 1875, 36 basieren: „morbus nasi, pituita“ (die Spezifizierung auf „pituita“, also „Schleim“, begründet sich vielleicht in der Formel „fließe aus“ in Eb 763). Die Übersetzung „Stinknase“ lehnen G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 54 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 533 entschieden ab. ḥwꜣ bezeichne laut H. von Deines – W. Westendorf kein Stinken, sondern den Auflösungsprozess der Krankheit; und in der Bemerkung zum Knochenbrechen und dem Zerstören des Schädels sehen H. von Deines – W. Westendorf eine Metapher für Kopfschmerzen, die den Schnupfen begleiten können. Lefebvre plädiert für „une rhinite aiguë banale, (...) un vulgaire coryza“; ebenso H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962): „Schnupfen“. So übersetzen dann auch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999. Bardinet 1995, legt den Fokus der Bezeichnung etwas mehr auf den konkreten Schleim: „l’exsudat-rech“, kehrt also zu Sterns Vermutung zurück. Es ist tatsächlich etwas zweifelhaft, dass rš das allgemeine Wort für „Schnupfen“ sein kann, wie Lefebvre und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) denken; denn in dem Fall wäre es sehr auffällig, dass es so wenig Rezepte dagegen gibt. Es wird sich also vielleicht um eine konkrete Art oder ein bestimmtes Symptom des Schnupfens handeln. Ob es, ähnlich wie für njꜣ vermutet, ein Onomatopoetikum ist?
Eb 762
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von Niesen (?)1[90,15] in der Nase:
Polei-Minze (?): ∅.
Werde mit Datteln zerrieben2. Werde an die Nase gegeben.
1 njꜣ: Möglicherweise ein Onomatopoetikum, vgl. schon Stern, in: Ebers 1875, 27: „morbus nasi, fortasse sternutatio, vel gravedo, vel pituita?“. Brugschs Vorschlag „schnaufen, verschnupft sein, der Schnupfen“ (Wb VI, 659) wird zwar von H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 44 erwähnt und von Joachim 1890, 44 als Übersetzung übernommen, allerdings bleiben Ebbell 1937, 105, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 54 bei Niesen. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 halten zwar Niesen ebenfalls für möglich, halten sich in der Übersetzung aber zurück: „njꜣ-Krankheit“. Bardinet 1995, 357 vermutet wieder eine Absonderung: „l’exsudat-nia“.
2 sjn: Über die Transkription des ersten Klassifikators herrscht keine Einigkeit: DZA bietet für hieratisches sjn mit diesem Klassifikator als Alternativen sowohl eine Transkription als nw-Topf (Gardiner W24) als auch eine solche als Schnur (Gardiner V1); konkret bei Eb 762 bietet DZA 24.670.150 den nw-Topf. Auch Wreszinski 1913 schwankt zwischen beiden Alternativen, gibt in Eb 762 aber ebenfalls den nw-Topf. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 716 mit Anm. 1 gibt ausschließlich den nw-Topf an, unter (impliziter) Ablehnung der Transkription als V1. Lalanne – Métra 2010, sind erneut inkonsequent: In ihrem Glossar geben sie auf S. 250 nur eine Transkription mit nw-Topf an; den Beleg in Eb 762 transkribieren sie aber auf S. 184 mit V1. Andere, v.a. hieroglyphische Texte, sind nur eingeschränkt hilfreich. Die Klassifizierung mit nw-Topf in ptolemäischen Texten könnte eben für den nw-Topf sprechen, könnte aber u.U. auch eine sekundäre Neuinterpretation des hieratischen Klassifikators sein. Die gelegentliche Klassifizierung des Verbs mit Gardiner Aa2, dem „schlechten Paket“, das mitunter auf Zähflüssiges hindeutet, würde aber ebenfalls dafür sprechen, dass der nw-Topf besser passt als die Schnur.
Eb 763
Eine andere Beschwörung des rš-Schnupfens:
„Du sollst ausfließen, rš-Schnupfen, Sohn des rš-Schnupfens, der (du) die Knochen zerbrich(s)t, der (du) den Schädel zerstör(s)t, der (du) im Knochenmark wühl(s)t, der (du) veranlasst, dass die 7 Öffnungen im Kopf der Gefolgschaft des Re, die den Thot verehrt, krank sind!
Siehe, (hiermit) bringe ich dein gegen dich (gerichtetes) Heilmittel, dein gegen dich (gerichtetes) Schutzmittel:
Milch einer (Frau), die einen Knaben geboren hat, [90,20] duftendes Gummiharz.
Es soll dich beseitigen, es soll dich entfernen – und umgekehrt!
Komme heraus auf den Boden!
Verwese, verwese vier Mal!“
(Diese) Worte (sind) zu sprechen über der Milch einer (Frau), die [91,1] einen Knaben geboren hat, und dem duftenden Gummiharz.
Werde in die Nase gegeben.
Eb 764–782: Heilmittel gegen Leiden an Ohren, Haaren und Haut
Eb 764–770: Heilmittel gegen Ohrbeschwerden
Eb 764
Anfang der Heilmittel für ein Ohr, dessen Hör(vermög)en gering ist:
Roter Ocker: ∅, Blätter des jꜣm-Baumes: ∅.
Werde in frischem Olivenöl fein zermahlen. Werde an das Ohr gegeben.
Eb 765
Ein anderes Heilmittel für ein Ohr, das fauliges Wasser absondert:
Weihrauch mit Gänsefett: ∅, smj-Milchfett einer Kuh: ∅, bd.t-ḥꜣwr.t-Natron: ∅.
Werde fein zermahlen; werde [91,5] zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde an das Ohr gegeben.
Eb 766
[Eb 766a] Ein anderes (Heilmittel) zum Behandeln eines Ohres:
Du sollst es mit einem kühlenden Mittel behandeln. Es soll nicht warm werden.
[Eb 766b] Wenn ein Gefäß (des Ohres) zittert, bereitest du ihm folglich eine ḥsb.w-Paste (?) aus Malachit: ∅. Werde zermahlen. Werde über 4 Tage hinweg darauf gegeben. Danach mögest (?)1 du ihm Faserbäusche (?) bereiten (und mit) Öl/Fett: 2/3 (Dja) (sowie) Honig: einem sfḫ-Maß (?) (versehen). Werde viele Male darauf gegeben.
[Eb 766c] Wenn seine (d.h. des Ohres) Öffnung nässt, bereitest du ihr folglich ein Pulver zum Austrocknen der Wunde:
Blätter der Dornakazie: ∅, Blätter des Christdorns: ∅, Kätzchen der Ägyptischen Weide: ∅, Kreuzkümmel: ∅. Werde zermahlen. Werde daran2 gegeben.
[Eb 766d] [91,10] Wenn es (d.h. das Ohr) darunter/infolgedessen fettet, bereitest du ihm folglich ein Mittel zum Austrocknen der Wunde:
Kopf eines ꜥmꜥm.w-Tieres: ∅, mnḏr-Körperteil einer Ziege: ∅, Panzer einer Schildkröte: ∅, Konyza (?): ∅. (Das Ohr) werde damit sehr oft bestreut.
[Eb 766e] Ebenso kannst du (übrigens) für einen Finger handeln, der gebrochen ist (und) dessen Mark (?)3 auf den Boden fließt4.
[Eb 766f] Das (dient der) Behandlung eines Ohres, das (zwar) im Luftraum (?, wörtl.: „in dem, was (der Licht- und Luftgott) Schu durchströmt“)5 aufgetrennt wurde, ohne dass es (aber) auf den Boden fällt (d.h. Behandlung für ein Ohr, von dem ein Teil teilweise, aber nicht ganz, abgerissen ist?). Du bereitest ihm (d.h. dem Ohr) folglich einen Netzverband aus geknüpftem ꜥꜣ.t-Leinen. (Das Ohr) werde durch ihn mit Milchsaft der Sykomore umschlossen, bis/so dass es an [91,15] seinem Blut haftet. (Es) werde kein Öl/Fett (oder) Honig daran gegeben. Anschließend {schneidest}〈bindest〉 du seine eine Seite {an}〈los〉 (?), damit sein Blut in seine andere Seite einfällt.6 Es soll überhaupt nicht faulen.
[Eb 766g] Nachdem du festgestellt hast, dass es (wieder) anwächst (wörtl.: sich vereint), bereitest du ihm folglich Öl/Fett: ∅ und Wachs: ∅. Werde gekocht. (Das Ohr) werde darüber verbunden. (Es) soll (aber?) nicht (zu) viel verabreicht werden, (sondern) ebenso7 (viel) sollst du daran geben wie bei jedem (anderen) Wundsekret, wenn es (d.h. die Wunde) aufgetrennt wurde. [Eb 766h] Wenn es aber (eine Zeit) im Widerstand (gegen die Heilung) verbringt, bereitest du ihm anschließend eine Binde aus Stoff. Möge sie an seinem Hinterkopf verknotet sein!
1 Es stand zunächst die gängigere Formel jr-m-ḫt jri̯.ḫr=k da (vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 66, s.v. jr B.1c). Danach hat der Schreiber das ḫ gestrichen und dadurch die Formel in jr-m-ḫt jrr=k umgewandelt. Nach W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 224 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 65, Anm. 2 hat das die Nuance von einem auffordernden „du sollst machen“ in ein eher optativisches „du mögest machen“ geändert.
2 r=s muss sich auf die nicht explizit genannte Krankheit beziehen oder benötigt aufgrund seiner Formelhaftigkeit kein explizites Subjekt. Rein von der Syntax her betrachtet, ist die Adverbialverbindung jedenfalls ohne Bezugswort, denn sowohl das Ohr als auch dessen Öffnung sind grammatische Maskulina.
3 tbn wird i.d.R. als „Mark“ übersetzt. Es fragt sich allerdings, ob es das an dieser Stelle auch sein kann, oder ob damit nicht irgendetwas anderes gemeint ist, bspw. ein Wundsekret.
4 sti̯: Mit den laufenden Beinchen klassifiziert. R. B. Parkinson, The Discourse of the Fowler: Papyrus Butler Verso (P. BM EA 10274), in: Journal of Egyptian Archaeology 90, 2004, 81–111, hier: 101 schlägt bei dem ebenso geschriebenen Wort in der Rede des Vogelfängers Juru, pBM EA 10274 Verso 18, vor, dass eine Schreibung für stꜣ: „flow“ (d.h. sṯꜣ, Wb 4, 353.18–354.4) vorliegen könnte, und er verweist bezüglich der Graphie auf pEbers 91,21, d.h. Eb 766e. Eine solche Schreibung ist für sṯꜣ allerdings ungewöhnlich, und vielleicht muss man nicht so weit gehen: Das Verb sti̯: „ausgießen“, Wb 4, 328–329, kann einmal im pEbers und ein paar Mal in ptolemäischen Texten auch reflexiv „sich ergießen“ o.ä. bedeuten (Wb 4, 329.15–16), und Wb verweist hierfür auch explizit auf Schreibungen mit den laufenden Beinchen, implizit also auch auf das hier vorliegende Verb. Die Frage nach der Zuordnung des Verbs zu dem einen oder anderen Lemma wird noch dadurch erschwert, dass die Identität dessen, was hier sti̯-macht, nicht ganz klar ist, s. das Folgende.
5 ḥr sṯ.t-Šw: Mit dieser Adverbialbestimmung haben alle Übersetzungen Probleme. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 66, Anm. 8 verweisen zumindest noch auf Totb. Stud VII 10 = K. Sethe, Die Sprüche für das Kennen der Seelen der heiligen Orte. (Totb. Kap. 107–109. 111–116). Göttinger Totenbuchstudien von 1919. 4, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 59, 1924, 1–20, hier: 3 und 11–12, d.h. auf Totenbuch-Spruch 109 (und dessen partielle Parallele , in Sethes Aufsatz Nr. VIIb). Darin steht in einigen Versionen dieselbe Adverbiale ḥr sṯ.t-Šw149b, während in anderen Versionen ḥr sṯs.w-Šw: „auf die Erhebung des Schu“ steht (für s. auch B. Lüscher, Die Sprüche vom Kennen der Seelen (Tb 107-109, 111-116), Totenbuchtexte. Synoptische Textausgabe nach Quellen des Neuen Reiches 8 (Basel 2012), 50–51, Abschnitt b). Sethe hat Tb 109ḥr sṯ.t-Šw als ältere und ursprünglichere Version herausgearbeitet, die später nicht mehr verstanden und durch einfacheres ḥr sṯs.w-Šw ersetzt worden sei. Während sṯ.t-Šw Sethe zufolge eine Temporalbestimmung ist, ist sṯs.w-Šw wohl eine metaphorische Bezeichnung für den Luftraum, d.h. eine Lokalbestimmung. Daher Westendorfs Übersetzungsvorschlag „wenn es (halb) abgespalten ist (...) und in der Luft hängt“ (Westendorf 1999). Ausgehend von der Grundbedeutung von sti̯, das vom gleichradikaligen Verb „ausströmen, ausgießen; schießen“ abgeleitet sein dürfte, könnte man aber vielleicht auch das st.t-Šw als „das, was (der Licht- und Luftgott) Schu durchströmt“ übersetzen und hätte damit auch für diese Phrase schon eine metaphorische Bedeutung für den Luftraum. Die genaue Bedeutung des gesamten Satzes bleibt aber weiterhin unsicher.
6 Die Frage, was geschnitten werden soll und worauf das Blut fließen soll, wird unterschiedlich beantwortet:
Ebbell 1937, 106: „Thou shalt cut one side of it in order that its blood may come down on one side.“ In der zugehörigen Anmerkung 3 schreibt er: „This cut may be supposed to be made, before the ear had been fixed by the flax-net.“ Er interpretiert diesen Satz also als Nachtrag, und das wird der Grund sein, weswegen er ihn in der Übersetzung in Klammern setzt.
von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 62 [und Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 66]: „Dann mußt du seine eine Seite [Anm. 12: Die getrocknete Außenseite?] anschneiden, damit (n ib n) sein Blut herabfließt auf seine andere Seite [Anm. 13: Die am Kopf befindliche Schnittfläche?].“
Westendorf 1999, 677: „Dann mußt du seine (des Ohres) eine Hälfte anschneiden, damit sein Blut herabfließt auf seine (andere) Hälfte.“
Bardinet 1995, 359: „Alors tu découperas un seul côté (= un des deux côtés du pansement) dans le but que son sang descende par un seul côté (= celui découpé, c’est le principe du drain!).“
Ebbell, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 gehen also von einem zusätzlichen Einschnitt am Ohr selbst aus, wohingegen Bardinet davon ausgeht, dass ein Schnitt im Verband angelegt werden soll, damit das Blut gerichtet abfließen kann. Auch wenn seine Interpretation vom Vorgang her nachvollziehbarer scheint, besteht das syntaktische Problem, dass der hier verwendete Verband grammatisch feminin ist (jꜣd.t n.t ꜥꜣ.t sti̯.tj) und sich das maskuline Pronomen =f eigentlich nicht darauf beziehen kann.
Fraglich ist, wie die älteren Übersetzungen zu verstehen sind: Joachim 1890, 167: „schneide Du seine eine Hälfte ab, da man nicht will, dass sein Blut (auch) von der andern Hälfte abfällt“; DZA 28.640.190: „schneide Du seine eine Hälfte ab, damit (?) das Blut herabläuft auf die eine Stelle (Seite)“. Beide berücksichtigen den Umstand, dass das Verb zf eigentlich „abschneiden“ und nicht „anschneiden“ heißt. Allerdings ist nicht eindeutig, ob sie, wie später Bardinet, davon ausgehen, dass ein Teil des Verbands zurechtgeschnitten werden soll, oder ob sie davon ausgehen, dass der partiell abgerissene Teil der Ohrmuschel komplett entfernt und nur der Rest ausgeheilt werden soll (wobei Letzteres eigentlich nicht möglich ist, da im nächsten Abschnitt davon die Rede ist, dass ein Zusammenhalten beobachtbar ist).
7mj.t(j)t: Der Gebrauch in Eb 766g wird in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 356, nur unter mj.t.t I.d „Besonderes“ aufgelistet, ohne ihn weiter zu kommentieren. Ob hier der koordinierende Gebrauch von Wb 1, 40.10 vorliegt, durch den das =f und das stꜣ verbunden werden?
Eb 767
Was zu tun ist, um ein Wundsekret zu behandeln, das [91,20] ins Ohr eindringt, und das, indem es (d.h. das Ohr) in seinem Inneren geschwollen ist wie die kꜣ-Erscheinung1 des Wundsekrets, (und indem?) seine nꜥrꜥ.t-Erscheinung (?)2 ein Wasser hat, (das) wie Wasser der mstꜣ-Flüssigkeit ist: Anschließend umkreist3 du ihn/es gänzlich mit einem ẖp.t-Instrument4 bis zu den Grenzen all dessen, [92,1] was in ihm entzündet ist. (Und) du bereitest ihm folglich Öl/Fett und Honig – werde in sein (d.h. des Ohres) Inneres gegeben – (und außerdem) Faserbäusche (?) – werde in eine Kopfbinde5 aus Stoff gegeben.
(Der Kopf) werde darüber (d.h. über dem Heilmittel)6 verbunden, so dass er gesund wird.
1 kꜣ: Unbekannt, Hapax legomenon. Stern, in: Ebers 1875, 21b zieht es noch mit dem vorangehenden mj zu einem Lemma máka, d.h. mjkꜣ, zusammen und vermutet darin „materies?“, ohne das weiter einschränken zu können; daher Joachims Übersetzung „(es ist) Materie des Geschwüres“ (Joachim 1890, 167). Das wird schon vom Wb angezweifelt, ohne dass ein Gegenvorschlag unterbreitet werden konnte, s. DZA 30.455.080: mj kꜣ n stꜣ: „wie das ... des Geschwürs“. Keine der nachfolgenden Übersetzungen bietet eine Identifikation; einzig H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 894, Anm. 2 erwägeb, ob es zu der kꜣw.t-Krankheitserscheinung des Londonder medizinischen Papyrus gehören könnte. Bezüglich dieses Lemmas vermutet nun C. Leitz, Magical and Medical Papyri in the British Museum, Papyri in the British Museum VII (London 1999), 60, Anm. 79, dass es eine Abkürzung der kꜣkꜣ.t-Blasen sein könnte und dass kꜣw.t als eigenes Lemma zu streichen wäre. Dies müsste dann auch für kꜣ diskutiert werden. Ebbells Zusatz „dirt?“ (Ebbell 1937) ist reine Vermutung.
2 nꜥrꜥ.t: Hapax legomenon; Bedeutung und schon Lesung sind unsicher. Üblicherweise wird das Wortende als (...)ꜥ.t gelesen; die Ligatur ließe sich aber auch als (...)ꜥr oder (...)ꜥn auflösen, vgl. schon DZA 24.683.280, das (...)ꜥ.t sogar für „weniger wahrscheinlich“ hält. Die Lesung des Wortendes hätte direkte Auswirkungen auf die Lesung des Wortanfangs: Ein maskulines fünfradikaliges Substantiv wäre ungewöhnlich; bekannt sind etwa solche mit Reduplikation des vierten Radikals (ABCDD) oder solche nach dem Bildungsmuster ABCBC, vgl. E. Edel, Altägyptische Grammatik, Analecta Orientalia 34 und 39, 2 Bände (Rom 1955 und 1964), § 224 und S. LXII (Nachträge), § 224a. Das heißt, ein *nꜥrꜥr wäre denkbar (vgl. die Vermutung auf DZA 24.683.270); aber wenn man den letzten Radikal als n liest, wäre zu erwägen, n ꜥrꜥn anstelle von nꜥrꜥn zu lesen. Doch auch bei der Lesung (...).t sind die Wortgrenzen keineswegs klar. So hat Stern, in: Ebers 1875, 10a noch ārāt, d.h. ꜥrꜥ.t gelesen – wenn auch mit Fragezeichen versehen –, und „aurium sordes“: „Ohrenschmalz“, erwogen. Daher Joachims „von dem Unflath seines Ohres“ (Joachim 1890, 167). Auch Ebbell 1937, 107 scheint noch zwei Wörter zu lesen, nämlich: n ꜥrꜥr: „because it flows over“, vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 448 (mit Verweis auf Wb 1, 201, d.h. wohl konkret 210.1). Ansonsten wird aber seit Wb das n gewöhnlich als Wortanfang interpretiert. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 66, Anm. 4 erwägen einen Zusammenhang mit ꜥnꜥr.t: „Gerinnsel“, daher dann Westendorfs Vermutung „(? Eitergerinnsel ?)“ (Westendorf 1999, 677) und wohl auch Bardinets „le filet de sécrétion (?)“ (Bardinet 1995) – wobei er sich hier fragt, worauf das direkt anschließende „qui en coule (?) (...)“ basiert.
3 dbn: So schon von Stern, in: Ebers 1875, 51b gelesen, s. auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 976. Wreszinski 1913, 188 scheint dagegen ein pẖr vermutet zu haben, was sein Fragezeichen unter dem komplementierenden n erklären würde. Tatsächlich kommt dbn in den medizinischen Texten nur hier vor, so dass man überlegen könnte, ob der Schreiber nicht durch den langen Abstrich des Darms den oberen Strich des rs vergessen oder extrem verkürzt hat, so dass hier eigentlich pẖr zu lesen ist.
4 ẖp.t: Hapax legomenon; die Eingrenzung der Bedeutung auf Messer in den Übersetzungen basiert einzig auf dem Klassifikator.
5 mḏḥ: So und nicht mḥ, wie Wreszinski 1913 transkribiert, s. Grapow 1958, 106 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 66, Anm. 6.
6 ḥr=s muss sich auf das Heilmittel beziehen; streng syntaktisch kann es sich jedenfalls nicht auf den Verband beziehen („werde damit verbunden“), weil dieser grammatisch maskulin ist.
Eb 768 = pLouvre E 32847, Rto. x+6,2–3
Heilmittel für ein anomales (wörtl.: fremdartiges)1 Ohr, (um) ihm (???) den Eiter zu bezwingen (???)2:
Olivenöl: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), sḫp.t-Dünnbier: 1 (Dosis).
Werde in das Ohr gegossen.
1 šmꜣ: Stern, in: Ebers 1875, 45b schlägt „sacrare et devovere“ vor; für das pẖr.t n.t msḏr šmꜣ.y denkt er an „remedium auris dedicatae“. Daher Ebbells „Remedy for a bewitched ear“ (Ebbell 1937, 107). Das Wort šmꜣ meint hier aber sicher „umherwandern, nomadisch sein“, daher „fremdartig, anomal“. So auch die jüngeren Übersetzungen.
2 wꜥf n=f: Wird bislang stets als wꜥf.n=f verstanden. Das Verb bedeutet „bezwingen, niederbeugen, besiegen, binden“, gelegentlich auch „zerbrechen“. Die Aussage von Eb 768 ist allerdings unklar. Joachim 1890, 167, versucht sich noch an einer möglichst bedeutungsnahen Übersetzung: ein „Ohr, das von Eiter angegriffen wird“. Eine solche partizipiale Übersetzung würde aber die Tilgung von n=f erfordern. Ebbell 1937, 107 lässt die Passage unübersetzt. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 62 nehmen es als Umstandssatz zur Beschreibung eines Untersuchungsbefundes, analog etwa zu Eb 858b (vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 239.aa.1). Es muss dafür aber eine andere Übersetzung für das Verb suchen, weil in dem Fall der Eiter Objekt und nicht Subjekt der Handlung ist. Daher das „zusammenballen“ von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 62, das weniger sprechende „zusammenziehen“ von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 169 und Westendorf 1999, 677 bzw. das „concentrer“ von Bardinet 1995, 359.
Wollte man eine Zustandsbeschreibung unter gleichzeitiger Beibehaltung einer möglichst wörtlichen Übersetzung ansetzen, müsste man wie Joachim das n=f streichen, oder man könnte alternativ einen temporalen Umstandssatz erwägen (vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 239.aa.4), müsste dann aber einen Agensmarker, d.h. ein n, jn, o.ä., ergänzen: „nachdem es ⟨durch⟩ Eiter bezwungen wurde“. Eine alternative Lösung, nämlich mit indirektem Objekt wꜥf n=f ry.t, erscheint jedenfalls wenig sinnvoll, weil wꜥf n eher „sich jemandem beugen“ bedeutet (vgl. D. Lorton, The Juridical Terminology of International Relations in Egyptian Texts Through Dyn. XVIII (Baltimore 1974), 83–84); aber eine daraus folgende Übersetzung „ein Ohr, (indem) der Eiter sich ihm ‚unterwirft‘/niederbeugt“ erscheint inhaltlich wenig Sinn zu ergeben. Sollte man vielleicht einen Infinitiv wꜥf annehmen können, der von pẖr.t n.t abhängt? Dieser stünde dann parallel zu msḏr šmꜣ.y; s. dazu W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), §§ 147.bb.1 und 147.bb.3 bzw. Grapow 1955, 53–55 (zugegebenermaßen ohne Bsp. für eine Parallelisierung eines Substantivs und eines Infinitivs). Zu einer wꜥf-Bezwingung gerade von šmꜣ.yw („Nomaden, Vagabunden” o.ä.) in königlichen Inschriften vgl. bspw. K. Sethe, Urkunden der 18. Dynastie [IV,625-936], Urkunden des Ägyptischen Altertums IV/9-12 (Leipzig 1907), 740,1 oder K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions. Historical and Biographical. IV (Oxford 1982), 19,8. In dem Fall könnte man n=f als indirektes Objekt „für es (d.h. das Ohr), ihm“ deuten – was allerdings ebenfalls ungewöhnlich ist. Alles in allem bleibt die Stelle syntaktisch und inhaltlich daher problematisch.
Eb 769 = pLouvre E 32847, Rto. x+6,3–4
Ein anderes (Heilmittel):
sḫp.t-Dünnbier: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), [92,5] unterägyptisches Salz: ∅.
(Werde) ebenso (verfahren).
1 Anders als Eb 769 wiederholt die Parallele die Applikationsanweisung des vorigen Rezeptes, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 69.
Eb 770 = pLouvre E 32847, Rto. x+6,4–5
Ein anderes (Heilmittel) zum Austrocknen (?)1 eines Ohres, das Wasser abgibt:
Roter Ocker: 1 (Dosis), Kreuzkümmel: 1 (Dosis), „Eselsohr“-Pflanzen (?)2: 1 (Dosis), Bestes (Öl)3: 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis).
(Werde) ebenso (verfahren).4
1 sšr.t (so und nicht sšt.t, wie L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 41b und Wreszinski 1913, 189 transkribieren) wird stets, beginnend mit Stern, als Beleg für s(w)šr: „austrocknen“ angesehen, zumal es dezidiert gegen ein Ohr angewendet werden soll, das Flüssigkeit abgibt. Die Klassifikation mit dem schlagenden Mann ist allerdings für dieses Verb ungewöhnlich; DZA 29.613.490 kennt nur diesen einen Beleg aus Eb 770. Daher fragt man sich, ob nicht vielleicht eine ungewöhnliche Schreibung für sšr: „bestreichen“ (Wb 4, 294.8–15) vorliegt, dass also das Ohr mit einem Medikament bestrichen werden soll. Allerdings ist dieses Verb im pEbers immer sẖr geschrieben und immer mit dem Pfeil und dem schlagenden Arm klassifiziert, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 795, so dass auch in diesem Fall der Beleg von Eb 770 eine Ausnahmeschreibung wäre.
2 msḏr (j)ꜥꜣ: Geschrieben, als wäre es das Ohr eines Esels im wörtlichen Sinne. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 290 vermutet dagegen einen Pflanzennamen wie im Fall von msḏr-ḥḏr.t: „ḥḏr.t-Tier-Ohr“, das durch den Klassifikator eindeutig als Pflanze ausgewiesen ist.
3 ḥꜣt.t: Der Louvre-Papyrus schreibt stattdessen mꜣt.t: „Sellerie“, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 70.
4 Der Louvre-Papyrus wiederholt die Applikationsanweisung von Eb 768, T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018).
Eb 771–777: Heilmittel gegen Nssq-Haarausfall
Eb 771, vgl. Eb 466
Heilmittel zum Beseitigen von nssq-Haarausfall:1
Stachel eines Igels/Stachelschweins: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht; werde in Öl/Fett getaucht. Werde daran gegeben.
1 Durch den neuen Absatz wird ein thematischer Einschnitt markiert; allerdings scheinen die folgenden Rezepte Teil der Sammelschrift für Ohrenmittel gewesen zu sein.
Eb 772
Ein anderes (Heilmittel):
Roter Ocker: ∅, ḥrw.t-Teil von vortrefflichem Bier: ∅.
Werde daran gegeben.
Nachdem er (d.h. der nssq-Haarausfall? oder das betroffene Haar?) abgeschnitten wurde:
jḥ.w-Pflanzen: ∅. Werde zerrieben. Werde daran gegeben.
Eb 773
Ein anderes (Heilmittel):
Ein hdm1-gemachter qd-Topf: ∅.
[92,10] Werde gänzlich ausgeglüht (und) in Öl/Fett und ṯr.w-Ocker (gegeben).
Werde in Wasser zerstoßen. Werde daran gegeben.
1 hdm: Hapax legomenon. H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 768 vermutete mit Verweis auf hebräisch הָדַם („mit ähnlicher Bedeutung“): „zerbrechen in Stücke, zerstückeln“. Daher auch Joachims „zerstückelte Figur“ (Joachim 1890, 168; „Figur“ für qd ist wohl ein Missverständnis von Brugschs Vorschlag „Form, Gestalt in Umrissen“, Wb VII, 1267) und „ein zerschlagener (?) Topf“ auf DZA 26.410.770. Letztlich war Wb diese Bedeutung aber zu unsicher, so dass der Eintrag in Wb 2, 505.16 ohne Übersetzung erfolgte. Daher bietet auch Ebbell 1937, 107 keine Übersetzung; ebenso wenig von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 38 oder Bardinet 1995, 360. A. J. Spalinger, The Civil War Between Amasis and Apries and the Babylonian Attack Against Egypt, in: W. F. Reineke (Hrsg.), first International Congress of Egyptology, Schriften zur Geschichte und Kultur des Alten Orients 14 (Berlin 1979), 593–604, hier: 603, Anm. 32 schlägt eine Verbindung dieses Verbs mit einem auf der Elephantine-Stele des Amasis, Zeile 17 vorkommenden, klassifikatorlosen Verb htm vor: „A ...-ed (submerged?) pot, boiled in oil“. Vgl. dazu die Erstabschrift der Stele von G. Daressy, Stèle de l’an III d’Amasis, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes 22, 1900, 1–9, dort S. 2. Die Lesung htm stammt von Spalinger; Daressy übersetzt die Passage zu Beginn der Zeile (S. 4) mit: „la terre fut parcourue comme par un vent de tempête“, hat also wohl tꜣ ht m ḏꜥ n šnj.t gelesen und an das seltene htt: „(den Himmel) durchziehen“ (vgl. Wb 3, 504.3) gedacht. Inspiriert von dieser Stelle und seiner Lesung htm, schlägt Spalinger für das hdm des pEbers eben „submerged?“ vor, worauf wiederum Meeks „renverser“ (ohne Fragezeichen) basiert (D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 3. 1979 (Paris 1982), 79.1846). Westendorf 1999, 678 („ein zerbrochener (??) Topf“) scheint dagegen wieder den Vorschlag von Brugsch/Joachim/DZA aufzugreifen, obwohl er in der zugehörigen Anm. 203 dezidiert auf Meeks und Spalinger referiert. Tatsächlich ist Spalingers Vorschlag anzweifelbar: Zum einen ist er wohl hauptsächlich vom Kontext geleitet, genauer von der anschließenden Phrase, die er ḏꜥ nšnjt ꜥgꜣ ꜥḥꜥ.w=sn list und mit „a storm raged, their ships were overturned“ übersetzt. Zum zweiten ist auch die Lesung des Beginns von Kolumne 17 nicht ganz zweifelsfrei. In jüngerer Zeit liest etwa A. I. Blöbaum, „Denn ich bin ein König, der die Maat liebt“. Herrscherlegitimation im spätzeitlichen Ägypten. Eine vergleichende Untersuchung der Phraseologie in den offiziellen Königsinschriten vom Beginn der 25. Dynastie bis zum Ende der makedonischen Herrschaft, Aegyptiaca Monasteriensia 4 (Aachen 2006), 271–271 weder tꜣ htm ḏꜥ n šnj.t noch tꜣ ht m ḏꜥ n šnj.t, sondern p.t m ḏꜥ n šnj.t: „(Der Gott öffnete) den Himmel für einen Hagelsturm“. So auch K. Jansen-Winkeln, Die Siegesstele des Amasis, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde, 141, 2014, 132–153, hier: 138: „(Der Gott trachtete danach, ihm zu öffnen(??)) den Himmel in einem Hagelsturm“. (Letztere Übersetzung berücksichtig, dass ḏꜥ nicht mit der Präposition n, sondern mit m angeschlossen ist). Zu einer Handkopie der Stelle, die auf neuerer Kollationierung basiert, s. Jansen-Winkeln, ebd., S. 135. Auf S. 141, Anm. 57 gesteht Jansen-Winkeln eine gewisse Unsicherheit ein, weil die neue Lesung voraussetzt, dass p.t merkwürdigerweise mit den Phonogrammen unter dem Klassifikator/Logogramm geschrieben sei und nicht, wie man erwarten würde, darüber. Trotz dieser Unsicherheit könnte sich Spalingers htm insgesamt als Ghostword erweisen, was natürlich einen Zusammenhang mit dem hdm des pEbers unmöglich macht. R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 532, Nr. 19236 schlägt unter Vorbehalt „abreiben“ vor. Ob das eine Weiterführung von Spalingers Idee „submerged“ ist, in dem Sinne, dass eine Topfscherbe, die überspült oder untergetaucht wird, eine gereinigte und damit abgeriebene Topfscherbe ist?
2 qd: Hapax legomenon; der gut belegte Beruf des qd.w: „Töpfer“ dürfte aber die Bedeutung absichern.
Eb 774
Ein anderes (Heilmittel):
Flachs: ∅, ḥnw-Pflanzen: ∅.
Werde gänzlich ausgeglüht; werde in Öl und Propolis (?, wörtl.: Kot einer Fliege) eingetaucht; werde zu einer homogenen Masse zerrieben. Werde daran gegeben.
Eb 775
Ein anderes (Heilmittel):
Der Dreck, der am (Finger-/Zehen-)Nagel des Mannes (d.h. des Patienten selbst)1 ist: ∅.
Werde daran gegeben, so dass (es) sofort aufhört.
1 s: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 49, Anm. 1 weisen darauf hin, dass der „Mann“ in den medizinischen Texten gewöhnlich den „Patienten“ meint. Es ist also nicht allgemein Dreck unter Finger-/Zehennägeln gemeint, sondern konkret Dreck unter dem Nagel des Betroffenen.
Eb 776
Ein anderes (Heilmittel) zum Beschwören des nssq-Haarausfalls:
„O Erglänzender, der (du) niederstößt (?)1 mit streitbarem2 Ausruf3 (?; wörtl.: streitbar(er) an Ausruf?)4, (o) Sonnenscheibe – hüte dich [92,15] vor dem ‚Herrn des Scheitels‘5!“
(Diese) Worte sind zu sprechen über Rotem Ocker: ∅, Johannisbrot: ∅, Kalzitalabaster: ∅, „Das-was-der-Himmel-macht“-Droge: ∅, Honig: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde daran gegeben.
1 sḫnn: Ebbell 1937, 107, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 50 und Westendorf 1999, 678 übersetzen das Partizip attributiv zum vorherigen Nomen („oh thou lighting one who stands still“; „O le Lumineux qui ne bouge pas de sa place“; „Oh, Aufgehender (= Re ?), der zur Ruhe geht“). Bardinet 1995, 360 setzt es dagegen dem wbn parallel („O, toi qui te lève et qui te poses“). von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 39 verstehen es als Imperativ („O (du) Aufgehender, lasse dich nieder“). Tatsächlich ist die häufigere Kollokation wbn – ḥtp, s. Wb 1, 292.9–10, 293.14, was gegen Bardinets Lösung sprechen würde. Ob vielleicht dieses und das folgende Verb das Bild des Sonnengottes als Falken aufgreifen, der hier „niederstößt“? sḫni̯ bezeichnet das Landen resp. Niederschweben von Vögeln (Wb 4, 253.12 gibt auch die Bedeutung „oben schweben (vom Falken)“, aber mit nur einem Beleg). Zugegebenermaßen ist damit üblicherweise das nicht-aggressive Landen gemeint, doch mangels eines Terminus technicus für das Niederstoßen von Raubvögeln – was dem noch am nächsten kommt, ist vielleicht ꜥq: „eindringen“, bspw. DZA 22.831.060 – könnte sḫni̯ hier diese Konnotation erhalten haben. Vgl. auch den anschließenden Kommentar.
2 ꜥḥꜣ: „kämpfen“ bedeutet in den medizinischen Texten in der Regel „kämpfen mit (Krankheit xy)“ (ꜥḥꜣ ḥnꜥ (NN)), vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 149. Was es hier bedeutet, ist unklar, weil keine Präposition folgt. Ebbell 1937, 107 lässt es daher unübersetzt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 149, Anm. 1 erwägt, unter Verweis auf das folgende zꜣꜣ tw: „(sich) hüten“, vgl. dazu Wb 1, 215.17–19. Auf dieser möglichen Parallele basiert dann auch die imperativische Syntax von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 39: „hüte dich vor meinem Spruch“ (ebenso Westendorf 1999, 678). Aber eigentlich wäre für diese Übersetzung noch das enklitische Personalpronomen tw zu erwarten. Bardinet 1995, 360 kehrt, vielleicht deswegen (?), zu der Hauptbedeutung des Verbs zurück: „qui combats (avec) mon orifice“. Entweder denkt er an den seltenen transitiven Gebrauch des Verbs (Wb 1, 215.6–7), oder, da er das „avec“ in Klammern setzt, er ergänzt eine Präposition (welche, ist unbekannt – aufgrund des medizinischen Kontextes ist ḥnꜥ naheliegend, dagegen ließe sich ein Ausfall eines r [vgl. Wb 1, 215.9] vor rʾ am leichtesten erklären).
3 rʾ mit anschließendem Falken auf Standarte: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 übersetzen es mit „mein Mund“ oder „mein Ausspruch“; G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956) und Bardinet 1995 denken dagegen an eine „Öffnung“ (wobei Lefebvre den Falken auf Standarte anscheinend als Klassifikator auffasst, während Bardinet wie von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I an das Suffixpronomen der 1. Pers. Sg. denkt). Lefebvre vermutet hierin konkret „l’aire du cuir chevelu dégarnie par la pelade“.
4 ꜥḥꜣ rʾ wird hier vorschlagsweise als Limitation interpretiert (als mögliches Kompositum schon auf DZA 22.287.680, ohne Übersetzungsvorschlag) und an das vorangehende sḫnn angeschlossen, entweder als paralleles Epitheton oder als Attribut eines Gesamtepithetons sḫnn ꜥḥꜣ rʾ. Dies würde auch den Falken auf Standarte besser erklären als die Annahme, dass ein Suffixpronomen vorliege. Bezieht sich ein solches Kompositum „mit streitbarem Ausruf“ vielleicht auf den Schrei eines Falken? Die Kollokation ꜥḥꜣ rʾ ist bislang nicht belegt, vgl. aber vielleicht die Epitheta ꜥḥꜣ ꜥ: „Der mit streitbarem Arm“, C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band II. ꜥ – b, Orientalia Lovaniensia Analecta 111 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 184b oder ꜥḥꜣ ḥr: „Der mit streitbarem Gesicht“, C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band II. ꜥ – b, Orientalia Lovaniensia Analecta 111 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 185c–186a. In ägyptischen Ohren scheint ein Falke zwar eher ngg zu machen (Wb 2, 350.9), doch könnte sich die in Eb 776 gewählte, abweichende Wortwahl gerade in der medizinischen Bedeutung von ꜥḥꜣ und der magischen Konnotation von rʾ begründen.
Mit dem folgenden jtn würde die Epitethakette wieder zur Sonne als Himmelskörper zurückkehren.
5 nb-wp.t: Auch hier ist wieder umstritten, ob der Falke auf Standarte ein Suffixpronomen ist (Ebbell 1937, 107) oder ein Klassifikator (DZA 22.287.680, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 50, Bardinet 1995, 360, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 39, Westendorf 1999, 678).
Eb 777
Ein anderes (Heilmittel) zum Beseitigen von nssq-Haarausfall am Kopf:
Feigen: 1/8 (Dja), Wüstendatteln (?): 1/8 (Dja), wꜣm-Früchte: 1/8 (Dja), Ocker: 1/32 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Gänsefett: 1/8 (Dja), süßes Bier: 1/16 (Oipe = 4 Dja).
Werde gekocht; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 778–781: Heilmittel gegen mḥs und sr
Eb 778+7791 = pLouvre E 32847, Rto. x+11,7–8
Heilmittel zum Beseitigen des mḥs-Hautleidens2:
„Selbstentstandenes“ vom Honig: ∅.
Das mḥs-Hautleiden werde [92,20] damit eingerieben.
Mehl von Blättern der Dornakazie: ∅, Sägemehl der Seyal-Akazie: ∅.
(Die betroffene Stelle) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
1 Wreszinski 1913, 190 und Ebbell 1937, 108 nahmen an, dass zwei Rezepte vorliegen. Seit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 wird aber eher von einem Doppelrezept ausgegangen. Die Parallele ist ebenso aufgebaut (s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 90–91) und unterstützt daher die Annahme, dass nur ein einziges Rezept vorliegt.
2 mḥs: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 22–23 vermutet darin Mumps, weil es wrḥ-eingerieben werden soll und daher am Kopf lokalisiert ist, weil es auf Erkrankungen der Haare folgt, was gut zu einer Erkrankung der Speicheldrüse passen würde, und weil es der sr-Krankheit vorangeht, in der er Orchitis vermutet, die im Zusammenhang mit Mumps vorkommen kann. Außerdem bringt er mḥs etymologisch mit mḥ: „füllen, voll sein“ in Verbindung und denkt, dass der Name auf das Anschwellen des Gesichts anspielt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 387 und Westendorf 1999, 679, Anm. 205 lehnen diese etymologische Verbindung ab; ansonsten hält Westendorf die Gleichsetzung mit Mumps für möglich. Als zusätzliches Argument führt er an, dass auf die sr-Krankheit ein Mittel gegen Kindergeschrei folgt, was gut zu einer Kinderkrankheit wie Mumps passen würde.
Eb 780+7811
Ein anderes Heilmittel gegen das sr-Leiden2:
Früchte/Samen der ḏꜣjs-Pflanze: 1 (Dosis), mjm.t-Pflanzen: 1 (Dosis).
[93,1] Werde zermalmt. Werde von dem Mann gegessen, der unter dem sr-Leiden (leidet).
Honig: 1 (Dosis), gꜣb.t-Blätter der mjm.t-Pflanze: 1 (Dosis).
Werde in ihrem (d.h. der Pflanze?) Saft zermalmt.
Der Penis / die Eichel werde gesalbt. Werde darüber eine Nacht lang verbunden bis zu seinen Oberarmen und seinen (betroffenen?) Körperteilen.
1 Wie bei Eb 778+779 sind Wreszinski 1913, 190–191 und Ebbell 1937, 108 von zwei Einzelrezepten ausgegangen, während von Deines – Grapow – Westendorf 1958 hierin ein Doppelrezept sehen.
2 sr: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 22–23 vermutet darin Orchitis, weil einerseits der Penis eingerieben werden soll, andererseits aber auch Einnehmemittel verschrieben werden, weil es mit Gardiner Sign-list H8 klassifiziert ist, was s.E. auf die Erkrankung eines eiförmigen Organs hindeutet; und schließlich verbindet er den Namen der Krankheit mit sr: „Widder“ und weist auf die Testikel der Widder als vermutliches Tertium comparationis hin. Die direkte Folge von mḥs und sr stützt s.E. die Identifikation mit Mumps und Orchitis, weil Letzteres oft mit Ersterem einhergeht.
Eb 782: Heilmittel gegen Wehklagen eines Kindes
Eb 782
Heilmittel zum Beseitigen von Wehklagen1 (eines Kindes):
špnn-Teile der špn-Pflanze: ∅, Propolis (? wörtl.: Fliegenkot), das an der Wand ist: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken, damit (?) (es) sofort aufhört.
Was das „Wehklagen“ angeht: [93,5] Das (meint) ein Kind, das jammert.
1 ꜥšꜣ.wt: Hapax legomenon. Auch den Ägyptern selbst, d.h. zumindest dem Schreiber des pEbers oder seinen avisierten Lesern, war dieser Terminus nicht geläufig, denn er fügte dem Rezept eine erklärende Glosse bei, die die Bedeutung des Terminus klärt – nebenbei bemerkt die erste innerhalb des pEbers, sofern man die potenzielle Glosse in Eb 310 (s. dort den Kommentar) nicht mitzählt. Die etymologische Verbindung von ꜥšꜣ.wt mit ꜥšꜣ: „viel sein, zahlreich sein“, kann man als Indikator dafür werten, dass der Terminus nicht auf die Lautstärke des Geschreis, sondern auf die Häufigkeit oder zeitliche Ausdehnung hindeutet.
