Oracular Amuletic Decree B2 (Papyrus Berlin 3059)

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
OAD B2; Sammlung Passalacqua F Nr. 1437
Aufbewahrungsort
Europa » Deutschland » (Städte A-G) » Berlin » Ägyptisches Museum und Papyrussammlung
Erwerbsgeschichte

Der Papyrus war Bestandteil der Sammlung Passalacqua, die 1827 von König Friedrich Wilhelm III. für Berlin angekauft worden war, und ist dementsprechend im Katalog dieser Sammlung erwähnt (Passalacqua 1826, 88–89 [1437]). Der Papyrus wird beschrieben als „petit manuscrit fermé, et qui était contenu dans une enveloppe en peau“ von 0,76 cm Höhe, d.h. zu diesem Zeitraum muss er sich noch in seinem ursprünglichen Zustand als Amulett aufgerollt in einem (Leder?-)Behälter befunden haben. Im Erwerbungsbuch des Berliner Museums (Nachweiszeitraum 1828–1889, 20.11.2025) ist allerdings zu dem Papyrus vermerkt, dass er auf Karton aufgeklebt als Tafel hergerichtet sei. Diese Bearbeitung muss also entweder vor dem Transport der Objekte nach Berlin im Juli 1827 oder im ersten Jahr im Museum erfolgt sein.

Ein anderer Papyrus, der in Passalacquas Katalog als „aufgerollt“ beschrieben ist (Nr. 1442), wurde 1826/1827 von dem Pariser Künstler Jean-Louis Boucarut auf Karton aufgezogen (Lenzo 2020, 37–41), offenbar anlässlich einer Ausstellung im Jahr 1827. Dieser Papyrus ist allerdings vor dem Verkauf an Friedrich Wilhelm III. in den Besitz einer französischen Herzogin und 2018 wieder auf den Kunstmarkt gelangt (Lenzo 2020, ebd.). Einige Notizen auf dem Karton könnten von Passalacqua selbst stammen (Lenzo 2020, 41 mit Anm. 9), so dass man annehmen kann, dass er die Arbeiten in Auftrag gegeben haben könnte. Es ist also durchaus denkbar, dass auch der Berliner Papyrus in dieser Zeit entrollt und auf Karton aufgezogen worden sein könnte.

Des Weiteren ist im Berliner Erwerbungsbuch für den hier vorgestellten Papyrus als Herkunft „Theben“ angeben. Passalacqua hat 1821 bis 1825 im Asasif, Theben-West, verschiedene Ausgrabungen durchgeführt und dort als bemerkenswerteste Entdeckung das Grab des Gutsvorstehers Mentuhotep aus dem Mittleren Reich freigelegt (Steindorff 1896). Ob seine gesamte Sammlung aus Fundstücken seiner Ausgrabungen besteht, oder ob er zusätzlich Stücke angekauft hat, wird nicht ganz klar. Es gibt also eine gute Chance, dass der Berliner Papyrus tatsächlich im Asasif gefunden worden sein könnte. Doch auch wenn dies nicht der Fall gewesen ist, passt ein Ankauf des Stücks in Theben oder Luxor zu einer Provenienz des Papyrus aus dem thebanischen Raum.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben

Der Papyrus stammt aus der Sammlung Passalacqua (Passalacqua 1826, 88–89 [1437]) und im Berliner Erwerbungsbuch (Nachweiszeitraum 1828–1889, 20.11.2025) ist als Herkunft „Theben“ angeben. Passalacqua hat 1821 bis 1825 im Asasif, Theben-West, Ausgrabungen durchgeführt und dort als bemerkenswerteste Entdeckung das Grab des Gutsvorstehers Mentuhotep aus dem Mittleren Reich freigelegt (Steindorff, 1896, 1). Ob seine gesamte Sammlung aus Fundstücken seiner Ausgrabungen besteht, oder ob er zusätzlich Stücke angekauft hat, wird nicht ganz klar. Es gibt also eine gute Chance, dass der Berliner Papyrus tatsächlich bei seinen Arbeiten im Asasif gefunden worden sein könnte. Doch auch wenn dies nicht der Fall gewesen ist, passt ein Ankauf des Stücks in Theben oder Luxor zu einer Provenienz des Papyrus aus dem thebanischen Raum.

