Oracular Amuletic Decree P3 (Papyrus Paris Louvre E 25354)

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
OAD P3; Papyrus Chassinat 4
Aufbewahrungsort
Europa » Frankreich » (Städte M-P) » Paris » Musée du Louvre

Inventarnummer: E 25354

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Der Papyrus kam am 10.6.1952 aus dem Nachlass von Émile Chassinat in den Louvre. Einige Jahre nach Chassinats Tod am 26. Mai 1948 (Bierbrier 2019, 100) kam seine gesamte Sammlung durch Vermittlung von G. Posener und mit dem Einverständnis von Fr. Daumas, der den wissenschaftlichen Nachlass geerbt hatte, als Schenkung in den Louvre (Barbotin 1999, 5; Vandier 1953, 130 [4]).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben

Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Edwards (1960, xiii) geht von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den im Text genannten Göttern festmacht. Die Götter, die das Orakel geben, sind in diesem Fall Min-Horus sowie Isis, die Herrin von Koptos, die als Begründung einer Verortung nach Theben nicht so leicht herangezogen werden können. Der Name des Vaters „Penimennebnesuttaui“ ist durch den Bezug zu Amun inhaltlich gut nach Theben zu verorten, was vor allem für spätere Zeiten auch gut dokumentiert ist (Budka/Mekis 2022).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 21. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 22.–23. Dynastie

Edwards (1960, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (1960, xiv) und Ritner (2009, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (1960, 175, n. 5; Ead., 1963, 32) und ihr folgend Verhoeven (2001, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (Sourouzian 2010, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten nicht miteingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.

Textsorte
Oracular Amuletic Decree
Inhalt

Die orakelgebenden Götter versprechen der Besitzerin des Amuletts, Tadiese, Tochter von Penimennebnesuttaui und Tinetjunit, Schutz vor unterschiedlichen Gefahren und Bedrohungen sowie die Gesunderhaltung ihres Körpers. Die Beschreibung des Körpers in seinen Einzelteilen sowie die Aufzählung der Gefahren und Bedrohungen generiert sich aus einem standardisierten Katalog, der allen Texten des Korpus zugrundeliegt, s. Grams 2017, 55–100.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray 1972, 151–153; Bourriau/Ray 1975, 257–258), um den Hals getragen und diente somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß 2019, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß 2019, 26–36; Adderly 2015, 193; Edwards 1960, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.

Die Texte sind generell als Götterrede konzipiert, die durch die Phrase „Göttername + ḏd“ eingeleitet wird. Im Text L1 (pBM EA 10083) ist an den Stellen, wo man ḏd „sagen“ erwartet, jeweils etwas Platz frei gelassen. Edwards (1960, xvii) geht davon aus, dass die Lücken erst, nachdem der Papyrus den Göttern vorgelegt worden ist, ausgefüllt wurden, und erst durch diesen Akt die Wirksamkeit gewährleistet war. Somit wäre der Text L1 niemals wirksam gemacht worden und folglich wohl auch nicht getragen worden. Die Tatsache, dass uns für die gleiche Besitzerin mit dem Papyrus Turin Cat. 1984 (OAD, T2) ein weiterer Papyrus vorliegt, in dem sich keine Lücken befinden, eine entsprechende „Validierung“ also stattgefunden haben muss, unterstützt diese These. Aus welchen Gründen der Text L1 (pBM EA 10083) offenbar ausgemustert wurde, ist allerdings unklar.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schreibblatt
Technische Daten

Der Papyrus ist nicht vollständig erhalten. Zu Beginn des Textes auf dem Recto fehlt ein geringer Teil, vielleicht ein bis zwei Zeilen. Auch am Ende des Recto, und damit auch zu Beginn des Verso, ist etwas Text verloren. Edwards (1960a, 85) vermutet, dass es sich auch hier um nur wenige Zeilen handeln dürfte. Der erhaltene Teil ist 102,5 cm lang und 6 cm breit. Insgesamt ist der Text allerdings in einem eher schlechten Zustand. Durch die Faltung sowie Insektenfraß sind vor allem im Bereich der ersten 20 Zeilen auf dem Recto große Teile des Textes zerstört.

Der Text beginnt wie die meisten anderen Oracular Amuletic Decrees auf der Seite des Papyrusstreifens, auf dem die vertikalen Fasern oben liegen. Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen (Recto, transversa carta). Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards 1960a, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück, auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen. Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards 1960a, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Faserverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner 1978, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um eine „transversa carta“ (Turner 1978, 29; Bülow-Jacobson 2009, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards 1960a, xii [7] mit Verweis auf Černý 1939, xvii-xx).