Grapow 1955, 130 denkt, dass das Rezept vielleicht eigentlich schon zur folgenden, gynäkologischen Rezeptgruppe gehört; denn auch in anderen medizinischen Texten werden Rezepte gegen Kinderkrankheiten oft im Kontext von gynäkologischen Rezepten abgehandelt. Westendorf 1999, 679, Anm. 205 stellt es dagegen doch eher in die Nähe der vorherigen Rezepte. Denn mit Ebbell erwägt er in Eb 779+780 ein Rezept gegen Mumps, eine „ausgesprochene Kinderkrankheit“, und Eb 780+781 erwägt er eines gegen Mumps begleitende Orchitis. Man fragt sich, ob der Schreiber nicht auch eine Prise augenzwinkernden Humor bewies, als er das Rezept gegen Kindergeschrei ausgerechnet zwischen Rezepten gegen Ohrenleiden und Haarausfall auf der einen Seite und Verhütungsmitteln auf der anderen Seite platzierte.
2 špn: Die häufig in der Literatur angegebene Bedeutung „Mohn“ geht auf H. L. M. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 45 zurück (als Möglichkeit übernommen von Wb 4, 444.17, 445.5, angezweifelt von H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 490, als unhaltbar abgelehnt von R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 132). Es war Joachim 1890, der Lürings Identifizierung speziell in die Übersetzungen des pEbers hineinbrachte, s. dezidiert S. 102 mit Anm. 5. Lürings Identifikation begründet sich einzig darauf, dass špn in Eb 782 in einem Heilmittel gegen Kindergeschrei verwendet wird; Lüring vermutet ferner einen Zusammenhang mit der Wurzel šp, špn, die nach H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VII (Leipzig 1882), 1181 eine Bedeutung „rothe, röthliche Flecken zeigen“ hätte (inzwischen obsolet). R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 132 und 310–312 weist allerdings darauf hin, dass nicht klar ist, ob die Ägypter den Schlafmohn überhaupt vor der ptolemäischen Zeit gekannt haben.
In einer Darstellung im Grab des Anchmahor aus dem Alten Reich sind bei der Herstellung von Statuen zwei Maler abgebildet, die mit Spachtel bzw. Pinsel an je einer Statue arbeiten. Diese sind überschrieben mit twt n ksb.t, „Statue von ksb.t“, bzw. twt n špnn, „Statue von špnn“ (N. Kanawati – A. Hassan, The Teti Cemetery at Saqqara. Volume II. The Tomb of Ankhmahor, The Australian Centre for Egyptology: Reports 9 (Warmionster 1997), Taf. 7a und 40). R. Drenkhahn, Die Handwerker und ihre Tätigkeiten im alten Ägypten, Ägyptologische Abhandlungen 31 (Wiesbaden 1976), 58–59 lehnt die ältere Deutung, im jeweils zweiten Bestandteil der Beischrift eine Materialangabe zu verstehen, ab, weil bei derartigen Darstellungen nie der Werkstoff der Statuen genannt würde (Anm. 20). Sie vermutet darin eher Pflanzen, aus denen Farben, Farbgrundstoffe oder aber eine Grundierung gewonnen worden sein könne. Bei špnn denkt sie explizit an die homographen Mohnkörner. Gegen ihre Erwägungen können jedoch zwei Argumente vorgebracht werden:
(1) Wie gezeigt, basiert die Identifikation von špnn mit dem Schlafmohn auf reiner Vermutung; sie ist also als Argument nicht brauchbar. S. Grunert, Statuen aus Schepnen-Holz?, in: Göttinger Miszellen 183, 2001, 7–8 vermutet sogar, dass gar nicht twt n špnn zu lesen sei, sondern twt n š pn nn: „Gleich/Äquivalent zu dieser (Stein-)Arbeit dort“. In dem Fall gäbe es gar keinen Parallelismus in der Formulierung.
(2) Es fragt sich, welche Art Genitiv nach Drenkhahn in der Darstellung des Anchmahor vorliegen sollte. In Genitivkonstruktionen im Allgemeinen und bei twt-Statuen im Besonderen bezeichnet nämlich das Nomen rectum, wenn es eine Stoffangabe ist, in der Regel tatsächlich das Material, aus dem das Nomen regens ist. Das heißt, eine twt-Statue „von“ špnn ist eine twt-Statue *aus* špnn.
Wäre die Pflanze aus dem Grab des Anchmahor mit derjenigen der medizinischen Texte identisch, hätte man einen positiven Beleg, dass špn(n) kein Schlafmohn sein kann, da dieser keine verholzten Teile besitzt, die zu einer Statue verarbeitet werden können.
Eb 783–807: Erster gynäkologischer Abschnitt
Eb 783
Anfang der Heilmittel, die für Frauen bereitet werden:
(Rezept zum) Veranlassen, dass eine Frau aufhört schwanger zu werden1 für ein, zwei oder drei Jahre:
qꜣꜣ-Früchte (?) der Dornakazie: ∅, Johannisbrot: ∅, Datteln: ∅.
Werde in einem Hin (= 1,6 Dja) Honig fein zermahlen. Ein Faserbausch (?) werde damit getränkt. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegeben.
1 ꜣb s.t jwr: Es ist sicher ein Rezept gemeint, eine Frau nicht schwanger werden zu lassen, d.h. ein Verhütungsmittel, und kein Rezept, eine Schwangerschaft zu unterbrechen, d.h. ein Abtreibemittel. So verstehen es auch die bisherigen Bearbeiter.
Eb 784
Heilmittel zum Verhindern, dass eine Frau an ihrem Harn leidet:
Unterägyptisches Salz: 1/16 (Dja), mhwj-Milchfett: 1/8 (Dja), süßes Bier: [93,10] 1/16+1/64 (Oipe = 5 Dja), Honig: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde in den Hintern gegossen.
Eb 785 = Eb 143
Ein anderes (Heilmittel) zum Kühlen des Rektums:
Olivenöl: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Saft vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde in den Hintern gegossen.
Eb 786+787
Ein anderes (Heilmittel), etwas, was zu tun ist für eine (Frau), die (ständig) Geronnenes ausscheidet:
Stücke von Nilerde, ohne ihnen Sonnenlicht zu zeigen: ∅. Werde in einen Raum mit Estrich gelegt (vielleicht fehlerhaft für: Werde (aus)gelegt, wenn die Erde hell wird?); werde am Abend mit sehr viel Wasser besprengt. Du lässt folglich ein neues ꜥnḏ.yt-Gefäß und eine neue ...-Schale1, gefüllt mit Wasser, nachts dem Tau aussetzen. Du [93,15] besprengst diese Stücke folglich erneut beim Aufgang des Morgensterns und veranlasst, dass sich die Frau über viele Tage hinweg darauf setzt. (Und) du veranlasst folglich, dass dir eine neue Schale gebracht wird, indem sie mit Öl/Fett gefüllt ist. Werde veranlasst, dass sich die Frau über 4 Tage hinweg darauf setzt.
1 Die Lesung des Gefäßes ist unsicher. Bereits die hieroglyphische Transliteration bereitet Schwierigkeiten: Der Wortstamm ist logographisch mit dem prinzipiell identischen Zeichen Möller 1909, Nr. 90 = 437 = 491 geschrieben; es folgen noch die w-Schleife und der generische Gefäßklassifikator Gardiner Sign-list W24. Die bisherigen Transkriptionen gehen davon aus, dass das Logogramm als Möller 1909, Nr. 90 = Gardiner Sign-list D19, zu verstehen ist: Nase mit Auge und Wange. Grapow 1958, 192 setzt allerdings noch ein Fragezeichen, und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 1022, Anm. 2 geben die anderen beiden Transkriptionen (U31, Aa32) als weitere Alternativen an. Die Interpretation des hieratischen Zeichens als Möller 1909, Nr. 90 = Gardiner Sign-list D19 bekommt jedoch weiteres Gewicht, wenn man es mit einem Gefäß aus den Annalen Thutmosis’ III., Kol. 100 vergleicht (K. Sethe, Urkunden der 18. Dynastie [IV,625-936], Urkunden des Ägyptischen Altertums IV/9-12 (Leipzig 1907), 666,3). Der Text ist etwas jünger als der Papyrus Ebers, und das Gefäß steht in einer Liste syrischen Beuteguts, aber da diese auch andere ägyptische Gefäßbezeichnungen enthält, spricht nichts dagegen, in dem Gefäß von K. Sethe, Urkunden der 18. Dynastie [IV,625-936], Urkunden des Ägyptischen Altertums IV/9-12 (Leipzig 1907), 666,3 einen (auch) in Ägypten vorkommenden Gefäßtyp zu sehen. Der Wortstamm der fraglichen Gefäßbezeichnung ist ebenfalls logographisch geschrieben mit einem Zeichen, das D19 oder F63A, dem hörnerlosen Rinderkopf, entspricht; es folgen ein Wachtelküken, d.h. ebenfalls ein w, ein schalen- oder schüsselartigen Gefäß als Klassifikator und Pluralstriche. Der Klassifikator ähnelt dem Gefäß in dem Objektfries über dem Beginn der Annalen, 5. Reihe von unten, ganz linke Gruppe, 2. Gefäß von oben, und stellt eine Variante von W76 der Extended Library dar (diese und die weiteren Bemerkungen zu der Gefäßbezeichnung der Annalen verdanke ich E-Mails von Sébastien Biston-Moulin, CFEETK, vom 01.08.2017 und 01.09.2017). S. Biston-Moulin entschied sich bei der Aufnahme des Textes in der Datenbank des Projet Karnak für F63A, schreibt aber, dass die Zeichen D19 und F63A in Karnak oft wechselten (vgl. dazu auch F. Relats Montserrat, Le signe D19, à la recherche des sens d’un déterminatif (I): la forme d’un signe, in: NeHeT. Revue numérique d’Égyptologie 1, 2014, 129–167, dem zufolge die beiden Zeichen nur Varianten voneinander seien). Die hier in der Übersetzung gewählte Spezifizierung „Schale“ beruht auf diesem Vergleich der beiden Gefäße im pEbers und den Annalen sowie dem Klassifikator des Gefäßes in den Annalen.
Selbst wenn man von der Transliteration durch D19 ausgeht, bleibt die Transkription, also die Lesung, unsicher. Man kann allein sagen, dass das Wort maskulin ist, weil ihm ein maskulines Adjektiv mꜣ(w) folgt:
(1) Stern, in: Ebers 1875, 60b, s.v. χénnu, liest χénu, das entspricht nach moderner Transkriptionskonvention ḫnw. Sein Erstbeleg für dieses Wort, der nach moderner Transkription ẖnnw zu lesen wäre, ist allerdings zu streichen, denn das ist eigentlich die Droge ẖnn.w n hʾ, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 415. Damit fällt die vermeintliche Pleneschreibung weg; zudem müsste man Sterns Vorschlag modifizieren, denn Gardiner D19 ist nicht ḫn, sondern ḫnt zu lesen. Entsprechend ist auch auf DZA 21.889.730 ḫntw vorgeschlagen. Ein ḫntw- oder ḫnt.w-Gefäß ist jedoch bislang anderweitig nicht belegt. Breasteds vergleichbare Wiedergabe der Gefäßbezeichnung der Annalen als „(ḫntw-) dishes“ (J. H. Breasted, Ancient Records of Egypt. Volume 2. The Eighteenth Dynasty (Chicago 1923), § 437; mit Fragezeichen übernommen von R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 326) ist nur ein zweifelnder Lesungsvorschlag ohne weitere Belege. Man könnte allenfalls überlegen, ob im pEbers eine ungewöhnliche Graphie des ḫnt.j-Flaschenständers (Wb 3, 301.12) vorliegt. In dem Fall würde vielleicht ein Ensemble aus einem neuen ꜥnḏ.yt-Gefäß und einem ḫnt.w-Gefäßständer beschrieben werden; der Zusatz „gefüllt mit Tauwasser“ könnte sich dann natürlich nur auf das Gefäß beziehen, oder auf das Ensemble als Ganzes. Eine solche Interpretation wäre nicht abwegig, da die Frau angewiesen wird, sich „darauf“, d.h. auf die Gefäße, zu setzen, und hierbei könnte ein Gefäßständer der Stabilisierung gedient haben. Dagegen spricht allerdings folgendes: (a) Der ḫnt.j-Ständer bezeichnet eher einen Flaschenständer im Rahmen von Opferhandlungen und manchmal sogar den Opfertisch, was kontextuell nicht passt. (b) Wenn man, wie hier vorgeschlagen, das Gefäß mit demjenigen der Annalen Thutmosis’ III. vergleicht, erwartet man eher eine Art Schale als einen Gefäßständer. (c) Der ḫnt.j-Ständer wird normalerweise mit Gardiner Sign-list W17/18 geschrieben, nur einmal, in einer Inschrift Sethos’ I. (DZA 27.965.950), möglicherweise mit D19. (d) D19 als Logogramm für ḫnt wird fast ausschließlich mit phonetischen Komplementen, wenigstens einem t, geschrieben (vgl. auch F. Relats Montserrat, Le signe D19 , à la recherche des sens d’un déterminatif (II): les usages d’un signe, in: NeHeT. Revue numérique d’Égyptologie 4, 2016, 77–121, spez. S. 88, Tab. 3), was hier fehlt. Das letzte Argument spricht ganz allgemein gegen eine Lesung des fraglichen Gefäßes als ḫnt.w, egal, ob man es mit einem schon bekannten Gefäßtyp identifizieren möchte oder nicht.
(2) von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 218, Anm. 3 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 1022 denken, ausgehend von dem durch D19 evozierten Bild der Nase, an eine Bezeichnung für ein „Gefäß mit Tülle (‚Schnabeltasse‘)“. Eine konkrete Transkription schlagen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 nicht vor, vergleicht aber mit mnḏ.t, Wb 2, 93.9. der „Wange“ eines Schmelzofens (und 93.10, der Wange im anatomischen Sinn) sowie mit msdj, Wb 2, 153.7, einem nur einmal in kuschitischer Zeit, auf der Stele des Nastasen, belegten Gefäß. Für eine Schreibung von msd(...) mit einem logographischen D19 vgl. entsprechende Abkürzungen für msd.t im pEdwin Smith, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 393. Allerdings müsste man die Gefäßbezeichnung wenigstens msd.jw transkribieren und nicht msdj allein, wollte man nicht das einzig sicher zu lesende Phonogramm, die w-Schleife, ignorieren. Die Lesung msdj findet sich dann bei Bardinet 1995, 444 („un vase neuf de type mesdy (?)“) und Westendorf 1999, 680 („Schnabel-Gefäß (? msdj ? < *mswꜣḏj)“) wieder. Der Vorschlag von Westendorf zeigt gleichzeitig einen Etymologisierungsversuch: Sein *mswꜣḏj geht wohl auf Edels Erklärung (Beiträge zum ägyptischen Lexikon, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 79, 1954, 86–90, hier: 88–89) zurück, das Wort msꜣḏ.t: „Nasenloch“ = msd.t: „Nasenmuschel, Nasenloch“ etymologisch auf ein *m:s(w)ꜣḏ: „Frischmacher“ zurückzuführen. Das j in Westendorfs Transkription wäre dann vielleicht eine Nisbeendung, so dass das Gefäß wörtlich als „das Nasenartige“ o.ä. zu verstehen wäre. Insgesamt ist also eine Lesung als msd.j oder msd.jw nicht ganz auszuschließen; eine Verbindung mit dem Gefäß der Annalen wäre dann allerdings fraglich, weil dessen Klassifikator schlecht zu einer Schnabeltasse o.ä. passt. Der von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) getroffene, alternative Vergleich mit dem msdj-Gefäß der Nastasen-Stele ist ebenfalls unsicher. Dieses Gefäß ist zwar laut der Stele aus Elektron, aber C. Peust, Das Napatanische. Ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends. Texte, Glossar, Grammatik, Monographien zur Ägyptischen Sprache 3 (Göttingen 1999), 167 hält es dennoch für eine graphische Variante des neuägyptisch belegten mstj-Korbes (das metallene msdj des Nastasen wäre dann quasi als Imitat zu werten).
(3) Die an sich nächstliegende Lesung eines logographisch geschriebenen D19 wäre fnḏ. H. Goedicke, The Battle of Megiddo (Baltimore 2000), 107 schlägt eine Lesung fnḏ.w auch für das Gefäß der Annalen vor und erwägt darin den Gefäßtyp des Rhytons. Das lässt darauf schließen, dass er die Bezeichnung von fnḏ: „Nase“ abgeleitet denkt; vergleichbar zu der hier unter Nr. 2 abgelegeten Idee zum Gefäß des pEbers. Allerdings würde das wieder nicht zum Klassifikator passen. Es gibt auch keine andere Gefäßbezeichnung mit dieser Wurzel.
(4) Für das Gefäß der Annalen erwägt Biston-Moulin aktuell, „avec réserves“, die Lesung šrw[.t]. Das Gefäß des pEbers könnte man allerdings nur šrw lesen, da es wegen des folgenden Adjektivs mꜣ(w) maskulin sein muss. Ein šrw-Gefäß, mit dem man das Wort vergleichen könnte, gibt es bislang nicht. Es wäre vielleicht denkbar, das Wort, wieder analog zu Westendorfs Erklärung eines msdj, von einem Wort für „Nase“, d.h. in dem Fall šr.t, abzuleiten. Eine davon abgeleitete Nisbe *šr.tj: „Nas(enart)iges“ wäre grammatisch maskulin, könnte also ein maskulines m(ꜣ)w nach sich ziehen; allerdings müsste man wieder eine Erklärung für die w-Schleife finden, also mindestens von *šr.tjw ausgehen. Oder sollte ein sehr früher Beleg für den Genderwechsel des Wortes vorliegen, der sich zum Demotischen hin vollzieht und sich vielleicht schon ab der 19. Dynastie in Schreibungen wie šrjw zeigt? Erneut würde eine Erklärung als „Nasenartiges“ einen Vergleich mit dem Gefäß der Annalen fragwürdig machen, weil der Klassifikator des Wortes der Annalen nicht ganz dazu passt.
(4) F. Relats Montserrat, Le signe D19 , à la recherche des sens d’un déterminatif (II): les usages d’un signe, in: NeHeT. Revue numérique d’Égyptologie 4, 2016, 77–121, hier: S. 82, Tab. 1 nennt einen vereinzelten Beleg in dem von ihm untersuchten Corpus, in dem D19 als Abkürzung von sn („riechen, küssen“, vgl. seine Referenz auf S. 80, Anm. 23 auf J. F. Borghouts, Egyptian. An introduction to the writing and language of the Middle Kingdom. 2, Egyptologische Uitgaven 24 (Leiden 2010), 29?) dient. Sollte man in Eb 786+787 eine ungewöhnliche Abkürzung für den sn.w-Krug vorliegen haben? Allerdings bezeichnet dieses Wort eben einen Krug, wie aus bildlichen Darstellungen hervorgeht, denen sn.w beigeschrieben ist. Das macht es unmöglich, dieses Wort mit dem Gefäß der Annalen zu verbinden.
(5) Die in (1) bis (4) diskutierten Lesungen gehen von einer Transkription D19 aus. Wenn man das hieratische Zeichen als U31 transkribiert, kämen als Lesungen noch ḫnr und rtḥ infrage. Es sind allerdings bislang keine derartigen Gefäßbezeichnungen bekannt. Ebenso wenig ergibt eine Transliteration als Aa32: stj Sinn. Es gibt zwar sty.w-Flaschen (Wb 4, 333.1), aber diese sind bislang nur im pHarris I belegt und sind mit dem Tierfell mit Pfeil, F29, geschrieben. Wörter mit F29 und solche mit Aa32 gehen ursprünglich auf verschiedene Sibilanten zurück; obwohl diese später zusammengefallen sind, gibt es zwischen ihnen aber keine graphischen Interferenzen.
Eb 788, vgl. Eb 796
Erkennen1 schlechter Milch:
Du erkennst folglich, (dass) ihr Geruch wie der Gestank von Fischen (ist).2
1 mꜣꜣ bedeutet hier und in Eb 796 nicht nur „sehen“ oder „betrachten“, sondern anscheinend konkret sogar „erkennen“. Inwiefern es sich hierbei semantisch von sjꜣ: „erkennen“ in Eb 838 und Eb 839 unterscheidet, bliebe zu untersuchen.
2 Die eigentliche Beschreibung, wie man schlechte Milch erkennt, d.h. der Teil, an den sich das kontingente sḏm.ḫr=f anschließt, sowie eine eventuelle Behandlungsanweisung fehlen.
Eb 789
Heilmittel zum Veranlassen, dass die Gebärmutter/Plazenta einer Frau an ihren Platz hinabsteigt:
Sägemehl der ꜥš-Konifere: ∅.
Werde in Bodensatz (von Bier)1 gegeben. Ein „Ziegel“ aus [93,20] Stoff (d.h. ein Kissen?) werde (damit) gesalbt. (? Oder: Werde (damit) gesalbt. Ein „Ziegel“ aus Stoff.)2 Du veranlasst folglich, dass sie sich darauf setzt.
1 tꜣḥ.t: Die notwendige Spezifizierung der Flüssigkeit fehlt. Mit Verweis auf Eb 791 und mehr noch Eb 812 vermutet Westendorf 1999, 680, dass Bodensatz vom Bier gemeint ist.
2 Die genaue Bedeutung des „Ziegels aus Stoff“ ist unsicher. Ebbell 1937, 109 denkt an einen Stoffballen. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 215, Anm. 3 schwanken zwischen einen stoffumwickelten Ziegel und einem ziegelförmigen Stoffpolster. Bardinet 1995, 444 und Lalanne – Métra 2010, 191 entscheiden sich für Ersteres; Westendorf 1999, 680 für Letzteres. Letzteres dürfte wahrscheinlicher sein, zumal es mit den üblichen Gebrauchsweisen des ägyptischen Genitivs korrespondiert, vgl. speziell H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 436, Nr. IV. Auf keinen Fall ist es ein Tampon, wie G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 91 übersetzt. Dagegen spricht sowohl die wörtliche Übersetzung als auch die anschließende Anweisung: Die Frau soll sich darauf setzen und ihn nicht, wie man erwarten würde, „in ihr Fleisch (d.h. ihre Vulva) einführen“ (vgl. die Anweisungen in den Rezepten Eb 783,806 und 831c). Die üblichere Bezeichung für einen Tampon ist zudem ftt: „Faserbausch“.
Zusammengenommen dürfte also wohl ein kompakt gefalteter Stoffballen, vielleicht eine Art Kissen, gemeint sein (die üblicheren, wenn auch selten belegten Bezeichnungen für „Kissen“ sind šd, Wb 4, 560.6, und ẖnm.t-wr, Wb 3, 382.8–9, s. G. Jéquier, Les frises d’objets des sarcophages du Moyen Empire (Le Caire 1921), 238–240). Die Kollokation von ḏb.t und dꜣj.w kommt sonst nur noch einmal in den verschiedenen Abschriften der Lehre des Cheti, § 16, vor (s. im TLA), allerdings in einem syntaktisch und semantisch umstrittenen Kontext. Dort ist vom Eilboten die Rede, der unterwegs ist, während sein dꜣj.w m ḏb.t ist (oder dessen Haus m dꜣj.w m ḏb.t ist?). Ob damit gemeint sein könnte, dass er mit nichts unterwegs ist als seinem Schurz, der ihm als Kissen dient?
Zusätzlich fragt sich, ob man die Konstruktion auch mit dem jfd m ḏb.t, dem „viereckigen Tuch auf (?) einem Ziegel“, in der Erzählung des pWestcar, Zeile 10,12, 10,20 und 11,3, vergleichen kann, auf den die neugeborenen Kinder gelegt werden. V. M. Lepper, Untersuchungen zu pWestcar. Eine philologische und literaturwissenschaftliche (Neu-)Analyse, Ägyptologische Abhandlungen 70 (Wiesbaden 2008), 126 vermutet dagegen, dass im Fall des pWestcar ein mit einem Laken bedecktes Ziegelbett gemeint ist, und das es die Konstruktion des Bettes spezifisch aus Ziegeln ermöglichen soll, dass Bett und damit die Neugeborenen warm zu halten.
Die Übersetzungen gehen grundsätzlich davon aus, dass der Stoffballen das syntaktische Subjekt / semantische Objekt des gs-Einreibens ist, dass also der Stoffballen mit Sägemehl eingerieben werden und die Frau sich darauf setzen soll. Da der Stoffballen als Rubrum geschrieben ist, wie es in der Mehrheit der Fälle bei syntaktischen Einschnitten der Fall ist (bei mehrteiligen Rezepten etwa bei Beginn des nächsten Behandlungsschrittes), wäre es alternativ auch denkbar, dass er schon die nächste Behandlungsstufe einleitet. Dann könnte man das Rezept auch so verstehen, dass die Frau, genauer: ihre Vulva, direkt eingerieben werden soll und sie danach auf dem Stoffballen Platz nimmt.
Eb 790
Ein anderes (Heilmittel):
Erde (und?) „Die-unter-pdd.w“-Droge1: ∅.
Werde in/mit Honig verfestigt.
Die Unterleibsregion der Frau werde damit gesalbt.
1 pdd.w: Unbekannt. Hapax legomenon. Ebbell 1937, 109 übersetzt kommentarlos „castoreum (?)“ – den Grund könnte man höchstens raten: Eb 790 folgt auf ein Rezept „zum Veranlassen, dass die Gebärmutter/Plazenta einer Frau an ihren Platz hinabsteigt“. Dieses und andere Rezepte begründeten die Vermutung, dass die griechische und mittelalterliche Vorstellung vom „wandernden Uterus“ bereits in Ägypten bekannt war. Dieses Phänomen wurde nun in der Antike bis in die frühe Neuzeit als Auslöser für „Hysterie“ gehalten; und gegen „hysterische Symptome“ wurde wiederum noch im 19. Jh. Castoreum, das Drüsensekret von Bibern, verschrieben (etwa in Boerickes Materia Medica, s. hier: International Academy of Classical Homeopathy). Da pdd.w mit dem „schlechten Paket“, Gardiner Sign-list Aa2, klassifiziert ist, kann es keine Flüssigkeit und keine Pflanze sein; auch ein festes Mineral, ein Same oder eine Frucht sind wenig wahrscheinlich. Vielmehr sind Sekrete und andere zähflüssige Substanzen u.a. mit diesem Klassifikator versehen, was der Identifizierung förderlich gewesen sein mag. Dies ist, wie gesagt, rein geraten; ob Ebbell wirklich diese oder eine andere Begründung vor Augen hatte, ist unbekannt. In jedem Falle wäre sie unbegründbar: Biber hat es in Ägypten nicht gegeben; dass schon die Ägypter die Theorie des wandernden Uterus entwickelt hatten, ist höchst strittig, und dass sie sie mit irgendeiner Art „Hysterie“ verbanden, bislang völlig unbekannt.
Ebbell versteht tꜣ und ẖr.j pdd.w als zwei Drogen; so auch noch Bardinet 1995, 444. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 416 halten das zwar für denkbar, schlägt aber als Alternative eine mehrteilige Verbindung vergleichbar mit der „Erde, die unter dem (Finger-/Zehen-)Nagel eines Mannes ist“ (Eb 775), vor. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 216, Anm. 1 lehnt dann die Möglichkeit, dass es sich um zwei Drogen handelt, gänzlich ab, und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 283 schreiben dann auch: „Erde, die sich befindet unter pddw“. So auch Westendorf 1999, 681. Auf Seite 504 verbindet er mit Verweis auf D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 2. 1978, 2. Auflage (Paris 1998), 78.1544 das pddw mit dem pdw: „Ausfluss“ der Sargtexte, ebenfalls mit Aa2 klassifiziert. Dieses Lemma ist allerdings laut R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden/Boston/Köln 2000), 143 nur ein Fehler für das geläufigere rḏw, so dass die Existenz dieses Wortes pdw fraglich ist.
Eb 791
Ein anderes (Heilmittel):
ḥꜥ.t-Teil der jnj-Droge,1 das im Holz eines Schiffes ist: ∅.
[94,1] Werde in Bodensatz von {vortrefflichem} Bier2 zerrieben. Werde ihr zu trinken gegeben (wörtl.: werde veranlasst, dass sie es trinkt).
1 ḥꜥ.t n.t jnj: Nur hier belegt. Es muss etwas sein, was sich im Holz, d.h. wohl in oder an den Planken, eines Schiffes befindet – aber wohl nicht ausschließlich, denn sonst wäre kein spezifizierender Zusatz nötig. Ebbell 1937, 109 denkt an „oakum-tar (?)“ und in der Gesamtverbindung an „zopissa?“, ein Wachs-Teer-Gemisch, das vom Schiffsrumpf abgekratzt wurde und das in der antiken Medizin Anwendung fand. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 36 halten diese Idee für brauchbar; dennoch geben von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 283 für die Droge keine Übersetzung, ebenso wenig Bardinet 1995, 444. Westendorf 1999, 681 folgt dagegen Ebbells Vermutung auch in der Übersetzung und schreibt „Geharztes/geteertes Werg (?)“. Es fragt sich dennoch, was die Einzelbestandteile bedeuten:
ḥꜥ.t wird mit einem Klassifikator geschrieben, den Stern, in: Ebers 1875, 14b und DZA 26.599.720 als Landzeichen transliterieren, Wreszinski 1913, Wb 3, 40.1 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I dagegen als Seil. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 216, Anm. 1 hält aber das Landstück weiter für möglich. Für ḥꜥ.t mit Landstück gibt es kein Lemma, mit dem man es zusammenbringen könnte; bei einer Transliteration als Seil könnte man immerhin noch den einmal belegten Kerzendocht Wb 3, 39.18 anführen, der nicht mit einem Seil, aber eben mit einem dochtartigen Zeichen klassifiziert ist. Ausgehend nicht von der Schreibung, sondern vom nautischen Kontext, ließe sich noch ein möglicher Zusammenhang mit hꜥ.t: „Masthalterung“ (N. Dürring, Materialien zum Schiffbau im Alten Ägypten, Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo. Ägyptologische Reihe 11 (Berlin 1995), 71) diskutieren.
jnj ist mit der Ligatur aus Krug und Pluralstrichen geschrieben; allerdings ist unklar, ob das der genuine Klassifikator von jnj oder der Gesamtklassifikator der Droge ḥꜥ.t n.t jnj ist. Stern, in: Ebers 1875, 4b dachte an einen Saft; und auch Ebbells Erwägung einer eher flüssigen Droge wird hierauf basieren. Im nautischen Bereich gibt es noch jn(j), das „Tauwerk“ (N. Dürring, Materialien zum Schiffbau im Alten Ägypten, Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo. Ägyptologische Reihe 11 (Berlin 1995), 75), das aber mit einem Seil klassifiziert ist.
2 ḥ(n)q.t ist nachträglich rot durchgestrichen; DZA 26.599.720, H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 47 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 216, Anm. 2 vermuten sicher zu Recht, dass das ein Fehler ist und eigentlich jqr.t gestrichen werden sollte. Tatsächlich ergäbe ein isoliert stehendes jqr.t an dieser Stelle keinen Sinn. Trotzdem schreiben von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 283 „von vorzüglichem Bier“, setzt also die Idee, dass der Schreiber eigentlich das Adjektiv tilgen wollte, nicht um. Weder Ebbell 1937, 109 noch Bardinet 1995, 444 noch Lalanne – Métra 2010, 191 übersetzen, als wäre etwas gestrichen; Lalanne/Metra geben den Tilgungsstrich nicht einmal in ihrer hieroglyphischen Übersetzung der Kolumne auf S. 190 an. Einzig Westendorf 1999, 681 übersetzt „von vorzüglichem (Bier)“ und markiert damit ḥ(n)q.t immerhin als Zusatz. Die hier gewählte Übersetzung stellt nur eine Verkürzung (im Interesse besserer Lesbarkeit) eines tatsächlichen „Werde im Bodensatz von {vortrefflichem} {{Bier}} ⟨Bier⟩ zerrieben.“ dar.
Eb 792
Ein anderes (Heilmittel):
Ocker: 1 (Dosis).
Werde in/mit frischer Myrrhe verfestigt. Werde in ihren Bauchnabel gegeben. Ein gw-Verband (?)1 aus Stoff, durchtränkt mit Myrrhe, werde an dessen Oberseite gegeben.
1 gw: Mit Gardiner Sign-list G37, dem „schlechten Vogel“, klassifiziert; ein Hapax legomenon. L. Stern, Glossarium, in: Ebers 1875, 1–63, hier: 19b übersetzte es, mit Verweis auf koptisches ϭⲟⲟⲩ (ein Ghostword; eigentlich ϭⲟⲟⲩⲛⲉ, vgl. auch seinen darauf folgenden Eintrag), als „saccus“ und brachte es so mit der gleich geschriebenen, nur anders klassifizierten Droge gw (mit Stoffstreifen, Gardiner S 28) zusammen, die er a.a.O. mit koptisch ϭⲟⲟⲩ, ϭⲟⲟⲩⲛⲉ zusammenbrachte und als „saccus, pannus“ übersetzte. Ebers 1889, 156–157 [= interne Seitennummer 24–25] erkannte zwar, dass Sterns ϭⲟⲟⲩ ein Ghostword ist, akzeptierte aber dessen darauf basierende Grundbedeutung „Sack“. Bezüglich der Drogenbezeichnung dachte Ebers aufgrund ihres Kontextes an eine übertragene Bedeutung „Honigwabe“; bezüglich des in Eb 792 vorkommenden Wortes wies er auf den Klassifikator des „schlechten Vogels“ hin, der auf eine Verkleinerung hindeute. Daher sei dort am wahrscheinlichsten an ein Kataplasma oder einen Kräutersack zu denken. Letztere Bedeutung, noch weiter verkleinert zu „Kräutersäckchen“, wird von Joachim 1890, 171 übernommen und findet sich letztlich in Lalannes/Metras „sachet“ wieder (B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 193). Ebbell 1937, 109 bietet dagegen keinen Übersetzungsvorschlag. G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 91 denkt an „un morceau (?)“, vermutlich ebenfalls geleitet von dem Klassifikator G37, aber insgesamt eher geraten. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 912 bringen es, wie Stern und Ebers, mit der Droge gw zusammen, für die sie wegen des Klassifikators eine Bedeutung „Überzung, Decke o.ä.“ vermuten, bieten aber nur die ungefähre kontextuelle Bedeutung „[Verbandmittel]“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 283 übersetzen dann, wieder geleitet durch den Klassifikator, mit: „ein Läppchen“. Sowohl Bardinet 1995, 445 („une étoffe“) als auch Westendorf 1999, 681 („eine Bedeckung“) folgen dem Vorschlag, dieses Substantiv mit der Droge zu verbinden, wählen aber für die Übersetzung eine Basis- und nicht eine Verkleinerungsform.
Insgesamt lässt der Kontext zumindest darauf schließen, dass eine Art Verband gemeint ist, der aus Stoff sein kann, aber auch aus anderen Materialien, da sonst die Spezifizierung n ḥbs unnötig wäre. Weitere Aussagen sind nicht möglich.
Eb 793
Ein anderes (Heilmittel):
šꜣ.w-Exkremente, getrocknet, vom Menschen: ∅.
Werde in Weihrauch gegeben. Die Frau werde damit beräuchert. Werde veranlasst, dass [94,5] der Rauch davon in das Innere ihres „Fleisches“ (d.h. ihrer Vulva) eindringt.
Eb 794
Ein anderes (Heilmittel):
šꜣ.w-Exkremente, getrocknet: ∅, ḥrw.t-Teil des Bieres: ∅.
Die Finger der Frau werden damit eingerieben. Du gibst es folglich auf all ihre Körperteile, (genauer:) an das, an dem sie leidet1.
1 r mn.t=s W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), §§ 313.aa.1 und 317.cc vermutet hierin eine Relativform mit j-Augment, das graphisch als r realisiert worden wäre; eine mögliche Begründung für diese merkwürdige Schreibung sieht er im Zeilenumbruch. Die Schreibung des j-Augments einer Relativform als r kommt auch anderweitig vor, auch wenn es, zumindest später im Neuägyptischen, seltener ist als bei anderen grammatischen Formen, vgl. J. Winand, Études de néo-égyptien. 1. La morphologie verbale, Aegyptiaca Leodiensia 2 (Liège 1992), 376. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 216, Anm. 2 schlagen dagegen vor, das r zu streichen. Anders Ebbell 1937, 109, der eine zweiteilige lokale Adverbiale vermutet: „to all her limbs“ (ḥr ꜥ.wt=s nb.t) „and to her diseased place“ (r mn.t=s). Vgl. ferner Bardinet 1995, 445: „sur chacun de ses endroits du corps (en allant) vers la partie atteinte“.
Eb 795
Ein anderes (Heilmittel) zum Veranlassen, dass der Uterus an seinen Platz hinabsteigt:
Ein Ibis aus Wachs.
Werde auf Holzkohle gelegt. Werde veranlasst, dass der Rauch davon in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) eindringt.
Eb 796, vgl. Eb 788
Erkennen guter Milch:
Ihr Geruch ist wie Zerkleinertes von Erdmandeln. Das ist das Unterscheidungsmerkmal [94,10] bei ihrer Prüfung (wörtl.: des Sie-Prüfens).
Eb 797
Ein anderes (Heilmittel) zum Veranlassen, dass eine Frau niederkommt (wörtl.: auf den Boden gibt):
Polei-Minze (?): ∅.
Werde veranlasst, dass sich die Frau darauf setzt, indem sie entblößt ist.
Eb 798
Ein anderes (Heilmittel) zum Veranlassen, dass all das, was im Bauch einer Frau ist, hinabsteigt:
Scherbe eines neuen Hin-Topfes: ∅.
Werde in Öl/Fett zermahlen. Werde erhitzt. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 799
Ein anderes (Heilmittel):
Dattelsaft, msš1-gemacht: ∅, unterägyptisches Salz: ∅, Öl/Fett: ∅.
Werde gekocht. Werde handwarm (wörtl.: in der Wärme eines Fingers) getrunken.
1 mzš: Westendorf 1999, 682, Anm. 210 verweist auf Kah 17, wo das Verb mit dem Knochen klassifiziert ist, und verbindet es ferner mit zšw: „sich ablösen“, Wb 3, 485.6. Seine Übersetzung des Letzteren mit „vom Knochen ablösen“ suggeriert, das gemeint sei, Fleisch löse sich vom Knochen, weshalb er mzš mit „entkernen“ übersetzt. Aber zšw scheint eher das Lösen der Knochen und Gliedmaßen vom Körper zu bezeichnen, und das zieht nach sich, dass auch Westendorfs Übersetzung von mzš fraglich wird.
Eb 800
Ein anderes (Heilmittel) zum Lösen eines Kindes im Bauch der Frau:
Unterägyptisches Salz: 1 (Dosis), weißer Emmer: [94,15] 1 (Dosis), „weibliche“ sw.t-Binse: 1 (Dosis).
Der Unterleib werde darüber verbunden.
Eb 801
Ein anderes (Heilmittel):
Frischer Senf (?): 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde ausgepresst. Werde über 1 Tag hinweg getrunken.
Eb 802
Ein anderes (Heilmittel):
bsbs-Pflanzen: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), ḥḏ.w-Harz: 1 (Dosis), Starkbier: 1 (Dosis), frischer Senf (?): 1 (Dosis), Propolis (?; wörtl.: Kot einer Fliege): 1 (Dosis).
Werde zu einem Zäpfchen verarbeitet. Werde in ihre Vulva gegeben.
Eb 803
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
Der Bauch werde damit (?) eingerieben (?).1
1 Fast durchgängig übersetzt wie hier. Üblicherweise wird „salben mit“ aber durch wrḥ jm ausgedrückt, nicht durch wrḥ ḥr=f/s. Daher vermuten von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 212, Anm. 1, dass wrḥ vielleicht in wt zu emendieren ist und man „werde darüber/damit verbunden“ lesen sollte. Für diese Lösung entscheidet sich dann Westendorf 1999, 682.
Eb 804
Ein anderes (Heilmittel):
Polei-Minze (?): 1 (Dosis), qsn.tj-Mineral: 1 (Dosis), Wein: 1 (Dosis).
Werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg getrunken.
Eb 805
Ein anderes (Heilmittel):
Wüstendatteln (?): 1 (Dosis), Starkbier: 1 (Dosis).
Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 806
Ein anderes (Heilmittel):
[94,20] Beeren vom Stech-Wacholder: 1 (Dosis), Polei-Minze (?): 1 (Dosis), Koniferenharz: 1 (Dosis).
Werde zu einem Zäpfchen verarbeitet. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegeben.
Eb 807
Ein anderes (Heilmittel):
Innerei (?)1 einer Schildkröte: 1 (Dosis), ḥkwn-Käfer: 1 (Dosis), sfṯ-Öl: 1 (Dosis), Starkbier: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen. Werde darüber verbunden.
1 njs: Unbekannt. Mit einem Fisch klassifiziert. (1) Ohne Übersetzung bleibt das Wort in Wb 2, 205.7; bei Ebbell 1937, 110; H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 296; von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 279; Bardinet 1995, 446; Lalanne – Métra 2010, 193. (2) Stern, in: Ebers 1875, 27b erwägt: „an putamen testudinis?“, d.h. eine Bezeichnung für den Schildkrötenpanzer. Dazu tendiert wieder G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 107 mit Anm. 1. Das ist ihm möglich, weil er pꜣq.yt, was meist als Bezeichnung des Schildkrötenpanzers verstanden wird, nur als einzelne „écaille“ des Panzers versteht. (3) Joachim 1890, 173 vermutet eher den „Schwanz (?)“, was sich zumindest leichter mit dem Klassifikator vereinbaren ließe als der Panzer. Allerdings ist weder die Grundlage für seine Idee bekannt, noch scheint sie von anderen übernommen worden zu sein. (4) F. Jonckheere, Prescriptions médicales sur ostraca hiératiques, in: Chronique d’Égypte 29 (57), 1954, 46–61, hier: 55 mit Anm. 6 schlägt vor, njs mit dem Dual njs.wj (d.h. jns.wj): „Hoden“ zusammenzubringen (ähnlich B. van de Walle, La tortue dans la religion et la magie égyptiennes, in: La Nouvelle Clio 5, 1953, 173–189, hier: 175, Anm. 1 [non vidi, s. G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 107, Anm. 1]). Dieser Vorschlag wird von Lefebvre, ebd. und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 296 abgelehnt. (5) Westendorf 1999, 683 bietet schließlich eine weitere Theorie: Er vermutet eine Schreibung für das ꜣjs-Gehirn.
Eb 808–839: Zweiter gynäkologischer Abschnitt
Eb 808–811: Heilmittel für die Brust
Eb 808
[95,1] Anfang der Heilmittel zum Verhindern (wörtl.: Nicht-Zulassen), dass die Brüste1 (einer Frau) herabsinken:
Sie werden im Blut einer (Frau) gebadet, deren Menstruationsblut zu seinem ersten Mal kommt.2
Ihr Bauch und ihre Oberschenkel werden damit eingerieben.
Ein Überquellen3 (der Muttermilch) kann (so) an ihr nicht geschehen.
1 bn.tj: Von Wb 1, 458.1 als eigenes Lemma „weibl. Geschlechtsteil?“ aufgenommen. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 57–59 lehnt dies ab, denn das einzige Geschlechtsteil, dessen „hinabsteigen“ verhindert werden solle, sei der Uterus, und dies ist bereits abgehandelt worden. Er vermutet eher eine Bezeichnung für eine Fehlgeburt. Als Argumente dient ihm: Eb 808 soll dem letzten Satz zufolge gs.w verhindern; und dieses Wort ist mal wie Krankheiten und Zähflüssiges mit Aa2 klassifiziert, mal wie Körperteile mit dem Fleischstück und mal wie Ausgespienes/Auszuspeiendes mit dem speienden Mund. Die sich dadurch ergebenden Charakteristika von gs.w sieht er am besten auf eine Fehlgeburt zutreffen, wodurch bn.tj wohl der allgemeine Terminus dafür sein müsse. Die Doppelsetzung des Klassifikators erklärt er als scheinbaren Dual im Sinne von A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 77.1. Er fragt, ob das Wort irgendwie mit bnd, Wb 1, 465.1 zusammenhängen könnte, das vielleicht eine Fehlgeburt bezeichnen könnte. Seine Interpretation stützt er ferner dadurch, dass er bꜥbꜥ als attributives Partizip auffasst: „(bntj), welches sie mit Blut überschwemmt“, was auf die starke Blutung bei einer Fehlgeburt hinweisen könnte. So übersetzt er dann auch in Ebbell 1937, 110: „a miscarriage (...) that which overflows her with blood“. Schon G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 101, Anm. 1 empfindet diese Interpretation als „audace excessive“; und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 248 und VII.2, 930 lehnen diese Interpretation gänzlich ab. Vielmehr sehen H. von Deines – W. Westendorf bn.tj nur als ungewöhnlich klassifizierten Beleg für die Brust (diese Vermutung schon auf DZA 22.900.390), zumal Eb 808 eine kleine Gruppe von Rezepten für die weibliche Brust einleitet, die in den Folgerezepten eindeutig mnḏ geschrieben ist. Das Wort gs.w versteht es ferner als „Überquellen“ und versteht Eb 808 als Rezept gegen ein Übermaß an Milchfluss und ein dadurch hervorgerufenes Herabsinken der Brüste. Dazu passen alle Klassifikatoren von gs.w inklusive dem Fleischstück. Als Parallel auf die Klassifizierung von Flüssigkeiten mit einem Fleischstück verweisen H. von Deines – W. Westendorf auf die Klassifizierung von mwy.t: „Harn“ in Bln 183. Außerdem schlagen H. von Deines – W. Westendorf vor, Wreszinskis Arm mit Spitzbrot (das schon dieser mit Fragezeichen versah [Wreszinski 1913]) eher als n zu lesen. Demzufolge muss n jwi̯ noch an snf angeschlossen werden und kann nicht, wie von Ebbell angenommen, der Beginn der Behandlungsanweisung sein („let her menstruation come“).