Edwards (1960, xiii) geht bei den Oracular Amuletic Decrees generell von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den in den Texten genannten Göttern festmacht. Dies gilt auch für diesen Text, da es sich bei den orakelgebenden Göttern um Mut, die Herrin von Ascheru, sowie um Chons-von-Theben-Neferhotep und Chons, das Kind, handelt.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 21. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 22.–23. Dynastie

Edwards (1960, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (1960a, xiv) und Ritner (2009, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (1963, 32; 1979, 175, Anm. 5) und ihr folgend Verhoeven (2001, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (Sourouzian 2010, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten jedoch nicht miteingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.

Textsorte
Oracular Amuletic Decree
Inhalt

Die orakelgebenden Gottheiten Mut, Chons-von-Theben-Neferhotep sowie Chons, das Kind, versprechen dem Besitzer des Amuletts, Djedchonsiuefanch, dessen Mutter My genannt ist, Schutz vor unterschiedlichen Gefahren und Bedrohungen sowie die Gesunderhaltung seines Körpers. Die Beschreibung des Körpers in seinen Einzelteilen sowie die Aufzählung der Gefahren und Bedrohungen generiert sich aus einem standardisierten Katalog, der allen Texten des Korpus zugrundeliegt, s. Grams 2017, 55–100.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray 1972, 151–153; Bourriau/Ray 1975, 257–258), um den Hals getragen und dienten somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß 2019, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß 2019, 26–36; Adderley 2015, 193; Edwards 1960, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.

Die Texte sind generell als Götterrede konzipiert, die durch die Phrase „Göttername + ḏd“ eingeleitet wird. Im Text L1 (pBM EA 10083) ist an den Stellen, wo man ḏd „sagen“ erwartet, jeweils etwas Platz frei gelassen. Edwards (1960a, xvii) geht davon aus, dass die Lücken erst, nachdem der Papyrus den Göttern vorgelegt worden ist, ausgefüllt wurden, und erst durch diesen Akt die Wirksamkeit gewährleistet war. Somit wäre der Text L1 niemals wirksam gemacht worden und folglich wohl auch nicht getragen worden. Die Tatsache, dass uns für die gleiche Besitzerin mit dem Papyrus Turin Cat. 1984 (OAD, T2) ein weiterer Papyrus vorliegt, in dem sich keine Lücken befinden, eine entsprechende „Validierung“ also stattgefunden haben muss, unterstützt diese These. Aus welchen Gründen der Text L1 (pBM EA 10083) offenbar ausgemustert wurde, ist allerdings unklar.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schreibblatt
Technische Daten

Der Papyrus ist fast vollständig erhalten, lediglich Teile der ersten vier Zeilen zu Beginn des Textes fehlen. An den Rändern der rechten Seite in den Zeilen 5 bis 15 sind auch noch wenige Zeichen verloren gegangen. Das erhaltene Hauptstück ist 7,6 cm breit und 69 cm lang. Zusätzlich hat sich noch ein kleines, ca. 2 x 1,7 cm großes Fragment aus der Mitte der ersten Zeile erhalten, das allerdings nicht direkt an das Hauptstück anpasst.

Der Papyrus ist nur auf einer Seite, dem Recto, beschrieben. Auf dem Verso soll sich lediglich eine Zeile, befinden, die vermutlich den Namen des Orakelbesitzers angibt, ähnlich wie bei den Papyri pMMA 10.53 (NY) und pLouvre E 3234 (P1). Der Papyrus ist auf einen Karton aufgezogen (Kaplony-Heckel 1986, 32), so dass die Rückseite nicht überprüft werden konnte.

Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Verso“ bezeichnet wird, bei der die horizontalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards 1960a, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück, auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen. Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards 1960a, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Faserverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner 1978, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um eine „transversa carta“ (Turner 1978, 29; Bülow-Jacobson 2009, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards 1960a, xii [7] mit Verweis auf Černý 1939, xvii-xx).

Schrift
Hieratisch

Der Text ist in einem gut lesbaren Späthieratisch geschrieben, s. Edwards 1960a, xiv, 1; vgl. Verhoeven 2001, 13.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Die im Text verwendete Sprache ist nach Orthographie und Grammatik eindeutig dem Neuägyptischen zuzuordnen. Indizien sind z.B. die Schreibung der Suffixpronomen sowie der Gebrauch des Possessivartikels oder der Periphrase mit jri̯. Zudem ist im Futur III die Präposition r nicht geschrieben, vgl. zur Morphologie der Verben in den OAD die zitierten Beispiele bei Winand (1992, 536–537).

