Oracular Amuletic Decree CMA (Papyrus Cleveland CMA 14.723)

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
CMA 14.723; CMA 1914.723
Aufbewahrungsort
Nordamerika » U.S.A. » (Städte Ci-K) » Cleveland (OH) » The Cleveland Museum of Art

Inventarnummer: 14.723

Erwerbsgeschichte

Der Papyrus wurde am 31. März 1913 in Luxor bei dem Antikenhändel Joseph Hassan Ahmed von Lucy Olcott Perkins gekauft und dem Museum 1914 durch den John Huntington Art and Polytechnic Trust gestiftet (Bohleke, in: JEA 83, 1997, 156). Lucy Olcott Perkins war von den Mäzenen des zukünftigen Museums beauftragt worden, ägyptische Antiken für die Sammlung zusammenzutragen. Sie selbst hatte keinerlei Expertise im Hinblick auf altägyptische Kunst, doch war sie vom Sekretär des Metropolitan Museum of Art, Henry W. Kent, empfohlen worden. In Ägypten wurde sie von Albert M. Lythgoe, dem Konservator des Metropolitan Museums beraten. Sie kaufte auf dieser Reise etwa 500 Objekte, die seit der Eröffnung des Museums im Jahre 1916 den Grundstock der ägyptischen Sammlung bilden (Berman, in: BSFE 134, 1995, 14–15).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben

Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Edwards (1960, xiii) geht bei den Oracular Amuletic Decrees generell von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den in den Texten genannten Göttern festmacht. Dies gilt auch für diesen Text, da es sich bei dem orakelgebenden Gott um Chons in Theben Neferhotep handelt.
Die Tatsache, dass der Papyrus in Luxor angekaufte worden ist (s.o. Erwerbungsgeschichte), deutet ebenfalls auf eine Herkunft aus dem thebanischen Raum.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 21. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 22.–23. Dynastie

Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiv) und Ritner (The Libyan Anarchy, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (in: GS Sauneron I, 175, Anm. 5; Ead., in: BiOr 20, 1963, 32) und ihr folgend Verhoeven (Buchschrift, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, in: JEA 46, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (Sourouzian, in: FS Gaballa, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (in: CRIPEL 9, 1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten nicht mit eingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.

Textsorte
Oracular Amuletic Decree
Inhalt

Wie alle Texte, die zum Korpus der Oracular Amuletic Decrees gehören, ist auch der Text des Papyrus Cleveland 14.723 in der Form eines Briefes gehalten. Als solcher präsentiert er sich als eine Rede, die von dem Gott Chons-in-Theben Neferhotep stammt. Er sagt, dass er Irienchonsu (J:jr=j-n-Ḫnsw; vermutlich ein Junge), Kind der Diusuenmut (Ḏj=w-sw-n-Mw.t), zu beschützen gedenkt. Es folgen zahlreiche realweltliche und übernatürliche Gefahren, vor denen er seinen Schützling zu bewahren verspricht, wie bspw. schlimme Träume, giftige Tiere, Krankheiten usw. Am Ende versichert der Gott nochmals, dass er den versprochenen Schutz aufrechterhält. Abschließend erscheint erneut der Name des Chons-in-Theben Neferhotep, mit einigen Epitheta versehen, und der Vermerk, dass dieser das zuvor Stehende in einem Orakel gesagt habe (Bohleke 1997, 158–165).

Ursprünglicher Verwendungskontext

Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray, in: JEA 58, 1972, 151–153; Bourriau/Ray, in: JEA 61, 1975, 257–258), um den Hals getragen und diente somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß, Schutz von Kindern, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß, Schutz von Kindern, 26–36; Adderly, Personal Religion, 193; Edwards, HPBM 4, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (in: JEA 99, 2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig, in: BIFAO 118, 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schreibblatt
Technische Daten

Der Papyrus ist bis auf einige Ausbrüche am rechten Rand, die dadurch entstanden sind, dass er ursprünglich aufgerollt gewesen ist, intakt (Bohleke, in JEA 83, 1997, 156). Der 3 cm breite und 18,5 cm lange Papyrus ist nur auf einer Seite beschrieben. Bohleke (in: JEA 83, 1997, 156) beschreibt mit einem Verweis auf Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xii), dass die Oracular Amuletic Decrees in der Art von Privatbriefen der Ramessidenzeit auf der Seite des Papyrus beginnen, bei der die Fasern vertikal verlaufen. Zu dem hier vorliegenden Papyrus bemerkt er lediglich: „It preserves 36 lines of text on one side, (...)“ (ebd.). Hieraus könnte man schließen, dass auch dieser Text auf der Seite des Papyrus notiert wurde, auf der die Fasern vertikal verlaufen. Dass dies aber nicht so ist, zeigt das Museumsfoto (https://www.clevelandart.org/art/1914.723 (20.08.2024)) sehr deutlich. Über die gesamte Länge des Papyrusstreifens verlaufen die obenliegenden Fasern horizontal. Dies ist im Korpus der OAD einzigartig, und sollte daher auch Erwähnung finden. Der Text ist also auf dem Verso notiert worden.

Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Verso“ bezeichnet wird, bei der die horizontalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück, auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen. Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Faserverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um eine „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx).

Schrift
Hieratisch

Die Handschrift ist „bold, small, and cursive“ (Bohleke 1997, 158). Es wurde nur schwarze Tinte genutzt.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Die regelmäßige Nutzung der bestimmten Artikel, das Pronominalsuffix der 3. Person Plural =w sowie die inhaltlich bedingte permanente Nutzung des Futur-III sprechen für eine neuägyptische Sprachstufe.

Bearbeitungsgeschichte

Die Erstedition des Papyrus legte Bohleke 1997 mit Beschreibung, Photographie, Transliteration, Transkription, Übersetzung und Kommentar vor. Im Katalog der altägyptischen Objekte des Cleveland Museum of Art erscheint der Papyrus ebenfalls mit Photographie, Beschreibung und Übersetzung (Bohleke 1999). Zuletzt wurde das Objekt auf der Homepage des Museums mit Metadaten und digitaler Abbildung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (http://www.clevelandart.org/art/1914.723).

Editionen

- Bohleke 1997: B. Bohleke, An Oracular Amuletic Decree oh Khonsu in the Cleveland Museum of Art, in Journal of Egyptian Archaeology 83, 1997, 155–167 und Taf. 19.

Literatur zu den Metadaten

- Adderley 2015: N. J. Adderley, Personal Religion in the Libyan Period in Egypt (Saarbrücken 2015), 191–218.

 - Austin 2014: A. Austin, Contending with Illness in Ancient Egypt (Los Angeles 2014) (https://escholarship.org/uc/item/4rw1m0cz, 24.10.2019).

- Berman 1995: Lawrence M. Berman, La collection égyptienne du Cleveland Museum of Art, in: BSFE 134, 1995, 14–29.

- Bohleke 1999: Oracular Amuletic Decree, in: L. M. Berman – K. J. Bohač, The Cleveland Museum of Art. Catalogue of Egyptian Art (New York 1999), 369–370.

- Bourriau/Ray 1975: J. D. Bourriau/J. Ray, Two Further Decree-Cases of Š, in: Journal of Egyptian Archaeology 61, 1975, 257–258.

 - Bülow-Jacobson 2009: A. Bülow-Jacobson, Writing Materials in the Ancient Word, in: R. S. Bagnall, The Oxford Handbook of Papyrology (Oxford 2009), 3–29.

 - Černý 1939: J. Černý, Late Ramesside Letters, Bibliotheca Aegyptiaca IV (Brüssel 1939), xvii–xx.

 - Edwards 1960a: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. I. Text (London 1960), 49–51.

 - Edwards 1960b: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. II. Plates (London 1960), Taf. 16–17.

 - Grams 2017: A. Grams, Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 46, 2017, 55–100.

 - Jacquet-Gordon 1960: H. H. Jacquet-Gordon, The Inscription on the Philadelphia-Cairo Statue of Osorkon II, in: JEA 46, 1960, 12–23.

 - Jacquet-Gordon 1963: H. J. Jacquet-Gordon, [Review:] I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom, 2 Bände (London 1960), in: Bibliotheca Orientalis 20, 1963, 31–33.

- Jacquet-Gordon 1979: H. Jacquet-Gordon, Deux graffiti de l’époque libyenne sur le toit du temple de Khonsou à Karnak, in: Anonymous (Hrsg.), Hommages à la mémoire de Serge Sauneron 1927-1976. I. Égypte pharaonique, Bibliothèque d’Étude 81 (Caire 1979), 167–183, Taf 27–29.

 - Koenig 1987: Y. Koenig, Notes de transcription, in: Cahiers de Recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Égyptologie de Lille 9, 1987, 31–32.

 - Koenig 2018: Y. Koenig, Un nouveau décret amulettique oraculaire: Pap. IFAO H 40, Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 118, 2018, 233–239.

- Kozloff 1999: A. P. Kozloff, History of the Egyptian Collection of the Cleveland Museum of Art, in: L. M. Berman – K. J. Bohač, The Cleveland Museum of Art. Catalogue of Egyptian Art (New York 1999), 1–29, hier: 3–7.

- Lucarelli 2009: R. Lucarelli, Popular Beliefs in Demons in the Libyan Period: The Evidence of the Oracular Amuletic Decrees, in: G. P. F. Broekman - R. J. Demarée – O. E. Kaper (Hrsg.), The Libyan Period in Egypt. Historical and Cultural Studies into the 21st – 24th Dynasties: Proceedings of a Conference at Leiden University, 25-27 October 2007, Egyptologische Uitgaven 23 (Leuven 2009), 231–239.

- Ray 1972: J. Ray, Two Inscribed Objects in the Fitzwilliam Museum, Cambridge, in: Journal of Egyptian Archaeology 58, 1972, 247–253.

 - Ritner 2009: R. K. Ritner, The Libyan Anarchy. Inscriptions from Egypt’s Third Intermediate Period (Atlanta 2009), 74.

 - Roß 2019: A. Roß, Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees (Göttingen 2019).