2 Die Behandlung einer Frau, die an übermäßigem Milchfluss leidet, durch Menstruationsblut interpretieren H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 930 als Methode contraria contrariis curantur: Da eine menstruierende Frau normalerweise keine Muttermilch bildet, wäre ihr Blut gegen (Übermaß an) Muttermilch geeignet.
3 gs.w: Wb 5, 203. 7 legt sicht nicht fest: „eine (äusserliche) Krankheit oder Krankheitserscheinung der Frauen)“. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 57–59 versteht es als Bezeichnung einer Fehlgeburt, da es mal wie Krankheiten und Zähflüssiges mit Aa2 klassifiziert ist, mal wie Körperteile mit dem Fleischstück und mal wie Ausgespienes/Auszuspeiendes mit dem speienden Mund – die sich dadurch ergebenden Charakteristika würden am besten auf eine Fehlgeburt zutreffen. Er verweist ferner auf das hebräische גּזה, das in Ps. 71, 6 „von der Lösung der Frucht von dem mütterlichen Schosse“ gebraucht sei, mit dem er einen möglichen Zusammenhang erwägt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 248 und VII. 2, 930 lehnen Ebbells Interpretation ab und verweist darauf, dass die Rezepte Eb 808 und 809 eine Gruppe von Rezepten für die weibliche Brust einleiten (vgl. auch den Kommentar zu bn.tj von Eb 808), und versteht gs.w daher eher als „Überquellen“, d.h. ein Übermaß an Milchfluss. Dazu passen alle Klassifikatoren von gs.w, inklusive dem Fleischstück, wozu H. von Deines – W. Westendorf auf die Klassifizierung von mwy.t: „Harn“ mit dem Fleischstück in Bln 183 als Parallele verweisen.
Eb 809
Ein anderes (Heilmittel) zum Verhindern (wörtl.: Nicht-Zulassen), dass bei einer jungen Frau (oder: einer Amme?)1 ein Überquellen (der Muttermilch) 〈vorkommt〉:
Leber einer Schwalbe, getrocknet: ∅.
Werde in gegorenem Pflanzenbrei zerstoßen. Werde der Frau an ihre Brüste gegeben, [95,5] an ihren Bauch, an all ihre Körperteile, (überall, wo) das Überquellen entsteht.
1 rwn.t: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 58 war sich unsicher, ob das erste Zeichen des Wortes Gardiner Sign-list V19 oder V20 (mḏw.t: „Tiefe“, mḏ.t: „Stall“) oder V36 (ḥn: „Büchse”, ḥn.t: „Kanal“) sei, „in jedem Falle“ seien aber damit „die inneren Geschlechtsorgane der Frau“ gemeint, die das gs.w nicht zurückhalten sollen. Wie H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 1022 richtig schreiben, weist aber der Klassifikator eindeutig darauf hin, dass eine Frau und nicht ein Körperteil gemeint sein muss. Zur Lesung rwn.t vgl. J. J. Clère, La lecture de la fraction „deux tiers“ en égyptien, in: Archív Orientální 20, 1952, 629–641, spez. 638–639, der weitere vergleichbare Schreibungen aufführt. Ihm zufolge ist das erste Zeichen auf die Schreibung der Bruchzahl „2/3“ (rwy, d.h. eigentlich rʾ.wj) zurückzuführen. H. von Deines – W. Westendorf schlagen vor, dass hier die Amme gemeint ist (d.h. es liege eigentlich das Lemma rnn.t vor).
Eb 810 = Bln 17, pLouvre E 32847, Rto. x+10,5–6
Ein anderes Heilmittel für eine Brust, die krank ist:
ḥtm-Mineral: 1 (Dosis), Galle eines Rindes: 1 (Dosis), Propolis (?; wörtl.: Kot einer Fliege): 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Die Brust werde damit über 4 Tage hinweg gesalbt.
Eb 811 = pLouvre E 32847, Rto. x+10,6–11
Beschwörung einer (kranken) Brust:
Diese (Brüste) sind (jetzt) die Brust, an der Isis in Chemmis litt, als sie Schu und Tefnut gebar.
Was sie (d.h. Isis) für sie (d.h. ihre Brüste) vollzog, war deren Beschwörung mit Riedgras, mit einer Knospe (?) des snb-Papyrus, mit einem Sprössling (?)1 der sw.t-Binse, (und) mit dem „Haar“ [95,10] ihres jb.t-Pflanzenteils2, was (allesamt) gebracht wurde, um die Einwirkung eines Untoten und einer Untoten, usw., zu beseitigen.
Werde zu einem links(gedrehten) Faserbausch verarbeitet. Werde an die Einwirkungsstelle des Untoten oder der Untoten gegeben (mit den Worten):
„Verursache keine Ausscheidung! Verursache kein ‚Kauen‘! Verursache kein(en) Blut(austritt)! Verhüte, dass Verschleierung3 an den Menschen entsteht!“
(Diese) Worte (sind) zu sprechen über dem Riedgras, über der Knospe (?) des snb-Papyrus, dem Sprössling (?) der sw.t-Binse (und) dem „Haar“ des Kopfes ihres jb.t-Pflanzenteils.
Werde nach links {geöffnet} 〈zusammengedreht〉. Werde zu 7 Knoten verarbeitet. Werde daran gegeben.
1 šn.t: Borghouts und Bardinet 1995 interpretieren es als Verb, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 als Substantiv.
2 jb.t: Nur in Eb 811 als Teil der sw.t-Binse genannt. G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 99 denkt an „étamines“, d.h. die Staubblätter, alle anderen geben keine Übersetzungsvorschläge an. Ob vielleicht irgendwie verwandt mit der jb.w-Pflanze, von der ebenfalls das „Haar“ verwendet werden kann?
3 ḥꜣtj: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 584–585 sehen hierin die ḥꜣtj-Augenkrankheit, kann aber keinen Zusammenhang mit der kranken Brust erkennen und vermutet allenfalls eine Nebenerscheinung. Das Wort ist in Eb 811 aber nicht mit dem Auge klassifiziert wie in Eb 384 und 415, und nicht mit dem Himmel mit Regen, wie in Eb 384, 415 und 339, sondern mit der einfachen Himmelshieroglyphe. Daher sind Zweifel angebracht, ob tatsächlich diese Augenkrankheit gemeint ist und nicht irgendein anderes Phänomen.
Eb 812–837: Heilmitte für den Gebärmuttertrakt
Eb 812
[95,15] Heilmittel zum Beseitigen von Sekret im Uterus:
gꜣb.t-Blätter vom „Stechholz“: ∅.
Werde mit Bodensatz von vortrefflichem Bier getrocknet. Werde an ihren Leistenbereich (?) und ihre Unterleibsregion gegeben.
Eb 813
Ein anderes (Heilmittel) für das, was im Uterus frisst (und) was Abszesse in ihrer Vagina entstehen lässt:
Frische Datteln: 1 (Dosis), ḥkn.w-Droge: 1 (Dosis), Kalk (?) vom Uferrand (?): ∅.
Werde in Wasser zerstoßen; werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 814
Ein anderes (Heilmittel):
Frische Datteln: 1 (Dosis), Innerei (?) eines Schweins: 1 (Dosis), qsn.tj-Mineral: 1 (Dosis), Wasser: ∅1.
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
1 mw ∅: Westendorf 1999, 684 ergänzt hier keine „1“, während er es im vorigen Rezept tut.
Eb 815
Ein anderes (Heilmittel), etwas, was bezüglich der „schlimmen Krankheit“ zu tun ist:
Kuhmilch, [95,20] gekocht: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), qsn.tj-Mineral: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse zermahlen; werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Das (dient der) Kühlung.
Eb 816
Ein anderes (Heilmittel):
Frische Datteln: 1 (Dosis), weißes Öl: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis), Wasser: ∅1.
(Werde) ebenso (verfahren).
1 mw ∅: Wie in Eb 814 ergänzt Westendorf 1999, 684 keine „1“, wohingegen er in Eb 813 bei einer anderen Droge als Wasser den Einerstrich ergänzt.
Eb 817
Ein anderes (Heilmittel) für diejenige, an deren Schamlippen (wörtl.: den Lippen/Rändern ihrer Vagina) eine Krankheit entstanden ist:
ḥḏ.w-Harz: 1 (Dosis), Ocker: 1 (Dosis), [96,1] nḥd.t-Myrrhe: 1 (Dosis), Weihrauch: 1 (Dosis), Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Rückenmark eines Rindes: 1 (Dosis), ḥnj-tꜣ-Pflanzen (oder: ḥnj-Pflanzen des Landes): 1 (Dosis), Wasser: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 818
Ein anderes (Heilmittel) für das qmj.t-Leiden1 im Uterus, wenn Abszesse in ihrer Vagina entstehen:
ḫpr-wr-Pflanzen: 1 (Dosis), zerstoßen in Wasser, Weihrauch: 1 (Dosis), qsn.tj-Mineral: 1 (Dosis).
Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
1 qmj.t: Meist als Substantiv interpretiert. Westendorf 1999, 685 mit Anm. 215 denkt dagegen an ein passives Partizip. Es fragt sich allerdings, von welchem Verb dieses Partizip abgeleitet sein sollte.
Eb 819
Ein anderes (Heilmittel):
Erdmandeln: 1/8 (Dja), frische Datteln: 1/8 (Dja), Blätter der Dornakazie: 1/8 (Dja), qsn.tj-Mineral: 1/32 (Dja), [96,5] Wasser: 1/64 (Oipe = 1 Dja), Eselsmilch: ∅1.
Werde nachts dem Tau ausgesetzt. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
1 jrṯ.t (j)ꜥꜣ: Die Maßangabe fehlt.
Eb 820
Ein anderes (Heilmittel) zum Kühlen des Uterus und Beseitigen seiner Hitze:
mjmj-Getreide, zermahlen: ∅, gw-Gras, in Öl/Fett zermahlen: ∅.
Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Das (dient dem) Zusammenziehen1 des Uterus.
1 sꜣq: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 712 vermuten in dem sꜣq von Eb 820, 821 und 822 ein Substantiv „Zusammenziehung“, vielleicht „eine besondere Form des Verbalnomens“. Diese Vermutung begründet sich in der Schreibung mit w-Schleife und Pluralstrichen in Eb 821 und 822, vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 293. Westendorf gibt aber ebd. zu, dass eine Trennung dieser Form vom Infinitiv nicht unproblematisch ist.
Eb 821
Ein anderes (Heilmittel):
šmšm.t-Pflanzen: ∅.
Werde in Honig zermahlen. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Das (dient dem) Zusammenziehen (des Uterus).
Eb 822
Ein anderes (Heilmittel):
Weihrauch: ∅, Sellerie: ∅.
Werde in Kuhmilch fein zermahlen. Werde durch Tücher geseiht (?)1. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Das (dient dem) Zusammenziehen (des Uterus).
1 skp: Hapax legomenon. Stern, in: Ebers 1875, 39a vermutete „involvere“, d.h. „einwickeln, bedecken“ o.ä., sicher v.a. aufgrund der Adverbiale m ḥbs.w, aber vielleicht auch aufgrund einer möglichen Nähe zu skꜣp (s.u.). DZA 29.656.860 erwog dagegen „durch ein Tuch pressen o.ä.“, und DZA 29.656.870 „durch ein Tuch durchseihen (? wringen)“. Im fertigen Wörterbuch entschied man sich dann für „durchseihen“ (Wb 4, 317.1). Für diese Vorgänge gibt es in den medizinischen Texten noch andere Wörter, nämlich ꜥtḫ und gelegentlich auch sẖꜣk. Es ist anzunehmen, dass diese Verben unterschiedliche Konnotationen haben. ꜥtḫ wird mit Vorgängen der Bierherstellung verglichen, weshalb es naheliegt, hierin eher ein „durchpressen“ oder „auspressen“ zu sehen. Die genaue Bedeutung von sẖꜣk und der Unterschied zu skp lässt sich nicht feststellen. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 808, Anm. 1 erwägen einen Zusammenhang mit skꜣp: „bedecken“ in dem Sinne, dass die Drogen (in einem Gefäß) mit einem Tuch bedeckt und dann abgegossen werden. Sollte dies zutreffen, wäre „durchseihen“ einem „durchpressen“, „exprimer“ (Bardinet 1995) vorzuziehen.
Eb 823
Ein anderes (Heilmittel) zum Zusammenziehen [96,10] des Uterus:
ḫpr-wr-Pflanzen: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis), Saft vom Johannisbrot: 1 (Dosis), Milch: 1 (Dosis).
Werde ausgepresst; werde gegeben 〈in ...〉 (?).1 Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
1 Ebbell 1937, 112, Bardinet 1995, 449 und Westendorf 1999, 686 gehen von einem final-subjunktivischen rḏi̯ wdḥ: „werde veranlasst, dass gegossen wird“ aus. Die übliche Formel lautet aber nur: wdḥ: „werde gegossen“. Schon Wreszinski 1913, 198 hat das rḏi̯ daher mit einem „sic“ versehen. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 214, Anm. 2 haben vorgeschlagen, rḏi̯ zu streichen, und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 280 haben entsprechend übersetzt – ebenso schon G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 92. Anstatt rḏi̯ zu streichen, liegt es jedoch näher, davon auszugehen, dass rḏi̯ eine weitere Verarbeitungsanweisung einleiten sollte, die beim Zeilenwechsel vergessen wurde hinzuschreiben.
Eb 824
Ein anderes (Heilmittel):
Wasser der mstꜣ-Flüssigkeit: ∅.
Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 825
Ein anderes (Heilmittel):
Saft der nšꜣ-Wasserpflanze: ∅.
Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 826
Ein anderes (Heilmittel):
Saft der qtqt.w-Früchte (?): ∅.
Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 827
Ein anderes (Heilmittel):
Saft der Polei-Minze (?): ∅.
Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 828
Heilmittel zum Herausziehen des Blutes einer Frau (d.h. die Menstruation einer Frau beenden):
Zwiebeln/Knoblauch: 1 (Dosis), Wein: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 829
Ein anderes (Heilmittel):
Blätter der Dornakazie: 1 (Dosis), Olivenöl: 1 (Dosis), Öl/Fett, getrocknet: 1 (Dosis), „Schafsmelone“: 1 (Dosis), [96,15] Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: 1 (Dosis), Honig: 1 (Dosis).
Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 830
Ein anderes (Heilmittel):
bsbs-Pflanzen: 1/8 (Dja), Honig: 1/8 (Dja), mhwj-Milchfett: ein halbes Dja (?), süßes Bier: 1/64 (Oipe = 1 Dja).
Werde über 4 Tage hinweg in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
Eb 831
[Eb 831a] Wenn du eine Frau untersuchst, der etwas wie Wasser abgegangen war, dessen Ende wie gebackenes Blut war, [Eb 831b] sagst du folglich dazu:
„Das ist eine Kratzwunde auf ihrem Uterus.“
[Eb 831c] (Und) du bereitest ihr folglich Nilerde des Wasserholers (?): ∅; werde mit Honig und mit Bleiglanz zerstoßen; ein Streifen (?) aus feinstem Leinen werde damit gesalbt.
Werde [96,20] über 4 Tage hinweg in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegeben.
Eb 832
[Eb 832a] Wenn du eine Frau untersuchst, die an einer Seite ihrer Unterleibsregion leidet, [Eb 832b] sagst du folglich dazu:
„Das (zeigt) die Beendigung/den Ausfall ihrer Regelmäßigkeit durch ihre Menstruation (an).“
Nachdem sie sich zeigt, [Eb 832c] bereitest du ihr folglich [97,1] Zwiebeln/Knoblauch, zermalmt: ∅, Maische: ∅, Sägemehl der ꜥš-Konifere: ∅.
Die Unterleibsregion werde darüber verbunden.
Eb 833
[Eb 833a] Wenn du eine Frau untersuchst, die viele Jahre verlebt hat, ohne dass ihr ihre Menstruation gekommen ist, und das, indem sie etwas erbricht wie Trinkwasser und ihr Bauch wie etwas unter einem Feuer ist, das aufhört,1 nachdem sie erbrochen hat, [Eb 833b] sagst du folglich dazu:
„Das ist eine Anhebung von Blut auf ihrem Uterus, wenn er schmerzhaft geworden ist (oder: wenn er beschworen wurde)2 ---, [97,5] nachdem sie beschlafen wurde (?)3.
[Eb 833c] Du bereitest ihr folglich Beeren vom Stech-Wacholder: 1/32 (Dja), Kreuzkümmel: 1/64 (Dja), Weihrauch: 1/64 (Dja), Erdmandeln: 1/16 (Dja).
(Und) du stellst folglich 1/44 (Oipe = 16 Dja) Kuhmilch aufs Feuer zusammen mit Knochenmark vom Unterschenkel.
(Die davor genannten Drogen) werden in diese Milch gegeben. Davon werde über 4 Tage hinweg getrunken.
1 grḥ=s: Ebbell 1937, 112 bezog das Suffixpronomen auf die Frau („she is relieved“), die anderen Übersetzer auf das zuvor genannte Feuer.
2 ḫft šn.t=s: Joachim 1890, 177–178 beginnt mit ḫft einen neuen Satz mit aktivischem sḏm=f: „Sobald sie ihre Beschwörung gesprochen (...) hat“. Auch DZA 29.916.810 beginnt mit ḫft einen neuen Satz, aber mit passivischem sḏm=f oder einem Infinitiv: „Wenn sie beschworen wird (?)“. Dementsprechend auch Ebbell 1937, 113: „When conjuring her“. Satzeinleitendes ḫft kommt aber nicht vor. Daher wird hier mit Bardinet 1995 und Westendorf 1999 in ḫft šn.t=s eine adverbiale Bestimmung des Vorangegangenen interpretiert.
Unklar ist, wie šn.t zu interpretieren ist. Die meisten Bearbeiter gehen vom Verb šni̯: „beschwören“ aus. Dessen syntaktische Form wird aber unterschiedlich aufgefasst. Auszuschließen ist Joachims aktivische Übersetzung. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 855 geben als Alternativen eine Deutung als Infinitiv und als sḏm.tw=f, wobei Ersteres wahrscheinlicher ist. Neben einer verbalen Interpretation ist es allerdings ebenso möglich, dass das Substantiv šn.t: „Beschwörung“ vorliegt; die Übersetzung wäre in beiden Fällen nahezu identisch: „nach dem Sie-Beschwören“ (Infinitiv) vs. „nach ihrer (d.h. der sie treffenden) Beschwörung“ (Substantiv). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 206, Anm. 2 noch erwägen, dass gar nicht šni̯: „beschwören“, sondern šni̯: „leiden, Schmerz empfinden“ vorliegt; dieser Vorschlag auch bei Westendorf 1999, 687, Anm. 217, der als dritte Alternative auch noch šnṯ: „streiten, widerstreben, ablehen“ vorschlägt.
Die syntaktische Analyse und die Übersetzung werden durch den anschließenden Freiraum (eine beabsichtigte Freilassung und keine „lacuna in the papyrus“, wie Ebbell 1937, 113, Anm. 1 missverständlich schreibt) erschwert. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 206, Anm. 1 überlegen, ob dieser Freiraum den Wortlaut der Beschwörung andeuten soll, ohne ihn wirklich zu nennen. Westendorf 1999, 687, Anm. 217 erwägt „die Folgen eines Liebeszaubers“. Nimmt man statt šni̯: „beschwören“ eines der anderen beiden von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999 vorgeschlagenen Verben an, wäre der Freiraum noch schwerer zu erklären.
3 sḏr.t: Auch hier erschwert der Freiraum die Erklärung des syntaktischen Anschlusses und damit die Übersetzung. Während das Wort meist aufgrund dieser Schwierigkeit weggelassen wird (Joachim 1890, Ebbell 1937, Bardinet 1995, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I), denkt Wb an ein Substantiv (DZA 29.916.810 und Wb 4, 392.15, vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 832 und J. Osing, Die Nominalbildung des Ägyptischen, Sonderschrift des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo 3 (Mainz 1976), 586, Anm. 511). von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, Anm. 1 sind unsicher, ob ein Verb oder Substantiv vorliegt; ebenso Westendorf 1999, 687 mit Anm. 218, der aber entgegen dem Wb eher zu einem Verb, konkret: einem Stativ tendiert: „als sie beschlafen wurde“.
4 1/4: Die Maßangabe ist nicht rubriziert.
Eb 834
Ein anderes Heilmittel für das Schneiden der Hitze am Uterus1:
Innerei (?) eines Langhornrindes: 1 (Dosis), qsn.tj-Mineral: 1 (Dosis), Öl/Fett: 1 (Dosis).
Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Werde in ihr „Fleisch“ (d.h. ihre Vulva) gegossen.
1 jd.t wurde zuerst logographisch geschrieben und die phonetischen Komplemente wurden später davor nachgetragen.
Eb 835
Ein anderes (Heilmittel), etwas, was zu tun ist bezüglich dessen, was in den njḏw-Körperteil1 eintritt:
Früchte/Samen der ḫnš-Pflanze, getrocknet: ∅.
Werde fein zermahlen. Werde darauf gegeben.
1 njḏw: Hapax legomenon; unbekannt. Üblicherweise so gelesen. Eine alternative Worttrennung in ꜥq.t n jḏw hatte Wb noch für möglich gehalten, vgl. DZA 22.007.540, worauf die vorliegende Stelle als Beleg für ꜥq n: „eintreten in“ (Wb 1, 230. 16–18) abgelegt wurde; am Ende wurde es aber als Lemma njḏw, Wb 2, 206.2 aufgenommen. Die Abtrennung n jḏw halten H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 447 für „[d]enkbar, aber unwahrscheinlich“. Es verbindet das Wort mit der Droge njḏw, die in Ram IV C 7 in zerstörtem Kontext auftaucht.
Stern, in: Ebers 1875, 27a bringt es mit koptisch ⲛⲉϫⲓ, ⲛⲏϫⲓ, ⲛⲏϭⲉ: „venter, uterus“ zusammen. Dieses koptische Wort verbindet W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 153 allerdings mit dem singulär belegten ngꜣ.y des ramessidischen oTurin Cat. 9572, Zeile 2. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 24–25 denkt an Hämorrhoiden, weil es nach der Applikationsanweisung von Eb 835 („werde darauf getan“) etwas Äußeres sein muss und das njd-Phänomen der Zaubersprüche für Mutter und Kind, das er damit verbindet, in der Nähe des Afters lokalisiert ist. Dazu passen s.E. die Klassifikation als Körperteil (njḏw) bzw. Krankheit (njd) und der Umstand, dass es heraustreten kann und wieder „eintreten muss“ (ein Argument, das nur funktioniert, wenn man, wie er, r ꜥq.t als r sḏm.t=f liest). Weder H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959) noch Westendorf 1999 oder Bardinet 1995 scheinen von dieser Interpretation überzeugt zu sein. Wenn es tatsächlich mit der Droge der Ramesseumspapyri zusammenhängt, wie H. von Deines – W. Westendorf überlegen, liegt ein Körperteil näher.
Eb 836
[97,10] (Hervor)bringen der Milch einer Amme, die ein Kind ernährt:
Rückgrat eines Nilbarsches: ∅.
Werde vollständig mit Öl/Fett ausgekocht. Ihr Rückgrat werde damit gesalbt.
Eb 837
Ein anderes (Heilmittel):
ḫnm.t-Teig/Brot1 aus Gerste, gegoren: ∅.
Sein/ihr2 Feuer soll mit ḫsꜣ.w-Pflanzen bereitet werden3. Werde von der Frau gegessen, (wobei) ihre Beine in njnj-Art (???)4 sind.5
1 ḫnm.t: Hapax legomenon; es wird sich, wie die Angabe n.t jt: „aus Gerste“ zeigt, um eine Art Brei oder Teig (Westendorf 1999, 688) oder ein Brot handeln (Stern, in: Ebers 1875, 60b). Die Entscheidung, ob man hierin einen (scil.: ungebackenen) Teig oder ein (scil.: gebackenes) Brot sieht, hängt davon ab, ob man das im folgenden Satz genannte Feuer als Zubereitungsart auf ḫnm.t bezieht, oder ob man darin eine andere, unabhängige Behandlungsweise sieht.
2 ḫ.t=s: Das Bezugswort des Suffixpronomens ist umstritten: Die ḫnm.t-Droge (Ebbell 1937, 113, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 285, Bardinet 1995, 450), der hier nicht explizit genannte kranke Körperteil (Joachim 1890, 178) oder die Patientin (Westendorf 1999, 688).
3 jri̯ ꜥ n: Für die Bedeutung „etwas bereiten“ vgl. H.-W. Fischer-Elfert, Die satirische Streitschrift des Papyrus Anastasi I. Übersetzung und Kommentar, Ägyptologische Abhandlungen 44 (Wiesbaden 1986), 205, Anm. d, wenn auch dort für die Konstruktion jri̯ ꜥ n + Infintiv.
4 njnj: W. Westendorf, Die Nini-Begrüßung, in: U. Verhoeven – E. Graefe (Hrsg.), Religion und Philosophie im Alten Ägypten. Festgabe für Philippe Derchain zu seinem 65. Geburtstag am 24. Juli 1991, Orientalia Lovaniensia Analecta 39 (Leuven 1991), 351–362, hier: 355–356 verbindet das Wort mit der Wortfamilie njnj, die eine Bewegung ausdrücke. Die Beschreibung m njnj setzt er mit Anweisungen parallel, nach denen eine Frau zur Anwendung des Räuchermittels die Beine spreizen soll, damit der Rauch in ihre Vulva eindringen kann, und kommt so zur Grundbedeutung „ausbreiten, spreizen“ für das Verb njnj dieser Wortfamilie. Diese Interpretation setzt aber voraus, dass er das Suffixpronomen von ḫ.t=s im zweiten Satz des Rezeptes als Genitivus objectivus auf die Patientin bezieht. Nur unter dieser Prämisse können das Brot und das Feuer zwei verschiedene Teile der Behandlung sein, kann die Frau das Brot essen und sich vom Feuer beräuchern lassen. Wenn man, wie Ebbell 1937, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Bardinet 1995, dieses Suffixpronomen auf den Teig / das Brot bezieht, wird mit dem Satz jri̯ ꜥ n ḫ.t=s m ḫsꜣ.w nur die Zubereitung des Brotes beschrieben und kein Räuchermittel. Tatsächlich bestehen gewissen Zweifel an Westendorfs These, da sie eine Verschränkung zweier Zubereitungsanweisungen und zweier Verabreichungsanweisungen voraussetzt (abAB), während sonst in mehrteiligen Rezepten eher eine Aufeinanderfolge aAbB... anzutreffen ist.
5 Das Ende der Zeile, etwa fünf Zeichengruppen lang, ist freigeblieben. Das ist umso auffälliger, als das nächste Rezept erneut mit einem Rubrum beginnt und das initiale ky am Anfang der Zeile schwarz ist. Normalerweise ist aber im pEbers der gesamte Rezeptanfang rot gesetzt; das erste Wort wird nur dann schwarz geschrieben, wenn das unmittelbar vorangegange Rezept bzw. der vorangegangene Spruch seinerseits mit einem Rubrum endet. In solchen Fällen dient gerade die Schwarzschreibung als Hervorhebung, in dem Fall: eines Textanfangs. Jedoch endet Eb 837 nicht mit einem Rubrum, und da Eb 383 zudem noch in einer neuen Zeile beginnt, ist der Zeilenumbruch dermaßen deutlich, dass der Rezeptanfang auch bei einem rot geschriebenen ky ohne weiteres erkennbar gewesen wäre. Daher ist es gut denkbar, dass Eb 387 unvollständig ist und ursprünglich möglicherweise mit einem kurzen Rubrum endete. Es gibt mehrere Optionen, warum dieses nicht vorhanden ist:
(1) Die Vorlage war an dieser Stelle vollständig oder zum Teil zerstört. Vgl. Eb 755, wo der Schreiber diesen Umstand mit gmi̯ wš: „leer gefunden“ festhielt.
(2) Der Schreiber hat absichtlich etwas unterschlagen, aber zumindest die Existenz dieser ausgelassenen Passage andeuten wollen. Vgl. dazu den Kommentar zum freigelassenen Zeilenende in Eb 833, nur acht Zeilen über der hier diskutierten Passage.
(3) Da die Kolumne heute Kriegsverlust ist und somit das Original nicht mehr geprüft werden kann, könnte theoretisch auch der Verdacht aufkommen, dass diese Passage bei der Erstellung von Georg Ebers’ lithographischem Faksimile vergessen oder aufgrund eines technischen Fehlers nicht gedruckt wurde. Jedoch zeigen auch die Transliteration von Wreszinski sowie diejenige des Wörterbuches (DZA 50.004.300) diese Lücke. Zudem ist das Faksimile äußerst sorgfältig erstellt und in den noch nachprüfbaren Kolumnen war nur ein einziges Zeichen übersehen worden, nämlich die Glosse nfr: „Gut!“ im Kolumnenraum vor Eb 198.
Eb 838–839: Prognosen für ein Neugeborenes
Eb 838
Ein anderes Erkennungszeichen für ein Kind am Tag, (an dem) es geboren wird:
Wenn es „ny“ sagt, bedeutet es, dass es leben wird.
Wenn es „mbj“ sagt, bedeutet es, dass es sterben wird.
Eb 839
Ein anderes Erkennungszeichen:
Wenn seine ächzende Stimme gehört wird (oder: seine brüchige Stimme; oder: seine Stimme, indem sie laut ist; oder: seine Stimme, indem (sie) nicht ruft)1, bedeutet es, dass es sterben wird.
[97,15] Wenn es mit seinem Gesicht nach unten zeigt, bedeutet es ebenfalls, dass es sterben wird.
1 ((n))ꜥš: Das n ist über der Zeile nachgetragen, so dass ursprünglich nur ꜥš dastand; das Verb ist mit dem „schlechten Paket“, Gardiner Aa2, und dem Mann mit Hand am Mund geschrieben. Im Wb 1, 227.18 ist es als ꜥš aufgenommen worden, ebenso in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 154; in beiden Fällen ist also stillschweigend das nachträglich hinzugefügte n als fehlerhaft verstanden oder als Genitiv-Nisbe interpretiert worden. Das schlechte Paket scheint zunächst dagegen zu sprechen, dass es sich um das Verb ꜥš: „rufen“ handelt. K. Sethe, Zur ältesten Geschichte des ägyptischen Seeverkehrs mit Byblos und dem Libanongebiet, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 45, 1908–1909, 7 – 14, hier: 11–12 verband es daher mit dem Verb ꜥši̯ der Pyramidentexte und kam zu dem Schluss, dass es seinen Kontexten nach „ächzen, stöhnen, wimmern, seufzen, röcheln“ o.ä. bedeuten muss. Diese Bedeutung findet sich in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 291, bei Ebbell 1937, 113, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 110 und Bardinet 1995, 451. Das hinzugefügte n wird in diesen Fällen entweder als Genitiv-Nisbe interpretiert (Ebbell 1937, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 222, Anm. 1), oder das n wird kommentarlos getilgt und ꜥš wird partizipial aufgefasst (sofern das nicht ein falscher Schluss aufgrund einer etwas freieren Übersetzung ist, wie in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 291). Sollte es wirklich ein Beleg für das IIIae-inf. ꜥši̯ sein, fragt sich allerdings, ob bei einem Infinitiv nicht ꜥši̯.t zu erwarten wäre, vgl. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 288. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 222 schlagen als Alternative noch vor, nꜥš zu lesen und dies mit dem neuägyptisch belegten nꜥš zu verbinden, das auch „laut (vom Geschrei)“ bedeuten kann (Wb 2, 209.18–19). Als dritte Alternative schlägt es noch vor, das Wort mit dem nꜥš-Bruch (?) von pEdwin Smith, Fall 3, Glosse A zu verbinden. So dann auch Westendorf 1999, 688: „indem sie brüchig (...) ist“. Es wäre schließlich auch noch zu überlegen, ob der Schreiber oder Korrektor des Papyrus Ebers nicht doch das Verb ꜥš: „rufen“ vor Augen gehabt hat und glaubte, ein vermeintliches ꜥš=ø „(wenn es) ruft“ in ein n ꜥš=ø „(wenn es) nicht ruft“ (d.h. wenn es keinen Ton von sich gibt) ändern zu müssen. Dass er nur einen Strich hinzufügte, also die Wasserlinie, und nicht einen Strich mit diakritischem Punkt, die verneinenden Arme, könnte dem Platzmangel geschuldet sein; s. ferner Ausnahmeschreibungen der Negation mit der Wasserlinie in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 422.
Eb 840–853: Mittel gegen Schädlingsbefall
Eb 840
Anfang der Heilmittel: Was zu tun ist, um Flöhe im Haus zu beseitigen:
Du besprengst es (d.h. das Haus) folglich mit einer Natronlösung (wörtl.: Wasser von/aus Natron), bis/so dass (sie) sich entfernen.
Eb 841
Ein anderes (Mittel):
bb.t-Pflanzen: ∅.
Werde mit Holzkohle zermahlen. Das Haus werde damit ordentlich bestrichen, bis/so dass (sie) sich entfernen.
Eb 842
Ein anderes (Mittel) zum Verhindern, dass eine Schlange aus einem Loch herauskommt:
Buntbarsch, getrocknet: ∅.
Möge er an den Eingang ihrer Höhle gelegt sein!
Sie kann (dadurch) nicht daraus herauskommen.
Eb 843
Ein anderes (Mittel):
Natron: ∅.
Werde an den Eingang der Höhle gelegt.
Sie kann nicht herauskommen.
Eb 844
[97,20] Ein anderes (Mittel):
Kügelchen einer Zwiebel/vom Knoblauch: ∅.
Werde an den Eingang der Höhle gelegt.
Sie kann nicht herauskommen.
Eb 845
Ein anderes (Mittel) zum Verhindern, dass eine Fliege beißt/sticht:
Fett des Pirol1: ∅.
(Der Kopf)2 werde damit eingerieben.
1 Ägyptisch gn.w: Schon Loret identifiziert diesen Vogel in einer mündlichen Mitteilung Montet gegenüber als Pirol („loriot“), s. P. Montet, Les scènes de la vie privée dans les tombeaux égyptiens de l’Ancien Empire (Strasbourg 1925), 263 mit Anm. 2. Diese Identifikation greift C. Gaillard, Sur deux oiseaux figurés dans les tombeaux de Béni-Hassan, in: Kêmi 2, 1929, 19–40 auf und sieht sie durch detailreiche Darstellungen des Vogels mit Namensbeischriften in verschiedenen Grabszenen des Alten bis Mittleren Reiches, v.a. denen in Beni Hasan, bestätigt. Er grenzt die Identifizierung sogar konkret auf Oriolus galbula L. ein. Was die Nennung von Fett dieses Vogels im Rezept Eb 845 angeht, so ist auffällig, das Vogelfette in den medizinischen Texten, soweit identifizierbar, sonst nur von größeren Vögeln, wie dem Strauß oder Enten- und/oder Gänsevögeln verwendet wird. Nach C. Leitz, Die Rolle von Religion und Naturbeobachtung bei der Auswahl der Drogen im Papyrus Ebers, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.) Papyrus Ebers und die antike Heilkunde. Akten der Tagung vom 15.-16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 41–62, hier: 44 ist die Verwendung des Fettes vom Pirol ein Antipathiemittel: Als Insektenfresser eignen sich Bestandteile dieses Vogels gut in einem Mittel gegen Fliegenbisse.
2 Nach von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 230 weist das Verb wrḥ darauf hin, dass spezifisch der Kopf eingerieben werden soll.
Eb 846
Ein anderes (Mittel) zum Verhindern, dass [98,1] Mücken stechen:
Frisches Olivenöl: ∅.
Werde damit gesalbt.
Eb 847
Ein anderes (Mittel) zum Verhindern, dass Mäuse an Dinge herankommen:
Katzenfett: ∅.
Werde an alle Dinge gegeben.
Eb 848
Ein anderes (Mittel) zum Verhindern, dass ein Milan (etwas) raubt:
Ast einer Dornakazie.
Werde aufgestellt.
Der (betroffene) Mann sagt folglich:
„Der Horus(falke) – nachdem er (bislang) in Stadt und Flur gejagt1 hat, sei seine Gier (wörtl.: sein Durst) (nun speziell) auf die Flur des Fliegers gerichtet! [98,5] Er möge (ihn) vernichten (wörtl.: kochen),2 er möge (ihn) fressen!“
(Diese) Worte sind zu sprechen über dem Ast der Dornakazie. fqꜣ-Kuchen werden darauf gegeben.3
Das (dient dem) Verhindern, dass ein Milan (etwas) raubt.
1 ṯꜣi̯.n=f: Auf Horus bezogen von Ebbell 1937, 114, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 306, J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 50 und Westendorf 1999, 689; auf den Milan von G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 107 und Bardinet 1995, 362. Letzteres ist grammatisch nicht möglich.
2 Optativisch aktivisch auf Horus bezogen von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 306, Westendorf 1999, 690, Bardinet 1995, 362 und J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 50. Ebbell 1937, 114 und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 170, die offenbar annehmen, dass Horus mit dem Milan identifiziert wird, übersetzen dagegen passivisch: „er werde gekocht, er werde gegessen“. Das lehnt Westendorf 1999, 689–690, Anm. 226 dezidiert ab; er vermutet, dass der magische Spruch auf die Feindschaft zwischen Falken und Milanen anspielt.
3 Die Kuchen sollen wohl Falken anlocken, die durch ihre Anwesenheit dann die Milane abschrecken sollen, Westendorf 1999, 689–690, Anm. 226.
Eb 849
Ein anderes (Mittel) zum Verhindern, dass kk.t-Tiere Gerste (oder allgemeiner: Getreide) im Speicher fressen:
Gazellenkot: ∅.
Werde im Speicher aufs Feuer gestellt. Seine Wände und seine Böden werden mit ihrem jtn.w1 und mit Wasser bestrichen.
Das (dient dem) Verhindern, dass Gerste (oder allgemeiner: Getreide) gefressen wird.
1 jtn.w=sn: Stern, in: Ebers 1875, 7b liest noch jdn.w; er bezieht das =sn auf die kk.t-Tiere und vermutet darin „vestigia“: „Spuren“ und in dem anschließenden mw: „Wasser“ die „excrementa“ (vgl. Joachim 1890, 179–180: „mit ihren (...) Excrementen und mit Urin“). Auch Wb erwägt zunächst noch, dass sich =sn auf die kk.t-Tiere und jtn.w auf irgendetwas von ihnen bezieht, vgl. DZA 30.616.780: „seine Wände und sein [sic] Boden mit (auf?) jdnw mit Wasser besprengen“. Auf DZA 21.444.230 ist dann nachträglich die Option „Rattenlöcher“ angegeben, wohl analog zu den einmal im magischen Papyrus Harris belegten jtn.w, das Schlangenlöcher zu bezeichnen scheint (Wb 1, 146.8). Ebenso als „Löcher“ ist es interpretiert von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 306, Westendorf 1999, 690 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 109. H. von Deines – W. Westendor verbinden das hiesige jtn.w ferner mit dem magischen Requisit jtn.w n hʾ, das „jtn.w des Hofes“ (Wb 1, 146.7) aus den Zaubersprüchen für Mutter und Kind, in dem es Tierbehausungen oder deren Inhalt vermutet. Darauf basierend fragt es, ob auch das jtn.w von Eb 849 eher den Inhalt der Tierbehausungen meint. Für das jtn.w (n hʾ) steht jedoch eine Verbindung mit jwtn, koptisch ⲉⲓⲧⲛ: „Erdboden, Schmutz, Staub“ zur Diskussion (V. Loret, Recherches sur plusieurs plantes connues des anciens Égyptiens (suite), in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 16, 1894, 1–14, 92–102, hier: 93–94, J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 217, W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 53) und eine Parallelisierung mit den ähnlich gebildeten Drogen mkj n hʾ und ẖnn n hʾ; in Wb 1, 146.6 steht dann auch „ob: Asche?“. Das weist wohl darauf hin, das Wb alternativ =sn nicht auf kk.t, sondern auf den Gazellenkot bezog; die Spezifizierung „Asche“ ergibt sich wohl wegen des in Eb 849 genannten „Feuers“ und vielleicht auch wegen der von Loret vorgeschlagenen Verbindung mit ⲉⲓⲧⲛ, das auch die Nuance „Asche“ haben kann. Dem folgen G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 171 und Bardinet 1995, 362. Ebbell 1937, 114 übersetzt dagegen „their dirt“, bezieht also =sn wieder auf die kk.t-Tiere, scheint aber in der Deutung von jtn.w eher Richtung Wb zu tendieren.
Eb 850
Ein anderes (Mittel), etwas, was zu tun ist ist, um smr-Tiere1 zu töten:
Gecko: ∅.
Werde aufs [98,10] Feuer gestellt, bis/so dass sie sterben.
1 smr: Unbekannt; nur in Eb 850 und 851 belegt. Aus den Rezepten ist zu schließen, dass es zwischen diesem Tier und der Eidechse eine natürliche Feindschaft gegeben hat. Stern und Wreszinski 1913 lesen noch smt oder sm.t (als Alternativen noch erwogen auf DZA 29.241.090) und Bardinet 1995 entsprechend „semet“; ab Wb wird es aber meist smr gelesen und die Schreibung spricht auch eher dafür. In Eb 850 scheint das Faksimile von Ebers (das Original ist Kriegsverlust) anzuzeigen, dass die Ligatur mr über etwas Gelöschtem stand; aber es ist nicht mehr festzustellen, worüber.
Eb 851
Was zu tun ist, um ein Gecko zu töten:
smr-Tiere: ∅.
Werde aufs Feuer gestellt, bis/so dass es stirbt.
Eb 8521
Kyphi (Räuchermittel):
Was zu tun ist, um den Geruch eines Hauses oder von Kleidung angenehm zu machen:
Getrocknete Myrrhe: ∅, Beeren vom Phönizischen Wacholder: ∅, [98,15a] Weihrauch: ∅, gw-Gras: ∅, Holz vom Ostafrikanischen Kampfer (?): ∅, Mastix (oder: Maische)2: ∅, Schilfrohr aus Syrien-Palästina: ∅, [98,20a] ynktwn-Droge3: ∅, ḏmtn-Droge4: ∅, Storaxbaum-Harz (?)5: ∅.
Werde fein zermahlen. Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. Davon werde (etwas) aufs Feuer gestellt.
1 In diesem Rezept ist der Schreiber noch einmal zu der tabellarischen Anordnung der ersten Kolumnen, speziell der ebenfalls geteilten 2. Kolumne, zurückgekehrt. H. Grapow, Bemerkungen zum Papyrus Ebers als Handschrift, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 71, 1935, 160–164, hier: 163 vermutet, dass der Schreiber bei den beiden Rezepten Eb 852 und 853 das erste Mal dachte, am Ende seiner Vorlagen angekommen zu sein und daher dieses Layout wieder aufgriff, um die halbe Kolumne 98 möglichst ganz zu füllen, was er mit Scriptio continua nicht geschafft hätte.
2 šb.t: Wird seit G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 172 und H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 485–486 meist mit der Melone identifiziert. Lalanne – Métra 2010, 201 übersetzen nicht. Im Kyphi-Rezept von Edfu kommt dagegen keine Melone vor, und es fragt sich, ob man die Droge nicht mit dem dort genannten šb: „Mastix“ (dazu A. Lüchtrath, Das Kyphirezept, in: D. Kurth (Hrsg.), Edfu. Bericht über drei Surveys. Materialien und Studien, Die Inschriften des Tempels von Edfu. Begleitheft 5 (Wiesbaden 1999), 97–145, hier: 117–119) oder šb(n): „Maische (aus Knollen von Zypern-/gj.w-Gras)“ (Lüchtrath, ebd., 132–134, dort auch die Spezifizierung der Pflanze auf Basis der Parallelen) gleichsetzen könnte. Das scheint jedenfalls besser zu einem Räuchermittel zu passen. Ähnlich vermutete schon Stern, in: Ebers 1875, 45a mit Verweis auf das Kyphi-Rezept hierin Weihrauch oder ein anderes aromatisches Harz (sein Vergleich mit koptisch ϣⲟⲟⲩⲉ, ϣⲟⲟⲩ ist allerdings zu streichen, da dieses Wort eher auf ḫꜣw zurückgeht, W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 274).