Bearbeitungsgeschichte

Im Jahr 1960 legte Edwards die editio princeps von insgesamt 21 Papyri vor (Edwards 1960a+b). Er bezeichnete die Textgruppe als „Oracular Amuletic Decrees“ (OAD). Dieser Text wurde nicht in die Edition von Edwards aufgenommen. Er stammt aus der Sammlung Passalacqua, die 1827 für das Museum Berlin angekauft worden ist. Dementsprechend findet der Text das erste Mal im Katalog von Passalacqua mit einer sehr kurzen Beschreibung Erwähnung (Passalacqua 1826, 88–89 [1437]). Des Weiteren wurde der Text im Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland (Kaplony-Heckel 1986, 44) als Nr. 44 mit einer kurzen Beschreibung aufgenommen und in einem Artikel zur Geschichte der Berliner Papyrus-Sammlung erwähnt (Luft 1974, 10 [16]). Im Jahr 2015 legte Fischer-Elfert die Erst-Edition des Papyrus im Rahmen der Publikation „Magika Hieratika in Berlin, Heidelberg und München“ vor (Fischer-Elfert 2015, 82–95). In drei Rezensionen zu dem Band finden sich kurze Kommentare und Anmerkungen zu dem Text (Müller 2015; Meeks 2016; Coulon 2018).

Verschiedene Studien widmeten sich dem Korpus der Oracular Amuletic Decrees unter diversen Gesichtspunkten, wobei Textsegmente der gesamten Gruppe bearbeitet und zitiert werden, s. Lucarelli 2009, 231–239; Wilfong 2013, 295–300; Austin 2014, 39–41; Adderley 2015, 191–227; Grams 2017, 55–100; Roß 2019.

Editionen

- Fischer-Elfert 2015: H.-W. Fischer-Elfert. Berlin P. 3059: Ein Orakeldekret von Amun, Mut und Chons zugunsten eines Djedchonsefanch, Sohnes einer My, in: H.-W. Fischer-Elfert, Magika Hieratika in Berlin, Hannover, Heidelberg und München, ÄOP 2, Berlin 2015, 82–95.

Literatur zu den Metadaten

- Adderley 2015: N. J. Adderley, Personal Religion in the Libyan Period in Egypt (Saarbrücken 2015), 191–218.

- Austin 2014: A. Austin, Contending with Illness in Ancient Egypt (Los Angeles 2014) (24.10.2019).

- Bourriau/Ray 1975: J. D. Bourriau/J. Ray, Two Further Decree-Cases of ŠꜢḳ, in: Journal of Egyptian Archaeology 61, 1975, 257–258.

- Bülow-Jacobson 2009: A. Bülow-Jacobson, Writing Materials in the Ancient Word, in: R. S. Bagnall, The Oxford Handbook of Papyrology (Oxford 2009), 3–29.

- Černý 1939: J. Černý, Late Ramesside Letters, Bibliotheca Aegyptiaca IV (Brüssel 1939), xvii–xx.

- Coulon 2018: L. Coulon. Rez. Fischer-Elfert. Magika Hieratika, in: Orientalistische Literaturzeitung (OLZ) 113, 2018, 116–119.

- Edwards 1960a: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. I. Text (London 1960), 49–51.

- Edwards 1960b: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. II. Plates (London 1960), Taf. 16–17.

- Grams 2017: A. Grams, Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 46, 2017, 55–100.

- Jacquet-Gordon 1960: H. H. Jacquet-Gordon, The Inscription on the Philadelphia-Cairo Statue of Osorkon II, in: JEA 46, 1960, 12–23.

- Jacquet-Gordon 1963: H. J. Jacquet-Gordon, [Review:] I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom, 2 Bände (London 1960), in: Bibliotheca Orientalis 20, 1963, 31–33.

- Jacquet-Gordon 1979: H. Jacquet-Gordon, Deux graffiti de l’époque libyenne sur le toit du temple de Khonsou à Karnak, in: Anonymous (Hrsg.), Hommages à la mémoire de Serge Sauneron 1927-1976. I. Égypte pharaonique, Bibliothèque d’Étude 81 (Caire 1979), 167–183, Taf 27–29.

- Kaplony-Heckel 1986 : U. Kaplony-Heckel. Ägyptische Handschriften. Teil 3. Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland (VOHD) XIX.3. Wiesbaden 1986.

- Koenig 1987: Y. Koenig, Notes de transcription, in: Cahiers de Recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Égyptologie de Lille 9, 1987, 31–32.

- Koenig 2018: Y. Koenig, Un nouveau décret amulettique oraculaire: Pap. IFAO H 40, Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 118, 2018, 233–239.

