Papyrus Budapest 51.1961 + Papyrus Turin CGT 54058
Übersetzung und Kommentar
Spruch 1
[1,1] [... ... ...] dein [...].
Die Flut wird nicht kommen zu ihrer Zeit.
[... ... ...] der geschickt ist gegen NN., Sohn der NN., o Untoter, Untote, usw.
[... ... ...] Die Sprößlinge [werden nicht herauskom]men zu ihrer Zeit.
Wenn du nicht schickst [..., dann ... ...]
[Werde gesprochen (?) ... ... ...] Faden eines nḏ-Gewandes; werde an den Hals des Patienten gegeben; werde [... ... [1,5] ...]
[Pause.]
Spruch 2
[Spruch ... ...]:1
[Spei aus], du, [der] gekommen ist mit seiner Einwirkung, der Schlechtes tut [gegen ... ...]
[... ... ...], die in der Dämmerung herabsteigen, die schädigen [... ... ...], er die Oberschenkel [schlägt]2!
Beschädige nicht die Schläfe des [...]!
[... ... ...]
Wüte (?)3 [nicht] in seinen Schenkeln!
Trete nicht heran an [seinen ...!]4
[... ... ...]
Spei aus, Untoter, denn du bist beschworen!
Spei aus, Untote, denn du bist [1,10] [beschworen]!
[... ... ...] NN., Sohn der NN., euere Gesichter, weil er euere Frustration veranlassen wird.
[2,1] Das [Auge] des Re [vernichtet (?)], was in seinen Kiefern ist, sie vertreibt euch, die Leiterin der beiden Länder für Re.
Nachdem sie euch zurückgetrieben hat, veranlasst sie euere Frustration, sie frisst euere Bas, euere Leichname, euere Schatten, o Untoter, Untote usw.!
(Oh) Räuber, Räuberin, ob er bestattet oder unbestattet ist, der in irgendeiner Hölle ist, der in irgendeinem Tumulus ist, der an irgendeinem Schlachtplatz ist, der in irgendeinem Leintuch ist oder an irgendeinem Platz, oder in irgendeinem Loch, oder an irgendeinem Ort, an dem ihr seid,5 Untoter, Untote, Feind, Feindin, Widersacher, Widersacherin, jeglicher Räuber, jegliche Räuberin, die irgendetwas Böses oder Schlechtes gegen ihn tun wollen!
Ihr sollt zugrunde gehen!
Weicht vor der mꜣt.t-n.t-sw.t-Pflanze!
Werde viermal rezitiert über einer mꜣt.t-n.t-sw.t-Pflanze, einem Faden des nḏ-Gewandes.
[2,5] Werde zu 4 Knoten verfertigt.
Man spreche diesen Spruch über jeden Knoten.
Werde an den Kopf des Patienten gegeben.
(Das ist) das Vernichten eines Feindes, Jenes, eines Untoten oder einer Untoten, der seinen Einfluss auf den Kopf oder irgendein Körperteil ausübt.
(Dies ist) eine wahrhaftig (gute) Sache, millionenfach erprobt.
Pause.
1 Für eine mögliche Ergänzung vgl. den Anfang von Spruch 3: ky rʾ šp=k mwt nqm ...: "Ein anderer Spruch: Spei aus, (oh) Untoter, der verletzt ...".
2 [sqr]=f: Mit Kákosy 1981, 243, Anm. (k) ergänzt nach Kol. 2.7 und 2.8.
3 ⸮[q]nd?: Lesungsvorschlag von Kákosy 1981, 243, Anm. (l), aber sehr unsicher. Der Pavian ist nicht in den Spuren erkennbar, es sieht bestenfalls wie die abgekürzte Form des Rindes oder anderer Tiere aus.
4 m-ẖnw ...: Kákosy 1981, 241 denkt an das Wort "After (?)", d.h. pḥ.wt. Das Zeichen des Löwenhinterns ist sicher, aber die Spuren davor und dahinter sind zu gering, um eine Aussage zu machen. Er gibt als alternative Übersetzung (243, Anm. *): "nähere dich nicht [zu seinem(?)] After(?)." Das wäre dann der negative Imperativ m ẖn statt der Präposition m-ẖnw.