Schrift
Hieratisch

Der Text ist in einem recht gut lesbaren, leicht kursiven Späthieratisch geschrieben, s. Edwards 1960a, xiv, 1; vgl. Verhoeven 2001, 13.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Die im Text verwendete Sprache ist nach Orthographie und Grammatik eindeutig dem Neuägyptischen zuzuordnen. Indizien sind z.B. die Schreibung der Suffixpronomen sowie der Gebrauch des Possessivartikels oder der Periphrase mit jri̯. Zudem ist im Futur III die Präposition r nicht geschrieben, vgl. zur Morphologie der Verben in den OAD die zitierten Beispiele bei Winand 1992, 536–537.

Bearbeitungsgeschichte

Im Jahr 1960 legte Edwards die editio princeps von insgesamt 21 Papyri vor (HPBM 4), darunter auch der hier bearbeitete Papyrus Louvre E 25354. Er bezeichnete die Textgruppe als „Oracular Amuletic Decrees“ (OAD). Unser Text ist dort mit der Sigle P3 aufgenommen (1960, Bd. 1, 85–88, Bd. 2, pl. XXXII–XXXIV). Der Text ist darüber hinaus im Textverzeichnis von M. Bellion (1987, 224) erwähnt.

Verschiedene Studien widmeten sich dem Korpus der Oracular Amuletic Decrees unter diversen Gesichtspunkten, wobei Textsegmente der gesamten Gruppe bearbeitet und zitiert werden, s. Lucarelli 2009, 231–239; Wilfong 2013, 295–300; Austin 2014, 39–41; Adderly 2015, 191–227; Grams 2017, 2017, 55–100; Roß 2019.

Editionen

- Edwards 1960a: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. I. Text (London 1960), 85–88.

- Edwards 1960b: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. II. Plates (London 1960), Taf. 32–34.

Literatur zu den Metadaten

- Adderly 2015: N. J. Adderly, Personal Religion in the Libyan Period in Egypt (Saarbrücken 2015), 191–218.

- Austin 2014: A. Austin, Contending with Illness in Ancient Egypt (Los Angeles 2014) (24.10.2019).

- Barbotin 1999: Chr. Barbotin. Le Papyrus Chassinat III. In: RdE 50, 1999, 5–26.

- Bellion 1987: M. Bellion. Égypte ancienne: catalogue des manuscrits hiéroglyphiques et hiératiques et des dessins, sur papyrus, cuir ou tissu, publies ou signalés. Paris 1987.

- Bourriau - Ray 1975: J. D. Bourriau - J. Ray, Two Further Decree-Cases of Š, in: Journal of Egyptian Archaeology 61, 1975, 257–258.

- Budka/Mekis 2022: J. Budka, T. Mekis. The family of Pa-di-Amun-neb-nesut-tawy from Thebes (TT 414) revisited: the case study of Kalutj/Nes-Khonsu (G108 + G137). Archaeopress Egyptology 42. Oxford 2022.

- Bülow-Jacobson 2009: A. Bülow-Jacobson, Writing Materials in the Ancient Word, in: R. S. Bagnall, The Oxford Handbook of Papyrology (Oxford 2009), 3–29.

- Bierbrier 2012: M. L. Bierbrier, Who was Who in Egyptology, 4. Auflage (London 2012), 553.

- Černý 1939: J. Černý, Late Ramesside Letters, Bibliotheca Aegyptiaca IV (Brüssel 1939), xvii–xx.

- Grams 2017: A. Grams, Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 46, 2017, 55–100.

- Guentch-Ogloueff 1940: M. Guentch-Ogloueff, Noms propres imprécatoires, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 40, 1940, 117–133.

- Jacquet-Gordon 1963: H. J. Jacquet-Gordon, [Review:] I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom, 2 Bände (London 1960), in: Bibliotheca Orientalis 20, 1963, 31–33.

- Jacquet-Gordon 1979: H. Jacquet-Gordon, Deux graffiti de l’époque libyenne sur le toit du temple de Khonsou à Karnak, in: Anonymous (Hrsg.), Hommages à la mémoire de Serge Sauneron 1927-1976. I. Égypte pharaonique, Bibliothèque d’Étudte 81 (Caire 1979), 167–183, Taf 27–29.

- Koenig 1987: Y. Koenig, Notes de transcription, in: Cahiers de Recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Égyptologie de Lille 9, 1987, 31–32.