3 ynktwn: Eine unbekannte Droge; nur mit dem relativ unspezifischen Rohstoffklassifikator N33+Z2 geschrieben. Der Schreibung nach ein Fremdwort, aber eine Identifizierung ist nicht möglich. In den Kyphirezepten aus Edfu kommt kein Bestandteil vor, den man zum Vergleich heranziehen kann.
4 ḏmtn: Unbekannt, Hapax legomenon. Stern, in: Ebers 1875, 54a erwog „mastix“, was sich in W. Helck, s.v. Kyphi, in: Lexikon der Ägyptologie III, 1980, 902–903, hier: 903 wiederfindet. Immer ḏmtn gelesen, obwohl das Hieratische auch ḏmrn erlauben würde. Ob es, so gelesen, mit dem ḏrm aus dem Kyphi-Rezept von Edfu (A. Lüchtrath, Das Kyphirezept, in: D. Kurth (Hrsg.), Edfu. Bericht über drei Surveys. Materialien und Studien, Die Inschriften des Tempels von Edfu. Begleitheft 5 (Wiesbaden 1999), 97–145, hier: 124–126) zusammenhängen könnte?
5 gnn n njywbn: H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 661 identifiziert das njwbn als Variante des nnjb, das er wiederum mit dem לִבְנֶה (libênêh) der Bibel gleichsetzt und als Styrax identifiziert (die Erklärung für Letzteres liefert erst V. Loret, Études de droguerie égyptienne, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 16, 1894, 134–162, hier: 148–152: das לִבְנֶה der Bibel würde in der Sepuaginta mit στύραξ und λεύκη übersetzt). Darauf geht sicher Ebbells Übersetzung als „Styrax liquidus (from Liquidambar orientalis)“ zurück (Ebbell 1937, 132; vgl. auch 114, wo er die ganze Phrase gnn n njywbn dann tautologisch als „liquid styrax“ übersetzt). V. Loret, Études de droguerie égyptienne, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 16, 1894, 134–162, hier: 148–152 folgt zwar Brugschs Gleichsetzung mit hebräisch לִבְנֶה, aber da nnjb (wie auch das njywbn des pEbers) als Baum oder Pflanze klassifiziert wird und nach den textlichen Belegen in Form von Bäumen/Hölzern eingeführt wird, sieht er hierin eine Bezeichnung des Baumes und nicht des Harzes – und ferner nicht des Liquidamber orientalis (wie H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 302 und alle darauf basierende Autoren schreiben), sondern des in der Levante wachsenden Styraxlieferanten Styrax officinalis L. (so dezidiert dann auch G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), Nr. 624, S. 395). Erst die Droge gnn n njywbn des pEbers sei dann das „produit mou, liquide“ der Rinde dieses Baumes. Trotz Nennung von Loret und weil der einzige andere Beleg von gnn im pEbers gnn n ẖsꜣ.yt: „gnn vom ẖsꜣ.yt-Harz/-Balsam“ ist, beziehen sich H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 303 (vgl. auch 538) eher auf Ebbell und vermutet in njywbn ein Harz und in gnn dessen „weichen“ (gnn) Anteil. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 290 bleiben aber zurückhaltend und übersetzt nicht, ebenso wenig Bardinet 1995, 362 oder Lalanne – Métra 2010, 201. Westendorf 1999, 690 nähert sich dagegen Loret an: „Weiches (Harz) vom nnjb-Baum (Storaxbaum?)“.
Eb 853
[Eb 853a] Ein anderes (Mittel), etwas, was Frauen diesbezüglich bereiten:
[98,15b] Dieses (eben genannten) Heilmittel entsprechend dieser (eben genannten) Anweisung in Honig geben.
Werde gekocht; werde vermengt; werde zu Kügelchen verarbeitet. Sie (d.h. die Frauen) räuchern folglich mit ihnen. [Eb 853b] Sie bereiten ferner „Mundgeschmack“ (d.h. Pillen?) aus ihnen, um den Duft ihrer Münder angenehm zu machen.
Eb 854–855: „Geheimwissen des Arztes“ (das erste „Gefäßbuch“)
Eb 854 + Eb 855
[99,1] Anfang des Geheimwissens des Arztes, Kenntnis1 vom Gang des ḥꜣ.tj-Herzens2 (und) Kenntnis vom ḥꜣ.tj-Herzen (insgesamt):
[Eb 854a] Die Gefäße (führen) daraus zu jedem Körperteil.3 Was diese (Gefäße) angeht, (wenn) irgendein Arzt, irgendein Sachmet-Priester, irgendein Magier4 seine Hände und Finger (wörtl.: die Hände und seine Finger)5 auf den Kopf, auf den Hinterkopf, auf die Hände, auf die Stelle des jb-Herzens, auf die Arme, auf die Beine6 legt, dann ist es das ḥꜣ.tj-Herz, das er misst, weil seine Gefäße zu jedem seiner Körperteile (führen). [99,5] Denn es ist der Fall, dass es (d.h. das ḥꜣ.tj-Herz) vorn in den Gefäßen jedes Körperteils spricht.
[Eb 854b] Vier Gefäße sind in seinen Nasenlöchern/Nasenhöhlen. Zwei sind es, die Sekret geben. Zwei sind es, die Blut geben.
[Eb 854c] Vier Gefäße sind im Inneren seiner Augen-Schläfen-Partie (?)7, die es letzten Endes (?) sind, die veranlassen, dass die Augen blutig8 sind (und) dass jede Krankheitserscheinung der Augen durch sie (d.h. die Gefäße) entsteht, dadurch, dass sie zu den Augen hin geöffnet sind. Was das Wasser angeht, das von ihnen (d.h. den Augen) hinabgeht: Es sind die Iriden mit Pupille der Augen, die es geben. (Laut) andere(r) Information: [99,10] Es ist der Schlaf9 in den Augen, der es gibt.
[Eb 854d] Vier Gefäße sind zum Kopf hin verteilt (oder: spalten sich auf) – am Hinterkopf verknoten10 sie sich –, die es letzten Endes (?) sind, die das ḥtp-Phänomen erschaffen. Das bꜣ-Phänomen (und das?; oder: vom?) ꜥꜣꜥ-Phänomen:11 Das ist (es), was sie (d.h. die Gefäße) nach außen (?)12 hervorbringen.
1 DZA 30.079.170, Ebbell 1937, 114, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 30, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 1 und Bardinet 1995, 83 analysieren diese Teile als Überschrift, in der rḫ šm.t ḥꜣ.tj und rḫ ḥꜣ.tj parallel als zwei Teile einer Aufzählung erscheinen. Westendorf 1999, 691 versteht die beiden Teile dagegen als Subjekt und Prädikat eines Substantivalsatzes: „Die Kenntnis des Gehens des Herzens ist (zugleich) die Kenntnis des Herzens.“
von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 24, Anm. 1 wollen die „Kenntnis vom Gang des Herzens“ auf die „Aussagen über die Gefäße (= Eb 854a–d und 855a und 854e und 854zu c und 854f–o)“ beziehen und die „Kenntnis vom Herzen“ auf die Glossen Eb 855b–z.
2 šm.t ḥꜣ.tj: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 851 fassen dies als metaphorische Bezeichnung des Pulsschlages auf; ebenso wohl auch schon K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 85 und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 30, falls sie dies als Teil der „Physiologie und Anatomie des Organes“ verstehen. Bardinet 1995, 83–84 lehnt diese moderne Metapher dagegen ab und vermutet hierin einen Ausdruck für das Herumwandern des Herzens, das dann nicht mehr „an seinem (scil.: richtigen) Platz“ ist (obwohl Sethes und Lefebvres Aussagen nicht eindeutig sind: Da das Herz nach ägyptischen Vorstellungen von seinem Platz verschwinden kann, gehört dies natürlich ebenso zur „Physiologie (...) des Organes“ und man könnte ihnen dieselbe Interpretation zusprechen, die Bardinet trifft). Ähnlich vielleicht auch schon Ebbell 1937, wenn er S. 114 von „the heart’s movement“ spricht; denn wenn er hierin den Herzschlag vermutet hätte, hätte er in der Übersetzung vielleicht das idiomatischere „heartbeat“ gewählt. Insgesamt scheint aber die Idee von H. von Deines – W. Westendorf die wahrscheinlichere zu sein; zu den verschiedenen Ausdrücken für das Verschwinden des Herzens von seiner Stelle und seine Abwesenheit s. H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 67–68: Danach wird das Verschwinden des Herzens von seinem Platz mit rwj ausgedrückt (Eb 855n).
3 In der Regel wird dieser Satz, wie die folgenden, parallel gebildeten, als erweiterter Adverbialsatz mit jm=f als Prädikat interpretiert; dabei fassen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 1, Westendorf 1999, 691 und Bardinet 1995, 84 jm=f lokal mit Bezug auf den Patienten auf: „(sind) in ihm“. Ebenso vielleicht auch G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 30, obwohl sein „en lui“ die Entscheidung offen lässt, ob er es auf den Patienten oder das im Ägyptischen wie im Französischen ebenfalls grammatisch maskuline Herz bezieht. Ebbell 1937, 114 versteht jm=f dagegen ablativ und bezieht es auf das Herz: „There are vessels from it“.
Gemeinsam ist allen Übersetzungen die Bestätigung der Existenz der Gefäße; am deutlichsten Lefebvre: „Il y a des vaisseaux (...)“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 25, Anm. 2 verweist dafür explizit auf die Formulierung in Eb 856b: jr s jw mt.w 12 jm=f n ḥꜣ.tj: *„Was einen Mann angeht: 12 Gefäße sind in ihm zum Herzen.” Es fragt sich jedoch, ob die Bestätigung der Existenz im Ägyptischen nicht eher durch den Existenzsatz ausgedrückt worden wäre: jw wn mt.w jm=f. Daher wird in der hier gewählten Übersetzung versucht, die Betonung auf die Beschreibung des Verlaufs der Gefäße zu legen, deren Existenz sozusagen als gegeben vorausgesetzt wird. Das heißt, hier wird der Satz als Adverbialsatz analysiert. Was darin die Prädikatsstelle einnimmt, ob jm=f oder n ꜥ.t nb.t, wäre zu diskutieren; spätere Rezepte, in denen keine dem jm=f analoge Adverbiale stehen, sprechen für Letzteres. Ob jm=f lokal oder direktiv ist, ist nicht zu entscheiden, das Ägyptische lässt beides zu.
4 zꜣ.w: Bardinet 1995, 85 geht davon aus, dass dies nur eine Abkürzung für den zꜣ.w-srq.t, den Skorpionbeschwörer, ist. Vgl. aber auch Wb 3, 414.4 und dazu H. G. Fischer, The mark of a second hand on ancient Egyptian antiquities in: Metropolitan Museum Journal 9, 1974, 5–34, dort 21–22 und 26–27 = in: Ancient Egypt in the Metropolitan Museum Journal. Vol. 1. Volumes 1–11 (1968–1976), New York 1977, 113–142, dort 129–130 und 134–15.
5 ꜥ.wj ḏbꜥ.w=f: Die nachgestellte Position des Suffixpronomens (statt ꜥ.wj=f ḏbꜥ.w oder ꜥ.wj=f ḏbꜥ.w=f) geht vielleicht auf eine geteilte Kolumne in der Vorlage zurück, in der ꜥ.wj ḏbꜥ.w nebeneinander standen und das Suffix unter diesen beiden Substantiven, mdl. Mitteilung Fischer-Elfert.
6 rd.wj nb: Das nb steht nicht in Sm 1 und wird daher entweder getilgt (Ebbell 1937, 115, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 1 und II, 25, Anm. 2, Bardinet 1995, 85, Westendorf 1999, 691) oder es wird ein Ausfall etwa von ⟨ḥr bw⟩ nb: „⟨an⟩ jedem ⟨Ort⟩“ (K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 85, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 30, Westendorf 1999, 691, Anm. 231) angenommen.
7 gmḥ.t: Meist mit der Haarlocke klassifiziert; im Totenbuch einmal auch mit dem Auge. In der 18. Dynastie kann es auch mit den Flügeln klassifiziert sein. Den Kontexten nach in der Kopfregion zu verorten, und da es gelegentlich dualisch vorkommt, ist es etwas, was zweifach vorhanden ist. Der häufigen Schreibung mit der Haarlocke zufolge ist es am haarigen Teil des Kopfes zu verorten. Schon Stern, in: Ebers 1875, 34a gibt die Übersetzung „tempora“, d.h. „Schläfen“. Für diese Körperregion stehen aber auch andere, zum Teil häufigere Wörter zur Diskussion, nämlich smꜣ, mꜣꜥ und gmꜣ, von denen sich gmḥ.t in irgendeiner Weise unterscheiden muss. P. Lacau, Les noms des parties du corps en Égyptien et en Sémitique, Mémoires de l’Académie des inscriptions et belles-lettres 44 (Paris 1970), 53 vermutet in gmḥ.t schlicht die jüngere Form von gmꜣ. Nach H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 919 mit Anm. 1 ist das Wort von gmḥ: „blicken“ abzuleiten und bezeichnet damit wörtlich die „Gegend der Augen“; als Hauptübersetzung gibt es aber ebenfalls „Schläfe“ an. G. Lefebvre, Tableau des parties du corps humain mentionnées par les Égyptiens, Supplément aux Annales du Service des Antiquités de l’Egypte 17 (Le Caire 1952), 14, § 13 hält dagegen gmḥ.t, sicher wegen des Haarklassifikators, für eine Bezeichnung der Jugendlocke. Beide Möglichkeiten finden sich dann bei J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 278. A. Singer, My Skull Has Not Been Crushed: The lexicography of some ancient Egyptian cranial terminology (Cairo 2013), 77–78 lehnt Lefebvres Ansatz ab, v.a. weil im magischen pBudapest 51.1961 von jemandem mit zerzaustem Haar und einer gespaltenen gmḥ.t die Rede ist und es unwahrscheinlich sei, dass man eine Seitenlocke spalten könne. Dieses Argument ist allerdings nicht überzeugend, denn gerade in diesem Zusammenhang ist sehr wohl vorstellbar, dass gmḥ.t die Bedeutung „Seitenlocke“ hat. Es ist dagegen eher die Stelle Eb 854c, die dafür spricht, dass gmḥ.t eher ein Teil des Schädels mit Haut und Fleisch ist, da es eben „Gefäße“ enthält.
8 snf jr.tj: snf ist als Verb „bluten“ aufgefasst von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 1 (allerdings übersetzt als „Blut enthalten“, d.h. etwa „durchblutet sein“) und Westendorf 1999, 691 (dessen „blutig sein“ sicher ebenso zu interpretieren ist wie die Übersetzung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I). Wreszinski 1913, 205, Ebbell 1937, 114, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 31 und Bardinet 1995, 89 verstehen es dagegen als Substantiv „Blut“ und müssen dazu die Präposition n ergänzen (nicht von allen als Ergänzung markiert). Diese Ergänzung lehnen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 25, Anm. 2 ab, weil ḫpr in der parallelen Konstruktion von Eb 854l ein Optativ ist, der von dd abhängig ist; und das erfordert, dass dd dort die Bedeutung „veranlassen“ hat. Wenn man dd dagegen mit „geben“ übersetzt, müsste man mit ḫpr einen neuen Satz beginnen – so Ebbell und Bardinet, während Lefebvre versucht, ḫpr trotzdem anzuschließen: „c’est eux en consequence qui donnent le sang des yeux et par qui toute maladie des yeux se produit, parce qu’ils debouchent dans les yeux“.
9 qdd.w: Ebbell 1937, 115, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 32, Bardinet 1995, 89 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 1 übersetzen es wörtlich mit „Schlaf“. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 893–894 vermuten darin dagegen eine metaphorische Bezeichnung für einen anatomisch konkreten Bestandteil des Auges, da es parallel zu ḏfd steht, und denkt an den Augapfel, weil sich die Augäpfel im Schlaf nach oben drehen und daher nur noch zum Teil zu sehen sind.
10 stt: Als Substantiv st.t aufgefasst von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 814 („Ergießung/Verknüpfung“), von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I,1 („Verknüpfung“) und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 25, Anm. 1 („Ergießung“), W. A. Ward, The four Egyptian homographic roots B-ꜣ. Eymological and Egypto-Semitic studies, Studia Pohl. Series maior 6 (Rome 1978), 106 („effusion“) und Westendorf 1999, 692 („Ergießung (st.t)“). In diesen Übersetzungen wird st.t=sn m mkḥꜣ als adverbialer, virtuell-relativischer Umstandssatz gedeutet. Als Verb stt wird es dagegen verstanden von K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 86 („indem sie sich ergießen“), Ebbell 1937, 115 („which effuse“), G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 32 („qui se déversent“) und Bardinet 1995, 121 („et se déversent“). Die syntaktischen Lösungen sind jedoch zweifelhaft: Sethe gibt einen adverbialen Umstandssatz wieder, bei dem eher ein nichtgeminiertes sti̯=sn zu erwarten wäre. Ebbells und Lefebvres partizipiale Übersetzung ist auszuschließen, weil dafür ein einfaches stt ohne Suffix genügen würde – sofern sie nicht davon ausgegangen sind, dass sti̯ hier reflexiv gebraucht und sn ein reflexives enklitisches Pronomen ist (also *stt sn; das ist aber nicht belegt: in dieser Bedeutung wird sti̯ nach Wb 4, 329.15–16 nicht reflexiv konstruiert). Auch Bardinets Übersetzung ist nicht ganz zweifelsfrei, denn zumindest nach der Standardtheorie ist eine verbale Übersetzung nicht möglich, und man kann höchstens annehmen, dass er die Verbform als „imperfektivisch“ im Sinne von W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 223.aa.1 aufgefasst hat. Dennoch ist eine Deutung von stt=sn als Verb nicht generell auszuschließen, nur eben mit anderer Nuancierung in der Übersetzung: Nach der Standardtheorie würde damit ein emphatischer Satz beginnen, was sich gut erklären dadurch ließe, dass hier der Ort, an dem die Gefäße stt-machen, nämlich m mkḥꜣ, betont und somit der deskriptive Charakter der Passage hervorgehoben würde. Auch die Interpretation als (virtueller) Umstandssatz kann bzw. muss beibehalten werden. Denn das anschließende n.tj m-ḫt dürfte sich, wie in Eb 854c, auf die mt.w 4 beziehen und setzt damit den Satz jw mt.w 4 psš n dp fort. Daraus ergibt sich, dass das dazwischen stehende stt=sn m mkḥꜣ syntaktisch in den Hauptsatz eingeschoben ist, entweder als Parenthese oder als virtueller Umstandssatz.
Während in der hier gewählten Übersetzung in der verbalen Auffassung der Stelle, mit leichter Nuancierung, Sethe u.a. gefolgt wird, wird hier in der Übersetzung des Verbs abgewichen: Die lokale Präposition m spricht nämlich eher für das Verb „verknüpfen“, da „strömen, (sich) ergießen“ wohl eher eine direktive Präposition nach sich ziehen würde.
11 ḥtp bꜣ ꜥꜣꜥ: Als zwei Entitäten betrachtet von Ebbell 1937, 115 („ḥtp a bald spot (?) and loss of hair“) und von W. A. Ward, The four Egyptian homographic roots B-ꜣ. Eymological and Egypto-Semitic studies, Studia Pohl. Series maior 6 (Rome 1978), 106–108, wobei die Unterstreichung in seiner Übersetzung zunächst eine Auftrennung in ḥtp bꜣ und ꜥꜣꜥ suggeriert, der anschließende Kommentar aber auf eine Auftrennung in ḥtp und bꜣ ꜥꜣꜥ abzielt („rest, repose“ oder alternativ „receptacle“ [zu ḥtp: „Korb“, Wb 3, 195,12] einerseits sowie „overflow of hair-oil“ andererseits). Als drei Entitäten betrachtet von K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 86 (der aber erwägt, dass die letzten beiden Ausdrücke auch Nomina recta zum ersten sein und damit sogar nur eine Entität vorliegen könnte) und Westendorf 1999, 692 („Schwund (des Haares) (und) Kahlheit (und) Absonderung (Talg)“). Auch DZA 22.768.060 („(...) welche nachdem sie Ruhe erzeugt haben, bꜣ ꜥꜣꜥ ist was sie erzeugt haben“; allerdings nicht zu vollständigen Sätzen geformt) und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 32 („(...) qui occasionnent le repos; – la calvitie, la chute des cheveux, c’est ce qu’ils produisent à la partie superieure.“) gehen von drei Entitäten aus; ihre syntaktische Analyse unterscheidet sich aber dahingehend von Sethe und Westendorf, dass sie nur bꜣ von n.tj m-ḫt qmꜣ abhängig machen und mit den anderen beiden Ausdrücken den nächsten Satz beginnen, der dann ein zweigliedriger pw-Satz mit Schenkel’scher Rang-IV-Erweiterung wäre.
von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 1 geben scheinbar nur eine Entität „‚kahle Stelle‘“; aber H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 133 vermuten für ḥtp „Kahlheit“ (mit Verweis auf Wb 3, 192.7), für bꜣ die kahle Stelle und für ꜥꜣꜥ „etwas ähnliches“, insgesamt denkt es an Haarausfall mit feuchter Absonderung. Die Übersetzung in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I stellt also nur eine Zusammenfassung dieser drei Begriffe dar und keine Übersetzung (daher auch in Anführungszeichen gesetzt). Ähnlich nur umschreibend und nicht übersetzend S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 81.
Bardinet 1995, 121 folgt in der Interpretation der Begriffe Ward, in der grammatischen Analyse einer „remarque grammaticale“ von Pascal Vernus, die im Grunde mit Lefebvres Analyse übereinstimmt: „(...) puis forme un réservoir (?). Une source/puits de âaâ, c’est ce qu’ils forment (...)“.
Insgesamt betrachtet scheint es tatsächlich am sinnvollsten, diese drei Wörter mit DZA, Lefebvre und Bardinet auf zwei Sätze zu verteilen. Denn wenn man alle drei Entitäten von n.tj m-ḫt abhängig macht, ergibt sich im Anschluss ein Satz qmꜣ.t=sn pw n rw.tj: „Das ist es, was sie außen hervorbringen.“ Dieser bietet nun kaum Zusatzinformationen und ist im Grunde sogar tautologisch, was beides seiner Charakterisierung als erklärender Glosse durch Wreszinski 1913 nicht gerecht würde.
12 n rw.tj: „zur Außenseite; nach außen“: So mit Grapow 1958, 2. Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Kollokation n rw.tj, außer auf pAshmolean 1984.55 Recto, Fragment A, Kol. x+2, Z. x+5 in einem ansonsten zerstörten Kontext, nicht belegt ist. Auch qmꜣ: „erschaffen, hervorbringen“ mit Präposition n scheint nicht idiomatisch zu sein: Man erwartet eher eine lokale als eine direktive Adverbialkonstruktion.
DZA 22.768.060 und Wreszinski 1913, 205 transkribieren dagegen n ḥr.t, was zwar möglich ist, aber korrekt wäre dann eigentlich eine Transkription als n ḥr{r}.t. Auf dieser älteren Transliteration beruhen Ebbells „upwards“ (Ebbell 1937, 115) und Lefebvres „à la partie supèrieure“ (Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 32).
[Eb 855a] Was den Lufthauch angeht, der in der Nase eindringt: Er dringt zum ḥꜣ.tj-Herz und der Lunge vor. Sie sind es, die (den Lufthauch?)13 dem ganzen Bauch geben.
[Eb 854e] Was das angeht, durch das die Ohren taub werden: Es sind zwei Gefäße, die das verursachen (und) die [99,15] zur Wurzel des Auges führen.14
(Laut) andere(r) Information: Was dieses angeht, durch das die Ohren taub werden: Diese (Gefäße) sind es, die auf den Schläfen eines Mannes mit (?) nšš.w15 sind; (und es) ist das, was der (?) „Abschneider“(-Dämon) in den Mann gibt.16 Er ergreift für sich folglich seine Lufthauche.17
[Eb 855b] Wenn (es heißt), dass das jb-Herz überfließe18: Das ist die Flüssigkeit des Mundes19. Seine gesamten Körperteile sind ꜥmd-gemacht (?)20.
[Eb 855c] Wenn (es heißt), dass das jb-Herz šs-mache (oder: šs sei)21: Das Gefäß namens „Empfänger“ ist es, das ihn/es verursacht. (Dies)es ist es, das Wasser dem ḥꜣ.tj-Herzen, [Eb 854 zu c] (laut) andere(r) Information: [99,20] dem gesamten Auge (?), gibt.22 Wenn er taub ist und sein Mund sich nicht öffnen kann,23 kommen24 infolge jener (Dinge), die das ḥꜣ.tj-Herz dadurch empfängt, alle seine Körperteile (im Zustand der) Träg(heit) an.
[Eb 855d] Was die Mattigkeit angeht, die im ḥꜣ.tj-Herzen entsteht/entstanden ist: Das ist sein ḫꜣs-Zustand25 bis an die Grenzen von Lunge und Leber. Infolge [100,1] ihrer Hitze kommt 〈es (d.h. das ḥꜣ.tj-Herz)〉(?) (in dem Zustand an, dass) (?) ihm seine Gefäße taub werden, nachdem sie gefallen sind.26 Sein ḫꜣs-Zustand, (er) löst sich folglich.
13 dd: Nach K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 86 ist das syntaktisch notwendige „Objekt ‚sie‘ (die Luft) als selbstverständlich nicht ausgedrückt“. So verfahren alle Übersetzer. Es könnte aber auch ein Textfehler vorliegen. So scheint nämlich die Präposition n ihrer Position zufolge nachgetragen worden zu sein, so dass nicht auszuschließen ist, dass auch noch andere Textteile fehlten.
14 Ebbell 1937, 115 mit Anm. 1 geht davon aus, dass nach diesem Satz versehentlich die Passage ky-ḏd n jr.t tm.tj jr jdi̯=f n wn.n rʾ=f: „andere Aussage: dem gesamten Auge (?). Wenn er taub ist, kann sich sein Mund nicht öffnen“ ausgefallen sei und diese später, in Zeile 99,19–20 (= der Beginn von Wreszinskis Paragraph Eb „854 zu c“ [Wreszinski 1913]) nachgetragen sei. Diese falsche Positionierung erklärte er damit, dass diese Passage ebenso, wie die in Zeile 99,15 tatsächlich direkt anschließende, mit ky-ḏd beginnt, weswegen der Schreiber des pEbers beim Kopieren beide Passagen versehentlich vertauscht hätte.
15 nšš.w: Unklar; mit dem Segel klassifiziert, aber etymologisch vielleicht mit nšš: „Speichel“ zusammenhängend. Unübersetzt von Ebbell 1937, 115. Als Verb interpretiert von K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 87 und G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 32 (als „verbe inconnu“ bezeichnet, aber mit „produisent des bourdonnements“ wiedergegeben). Als Substantiv aufgefasst von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 485, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 2, Westendorf 1999, 692 und R. K. Ritner, Innovations and adaptations in ancient Egyptian medicine, in: Journal of Near Eastern Studies 59, 2000, 107–117, hier: 109. H. von Deines – W. Westendorf denken an „(feuchte?) Luft“. Unklar ist Bardinets „l’explication en est que les tempes de l’homme sont atteintes par des fuites“ (Bardinet 1995, 92). Sollte er ebenfalls an ein Verb gedacht haben? Aber an welches? Zudem wäre ein verbales ḥr nšš der grammatischen Konstruktion nach progressiv, wohingegen seine Übersetzung eher eine stativische Aussage wiedergibt; und seine Übersetzung unterschlägt die Präposition dp.
16 dd ḥsq pw m s: K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 87: „sie sind es, die die Köpfung [im Mann, L.P.] verursachen“; Ebbell 1937, 115: „It is these (vessels) which give a cutter in a man“; G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 32: „c’est eux qui causent la migraine chez un homme“; R. K. Ritner, Innovations and adaptations in ancient Egyptian medicine, in: Journal of Near Eastern Studies 59, 2000, 107–117, hier: 109: „That is what gives a cutting off (of hearing) in a man.“; von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 26: „Das bedeutet, daß der Köpfungsdämon ⟨die Luft⟩ in den Mann gibt.“; Bardinet 1995, 92: „C’est ce que provoque le démon-coupeur dans l’homme.“; Westendorf 1999, 692: „(und) das ist, weil ein (Dämon mit Namen) ‚Kopf-Abschneider‘ (ḥsq) (die Luft) in den Mann gibt“. Das heißt, Sethe, Ebbell, Lefebvre und Ritner interpretieren ḥsq als Krankheitsbezeichnung (Ebbell als Dämon, s. das „he“ im nächsten Satz; Lefebvre relativ unbegründet, vielleicht inspiriert durch Sethes „Köpfung“, als Migräne; Ritner als Ertauben) und damit als Objekt dessen, was die Gefäße geben. Satzsyntaktisch ist in dem Fall ḥsq das Objekt eines Partizips dd. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, Bardinet und Westendorf sehen dagegen in ḥsq, dem Klassifikator folgend, einen Krankheitsdämon, der etwas verursacht. In diesen drei Übersetzungen wird aber der Satz grammatisch unterschiedlich analysiert: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I gibt ein nominales sḏm=f als Prädikat eines zweigliedrigen pw-Satzes wieder; Westendorf, vielleicht nur etwas freier formuliert, dasselbe. Der Dämon wäre in dem Fall syntaktisches Subjekt; das notwendige Objekt von dd wäre wieder zu ergänzen. Bardinet scheint dagegen dd als Relativform analysiert zu haben. Auch dann wäre der Dämon syntaktisches Subjekt, aber das Objekt wäre pw resp. das, worauf dieses verweist (nach Bardinet, S. 93 die „fuites“).
Da Dämonen als Auslöser von Krankheiten in der ägyptischen Medizin bekannt sind, ist es tatsächlich besser, in ḥsq eher das Subjekt als das Objekt von dd zu sehen. Ob dd eine Relativform ist oder ein sḏm=f, wäre wohl erst dann klärbar, wenn die Bedeutung von nšš.w bekannt ist, weil erst dann alle denkbaren Bezugsworte diskutiert werden könnten. Bis das möglich ist, scheint eine Interpretation als Relativform die bessere Wahl zu sein, weil sich dadurch ein syntaktisch vollständiger Satz ergibt.
17 šzp.ḫr=f(1) n=f(2) ṯꜣw.w=f(3): Die Frage ist, worauf sich welches Suffixpronomen bezieht. Je nach Interpretation des vorherigen Satzes gibt es folgende Lösungen:
- Ebbell 1937: (1) = der ḥsq-Dämon, (2) und (3) = der Patient (?).
- G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956) und Bardinet 1995: (1) und (2): die ḥsq-Erscheinung, (3) = der Patient.
- von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Westendorf 1999: (1) und (2) = der Patient, (3) = der ḥsq-Dämon (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II überlegt, ob vielleicht gar nicht n=f ṯꜣw.w, sondern nf: „Hauch, Atem“ zu lesen ist. Dann entfiele ein Suffixpronomen).
- R. K. Ritner, Innovations and adaptations in ancient Egyptian medicine, in: Journal of Near Eastern Studies 59, 2000, 107–117, hier: 109: (1) und (2) = der Patient, (3) = ? („its“; alternativ: = der Patient).
18 bꜥḥi̯: Die Schreibung mit syllabischer erster Silbe ist ungewöhnlich.
19 rʾ: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 28, Anm. 1 und Westendorf 1999, 692 schlagen eine Verbesserung zu rʾ⟨-jb⟩: „Magen“ vor und begründen dies mit einem ähnlichen Ausfall des jb nach einem Zeilenwechsel in Eb 855s. Eine solche Erklärung ist für Eb 855b aber nicht überzeugend: In Eb 855s steht rʾ am Ende der Zeile und beim Wechsel zur neuen Zeile wird das jb vergessen; dieser Ausfall gehört zu typischen Fehlern antiker wie moderner Schreibvorgänge. In Eb 855b erfolgt der Zeilenwechsel dagegen schon vor dem rʾ, d.h. das rʾ steht schon in der neuen Zeile. Ein Ausfall des anschließenden jb ließe sich daher nicht mit dem Zeilenwechsel begründen, sondern würde nur zufälligerweise mit ihm zusammen vorkommen.
20 ꜥmd: Mit dem schlechten Vogel klassifiziert. Sicher nur in Eb 855b und e belegt; ein Zustand vom Herzen und von den Körperteilen. Ein möglicher weiterer Beleg im ramessidischen Streitwagenhymnus auf oTurin CGT 57365, Zeile 3 ist unsicher; dort wird das Wort in einem Wortspiel mit einem Streitwagenbestandteil gebraucht und liefert keine zusätzlichen Informationen zur genauen Wortbedeutung. Stern, in: Ebers 1875, 9a gibt kommentarlos „languescere, deficere“, d.h. „erschlaffen, matt werden, träge werden; erlahmen, Kräfte verlieren“, sicher wegen der Erklärung in Eb 855e, wonach der ꜥmd-Zustand des Herzens bedeute, dass das Herz nicht spreche und seine Gefäße stumm seien. Die späteren Übersetzungen gehen in der Regel ebenfalls in diese Richtung. Einzig Bardinet 1995, 100 schlägt eine andere Übersetzung vor: Er vergleicht ꜥmd mit dem aus aus einigen ptolemäischen Texten bekannten ꜥmt: „Gewölk“ (Wb 1, 187.5), das mit dem Himmel mit Regen klassifiziert ist, und übersetzt es S. 94 und 100 mit „trempès“, denn laut Eb 855b sei das Herz „submergé par une excès de salive“ (S. 94). S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 179 hält diese Interpretation für „recht gewagt“ und folgt in der Deutung von ꜥmd der Communis opinio.
21 šs: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 5 schlägt kommentarlos „matt (?)“ vor; Westendorf 1999 mit Verweis auf šs: „Bahre“ und den im folgenden Paragraphen Eb 854 „zu c“ genannten Zustand nni̯: „schwach, matt sein“ die Übersetzung „liegt danieder (?)“.
22 ky-ḏd n jr.t tm.tj: Auffällig ist der plötzliche Wechsel vom ḥꜣ.tj-Herzen zum Auge. Dafür wurden bislang vier verschiedene Erklärungen angeboten:
(1) Wreszinski 1913 bezeichnet die Passage ky-ḏd n jr.t tm.tj jr jdi̯=f n wn.n rʾ=f prr ꜥ.wt=f nb.t nni̯ m-ḫt n=f wꜣi̯ šsp.w ḥꜣ.tj jm als Paragraph Eb „854 zu c“. Daraus ist zu schließen, dass er ihn mindestens inhaltlich, wenn nicht sogar technisch (Abschreibefehler), für fehlplatziert hält und eben eigentlich an Eb 854c anhängen will. Vgl. G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 32, Anm. 14. Möglicherweise hat Wreszinski, wie Ebbell (s. Nr. (2)), angenommen, dass es zu einer Vertauschung zweier mit ky-ḏd beginnender Passagen gekommen ist.
(2) Ebbell 1937, 115 mit Anm. 1 geht ebenfalls von einer Fehlplatzierung beim Kopieren aus, allerdings beschränkt er die s.E. falsch positionierte Passage auf ky-ḏd n jr.t tm.tj jr jdi̯=f n wn.n rʾ=f. Er denkt, dass sie vor das ky-ḏd von Eb 854e zu platzieren ist, und übersetzt dementsprechend. Siehe auch den Kommentar dort.
(3) H.O. Lange vermutete, dass jr.t: „Auge“ ein Fehler für ẖ.t: „Bauch“ ist (DZA 30.571.050, vgl. H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 62, Anm. 1). Die Passage wäre seinem Vorschlag zufolge also richtig positioniert und enthält lediglich einen Schreibfehler. Diesem Vorschlag folgt Westendorf 1999, 194 und 692. Westendorf vermutet, dass sich der Schreiber wegen des Verbs jdi̯ an Eb 854c mit der Kollokation von jr.t und jdi̯ erinnert haben könnte und dass das zu dem Schreibfehler führte.
(4) von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 26, Anm. 1 zu Eb 854 zu c überlegen, ob dieser Paragraph eine „Beziehung zu 854e“ hat, wo ebenfalls die Wörter jdi̯ und šsp auftauchen. Ob man dies so verstehen soll, dass von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II vorschlagen, die Passage dann auch zu Eb 854e zu verschieben, ist unklar; H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954) folgt jedenfalls H.O. Lange; und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, übersetzen unemendiert „mit dem gesamten Auge“.
23 Je nach Interpretation zur Positionierung dieses und des vorangegangenen Satzes oder Teilsatzes gibt es verschiedene Interpretationen der syntaktischen Struktur:
(1) Wreszinski 1913, 206 scheint anzudeuten, dass er jr jdi̯=f n wn.n rʾ=f als vorangestelltes Satzglied oder Protasis eine Konditionalsatzes interpretiert und das Folgende als Hauptsatz resp. Apodosis. Dieser Aufteilung folgen die meisten Bearbeiter, wobei prr seit K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 87 i.d.R. als Hilfsverb aufgefasst wird. Der an prr anschließende Satz ist dann ein Adverbialsatz mit einem Stativ nni̯ als Prädikat (so explizit W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 322.2a; zu einem geminierten sḏm=f in der Apodosis s. auch M. Brose, Grammatik der dokumentarischen Texte des Mittleren Reiches, in: Lingua Aegyptia. Studia Monographica 13 (Hamburg 2014), 407, § 374, Bspe. 261 und 262; von ihm als „nominales Präsens mit jussivischer Funktion“ bezeichnet). Neben nni̯ könnte aber auch m-ḫt nf die notwendige Adverbiale sein.
(2) Ebbell 1937, 115 geht davon aus, das ky-ḏd n jr.t tm.tj jr jdi̯=f n wn.n rʾ=f zu Eb 855a gehört. Daher muss er in jr jdi̯=f n wn.n rʾ=f einen vollständigen Satz sehen und geht von einem simplen Konditionalsatz aus: „When he is deaf, his mouth cannot be opened (i.e. he cannot speak).“
24 prr ist nach Wb 1, 525.4, H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 271, s.v. prj A.IV.a und W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 322.aa ein Hilfsverb mit der Bedeutung „und es kommt dabei heraus, daß“. J. Winand, Temps et aspect en égyptien. Une approche sémantique, Probleme der Ägyptologie 25 (Leiden/Boston 2006), 381–382 fasst das prr dieses Satzes ebenfalls als Hilfsverb auf, allerdings als „Indication de la fin d’un processus“: „tous ces membres finissent par devenir faible par suite de ce que le cœur en prend.“ Allerdings passt diese Bedeutung nicht zu all seinen Belegen.
Wenn A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 316, Anm. 8 diesen Satz als Beleg für ein „old perfective qualifying the subject of certain verbs“ nennt, dürfte er prr dagegen eher als Vollverb (mit der Bedeutung „come forth“ > „become“) aufgefasst zu haben.
25 ḫꜣsf: Zur Lesung als ḫꜣs=f s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 649.
26 m-ḫt hh=sn wird in der Regel als adverbiale Bestimmung verstanden, die noch zum Satz prr jdi̯ n=f mt.w=f ḫr gehört. K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 87 schlägt dagegen alternativ vor, in ḫr eine Schreibung der Partikel zu sehen und mit ḫr m-ḫt einen neuen Satz zu beginnen. So dann G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 33: „apres que leur chaleur est ..., (...)“.
Mit Sethe, a.a.O. 87, Anm. zu 59,14, Wb 1, 525.4 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 271, s.v. prj, A.IV.b wird prr üblicherweise als Hilfsverb verstanden, das einen Verbalsatz einleitet. Die übrigen Fälle mit scheinbarem Hilfsverb prr lassen sich jedoch fast alle als Sätze mit Vollverb erklären. Sollte auch hier ein Vollverb vorliegen, wäre es eine nominale Form, die aufgrund ihrer Position am wahrscheinlichsten Subjektsatz einer emphatischen Konstruktion wäre. Dafür wäre aber eine Adverbiale nötig, um die Prädikatsstelle zu füllen, und die könnte am ehesten m-ḫt hh=sn sein. Ein Problem ist hierbei nur, dass prr ein Subjekt benötigt, und dafür kommt nur jdi̯ (n=f mt.w=f ḫr) infrage. Doch contra W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 322.2.bb kann es kein substantiviertes sḏm=f sein, weil dieses geminiert sein müsste, also jdd lauten müsste. Daher müsste man zu jd⟨d⟩ emendieren. Oder ist das eigentliche Subjekt von prr ausgefallen, so dass jdi̯ ein adverbial eingebettetes sḏm=f ist und zu diesem ausgefallenen Subjekt im selben syntaktischen Verhältnis steht wie der Stativ nni̯ zu ꜥ.wt=f nb.t: „alle seine Körperteile“ zwei Sätze zuvor? Der Zeilenwechsel kann allerdings nicht für einen solchen Ausfall verantwortlich gemacht werden, weil prr selbst schon zum größten Teil in der neuen Zeile steht.
[Eb 854g] Sechs Gefäße führen zu den Armen, (davon) drei zum rechten (und) drei zum linken, indem sie zu seinen Fingern führen.
[Eb 854h] Sechs Gefäße führen zu den Beinen, drei zum rechten Bein, drei zum linken Bein, um die Fußsohle zu erreichen.
[Eb 854i] Zwei Gefäße (führen) zu seinen Hoden. Sie sind es, die den Samen geben.
[Eb 854k] Zwei Gefäße (führen) zu den Hinterbacken, eins zu einer Hinterbacke, das andere zur (anderen) Hinterbacke.
[Eb 854l] Vier Gefäße (führen) zur Leber. Sie sind es, die ihr Wasser und Luft geben (und) die es letzten Endes (?) sind, die veranlassen, dass jede Krankheitserscheinung an ihr durch Überfluten [100,10] mit Blut entsteht.
[Eb 854m] ((Vier)) Gefäße (führen) zur Lunge und zur Milz.28 Sie sind es, die ihm (?) gleichermaßen Wasser und Luft geben.
[Eb 854n] Zwei Gefäße (führen) zur Blase. Sie sind es, die Urin geben29.
[Eb 854o] Vier Gefäße sind zum Rektum hin geöffnet. Sie sind es, die veranlassen, dass ihm Wasser und Luft geschaffen werden. Das Rektum, es öffnet sich ferner zu jedem Gefäß zur rechten Körperseite und linken Körperseite mit (?) den Armen und mit (?) den Beinen,30 und das, indem sie mit Kot überflutet sind.
27 ḥnꜥ mt: Der Text scheint anzugeben, dass es 4 Gefäße in seinen Ohren und jeweils 2 Gefäße in seiner rechten und linken Schulter gibt. Eine solche Zusammenfassung anatomischer Entitäten in einem Satz ist ungewöhnlich, weil im Folgenden die Gefäße aller Körperteile separat aufgezählt werden. K. Sethe, Ägyptische Lesestücke zum Gebrauch im akademischen Unterricht. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1924), 59, Anm. d denkt daher, dass ḥnꜥ ein Fehler für wnn sein könnte, das Adverbialsätze einleiten würde. Ein solcher Fehler ließe sich aber weder phonetisch noch graphisch erklären. H. Grapow, Über die anatomischen Kenntnisse der altägyptischen Ärzte, Morgenland 26 (Leipzig 1935), 25–26, Anm. zu 16a erwägt, dass die Stelle doch richtig ist und dies der Grund ist, wieso im Folgenden zwei verschiedene Varianten (ky-ḏd) angegeben werden, an welcher Stelle der Hauch des Lebens und der Hauch des Todes eindringen, nämlich alternativ ins Ohr und in die Schulter. Jedoch hält er diese Möglichkeit für die unwahrscheinlichere; als wahrscheinlicher vermutet er, dass ḥnꜥ an dieser Stelle die präzisierende Bedeutung „und zwar“ hat.
Eine noch andere Lösung bietet Ebbell 1937, 116, der ḥnꜥ mt als „with the (ear)canal“ übersetzt und es als Zusatz zu msḏr 2 interpretiert. Damit berücksichtigt er, dass (1) ḥnꜥ immer koordinierend ist und (2) in den folgenden Paragraphen die Aufschlüsselung der Einzelgefäße nicht durch mt + Zahl erfolgt, sondern immer nur durch die Zahl allein. Andererseits ist mt als Bezeichnung der Ohrgänge nicht bekannt.
Als letzte Notlösung sollte noch in Betracht gezogen werden, dass vielleicht zwischen msḏr=f und 2 ḥnꜥ (...) etwas ausgefallen sein könnte. Es ist immerhin auffällig, dass msḏr=f 2: „seine 2 Ohren“ steht und nicht msḏr.wj=fj: „seine beiden Ohren“.