5 n.tj tw=tn jm: Die Lesung von Kákosy 1981 als n.tj mri̯=tn jm: "an dem ihr zu sein wünscht" ist falsch. Es liegt das neuägyptische proklitische Pronomen vor.
Spruch 3
Ein weiterer Spruch:
Du sollst zugrunde gehen, Untoter, der die Schläfe schädigt (?)1, der das Auge verschließt, der die Seite erweicht, der die Finger verdreht (?), der in den Unterleib eintritt, der in den Waden herumspaziert, der seine Schläge in seinen Schenkeln austeilt!
Richte keinen Schaden an (?)1 in der Schläfe des NN., Sohn der NN., verschließe nicht seine Augen, verdrehe (?)2 nicht seine Finger, tritt nicht in seinen Unterleib ein, spaziere nicht in seinen Waden herum, teile deine Schläge nicht aus in seinen Schenkeln!
Wenn du umsetzt, was du gegen ihn ausgedacht (wörtl.: bezüglich ihm gesagt) hast,3 dann wird er wirkmächtig sein auf Wunsch der Götter, dann wird er wirkungsvoll sein auf Wunsch der Ach-Geister!
Seine Arme werden gegen dich gerichtet sein als Horus, seine Kraft4 wird gegen dich gerichtet sein als Seth!
Er wird auf dich treten und deine Frustration auslösen durch die mꜣt.t-n.t-sw.t-Pflanze, die Fackel, [2,10] die für Re jeden Tag leuchtet,5 die Leiterin der Menschheit.
Werde eingerieben mit Pflanzenschleim, nach links verzwirnt, zu 4 Knoten verfertigt.
Werde an deinen Kopf gegeben, damit du gesundest, o NN., Sohn [3,1] der NN.!
Zu rezitieren über einer mꜣt.t-n.t-sw.t-Pflanze, werde befeuchtet mit Pflanzenschleim und nach links verzwirnt, werde zu 4 Knoten verfertigt.
Werde dem Patienten an den Kopf gegeben.
Pause.
1 nqf: Kákosy 1981, 244, Anm. (y) liest nqm "krank machen", aber der letzte Konsonant ist keine Eule, weder in Kol. 2.6 noch in Kol. 2.7. J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 29 übersetzt mit "who knocks on (? nḳf)".
2 ḥꜥnẖ: J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 29 übersetzt mit "who distorts (?)".
3 J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 29 emendiert den Text zu jr thm=k ḏd.t 〈n〉=k r=f und übersetzt: "If you defy what has been said 〈to〉 you about him – he is excellent in the heart of the gods ... – then his arms will be against you ...".
4 pḥ.tj: J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 29 mit Anm. 109 übersetzt mit "buttocks" und vermerkt, dass das Wort auch "force" bedeutet. Denkt Borghouts dabei an die Episode, in der Seth Horus sexuell angreift und würde Seth entsprechend seine sexuellen Lüste gegen den Dämon ausspielen? Der Klassifikator des schlagenden Mannes (A24) spricht gegen "Hinterteil, Hintern" (dies wäre eher pḥ.wj), aber die Bedeutung "Manneskraft, Potenz" könnte zutreffen.
5 Kákosy 1981, 241 übersetzt "... mit der mꜣt.t nt sw.t, die die Fackeln des Rēꜥ jeden Tag anzündet." J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 30 hat ähnlich "with stalks of reeds, which light the tapers for Rēꜥ daily". Borghouts, 104 Anm. 110 vermerkt noch, dass das Anzünden die Dämonen vom Sanktuar vertreibt.
Spruch 4
Ein weiterer Spruch:
Siehe, sie kommt, sie kommt, diese Isis, sie kommt!