- Koenig 2018: Y. Koenig, Un nouveau décret amulettique oraculaire: Pap. IFAO H 40, Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 118, 2018, 233–239.

- Lucarelli 2009: R. Lucarelli, Popular Beliefs in Demons in the Libyan Period: The Evidence of the Oracular Amuletic Decrees, in: G. P. F. Broekman - R. J. Demarée – O. E. Kaper (Hrsg.), The Libyan Period in Egypt. Historical and Cultural Studies into the 21st – 24th Dynasties: Proceedings of a Conference at Leiden University, 25-27 October 2007, Egyptologische Uitgaven 23 (Leuven 2009), 231–239.

- Ray 1972: J. Ray, Two Inscribed Objects in the Fitzwilliam Museum, Cambridge, in: Journal of Egyptian Archaeology 58, 1972, 247–253.

- Ritner 2009: R. K. Ritner, The Libyan Anarchy. Inscriptions from Egypt’s Third Intermediate Period (Atlanta 2009), 74.

- Roß 2019: A. Roß, Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees (Göttingen 2019).

- Sourouzian 2010: H. Sourouzian, Seti I, not Osorkon II. A new join to the statue from Tanis, CG 1040 in the Cairo Museum, in: O. El-Aguizy – M. S. Ali (Hrsg.), Echoes of Eternity. Studies presented to Gaballa Aly Gaballa, Philippika 35 (Wiesbaden 2010), 96–105.

- Turner 1978: E. C. Turner, The Terms Recto and Verso: The Anatomy of the Papyrus Roll.

- Vandier 1953: J. Vandier, Chronique de L’Art Ancien et Moderne, in: La Revue des Arts et des Musées 3.2, 1953, 127–132.

- Verhoeven 2001: U. Verhoeven, Untersuchungen zur späthieratischen Buchschrift, Orientalia Lovaniensia Analecta 99 (Leuven 2001), 13.

- Wilfong 2013: T. G. Wilfong, The Oracular Amuletic Decrees: A Question of length, in: Journal of Egyptian Archaeology 99, 2013, 295–300.

- Winand 1992: J. Winand, Études de néo-égyptien 1. La morphologie verbale, Aegyptiaca Leodiensia 2 (Liège 1992).

Online-Ressourcen
Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum
Autoren (Metadaten)
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

Oracular Amuletic Decree P3 (Papyrus Paris Louvre E 25354)

Recto

[(In göttlicher Weise) gesprochen haben Min-Horus (und) Mut, die Herrin von Koptos] [rto x+1] [die großen Götter, die Ältesten], die ⸢zuerst⸣ entstanden sind:1

⸢Wir⸣ werden [Ta]⸢di⸣aset,2 deren Mutter Tinetjun⸢i⸣[t]3 (ist), (und) [die man] Tascheripenimennesuttaui [nennt], [rto x+5] beschützen, [uns]ere Dienerin, unse[ren] Zö[gling].

⸢Wir werden sie gesund⸣ erhalten an ihr[em Fleisch (und) an] [ihr]em Skelett. Wir werden sie behüten. Wir werden sie beschützen. Wir werden aktiv zwischen ihr und jeglicher Krankheit stehen (wörtl. handeln). Wir [rto x+10] werden ihren Mund öffnen, um zu ess⸢en⸣ [und zu] [tr]⸢inken⸣. [Wir] werden [sie essen lassen], ⸢um⸣ zu leben. Wir werden [sie trinken] lassen, um gesund zu bleiben. 

Wir werden ⸢für sie⸣ [ih]re ⸢Träume⸣ gut ⸢machen⸣ (wörtl.: 〈zu〉 etwas Gutem machen). Wir werden [rto x+15] die [...] gut machen (wörtl.: 〈zu〉 etwas Gutem machen), [...]4 [...] oder eine andere (Frau). Wir werden sie (die Träume) für sie (die Amulettbesitzerin) gut machen (wörtl.: zu etwas Gutem machen). 

[Wir] [werden sie vor der bꜣ.w-Macht von Amun], ⸢Mut⸣, Chons, Min-Horus (und) [Isis, der Herrin] ⸢von Koptos⸣ [bewahren].5 [rto x+20] Wir werden ⸢sie⸣ (die Götter) [zufrieden sein] lassen für sie. Wir werden [sie] sicher sein 〈lassen〉 in der Hand ⸢ihr⸣er (der Götter) ⸢Anklagen/Verleumdungen⸣ (?)6 (und) [ihrer (?)] [Ver]brechen. 

