ḥbs.yt "(Ehe-)Frau"
ḥbs.yt: Ausgehend vom Gebrauch des Begriffs ḥbs.yt (Wb 3, 66.23–24) in den Heqanacht-Papieren, wird angenommen, dass es sich um die Bezeichnung einer „zweiten Ehefrau“ bzw. einer „Nebenfrau“ handelt, s. James, Ḥeḳanakhte, 143; vgl. Köhler, in: FS Graefe, 257–262. Anders als in der älteren Sekundärliteratur suggeriert wird (Übersicht der Übersetzungsvorschläge, s. Hellum, in: FS Hope, 273–275), definiert der Begriff aber weder die Art oder Legitimität der Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau noch die soziale Stellung der Frau, sondern stellt sich vielmehr als spezifische Bezeichnung eines Abhängigkeitsverhältnisses dar, das Schutz und Versorgung durch den Mann sicherstellt, s. Wüthrich, in: BSÉG 32, 2021, 159. Die Bedeutung des Verbs ḥbs („bekleiden“, Wb 3, 64.3–65.17) zugrundelegend, kommt Wüthrich zum Schluss, dass „on peut donc suggérer qu’une ḥbs.yt est une femme à laquelle un homme apporte son soutien financier, problablement en lui donnant une forme de subside, comme le montre également les contrats de mariage démotiques. La nature de cette forme d’entretien reste obscure mais il ne se restreint bien évidemment pas à l’habillement. Vêtir la femme serait une forme d’expression de type pars pro toto pour signifier l’intégralité du foyer. La personne identifiée comme ḥbs.yt peut ainsi être une première ou une seconde épouse puisque le terme n’a pas pour fonction de qualifier la nature des liens maritaux mais sa qualité de dépendance matérielle par rapport à une homme.” (ebd. 158).
Wie sich die Begriffe ḥbs.yt und ḥm.t zueinander verhalten, ist schwer zu bestimmen, zumal – wenn auch selten – Belege zeigen, dass beide Begriffe für dieselbe Person verwendet werden können (Wüthrich, in: BSÉG 32, 2021, 149). Unbestritten ist, dass der Begriff ḥbs.yt einen engeren Bedeutungshorizont haben muss. So wird ḥbs.yt im Unterschied zu ḥm.t niemals generisch, sondern immer in Bezug auf konkrete Personen verwendet (Wüthrich, in: BSÉG 32, 2021, 151). „Il ne s’agit donc non pas d’un synonyme de ḥm.t, comme cela a été fréquemment proposé, mais d’un mot appartenant à la même sphère sémantique et sociale qui ajoute une nuance particulière à la relation entre la femme et l’homme concernés. Il est logiquement absent des lettres ou des documents administratifs de type cadastral où l’identité feminine est définie par rapport à l’époux sans impliquer la notion de dépendance financière. Durant le Nouvel Empire, aucune d’entre elles ne se réclame personnellement de ce statut, de même qu’aucun homme ne décrit sa partenaire comme « sa ḥbs.yt ». Néanmoins, on observe une évolution dans l’usage de ce terme qui semble initialement être restreint au domaine administratif voire judiciaire, avant d’entrer dans la sphère funéraire.” (Wüthrich, in: BSÉG 32, 2021, 159).
Der Text des OAD L7 (pLondon BM EA 10730) verwendet das Wort unzweifelhaft im Plural, der dementsprechend auch ernstgenommen werden muss. Das mag auch der Grund gewesen sein, dass Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 48) sich für die Übersetzung „concubines“ entschieden hat, die – wie oben dargelegt – abgelehnt werden muss. Stattdessen wurde auf eine irgendwie geartete Spezifizierung zugunsten einer allgemeinen Übersetzung mit „seine Frauen“ verzichtet. Aus dem Kontext geht unzweifelhaft hervor, dass es sich bei den hier angesprochenen Frauen um die zukünftigen Sexualpartnerinnen des Orakelbesitzers handelt. Aus dem Kontext geht allerdings nicht hervor, ob der Plural eine Vorstellung von mehreren gleichzeitigen Beziehungen impliziert, oder ob sich hier allgemein menschliche Erfahrungswerte z.B. zu einer höheren Sterblichkeit von Frauen o.ä. widerspiegeln. Es wäre interessant zu überprüfen, ob ähnliche Formulierungen mit der Bezeichnung ḥm.t belegt sind. Wüthrich (in: BSÉG 32, 2021, 143–144) vermutet zu der hier vorliegenden Formulierung, dass das folgende ẖrd.w ḥm.t möglicherweise dazu beigetragen hat, dass der Schreiber sich – aus welchen Gründen auch immer – für einen anderen Begriff zur Bezeichnung der Frauen entschieden hat. Da die Parallelen zu diesem Versprechen ausschließlich für weibliche Orakelbesitzerinnen belegt sind, kann hierzu nur die Aussage gemacht werden, dass der Schreiber hier individuell formulieren musste und vermutlich keine Vorlage zur Verfügung hatte. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass die Schreibung in diesem Papyrus keineswegs der zeitgenössisch belegten Kurzschreibung entspricht, sondern vielmehr die gängige Schreibung der 20. Dynastie wiedergibt, so wie sie vor allem in den Grabräuberprotokollen (pLondon BM EA 10053) belegt ist (s. Übersicht der Schreibungen bei Wüthrich, in: BSÉG 32, 2021, 162–164. Die Bezeichnung der männlichen und weiblichen Kinder findet allerdings Parallelen, z.B. im pLondon BM EA 10083 (L1), Vso. x+60–61 und pTurin Cat. 1984 (T2), Rto. 112–113).
Dr. Anke Ilona Blöbaum