- Lenzo 2020: G. Lenzo, Un papyrus funéraire de la Troisième Périod intermédiaire de l’ancienne collection Passalacqua, in: Revue d’Égyptologie 70, 2020, 37–70.

- Lucarelli 2009: R. Lucarelli, Popular Beliefs in Demons in the Libyan Period: The Evidence of the Oracular Amuletic Decrees, in: G. P. F. Broekman - R. J. Demarée – O. E. Kaper (Hrsg.), The Libyan Period in Egypt. Historical and Cultural Studies into the 21st – 24th Dynasties: Proceedings of a Conference at Leiden University, 25-27 October 2007, Egyptologische Uitgaven 23 (Leuven 2009), 231–239.

- Luft 1974: Aus der Geschichte der Berliner Papyrus-Sammlung. Erwerbungen und Ankäufe orientalischer Papyri zwischen 1828 und 1861. In: Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete (AfP) 22/23, 1974, 5–46.

- Meeks 2016: D. Meeks. Rez. Fischer-Elfert. Magika Hieratika, in: Chronique d’Égypte. Bulletin périodique de la Fondation (ab 2005 Association) Égyptologique Reine Élisabeth (CdE), 91, 181, 2016, 80–84.

- Müller 2015: M. Müller. Rez. Fischer-Elfert. Magika Hieratika, in: Lingua Aegyptia. Journal of Egyptian Language Studies (LingAeg), 23, 2015, 331–338.

- Passalacqua 1826: J. Passalacqua, Catalogue raisonné et historique des antiquités découvertes en Égypte (Paris 1826).

- Ray 1972: J. Ray, Two Inscribed Objects in the Fitzwilliam Museum, Cambridge, in: Journal of Egyptian Archaeology 58, 1972, 247–253.

- Ritner 2009: R. K. Ritner, The Libyan Anarchy. Inscriptions from Egypt’s Third Intermediate Period (Atlanta 2009), 74.

- Roß 2019: A. Roß, Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees (Göttingen 2019).

- Sourouzian 2010: H. Sourouzian, Seti I, not Osorkon II. A new join to the statue from Tanis, CG 1040 in the Cairo Museum, in: O. El-Aguizy – M. S. Ali (Hrsg.), Echoes of Eternity. Studies presented to Gaballa Aly Gaballa, Philippika 35 (Wiesbaden 2010), 96–105.

- Steindorff 1896: G. Steindorff, Grabfunde des Mittleren Reichs in den Königlichen Museen zu Berlin I: Das Grab des Mentuhotep, Mitteilungen aus den Orientalischen Sammlungen, Heft 8 (Berlin 1896).

- Turner 1978: E. C. Turner, The Terms Recto and Verso: The Anatomy of the Papyrus Roll. Papyrologica Bruxellensia: études de papyrologie et édition de sources 16 (Bruxelles 1978).

- Verhoeven 2001: U. Verhoeven, Untersuchungen zur späthieratischen Buchschrift, Orientalia Lovaniensia Analecta 99 (Leuven 2001), 13.

- Wilfong 2013: T. G. Wilfong, The Oracular Amuletic Decrees: A Question of length, in: Journal of Egyptian Archaeology 99, 2013, 295–300.

- Winand 1992: J. Winand, Études de néo-égyptien 1: La morphologie verbale, Aegyptiaca Leodiensia 2, Liège 1992.

Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum
Autoren (Metadaten)
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

Oracular Amuletic Decree B2 (Papyrus Berlin 3059)

Recto

[rto Frgm. 1a]1 [Es hat Chons], das Kind, [der große Gott, gesprochen]; [rto 1] [Und es hat] ⸢Mut, die Große, die⸣ [Herrin] ⸢von Ascheru⸣, [gesprochen]2; (und) [es hat] Chons-von-Theben-Neferhotep [gesprochen], (also) die großen Götter, die zuerst entstanden sind.

Wir werden Djedchonsiuefanch, dessen Mutter [rto 5] My ist, beschützen, unseren Diener, so dass er gesund sei. Wir werden ihn vor jeder Krankheit (und) jedem Angreifer3 bewahren.

Wir werden jeden Traum, den er träumt (wörtl. sieht), gut machen (wörtl. zu etwas Gutem machen). Wir werden die Träume, die ein [rto 10] anderer für ihn träumen wird (wörtl. sehen wird), sehr (?) gut machen (wörtl. zu etwas Gutem, etwas Gutem machen). Wir werden deren (der Träume) gute (Bedeutung) für ihn gut sein lassen. Wir werden deren (der Träume) schlechte (Bedeutungen) von ihm fernhalten.