Wir werden sie vor Lepra/Aussatz, Augenleiden/Blindheit (und) [vor] dem [rto x+25] Wirken des Udjat-Auges bewahren. 

Wir werden sie 〈vor〉 dem ⸢He⸣[ra]bstürzen einer Mauer bewahren (und) [vor] der ⸢Verwüstung⸣ (wörtl. ⸢Zerstampfen, Zerstören⸣) eines Gewittersturms.

Wir werden sie retten aus der Hand7 der Meerkatze der Stätte des Sanktuars (?) (und) [rto x+30] des Pavians der Stätte des Udjat-Auges. Wir werden sie aus der Hand der Sachmet und ihres Sohns retten. Wir werden sie retten aus der Hand des Falken von ⸢Nech⸣en (Hierakonpolis)8 (und) [der] ⸢Nubier⸣[in] [rto x+35] von Necheb (Elkab).9 Wir werden sie aus der Hand des Wilden Löwen der Bastet retten, der von Blut10 lebt. Wir werden sie aus der Hand der Götter retten, die Menschen in der Stadt finden und [rto x+40] sie auf den Feldern töten. Wir werden sie aus der Hand der Götter retten, die einen Menschen [auf] ⸢Feldern⸣ finden und ihn in der Stadt töten. [rto x+45] Wir werden sie aus der Hand der Götter der Jahres-Dekade retten. ⸢Wir werden⸣ sie ⸢aus⸣ der Hand der Götter des (Buches) „Das was im Jahr ist“ retten. [Wir werden sie] ⸢aus⸣ der Hand ⸢der Götter⸣ [retten], [rto x+50] die Menschen 〈in〉 einem Atemzug schnappen (wörtl. 〈beim〉 Atmen).11 Wir werden sie aus der Hand der Götter retten, die Menschen [als Beute] schnappen. Wir werden sie aus der [Hand] der 〈Götter〉 retten, die Menschen auf der Flucht ⸢schnappen⸣. [rto x+55] Wir werden sie aus der ⸢Hand⸣ der Götter retten, die Menschen schnappen, obwohl es weder ihr Schicksal noch ihre (glückliche) Bestimmung ist.12 [Wir] werden sie retten aus der Hand der Götter, [rto x+60] die Menschen 〈als〉 Ersatz ausliefern (gemeint ist als Ersatz für jemand anderen). Wir werden für sie einen anderen 〈als〉 [Er]satz stellen, ohne dass wir sie als Ersatz für einen anderen ausliefern werden. [Wir] werden sie aus der Hand der Götter vom südlichen {südlichen} Ackerland retten (und) aus der Hand [rto x+65] der Götter vom nördlichen Ackerland. Wir werden sie aus der Hand der Götter des westlichen Uferdamms retten, (und) aus der Hand derjenigen (Götter) des östlichen Uferdamms

Wir werden ihren [Bauch] [rto x+70] 〈mit〉 (männlichen) Kindern (und) weiblichen Kindern füllen.13 ⸢Wir⸣ werden veranlassen, dass ⸢sie⸣ ge⸢sund⸣ bleibt.14 Wir werden veranlassen, dass sie gesund bleibt. Wir werden veranlassen, dass die (Kinder), die sie gebären wird, leben. Wir werden veranlassen, dass sie mit einer guten Geburt [rto x+75] entbindet.15 Wir werden veranlassen, dass sie entsprechend einer Geburt des Amun entbindet.16

Wir werden [sie] vor Tod bewahren, vor Krankheit, vor Anklage/Verleumdung (?) (und) vor Verbrechen. W⸢ir⸣ werden 〈sie〉 vor der Ein-Tages-Krankheit bewahren, [vor] der 〈Zwei-Tages〉-Krankheit, 〈vor〉 der [rto x+80] der Drei-Tages-Krankheit, vor der Vier-Tages-Krankheit, vor der Fünf-Tages-Krankheit (und) vor der Krankheit der Dekanstern(gött)e(r). 

Wir werden [s]ie bewachen am Mittag. Wir werden über sie wachen bei Nacht. Wir werden sie halten zu jeder[rto x+85] Zeit. 

Wir werden sie 〈vor〉 einem Krokodil beschützen, vor einer Schlange, vor Skorpionen (und) vor ⸢jedem⸣ Maul, das ⸢b⸣eißt. 