28 K. Sethe, Erläuterungen zu den ägyptischen Lesestücken. Texte des Mittleren Reiches (Leipzig 1927), 88 schlägt vor, zu jw mt.w 4 n zmꜣ ⟨ntsn dd n=f mw ṯꜣw jw mt.w 4⟩ n nnšm ntsn dd mw ṯꜣw n=f mj zu ergänzen: „Vier Gefäße (führen) zur Lunge. ⟨Sie sind es, die ihr Wasser und Luft geben. Vier Gefäße (führen)⟩ zur Milz. Sie sind es, die ihr ebenso Wasser und Luft geben.“ Dass im hinteren Satzteil das n=f nicht direkt hinter dd steht, erklärt er „aus der Verbindung mit mj“. Sein Ergänzungsvorschlag wird von G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 33–34 übernommen; und ein letzter Rest davon findet sich in der Übersetzung von Bardinet 1995, 99, der zwar die Ergänzung nicht so weitgehend übernimmt, aber immerhin noch übersetzt: „quatre conduits-met sont pour la trachée-poumons et (quatre) pour la rate“. Ebbell 1937, 116, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 und Westendorf 1999 nehmen den Paragraphen dagegen so, wie er dasteht, und haben dadurch zwei Gefäße weniger, nämlich nur noch vier, die zu Lunge und Milz führen (so auch H. Grapow, Über die anatomischen Kenntnisse der altägyptischen Ärzte, Morgenland 26 (Leipzig 1935), 17). Während Ebbell nicht auf den dadurch entstehenden Widerspruch eingeht, dass sich das singularische n=f plötzlich auf zwei Bezugsworte beziehen muss, versuchen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 und Westendorf 1999, das dadurch zu erklären, dass sie mj: „ebenso“ nicht auf den gesamten Satz beziehen, sondern auf das n=f: die Gefäße geben dem einen ebenso (wie dem anderen) Organ Wasser und Luft.
29 dd: Am vorderen Ende des oberen Armes befindet sich ein roter Punkt. Da diese Kolumne Kriegsverlust ist und nur das Faksimile von Ebers 1875 zur Verfügung steht, kann nicht geprüft werden, ob er vielleicht Rest eines überschriebenen Wortes ist.
30 m ꜥ.wj m rd.wj: Ebbell 1937, 116 übersetzt lokal: „Now, the anus opens to every vessel to the right side and the left side in arms and legs.“ von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 26, Anm. 3 verstehen dies dagegen komitativ als Erweiterung von gs wnm.j gs jꜣb.j: Es seien die beiden Körperhälften einschließlich der Arme und Beine gemeint. Westendorf 1999, 694 übersetzt zwar ebenfalls durch: „mit den beiden Armen (und) den beiden Beinen“, versteht aber gs als „(Bauch-)Hälfte“, was eigentlich Arme und Beine ausschließt. Daher ist unsicher, wie er die Präposition m auffasst. Bardinet 1995, 99 übersetzt wie einen Genitiv: „du membre supérieur (litt. ‚des bras‘) et du membre inférieur (litt. ‚des jambes‘)“. Dadurch nähert sich seine Interpretation des Satzes wieder derjenigen von Ebbell an; allerdings erlaubt die Präposition m keine genitivische Übersetzung.
[Eb 855f] Wenn (es heißt), dass sein jb-Herz überdrüssig sei: Das bedeutet, dass das ḥꜣ.tj-Herz schwach ist wegen der Hitze des Rektums. Findest du es (d.h. das Herz) groß vor,32 dann macht etwas sẖp33 in seinem Verdauungstrakt wie die Iris / wie in der Iris.
[Eb 855g] Wenn (es heißt), dass sich sein jb-Herz ausbreite (oder: dass sein jb-Herz dahinschwinde)34: Das bedeutet, dass die Gefäße des ḥꜣ.tj-Herzens unter Kot (leiden).
[Eb 855h] Was alle „Bitternis“ angeht: Sie35 (d.h. jede einzelne) tritt im linken Auge ein, und aus dem Bauchnabel kommt sie35 heraus. Das ist der Hauch der Tätigkeit eines Wab-Priesters. Es ist [100,20] das ḥꜣ.tj-Herz, das sie in seine Gefäße eintreten lässt. Kochend kochen 〈sie〉 in seinem gesamten Fleisch. Das ḥꜣ.tj-Herz macht aber nḏḥḏḥ durch sie, durch (den Umstand), dass es (in einem) gekochten (Zustand) ankommt. Die Gefäße [101,1] seines ḥꜣ.tj-Herzens zittern aber durch die Sache.
Wenn sie (sie?) bezwingen, bedeutet es, dass sie die „Bitternis“ bedecken (?).36 Wenn aber seine „Bitternis“ überlegen (?, wörtl.: hoch) ist, bedeutet es, dass sie im Übermaß da ist.
[Eb 855i] Wenn (es heißt), dass das jb-Herz nḏḥḏḥ mache: Das bedeutet, dass das jb-Herz als (?) ḥꜣ.tj-Herz verziert wurde (???)37. (Laut) andere(r) Information: Das bedeutet, dass das jb-Herz als ḥꜣ.tj-Herz fließt (?)38. Es kommt und geht, nachdem es seine Halsgegend erreicht hat. Sein jb-Herz ist unter dem [101,5] (Einfluss des) wjꜣ.t-Ausfluss(es).
[Eb 855k] Was das Einknicken (?) des jb-Herzens angeht: Das bedeutet, dass sein jb-Herz zusammengeschnürt wurde, während sein ḥꜣ.tj-Herz an seinem Platz in (?)39 dem Blut der Lunge ist. Infolgedessen (d.h.: durch das Einknicken?) kommt 〈es (d.h. das jb-Herz)〉(?) (im Zustand der) Klein(heit) an.40 Das bedeutet, dass das ḥꜣ.tj-Herz heiß wird; folglich wird sein jb-Herz infolgedessen müde. Sein Appetit ist gering (und) er wird wählerisch.
[Eb 855l] Wenn (es heißt), dass das jb-Herz trocken sei: Das bedeutet, dass das Blut im ḥꜣ.tj-Herzen abgebunden41 ist.
[Eb 855l bis] Wenn (es heißt), dass das jb-Herz vor den Krankheitsauslösern (?) einknicke: Das bedeutet, dass sein jb-Herz im Inneren seines Bauches klein wird [101,10] (und) Krankheitsauslöser (?) auf sein ḥꜣ.tj-Herz fallen. Es wird folglich (be)trüb(t) (?) und knickt ein.
[Eb 855m] Was die Schwäche des Alters angeht: Das bedeutet, dass Krankheitsauslöser (?) auf seinem ḥꜣ.tj-Herzen sind.
[Eb 855n] Was den Tanz des ḥꜣ.tj-Herzens angeht: Das bedeutet, dass es sich von seiner linken Brust(hälfte) entfernt.42 Es stößt folglich auf seiner (?, oder: auf seine?)43 richtige Stelle; (und) es entfernt sich folglich von seinem Platz. Das bedeutet, dass die „Fettmasse“44 in seiner linken Körperhälfte auf (dem Weg) ist, sich mit seiner Schulter zu vereinigen.
[Eb 855ο] Wenn (es heißt), dass die „Bitternis“ seines [101,15] jb-Herzens zahlreich sei: Das bedeutet, das sein jb-Herz einsinkt, indem es nach unten weggegangen ist. Es ist nicht (mehr) an seinem Platz.
[Eb 855p] Wenn (es heißt), dass sein ḥꜣ.tj-Herz auf seinem Platz sei: Das ist die Anwesenheit der (wörtl.: das Existieren durch die) Fettmasse des ḥꜣ.tj-Herzens in seiner linken Körperseite. Es kommt nicht nach oben und fällt nicht nach unten durch die Sache, (sondern) bleibt an seinem Platz.
[Eb 855q] Wenn (es heißt), dass sein ḥꜣ.tj-Herz übermäßig flattere (?)45, indem Fettmasse unter seiner linken Brust(hälfte) ist: Das ist das Ausführen eines geringen Abstiegs (wörtl.: von ein wenig Herabsteigen) nach außen durch sein ḥꜣ.tj-Herz. Folglich breitet sich [101,20] seine Krankheitserscheinung aus.
[Eb 855r] Wenn (es heißt), dass sein Verdauungstrakt versperrt (wörtl.: abweisend?) sei: Das bedeutet, dass ein Verdauungstrakt groß (d.h. vergrößert?) ist.
[Eb 855s, vgl. Bln 154] Wenn (es heißt), dass 〈sein〉 Verdauungstrakt heiß sei, indem er sticht, (und) wenn (es heißt), dass das jb-Herz steche: Das ist Hitze, nachdem sie [102,1] über sein ḥꜣ.tj-Herz gezogen ist. (Und) es bedeutet, dass sein jb-Herz heiß ist wegen der Glut wie (bei) einem Mann, den eine Stechmücke gepeinigt (wörtl.: verhört) hat.
[Eb 855t, vgl. Bln 154] Wenn (es heißt), dass sein jb-Herz46 betrübt sei wie (bei) einem Mann, der unreife Früchte der Sykomore gegessen hat: Das bedeutet, dass ein jb-Herz bedeckt ist wie (bei) einem Mann, der unreife Früchte der Sykomore gegessen hat.
[Eb 855u] Was das Zugrundegehen des jb-Herzens und die Vergesslichkeit angeht: Der Hauch der Tätigkeit eines Vorlesepriesters ist es, [102,5] der es verursacht. Er (d.h. der Hauch) tritt als Krankheitsfall47 in die Lunge ein. Infolgedessen kommt das jb-Herz (in einem Zustand des) Abgelenkt (Seins) an.
[Eb 855v] Wenn (es heißt), dass eine Ballung auf sein ḥꜣ.tj-Herz falle: Das bedeutet, dass eine Ballung von Hitze auf sein ḥꜣ.tj-Herz fällt; das bedeutet häufige Schwäche; (und) es bedeutet, dass sein jb-Herz verschlungen wird vom Zorn. Es ist das Füllen seines Herzens mit Blut, das es verursacht. (Es) entsteht durch das Trinken von Wasser; und das Essen von Verdorbenem (?), indem es heiß ist, ist das, was es entstehen lässt (?).
[Eb 855w, vgl. Bln 154] Wenn (es heißt), dass sein jb-Herz dunkel sei und er sein [102,10]ḥꜣ.tj-Herz schmecke48: Das bedeutet, dass sein jb-Herz eingeengt ist und Finsternis infolge von Zorn in seinem Bauch ist. Es generiert Fälle seiner Versäumnis (wörtl: Fälle des Verschluckens seines jb-Herzens).49
[Eb 855x, vgl. Bln 154] Wenn (es heißt), dass sein Fleisch gänzlich heiß sei, wie wenn das Herz eines Mannes müde ist, indem (sein) Weg ihn einnimmt (wörtl.: nachdem der Weg ihn gefunden hat): Das bedeutet, dass sein Fleisch infolgedessen müde ist, wie wenn das Fleisch eines weit gelaufenen Mannes müde ist.
[Eb 855y] Was die Raserei (wörtl.: das Rasen) wegen des (dämonischen) „Was-von-außen-eindringt“ angeht: Das bedeutet, dass ein jb-Herz rast50 [102,15] wegen des (dämonischen) „Was-von-außen-eindringt“.51
[Eb 855z] Wenn (es heißt), dass sein jb-Herz überschwemmt sei: Das bedeutet, dass sein jb-Herz vergesslich ist wie das desjenigen, der an eine andere Sache denkt.
31 Die Übersetzungen spalten gewöhnlich die Glossen-Erklärung in zwei Sätze auf, nämlich in tm mdwi̯.t ḥꜣ.tj pw: „Das bedeutet, dass das ḥꜣ.tj-Herz nicht redet“ und mt.w n ḥꜣ.tj jnbꜣ: „Die Gefäße des ḥꜣ.tj-Herzens sind stumm.“ Die Partikel rʾ-pw: „oder“ steht dann, wenn sie zwei Sätze einander gegenüberstellt, normalerweise zwischen den Sätzen. Also ist eigentlich *tm mdwi̯.t ḥꜣ.tj pw rʾ-pw mt.w n ḥꜣ.tj jnbꜣ zu erwarten. Dass das hier nicht der Fall ist, könnte man vielleicht damit erklären, dass ein Aufeinandertreffen von pw und rʾ-pw als stilistisch unschön empfunden wurde. Daher könnte man erwägen, dass hier eher die Konstruktion A B rʾ-pw vorliegt (wie in der Regel dann, wenn nur einzelne Wörter einander gegenübergestellt werden), bei der das rʾ-pw aber in den hinteren Satz, genauer: bis hinter das erste Wort dieses Satzes, hineingerutscht ist. Nur Westendorf 1999, 694 gibt eine andere Lösung: „Das bedeutet, daß das Herz oder die Gefäße des Herzens nicht sprechen, indem sie stumm sind“. Das heißt, er interpretiert jnbꜣ als Stativ und geht davon aus, dass rʾ-pw nicht zwei Sätze, sondern nur zwei Nominalphrasen voneinander trennt, nämlich ḥꜣ.tj von den mt.w n ḥꜣ.tj. Der Grund für diese abweichende Analyse ist der, dass rʾ-pw zwischen ganzen Sätzen laut Wb 2, 396.18–19 erst im Neuägyptischen vorkommt, s. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), S. 307, Anm. 1.
32 gmm=k sw: Der Bezug von sw und damit die Frage, was wr ist, ist unklar. Ebbell 1937, 117 bezieht es auf ft jb, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 29, Anm. 2 nur auf das Herz; Bardinet 1995, 101 auf das Herz oder den Patienten. Westendorf 1999, 694 bezieht sw auf den Patienten (sicherlich, weil diese Formel in Lehrtexten auf den Patienten bezogen wird), und interpretiert wr (j)ḫ.t m rʾ-jb=f mj s-m-jr.t als Adjektivalsatz mit wr als Prädikat und sẖp als substantivisches sḏm=f, das die Funktion des Subjekts übernimmt: „indem es groß/heftig ist, daß Dinge in seinem Magen kreisen/rollen (...)“. S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 180 lehnt Westendorfs Idee ab und hält eine „organische Referenz am probabelsten“, kehrt also zu der Idee von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II zurück.
33 sẖp: Hapax legomenon, Bedeutung unbekannt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 794 schlagen „kreisen, rund sein (?)“ vor, gibt aber zu: „Die Bedeutung ist erraten auf Grund des Vergleichs mit der Iris (...) und des Gebrauchs von sẖp (Beni Has II Taf. 7) beim Herstellen runder Scheiben oder Schalen.“ D. Arnold, Wandbild und Scherbenfund. Zur Töpfertechnik der alten Ägypter vom Beginn der pharaonischen Zeit bis zu den Hyksos, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Abteilung Kairo 32, 1976, 1–34, hier: 5–6 scheint nicht ganz sicher zu sein, ob man an der angegebenen Stelle in Grab 15 von Beni Hassan wirklich sẖp lesen kann; falls ja, schlägt sie vor, es eher mit sẖp: „verschlingen, einschlürfen“ zu verbinden, und sie vermutet, dass dort davon die Rede ist, das Gefäß einen Überzug aufnehmen zu lassen. Sollte das zutreffen, würde dieses sẖp nicht mehr für einen Vergleich mit dem Verb von Eb 855f zur Verfügung stehen. Problematisch ist auch der erste Vergleich, denn es ist nicht eindeutig, ob „wie die Iris“ oder „wie (in) der Iris“ gemeint ist; das Ägyptische formuliert solche Vergleiche teilweise elliptisch, vgl. A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 506.4.
34 sš: Unsicher, ob das Verb zni̯ (Wb 3, 454.14–456.13) in seiner späteren Schreibung (so Ebbell 1937, 117) oder sš: „sich ausbreiten“ (so H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 797, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 5, Westendorf 1999, 694, Bardinet 1995, 101).
35 ꜥq=s ... prr=s: Das singularische Suffixpronomen ist umso auffälliger, als im Folgenden immer mit pluralischen Pronomina auf dḥr.t nb.t verwiesen wird. Vgl. zu dieser Art der Numerusinkongruenz W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 128.cc.
36 Übersetzung unsicher. Das Verb dꜣjr ist transitiv, so dass man entweder annehmen muss, dass das darauf Folgende die Rolle des direkten Objekts einnimmt (so Ebbell 1937, 117: „they displace (?) their clothes“), oder dass eine Ellipse vorliegt (so Westendorf 1999, 695: „Wenn sie (...) (die fremden Dinge) niederzwingen“). Die intransitive Übersetzung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 4 („Wenn sie (...) die Oberhand erhalten“) und die reflexive Übersetzung von Bardinet 1995, 101 („S’ils (...) se calment“) umgehen diese Problematik. Von diesen Vorschlägen ist derjenige von Ebbell unwahrscheinlich, weil der schlagende Mann hinter ḥbs zeigt, dass das Verb „bekleiden“ und nicht das Substantiv „Kleidung“ vorliegt. Die Vorschläge von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I und Bardinet sind mangels sicheren Gegenbeweises, dass dꜣjr gar keine intransitive Bedeutung haben kann, zumindest nicht auszuschließen. Bislang nicht diskutiert wurde die Analyse als Infinitiv, der die Nominalstelle einer jr-Einleitung übernimmt. Dies hätte mehrere Vorteile: Die Objektstelle wäre besetzt, nämlich durch das Suffixpronomen =sn, und dieses würde sich, wie auch sonst in Eb 855h, auf die dḥr.t-Krankheiten beziehen. Ein Gegenargument wäre nur, dass sich spätestens bei ḥbs=sn dḥr.t das Suffixpronomen auf etwas anderes als dḥr.t beziehen muss, so dass sich bei einer Auflösung von dꜣjr=sn als Infinitiv mit Objektspronomen das Pronomen =sn im selben Satz einmal auf dḥr.t und einmal auf mt.w (?) beziehen würde. Ob man erwägen kann, dass es ein Objektspronomen st (mit Bezug auf (j)ḫ.t, wie es Westendorf 1999 denkt) oder sn (mit Bezug auf die Krankheit?) nach dꜣjr=sn gegeben hat, das aufgrund einer Haplographie ausgefallen ist?
Der Vollständigkeit halber sei die Möglichkeit erwähnt, dꜣjr passivisch zu übersetzen; dabei müsste man das zweite sn als enklitisches, d.h. Objektspronomen deuten, damit der Satz sinnvoll wird: jr dꜣjr=sn ḥbs sn dḥr.wt pw: „Wenn sie (d.h. dann die Gefäße???) bezwungen werden, bedeutet es, dass die Bitternis-Krankheiten sie bedecken.“ Das ist jedoch auszuschließen, weil auch der folgende Satz den Sieg der Krankheit benennt und man annehmen sollte, dass man sowohl einen guten als auch einen schlechten Krankheitsausgang erwähnt findet und nicht nur zwei schlechte.
37 ḥṯꜣ: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 640 verbindet es vorschlagsweise mit ḥṯ: „verzieren, tauschieren“. Das folgende m interpretieren von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 4 und explizit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 27, Anm. 3 als m of predication, weil nḏḥḏḥ sowohl vom ḥꜣ.tj-Herzen (Eb 855h) als auch vom jb-Herzen (Eb 855i) gesagt wird. Bei dem Verb ḥṯ leitet die Präposition m dagegen immer eine Instrumentalbestimmung ein. Aber was sollte das hier bedeuten? Bardinets „se déverse dans“ (Bardinet 1995, 103) ist mehr oder weniger geraten und ergibt sich wohl nur aus der Parallelisierung mit ḥꜣḥꜣ, das dem Klassifikator nach irgendeinen Fließvorgang benennt, dessen Bedeutung aber ebenso unklar ist.
38 ḥꜣḥꜣ: Mit dem speienden Mund klassifiziert. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 584 verbinden es mit ḥḥ: „vom Fluten des Nils“ (Wb 3, 152.9) und ḥḥ: „Bez[eichnung] des Überschwemmungswassers“ (Wb 3, 152.13).
39 m snf: Lokale Übersetzung mit Ebbell 1937, 117, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 117 und Bardinet 1995, 103. DZA 30.623.920, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 4 und Westendorf 1999, 695 übersetzen dagegen komitativ.
40 kt(t) ist nach W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 322.bb mit Anm. 3 ein (scil.: unpersönliches) sḏm=f, vgl. auch H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 271, s.v. prj A.IV.b. A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 316, Anm. 8 listet diesen Satz dagegen als Beleg für ein “old perfective qualifying the subject of certain verbs“ auf und interpretiert demzufolge prr auch eher als Vollverb denn als Auxiliar, wie von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I dies tun.
41 dmꜣ: Die Grundbedeutung ist „zusammenbinden“; es ist wohl eine Wurzelvariante zu zmꜣ: „vereinigen“, s. G. Fecht, Ptahhotep und die Disputierer (Lehre des Ptahhotep nach Pap. Prisse, Max. 2-4, Dév. 60-83), in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Abteilung Kairo 37, 1981, 143–150, hier: 149, Anm. (a). Wegen des Klassifikators, der Sonne mit Strahlen, schlagen H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 978 sogar die über das hier verwendete „abbinden“ hinausgehende Bedeutung „gerinnen“ vor.
42 rwi̯=f sw ḥr heißt „sich von etw. entfernen“, s. Wb 2, 407.2. Wenn Ebbell 1937, 117 übersetzt „it moves itself to its left breast“, beruht das noch auf der inzwischen veralteten Übersetzung aus der Zeit der Zusammenstellung der Belege des Berliner Wörterbuchs. S. DZA 24.431.660: „es stürzt sich auf die linke Brust“, was auf DZA 25.859.990 später um die Alternative „es entfernt sich von der linken Brust“ erweitert wurde.
43 twn ḥr: Schon Wb vermutet, dass damit eine Unruhe ausgedrückt werden soll, vgl. DZA 31.221.480: „vom Herzen (das auf seiner mk.t nicht ruhig ist o.ä.)“. Das heißt, die Präposition ḥr wird lokal aufgefasst; so dann Ebbell 1937, 117: „it pushes on its seat“, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 6: „so stößt es ⟨sich ab⟩ auf seiner Unterlage“, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 35: „il s’agite sur sa base“, Bardinet 1995, 106: „il tape sur son support“, Westendorf 1999, 696: „so stößt es auf seine Unterlage“. Die letztgenannten Übersetzungen haben schon eine leicht direktive Nuance. Und es fragt sich, ob man die Stelle vielleicht tatsächlich eher direktiv auffassen sollte: So erwähnen nämlich sowohl der vorige wie der folgende Satz ein rwi̯-Entfernen des Herzens aus seiner Umgebung. Sollte das dazwischengeschaltete twn vielleicht die Rückbewegung andeuten, so dass der „Tanz“ des Herzens (Beginn von Eb 855n) darin besteht, dass es sich von seinem Platz weg-, wieder hin-, und dann wieder wegbewegt? Andererseits ist direktives twn im Sinne von „vorstoßen in Richtung auf“ auf dem pRhind mit twn r, nicht mit twn ḥr gebildet (W. Helck, Historisch-biographische Texte der 2. Zwischenzeit und neue Texte der 18. Dynastie, 2. Auflage, Kleine ägyptische Texte 6.1 (Wiesbaden 1983), 78).
44 ꜥḏ.t: Mit ꜥḏ: „Fett“ zusammenhängend. Ebbell 1937, 117 denkt an „adipose (sac) (?)“, G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 36, Anm. 1 an den „muscle cardiaque“; H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 159 schwanken zwischen der „Herz-Masse als Ganzes oder nur [der] äußere[n] weißliche[n], wie Fett aussehende[n] Einbettung des Herzens“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 6 und Westendorf 1999, 696 bleiben bei einer unspezifischen „Fettmasse“; ebenso Bardinet 1995, 106: „sa masse“ (worauf sein Alternativvorschlag „sa bordure“ beruht, ist unklar – vielleicht nur aus der in Eb 855n erwähnten Annäherung von ꜥḏ.t an die Schulter).
45 npꜣ: Die Lesung des hieratischen Vogels ist unsicher. Wreszinski 1913 transliteriert ihn als G38 mit Fragezeichen. Ebbell 1937, 118 transkribiert „nbꜣ (?)“, hat also an den bꜣ-Vogel gedacht. Möller 1909, s.v. Nr. 221 und 222, Anm. 3 führt die Stelle eher als Beleg für G40/41 auf, gesteht aber auch, dass die Lesung unsicher sei. Vgl. immerhin die von ihm ebenfalls angeführte Form aus dem Lebensmüden, die derjenigen des pEbers relativ ähnlich sieht. Grapow 1958, 10 und H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 456 entscheiden sich für G41 und kommen damit zur Lesung npꜣ. Dieses Wort verbinden H. von Deines – W. Westendorf unter Vorbehalt mit dem npꜣpꜣ: „flattern“ des pEdwin Smith. Gewisse Zweifel bleiben allerdings, denn dann würde man eigentlich noch einen komplementierenden Schmutzgeier erwarten. Bardinet 1995, 107 trennt dagegen in eine Negation n und das Verb pꜣ: „flattern“ (hier dann metaphorisch als „battre“), das in der gleichen Konstruktion und mit Bezug auf die mt.w-Gefäße in Zeile 170 der Metternichstele vorkommt. Diese Idee lehnt Westendorf 1999, 696, Anm. 245 ab, weil in den medizinischen Texten üblicherweise negative Formulierungen durch negierte Aussagen erklärt würden, was hier dann nicht der Fall wäre.
46 jb=f: Aufgrund des Vergleichs mit einem Mann, der unreife Sykomorenfrüchte gegessen hat, emendiert Ebbell 1937, 118 kommentarlos zu ⟨rʾ-⟩jb: „stomach“.
47 zp.w: Deutung als „Krankheitsfälle“ mit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 6 und II, 29, Anm. 3 sowie Westendorf 1999, 697. Ebbell 1937, 118 und Bardinet 1995, 110 übersetzen „Male“.
48 dpw ist, nach dem Faksimile zu schließen (das Original dieser Seite ist Kriegsverlust), eine Korrektur.
49 Das Verschlucken des Herzens scheint Ohnmacht oder Geistesabwesenheit zu meinen. Westendorf 1999, 697, Anm. 248 denkt zudem an zusätzliche Erscheinungen wie Sodbrennen, weil vom Schmecken des Herzens die Rede ist.
50 nbꜣ: B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo 2. Hist.-Filos. Klasse 1938 (3) (Oslo 1938), 25–26 verbindet es unter Vorbehalt mit hebräisch נבא, das „rasen, prophetieren“ bedeutet (was nebenbei lautlich nicht möglich ist, weil ägyptisches ꜣ keinem hebräischen א entspricht); und er denkt an einen manischen Zustand. Dazu passen s.E. das Eindringen von oben (er liest mit Wreszinski 1913 noch m ḥr.t; zur Lesung m-rw.tj vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 155), was ihn „an eine Art ‚Besessenheit‘ denken“ lässt, und die Verortung im jb-Herzen. J. Osing, Die Nominalbildung des Ägyptischen, Sonderschrift des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo 3 (Mainz 1976), 785 folgt Ebbell, verweist aber eher auf das demotische und koptische Derivat lbj resp. ⲗⲓⲃⲉ, das ebenfalls „rasen“ bedeutet. W. A. Ward, The four Egyptian homographic roots B-ꜣ. Eymological and Egypto-Semitic studies, Studia Pohl. Series maior 6 (Rome 1978), 27 verbindet das Wort eher mit einer Wurzel bꜣ/pꜣ, die „flattern“ u.ä. bedeutet, und übersetzt mit „trembling“. J. F. Borghouts, s.v. Magie, in: Lexikon der Ägyptologie III, 1980, 1137–1151, hier: 1140, s.v. „Magie“, schlägt „madness“ vor.
51 ꜥq.t m rw.tj: „das, was von außen eindringt” scheint personalisiert zu sein, wie der sowohl im Layout wie in seiner Größe ungewöhnliche Klassifikator einer sitzenden Gestalt mit zwei Zöpfen (?; oder: Federn (?), d.h. ein Libyer???) auf dem Kopf zeigt. Ungewöhnlich ist allerdings die Femininendung von ꜥq.t, denn man würde zunächst einen männlichen Dämon erwarten. Die Annahme, dass ein Kompositum vorliegen könnte, wird schon in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 526, Anm. 1 und von J. Osing, Die Nominalbildung des Ägyptischen, Sonderschrift des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo 3 (Mainz 1976), 785 angedeutet. Osing übersetzt diese Phrase schlicht als „dämonische Einwirkung“, was Westendorf 1999, 679 dann als Erklärung eines wörtlichen „etwas, das von außen eingedrungen ist“ in Klammern hinzufügt. Personalisiert als Dämon aufgefasst von W. A. Ward, The four Egyptian homographic roots B-ꜣ. Eymological and Egypto-Semitic studies, Studia Pohl. Series maior 6 (Rome 1978), 27: „(the demon) called He-who-enters-from-outside“; unter Berücksichtigung der Femininendung wäre es wohl eher „(die Dämonin) Die-von-außen-eindringt”.
Eb 856–877: „Buch zum Ausmerzen von Krankheitsauslösern (?)“
Beginn der Verso-Seite
Eb 856
[Eb 856a, vgl. Bln 163a] [103,1] Anfang des Buches zum Ausmerzen von Krankheitsauslösern (?) in allen Körperteilen eines Mannes, als etwas, das in den Schriften unter den Füßen (einer Statue) des Anubis in Letopolis gefunden wurde, das zur Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten (Usaphais)|1, des Gerechtfertigten, gebracht wurde:
[Eb 856b, vgl. Bln 163b] Was einen Menschen (wörtl.: Mann) angeht: 222 Gefäße in ihm (führen) zu seinem ḥꜣ.tj-Herzen. Sie sind es, die allen seinen Körperteilen 〈Luft〉3 geben.
[Eb 856c = Bln 163c] Zwei Gefäße in ihm bilden ein Kreuzgeflecht zu seiner Brust. (oder: Zwei Gefäße in ihm sind im Kreuzgeflecht seiner Brust.) Sie sind es, die Hitze im Rektum erzeugen.
Was diesbezüglich zu tun ist: Frische Datteln: ∅, ḥm.w-Teile der kꜣkꜣ-Pflanze: ∅, [103,5] tpꜣ.wt-Teile der Sykomore: ∅.4 Werde mit Wasser zu einer homogenen Masse zerstoßen; werde ausgepresst. Werde über 4 Tage hinweg zu trinken gegeben.
[Eb 856d = Bln 163d] Zwei Gefäße in ihm (führen) zu seinem Oberschenkel. Wenn er (d.h. der Patient) an seinem Oberschenkel leidet5 und seine6 Beine zittern, sagst du folglich dazu: „Dies ist7 ein Kreuzgeflecht-Gefäß seines Oberschenkels, das sich eine Krankheit eingefangen (wörtl.: angenommen) hat.“
Was diesbezüglich zu tun ist: Pflanzenbrei: ∅, sꜥꜣm-Pflanzen: ∅, Natron: ∅. Werde zu einer homogenen Masse verkocht. Werde vom Mann über 4 Tage hinweg getrunken.
[Eb 856e, vgl. Bln 163e] (Zwei Gefäße in ihm führen zu seinem Nacken.) Wenn er an seinem Nacken leidet und seine Augen trübe sind, sagst du folglich dazu:8 „Diese sind Gefäße seines Nackens, die sich eine Krankheit eingefangen (wörtl.: angenommen) haben.“8
Was diesbezüglich zu tun ist:9 [103,10] „Stechholz“: ∅, Schmutzwasser des Wäschers: ∅, Beeren vom Phönizischen Wacholder: ∅, Früchte/Samen der šꜣms-Pflanze10: ∅.11 Werde mit Honig vermengt. Werde an seinen Nacken gegeben; (dieser) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
[Eb 856f = Bln 163f] Zwei Gefäße darin (führen) zu seinem Oberarm.
Wenn er (d.h. der Patient) an seiner Schulter leidet und seine Finger zittern, sagst du folglich dazu: „Das ist das Sekret.“
Was diesbezüglich zu tun ist: Er soll zum Erbrechen gebracht werden mithilfe von Fischen mit Bier und mit ḏꜣjs-Pflanzen oder Fleisch, und seine Finger sind mit Flaschenkürbis zu verbinden, so dass er gesund wird.
[Eb 856g = Bln 163g] Zwei Gefäße in ihm (führen) zu seinem12 Hinterkopf.
Zwei Gefäße in ihm (führen) zu seiner12 Stirn13.
Zwei Gefäße in ihm (führen) zu seinem12 Auge.
Zwei Gefäße in ihm (führen) zu [103,15] seiner12 Augenbraue.
Zwei Gefäße in ihm (führen) zu seiner12 Nase.
Zwei Gefäße in ihm (führen) zu seinem rechten Ohr; in sie dringt der Hauch des Lebens ein.
Zwei Gefäße in ihm (führen) zu seinem linken Ohr; in sie dringt der Hauch des Todes ein.
[Eb 856h = Bln 163h] (Sie) kommen alle zu seinem ḥꜣ.tj-Herzen. (Sie) teilen sich zu seiner Nase hin (und) vereinigen sich alle an seinem Hintern. Durch sie entsteht eine Krankheit seines Hinterns. Es sind die Ausscheidungen, die das Kommen14 (der Krankheit) herbeiführen. Es sind die Gefäße zu den Beinen, die abzusterben beginnen (d.h. an denen das Sterben beginnt).
1 Die Lesung des Thronnamens ist umstritten, vgl. die Diskussion bei D. Wildung, Die Rolle ägyptischer Könige im Bewusstsein ihrer Nachwelt. Teil I: Posthume Quellen über die Könige der ersten vier Dynastien, Münchner Ägyptologische Studien 17 (Berlin 1969), 29–30. Zeitgenössisch wird er mit zwei Fremdlandzeichen und einem t geschrieben, weshalb der Name am häufigsten ḫꜣs.tj gelesen wird (vgl. J. von Beckerath, Handbuch der ägyptischen Königsnamen, Münchner Ägyptologische Studien 49 (Mainz 1999),, 38), obwohl auch smj.tj möglich ist (so G. Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne de l’époque pharaonique (Paris 1956), 37). In späterer Zeit ist das Fremdlandzeichen zu Gardiner Aa8 abgewandelt worden. Diesbezüglich wird die Lesung qn.tj diskutiert (vgl. Wildung, S. 29 und von Beckerath, S. 38), was zu Manethos Form Κενκένης geführt haben soll. Diese Erklärung ist allerdings seit Quacks Argumentation gegen die Lesung qn für Aa8 (J. F. Quack, Zur Lesung von Gardiner Sign-List Aa 8, in: Lingua Aegyptia 7, 2000, 219–224) als hinfällig zu werten; wie es zu der Namensform Κενκένης kam und ob dahinter überhaupt derselbe König steht, ist daher wieder offen. Bereits Wildung sprach sich dafür aus, dass auch diese Schreibungen mit Aa8 als ḥsp.tj zu lesen sind, und so liest er ebd. und S. 21 auch den Namen in Eb 856a. Außerdem gibt es auch noch (Fehl-)Schreibungen des Königsnamens mit zwei Landzeichen mit Bewässerungskanälen, N24. Diese dürfte wohl spꜣ.tj zu lesen sein, was meist als Grundlage für Manethos Form Οὐσαφάϊς gesehen wird. Es wäre jedoch zu diskutieren, ob die griechische Namensform Οὐσαφάϊς nicht eigentlich aus einem *ḥsp.tj entstanden ist, weil spꜣ.tj das initiale Οὐ- der griechischen Form nicht erklären würde.
2 Korrektur der Zahl nach Bln 163b und der Summe der im Folgenden einzeln aufgezählten Gefäße (inklusive Eb 865e, wo das einleitende jw mt 2 wohl nur ausgefallen ist), vgl. Westendorf 1999, 698 mit Anm. 252. Auch die emendierte Zahl weicht jedoch von der Anzahl der in Eb 854+855 aufgezählten Gefäße ab, was zeigen könnte, dass weder dort noch hier eine vollständige Auflistung aller Gefäße eines menschlichen Körpers intendiert war, was viele Übersetzungen dadurch suggerieren, dass sie diesen und vergleichbare jw-Sätze wie Existenzssätze („es gibt x Gefäße, wobei sie die Eigenschaften a,b,c usw. haben“) oder jn-Konstruktionen („X Gefäße sind es, die die Eigenschaft a,b,c usw. haben“) übersetzen.
3 Ergänzung nach Bln 163b.
4 Bln 163c fügt dem noch Wasser hinzu.
5 dꜣ rd.wj=fj: Es ist nicht eindeutig, ob dies parallel zu mn=f mn.t=f ist, oder ob es ihm untergeordnet ist, also das Leiden der Oberschenkel nur näher beschreibt, vgl. S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 181.
6 rd.wj=fj ḏd: Auf dem Faksimile liegt das f des Suffixpronomens =fj über dem ḏd. Falls das tatsächlich der Fall war (die Kolumne ist Kriegsverlust, so dass das Original nicht mehr geprüft werden kann), wäre mindestens das =fj ein Nachtrag oder eine Korrektur – wenn nicht sogar noch mehr, weil sonst eine kleine Lücke zwischen rd.wj und ḏd gewesen wäre.
7 Zwischen pꜣ und pw zeigt das Faksimile einen winzigen roten und schwarzen (?) Farbrest (???). Falls das Absicht und nicht nur ein Druckfehler ist, könnte auch das auf eine Korrektur hindeuten.
8 Nicht in Bln 163e.
9 jrr.wt r=s: Die Pluralstriche von jrr.wt und das r=s sind so klein ans Zeilenende gequetscht, dass sie im Grunde fast als Nachtrag zu werten sind. Leider ist eine Überprüfung am Original nicht mehr möglich.
10 šꜣmy.t: Wb 4, 411.5 vergleicht mit dem maskulinen šꜣm.w: „schmutzige Wäsche“ (Wb 4, 411.4) und dem koptischen Verb ϣⲱⲙ: „waschen“ und vermutet in šꜣmy.t „Schmutzwasser“. Schon H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 476 übersetzt aber mit „Wasch- oder Spülwasser“ und lässt damit offen, ob das Wort eher *„schmutziges Wasser“ ist oder *„Wasser, was man zum Reinigen schmutziger Wäsche braucht“, d.h. „Waschwasser“. Das führt dazu, dass Westendorf 1999, 506 bei šꜣmy.t eher zur zweiten Bedeutung tendiert, nämlich zu „Lauge (des Wäschers)“, „Lauge, wie sie der Wäscher benutzt“; er stellt dem ein maskulines šꜣm.w (Wb 4, 411.6, H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 476–477) als „schmutzige, gebrauchte Lauge“ gegen. Diese semantische Unterscheidung scheint jedoch rein hypothetisch zu sein und einzig der Notwendigkeit geschuldet zu sein, in der Übersetzung zwischen dem femininen und dem maskulinen Begriff unterscheiden zu können.
11 In Bln 163e fehlen die Beeren vom Phönizischen Wacholder, und statt Früchte/Samen von šꜣms sollen Dillsamen verwendet werden.
12 Sowohl das Suffixpronomen von mkḥꜣ: „Hinterkopf“ als auch das von dhn.t: „Stirn“ liegen über dem jeweils nachfolgenden jw; Gleiches gilt vielleicht auch für das Pronomen von jr.t: „Auge“, obwohl dort das =f am unteren Ende des j steht, was eine Entscheidung schwer macht. In diesen zwei (oder drei) Fällen ist das Suffixpronomen also vielleicht nachgetragen, sofern das Faksimile in dieser Hinsicht genau ist. Das =f von jnḥ: „Augenbraue“ muss dagegen in einem Zug mit jnḥ selbst mitgeschrieben worden sein, weil andernfalls der Freiraum unter dem Klassifikator nicht zu erklären wäre. Das =f von šr.t: „Nase“ scheint eher unter dem nachfolgenden jw zu liegen, ist also vor ihm geschrieben worden.
13 dhn.t: In Bln 163g steht stattdessen ḥḥ: „Hals“.
14 Das Logogramm von jwi̯, die laufenden Beinchen, ist aufgrund von Haplographie ausgefallen. Vgl. die Parallele Bln 163h, wenn auch dort mit nmt.t.
Eb 857–877: Lehrtexte zu Geschwülsten (das „Geschwulstbuch“)
Eb 857
[Eb 857a] Erfahrungswissen zu einer ḥnḥn.t-Geschwulst1 an der Kehle eines Mannes:
Wenn du dieses an der Kehle eines Mannes mit einer Verschiebung2 [104,1] des ꜥr.wt-Stoffes, der an der Vorderseite ist, feststellst, (und) findest du sie wie etwas vor, in/an (?)3 dem „Kleidung“ ist, und das, indem sie weich ist unter deinen Fingern und etwas darauf wie pꜥpꜥ.yt-Stoffe ist, [Eb 857b] sagst du anschließend dazu:
„(Das ist) einer mit einer ḥnḥn.t-Geschwulst aus Fett infolge einer Verlagerung des ꜥr.wt-Stoffes an der Kehle eines Mannes.
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
[Eb 857c] (Und) du bereitest dafür folglich Mittel zum Veranlassen, dass (sie) durch wirksame Mittel (?) verschwindet:
sjꜣ-Droge: ∅, twn-Pflanzen: ∅, [104,5] Propolislösung (?; wörtl.: Fliegenblut)4: ∅, Galle eines Rindes: ∅, unterägyptisches Salz: ∅, Mehl von Langbohnen: ∅.
Werde zermahlen. (Die Kehle) werde darüber 4 Tage lang verbunden.
1 ḥnḥn.t: B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 63, 1928, 71–75, hier: 72 stellt dafür etwas apodiktisch die Bedeutung „Schwellungen der Lymphdrüsen“ in den Raum. (In der ḥnḥn.t n.t ry.t sieht er in B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 63, 1928, 115–121, hier: 119–121 „Scrophuloderma“.) Nach den Zaubersprüchen für Mutter und Kind, E, ist die bn.wt-Schwellung „der Bruder des Blutes, Freund des Eiters, Vater der ḥnḥn.t-Geschwulst“; d.h. die ḥnḥn.t-Geschwulst wird nach ägyptischen Vorstellungen von bn.wt-Schwellungen hervorgebracht. Sie hat in den Lehrtexten Eb 857–862 diverse Spezialformen: Sie kann an der Kehle, bzw. weiter gefasst: der Vorderhalsregion, vorkommen und kann durch Verlagerung von ꜥr.wt-Krankheitsstoffen und Eiter sowie durch Fett verursacht werden bzw. beinhaltet diese Dinge. Sie wird einmal operativ behandelt und ansonsten mithilfe von Verbänden; das in Eb 862 verschriebene Puder spricht H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 609 zufolge vielleicht für eine nässende Erscheinung. Insgesamt sprechen sich H. von Deines – W. Westendorf für eine Art Geschwür (d.h. eine Gewebeabnahme) aus, ohne dies weiter zu spezifizieren. Spätere Übersetzungen gehen eher von einer Geschwulst, also einer Gewebezunahme aus; dafür sprechen auch die Beschreibungen (S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 184). Doch auch in diesen Fällen bleiben die Übersetzungen unspezifisch, wie etwa „gonflement-henhenet“ (Bardinet 1995, 365 und passim). Westendorf 1999, 297–298 leitet den Namen von ḥnḥn: „behindern, zurückhalten“ her und vermutet eine „Stauungs-Geschwulst“. So übersetzt er auch die Geschwulst in Eb 857; in den übrigen Fällen schreibt er „Anschwellung (ḥnḥn.t)“. S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 184 und passim bleibt bei vorsichtigem „ḥnḥn.t-Geschwulst“.
2 wd.t: Sicher mit wdi̯: „legen, setzen; stoßen, werfen“ zusammenhängend. Ebbell 1937, 120 („attack“) und Bardinet 1995, 365 („l’attaque“) scheinen es eher als Ableitung von „stoßen, werfen“ zu verstehen. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 234 betonen, dass von einer „Verlagerung“ von Krankheitsstoffen von einer Körperstelle zu einer anderen die Rede sei. Dieser Auffassung folgen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, Westendorf 1999 und S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015). Dieser unterschiedlichen Auffassung entsprechend deuten Ebbell und Bardinet die Präposition m in Eb 858 und 859 als „einfallen wohin“, während H. von Deines – W. Westendorf und die ihnen folgenden Übersetzungen an eine „Verlagerung woher“ denken. Eigentlich bedeutet auch wdi̯ m „etw. wohin legen“, Wb 1, 385.2–7; andererseits wäre es verwunderlich, wenn einerseits von der Verlagerung von Krankheitsstoffen in irgendwelche (scil.: beliebigen) Körperteile gesprochen wird, sich andererseits die Krankheit aber konkret an der Halsregion manifestiert.
3 mj n.t(j).t ḥbs jm=s: Ebbell 1937 und Bardinet 1995 gehen von der Grundbedeutung m: „in“ aus und übersetzen daher dahingehend, dass Kleidung „in“ dem Vergleichsobjekt ist. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 222, und S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 183 übersetzen „an dem ein Überzug ist“; Westendorf 1999, 700 gibt beide Alternativen: „in/an dem ein Überzug ist“. Radestock vermutet hierin einen „hautartigen Überzug“ (S. 185); dass sich dieser „innerhalb des Tumors“ befindet, lehnt sie dezidiert ab. Es sei aber darauf hingewiesen, dass in diesem Relativsatz nicht die ḥnḥn.t-Geschwulst selbst beschrieben wird, sondern „etwas“, das „wie“ sie ist (mj n.t(j).t). Dieses Vergleichsobjekt könnte sehr gut bspw. ein kleider- oder stoffgefülltes Bündel, ein Kleidersack o.ä. sein; dazu würde auch als Tertium comparationis passen, dass es „weich“ (gnn) ist, wenn man seine Hand darauf legt.