Wir werden sein Schutz sein bei all dem4, was er essen und trinken wird. Wir werden [rto 15] ihn essen 〈lassen〉, um zu leben. Wir werden ihn trinken lassen, um gesund zu bleiben.

1 [rto Frgm. 1a]: Auf dem Museumsfoto (Fischer-Elfert, Magika Hieratika, 95, Taf. II) ist über dem Papyrus noch ein kleines Fragment platziert, das weder in der Erstbearbeitung noch in den dazu erschienenen Rezensionen in die Transkription bzw. die Übersetzung miteinbezogen wurde. Fischer-Elfert (Magika Hieratika, 87), geht davon aus, dass die erste (nur im unteren Bereich erhaltene) Zeile des Hauptteils nicht den Beginn des Textes darstellt, denn in der Übersetzung wird deutlich, dass vor der Nennung der Göttin Mut noch ein weiterer Gott genannt gewesen sein dürfte, der entsprechend der Überschrift in der Publikation („Ein Orakeldekret von Amun, Mut und Chons zugunsten eines Djedchonsefanch, Sohnes einer My“, ebd. 82) als Amun zu identifizieren sein könnte. Die Zeilenzählung in der Bearbeitung beginnt allerdings – ohne Berücksichtigung des Fragments – bei dem Hauptteil mit eins. In dieser ersten Zeile des Hauptteils ist für die Nennung eines weiteren Gottes vor dem Namen der Mut jedoch kein Platz vorhanden, worauf auch Müller (in: LingAeg 23, 2015, 333) hingewiesen hat. Zu dem Fragment bemerkt Müller (ebd.) lediglich, dass es nicht in der Transkription enthalten und seine Einordung fraglich sei.
Dieses Fragment zeigt uns allerdings, dass tatsächlich noch ein weiterer Gott vor Mut genannt worden sein muss. Das Fragment lässt sich anhand des Faserverlaufs etwa in der Mitte oberhalb des Hauptteils platzieren. Eine direkte Verbindung gibt es nicht. Die Reste der ersten Zeile auf dem Hauptteil machen deutlich, dass es sich um die Präsentation der orakelgebenden Gottheiten handelt. Genannt ist unmissverständlich die Göttin Mut (s. Kommentar zum nächsten Satz) mit den Epitheta wr.t und nb.t Jšr.w. Daran anschließend wird Chons-von-Theben-Neferhotep genannt. Diese Gottheiten sind auch am Schluss des Textes (Z. 59–63) nochmals als orakelgebende Götter ausdrücklich genannt. Dort wird allerdings auch noch Chons, das Kind, der große Gott, (Z. 62–63) genannt. Es ist also davon auszugehen, dass auch dieser Gott in der Einführung genannt sein sollte. Und tatsächlich ist auf dem Fragment pꜣ ẖrd mit folgendem Götterklassifikator (G7) zu lesen. Das Zeichen A17 (sitzendes Kind) ist oben etwas beschädigt und daher nicht ganz deutlich, doch ein Vergleich mit Schreibung und Duktus in Zeile 63 ist eindeutig. Die Platzierung nach dem Faserverlauf erlaubt eine Ergänzung von ḏd sowie Ḫns.w zu Beginn der Zeile (ein kleiner Rest von G7 ist vor pꜣ erhalten) sowie entsprechend der Zeile 63 von pꜣ nṯr-ꜥꜣ am Ende der Zeile. Da am Ende des Textes keine weiteren Götter genannt sind, ist davon auszugehen, dass hiermit auch die Einführung der orakelgebenden Götter vollständig ist. Somit können wir mit dem kleinen Fragment den ursprünglichen Textbeginn rekonstruieren.
Um ein einheitliches Zitieren der Bearbeitungen zu gewährleisten, wird im Folgenden die von Fischer-Elfert gewählte Zeilennummerierung beibehalten. Die hiermit rekonstruierte ursprüngliche erste Zeile wird als „rto Frgm. Z. 1a“ bezeichnet.