Wir werden sie retten aus der Hand von Chons-Thot, dem ewig jugendlichen, (und) Chons-Thot, dem Pläneschmieder, [rto x+90] diesen 〈beiden〉 Paviane, die zur Rechten (und) Linken von Chons sitzen, wobei sie Atem gewähren und Atem nehmen, um die Nase zu beleben, [rto x+95] (und) ein Buch herausbringen.17 Wir werden sie aus dem Einfluss der Bücher vom Anfang des Jahres und der Bücher vom Ende des Jahres retten. Wir werden sie vor jeder Aktion eines Messerdämons (und) vor jeder Aktion eines Wanderdämons [rto x+100] bewahren. Wir werden sie vor ((jedem)) Ach-Geist (und) jedem weiblichen Ach-Geist bewahren. Wir werden sie bewahren vor jeder Aktion eines wr.t-Geistes (und) vor jedem Herannahen eines wr.t-Geistes [...]

1 Ergänzung nach vso x+16, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 85 [1].

2 [Tj-n.t]-⸢ḏi̯⸣-Ꜣs.t: Lesung nach Zeile Verso x+21–22, s. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 85). Es muss sich eigentlich um einen Namen der Bildungsform tꜣ-ḏi̯(.t)-GN handeln, in diesem Fall Tꜣ-ḏi̯-Ꜣs.t (RPN I, 372.13). Im Vergleich mit dem Namen der Mutter ist allerdings in der Zeile Verso x+21 auf keinen Fall tꜣ, sondern vielmehr tj-n.t zu lesen. Es wird sich hierbei sicherlich um eine graphische Variante des Namens Tꜣ-ḏi̯-Ꜣs.t handeln, da die beiden Bildungselemente tꜣ und tj-n.t in dieser Zeit lautlich sehr nah bei einander gelegen haben dürften. Ähnliches ist auch für die Namen Tꜣ-n.t-ḏi̯-Jmn.t (WCN 708633: RPN I, 372.21) und Tꜣ-n.t-ḏi̯-Ḫns.w (WCN 708672: RPN I, 374.11; Daressy, in: ASAE 8, 1907, 4) belegt.

3 Tj-n.t-⸮Jwn⸢y⸣[.t]?: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 85) liest den dritten Namensbestandteil ḥny, erkennt also in dem Zeichen vor dem Schilfblatt den Behälter V36. Ein entsprechender Name ist nicht belegt, und es ist auch fraglich, wie man den Teil des Namens auflösen sollte. Ich möchte in dem Zeichen eher den Pfeiler O28 erkennen und lese den Namen dann Tj-n.t-Jwny.t „Die der (Hathor) von Dendara“, s. RPN I, 357.25. Das Ende des Namens ist weder in der Zeile rto x+4 noch in vso x+22 erhalten und die Form des Zeichens ist paläographisch auch gut mit dem Pfeiler O28 (vgl. Verhoeven, Buchschrift, 168–169) in Verbindung zu bringen.

4 Textverlust: Inhaltlich ist hier – wie auch bereits Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 85 [7–8]) erwähnt – ein weiteres Versprechen zu den Träumen in folgender Art zu rekonstruieren: „Wir werden die Träume, die jemand anderer oder eine andere für sie sieht, gut machen“, vgl. z.B. pTurin Cat. 1985 (T3), rto 18–21.

5 Ergänzung: Vgl. pTurin Cat. 1983 (T1), rto 62–64.

6 ⸢nꜣ⸣y=w ⸢⸮ḫnw?⸣: Vgl. pLondon BM EA 10587 (L6), vso 87. In den Oracular Amuletic Decrees ist der Begriff btꜣ „Verbrechen“ (Wb 1, 483–484.11; Lesko, Dictionary I, 166) regelmäßig mit vorausgehendem ḫnw „Anklage/Verleumdung (?)“ (Wb 3, 288.19–20) verbunden.

7 m-ḏr.t: Ungewöhnliche Schreibung für die Präposition m-ḏr.t „in/aus der Hand von, durch“ (Wb 5, 583.2–8; TLA-Lemma 600072), die gelegentlich belegt ist, vgl. pBM EA 10474, rto 12.1.