Bewege dich wie eine Trauernde, zerzause dich (fem.) selbst wie das Haar ihres Sohnes Horus war, während sein Kopf (d.h. das Haar) auseinandergerissen und seine Locken aufgespalten wurden durch Seth, den Sohn der Nut, bei jenem Kampf im großen Wadi!
Tritt zu mir heran, damit ich dir deinen Kopf (wieder) zusammenfüge, damit ich deine Locken (wieder) zusammenbinde, o NN., Sohn der NN., mit Hilfe dieser mꜣt.t-[n.t-sw.t]-Pflanzen,1 die Horus in Chemmis schnitt!
Dieser Spruch soll gesprochen werden über einer [3,5] mꜣt.t-n.t-sw.t-Pflanze.
Werde dem Patienten an den Kopf gegeben.
Pause.
1 Kákosy 1981, 242 und 245 Anm. (pp-qq) denkt, dass drei verschiedene Pflanzen aufgelistet wurden.
Spruch 5
Ein weiterer Spruch:
O, dein Kopf hier, Horus, o, deine Schläfe hier, Seth!
Klage, Herrin von Dendera (?),1 wegen des Klagegeschreis der Isis und dem Gejammer der Nephthys!
"Wenn dieses Feuer gegen deinen Kopf hervorkommt, o [...]", sprach die Göttin Isis, "bin ich doch vor dir mit der mꜣt.t-n.t-sw.t-Pflanze, die nach links verdreht und mit Pflanzenschleim befeuchtet und an deinen Kopf gegeben werde, damit dir deine Schläfe gesund wird und du dich wohlfühlst."
Zu rezitieren über eine mꜣt.t-n.t-sw.t-Pflanze; werde mit Pflanzenschleim befeuchtet und nach links gedreht.
Werde dem Patienten an den Kopf gegeben, damit seine Schläfe für ihn gesund wird.
Pause.
1 Kákosy 1981, 242 übersetzt mit einem sḏm=f statt eines Imperativs: "Da schreit auf die Herrin der Heliopolitaner wegen der schreienden Stimme der Isis, wegen dem Klageruf der Nephthys."
Spruch 6
Ein weiterer Spruch:
Zurück, Untoter, Untote usw., der gegen den Kopf von NN., Sohn der NN., geschickt worden ist!
Komme nicht gegen seinen Kopf hier!
(Denn) das ist der Kopf des Herrn der lebenden ...1 und mächtigen Köpfe (?)!
So wahr Re jeden Tag lebt, so wahr Re lebt und sieht:
[3,10] Wenn du gegen den Kopf von NN., Sohn der NN., kommen solltest, o Untoter, Untote usw., dann wird dein Kopf angegriffen!
Umschließe (?)2 [nicht] seinen Kopf, auf dass er an dir leidet und krank wird!
Zurück du, Untoter, [4,1] Untote usw.!
Hau bloß ab!
Er kann nicht zu dir kommen!
Er ist Horus, der Sohn der Isis!
Er3 ist der Mächtige, der aus der Starken hervorging!
Er ist der Stier, der in Mendes ist, der Erstling (?), den sie gebar (oder: bevor sie das Gebären anfing/machte)!
O ihr südlichen, nördlichen, westlichen und östlichen Götter, kommt doch und gewährt eueren Schutz um den Kopf des NN., Sohn der NN., und um diesen seinen Scheitel herum!
Denn was seinen Kopf angeht, das ist der Kopf des großen Gottes; was jeden Untoten oder jede Untote angeht, 〈er〉 ist jeder Gott und jede Göttin!
Schutz ist dahinter, Schutz ist dahinter, es kommt ein Schutzamulett!
Dieser Spruch werde gesprochen über einem Lappen aus jdmj-Leinen, werde zu 7 Knoten verfertigt.
Werde dem Patienten an den Kopf gelegt.
Pause.