2 Die erste Zeile auf dem Hauptfragment des Papyrus ist nur im unteren Bereich erhalten. Die Ergänzung erfolgt nach Zeile 60; die dort genannten Epitheta der Göttin Mut passen gut zu den erhaltenen Spuren. Zudem ist auch in dieser Zeile der Unterstrich der aufgerichteten Kobra bis fast zum Ende der Zeile, d.h. bis zum Ende der Epitheta des Götternamens durchgezogen. Im Gegensatz zu Zeile 60 ist hier in Zeile 1 die Handschrift gleichmäßiger und die Zeilenführung sehr einheitlich und gerade. Auf dem kleinen Fragment vom oberen Teil des Papyrus ist außerdem ein schräger Strich erhalten, der über die darunterliegende Zeile herausgeht. Dieser ist sicherlich als Rest des Zeichens E23 (liegender Löwe) zu identifizieren. Der Schreiber zieht den Schrägstrich des liegenden Löwen (E23) ziemlich ausgeprägt nach oben. Zudem passen die Spuren auf dem Hauptpapyrus in der entsprechenden Zeile darunter zur Schreibung Jšr.w.

3 jedem Angreifer (thꜣ.jw nb): Fischer-Elfert (Magika Hieratika, 89) überlegt hier th.w „Frevler, Angreifer“ (Wb 5, 320.24–25) zu thm „Loch (als Stoßwunde)“ (MedWb, 959) zu emendieren mit Verweis auf einen Beleg in pTurin Cat. 1983 (T1), vso 59. Während aber thm in T1 den einzigen Beleg für dieses Wort im gesamten Korpus der Oracular Amuletic Decrees darstellt, ist der Schutz vor th.w „Angreifern“ in den Texten bestens etabliert. Das Verb thi̯ bietet mit „übertreten, freveln, schädigen, irreführen, angreifen“ (Wb 5, 319.3–320.23; Lemma-ID 172920) ein breites Bedeutungsspektrum in Bezug auf schädliches Handeln, dem eine Überschreitung sozialer, moralischer bzw. ethischer Grenzen zugrunde liegt, s. David, in: ZÄS 134, 2007, 7–8. Entsprechend ist auch das Nomen zu werten. In den OAD können th.w-Angreifer/Frevler paarweise genannt werden (pTurin Cat. 1984 (T2), vso 100–101; pPhiladelphia Penn E16724 (Ph), B, 1). In zwei Texten wird die Gefährlichkeit der th.w-Angreifer durch eine Figura etymologica (th.w thi̯) betont (pBerlin ÄMP 10462 (B), rto x+46; pLondon BM EA 10251 (L2), rto x+8–9). In einem Text werden angreifende Sterne (sbꜣ thi̯) genannt (pTurin Cat. 1984 (T2), rto 80) und in insgesamt sieben Texten wird Schutz vor angreifenden Göttern (nṯr thi̯ bzw. nṯr n.tj (ḥr) thi̯) versprochen (pLondon BM EA 10251 (L2), rto 17–18; pLondon BM EA 10321 (L5), rto x+11/OAD, vso 11; pLondon BM EA 10587 (L6), rto 50; pTurin Cat. 1983 (T1), vso 9; pTurin Cat. 1984 (T2), rto 78; pNew York MMA 10.53 (NY), rto 30 und pChicago ISACM E25622A-D (Ch), x+24).  Die einzelne Nennung in Kombination mit mḥr „Krankheit“ ist zwar ungewöhnlich, doch aufgrund der Vielzahl der weiteren Belege und deren Varianz sehe ich hier keinen Grund für eine Emendation.

4 all dem (pꜣw{t} nb): Auffassung als Demonstrativum (Erman, Neuäg. Gr. 52, § 120) nach Fischer-Elfert (Magika Hieratika, 89) gegen die Lesung pꜣw.t „Opferbrot“ (Wb 1, 495.6–9; Wilson, Ptol. Lexikon, 344; Lemma-ID 58820), die Meeks (in: CdE 91/181, 2016, 81) für diese Stelle vorschlägt. Der Rückbezug im Relativsatz (wnm=f/swrj=f) erfordert ein maskulines Bezugswort. Das feminine Substantiv pꜣw.t würde also eine Emendierung der im Relativsatz geschriebenen Suffixpronomen nötig machen. Darüber hinaus ist diese Bezeichnung für Brot oder Kuchen in erster Linie im Kontext von Opfergaben bezeugt, was im hier vorliegenden Kontext keinen guten Sinn ergibt.

Wir werden ihn vor einer Infektion und vor Bitternis bewahren. Wir werden ihn vor jeder Krankheit der Brust, vor jeder Krankheit der Messerdämonen (?)5 (und) vor jeder Krankheit des Rektums bewahren. Wir werden ihn [rto 20] vor einem Krokodil bewahren, vor einer Schlange, vor Skorpionen (und) vor jedem Maul, das beißt. Wir werden ihn vor einem schlimmen Leiden der beiden Augen und vor Leiden der beiden Ohren bewahren. Wir werden seine Leber, seine Milz (und) seine Eingeweide gesund erhalten. [rto 25] Wir werden seine Lungen(flügel) gesund erhalten. Wir werden seinen gesamten Rumpf6 gesund erhalten.