8 [N]ḫn{m.t}: Die Schreibung für den Ortsnamen „Nechen = Hierakonpolis“ (Wb 2, 310.8–12), der aufgrund der Parallele dieses Versprechens im pTurin Cat. 1985 (T3), rto 48–50 zu erwarten ist, ist ungewöhnlich. Edwards (HPBM 4, Bd.1, 86 [18]) geht von einer Schreibung ḫnm.t aus. Der Schreiber fügt dem Ortsnamen Nḫn die Gruppe m.t sowie das halbe Gesicht (D19) hinzu, so dass offenbar wird, dass der Schreiber den Wortlaut ḫnm im Kopf hatte. Zudem fügt er den Hausgrundriss als Klassifikator hinzu, was darauf hindeutet, dass ihm möglicherweise Nḫn als Toponym nicht geläufig war. Welche Örtlichkeit er stattdessen gemeint haben könnte, ist nicht klar. Die Schreibung als solche ist aber anhand der erhaltenen Zeichenspuren gut nachzuvollziehen. Ich würde lediglich an der Lesung der ersten Gruppe des Ortsnamens eine kleine Änderung vorschlagen. Edwards (ebd. u. Bd. 2, pl. XXXIIA) transkribiert ḫn (Aa1 über Wasserlinie N35), doch ist über der nächsten Gruppe m.t noch der Rest eines horizontalen Strichs erkennbar, der für die erste Gruppe die Lesung nḫn (Wasserlinie N35 über Aa1 über Wasserlinie N35) nahelegt.
Allerdings ergibt sich so eine Lücke zwischen dem gut erkennbaren Falken zu Beginn von Zeile x+34 und dieser ersten Gruppe des Ortsnamens. Nach dem Falken ist zunächst der Götterklassifikator G7 zu rekonstruieren, der sehr gut zu den erhaltenen Spuren passt. Darauf folgt noch eine Gruppe, von der winzige Reste am unteren Rand der Lücke erhalten sind. Die Spuren kann ich nicht zufriedenstellend zuordnen. Sie passen nicht zu einer Lesung von n für einen Genitiv und auch nicht zu einem weiteren Götterklassifikator G7, was Edwards (ebd.) vermutet.

9 {Rsj}Nḫb{t}: Vgl. die Schreibung der Göttin Nechbet in pLondon BM EA 10083 (L1), vso x+49, sowie die Schreibung des Ortsnamens in pTurin Cat. 1985 (T3), rto 50, wobei im vorliegenden Versprechen die vollständige Schreibung mit der Binse M22 nach der Gruppe rsj folgt, was im parallelen Versprechen in T3 nicht der Fall ist.

10 snf: Es ist das Blut der Rechit-Menschen gemeint, s. z.B. pTurin Cat. 1984 (T1), rto 58, Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27 [1].

11 〈n〉 tpj: Vgl. pTurin Cat. 1983 (T1), rto 82–83.

12 Zur Paarbildung von šꜣy und rnn.t s. Quaegebeur, Le dieu Shaï, 51–52.

13 mḥ ⸢⸮ẖ.t?⸣=st: Die Parallele in pTurin Cat. 1984 (T2), rto 112–113 gibt diese Formulierung vor. Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. XXXIIIA) transkribiert entsprechend, doch sind die hieratischen Zeichen etwas problematisch. Ein Teil der beiden Gruppen ist nicht erhalten und der Strich an dieser Stelle ist sehr dick, so dass die Linienführung verunklart wird. Man muss davon ausgehen, dass die Gruppen mḥ (V23 über Y1) und ẖ.t (F32 über X1 und Z1) ineinander geschrieben und Reste von beiden Gruppen am linken Rand des Papyrus zu sehen sind. Anderenfalls wäre für die zweite Gruppe kein Platz zur Verfügung. Unterstützt wird diese Annahme dadurch, dass zu Beginn von Zeile x+71 noch sehr schwach ein Fleischstück (F51) über einem Füllpunkt zu erkennen ist.

14 Kommentar: Auf dieses Versprechen folgt direkt das gleiche Versprechen noch einmal. Dies ist ein weiterer Hinweis darauf, dass der Schreiber den Text unkonzentriert abgeschrieben bzw. zusammengestellt hat.

15 Hier ist zweifelsohne eine problemlose Geburt gemeint. Beispiele für Risikogeburten, vor denen die Orakelbesitzerin bewahrt werden soll, finden sich im pTurin Cat. 1984 (T2), rto 113–115: jw=n (r) šdi̯ =st r msw(.t) Ḥr.w r msw(.t) ḏꜣ.t r msw(.t) ḥtrj „Wir werden sie schützen vor einer Horus-Geburt (= Frühgeburt?), vor einer Fehl/Risikogeburt (?) (und) vor einer Zwillingsgeburt.“