4 Ägyptisch snf ꜥff: „Fliegenblut“ bzw. snf n ꜥff: „Blut einer Fliege“. Nur in Eb 857c und Eb 860c genannt; außerdem ist das ꜥff inEb 858c 858 mit Sicherheit ebenfalls zu ⟨ḥs (n)⟩ ꜥff zu ergänzen, vgl. schon H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 448, Anm. 1 zu snf. T. Bardinet, La mouche et l’abeille: L’utilisation de la propolis d’après les textes médicaux de l’Égypte pharaonique. Deuxième partie: Les emplois thérapeutiques, in: Göttinger Miszellen 171, 1999, 23–41, hier: 36–38 vermutet darin das „extrait aqueux de propolis“, vgl. seine Identifikation des analog gebildeten ḥs (n) ꜥff: „Fliegenkot“ als „Propolis“ im selben Beitrag.
Eb 858
[Eb 858a] Erfahrungswissen zu einer ḥnḥn.t-Geschwulst, die infolge einer Verlagerung von Krankheitsauslösern (?) entstanden ist:
Wenn du die ḥnḥn.t-Geschwulst feststellst, die infolge einer Verlagerung von Krankheitsauslösern (?) ((in alle(n) Körperteile(n) eines Mannes))1 entstanden ist, (und) findest du sie in der Beschaffenheit einer zersetzten ḫzd-Geschwulst vor, deren Haut/Oberfläche fest ist, aber nicht zu sehr, (und) wenn {er}〈sie〉 (d.h. die ḥnḥn.t-Geschwulst) sich mit (?; oder: in Form von)2 Eiter im Inneren seines Körpers zersetzt,3 [Eb 858b] sagst du anschließend dazu:
„(Das ist) einer mit einer ḥnḥn.t-Geschwulst von Krankheitsauslösern (?), die [104,10] Eiter produziert hat.
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
[Eb 858c] (Und) du bereitest dafür folglich Mittel zum Zerbrechen der Erhebungen4 und Holen des Eiters:
twn-Pflanzen: ∅, Früchte/Samen der tḥwꜣ-Pflanze: ∅, Propolislösung (?; wörtl.: Fliege〈nblut〉): ∅, unterägyptisches Salz: ∅, Flaschenkürbis: ∅, Senf (?): ∅, Mehl von ꜥmꜥꜥ-Körnern (der Gerste/des Emmers): ∅, Mehl von Langbohnen: ∅, Rinderfett: ∅, Wachs: ∅.
Werde gekocht. (Die betroffene Stelle) werde darüber verbunden, so dass er gesund wird.
1 m ꜥ.wt nb.t n(.t) s: Der Nachtrag steht im Interkolumnium zwischen Kol. 103 und 104; ein Kreuz nach wḫd.w markiert, dass er dort einzufügen ist. Wreszinskis Anfügung dieses Nachtrags am Ende der Überschrift, der Ebbell 1937, 120 und Bardinet 1995, 365 folgen, ist daher falsch.
2 m ry.t: In der Regel komitativ aufgefasst: „mit Eiter“. Es ist aber nicht auszuschließen, dass eine andere Aussage vorliegt, nämlich „zu Eiter werden“ o.ä. Denn ein reines Begleitsymptom der ḥnḥn.t-Geschwulst wäre vielleicht eher mit einem echten oder virtuellen Umstandssatz angeschlossen worden.
3 ẖnn: Sicher von ẖnn: „stören“ u.ä. abzuleiten. Im Totenbuchspruch 154 steht es einmal neben ḥwꜣ: „verfaulen“ und jmk: „verwesen“ (?), ein anderes Mal neben ḥtm: „vergehen“ und jꜣṯ: „verletzt sein (?)“. Wb 3, 384.2 vermutet „entzündet sein o.ä.“. Ebbell 1937, 121 übersetzt, vielleicht basierend auf der Nähe zu jmk und ḥtm, mit „decay“; ähnlich dann H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 687: „zersetzen“, worauf dann die jüngeren Übersetzungen basieren.
4 twꜣ.w: Die zurückhaltenden Übersetzungen „Schwellung (?)“ (Wb 5, 251.3), „Erhebungen“ (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 938) resultieren aus der Ableitung von twꜣ: „stützen, erheben“. Ebbell 1937, 121 denkt an eine „suppurating membrane“: Die Anweisung, dass sie zerbrochen werden kann und dann Eiter erscheint, führt ihn zur Eiterbeule; da es aber einerseits auch andere ägyptische Wörter für die Eiterbeule gäbe, andererseits die Bedeutung „Eiterbeule“ nicht an allen Stellen passt, an denen twꜣ.w genannt sei, sieht er darin eher die „pyogene Membran, die den Eiter in einer Eiterbeule umgibt“ (B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 64, 1929, 117–122, hier: 119–120). Ob man in der Übersetzung allerdings dermaßen konkret werden kann oder sollte, ist fraglich.
Eb 859
[Eb 859a] Erfahrungswissen zu einer ḥnḥn.t-Geschwulst, die infolge einer Verlagerung eines ꜥr.wt-Stoffes (und) von Eiter entstanden ist:1
Wenn du die ḥnḥn.t-Geschwulst an der šꜣšꜣ.yt-Halsgegend (?) [104,15] eines Mannes feststellst, die infolge einer Verlagerung des ꜥr.wt-Stoffes (und) von Eiter in alle(n) Körperteile(n) eines Mannes entstanden ist, (und) findest du ihren Kopf spitz vor und erhoben wie eine Brust, indem Eiter an ihrem Ort zusammengelaufen ist (?)2, [Eb 859b] sagst du anschließend dazu:
„(Das ist) einer mit einer ḥnḥn.t-Geschwulst an seiner šꜣšꜣ.yt-Halsgegend (?), indem Eiter an ihrem Ort3 zusammengelaufen ist (?).
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
[Eb 859c] (Und) du bereitest dafür folglich Mittel, sie durch ein Heilmittel (?) zu zersetzen:
Zwiebeln/Knoblauch: ∅, Dattelsaft: ∅, tḥwꜣ-Pflanzen: ∅, Kreuzkümmel: ∅, unterägyptisches Salz: ∅, Datteltrester: ∅, Mehl von Langbohnen: ∅, Früchte/Samen [104,20] der šꜣms-Pflanze: ∅, Honig: ∅, Öl/Fett: ∅.
Werde zu einer homogenen Masse vermischt. (Die betroffene Stelle) werde darüber 4 Tage lang verbunden, [105,1] so dass ihm angenehm ist.
1 Das Rubrum wirkt gegenüber dem vorherigen Text und v.a. gegenüber der schwarz geschriebenen Zeile 104,16 etwas gedrängt und auch etwas kleiner. Ob es partiell eine Korrektur eines älteren Textes ist? Da die Kolumne zu den Kriegsverlusten gehört, kann dies leider nicht am Original geprüft werden.
2 pḥr.tj m s.t=s: Ebbell 1937, 121 und S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 188–189 übersetzen dies direktiv („running in its place“; „ist zusammengelaufen an ihrer Stelle“); von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 223 und Bardinet 1995, 366 gehen dagegen davon aus, dass nach altägyptischer Vorstellung der Eiter ganz regulär im Körper vorkomme und nur seine Verlagerung krankhaft sei, und übersetzen ablativ („ist ⟨zusammen⟩gelaufen von seiner Stelle“, „étant en train de provenir de son lieu naturel“). Westendorf 1999, 701 ist inkonsequent und übersetzt beim ersten Mal direktiv, beim zweiten Mal ablativ. Die Verbindung pḥrr m + Ortsangabe ist nicht idiomatisch, sie ist außerhalb des pEbers nur noch einmal in einem ptolemäerzeitlichen Text aus Edfu belegt und ist dort lokal: pḥrr m p.t: „durch den Himmel ziehen“ (DZA 23.460.420). Die üblichere idiomatische Verbindung zum Ausdruck „laufen wohin“ (direktiv) ist dagegen pḥrr r/n, Wb 1, 541.7–8.
3 s.t=s: Ebers’ Faksimile (Ebers 1875) zeigt einen schwarzen Farbklecks neben dem Hausgrundriss von s.t. Falls dies Absicht und nicht nur ein Druckfehler ist, könnte der Klecks zu einem älteren, schwarzen Text gehören. Da die Kolumne zu den Kriegsverlusten gehört, kann dies leider nicht am Original geprüft werden.
Eb 860
[Eb 860a] Erfahrungswissen zu einer ḥnḥn.t-Geschwulst von Fett an seiner Vorderhalsregion:
Wenn du eine ḥnḥn.t-Geschwulst von Fett in seiner Vorderhalsregion feststellst, (und) findest du sie wie eine Ansammlung von Fleisch vor, indem sie weich ist unter deinen Fingern, und das, indem ihre Beschaffenheit weiß und ---1 ist, [Eb 860b] sagst du anschließend dazu:
„(Das ist) einer mit einer ḥnḥn.t-Geschwulst von Fett in seiner Vorderhalsregion. (Das ist) eine Krankheit, die ich durch eine Messerbehandlung behandeln werde.“ Gib (dabei) auf [105,5] die Gefäße acht!
[Eb 860c] (Und) du bereitest dafür folglich Mittel, sie durch Verbinden und das Zerbrechen der Erhebungen zu behandeln:
twn-Pflanzen: ∅, tḥwꜣ-Pflanzen: ∅, Früchte/Samen der šꜣms-Pflanze: ∅, Blut des ḥwr-Vogels/Insekts: ∅, Propolislösung (?; wörtl.: Blut einer Fliege): ∅, šꜣšꜣ-Früchte: ∅, Honig: ∅, ꜥmꜣ.w-Pflanzen/-Früchte: ∅, „Großer-Schutz“-Droge: ∅, unterägyptisches Salz: ∅.
Werde zermahlen. Werde zu einer homogenen Masse verarbeitet. (Die Vorderhalsregion) werde darüber verbunden.
1 dg.y: Ohne Klassifikatoren, die vielleicht in den 2,5 Schreibquadraten Platz gefunden hätten, die danach freigelassen wurden. Warum die Stelle freigelassen ist, lässt sich nicht mehr eruieren, zumal die Kolumne zu den Kriegsverlusten gehört und eine Autopsie des Originals nicht mehr möglich ist. H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 42 fragt sich, ob der Freiraum ein Spatium sein könnte, der die beiden Rubra voneinander trennen sollte. Üblicherweise werden zwei Rubra im pEbers aber dadurch voneinander getrennt, indem ein Stück dazwischen schwarz geschrieben wird.
Die Bedeutung von dg.y bleibt unklar. Wb 5, 499.3 gibt keine Übersetzung, ebenso wenig Ebbell 1937, 121. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 991 stellen es zu dem ebenfalls klassifikatorlosen Substantiv dg.y des pEdwin Smith 8,17 und übersetzt das Adjektiv(verb) kommentarlos mit „weich“, das Substantiv mit „Schwäche“. Die Übersetzung des Adjektivverbs dürfte auf Breasted 1930, 297 zurückgehen, der das Substantiv kurz bespricht und als Grundbedeutung des zugrundeliegenden Verbs an „be feeble, be paralysed“ denkt. Die Übersetzung „weich“ wird von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 223, Westendorf 1999, 701 und S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 189 übernommen. Bardinet 1995, 366 übersetzt ḥḏ.y dg.y mit „blanc pâle“; er setzt also ḥḏ.y und dg.y nicht parallel, sondern interpretiert Letzteres als Attribut zu Ersterem.
Eb 861
[Eb 861a] Erfahrungswissen zu einer ḥnḥn.t-Geschwulst von Eiter an der Kehle eines Mannes:
Wenn du eine ḥnḥn.t-Geschwulst von Eiter an der Kehle eines Mannes feststellst, indem sie groß ist in Bezug auf das, was [105,10] die Oberseite ihm bereitet hat (d.h. indem ihre Oberfläche dem Eiter viel Platz bietet, sie sehr großflächig ist?) (???)1, die eitriges Fleisch produziert hat, und die Jahre oder (auch nur) Monate alt ist, und das, indem die Beschaffenheit dessen, was aus ihr herausgekommen ist, wie der Laich (?)2 eines wḥꜥ.w-Fiederbartwelses, eines großen {Widders} 〈sꜣr-Fiederbartwelses〉 (?)3, ist, [Eb 861b] sagst du anschließend dazu:
„(Das ist) einer mit einer ḥnḥn.t-Geschwulst von Eiter.
(Das ist) eine Krankheit, mit der ich kämpfen werde.“
[Eb 861c] (Und) du bereitest dafür folglich Mittel, die Erhebungen in seiner Kehle herauszuziehen:
Wachs: ∅, Stierfett: ∅, „Stechholz“: ∅, ṯr.w-Ocker: ∅, twn-Pflanzen: ∅, Kreuzkümmel: ∅, Abgestoßene (Späne) vom Kupfer: ∅, Malachit: ∅, bzn-Salz für [105,15] Fayence: ∅, unterägyptisches Salz: ∅, Gänsefett: ∅, Früchte/Samen von 〈...〉4: ∅, Weihrauch: ∅, Bleiglanz: ∅.
Werde gekocht. Die Kehle werde darüber verbunden.
1 ḏi̯ n=sn ḥr.j: Unklare Aussage. Ebbell 1937, 122 übersetzt zusammen mit dem vorangehenden ꜥꜣi̯.tj: „which, after becoming big, has given off the overlying (skin) and (...)“. Das ist aber syntaktisch problematisch, da es zum einen die Tilgung von n=sn erfordert, um das notwendige Partizip („which ...“) zu ergeben (sofern Ebbells Übersetzung nicht nur einen etwas freier wiedergegebenen untergeordneten Verbalsatz darstellt), und zum anderen die Wortstellung ignoriert: ꜥꜣi̯.tj müsste dann dem ḏi̯ ḥr.j nachgestellt sein.
H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 552, s.v. rdj D.1.c lesen ḏi̯.n=s nj ḥr.j, lösen also das vermeintliche =sn in ein singularisches =s und die Adverbiale nj auf; (s. explizit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 171, Anm. 1 mit Verweis auf A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), §§ 205,1 und 486, Obs. 2 sowie die Übersetzung „es hat dabei (?) eine ḥrj-Erhöhung (?) gegeben“ in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 223). So auch Westendorf 1999, 701, und, zumindest in der Transkription, S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 191. Alternativ schlagen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 171, Anm. 2 noch vor, doch das pluralische Suffixpronomen =sn anzunehmen und die Numerusinkongruenz durch die Pluralität von ry.t: „Eiter“ zu erklären. Die daraus resultierende Übersetzung wäre dieselbe, nur ohne das adverbielle „dabei“: „er (der Eiter) hat eine Spitze gegeben (= gebildet)“. So die Übersetzung von Radestock, ebd. Notierenswert ist die Entwicklung der Übersetzungen von ḥr.j von einer „overlying (skin)“ (Ebbell 1937) über eine „Erhöhung (?)“ (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I) zu einer „Spitze“ (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, Radestock) mit zeitweiliger, partieller Rückkehr zu „Spitze/Oberseite“ (Westendorf 1999).
Eine andere syntaktische Lösung für ḏi̯.n=sn ḥr.j bietet Bardinet 1995, 366, der darin eine Relativform versteht, die das Subjekt (?) von ꜥꜣi̯.tj bildet: „et que ce qu’il donne à la partie supérieure soit volumineux“. Dies geht aber ebenfalls nur bei Emendation: zum einen von =sn zu =s + Präposition n („donne à“), zum anderen durch Streichung der Endung von ꜥꜣi̯.tj, weil der Stativ kein nachgestelltes Subjekt haben kann. Oder hatte er an eine Konstruktion parallel zu Eb 193a gedacht: gmm=k ḫꜣ.yt=f swmt.w=f ꜣwr spd.tj ḏbꜥ.w ḥr=f ḏd.ḫr=k r=f: „(Und) findest du sein Leiden und (?) seine Verdickungen (?) zitternd (?) vor, indem sie mit spitzen Fingern auf ihm ist (?), dann sollst du dazu sagen: (...)“? Unter dieser Prämisse könnte Eb 861a man vielleicht auch übersetzen: „indem sie groß ist in Bezug auf das, was die Oberseite ihm [scil.: dem Eiter; zur Genusinkongruenz s. oben die Bemerkung von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II] gegeben (d.h. bereitet?) hat“; dies wäre vielleicht im Sinne von: „indem ihre Oberseite dem Eiter viel Platz bietet“; „indem sie sehr großflächig ist“ zu verstehen.
2 jꜣr.t: Nur in Eb 861a belegt, mit dem speienden Mund klassifiziert. Transliteration und Transkription mit der Communis Opinio; aber das Hieratische ließe auch eine Lesung als jꜣd.t oder jꜣt.t zu. Ebbell 1937, 122, der sich weitgehend von seiner Übersetzung von wḥꜥ.w zr.w wr als „a big male synodontis fish“ leiten ließ, vermutet „sperm“. Dieser Vorschlag findet sich ansatzweiße noch bei Bardinet 1995, 366, wenn er diese Phrase mit „comme la sécrétion d’un synodonte (ou comme le semence) d’un grand bélier (?)“ übersetzt. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 19 schlägt kommentarlos, wenn auch sicher geleitet vom Klassifikator, ein weniger spezifisches „Ausfluß; Ausscheidung (eines Tieres)“ vor. So auch Westendorf 1999, 701 und S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 192. Es muss aber natürlich in jedem Fall etwas gemeint sein, was effektiv als Produkt eines Fiederbartwelses erkennbar ist, damit es für einen Vergleich herangezogen werden kann. Daher wird hier „Laich“ vorgeschlagen, das aber ebenfalls rein geraten ist.
3 wḥꜥ.w zr.w wr: Der Vergleich bietet allen Übersetzern Schwierigkeiten. Bereits das syntaktische Verhältnis der Wörter zueinander ist nicht eindeutig: möglich sind (A) Eine Koordination oder Disjunktion, wobei sich das Adjektiv wr nur auf das zweite Nomen oder auf beide zusammen beziehen könnte; oder (B) ein attributives Verhältnis von zr.w zu wḥꜥ.w.
(A) Das Wort zr.w heißt so, wie es dasteht, „Widder“. So übersetzt fragend auch Bardinet 1995, 366: „un grand bélier (?)“; insgesamt geht er von einer asyndetischen Disjunktion zweier Tiere aus: „comme la sécrétion d’un synodonte (ou comme le semence) d’un grand bélier (?)“. Auch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 224 gehen von einer asyndetischen Disjunktion aus, unterlassen aber einen Identifizierungsvorschlag: „(...) eines Synodontis-Fisches ⟨oder⟩ eines großen srw-Tieres“ (obwohl sich in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 772, für dieses sr noch die Bedeutung „Widder (?)“ findet). Gleichfalls auch S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 192–193, die soweit geht, auch in der Übersetzung die Konjunktion auszulassen, um die exakte Wortfolge des Ägyptischen widerzuspiegeln: „(...) eines Synodontis-Fisches, eines großen Tieres“. Sie vermutet, dass zr.w wr ein „nicht näher klassifiziertes ‚großes Tier‘ bedeuten“ wird. Dies ist allerdings unwahrscheinlich: (1) Zum einen ist es zwar in der Tat so, dass das Ägyptische kein generisches Wort für die Kategorie „Tier“ hat; aber der zr-Widder dürfte kaum geeignet sein, diese exemplarisch zu vertreten, da er auch eher zu dem ꜥ.wt: „Kleinvieh“ gerechnet wird. (2) Zum zweiten ist in diesem Kontext von einer spezifischeren Bezeichnung auszugehen: Den beschriebenen Ausfluss einerseits ganz spezifisch mit der Ausscheidung eines Fiederbartwelses zu vergleichen, andererseits mit demjenigen irgendeines beliebigen anderen „großen Tieres“, ist kaum befriedigend. (3) Schließlich widerspricht Radestock in gewissem Grade ihrem Übersetzungsvorschlag, wenn sie davon ausgeht, dass „beide Referenten [der Disjunktion, L.P.] dann aber eine gewisse semantische Ähnlichkeit aufweisen“ sollten, was, wie sie selbst schreibt, nicht der Fall ist, wenn man in zr wr eine Bezeichnung für ein großes Tier versteht. Denn man wird den Fiederbartwels wohl kaum zu den „großen“ Tieren gerechnet haben.
Westendorf 1999, 701–702, Anm. 262 bietet noch einen anderen Ansatz: Er bringt zr.w mit der Tierbezeichnung sꜣr zusammen, die auf dem ramessidischen Ostrakon IFAO 689 einer Zeichnung des Synodontis Schall, offenbar als Name, beigeschrieben ist (s. J. Černý, Deux noms de poisson du Nouvel Empire, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 37, 1937, 35–40, hier: 35–38). Sollte sꜣr ein seltener, späterer Name für diesen Fisch sein, lägen in Eb 861 mit wḥꜥ.w und zr.w Synonyme oder Teilsynonyme vor. Den falschen Klassifikator von zr.w könnte man als Kopierfehler eines mit der offenbar seltenen Fischbezeichnung sꜣr, die vielleicht in dieser Zeit überhaupt erst aufkommt, nicht vertrauten Schreibers erklären. Die zweite von Westendorf erwähnte Möglichkeit zur Identität von zr.w ist ein Zusammenhang mit den sjw-Fischen aus dem Tagewählkalender (s. C. Leitz, Tagewählerei. Das Buch ḥꜣt nḥḥ pḥ.wy ḏt und verwandte Texte, Ägyptologische Abhandlungen 55 (Wiesbaden 1994), 437 mit Anm. c), was er aufgrund lautlicher Ähnlichkeiten ebenfalls für denkbar hält.
Der Vollständigkeit halber sei noch eine längst obsolete Identifikation von zr.w genannt: Stern, in: Ebers 1875, 40b stellte das hiesige zr.w zu koptisch ⲥⲗⲏ und gab daher „scorpius?“ an. Diese Identifikation hat es über Joachim 1890, 189 bis auf den Zettel DZA 20.168.880 des Wb geschafft, kann allerdings als falsch gewertet werden. Denn das koptische Wort heißt ϭⲗⲏ, nicht ⲥⲗⲏ, und es leitet sich von ägyptisch ḏꜣr.t ab, s. W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 449. Eine Gleichsetzung mit dem zr.w des pEbers ist also unmöglich.
(B) Ebbell 1937, 122 übersetzt: „a big male synodontis fish“ und fasst damit zr.w als Nomen Rectum eines Genitivs der Qualität auf, vgl. konkret seine Interpretation in B. Ebbell, Die ägyptischen Krankheitsnamen, in: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde 63, 1928, 115–121, hier:120. Dort vermutet er, dass zr das Wort für „Widder“ sei und an dieser Stelle als Metapher für „männlich“ diene. Dazu verweist er auf den medizinischen Papyrus London, pBM EA 10059, Zeile 13,11 (alte Zählung; = Zeile 9,11 nach neuer Zählung), wo srj n (j)ꜥꜣ steht, was ihm zufolge ein „männlicher Esel“ sei. Jedoch liegt dort nicht das Substantiv zr: „Widder” vor, sondern srj: „Haar“, wie sich aus dem Kontext ergibt. Diese Passage kann also nicht zum Vergleich herangezogen werden. Außerdem wird das Attribut „männlich“ üblicherweise durch Nachstellung von ṯꜣ.y: „Mann, männlich“ ausgedrückt. Auch Westendorf 1999, 701 übersetzt zr.w in seiner Hauptübersetzung adjektivisch bzw. als Genitiv der Qualität, unterlässt aber wie von Deines – Grapow – Westendorf 1958 eine Identifizierung des Tieres: „(...) eines großen zrw-artigen (?) Fiederbartwelses (Synodontis Schall)“. Radestock überlegt (mdl. Mitteilung), ob ein Fiederbartwels mit besonders vielen oder besonders ausgeprägten Barteln gemeint sein könnte, die dadurch an das Gehörn und/oder die Mähne eines Widders erinnert haben könnten.
4 pr.t: Die Spezifikation, die Früchte welcher Pflanze gemeint sind, fehlt. Westendorf 1999, 702 vermutet tḥwꜣ-Pflanzen.
Eb 862
[Eb 862a] Erfahrungswissen zu einer ḥnḥn.t-Geschwulst des ꜥr.wt-Stoffes, die (schon) viele Tage alt ist:
Wenn du eine ḥnḥn.t-Geschwulst des ꜥr.wt-Stoffes feststellst, die (schon) viele Tage alt ist, in der (eitriger) Inhalt entsteht, nachdem sie Fett produziert hat, indem die Ränder ihrer Seite groß sind (und) ihm heiß ist,1 [Eb 862b] sagst du anschließend dazu:
„(Das ist) einer mit einer ḥnḥn.t-Geschwulst des ꜥr.wt-Stoffes, die Ansammlungen von Eiter produziert hat, in der (eitriger) Inhalt entsteht, (und) dem infolgedessen heiß ist. (Das ist) eine Krankheit, [105,20] mit der ich kämpfen werde.“
[Eb 862c] (Und) du bereitest dafür folglich Mittel, es durch Beseitigen des Krankheitsfalles zu behandeln:
[106,1] Getrocknetes Blut2: ∅, Kreuzkümmel: ∅, Öl/Fett: ∅, Johannisbrot: ∅, Blätter der Dornakazie: ∅, tpꜣ.wt-Teile (((und) qꜣꜣ-Früchte (?))) der Dornakazie3: ∅, „Teich-Zungen“-Droge: ∅, Ruß/Rost (?) vom Kupfer: ∅.
Werde zu Pulver verarbeitet.
1 jri̯.n=s ꜥḏ | twꜣ.w gs=s ꜥꜣi̯ | šmm=f: Satzaufteilung mit der Communis Opinio. Ebbell 1937, 122 legt dagegen eine Aufteilung jri̯.n=s ꜥḏ twꜣ.w | gs=s ꜥꜣi̯ šmm=f zu Grunde: „which has produced liquid contents and a suppurating membrane and whose greater part is warm“.
2 snf: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 172, Anm. 4 vergleicht mit Eb 857 (snf ꜥff) und Eb 860 (snf n ḥwr) und vermutet auch in Eb 862c das Blut eines Insekts. Westendorf 1999, 702 entscheidet sich für Ersteres: „Blut (von Fliegen ?)“.
3 tpꜣ.wt qꜣꜣ.w n šnḏ.t: Der Schreiber hat zuerst nur tpꜣ.wt n šnḏ.t geschrieben und dann später qꜣꜣ.w nachgetragen, wodurch sekundär tpꜣ.wt seinen Bezug verlor. Man wird annehmen dürfen, dass sich beide Drogen auf die Dornakazie beziehen.
Eb 863
[Eb 863a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst1 von Fleisch in allen Körperteilen eines Mannes:
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von Fleisch in irgendwelchen Körperteilen eines Mannes feststellst, (und) findest du sie vor wie die Haut2 seines Fleisches, indem sie (d.h. die Geschwulst) (wie) „gegerbt“ (???)3 ist, während sie nicht geht [106,5] und kommt unter deinen Fingern, sondern bleibt, (und) während (es) dazu kommt, dass (etwas) darin entstanden ist,4 [Eb 863b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von Fleisch.
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
Möge sie mit Feuer versorgt sein! Behandle5 sie entsprechend der Behandlung6 eines Kauter-Gehilfen.
1 ꜥꜣ.t: Eine in mehreren Fällen als hart beschriebene Geschwulstart; daher möchte Westendorf 1999, 300 den Namen mit dem ꜥꜣ.t-Stein in Verbindung bringen. Sie kann an verschiedenen Körperstellen vorkommen und soll meist operativ behandelt werden. Der Begriff wird meist sehr allgemein übersetzt: „swelling“ (Ebbell 1937, 122 und passim), „une poche“ (Bardinet 1995, 367 und passim), „Geschwulst (ꜥꜣ.t)“ (Westendorf 1999, 703 und passim), „tumor“ (E. Strouhal – B. Vachala – H. Vymazalová, The Medicine of the Ancient Egyptians. 1. Surgery. Gynecology. Obstetrics. Pediatrics (Cairo/New York 2010), 48 und passim).
2 jnm: Üblicherweise als „Haut“ übersetzt, obwohl das Wort auch die „Farbe, Färbung“ bezeichnen kann. Letzteres die Übersetzung von Bardinet 1995, 367.
3 gs.t: Ebbell 1937, 123 vermutet hierin schlicht das Verb gs: „salben, einreiben“. Seine konditionale Auffassung der Stelle als „wenn sie gerieben wird“, ist allerdings zu Recht von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 927 abgelehnt worden. H. von Deines – W. Westendorf, 927 vermuten „lederartig (?)“ und verweist dafür auf das Verb gs in der Lederverarbeitung bei H. Junker, Weta und das Lederkunsthandwerk im Alten Reich, Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Sitzungsberichte 231 (Wien 1957), 20–24. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 224 schlägt dagegen „gespannt“ vor, und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 173, Anm. 2 verweist dafür auf gs als „Bez[eichnung] eines Mannes, der Leder reckt“ in Wb 5, 203.1. Darauf basieren die Übersetzungen „étant de (= ayant la dureté du) cuir“ (Bardinet 1995, 367), „indem sie lederartig gespannt ist (gs ?)“ (Westendorf 1999, 702) und „indem sie gespannt ist“ (S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 195). Junker kommt allerdings nach Untersuchung des Klassifikators zu dem Ergebnis, dass bei gs wohl ein Ledermesser vorliegt; den Titel von Wb 5, 203.1 deutet er dementsprechend als „Sandalenschneider“ (S. 23). Daher müsste man das Verb gs von Eb 863a, wollte man es mit diesem Wort zusammenbringen, korrekter mit „schneiden (wie Leder)“ übersetzen; die „Haut seines Fleisches“ wäre also vielleicht eher als „(lederartig) rissig“ zu interpretieren. S. Schwarz, Altägyptisches Lederhandwerk, Europäische Hochschulschriften. Reihe 28: Kunstgeschichte 265 (Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien 2000), 134–135 hält dagegen die von Junker abgelehnte Verbindung zu gs: „salben“ doch für möglich und erwägt darin eine Bezeichnung für das Gerben; folgt man dieser Idee, würde die Oberfläche der Geschwulst in Eb 863a vielleicht „(wie) gegerbt“ wirken. Tatsächlich würde die folgende Beschreibung, dass sie nicht geht und kommt (sofern man mit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 173, Anm. 3 in dem n eine Schreibung der Negation sieht), eher für „gerben“ sprechen, da dieser Vorgang das Leder robuster macht.
4 jwi̯ ḫpr jm=s: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 173, Anm. 5 fasst jwi̯ mit Verweis auf A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 483.2 als Hilfsverb auf und übersetzt (von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 224): „es ist ⟨etwas⟩ in ihr entstanden“. Dem folgen alle nachfolgenden Bearbeitungen. Ebbell 1937, 123 scheint die laufenden Beinchen und die w-Schleife ignoriert oder als Teil der Schreibung von snm aufgefasst zu haben, und schließt ḫpr jm=s an smn an: „(movements) that have arisen in it stops“. Seine Interpretation von snmj als Schreibung für snm-nj und seine daraus folgende Übersetzung „both (movements)” bleiben unklar. Alternativ wäre auch zu überlegen, ob man den Satz auch übersetzen könnte: „während das, das darin ist, (heraus)kommt“, d.h. in dem Sinne, dass die Geschwulst selbst zwar fest bleibt, aber Flüssigkeit abgibt. Zugegebenermaßen wird das Herauskommen von krankhaften Dingen aus dem Körper eher mit pri̯ oder hꜣi̯ umschrieben, vgl. aber immerhin die wenigen Bspe. in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 29, s.v. jw(j) I.c.
5 srwḫ: Dass hier eine finite und keine infinitivische Form vorliegt (etwa „Sie (zu) behandeln ist wie das Behandeln ...,“) ergibt sich aus den folgenden Lehrtexten, in denen srwḫ=k und srwḫ.ḫr=k steht. Zu der Möglichkeit, srwḫ hier als Imperativ aufzufassen, s. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 184.
6 mj srwḫ ist syntaktisch mehrdeutig:
(1) Ist srwḫ hier ein Substantiv, wie in A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts III. Texts of Spells 164-267, Oriental Institute Publications 64 (Chicago 1947), 322e: ẖr.t srwḫ n t Jnp.w (= TLA, WCN 857845)? Vgl. dazu P. Barguet, Les textes des sarcophages égyptiens du Moyen Empire. Introduction et traduction, 1986 Littératures anciennes du Proche Orient 12 (Paris 1986), 59 (Hinweis D. Topmann), der die Stelle als „[i]nfirmière d’Anoubis“ versteht, also ẖr.t-srwḫ n.t Jnp.w liest. Faulkners Übersetzung dieser Stelle als „What belongs to ⟨me⟩ is what Anubis (…) restored.” (R. O. Faulkner, The Ancient Egyptian Coffin Texts. Volume I Spells 1–354 (Warminster 1973), 189) ist dagegen nicht möglich, weil die dafür erforderliche Relativform srwḫ.t.n lauten müsste und nicht srwḫ.n.t, wie es die dastehende Konsonantenfolge ergäbe.
(2) Ist srwḫ ein Infinitiv? In dem Satz srwḫ=k sj mj srwḫ wbn.w in Eb 871, pEbers 108,1–2, ist es jedenfalls als Infinitiv interpretiert von A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), § 140.4, Anm. 18, und bezüglich beider Kontexte wohl auch von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962), 353, vgl. die infinitivische Übersetzung „wie das Behandeln ...“ s.v. mj A.II.a.2). Dass diese Form genauso aussieht, besagt allerdings nicht zwangsläufig, dass in Eb 863 dieselbe Konstruktion vorliegt. Im Gegenteil würden beide Stellen dann einen syntaktischen Unterschied aufweisen: In Eb 871 ist wbn.w das direkte Objekt (entsprechend einem Genitivus objectivus), hier dagegen wäre der zꜣ-ḥmm das Subjekt (entsprechend einem Genitivus subjectivus; zur Bedeutung von zꜣ-ḥmm s. den zugehörigen Kommentar).
(3) Oder ist srwḫ ein sḏm=f? Ein sḏm=f nach mj kennt Westendorf in medizinischen Texten nur nach prospektiven Verbalformen (W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 214.3), aber im Prinzip spricht nichts gegen die Existenz einer präsentischen Verbalform nach mj, s. die Beispiele von A. H. Gardiner, Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs, 3. Auflage (Oxford 1957), §170.5. Speziell bei srwḫ ergäbe sich jedoch als Gegenargument, dass es transitiv ist und ein direktes Objekt benötigt.
Eb 864
[Eb 864a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst von „Decken“1 auf dem Scheitelpunkt seines Bauches2:
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von „Decken“ auf dem Scheitelpunkt seines Bauches, in/an der Oberseite seines Nabels, feststellst, legst du folglich deinen Finger darauf, erforschst seinen Bauch (durch Abtasten) (und) machst šꜥ3 mit deinen Fingern. Wenn du veranlasst (?)4, dass er hustet (?)5, 〈bis/so dass〉 das herauskommt, was aus seinem Husten entstanden ist, [106,10] [Eb 864b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von ‚Decken‘ seines Bauches.
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
[Eb 864c] Es ist die Hitze auf seiner Harnblase vorn in seinem Bauch, die sie (d.h. die Krankheit) verursacht, nachdem sie zu Boden gefallen war, und das, indem (sie) ebenso wiederkehrt.
Du erhitzt sie (d.h. die Geschwulst) folglich zur Absperrung gegen seinen Bauch. Du sollst sie entsprechend der Behandlung eines Kauter-Gehilfen behandeln.
1 ḥbs.w: In der anschließenden Untersuchung steht ḥbs.w mit pluralischer Genitiv-Nisbe, so dass man annehmen kann, dass es tatsächlich pluralisch aufzufassen ist. Unsicher ist, ob es sich um eine Spezifikation der ꜥꜣ.t-Geschwulst handelt oder um den Ort, an dem sie auftritt; beides ist syntaktisch möglich (s. die Diskussion bei S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 197–200). H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 593 gehen davon aus, dass damit die Bauchdecke bezeichnet wird – eine Interpretation, die letztlich auf Ebbells Deutung der beschriebenen Krankheit als Hernie basiert (vgl. B. Ebbell, Die alt-ägyptische Chirurgie. Die chirurgischen Abschnitte der Papyrus E. Smith und Papyrus Ebers, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. 2. Hist.-Filos. Klasse 1939 (2) (Oslo 1939), 76).
2 wp.t n ẖ.t=f: Ebbell 1937, 123 übersetzte mit „his belly’s horns (i.e. the hornshaped limitation downwards)“. In Die alt-ägyptische Chirurgie. Die chirurgischen Abschnitte der Papyrus E. Smith und Papyrus Ebers, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. 2. Hist.-Filos. Klasse 1939 (2) (Oslo 1939), 75 beschreibt er das etwas ausführlicher: „Nun bilden Mons Veneris und Inguina zu beiden Seiten zusammen eben diese Figur (d.h. wp.t), und diese Partie befindet sich ‚oberhalb seiner Pudenda‘, so daß es gewiß als sicher angesehen werden kann, daß man bei dem ‚Rindergehörn des Bauches‘ an dessen Begrenzung nach unten hin denken muß.“ Seine Interpretation funktioniert also nur, weil er in ẖpꜣ die „Pudenda“ verstanden wissen will; vgl. zur Ablehung seiner Meinung schon H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriss der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 62. Zur möglichen Lokalisierung der wp.t s. die Diskussionen bei J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 64–65 und S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 198.
3 šꜥ: Unklare Anweisung; der Klassifikator ist einzig das Kreuz. Das Verb muss intransitiv sein. Stern, in: Ebers 1875, 44a verweist auf ein koptisches Wort ϣⲉ und gibt als Bedeutung „petere, rogare; examinare?“. Diese Bedeutung ist aber auszuschließen, denn sein ϣⲉ wird das koptische Wort für „messen“ sein, das aber auf älteres ḫꜣi̯ zurückgeht; dieses hat tatsächlich die Bedeutung „untersuchen“, wird in den medizinischen Texten aber eben ḫꜣi̯ geschrieben. Ebbell 1937, 123 rät als Bedeutung von šꜥ ḥr „knock (?) on“; diese findet sich dann bei Bardinet 1995, 368 wieder: „taper sur“, und bei J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 64: „kock upon“. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 836–837 stellen das Verb dagegen zu dem Verb šꜥ: „schneiden“ und vermutet daher einen Vorgang, bei dem die Geschwulst durch Druck der Finger zerteilt wird. Darauf basiert Westendorfs Übersetzung „dann sollst du (sie) teilen“ (Westendorf 1999, 703). S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 197–198 lehnt dies ab, weil sie davon ausgeht, dass der Arzt vermutlich behutsamer vorgegangen ist. Sie denkt daher eher an „drücken (?)“, „(etwas stärkeren) Druck ausüben“ (scil: als beim zuvor genannten ḏꜥr, s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 837), was aber letztlich auch nur eine semantisch weniger emphatische Version von Westendorfs Vorschlag „teilen“ oder umgekehrt eine emphatischere Version von Ebbells geratener Übersetzung „knock (?) on“ ist.
4 jr ḏi̯=k: Ebbell 1937, 123, von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 225, Bardinet 1995, 368 und J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 64 lesen jr ḫꜣi̯=k. Dagegen schlägt Westendorf 1999, 703, Anm. 265 eben jr ḏi̯=k vor, weil (1) in dieser Art der Lehrtexte das Verb jr ẖꜣi̯ nicht vorkommt (s. zu diesen Lehrtexten auch Pommerening 2014: T. Pommerening, Die šsꜣw-Lehrtexte der heilkundigen Literatur des Alten Ägypten. Traditionen und Textgeschichte, in: D. Bawanypeck – A. Imhausen (Hrsg.), Traditions of Written Knowledge in Ancient Egypt and Mesopotamia. Proceedings of Two Workshops Held at Goethe-University, Frankfurt/Main in December 2011 and May 2012, Alter Orient und Altes Testament 403 (Münster 2014), 7–46.; nach ihrer Klassifikation gehört Eb 864 zum Typ 2b); (2) weil auf jr ḫꜣi̯=k üblicherweise ein Befund folgt, der hier fehlen würde; und (3) weil der Zusammenhang zwischen der Geschwulst und dem Husten unklar bliebe. Die Lesung jr ḏi̯=k wurde auch schon in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 173, Anm. 5 und von H. Buchberger, Transformation und Transformat. Sargtextstudien 1, Ägyptologische Abhandlungen 52 (Wiesbaden 1993), 578 vorgeschlagen. In diesem Falle ist Buchbergers Lesung ḏi̯ dem rḏi̯ von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II vorzuziehen, weil eben kein r geschrieben ist.
5 sr: Die Lesung ist unsicher, das r ist partiell zerstört und sieht im Grunde den rs des pEbers nicht sehr ähnlich.
Eb 865
[Eb 865a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst der unteren Partie seines Bauches1:2
Wenn du dieses an der unteren Partie seines Bauches feststellst, während das Wasser seines Bauches heraufkommt und absteigt, [Eb 865b] sagst du anschließend dazu:
„(Das sind) Beschwerden [106,15] dessen, auf dem sich die Luft befindet (???)3 in/an der unteren Partie seines Bauches.
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
Es ist Hitze auf der Blase, die es verursacht.
[Eb 865c] Anschließend berührst (?)4 du sie (d.h. die Geschwulst) mit einem Kauter. Er (d.h. der Kauter) soll nicht hinabgehen bis zu seinem msjn.t-Körperteil5. Du sollst {es}〈sie〉6 entsprechend der Behandlung eines Kauter-Gehilfen behandeln.
1 ẖr.j n ẖ.t: J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 118–119 will diese Region als von der Region ẖr.j-ẖt different betrachtet wissen; in ẖr.j-n-ẖ.t, das eine Variante von ẖr.w-ẖ.t sei, sieht er eine Bezeichnung des Genitalbereichs, in ẖr.j-ẖ.t dagegen das untere Abdomen. Mit S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 201 wird hier dagegen eine semantisch und anatomisch neutralere Übersetzung „untere Partie des Bauches“ bevorzugt.
2 ẖ.t=f: Sofern das Faksimile den Zustand korrekt wiedergibt, liegt das Suffixpronomen über dem Schilfblatt des anschließenden jr, ist also nach diesem geschrieben worden. Es gibt aber sonst keine Hinweise, dass irgendetwas an dieser Stelle ein Nachtrag sein könnte. Sollte zunächst ein unspezifisches ẖ.t gestanden haben, das nachträglich durch Hinzufügung eines Suffixpronomens etwas mehr personalisiert wurde?
3 ꜣh ḥr.w ṯꜣw: Unklare Aussage, die an mehreren Stellen Klärungsbedarf bräuchte:
(1) ꜣh kann sowohl substantivisch wie verbal aufgefasst werden; ist Ersteres der Fall, liegt entweder ein Substantivalsatz vor oder, wenn auch unwahrscheinlich und nur der Vollständigkeit halber genannt, ein Adverbialsatz mit m ẖr.j n ẖ.t=f als Prädikat. Bei einer verbalen Interpretation liegt entweder ein uneingeleiteter Verbalsatz vor, oder ꜣh ist ein Partizip und damit das Prädikat eines nfr-sw-Satzes. Für die substantivische Auffassung entscheiden sich DZA 20.063.530, das einen Ausfall von pw annimmt („Es ist eine Schwäche des ... in seinem Unterleib.“), Ebbell 1937, 123 („(it is) an affection ḥrw-ṯꜣw in the lower part of his belly“) und S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 200 („Das Leiden ist im Zustand von Luftmangel (?) in der unteren Partie seines Bauches“). Für eine verbale Auffassung entscheiden sich von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 225 („in schlechtem Zustand ist das ḥrw (oder ḥrw ṯꜣw/nfw?) in seinem Unterleib“); Bardinet 1995, 368 („Néfaste est le souffle (?) qui se trouve dans le bas-ventre“); Westendorf 1999, 703 („Gestört/mangelhaft ist die Luft-Zufuhr (ḥrw-ṯꜣw) an der Unterseite seines Bauches“).
(2) ḥrw ṯꜣw wird als Krankheitsphänomen betrachtet von Wb 3, 149.1, was aus dem Genitiv ꜣh ḥrw-ṯꜣw in der Übersetzung von DZA 20.063.530 einen Genitivus auctoris macht. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 630, die das ꜣh verbal als „leiden“ auffasst, vermuten dagegen in ḥrw ṯꜣw „einen anatomischen Begriff“, da eine Krankheit nicht „leiden“ kann. (Nennenswert ist noch die Alternative, die von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I bieten, wenn er zunächst nur ḥrw transkribiert, in dem anschließenden Segel und der w-Schleife also Teile eines Substantivs ḥrw sieht – jedoch lässt sich auch dann keine Lösung finden.) H. von Deines – W. Westendorfs Vorschlag wird von Westendorf 1999 und Bardinet 1995 (verkürzt zu „souffle (?)“) übernommen. S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 202 kehrt dagegen wieder zu der Annahme zurück, dass hier eher ein Krankheitsphänomen vorliegt; die von ihr „mit aller Vorsicht“ als „Luftmangel“ angesetzte Bedeutung ist semantisch jedoch weder in ṯꜣw noch in ḥrw ṯꜣw enthalten, sondern muss von dem vorstehenden ꜣh beeinflusst sein. Ihre Übersetzung „Das Leiden ist im Zustand von Luftmangel (?) in der unteren Partie seines Bauches“ ist daher inhaltlich wie syntaktisch problematisch, denn „im Zustand sein“ würde am ehesten durch einen Adverbialsatz mit einem durch die Präposition m (oder vielleicht auch ẖr) eingeleiteten Prädikat ausgedrückt.