Wir werden ihn vor dem Mund(werk) von bösen Menschen bewahren. Wir werden ihn vor einem Zauberer bewahren. Wir werden ihn vor seiner (des Zauberers) Zunge [rto 30] (und) vor seiner (des Zauberers) Hand bewahren.

Wir werden ihn vor Lepra bewahren, vor Augenverletzung/Blindheit (und) vor dem Auge eines Toten zu jeder Zeit seines Lebens. Wir werden ihn vor Schmerzen an seinem Kopf bewahren. Wir werden ihn vor Leiden der nḏḥ.t-Zähne bewahren. Wir werden ihn vor Migräne bewahren.

[rto 35] Wir werden ihn vor einem Unfall eines Schiffs bewahren (und) vor einem Unfall von einem Gespann.

Wir werden ihn aus der Hand der Götter 〈des〉 südlichen Ackerlandes retten (und) aus der Hand der Götter 〈des〉 nörd[lichen] AckerlandesWir werden ihn [rto 40] aus der Hand der Götter (des Buches) „Das, was im Jahr ist“ retten (und) aus der Hand der Götter der Dekade. Wir werden ihn aus der Hand der Meerkatze der Hügel-Stätte retten. Wir werden sie (= Götter) beruhigen7 für ihn, wobei sein Lebensatem gesund ist bei ihm bzw. bei mir (?).8

5 jeder Krankheit der Messerdämonen (?) (mḥr nb n(.j) ḫꜣy): Die Lesung von ḫꜣy ist eindeutig, s. Fischer-Elfert, Magika Hieratika, 89. Wie das Wort zu deuten ist, ist allerdings unklar. Es könnte sich um die Bezeichnung der sog. Messerdämonen (Wb 3, 236.6–7) handeln, oder aber um die Krankheitsbezeichnung ḫꜣ.jw (Lemma-ID 113390). Im Kontext des Satzes nimmt sich dieses Element unabhängig von der Zuweisung seltsam aus, da man analog zu den anderen Satzteilen die Bezeichnung eines Körperteils erwarten würde. Möglicherweise liegt hier eine Konfusion mit einem Versprechen vor, das im Text pTurin Cat. 1985 (T3), rto 33–34 belegt ist: jw=n (r) šdi̯=f r ḫꜣ.jw r ḫꜣ.t r šnbjw „Wir werden ihn bewahren vor (männlichem) ḫꜣj.w-Leiden, vor (weiblichem) ḫꜣ.t-Leiden (und) vor der šnb-Krankheit.“

6 seinen gesamten Rumpf (pꜣy=f hꜣnj r-ḏrww=f): Der Begriff ist hier mit dem Klassifikator „Kopf“ (D2) versehen. Ausgehend von der allgemeinen Bedeutung „Kasten“ kann hnw den Schädel, die Gebärmutter oder die Bauchhöhle bezeichnen (Wb 2, 491.9–492.4; MedWb 565). Anders als die generischen Begriffe ḥꜥ.w und ꜥ.t ist hn sowohl in der allgemeinen Körperschutzformel (pLondon BM EA 100083 (L1), vso x+6; pLondon BM EA 10321 (L5) vso/OAD, rto 27; pLondon BM EA 10730 (L7), x+58–59; pLouvre E 8083 (P2), vso x+15; pLouvre E 25354 (P3), vso x+13–14; pParis BN 182 (P4), 51–52) als auch in den Aufzählungen einzelner Körperteile in den Körperschutzsprüchen (pKairo CG 58035 (C1), 79; pChicago ISACM E25622A-D (Ch), x+17 und x+91–92; pLondon BM EA 10308 (L3), B, x+63; pLondon BM EA 10587 (L6), rto 47 und pNew York MMA 10.53 (NY), rto 67–68) belegt. Im letztgenannten Fall nimmt der Begriff ebenso wie im hier vorliegenden Text immer die letzte Position innerhalb der Teile des Rumpfes einschließlich der inneren Organe ein, jeweils ergänzt mit r-ḏr=f. Daher muss der Ausdruck auch in diesem Text ebenso wie ganz grundsätzlich in den Oracular Amuletic Decrees als ein Begriff verstanden werden, der den gesamten Thorax-Bereich einschließlich der inneren Organe umfasst. Bemerkenswert ist, dass diejenigen Texte, die den Begriff im Rahmen der einzelnen Sprüche zum Körperschutz nennen, eben nicht die Varianten der allgemeinen Körperschutzformel benutzen, in denen er genannt ist. Daraus ergeben sich zwei Gruppen von Texten: eine mit hnw r-ḏr=f als Bestandteil der Aufzählung der einzelnen Körperteile und die andere mit hnw r-ḏr=f als Bestandteil der allgemeinen Formel, was auf eine mögliche Ausweitung der Bedeutung des Begriffs hinweist.