1 Unklar. Ob ꜥnḫ.w [tp] ⸢tꜣ⸣?
2 Unklar. Kákosy 1981, 246 Anm. (ddd) erwägt verschiedene Lesungen wie ẖnnw "Störung; Störender", nnw: "Müdigkeit; Müder", ḫnt/ḫnti̯: "stromauf fahren" oder "freuen", auch noch ḫnr: "einsperren". Das publizierte Photo ist an dieser Stelle nicht lesbar. Kákosy übersetzt "fahre (?) nicht gegen seinen Kopf".
3 ntf: Nicht von Roccati 2001, 421 identifiziert, aber die Spuren sind eindeutig auf den (unpublizierten) Photos erkennbar.
Spruch 7
Ein weiterer Spruch:
Verschlucker und Großer, der von Geschwulst lebt!
Wir werden euch beschwören!
Kommt heraus durch (?) euch!
Dieser Spruch werde rezitiert über einer Binde aus jdmj-Leinen.
Werde dem Mann an seinen Kopf, welcher schmerzt, gegeben.
Pause.
Spruch 8
Ein weiterer Spruch:1
[4,5] "Mein Kopf, mein Kopf", sprach Horus; "die Hälfte meines Kopfes", sprach Thot.
"Komm doch zu mir, meine Mutter Isis, {meine} Schwester meiner Mutter, Nephthys!
Du sollst mir deinen Kopf anstelle von meinem Kopf geben, die Hälfte deines Kopfes anstelle der Hälfte meines Kopfes!"
"Vom Saum des nḏ-Gewandes habe ich einen Faden gebracht, der mit 7 Knoten versehen und am linken Fuß von NN., Sohn der NN., angebracht ist.
Was ich an das Untere gebe, wird das Obere heilen, nachdem ich den verwirrt (?) habe, den die Götter suchen!"
Dieser Spruch werde rezitiert über einem Faden vom Saum des nḏ-Gewandes.
Werde zu 7 Knoten gemacht und an den linken Fuß des Patienten gegeben.
Pause.
1 Textparallele: Spruch 8 von pLeiden I 348, Rto 3.8-4.2 (siehe J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 51 (Leiden 1970), 18), wie schon Kákosy 1981, 246 Anm. (hhh) erkannt hat.
Spruch 9
Ein weiterer Spruch:
"Meine (?) Mutter Isis, kümmere (?) dich um das, was ich sagte, als 〈ich〉 veranlasste, dass dein Kopf ein Ersatz für meinen Kopf sei, deine Schädelhälfte ein Ersatz für meine Schädelhälfte, deine Schläfe ein Ersatz für meine Schläfe1!"
"Ach, möge er zu Horus kommen, möge er kommen und ihn bespucken!
Der Kopf2 sei gegen seine Wege gerichtet, indem er ihn niederwirft!
Das Gefäß sei an seinem Platz!
Es soll sich niederlassen (?) 〈auf〉 deinem Kopf, Horus, 〈auf〉 deiner Schädelhälfte, Horus, der linken [...]!
Sage doch, dass es dir angenehm ist für (?) den 2. Monatstag (= 1. Sichtbarkeit des Mondes), [4,10] dass du ruhig bist für den 15. Monatstag (= Vollmond)!
Du sollst ausspeien! Weiche vor der Rage der beiden Königskinder, weil sie mir dieses Wasser für meinen Kopf hier gebracht haben, damit diese [...]-Kühe (?) kühles Wasser libieren [... ... ...]
1 smꜣ=ṯ: Roccati 2001 hat dieses Wort vergessen (Haplographie), aber die Spuren und erhaltenen Zeichen sind eindeutig.
2 tp: Es ist nicht unmöglich, dass noch ein Suffixpronomen "dein Kopf" am Zeilenende zerstört ist. Roccati 2001, 421 versteht den Satz ganz anders, aber dann stellt sich die Frage, wie tp aufzufassen ist: "cosicché venga Horo, venga e lo sputi sulle sue vie, lo abbatto", d.h. "so dass Horus kommt, er kommt und spuckt ihn aus auf seinen Wegen und wirft ihn darnieder".