16 ms(w.t) Jmn: Ebenso wie das vorausgehende Versprechen bezieht sich auch dieser Spruch offenbar auf eine problemlose Geburt. Beispiele für Risikogeburten, vor denen die Orakelbesitzerin bewahrt werden soll, finden sich im pTurin Cat. 1984 (T2), rto 113–115: jw=n (r) šdi̯ =st r msw(.t) Ḥr.w r msw(.t) ḏꜣ.t r msw(.t) ḥtrj „Wir werden sie schützen vor einer Horus-Geburt (= Frühgeburt?), vor einer Fehl/Risikogeburt (?) (und) vor einer Zwillingsgeburt.“ In diesem Versprechen soll die Amulettbesitzerin u.a. vor einer Horus-Geburt bewahrt werden. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 66 [67]) geht davon aus, dass es sich um die Geburt einer Halbwaise handeln dürfte, bei der der Vater (wie Osiris) zum Zeitpunkt der Geburt bereits verstorben war (vgl. Faulkner, in: JEA 54, 1968, 40–44; Griffith, in: JEA 56, 1970, 194–195; Guiter, in: BIFAO 101, 2001, 235; Donnat, in: RdE 63, 2012, 93; Arnette, in BIFAO 117, 2017, 47). Die im hier vorliegenden Papyrus bezeugte „Geburt des Amun“ bzw. „Amun-Geburt“ msw(.t) Jmn bewertet er als der Horus-Geburt entgegenstehende positive Situation, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 86; vgl. Donnat, in: RdE 63, 2012, 93.
Da sich der Verlust des Vaters eher negativ auf die Kindheit bzw. die Versorgung des Kindes auswirken dürfte und nicht auf den Geburtsvorgang als solchen, gehen einige Forscher davon aus, dass mit diesem Beleg eventuell auf eine späte oder aber wahrscheinlicher auf eine Frühgeburt (des Horus) hingewiesen sein könnte (s. Forgeau, Horus-fils-d’Isis, 347–348; Donnat, in: RdE 36, 2012, 93–94, zu Frühgeburt allgemein, 90–93; Arnette, Regressus ad uterum, 103–104). Eine Beschreibung des Horus als Frühgeborener kennen wir aus der Überlieferung von Plutarch (Isis und Osiris, 19, 358D, s. Arnette, Regressus ad uterum, 104), doch gibt es nur wenige und nicht sehr eindeutige Hinweise, um diesen Teil des Mythos in der altägyptischen Tradition zu verorten, wie beispielsweise im Papyrus Boulaq 6 (rto III, 1–8: Koenig, Papyrus Boulaq 6, 34–39; Forgeau, Horus-fils-d’Isis, 347; Arnette, Regressus ad uterum, 103) und im Papyrus Turin Cat. 1984 (T2), rto 114, vgl. Forgeau, Horus-fils-d’Isis, 347–348; Donnat, in: RdE 63, 2012, 93–94; Arnette, Regressus ad uterum, 104). Ohne weiterführende Hinweise ist es schwierig, im Begriff „Horus-Geburt“ einen terminus technicus für eine Frühgeburt zu erkennen. Es kann aus der vorliegenden Textstelle lediglich erschlossen werden, dass eine so bezeichnete Geburt als Risiko für Mutter und Kind eingeschätzt wurde, ohne jedoch die Ursachen für dieses Risiko sicher bestimmen zu können. Dementsprechend kann für eine Geburt des Amun bzw. Amun-Geburt nur geschlossen werden, dass es sich um eine normale, komplikationslose Geburt handeln muss, die zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Welches Kriterium nun eine Amun-Geburt von einer guten Geburt unterscheidet, entzieht sich unserer Kenntnis.

17 jw=w (ḥr) ḏi̯.t pri̯ mḏꜣ.t: Gemeint ist das Buch von Tod und Leben bzw. vom Töten und Beleben, vgl. beispielsweise pTurin Cat. 1983 (T1), vso 57, s. auch Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 38 [41]). Der Text T1 überliefert den Titel des Buches mit den verbalen Ausdrücken ẖdb und sꜥnḫ, während die anderen Versionen entweder Nominalformen (mwt und ꜥnḫ) verwenden (pLondon BM EA 10083 (L1) vso x+5–6) oder die entsprechende Stelle nicht vollständig erhalten ist (pLondon BM EA 10587 (L6), rto 67 und pBerlin ÄMP 10462 (B), rto 58–59). Zu einem möglichen ramessidischen Beleg dieses Buchs s. Fischer-Elfert, in: GS Hannig, 61–62.
Zur religionsgeschichtlichen Einordnung von schicksalsbestimmenden Büchern im Alten Ägypten s. Brunner, in ZÄS 115, 1988, 14–19.