7 beruhigen (shꜣr.t =w): Dieses Versprechen folgt in der Regel auf einen Satz, in dem Schutz vor verschiedenen Göttern versprochen wird, s. z.B. pBerlin ÄMP 10462 (B), rto x+8–10. Es könnte auch jw=tn (r) shr.t jb=w „Wir werden ihre Herzen beruhigen“ gelesen werden, da dem Herz (F34) noch ein Semogrammstrich (Z1) folgt. Allerdings findet sich im pTurin Cat. 1984 (T2), rto 94–95 folgender Satz: jw =n (r) shꜣr.t n =sst Jmn Mw.t Ḫns.w m rn =w nb, in dem die Funktion der gleichen Gruppe (F 34-Z1-G7) bei shꜣr.t als Klassifikator eindeutig ist.

8 wobei sein Lebensatem gesund ist bei ihm bzw. bei mir (?) (jw pꜣy=f ṯꜣw n(.j) ꜥnḫ snb.w={{f}} case 1: ((m))-di̯,w=f| case 2: m-di̯,w={{f}}((j))): Dieser zweite Teil des Versprechens ist ungewöhnlich und ohne Parallele. Am Ende des Satzes hat der Schreiber offenbar noch ein oder zwei Korrekturen vorgenommen. Nachdem er die Binse neu eingetaucht hatte, hat er das f nach snb mit einem m überschrieben. Zudem hat er am Ende des Satzes noch einen sitzenden Mann (A1) hinzugefügt, wobei nicht ganz klar ist, ob dieser zusätzlich oder anstelle des direkt davor notierten f zu lesen sein soll. In jedem Fall passt das Personalpronomen nach m-dj nicht wirklich in den Satz. Offenbar ist der Schreiber an dieser Stelle durcheinandergekommen und hat eventuell zuvor bereits etwas ausgelassen.

[rto 45] Wir werden ihn vor der srf.t-Hautentzündung (und) der rmn.t-Hautkrankheit bewahren. Wir werden sein Auge sehen lassen. Wir werden sein Ohrenpaar hören lassen.

Wir werden seinen Schutz garantieren (wörtl. machen) auf jeder Reiseroute, die er nehmen (wörtl. machen) wird.

Wir werden ihn vor spottender [rto 50] Rede bewahren, vor zweitklassiger Rede (und) vor jeder tadelnden Rede.

Wir werden ihn vor den Stolperern (?)9 des Herzens bewahren. Wir werden jede Angelegenheit restlos gut machen (wörtl. zu etwas Gutem machen, ohne dass Reste dabei bleiben). Wir werden jede ((zweitrangige)) [rto 55] Angelegenheit restlos von ihm fernhalten (wörtl. von ihm fernhalten, ohne dass Reste dabei bleiben). Wir werden für ihn ein Udjat-Auge/Amulett herstellen (als) Schutz des Körpers. Wir werden diese Krankheit (und) diesen Husten (?) von ihm fernhalten, wobei wir nicht zulassen werden, dass sie (die beiden Krankheiten?) sich gegen ihn wenden.

So sprachen sie [rto 60] (nämlich) Mut, die Große, die Herrin von Ischeru (und) Chons in Theben Neferhotep, die großen Götter; (und) so sprach er, (nämlich) Chons das Kind, der große Gott.

Stolperern (?) (ṯꜣṯꜣ): Das Wort ist wohl mit dem Verb tjtj „trampeln“ zu verbinden, s. Fischer-Elfert, Magika Hieratika, 91. Hier ist es unmissverständlich als Substantiv im Plural belegt, klassifiziert mit den umgekehrt laufenden Beinen (D55). Könnten in Verbindung mit ḥꜣ.tj hiermit unregelmäßige bzw. stolpernde Herzschläge gemeint sein?

Verso

[vso]1

1 Eine Zeile, unpubliziert, in der vermutlich der Name des Besitzers genannt ist.