Insgesamt wird hier zu der nominalen Auffassung vom DZA und Ebbell zurückgekehrt, die gut zum üblichen Diagnoseschema dieser Textgruppe passt. Da die Diagnose üblicherweise das schon in der Überschrift genannte Krankheitsphänomen wieder aufgreift, was hier nicht der Fall ist, wird ḥrw-ṯꜣw aber contra Wb nicht als Krankheitsphänomen interpretiert, sondern mit H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII. Wörterbuch der medizinischen Texte, 2 Bände (Berlin 1961–1962) als anatomischer Begriff. Die gegebene Übersetzung versucht aber, möglichst neutral zu bleiben; hier wird vorgeschlagen, in ḥr.w eine „reversed nisbe“ zu sehen (d.h. nicht „das, was sich auf etw. befindet“, sondern: „das, auf dem sich etw. befindet“), auch wenn diese Nisbe im pEbers sonst mit doppelter diagonaler Linie (Gardiner Z4) und Himmelshieroglyphe geschrieben wird.
4 ṯḥn: Ob es tatsächlich die Nuance „aufstoßen“ hat, wie H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 966 angeben, ist unsicher. Das Verb ṯḥn meint zunächst „jmd. begegnen“, sowohl neutral als auch im Kampf. Einmal ist vom „anrühren“ von Bauwerken und Namen, wohl im Sinne von: „aushacken“ o.ä., die Rede (DZA 31.273.230). Aber dort ist kein „aufstoßen“, sondern ein „entfernen“ gemeint (explizit r rwj=f).
5 mjsn.t: Unklar. Zur Diskussion der gebrachten Vorschläge s. S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 202–203.
6 Emendation des enklitischen Personalpronomens in Analogie zu den bisherigen Anweisungen. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 225 vermuten dagegen, dass sich das maskuline Pronomen auf den Unterleib (ẖr.j n ẖ.t=f) beziehen könnte, Westendorf 1999, 704 erwägt einen Bezug auf den Patienten. Möglich wäre auch ein Bezug auf das maskuline mḥr.
Eb 866
[Eb 866a] Erfahrungswissen zu einer sfṯ-Öl-artigen ꜥꜣ.t-Geschwulst eines Gefäßes:
Wenn du eine sfṯ-Öl-artige ꜥꜣ.t-Geschwulst eines Gefäßes feststellst, der/das (d.h. das sfṯ-Öl-Artige? das Gefäß?) eine ꜥꜣ.t-Geschwulst auf seinem Bauch produziert hat,1 (und) wenn dein Finger eruiert, dass sie unter deinen Fingern wie ein ḥpꜥ-Stein2 ist, und das, indem sie ... (?)3 macht/ist, [Eb 866b] sagst du anschließend [106,20] dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst eines Gefäßes.
(Das ist) eine Krankheit, die ich durch eine Messerbehandlung behandeln werde.“
[Eb 866c] Du verbindest sie (d.h. die Krankheit) folglich über Fett. [107,1] (Und) du behandelst 〈sie〉 (d.h. die Geschwulst) folglich entsprechend dem Behandeln einer Wunde an allen Körperteilen eines Mannes.
1 jri̯.n=f ꜥꜣ.t ḥr ẖ.t=f: E. Strouhal – B. Vachala – H. Vymazalová, The Medicine of the Ancient Egyptians. 1. Surgery. Gynecology. Obstetrics. Pediatrics (Cairo/New York 2010), 49 übersetzen: „(where) it has been formed by (a vessel) on the abdomen (of the patient)“. Die Klammern um „a vessel“ sind vielleicht zu tilgen. Aber auch dann bleibt ihre Interpretation unklar. Haben sie ꜥꜣ.t hier nicht als „Geschwulst“, sondern als das ꜥꜣ.t-Gefäß angesehen? Aber die Schreibung ist dieselbe wie bei dem ꜥꜣ.t im Satz zuvor. Oder haben sie es sogar zu mt: „Gefäß“ emendiert, was in diesem Kontext die weitaus wahrscheinlichere Entsprechung des englischen „vessel“ wäre? Auch die passivische Übersetzung bereitet Schwierigkeiten: Das Passiv müsste jri̯.n.tw=f lauten, und die Einleitung des Agens fehlt. Oder sollten die Klammern eigentlich um „by“ statt um „a vessel“ stehen?
2 ḥpꜥ: Nur in Eb 866a; die Klassifizierung mit dem „schlechten Paket“, Gardiner Sign-list Aa2, und dem Stein ist widersprüchlich: Ersteres suggeriert etwas Viskoses, Letzteres etwas Festes und Hartes. J. R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichung 54 (Berlin 1961), 219 erwähnt, aber nur als vage Anregung, Gallensteine als Erklärung dieser widersprüchlichen Klassifizierung. Einen echten Stein schließt er aus, weil eine Schwellung kaum derart hart sei.
3 jw=s brwt.t: Einige Zeichen zwischen dem b und der abschließenden Buchrolle sind in mehrdeutigen Ligaturen geschrieben, was die Transliteration und Transkription unsicher macht. Einigkeit herrscht nur dahingehend, dass das s vor dem b das Suffixpronomen eines jw=s ist. Vorgeschlagen wurde bisher:
(1) b-r:W-t-r:W (Stern, in: Ebers 1875, 12a)
(2) b-t:W-t-t:W (Wreszinski 1913, 220)
(3) b-r:W-r-r:W (DZA 26.713.410)
(4) b-r:t-r-r:t (als Alternative auf DZA 26.713.410 angegeben)
(5) b-r:t-W-r:t (als weitere Alternative auf DZA 26.713.410 angegeben)
(6) b-r:t-t-r:t (Grapow 1958, 391)
(7) b-r:t-r-t:t (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 251)
(8) brtrt (Westendorf 1999, 704) bzw. brtr.t (S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 203), wobei unklar ist, welches Zeichen unterschlagen wurde.
(9) Hier wird nun aus folgenden Gründen tentativ brwt.t vorgeschlagen: Alle genannten Ligaturen sind paläographisch möglich; da der Schreiber nur zwei Zeilen darüber sein srwḫ mit derselben Ligatur wie der ersten des fraglichen Wortes geschrieben hat, liegt diese Variante – rein räumlich – am nächsten. Die zweite Ligatur kann auf genau dieselbe vielfältige Weise wie die erste gelesen werden. Wenn alle Zeichen davor valide Wurzelkonsonanten sind und nicht etwa ein bedeutungsloses w darunter ist (so wohl die Annahme von Westendorf 1999), muss wenigstens ein Teil der Ligatur, wenn nicht die gesamte, eine Endung sein. Die Klassifizierung und die syntaktische Position sprechen für ein Verb, so dass eine Stativ-Endung am nächsten liegt; das jw=s erfordert eine Endung der 3. Pers. Sg. fem.; und in den medizinischen Texten sind belegt: .tj (nach dem Klassifikator) und einmal .ty, .t (vor dem Klassifikator) und endungslos (W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 163.dd). Sollte die obere Hälfte der fraglichen Ligatur ein t sein, müsste man sich demzufolge fragen, ob die untere Hälfte überhaupt ein Konsonantenzeichen ist und nicht ein erster Klassifikator. Sollte der Arm vorliegen? Nur welches Wort kann mit Arm und Buchrolle klassifiziert werden? Oder darf man soweit gehen, eine weitere Ausnahmeendung, nämlich ein .tw, vorzuschlagen?
Das Zeichen zwischen den beiden Ligaturen ist für ein r zu schmal, aber darüber hinaus eine Entscheidung zwischen w und t zu treffen, ist unmöglich. Bei beiden Lösungen fragt man sich zudem, warum der Schreiber Ligatur – Einzelzeichen – Ligatur schrieb und nicht Ligatur – Ligatur – Einzelzeichen.
Jeder Übersetzungsvorschlag ist rein geraten – ob Sterns „indurescere“ oder Ebbells „slip away“ (unter der Maßgabe, dass eine Verschreibung für btktk=s vorliegt, s. Ebbell 1937, 124, Anm. 1, das selbst aber nur einmal belegt ist).
Eb 867
[Eb 867a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst von Fett:
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von Fett an irgendwelchen Körperteilen eines Mannes feststellst, (und) findest du sie vor, indem sie unter deinen Fingern geht und kommt und indem sie etwas durch deine Hand dauerhaft Teilbares ist, [Eb 867b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von Fett.
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
[Eb 867c] (Und) du führst ihretwegen (d.h. der Geschwulst wegen) folglich eine Messerbehandlung durch. Möge sie behandelt sein entsprechend [107,5] dem Behandeln einer Wunde!
Eb 868
[Eb 868a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst eines „Sohn“-Krankheitsstoffes (?)1:
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst eines „Sohn“-Krankheitsstoffes (?) in irgendwelchen Körperteilen eines Mannes feststellst, (und) findest du sie als Einzelnes oder (in) Vielzahl vor, (und) dass sie wie die Haut seines Fleisches ist, fest unter deinen Fingern, aber nicht zu sehr, und das, indem sie groß ist (und) bitter2 ist in seinem Fleisch, [Eb 868b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst eines ‚Sohn‘-Krankheitsstoffes (?).
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
[Eb 868c] Du führst ihretwegen (d.h. der Geschwulst wegen) folglich eine Messerbehandlung durch. Möge sie behandelt sein entsprechend dem Behandeln einer Wunde in allen Körperteilen eines Mannes!
1 zꜣ: Nur in Eb 868 genannt; mit dem Fleischstück klassifiziert. B. Ebbell, Die alt-ägyptische Chirurgie. Die chirurgischen Abschnitte der Papyrus E. Smith und Papyrus Ebers, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. 2. Hist.-Filos. Klasse 1939 (2) (Oslo 1939), 79 denkt an einen gestielten Tumor, der aus dem Körper hängt und daher vielleicht als „Sohn“ bezeichnet würde; so übersetzt er auch in Ebbell 1937, 124 als „polypoid (?) tumor“. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 704 erwägen eine Tochtergeschwulst. Vgl. die Diskussion dazu bei S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 206. In den meisten Fällen bezeichnet das Nomen rectum in der Genitiv-Verbindung ꜥꜣ.t n.t N den Ort, an dem die Geschwulst auftritt, oder ihren Inhalt bzw. vielleicht ihren Verursacher (vgl. Bardinets übliche Hinzufügung „formée par (...)“ (Bardinet 1995); dann ließe sich auch die „ꜥꜣ.t-Geschwulst des Chons“ von Eb 873 und 874 hierunter einordnen), s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 123. Sollte auch das hiesige zꜣ eigentlich den Ort oder den Inhalt bezeichnen? Schon H. von Deines – W. Westendorf erwägen ebd. auch einen Zusammenhang mit dem zꜣ genannten Gerinnsel (?) von Eb 617, während J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 274 den Begriff unter den „Anatomical Terms“ aufgenommen hat, wenn auch ohne Identifikationsvorschlag und Kommentar.
2 dḥr: Ebbells Korrektur zu dḥ: „herabhängen“ (Die alt-ägyptische Chirurgie. Die chirurgischen Abschnitte der Papyrus E. Smith und Papyrus Ebers, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. 2. Hist.-Filos. Klasse 1939 (2) (Oslo 1939), 79, Ebbell 1937, 124) basiert nur auf seiner Identifikation der Geschwulst als „polypoid (?) tumor“.
Eb 869
[Eb 869a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst von Eiter:
Wenn du eine [107,10] ꜥꜣ.t-Geschwulst von Eiter in irgendwelchen Körperteilen eines Mannes feststellst, (und) findest du sie vor, indem ihr Kopf hoch (und) sie zusammengezogen (?) und pochend (?) ist, [Eb 869b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von Eiter, nachdem er in seinem Fleisch zusammengelaufen ist (?).
[Eb 869c] (Das ist) eine Krankheit, die ich durch eine Messerbehandlung behandeln werde.“
Darin ist etwas wie Pflanzenbrei, hinter dem etwas wie Wachs herauskommt. Es formt (wörtl.: macht) eine Tasche. Wenn etwas in ihrer Tasche übrigbleibt, pflegt sie (d.h. die Geschwulst? oder: er, d.h. der Eiter?) umherzuziehen (?).
1 jnq heißt eigentlich „umarmen“, „umschlingen“ o.ä. B. Ebbell, Der chirurgische Teil des Papyrus Ebers, in: Acta Orientalia 7, 1929, 1–47, hier: 21 vermutet, dass es an der vorliegenden Stelle konkret „rund sein“ heißen sollte, hergeleitet von der Idee einer Schnur, die etwas zum „umschlingen“ umkreist. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 62 denken konkreter an „zusammengezogen, konzentriert“; darauf bezieht sich R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 90, Nr. {2932}.
2 ḥnbꜣbꜣ kommt nur im Geschwulstbuch des pEbers vor; dem Kontext nach ist es ein Verb, und dreimal zeigt es eine explizite Stativendung. Schon H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 795 gibt ohne weitere Begründung die Bedeutung „eine rundliche Form zeigen“. (Ob beeinflusst durch das weiter oben genannte ḥnb, das er als „das Gewundene, die Kugel“ übersetzt? Diesen Zusammenhang stellen dann jedenfalls explizit H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 607, Anm. 4 her.) Dies ist dann auch die gängige Übersetzung der betreffenden Ebers-Stellen, von Joachim 1890, 192–194 bis B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 219–223.
B. Ebbell, Der chirurgische Teil des Papyrus Ebers, in: Acta Orientalia 7, 1929, 1–47, hier: 21 vermutet, dass es „gewölbt“ oder „halbkugelförmig“ heißen könnte, weil es in allen Fällen zur Beschreibung einer Geschwulst diene, wozu ein solches Charakteristikum passen würde. Daraus machen H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 607 „kugelig“. E. Edel, Die Felsengräber der Qubbet el Hawa bei Assuan. II. Abteilung: Die althieratischen Topfaufschriften. 1. Band: Die Topfaufschriften aus den Grabungsjahren 1960, 1961, 1962, 1963 und 1965. II. Text (Fortsetzung) (Wiesbaden 1970), 49 stellt den Personennamen Ḥnbꜣbꜣ zu diesem Wort und vermutet, dass er „der Kugelige, der Kugel(bauch)“ bedeuten könnte. In einem Nachtrag zu dieser Seite auf S. XII will Edel dieses Wort zu den anderen stellen, die von der Wurzel bꜣ abgeleitet und mit einem runden Zeichen klassifiziert sind, wie „Erdloch“, „Höhle“ und „kahle Stelle (am Kopf)“. Bezüglich ḥnbꜣbꜣ vermutet er einen Bedeutungsübergang von „rund“ zu „ausgebeult, kugelig“.
W. A. Ward, The four Egyptian homographic roots B-ꜣ. Eymological and Egypto-Semitic studies, Studia Pohl. Series maior 6 (Rome 1978), 29–31, §§ 46–48 zweifelt diesen Zusammenhang dagegen an und zieht eher eine Verbindung zu seiner Wurzel „bꜣ I“ mit der Bedeutung „throb“. Er vermutet, dass an den erwähnten Stellen des pEbers keine Beschreibung der Form vorläge, sondern „an apt description of the throbbing of swellings and blood-vessels by pulsating blood“.
3 Das Verdikt hat Wreszinski 1913 sonst immer noch zum Teil „b“ der Rezepte gerechnet. Dass er das Verdikt hier schon zum Textteil „c“ zieht, ist einzig der ungewohnten Fortsetzung des Textes geschuldet, s. den nächsten Kommentar.
4 Die Behandlungsanweisung ist indirekt formuliert und nicht von ḏd.ḫr=k n=s eingeleitet.
5 pẖr wird üblicherweise mit „zurückkehren“ übersetzt, obwohl das Verb diese Bedeutung eigentlich nicht besitzt. pẖr heißt „umherziehen, durchziehen; herumwandern, umkreisen; drehen“. Ob also eher davon die Rede ist, dass die Geschwulst oder ihr Verursacher weiter im Körper herumwandert, wenn sie nicht vollständig entfernt wird?
Eb 870
[Eb 870a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst des Haares:
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst des Haares feststellst, (und) findest du [107,15] sie pochend und weich vor, (wohingegen) ihr Inneres fest ist, [Eb 870b] (sagst du anschließend dazu:)1
„(Das ist) eine Krankheit, die ich durch eine Messerbehandlung behandeln werde. [Eb 870c] Wie eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von Eiter (und/oder)2 von ꜥr.wt-Stoffen ist ihr Aussehen.“
1 Sowohl der die Diagnose einleitende Satz, d.h. satzsyntaktisch die Apodosis, als auch die Diagnose selbst fehlen.
2 n.t ry.t n.t ꜥr.wt: Es kann nicht gesagt werden, ob der Vergleich disjunktiv („wie eine Eitergeschwulst oder eine ꜥr.wt-Geschwulst“) oder konjunktiv („wie eine Eitergeschwulst und eine ꜥr.wt-Geschwulst“) gemeint ist.
Eb 871
[Eb 871a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst von Krankheitsauslösern (?):
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst von Krankheitsauslösern (?) an den Spitzen der Arme1 feststellst, die du untersuchst (?)2, (und) findest du sie (d.h. die Geschwulst) vor, nachdem sie Wasser hervorgebracht hat, und das, indem sie fest unter deinen Fingern und dauerhaft ist, und indem sie weich ist, aber nicht zu sehr, [Eb 871b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst3 der Krankheitsauslöser (?) in den Spitzen der Arme“, die du untersuchst (?).
„(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
[Eb 871c] Du führst ihretwegen (d.h. der Geschwulst wegen) folglich eine Messerbehandlung durch.
[107,20] Gib du (aber) auf das Gefäß acht! Die Sache, die aus ihr (d.h. der Geschwulst) herausgekommen ist, ist wie Gummiharzlösung (wörtl.: Wasser von Gummiharz). Hat eine Tasche sie (d.h. die Geschwulst?) [108,1] umhüllt, sollst du nicht zulassen, dass etwas darin übrigbleibt. (Denn) sie soll nicht wiederkehren.
Du sollst sie behandeln entsprechend dem Behandeln einer Wunde an jedem Körperteil eines Mannes, (nämlich durch) Bandagieren und Verschaffen von Linderung an den Gefäßen.
Sie schwillt (gewöhnlich) an, nachdem sie beseitigt wurde (wörtl.: nach dem Sie-Beseitigen).4 Es sind die jn.wt-Erscheinungen (?), die es an einem Mann verursachen.
1 dp.w ꜥ.wj: Üblicherweise als Bezeichnung für Teile der Hände, wie Fingerspitzen, Handflächen oder Ähnliches, aufgefasst. Die Metapher bleibt aber ungewöhnlich und man fragt sich, warum dann nicht präzisere anatomische Termini verwendet worden wären, wie ḏbꜥ.w, sꜣ n ḏr.t o.ä.
2 dd ḫꜣi̯=k: Emendation von dd mit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 227. Westendorf 1999, 705, Anm. 271 schlägt auf Basis von Bln 161, das ebenfalls jn.wt n.t wḫd.w an den dp.w ꜥ.wj=fj behandelt, vor, den folgenden Arm und Korb ganz zu streichen und dafür das noch zu erwartende Suffixpronomen =fj zu ergänzen: „an den Spitzen ⟨seiner⟩ Arme“. Bardinet 1995, 370 liest den schlagenden Arm mit Korb dagegen als Relativform ḫꜣi̯=k: „que tu examines (?)“, an das er, ebenfalls als Relativform, gmm=k anschließt. Tatsächlich kommen dieselben beiden Zeichen in der anschließenden Diagnose, diesmal nach eindeutigem ꜥ.wj statt dd, noch einmal vor, und man fragt sich, ob der ägyptische Schreiber tatsächlich zweimal hintereinander denselben scheinbar unsinnigen Zusatz hinzugefügt haben sollte, oder ob dieser Zusatz nicht doch einen Sinn hat. Daher wird mit Bardinet ein relativisches ḫꜣi̯=k gelesen, auch wenn dieser Zusatz höchst ungewöhnlich ist.
3 ꜥꜣ.t ist ursprünglich rot geschrieben und dann in schwarz geändert worden.
4 Ebbell 1937, 125 und Bardinet 1995, 370 übersetzen diesen Satz konditional mit dem folgenden Satz als Apodosis. W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VIII. Grammatik der medizinischen Texte (Berlin 1962), § 235.7.b führt zwar ein vereinzeltes Beispiel mit einem durch jw eingeleiteten Satz an, der als Protasis eines virtuellen Konditionalsatzes aufgefasst werden könnte, ist sich aber nicht sicher, ob dort das jw nicht doch zu einem jr emendiert werden müsste. So muss offenbleiben, ob der vorliegende Satz mit dem folgenden konditional verknüpft werden kann und die im Folgesatz genannten jn.wt nur die Ursache der Anschwellung sind, oder ob mit dem Folgesatz eine neue Feststellung beginnt und die jn.wt als Ursache des gesamten in Eb 871 genannten Komplexes aus Krankheitsphänomenen gelten.
Umgekehrt zu Ebbell und Bardinet übersetzen E. Strouhal – B. Vachala – H. Vymazalová, The Medicine of the Ancient Egyptians. 1. Surgery. Gynecology. Obstetrics. Pediatrics (Cairo/New York 2010), 50 den Satz als Hauptsatz mit dem sṯꜣm snḏm mt.w aus dem vorigen Satz als vorangestellten Temporalsatz: „(Once) it closes and (the state of) the blood vessel improves, (the place) may after the removal (of the tumor) become swollen.“
Eb 872
[Eb 872a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst der Gefäße:
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst der Gefäße an irgendeinem Körperteil eines Mannes feststellst, (und) findest du sie pochend [108,5] und hart beim Gehen unter deinen Fingern vor, und das, indem sie von seinem Fleisch1 getrennt ist, ohne dass sie (aber) groß ist, (und) sie nicht 〈...〉 (?) gibt deswegen,2 [Eb 872b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst des Gefäßes.
(Das ist) eine Krankheit, die ich behandeln werde.“
Es sind die Gefäße, die es verursachen.3 Sie (d.h. die Geschwulst) entwickelt sich auch zu einer Verletzung an einem Gefäß.
[Eb 872c] Du führst ihretwegen (d.h. der Geschwulst wegen) folglich eine Messerbehandlung durch.
Es (d.h. das Messer) werde im Feuer erhitzt. Sie (d.h. die Geschwulst) soll nicht zu sehr bluten. Du behandelst sie folglich entsprechend der Behandlung eines Kauter-Gehilfen.
1 ḥꜥ.w=f: Alles nach dem initialen ḥ ist eng in das Interkolumnium gequetscht, ist also vielleicht anfangs vergessen und dann nachgetragen worden. Laut H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 46 steht zudem das =f über gelöschtem =s.
2 n rḏi̯.n=s ḥr=s: Unklare Aussage. Ebbells „not give out (i.e. diminish)“ (Ebbell 1937, 125) ist geraten. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 227 übersetzen: „sie zeigt nicht ihre Oberfläche“, dem Bardinet 1995, 370 folgt. Außerdem verweisen von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 177, Anm. 3 auf Eb 863, wo die Verbindung rḏi̯ ḥr.j mit „es hat dabei eine ḥrj-Erhöhung gegeben“ übersetzt wurde (vgl. dagegen für die hier gewählte Übersetzung den entsprechenden Kommentar zur Stelle). Westendorf 1999, 706 gibt daher beide Möglichkeiten an: „sie bildet nicht ihre Spitze/Oberseite (ḥrj?)“; S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 211 entscheidet sich allein für „nicht macht sie ihre Spitze“. Die von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 gegebenen Optionen sind aber insofern problematisch, als die Graphie für die Präposition ḥr: „auf; wegen; bezüglich; etc.“ und nicht das Substantiv spricht. Sollte das eigentliche direkte Objekt von rḏi̯ ausgefallen sein?
3 Die Übersetzung von E. Strouhal – B. Vachala – H. Vymazalová, The Medicine of the Ancient Egyptians. 1. Surgery. Gynecology. Obstetrics. Pediatrics (Cairo/New York 2010), 50 („It is caused by blood cells.“) ist fehlleitend: Es steht der normale Plural von mt: „Gefäß“ da; die Ägypter kannten keine Blutzellen.
Eb 873
[Eb 873a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst der Gefäße:
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst der Gefäße an den ẖn.tj-Beugen (?)1 [108,10] irgendwelcher Körperteile feststellst, und das, indem ihr Aussehen fest ist, deren Krümmung sich nicht krümmt2 (und) die viele Knoten gebildet haben – diese, sie sind wie Dinge, indem sie mit Luft aufgeblasen sind –, [Eb 873b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst der Gefäße.“
Du sollst nicht Hand an dergleichen legen! Dies (hieße,) einen Körperteil an seiner (d.h. des Gefäßes) Stelle (zu) verletzen.
[Eb 873c] Du bereitest folglich Linderung der Gefäße3 in allen Körperteilen eines Mannes.
[Eb 873d] Was als sein wahrhafter Zauber gesagt werden soll, ist:
„Du sollst ausfließen, (du) Kreuzgeflecht-Gefäß, das mich umflochten hat (und) das zwischen [108,15] diesen (meinen) Körperteilen umherspringt! Du sollst dich nicht mit der Vereinigung4 des (Gottes) Chons vereinigen!“
Wenn du eine ꜥꜣ.t-Geschwulst des Chons feststellst, (sollst du sagen):
„Reiche dar, was angenehm ist,5 (o) der (du) mich nhq-machst (?)6! Du sollst veranlassen, dass ich dem Re die Maat7, die/das Glänzende, darbringe am Morgen!8“
(Diese) Worte (sind) vier Mal zu sprechen am frühen Morgen.
1 ẖn(w).tj.w: Genaue Bedeutung unklar. Ebbell 1937, 126 übersetzt es mit „leather layers (i.e. the cutis)“, sicher abgeleitet von ẖn.t: „Tierfell, Schlauch“ (vgl. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 688). Darauf dürfte Bardinets „superficie de la peau“ zurückgehen (Bardinet 1995, 370). Schon H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 688 zweifeln diese Bedeutung an, weil es bei einer solchen Bedeutung das Tierfell als Klassifikator erwarten würde; es gibt aber keine Alternative an, sondern nur eine fragende Umschreibung „Teil der Haut ?“. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I unterlassen daher eine Übersetzung. Westendorf 1999, 706 scheint das Wort eher mit ẖnw: „Inneres“ zusammenzubringen, wenn er es als „Innenschichten (der Haut)“ übersetzt. Nach S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 214 weist zwar die Semiotik „vage auf ein subkutanes Geschehen hin“, doch scheinen ihr die Indizien nicht ausreichend zu sein, um eine konkrete Übersetzung anzubieten. Ein von Ebbell und Westendorf abweichender Vorschlag stammt von J. G. W. Gispen, Proposal of One Common Meaning for Two Lemmata in the Wörterbuch der Medizinischen Texte: H̱n.ty in the Papyrus Edwin Smith and H̱nty.w in the Ebers Papyrus: „Umbiegungs-Falte“ or „Flexion-fold“, in: Göttinger Miszellen 169, 1999, 55–63, 55–63: Er bringt das Wort mit dem klassifikatorlosen Ohrbestandteil ẖn.tj von pEdwin Smith, Fall 23 zusammen, das H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 688 als separates Lemma abgelegt haben. Gispen diskutiert bei diesem einen möglichen Zusammenhang mit ẖn.t: „Fell, Schlauch“, ẖn: „Sack“ und ẖn: „Zelt“ und vermutet, als übergeordnete Bedeutung „objects into which you can put something to keep it“ (S. 56) festlegen zu können. Im Fall des Ohrbestandteils ẖn.tj denkt er dann an den Raum zwischen dem oberen Teil der Ohrmuschel und dem Schädel, in den sich Schreiber die Binsen klemmten. Diese „Umbiegungsfalte, flexion-fold“ würde gut zur Beschreibung von Fall 23 passen. Bei Eb 873 denkt er ferner an „the flexion-folds of any part of the body“, d.h. an Beugen von Körperteilen. Dazu passt s.E. auch die Anmerkung, dass sich das ḥfꜣ.t nicht „krümmen, winden o.ä.“ würde. In der in Eb 873 beschriebenen Krankheitserscheinung vermutet er „the description of a swollen joint, a solid tumor which severely limits the movenments [sic] of the patient“ und erwägt konkret Osteoarthritis.
2 ḥfꜣ: Das selten belegte Verb, dem die Bezeichnung ḥfꜣ.w: „Schlange“ zugrundeliegt. Üblicherweise wird vom Nomen auf die Bedeutung des Verbs zurückgeschlossen, die im Detail unterschiedlich ausfällt: H. Kees, [Review:] A. Erman – H. Grapow, Wörterbuch der ägyptischen Sprache. Die Belegstellen 3 (Leipzig 1951), in: Orientalistische Literaturzeitung 49, 1954, 122–123, hier: 122: „kriechen“ (was aus der „Schlange“ rein etymologisch ein „Kriechtier“ macht), „krümmen“ (G. Fecht, Wortakzent und Silbenstruktur. Untersuchungen zur Geschichte der ägyptischen Sprache, Ägyptologische Forschungen 21 (Glückstadt 1960), 177, Anm. 491a), „sich winden“ (J. Osing, Die Nominalbildung des Ägyptischen, Sonderschrift des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo 3 (Mainz 1976), 166), „schlängeln“ (R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 560, Nr. 20322). Ob man es mit dem Verb ḥf (R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 168 = R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), Nr. 20308 = W. Helck, Urkunden der 18. Dynastie [IV,1227-1368], Urkunden des Ägyptischen Altertums IV/13-16 (Berlin 1955), 1302.2, 1310.13) verbinden kann? Dann käme noch die Konnotation „durchstreifen o.ä.“ hinzu. J. G. W. Gispen, Proposal of One Common Meaning for Two Lemmata in the Wörterbuch der Medizinischen Texte: H̱n.ty in the Papyrus Edwin Smith and H̱nty.w in the Ebers Papyrus: „Umbiegungs-Falte“ or „Flexion-fold“, in: Göttinger Miszellen 169, 1999, 55–63, hier: 58, schlägt mit Verweis auf ḥfꜣ: „jmd. huldigen“ eine Grundbedeutung „to coil, wriggle, bend“ vor.
3 snḏm mt.w: Ebbell 1937, 126, Anm. 2 vermutet hierin eine Eigenbezeichnung für „a special ointment“. Laut von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 177, Anm. 7 ist das ein Querverweis auf eines der Rezepte aus den Salbmitteln zur Gefäßbehandlung, die ebenfalls oft dem snḏm mt.w dienen.
4 zmꜣ.w: Die Klassifizierung mit Buchrolle und Pluralstrichen zeigt, dass wohl ein Abstraktum gemeint ist, nicht etwa eine personifizierte „Genossenschaft“ des Chons (so eher Bardinet 1995, 371). Nach von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 177, Anm. 10 sagt der Satz vielleicht aus, dass die Geschwulst von Eb 873 sich nicht zu einer „Geschwulst des Chons“ entwickeln soll.
5 mꜣꜥ nḏm: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 177, Anm. 13 sind noch unsicher, ob diese beiden Wörter noch zur Einleitung oder schon zum Spruch selbst gehören. Bardinet 1995, 371 und Westendorf 1999, 707 gehen von Letzterem aus: Bardinet vermutet zwei parallele Imperative, mit denen Chons angesprochen wird („(O Khonsou), sois juste et doux“); dem schließt er nhq (s.u.) als dritten Imperativ an. Westendorf schlägt vor, nicht mꜣꜥ: „gerecht sein“, sondern mꜣꜥ: „leiten“ zu lesen; er erwägt ein substantiviertes Partizip, setzt aber nḏm nicht parallel, sondern ordnet es als Stativ unter: „Der du (den Sonnengott Re) leitest, indem er wohlbehalten ist“. Unklar ist, ob er nḏm auf den nur ergänzten Re oder auf Chons, den er hier mit Thoth gleichsetzt, bezieht. Ersteres wäre anzweifelbar, eben weil der Name nur ergänzt ist. E. Strouhal – B. Vachala – H. Vymazalová, The Medicine of the Ancient Egyptians. 1. Surgery. Gynecology. Obstetrics. Pediatrics (Cairo/New York 2010), 51 hängen von Westendorf ab, setzen aber nḏm parallel: „You who lead (Ra), who is pleasant, (...)”.
In der hier vorgeschlagenen Übersetzung wird nun Bardinet und Westendorf darin gefolgt mꜣꜥ imperativisch zu übersetzen; aber inspiriert vom folgenden Satz wird als Bedeutung weder „gerecht sein“ noch „leiten“, sondern „opfern, darbringen“ (Wb 2, 22.5–8) vorgeschlagen.
6 nhq: Nur in Eb 873d belegt. Das gleichradikalige Verb von Kah 29 ist mit einem anderen Klassifikator geschrieben und kommt in einem ganz anderen Kontext vor; zwischen beiden Verben „läßt sich keine Beziehung erkennen“ (H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 470). H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 469–470 stellt zwei syntaktische und daraus folgend semantische Optionen vor: Entweder es ist ein Partizip mit wj als Objektspronomen. Dann wird wohl ein Dämon angesprochen sein, der etwas Schädliches verursacht hat, so dass mit nhq eine negative Handlung gemeint ist („der mich nhq-macht“). Oder es liegt ein Imperativ vor, mit dem der Patient um etwas bittet. Dann muss es eine positive Handlung sein. Auf letzterer Annahme beruht wohl Bardinets sonst unbegründeter Übersetzungsvorschlag „délivre(?)-moi“ (Bardinet 1995). Ebenso Westendorf 1999, 707: „schütze (auch) mich“. Eine Entscheidung zwischen beiden Optionen kann nicht getroffen werden; die hier gewählte partizipiale, vokativische Übersetzung ist ebenfalls rein geraten.
7 mꜣꜥ.t: Die Übersetzungen von Ebbell 1937, 126 („sacrificial gifts“) und Bardinet 1995, 371 („l’offrande“) basieren auf der Assoziation mit dem Maatopfer (ḥnk mꜣꜥ.t: „Maat darreichen“), dem Opfer an ägyptische Götter schlechthin, mit dem oft auch Nahrungsopfer gemeint sind. Westendorfs Vorschlag, hier die Göttin Maat konkret als „Leiterin“ zu übersetzen (Westendorf 1999), basiert auf der naheliegenden Idee von von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 178, Anm. 15, dass ein Wortspiel zwischen dem mꜣꜥ des vorigen Satzes und dem Namen der Göttin vorliegen könnte; und da Westendorf mꜣꜥ dort als „leiten“ übersetzt, muss er hier eine adäquate Bedeutungsnuance, eben „Leiterin“ vorschlagen.
8 m npḥ.w: Ebbell 1937, 126 und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 178 sehen hier eine Temporalangabe zum Objektsatz („am Morgen darbringen“); Bardinet 1995, 178, Westendorf 1999, 707 und S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 214 denken eher an eine adverbiale Erweiterung zu ṯḥn.t („das Glänzende (...) bei Sonnenaufgang“ u.ä.).
Eb 874
[Eb 874a] Erfahrungswissen zu einer ꜥꜣ.t-Geschwulst des (Gottes) Chons:1
Wenn du eine große ꜥꜣ.t-Geschwulst des (Gottes) Chons an irgendwelchen Körperteilen eines Mannes feststellst,2 und das, indem sie (zwar) uneben ist – nachdem sie viele ꜥꜣ.t-Geschwülste gebildet hat;3 indem (etwas) in ihm (d.h. dem Patienten) zum Entstehen gekommen (und) etwas darin ist, als ob Luft darin ist; indem sie eine ꜥꜣ.t-Geschwulst(-typische) Verletzung [108,20] verursacht hat, deiner Ansicht nach Schmerzen bereitet (?)4 (und) nicht wie jene (anderen) ꜥꜣ.t-Geschwülste ist –, sie sich (aber) glättet, [109,1] sie ẖpꜣ.wt-Leiden5 bereitet, (und) indem alle Körperteile, an denen sie sich befindet, schwer/belastet sind, [Eb 874b] sagst du anschließend dazu:
„Das ist eine ꜥꜣ.t-Geschwulst6 des (Gottes) Chons.“
[Eb 874c] Du sollst nichts (wörtl.: nicht irgendeine Sache) dagegen tun!
1 Wenn medizinhistorische Abhandlungen zur Geschichte von Krebsbehandlungen gelegentlich einen „god Xenus“ erwähnen, der im Papyrus Ebers vorkäme (bspw. R. J. Shephard, An Illustrated History of Health and Fitness, from Pre-History to our Post-Modern World, Studies in History and Philosophy of Science 39 (Heidelberg 2015), 90), meinen sie damit eigentlich diesen Lehrtext Eb 874. Der Gott Xenus verdankt seine Existenz einem Missverständnis veralteter Transkriptionskonventionen: Joachim 1890, 194 gab den Namen des Gottes durch „χensu” wieder, d.h. mit griechischem Chi zur Wiedergabe des heute durch ḫ wiedergegebenen Konsonanten. Daraus wurde bei Bryan 1930, 134 und 148–149 ein „Xensu“ mit kursiv gesetztem, aber eindeutig lateinischem „X“. Da Bryan keinen Kommentar zu seinen Wiedergabekonventionen gibt, war es nichtägyptologischen Lesern nicht ersichtlich, dass seine Kursivsetzung eine Abweichung vom normalen Lautwert andeuten sollte, so dass daraus unter zusätzlicher Abwandlung der Endung leicht ein „Xenus“ werden konnte.
Der eigentlich in Eb 874 genannte Mondgott Chons ist Heilgott wie Unheilbringer (H. Brunner, s.v. Chons, in: Lexikon der Ägyptologie I, 1975, 960–963, hier: 960 [u.a. mit Eb 874 als Beleg]). Die hier genannte Krankheit ist keinesfalls leicht zu identifizieren; für Krebs gibt es jedenfalls nicht genügend Indizien. Zu anderen Vorschlägen vgl. die Diskussion bei S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 218.
2 Eine sehr ausführliche Auflistung der Symptome, die zudem teilweise widersprüchlich ist: Zum Gegensatz nꜥꜥ vs. nḥꜣ s. W. Westendorf, nꜥꜥ ı͗b „mit ausgeglichenem Herzen“, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Abteilung Kairo 15, 1957, 297–298 und zum Stamm nḥꜣ auch A. B. Lloyd, Once More Hammamat Inscription 191, in: Journal of Egyptian Archaeology 61, 1975, 54–66, hier: 59–66. Westendorf hebt den Widerspruch in Eb 874a, der durch die Nennung beider Verben besteht, dadurch auf, dass er in šn.tj m-ḥr=k einen Verweis auf den vorigen Lehrtext Eb 873 sieht (s.u.) und damit die darauf folgenden Symptome, inklusive dem jw=s nꜥꜥ=s, eben auf die Geschwulst von Eb 873 bezieht.
3 jri̯.n=s ꜥꜣ.wt ꜥšꜣ.wt: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 178, Anm. 1 zu Eb 875 vermutet, dass damit die in Eb 875 genannten ꜥꜣ.t-Geschwülste gemeint sein könnten.
4 šni̯.tj: Mit Mann mit Hand am Mund klassifiziert; von Wb 4, 495.16 als Beleg für die Subbedeutung „etw. spüren o.ä.“ des Verbs šni̯: „fragen“ abgelegt. Auch Ebbell 1937, 126 („proclaimed“). Beginnend mit von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 228, wird das Verb aber in späteren Übersetzungen als Beleg für das Verb šni̯: „beschwören“ verstanden, obwohl von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 178, Anm. 4 eingesteht, dass der für dieses Verb (speziell in den medizinischen Texten, s. DZA 30.188.190) charakteristische, zusätzliche Klassifikator des aufgerollten Seils (Gardiner Sign-list V1) fehlt.
5 ẖpꜣw.t: Unklar, nur hier belegt. Daher ist, wie bei vielen anderen Termini technici der medizinischen Texte, unklar, ob die Pluralstriche einen grammatischen Plural markieren oder Klassifikator eines Kollektivums oder Abstraktums sind. Ebbells „Schnitzelei(?)“ (Die alt-ägyptische Chirurgie. Die chirurgischen Abschnitte der Papyrus E. Smith und Papyrus Ebers, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. 2. Hist.-Filos. Klasse 1939 (2) (Oslo 1939), 85) resp. „carvings“ (Ebbell 1937, 126) scheint nur geraten. Es bleibt unklar, worauf sie basiert; dennoch lebt sie in den „nadelartigen Narben?“ von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 683 und in Westendorfs „Narben“ (Westendorf 1999, 707) weiter. Bardinet 1995, 371 vermutet dagegen eher „sécrétions-shepaou“, sicher wegen des Klassifikators, dem „schlechten Paket“, mit dem oft Zähflüssiges klassifiziert ist.
6 ꜥꜣ.t pw war ursprünglich rot geschrieben und ist in schwarz verbessert worden (nicht nur ꜥꜣ.t allein, wie die kurze Notiz bei H. Grapow, Beschreibung und Kollation des Papyrus Ebers, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 84, 1959, 38–54, hier: 48 suggeriert).
Eb 875
[Eb 875a] Erfahrungswissen zu ꜥꜣ.t-Geschwülste an jedem Körperteil eines Mannes:
Wenn du die ꜥꜣ.t-Geschwulst der ꜥꜣ.t-Geschwülste1 in irgendeinem Körperteil eines Mannes feststellst, legst du anschließend einen Verband darauf.2
Findest du sie vor, indem sie geht und kommt, [109,5] angeheftet3 an dem Fleisch, das unter ihr ist, [Eb 875b] sagst du anschließend dazu:
„(Das ist) ein Eindringen4 (?, oder: Ausfließen?) von ꜥꜣ.t-Geschwülsten.“
[Eb 875c] Du führst ihretwegen (d.h. der Geschwulst wegen) folglich eine Messerbehandlung durch:
Möge (?) sie mit einem Feuersteinmesser aufgetrennt (und) mit einem hnw-Gerät5 gepackt sein – (genauer gesagt:) dieses, das in ihrem Inneren ist, werde mit dem hnw-Gerät5 gepackt. Anschließend entfernst du sie mit dem Feuersteinmesser.
Es gibt eine (Geschwulstvariante?) darunter, in der etwas wie der mnḏr-Körperteil einer Maus ist. (Hier handelst du ebenso und) anschließend entfernst du sie, ohne diese Nahtlinien (?, oder dieses Verbandsmaterial?)6, die an ihrer Seite sind, herauszuholen, und ohne das (gesunde?) Fleisch mit dem šꜣs-Messer7 zu berühren. [109,10] (Es) werde mit dem hnw.yt-Teil irgendeiner Johannisbrotfrucht gepackt.
Eine (Geschwulstvariante?), die wie ein Kopf ist: Sie ist ebenso (zu behandeln).
1 ꜥꜣ.t n.t ꜥꜣ.wt: Ebbell 1937, 126–127 geht von zwei verschiedenen Substantiven aus und kann daher die normale Konstruktion „ꜥꜣ.t n.t Verursacher“ annehmen. Bei ꜥꜣ.wt erwägt er „larvae?“; konkret denkt er wegen des Satzes jw wn wꜥ jm: „Es gibt einen darin.“ an einen Parasiten und hält Bremsenlarven für denkbar (B. Ebbell, Die alt-ägyptische Chirurgie. Die chirurgischen Abschnitte der Papyrus E. Smith und Papyrus Ebers, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. 2. Hist.-Filos. Klasse 1939 (2) (Oslo 1939), 86). Er spricht ferner kurz die Möglichkeit des Medina-Wurms an, lehnt dies aber sofort wieder ab, weil die genannten Behandlungen nicht dazu passen würden. Dennoch findet sich diese Theorie gelegentlich später in der Literatur, vgl. etwa R. L. Miller, Dqr, spinning and treatment of guinea worm in P. Ebers 875, in: Journal of Egyptian Archaeology 75, 1989, 249–254 mit weiterer Literatur, und L. Bouchet-Bert, The question of dqr and sterile blades in P. Ebers 875, in: Journal of Egyptian Archaeology, 84, 1998, 224–228. Contra Ebbell gibt es jedoch keinen Grund anzunehmen, dass bei ꜥꜣ.t und ꜥꜣ.wt zwei verschiedene Substantive vorliegen: ꜥꜣ.wt scheint der Schreibung nach der normale Plural von ꜥꜣ.t zu sein, wie auch im vorigen Lehrtext Eb 874. Nach von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 178, Anm. 3 soll die Konstruktion vielleicht aussagen, dass der Lehrtext gegen ꜥꜣ.t-Geschwülste allgemein gerichtet ist, Eb 875 die Behandlung aber exemplarisch an einer einzelnen Geschwulst thematisiert. Das ist unwahrscheinlich, weil dafür ein generischer Singular ausreichen würde, wie in den vorigen Lehrtexten auch. Bardinet 1995, 371 vermutet „une poche de (formée par plusiers) poches (= poche multiple)“. Westendorf 1999, 707 mit Anm. 279 denkt an eine Art „Super-Geschwulst“ („Geschwulst der Geschwülste“): Er verweist hierfür auf die ägyptische Superlativbildung (da Substantive vorliegen und keine Adjektive, wird man korrekter an einen Genitivus hebraicus = paronomastischen Identitätsgenitiv („König der Könige“) denken dürfen).