Verso

[...] [vso x+1] [...] ⸢Wir⸣ werden sie [vor] jedem bösen Blick bewahren (und) [vor] jedem bösen [(Sicht-)Omen]. ⸢Wir⸣ werden sie ⸢bewahren⸣ vor (Schadens-)Zauber eines Syrers, [vso x+5] [vor] (Schadens-)Zauber eines Kuschiten, vor (Schadens-)Zauber eines Nubiers, vor (Schadens-)Zauber eines Pyd-Libyers, vor (Schadens-)Zauber eines Menschen aus Ägypten (und) vor (Schadens-)Zauber eines Arztes. 

Wir werden sie gesund erhalten. [vso x+10] Wir werden ihren Kopf gesund erhalten. Wir werden ihre beiden (Unter-)Arme gesund erhalten. Wir werden ihre beiden Füße/Beine gesund erhalten. Wir werden {seinen} 〈ihren〉 Rumpf gesund erhalten. Wir werden sie [vso x+15] von ihrem Kopf bis zu ihren beiden Füßen/Fußsohlen1 gesund erhalten.

[(In göttlicher Weise) haben] Min-Horus (und) Isis, die Herrin von Koptos, gesprochen, die großen Götter, die Ältesten, die zuerst entstanden sind: Was jedes Wort/Versprechen angeht, das auf dem [vso x+20] Orakeldekret (notiert) ist, zusammen mit denen, die nicht notiert worden sind: wir werden sie 〈für〉 Tinetdiaset, die Tochter von Tinetjunit (?) 〈zu〉 etwas Gutem machen. Ihr Atem soll lebendig, heil und gesund bleiben bei ihr.2

1 〈tj〉b.wj=st: In den Oracular Amuletic Decrees wird die Gruppe der Versprechen zum Körperschutz durch eine allgemeine Formel abgeschlossen, die den Schutz des gesamten Körpers (vom Kopf bis zu den Füßen) ausdrückt. Diese Formel ist in einer ausführlichen Version belegt, die den Großteil der Belege ausmacht (13 Belege in 10 Texten: pLondon BM EA 10083 (L1), vso x+10–13; pLondon BM EA 10308 (L3), B 63–65; pLondon BM EA 10321 (L5), vso/OAD, rto 28–30; pLondon BM EA 10587 (L6), rto x+46–48; pLondon BM EA 10730 (L7), x+60–61; pTurin Cat. 1983 (T1), rto 15–17 u. vso 106–107; pKairo CG 58035 (C1), 77–81; pNew York MMA 10.53 (NY), rto 19–21 u. rto 65–69; pChicago OIM E25622A-D (Ch), x+16–18 u. x+91–93 und pBerlin ÄMP 10462 (B1), rto 94–96) und in einer Kurzform, die in nur zwei Texten (pParis Louvre E25354 (P3), vso 14–15 und pHannover 1976.60c (Ha), x+15–16) bezeugt ist. Der hier vorliegende Text ist also einer von den beiden, in denen die Kurzform der Formel benutzt wird. Und er zeigt auch noch eine weitere Besonderheit. In beiden Versionen findet sich die Formulierung šꜣꜥ tp=st/f r ṯb.wj=st/f „von ihrem/seinem Kopf bis zu ihren/seinen Fußsohlen“. Der Berliner Papyrus (B1) verwendet ḏꜣḏꜣ anstelle von tp und im vorliegenden Papyrus findet sich mit 𓃀𓃀𓏹𓏯𓄹 eine außergewöhnliche Schreibung für die Fußsohlen (ṯb.wj). In Anbetracht der Tatsache, dass alle anderen Belege eine eindeutige Schreibung für ṯb.wj aufweisen, möchte ich hier weder bʾ.wj „Bein“ (Van der Molen, Dictionary of Coffin Texts, 112) noch rd.wj „Fuß/Bein“ (Wb 2, 461.1–462.15; vgl. hierzu auch die Schreibung in Zeile vso x+12) lesen, sondern annehmen, dass der Schreiber durch die Doppelsetzung des Beins (D58) vermutlich den tj-Stößel fehlerhaft ausgelassen hat. Er hat ja bereits an anderen Stellen im Text durch die Wiederholung ganzer Versprechen einen etwas unkonzentrierten Eindruck erweckt.

2 Dieses Versprechen ist nur in diesem Text belegt.