2 rḏi̯.jn=k wt ḥr=s: Auffällig ist das Fehlen einer Medikation; der Verband wird direkt appliziert. Westendorf 1999, 707–708, Anm. 280 denkt an einen Fehler von „Verband“ für „Finger“, die in der folgenden Palpation „auffälligerweise fehlen“.
3 dqr: Bedeutung unsicher. A. H. Gardiner, Notes on the Story of Sinuhe (Paris 1916), 60, vermutet: „perhaps meaning in its most literal sense ‚to press‘.“ Die Ebers-Stelle übersetzt er ebd. mit „pressing (?) against the flesh that is under it“. So schlägt die sekundäre Notiz auf dem Wörterbuchzettel DZA 31.465.940 die Bedeutung „drückend“ vor; zur Untermauerung dieser Bedeutung verweist DZA 31.465.950 auf pEbers 100,1 [sic, gemeint ist sicher 109,1 = Eb 874], wo eine Geschwulst dafür sorgt, dass Körperteile dns: „schwer/beladen sind“. Wb 5, 496.4 sieht dann aber in dqr die ältere Schreibung für dgꜣ: „pflanzen; überziehen; ankleben“ (Wb 5, 499.7–14; so letztlich auch schon Stern, in: Ebers 1875, 52b: „arem esse“, „affligere“, auch wenn die dort gegebenen koptischen Derivate nicht auffindbar sind), und als Bedeutung ist „angeheftet sein (o.ä.) an etw.“ angegeben. Diese Bedeutung ist dann als Möglichkeit in H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 991 übernommen worden, das zudem noch auf Eb 872a als möglichen Gegensatz verweist, in dem eine Geschwulst „getrennt von Fleisch“ (jwd.tj r ḥꜥ.w=f) ist; als weiteres Argument für diese Bedeutung sei auf koptisch ⲧⲟϭⲣ: „(sich) befestigen, fest sein, (sich) verbinden, haften, u.a.“ verwiesen, das wohl das spätere Derivat von dqr ist (so W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 227 und W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 263). Ältere Übersetzungen, wie das völlig unbegründete „piercing through“ von Ebbell 1937, 126, sind damit im Grunde obsolet.
R. L. Miller, Dqr, spinning and treatment of guinea worm in P. Ebers 875, in: Journal of Egyptian Archaeology 75, 1989, 249–254, hier: , der in Eb 875 einen Text zur Behandlung des Medina-Wurms sieht, verwies auf den Gebrauch des Wortes in einer Spinnerei-Szene in der Grabmalerei von Beni Hassan. Diese Szene stellt ihm zufolge die Verstärkung eines Fadens durch Verdrehung zweier dünner Fäden dar; darauf würde sich wohl auch das beigeschriebene Verb dqr beziehen, weshalb im pEbers, darauf basierend, mit dqr wohl das langsame Herausdrehen des Medina-Wurms mit einer Spindel angesprochen sei. L. Bouchet-Bert, The question of dqr and sterile blades in P. Ebers 875, in Journal of Egyptian Archaeology, 84, 1998, 224–228 zweifelt diese Bedeutung an, da das Verb noch inmitten der Untersuchung steht und noch keine Behandlung angesprochen sei. Jedoch akzeptiert er die grundlegene Idee, dass dqr etwas wie „winding, twisting“ o.ä. bedeuten könne, nur dass hier noch von einem Symptom die Rede sei: der Wurm wirke „twisted against the flesh“ (S. 226). Die Ideen von Miller und Bouchet-Bert sind aber vor dem Hintergrund des möglichen koptischen Derivats anzuzweifeln.
4 ꜥq: Mit dem speienden Mund klassifiziert und damit eigentlich nicht das Verb „eintreten“. Dennoch wird es von Ebbell 1937, 127 und Westendorf 1999, 708 so übersetzt. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 179, Anm. 6 erwägen eine Metathese von qꜣꜥ: „ausspeien“. Daher Bardinets „expulsion“ (Bardinet 1995, 371). Worauf die Übersetzung „appearance“ bei E. Strouhal – B. Vachala – H. Vymazalová, The Medicine of the Ancient Egyptians. 1. Surgery. Gynecology. Obstetrics. Pediatrics (Cairo/New York 2010), 51 zurückgeht, ist unbekannt.
5 hnw: Mit dem Tierfell klassifiziert. Es ist unsicher, ob der vor dem Tierfell stehende Docht (Gardiner Sign-list V28) als Phonogramm zu lesen ist, so dass eigentlich ein hnwḥ-Instrument gemeint ist, oder ob es sich ebenfalls um einen Klassifikator handelt. Ebbell denkt, sicher wegen der Kollokation mit nḏr: „packen“, an ein „forceps“ (Ebbell 1937, 127) bzw. eine „Pinzette“ (B. Ebbell, Die alt-ägyptische Chirurgie. Die chirurgischen Abschnitte der Papyrus E. Smith und Papyrus Ebers, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. 2. Hist.-Filos. Klasse 1939 (2) (Oslo 1939), 86). Ob dazu aber die Klassifizierung mit (Docht und) Tierfell passt, ist fraglich.
Westendorf 1999, 708, Anm. 281 erwähnt, leider ohne Literaturhinweise, dass in der Vergangenheit das hnw-Gerät und der weiter unten genannte hnw.yt-Teil als Schröpfkopf interpretiert worden sei. Diese Interpretation habe, so Westendorf, im Wesentlichen auf der Annahme basiert, dass die ḏꜣr.t-Pflanze, als dessen Teil hnw.yt genannt wird, mit der Koloquinte gleichgesetzt wurde; und mit der Rückkehr der Identifikation der ḏꜣr.t-Pflanze von der Koloquinte zur Johannisbrotfrucht sei diese Möglichkeit hinfällig. Insgesamt gibt es im gesamten Papyrus Ebers, wie auch in den anderen medizinischen Papyri, keinen einzigen Hinweis, dass die Alten Ägypter das Schröpfen kannten und/oder praktizierten.
6 jdr.w: Mit dem Fleischstück klassifiziert, aber vielleicht trotzdem zu jdr: „Verbandsmaterial, Faden, Naht“ zu stellen, s. H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 112–113. H. von Deines – W. Westendorf vermuten eine metaphorische Ableitung von „Naht“ zu „Grenzlinie zwischen gesundem und krankem Fleisch“. Darauf gehen die späteren Übersetzungen als „Umgrenzungen“ (Westendorf 1999) oder „les bords“, „les limites“ (Bardinet 1995) zurück. Ebbells „enclosures“ (Ebbell 1937, 127) mag ebenfalls auf die Identität mit dem Verbandsmaterial zurückgehen, seine darauf aufbauende Identifikation als „fibrous capsule“ entbehrt aber jeder Begründung. Alles in allem spricht die Klassifizierung tatsächlich dafür, dass in diesem Fall ein Körperteil gemeint ist; dennoch sollte als Alternative in Betracht gezogen werden, dass hier nur die einfache Bedeutung „Verbandsmaterial“ vorliegt und damit der gleich zu Beginn von Eb 875a angelegte wt-Verband gemeint ist, der nicht beschädigt werden soll.
7 Beginnend mit Ebbell 1937, 127 ziehen alle Bearbeiter die Adverbiale m šꜣs als Instrumentalbestimmung zu šdi̯.jn=k: „thou shalt remove it with a šꜣś-knive“. Diese Bestimmung steht aber derweit hinten, dass fraglich ist, ob sie satzsyntaktisch wirklich zu šdi̯ gehört. Daher wird sie hier auf dmj bezogen, auch wenn das die gesamte Aussage des Satzes, dass der Vorgang des „Entfernens“ mit diesem Messer geschieht, nicht ändert. So auch S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 220.
Eb 876
[Eb 876a] Erfahrungswissen zu dem „sfṯ-Öl“-Leiden1 an jedem Körperteil:
Wenn du das „sfṯ-Öl“-Leiden eines Gefäßes an irgendeinem Körperteil feststellst, (und) findest du es gerötet und pochend in der Art eines Stockhiebs infolge des Schlags von irgendeiner (dämonischen) Sache in allen Körperteilen vor,2 nachdem er/es 7 Knoten gebildet hat, [Eb 876b] sagst du folglich:
„Das ist ein ‚sfṯ-Öl‘-Leiden eines Gefäßes. Es ist der Schlag eines Gefäßes, der es verursacht.“
[Eb 876c] (Und) du stellst dafür folglich ein Messer3 aus einer Binse4 zum (?) [109,15] Durchführen einer Messerbehandlung her. Wenn es (d.h. das sfṯ-Leiden) sehr blutet (wörtl.: Wenn es viel ist, dass es Blut gibt)5, brennst du es folglich mit Feuer aus. Du sollst es durch die Behandlung eines Kauter-Gehilfen behandeln.
[Eb 876d] Wenn du (es) an den ẖn.tj-Beugen (?) irgendeines Körperteils mit vielen Krümmungen (?) vorfindest, aufgeblasen mit seiner (d.h. des Krankheitsphänomens) Luft, (dann sagst du dazu):
„Das ist ein Feind des Gefäßes.“
Du sollst nicht Hand an irgendetwas diesem Gleiches legen. Das ist ein hoffnungsloser Fall (wörtl.: Kopf zu Boden ist es).
1 E. Strouhal – B. Vachala – H. Vymazalová, The Medicine of the Ancient Egyptians. 1. Surgery. Gynecology. Obstetrics. Pediatrics (Cairo/New York 2010), 52 übersetzen „(a vascular tumor) of cedar oil“, gehen also davon aus, dass ꜥꜣ.t n.t ausgefallen ist und in Eb 876 dieselbe Geschwulstart behandelt wird wie in Eb 866.
2 Das „Schlagen einer jeden Sache“ tritt in Eb 229 und Eb 231 im Zusammenhang mit der „Einwirkung“ eines Gottes oder eines Toten auf, ist also wohl dämonischen Ursprungs, s. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 179, Anm. 3.
3 ḏw: Das meist mit „Messerbehandlung“ übersetzte Wort ist entweder ein Kompositum ḏw-ꜥ (so H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 1000) oder ein dreiradikaliges Substantiv ḏwꜥ (so Wb 5, 552.1–5). H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962) vermuten, dass es eine Zusammensetzung aus ḏw: „Schnitt“ und ꜥ: „Tätigkeit“ sein könnte. T. Mrsich, Gehört die Hausurkunde (ı͗myt-pr) in den Pyramidentexten zum sakralen Recht?, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 2, 1975, 189–212, hier: 205, Anm. 83 schlägt dagegen vor, dass das Substantiv ꜥ: „Arm“ gemeint sein könnte und ḏw-ꜥ eigentlich „Messerarm“ bedeuten könnte, was aber nicht ganz passend scheint. Je nachdem, ob man von einem oder zwei Substantiven ausgeht, wäre das einfache ḏw eine Verkürzung oder aber das Erstnomen des Kompositums. Die Anmerkung von H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.2. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), dass ḏw ursprünglich ein „Messer“ bezeichnet habe und erst sekundär zum „Schnitt“ wurde, den es dann als Bedeutung in Eb 876 ansetzt, ist aber etwas übers Ziel hinausgeschossen, da Wb 5, 550.1–2 letztlich nur zwei Belege für einfaches ḏw gibt, nämlich Eb 876 und pTurin (W. Pleyte – F. Rossi, Papyrus de Turin (Leiden 1869)) 31 = pTurin CGT 54051, Recto 6,6, wobei aber nach Autopsie des Letzteren dort eher ḏw-ꜥ steht. Damit bleibt für die Bedeutung des einfachen ḏw nur diese eine Stelle in Eb 876c. Das in den vorigen Lehrtexten des pEbers vorkommende jri̯.ḫr=k n=s ḏw-ꜥ wie auch das jri̯.ḫr=k n=s snḏm des Eb 873c scheint zunächst tatsächlich dafür zu sprechen, dass das einfache ḏw ein Nomen actionis ist. Die Grundbedeutung von jri̯ ist allerdings „etwas machen, tun, fertigen“, und in den übrigen Lehrtexten des Geschwulstbuches hat jri̯.ḫr=k ein Konkretum als Objekt, nämlich zp.w: „Mittel“ oder pẖr.t: „Heilmittel“. Daher spricht nichts dagegen, auch in ḏw tatsächlich ein Konkretum und damit ein „Messer“ zu sehen.
Das Kompositum(?) ḏw-ꜥ wiederum ist definitiv ein vom einfachen ḏw zu unterscheidendes Wort. Denn wäre es dasselbe, wäre die Formulierung von Eb 876c tautologisch. ḏw-ꜥ kommt etwas häufiger vor als ḏw, aber vorrangig im pEbers und einmal im pHearst, immer als Objekt von jri̯. Zwei Mal kommt es in den Pyramidentexten vor, nämlich in PT 175 (Pyr. § 660c) und PT 176 (Pyr. § 661a), K. Sethe, Die altaegyptischen Pyramidentexte nach den Papierabdrücken und Photographien des Berliner Museums neu herausgegeben und erläutert. Erster Band. Text, erste Hälfte. Spruch 1–468 (Pyr. 1–905) (Leipzig 1908), 363. Dort scheint es vokativisch vorzukommen; K. Sethe, Übersetzung und Kommentar zu den altägyptischen Pyramidentexten 3. Spruch 326 – 425 (§§ 534 – 787) (Hamburg 1938), 213 und 215–216 (Kommentar zu Py. 660c) übersetzt es mit „Operationsmesser“ und vermutet darin eine Metapher für den Tod. Geschrieben wird es in § 660c wie im pEbers, nur ist es allein mit dem Strich und ohne Messer klassifiziert. In § 661a steht nach dem Arm interessanterweise noch die Harpune, Gardiner Sign-list T21, „alsob [sic] es von wꜥ ‚Einzackharpune‘ komme“ (K. Sethe, Übersetzung und Kommentar zu den altägyptischen Pyramidentexten 3. Spruch 326 – 425 (§§ 534 – 787) (Hamburg 1938), 216–217, Komm. zu § 661a). Allerdings scheint es bislang keine Hinweise auf die Existenz eines ḏ-Präfixes zu geben. Die beiden Belege im pTurin CGT 54051, Rto. 6,6 und 6,9 helfen für die Bedeutungsfindung nicht weiter, da sie beide in einem zerstörten Kontext stehen. Es kommt außerdem noch drei Mal im Brooklyner Schlangenpapyrus vor, pBrooklyn 47.218.48 und 85, Zeile 2,8, 2,9 und 5,13, vgl. S. Sauneron, Un traité égyptien d’ophiologie. Papyrus du Brooklyn Museum No 47.218.48 et .85, Bibliothèque générale 11 (Le Caire 1989), 28, Anm. 5, und 184. Davon steht es einmal in einer Konstruktion, in deren Parallele ds: „Messer“ steht. Allerdings vermutet auch Sauneron, ḏw-ꜥ bezeichne „l’acte de découper“ (S. 28, Anm. 5, Hervorhebung i.O.); er vermutet hierin einen Ausdruck für „débrider; débridage (de la morsure)“. Ob man in der Übersetzung daher den Begriff des „Débridements“ oder des „Debridierens“ verwenden kann? Dem Klassifikator nach liegt der Fokus eher auf dem Schneiden, so dass man auch eine Übertragung als „Kürettage“ und „kürettieren“ erwägen könnte.
Wenn in den Pyramidentexten tatsächlich eine vokativisch verwendete Metapher für den Tod vorliegt, wie Sethe vermutet, wäre dort eine Übersetzung als „Schnitter“ möglich.
4 ḏw m sw.t: von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I scheinen das folgende n.t jri̯.t ḏw-ꜥ an sw.t anzuhängen, vgl. die „Binse des Machens einer Messerbehandlung“ in von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 229. Es fragt sich jedoch, ob man es nicht an ḏw anhängen soll: ein „Messer zum Durchführen einer Messerbehandlung“. Dann wäre allerdings m sw.t fehlplatziert, weil es als Adverbiale eigentlich nicht innerhalb des Genitivs stehen kann. Sollte sie irregulär wegen der Länge des Nomen rectums nach vorn gerutscht sein? Oder hat das ḏw m sw.t den Stellenwert eines Kompositums, auch wenn es nicht als Genitiv konstruiert ist? Vgl. das auch von H. Grapow, Kranker, Krankheiten und Arzt. Vom gesunden und kranken Ägypter, von den Krankheiten, vom Arzt und von der ärztlichen Tätigkeit, Grundriss der Medizin der alten Ägypter III (Berlin 1956), 105 zum Vergleich herangezogene „zf.t-gꜣš, das „Schilfmesser“, mit dem sich Bata in der Erzählung des pd’Orbiney selbst kastriert. Wie Grapow, ebd. schreibt, ist Schilf sehr scharf; warum es aber zum Schneiden herangezogen werden soll, kann er nicht erklären. Die Verwendung des zf.t-gꜣš erklärt er als Notbehelf mangels eines richtigen Messers; den Grund für die Verwendung der sw.t-Binse in Eb 876 sucht er eher darin, dass vielleicht ein „steriles“ Messer verwendet werden sollte oder eines, das man nach Gebrauch wegwerfen konnte.
5 jr wr(r) dd=f snf: Übersetzung mit der Communis opinio. E. Strouhal – B. Vachala – H. Vymazalová, The Medicine of the Ancient Egyptians. 1. Surgery. Gynecology. Obstetrics. Pediatrics (Cairo/New York 2010), 52 setzen dagegen wr und dd=f snf parallel, müssen aber dann nach wr ein Subjekt ergänzen: „When (the tumor) is large and bleeding (...)“.
Eb 877
[Eb 877a] Erfahrungswissen zur ꜥnw.t-Geschwulst des Chons-Gemetzels1:
Wenn du eine ꜥnw.t-Geschwulst des Chons-Gemetzels an irgendwelchen Körperteilen [109,20] eines Mannes feststellst, (und) findest du ihren Kopf spitz und ihren Ausläufer (?) regelmäßig (?)2 vor, indem seine (d.h. des Patienten) Augen grün/blau (?)3 und entzündet sind, und das, indem [110,1] sein Fleisch heiß4 ist infolgedessen, dann hüte dich (?)!
Ferner (?):
[Eb 877b] Wahrlich, wenn du 〈sie〉5 an seinen Achseln, an seinen Oberarmen, an seinem Leistenbereich (?) (und/oder?) seinen Oberschenkeln vorfindest, indem Eiter6 darin ist, sollst du nichts dagegen tun!
[Eb 877c] Wenn du sie aber wie irgendeine Schwellung einer Wunde oder einer Quetschung vorfindest, (nämlich) an den Brüsten, an den Brustwarzen (und/oder) an irgendeinem (anderen) Körperteil, [110,5] indem sie am Gehen und Kommen ist (und/oder) am Einsinken unter deinen Fingern (und) Wasser nach außen7 abgegeben wurde, [Eb 877d] sagst du anschließend dazu:
„(Es) ist in (meinen) Händen.“
[Eb 877e] Du bereitest ihm folglich ein Heilmittel, 〈es〉 zu beseitigen: Propolis (?; wörtl.: Fliegenkot): ∅, Mehl vom sw.t-Wildweizen: ∅, Natron: ∅, sk.j-Mehl von der Tenne: ∅, Langbohnen: ∅, Bleiglanz: ∅, Öl/Fett: ∅.
Werde mit einer ꜥmꜣ.w-Pflanze/Frucht vermischt, ohne ihr Wasser zuzusetzen. Das Heilmittel werde angewendet, so dass 〈er〉 gesund wird.
[Textende]
1 šꜥ.t Ḫns.w: S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 225 kritisiert die übliche Übersetzung „Gemetzel“ für šꜥ.t, weil dies Verwundungen implizieren könnte. Als Alternative erwägt sie kurz die allgemeinere und weniger konkrete Übersetzung „Unheil“; als weitere, von ihr nicht genannte Alternative, böte sich vielleicht noch „Schrecken“ an. Allerdings kann sie keine plausible Alternativübersetzung anbieten, und da die Bedeutung „Gemetzel“ im Sinne von „Verwundung“ für šꜥ.t gut belegt ist, wird sie auch in der hiesigen Übersetzung verwendet.
2 mꜣꜥ: H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 347 geben „gerade = eben“, höchstwahrscheinlich abgeleitet von der Bedeutung „regelmäßig“. So entscheiden sich dann auch von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 229 für „gerade“, Bardinet 1995, 372 für „aplatie (?)“ und Westendorf 1999, 709 für „gerade/eben“.
3 wꜣḏ: Ebbell 1937, 127 übersetzt wörtlich mit „green (?)“. Westendorf 1999, 709 mit „grün/blau (?)“, womit er dem Umstand Rechnung trägt, dass das Ägyptische viele Farbnuancen, die das Deutsche, Englische oder Französische als „blau“ bezeichnen würden, ebenfalls mit wꜣḏ benennt. von Deines – Grapow – Westendorf 1958 I, 229 lässt das Wort dagegen unübersetzt, und von Deines – Grapow – Westendorf 1958 II, 180, Anm. 2 sowie H. von Deines – W. Westendorf, Grundriss der Medizin der alten Ägypter. VII.1. Wörterbuch der medizinischen Texte (Berlin 1961–1962), 164, Anm. 5 erwägen einen Fehler für ḏꜣw, das in den Rezepten Kah 25 und Sm 19 als Zustand der Augen genannt wird und in Sm 19 neben dšr: „rot“ erscheint. Was mit dem ḏꜣw-Zustand gemeint ist, ist allerdings unklar. Bardinet 1995, 372 setzt als Bedeutung für das hier vorkommende Wort „vitreux“ an; wie er von wꜣḏ: „grün/blau“ zu „glasig“ kommt, ist unsicher; keinesfalls ist es jedenfalls sein Übersetzungsvorschlag für ḏꜣw, weil er dieses in seinen Übersetzungen von Kah 25 (S. 441) und Sm 19 (S. 505) unübersetzt lässt. S. Radestock, Prinzipien der ägyptischen Medizin. Medizinische Lehrtexte der Papyri Ebers und Smith. Eine wissenschaftstheoretische Annäherung, Wahrnehmungen und Spuren Altägyptens 4 (Würzburg 2015), 225 und 226 möchte wꜣḏ gar mit der Komplementärfarbe „rot“, d.h. hier „gerötet“, übersetzen, weil es hier in Verbindung mit sšm steht, dessen Bedeutung etwa „gerötet, entzündet, zugeschwollen“ ist (sie entscheidet sich konkret für „entzündet“). Ihre Übersetzung scheint aber zu weit von der Grundbedeutung von wꜣḏ entfernt.
4 šmꜣm: Mit der Feuerpfanne klassifiziert und daher von allen Übersetzern als šmm: „heiß sein“ betrachtet. Interessanterweise wird die ungewöhnliche, teilweise syllabisch wirkende Graphie, bislang nicht kommentiert.
5 gmi̯=k ⟨st⟩: Das Objektspronomen fehlt. Ebbell 1937, 127–128 hat daher in ry.t jm das Objekt gesucht: „if (...) thou findest (...) that there is colour (i.e. a change of pigment) therein, (...)“. Das ist aber syntaktisch nicht möglich, weil das direkte Objekt vor der adverbialen Erweiterung stehen sollte; im Fall eines Objektsatzes könnte man sogar überlegen, ob dann nicht eigentlich eher dieser als der übergeordnete Hauptsatz adverbial erweitert wäre. Außerdem werden Objektsätze nach gmi̯, wenn der Satzkern ein Adverbialsatz ist, üblicherweise mit r-ḏd eingeleitet, D. Sweeney, The nominal object clause of verbs of perception (1) in non-literary Late Egyptian (2), in: G. Englund – P. J. Frandsen (Hrsg.), Crossroad. Chaos or the Beginning of a New Paradigm. Papers from the Conference on Egyptian Grammar Helsingor 28-30 May 1986, CNI Publications (Copenhagen 1986), 337–373, hier: 343. Die späteren Übersetzer gehen davon aus, dass das Fehlen des Objektspronomens in Eb 877b eine Ellipse ist. Es könnte aber auch schlicht aufgrund des Zeilenwechsels ausgefallen sein, so dass eigentlich ein echter Textfehler vorliegt.
6 ry.t: „Eiter“ ist hier genauso geschrieben wie auch sonst im pEbers. Ebbells Übersetzung „colour“ (Ebbell 1937) ist unbegründet – es gibt zwar ein gleichradikaliges Wort ry.t: „Farbe, Tinte“, mit dem das Wort für Eiter etymologisch wohl zusammenhängt, aber dieses ist anders klassifiziert.
7 n rw.tj: „zur Außenseite; nach außen“: So mit Grapow 1958, 398. Es sei aber darauf verwiesen, dass die Kollokation n rw.tj sonst nicht belegt ist. DZA 28.710.090 und Wreszinski 1913, 227 transliterieren dagegen n ḥr.t, was zwar möglich ist, aber korrekt wäre dann eigentlich eine Transkription als n ḥr{r}.t. Auf dieser älteren Transliteration beruhen Ebbells „upwards“ (Ebbell 1937, 127) und Bardinets „à la partie supèrieure“ (Bardinet 1995, 372). Auch Lalanne – Métra 2010, 225 „à la partie supèrieure“, lesen aber (hier und S. 224) sogar ḥr ḥr(y) und unterschlagen das n.
Verso: Kalendarium
Der Kalender steht auf der Rückseite von Kolumne 1 und steht ihr und dem gesamten Haupttext gegenüber auf dem Kopf. Das heißt, dass der Schreiber für den Kalender den Papyrus Ebers dafür über die kurze Seite gedreht hat, bzw. dass er den Papyrus, nachdem er zusammengerollt war, noch einmal ein Stück aufgerollt hat, wobei man, wenn man die linke Hand benutzt, um den Rest der Rolle aufgerollt zu halten, unweigerlich gegenüber dem Text der Vorderseite um 180° gedreht schreibt.
Datierung: Laut Möller 1909 etwas später als Haupttext.
[1a] ___ | [1b]1 Regierungsjahr2 9 unter der Majestät des Königs von Ober- und Unterägypten (Djeser-ka-Re)|3, der ewig leben möge: | |
(Monat) „Eröffner des Jahres“4 | Monat 3 der Schemu-Jahreszeit, Tag 9 | Herauskunft der Sothis. |
(Monat) „Trunkenheit“ | Monat 4 (der Schemu-Jahreszeit), Tag 9 | Ditto(?)5. |
(Monat) „Bekleiden“ | Monat 1 der Achet-Jahreszeit, Tag 9 | Ditto(?). |
[5a] (Monat) „(Ausfahrt der) Hathor“6 | [5b] Monat 2 (der Achet-Jahreszeit), Tag 9 | Ditto(?). |
(Monat) „Choiak“ | Monat 3 (der Achet-Jahreszeit), Tag 9 | Ditto(?). |
(Monat) „Quellen des Emmers“ | Monat 4 (der Achet-Jahreszeit), Tag 9 | Ditto(?). |
(Monat) „(Großer) Brand“ | Monat 1 der Peret-Jahreszeit, Tag 9 | Ditto(?). |
(Monat) „(Kleiner) Brand“ | Monat 2 (der Peret-Jahreszeit), Tag 9 | Ditto(?). |
[10a] (Monat der Erntegöttin) „Renenutet“ | [10b] Monat 3 (der Peret-Jahreszeit), Tag 9 | Ditto(?). |
(Monat des Gottes) „Chons“ | Monat 4 (der Peret-Jahreszeit), Tag 9 | Ditto(?). |
(Monat des Gottes) „Chentechtai“7 | Monat 1 der Schemu-Jahreszeit, Tag 9 | Ditto(?). |
(Monat der Göttin) „Ip-Hemetes“8 | Monat 2 (der Schemu-Jahreszeit), Tag 9 | Ditto(?). |
1 „[1a] vacat [1b]“: Der Beginn der Zeile ist so eingerückt, dass sie auf derselben Höhe beginnt wie die Wandeljahr-Monate der folgenden Zeilen. Darin zeigt sich, dass diese Zeilen zusammengehören (anders etwa W. Barta, Das Kalendarium des Papyrus Ebers mit der Notiz eines Sothisaufgangs, in: Göttinger Miszellen 101, 1988, 7–12, der mehrfach betont, dass die Zeilen 1 und 2 nicht zusammengezogen werden dürften) und die Monatsnamen, die in den Zeilen 2–13 davor stehen, auch rein technisch betrachtet davor gesetzt wurden. Die hier gewählte Zeilennummerierung mit [_a] und [_b] versucht, dies in der Transkription noch etwas kenntlicher zu machen. Ob der Kalender tatsächlich auch in dieser Reihenfolge aufgeschrieben wurde (so auch schon fragend L. Depuydt, The Function of the Ebers Calendar Concordance, in: Orientalia 65, 1996, 61–88, hier: 74), nämlich zuerst die Regierungszeit in Zeile 1, dann die Monate des Wandeljahres, und erst dann die Monatsnamen, kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden. Im aktuellen Zustand sieht das tatsächlich so aus: Die Wörter scheinen von Zeile [1b] zu [6b] hin allmählich blasser zu werden, wohingegen die Monatsnamen der Spalte [a] generell blasser sind als die Wörter der Spalte [b] und daher später geschrieben zu sein scheinen. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass das erst ein sekundäres, modernes Phänomen ist. Die Tinte des Kalenders ist jedenfalls aktuell viel ausgebleichter als auf dem Foto von L. Borchardt, Die Mittel zur zeitlichen Festlegung von Punkten der ägyptischen Geschichte und ihre Anwendung (Kairo 1935), Blatt 1.
2 rnp.t-zp: So die gängige Lesung, vgl. auch die Transliterationen aus dem Hieratischen in S. Schott, Urkunden mythologischen Inhalts. VI,1–144, 2 Bd., Urkunden des Ägyptischen Altertums VI (Leipzig 1929–1939), 44.5 und J. von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten. Die Zeitbestimmung der ägyptischen Geschichte von der Vorzeit bis 332 v. Chr., Münchner Ägyptologische Studien 46 (Mainz 1997), 228. Zur hieratischen Form vgl. Möller 1909, Nr. 403 mit Anm. 3. Lalanne – Métra 2010, geben dagegen nur rnp.t wieder: Jahresrispe, t und Logogrammstrich, und sie transkribieren dementsprechend nur rnp.t.
3 Die Lesung des Königsnamens wurde schon von Ebers 1873, 41 und J. Krall, Der Kalender des Papyrus Ebers, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 6, 1885, 57–63, hier: 61 vorgeschlagen, hat sich aber erst durch Erman 1890, 56–60 durchgesetzt und ist seitdem die allgemein akzeptierte. Ältere Lesungen sind damit obsolet.
4 wp-rnp.t: Diese und die darunterstehenden Bezeichnungen werden üblicherweise als Monatsnamen gedeutet. E. Meyer, Aegyptische Chronologie, Abhandlungen der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse 1904 (Berlin 1904), 47, dem L. Borchardt, Die Mittel zur zeitlichen Festlegung von Punkten der ägyptischen Geschichte und ihre Anwendung (Kairo 1935), 19 folgt, dachte dagegen an eine Bezeichnung der Monatsfeste (Meyer erwog noch Monatsgottheiten, schloss diese aber gleich wieder aus). Dem ist oft widersprochen worden, etwa durch J. von Beckerath, Das Kalendarium des Papyrus Ebers und das Sothisdatum vom 9. Jahr Amenophis’ I., in: Studien zur Altägyptischen Kultur 14, 1987, 27–33, hier: 28 mit dem Argument, dass Festbezeichnungen eher hinter den Wandeljahr-Monaten zu erwarten wären und nicht davor, und dass es verwunderlich wäre, dass nur ein Fest genannt würde. Jüngst hat sich L. Depuydt, Function and Significance of the Ebers Calendar’s Lone Feast-Hieroglyph (Gardiner Sign-List W3), in: Journal of Egyptian History 1, 2008, 117–138 wieder dafür ausgesprochen, dass wp-rnp.t die Bezeichnung eines Tages sei, nämlich des Neujahrstages, der durch den Siriusfrühaufgang markiert sei.
5 Die Interpretation des Punktes in der letzten Spalte, der in dieser und den nachfolgenden Zeilen jeweils unter pr.t-Spd.t steht, fällt verschieden aus:
(1) Vacat-Zeichen, d.h. im Grunde Füllpunkte: Weiter vorn in der Spalte mit der Durchzählung der Monate des Wandeljahres wird die Jahreszeit nur jeweils beim ersten Mal genannt und in den nachfolgenden Zeilen nur durch einen Punkt wiederholt, der dort also als Ditto-Zeichen zu verstehen ist. Dementsprechend liegt es nahe, in dem Punkt unter pr.t-Spd.t denselben Vermerk zu sehen. (1a) Spätestens bei L. Borchardt, Die Mittel zur zeitlichen Festlegung von Punkten der ägyptischen Geschichte und ihre Anwendung (Kairo 1935), 25 findet sich allerdings der richtige Hinweis, dass die „Heraufkunft der Sothis“, d.h. das Wiedererscheinen des Sirius in der Morgendämmerung (der Frühaufgang), nachdem er längere Zeit unter dem Horizont lag und damit nachts nicht sichtbar war, nur einmal im Jahr stattfindet. Daher kann sich die „Heraufkunft der Sothis“ nicht in jedem Monat des Jahres wiederholen, und der Punkt kann kein Ditto-Vermerk sein. Daher schreibt er: „Die Punkte können nur, wenn sie überhaupt etwas anderes als Linienangaben sind, höchstens etwa ‚vacat‘ bedeuten.“ Dem folgend, übergehen diejenigen Ägyptologen den Punkt, die davon ausgehen, dass der Ebers-Kalender einen Sothisaufgang am 9. Tag des 3. Monats der Schemu-Jahreszeit in der Regierungszeit Amenhoteps I. oder in dem durch diesen Tag markierten Monat festhält. So ist er bspw. bei R. Krauss, Sothis- und Monddaten. Studien zur astronomischen und technischen Chronologie Altägyptens, Hildesheimer Ägyptologische Beiträge 20 (Hildesheim 1985), 105 in der Transkription gar nicht wiedergegeben. (1b) Eine leichte Varianz von Lösung (1a), und von Borchardt schon erwogen (s. das Zitat), wäre die Hypothese, dass diese Füllpunkte als Orientierungshilfe dienen sollten, dass sie also nur eine Art Hilfspunkte sind, damit die zuletzt aufgeschriebenen Monatsnamen (s. Kommentar 1) etwa auf derselben Höhe eingetragen werden konnten wie die zugehörigen Wandeljahrmonate. Dass der Schreiber die Monatsnamen am Ende aber doch nicht links von den Punkten (und damit optisch relativ weit von den Wandeljahr-Monaten getrennt), sondern rechts neben die Wandeljahr-Monate setzte, könnte eine Ad-hoc-Entscheidung gewesen sein, weil dadurch die beiden Monatsnamen schlicht direkt nebeneinander standen. Ähnlich auch die Überlegungen von L. Depuydt, The Function of the Ebers Calendar Concordance, in: Orientalia 65, 1996, 61–88, hier: 72–73.
(2) Mehrere Ägyptologen versuchen dagegen, diese Punkte dennoch als Ditto-Vermerke zu interpretieren, was mitunter erheblichen Einfluss auf die Interpretation des Kalenders hat. (2a) Im Grunde eine Zwischenstellung zwischen (1) und (2) nimmt J. von Beckerath, Das Kalendarium des Papyrus Ebers und das Sothisdatum vom 9. Jahr Amenophis’ I., in: Studien zur Altägyptischen Kultur 14, 1987, 27–33, hier: 31 ein, wenn er schreibt, dass „die Punkte gewiß keine Wiederholung bedeuten [sollen]; ganz sinnlos, wie meist angenommen, werden sie aber nicht sein.“ Er sieht (S. 30) den Grund des Kalenders darin, eine Konkordanz zwischen dem durch den Frühaufgang des Sirius markierten Naturjahr, dem Wandeljahr (alias Ziviljahr) und dem kultischen Zwecken dienenden Mondjahr herzustellen. Die Punkte sollen ihm zufolge dazu dienen, jede einzelne Zeile auf den Siriusaufgang zu beziehen und diesen als Ausgangspunkt der Konkordanz zu markieren. Im Prinzip ähnlich ist auch die Interpretation von W. Barta, Das Kalendarium des Papyrus Ebers mit der Notiz eines Sothisaufgangs, in: Göttinger Miszellen 101, 1988, 7–1210, der davon ausgeht, dass die durchnummerierten Monate nicht das Wandeljahr, sondern die einzelnen Zeitabschnitte eines davon noch einmal verschiedenen Regierungsjahres kennzeichnet, also quasi eine Art „Regierungsjahrmonate“ (die allerdings nicht belegt sind!). In dessen erstem Monat habe sich nun der Siriusaufgang ereignet, und die Punkte sollen andeuten, dass dieses Ereignis „insofern auch für alle übrigen Zeitabschnitte gilt, als er sich erst zu Beginn des nächsten Regierungsjahres wiederholen wird.“ Auch die Ansicht von L. Depuydt, The Function of the Ebers Calendar Concordance, in: Orientalia 65, 1996, 61–88, hier: 66–67 ist dem nicht unähnlich. Er stimmt mit der weitaus häufigeren ägyptologischen Lesart überein, derzufolge der Ebers-Kalender eine Konkordanz zwischen dem Mondjahr (in der ersten Spalte) und dem Wandeljahr (in der zweiten Spalte) darstellt. Depuydt zufolge dient nun der Frühaufgang des Sirius als Anker für das Mondjahr: Der 1. Mondmonat beginne mit dem 1. Neumond nach dem Siriusaufgang, weshalb die Nennung des Siriusaufganges für die Funktion dieses Kalenders essenziell sei. Aus diesem Grund würde der Punkt die Ankerfunktion des Siriusaufganges hervorheben, indem er verdeutlicht, dass jeder Mondmonat letztlich vom Beginn des ersten Mondmonats und damit vom Siriusaufgang abhängig ist: „These dots obviously cannot denote repetition of the Sothic rising, which only occurs once a year. What the dot carries on, then, is not the name or the event of the rising of Sirius, but the function of anchor and herald that this rising exercises in relation to the lunar months listed in the same line and the following line[s]. (...) The dots below prt-Spdt, then, signify the repetition of the rising’s function.“ (S. 67) (ähnlich L. Depuydt, Function and Significance of the Ebers Calendar’s Lone Feast-Hieroglyph (Gardiner Sign-List W3), in: Journal of Egyptian History 1, 2008, 117–138, hier: 136). (2b) Als klare Wiederholungspunkte, aber mit anderem Bezug, versteht sie C. Leitz, Studien zur ägyptischen Astronomie, Ägyptologische Abhandlungen 49 (Wiesbaden 1989), 24–28: Die von R. A. Parker, The Calendars of Ancient Egypt, Studies in Ancient Oriental Civilization 26 (Chicago 1950), aufgestellte Theorie, dass die erste Spalte des Ebers-Kalenders schematisierte Mondmonate enthalte, lehnt Leitz ab, weil Mondmonate per se nicht gleich lang sein könnten. Vielmehr vermutet er in der rechten Spalte eher Monate eines Sonnenjahres, das mit dem Sommersolstitium (und im Idealfall mit dem Siriusaufgang noch im selben Monat) beginne. In der Spalte daneben (hier: der jeweils rechte Teil von Spalte [b]) stünden die Monate des Wandeljahres (ꜣbd 3 šmw usw.); und die Angabe pr.t-Spd.t und die darunterstehenden Punkte würden eine dritte Spalte konstituieren, die die Monatsnamen eines „astronomischen Fixjahres“ enthielten. Insgesamt sei der Ebers-Kalender eine Konkordanz zwischen dem Sonnenjahr (in Spalte [a]), dem Wandeljahr (in Spalte [b]) und diesem „astronomischen Fixjahr“. Die Monatsnamen dieses „astronomischen Fixjahres“ seien nun, so Leitz weiter, bis auf den ersten mit denen des Sonnenjahres identisch: Während der erste Monat des Sonnenjahres msw.t-Rꜥ oder, wie im pEbers, wp-rnp.t hieße, würde der erste Monat dieses Fixjahres eben pr.t-Spd.t heißen. Daher stellen die Punkte echte Wiederholungspunkte dar, nur wiederholen sie eben nicht den in Zeile 2 stehenden Namen pr.t-Spd.t (vertikale Wiederholung), sondern jeweils den in Spalte 1 stehenden Monatsnamen (horizontale Wiederholung). (2c) Lalanne – Métra 2010, 226–227 geben schließlich in ihrer hieroglyphischen Transliteration diese Punkte mithilfe des Unterführungszeichens wieder und in ihrer Übersetzung durch „dito“, kommentieren aber nicht, was sie wiederholt haben wollen. Die Verwendung von Unterführungszeichen suggeriert allerdings, dass sie an eine Wiederholung von pr.t-Spd.t denken.
6 Zur Deutung d. Monats-/Festnamens s. die Bemerkung bei U. Luft, Noch einmal zum Ebers-Kalender, in: Göttinger Miszellen 92, 1986, 69–77, hier: 71.
7 S. Schott, Urkunden mythologischen Inhalts. VI,1–144, 2 Bd., Urkunden des Ägyptischen Altertums VI (Leipzig 1929–1939), 44.16 und J. von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten. Die Zeitbestimmung der ägyptischen Geschichte von der Vorzeit bis 332 v. Chr., Münchner Ägyptologische Studien 46 (Mainz 1997), 228 transliterieren das erste hieratische Zeichen als Wasserkrüge (Gardiner Sign-list W17), Lalanne – Métra 2010 dagegen als den Horusfalken, müssen dann aber ḫnt in Klammern ergänzen, um ebenfalls auf den Gottesnamen Chentechtai (bzw. in ihrem Fall Horus-Chentechtai) zu kommen. Das fragliche Zeichen ähnelt aber eher den Wasserkrügen als dem Falken, auch wenn es viel kursiver ist als die anderen Formen des pEbers (vgl. die Gegenüberstellung bei Möller 1909, Nr. 504, Anm. 2).
8 jp.t-ḥm.t: Wb war unsicher, wie die letzten beiden Zeichen zu lesen sind, und tendierte zu zwei Klassifikatoren: Tierfell und sitzende Frau, beides mit Fragezeichen versehen, vgl. DZA 20.590.010, Wb 1, 68.11 und S. Schott, Urkunden mythologischen Inhalts. VI,1–144, 2 Bd., Urkunden des Ägyptischen Altertums VI (Leipzig 1929–1939), 44.17 (dem folgt noch R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 16). Als Alternativen sind noch sitzende Gottheit (d.h. eigentlich Falke auf Standarte, was das Zeichen eigentlich abbildet, vgl. dazu A. Erman, Neuaegyptische Grammatik. zweite, völlig umgestaltete Auflage (Leipzig 1933), § 39 vs. A. H. Gardiner, The transcription of New Kingdom hieratic, in: Journal of Egyptian Archaeology 15, 1929, 48–55, hier: 51) und t oder Tierfell und t angegeben. Beide Alternativen sind unwahrscheinlich, weil man dann zwei ts hätte, von denen eines noch hinter dem Klassifikator stünde. Zur Lesung ḥm.t s. schon J. Krall, Der Kalender des Papyrus Ebers, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l’archéologie égyptiennes et assyriennes 6, 1885, 57–63, hier: 60, mit Verweis auf ptolemäische Schreibungen (der darin noch ein Argument für die Spätdatierung des Papyrus sieht). Es ist heute die gängige Lesung, vgl. pars pro toto J. von Beckerath, Chronologie des pharaonischen Ägypten. Die Zeitbestimmung der ägyptischen Geschichte von der Vorzeit bis 332 v. Chr., Münchner Ägyptologische Studien 46 (Mainz 1997), 228, Lalanne – Métra 2010, 226. Vgl. auch die kurzen Bemerkungen dazu bei L. Depuydt, Function and Significance of the Ebers Calendar’s Lone Feast-Hieroglyph (Gardiner Sign-List W3), in: Journal of Egyptian History 1, 2008, 117–138, hier: 121. Während Wb es noch als Beleg für die Bezeichnung jp.t ablegte (s. DZA 20.590.020), wird es heute allgemein eher als Variante des Monatsnamens jp-ḥm.t=s verstanden, s. etwa C. Leitz, Studien zur ägyptischen Astronomie, Ägyptologische Abhandlungen 49 (Wiesbaden 1989), 28.