- Sourouzian 2010: H. Sourouzian, Seti I, not Osorkon II. A new join to the statue from Tanis, CG 1040 in the Cairo Museum, in: O. El-Aguizy – M. S. Ali (Hrsg.), Echoes of Eternity. Studies presented to Gaballa Aly Gaballa, Philippika 35 (Wiesbaden 2010), 96–105.

 - Turner 1978: E. C. Turner, The Terms Recto and Verso: The Anatomy of the Papyrus Roll. Papyrologica Bruxellensia: études de papyrologie et édition de sources 16 (Bruxelles 1978).

 - Verhoeven 2001: U. Verhoeven, Untersuchungen zur späthieratischen Buchschrift, Orientalia Lovaniensia Analecta 99 (Leuven 2001), 13.

 - Wilfong 2013: T. G. Wilfong, The Oracular Amuletic Decrees: A Question of length, in: Journal of Egyptian Archaeology 99, 2013, 295–300.

Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum
Autoren (Metadaten)
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

Verso

[vso 1] Es hat Chons in Theben, Neferhotep gesprochen, dieser große Gott, der Älteste,1 der zuerst entstanden ist: Ich werde Irienchons beschützen, [den Sohn]2 von Diusuenmut, meinen [vso 5] Diener. Ich werde ihn gesund erhalten an seinem ⸢Fleisch⸣ (und) an seinem Skelett. Ich werde seine Träume gut machen (wörtl. zu3 etwas Gutem machen). Ich werde die Träume, die ein anderer oder eine andere für/über (?) ihn träumt (wörtl. sieht), gut machen (wörtl. zu etwas Gutem machen). [vso 10] Ich werde ihn vor jeder Anklage/Verleumdung bewahren (und) jedem Verbrechen darin (in den Anklagen/Verleumdungen). Ich werde ihn vor den Messerdämonen (und) vor den Wanderdämonen bewahren. Ich werde ihn vor denen (sc. Götter) bewahren, die Menschen als Beute schnappen. Ich [vso 15] werde ihn vor denen (sc. Götter) bewahren, die Menschen widersetzlich4 schnappen (wörtl. in Widersetzlichkeit).5 Ich werde ihn vor denen (sc. Götter) bewahren, die Menschen widersetzlich schnappen (wörtl. in Widersetzlichkeit). Ich werde ihn schützen vor einem Krokodil, vor einer (Gift-)Schlange (und) einem Skorpion (und) vor jedem Maul, das beißt. Wir werden [vso 20] ihn retten aus der Hand der Götter und Göttinnen vom (Buch) „Das, was in ihrem Jahr ist“.6 Ich werde ihn vor allen „Büchern vom Anfang des Jahres“ bewahren, (und) vor allen „Büchern vom Ende des Jahres“. Ich werde ihn vor jeglicher Infektion bewahren, 〈vor〉 Bitterkeit, [vso 25] vor der srf.t-Hautkrankheit, 〈vor〉 der rmn.t-Hautentzündung (und) vor (der Krankheit) „Wind gegen sie“. Ich werde für ihn Month-Re, den Herrn von Armant, (sowie) jeden Gott (und) 〈jede〉 Göttin beruhigen. Ich werde auf ihn Acht geben7 in ihren (der Götter) Händen. Ich werde für ihn jede gute Sache (und) jedes [vso 30] gute Schicksal bereiten. Ich werde [das] ⸢böse⸣ [Orakel] von ihm fernhalten.8 Ich werde veranlassen, dass dieser Orakelpapyrus (ihn) beschützt ebenso9 wie der Orakelpapyrus, den ich [täglich (?)]10 (dem Gott)11 vorlegen werde.12 So hat man [vso 35] gesprochen, und zwar Chons von Theben, Neferhotep, der große Gott, der Älteste, der zuerst entstanden ist.

1 wr: Bohleke (in: JEA 83, 1997, 157) transkribiert hier den auf einen Stab gestützten Mann (A19) über einer Wasserlinie (N35), doch müsste es sich dann bei A19 um eine stark verkürzte Schreibung handeln. Leider ist bei der Erwähnung des Gottes am Ende des Textes dieser Teil nicht erhalten, so dass man keinen Vergleich ziehen kann. Ein n (Genitiv?) bringt an dieser Stelle aber syntaktisch keinen guten Sinn. Offenbar handelt es sich eher um eine spezifische Eigenart des Schreibers, den unteren Strich des Zeichens A19 separat zu setzen (ähnlich in pTurin Cat. 1985 (T3), rto 3 u. vso 4, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 2, pl. XXVII u. XXIX). Herkömmliche Schreibungen zeigen deutlich die Füße des Stehenden Mannes als Querstrich. Der würde bei Bohlekes Lesung fehlen.

2
[zꜣ]: Lesung nach Bohleke, in: JEA 83, 1997, 157, 160.

3
n: Bohleke (in: JEA 83, 1997, 157) schreibt hier n=f nfr. Die Gruppe Wasserlinie (N35) über Viper (I9) weist aber zwei Querstriche auf, so dass der Eindruck entsteht, dass hier zwei Wasserlinien (N35) übereinander geschrieben sind: n=f n nfr.

4
ḏꜣ.wt: Den Klecks über dem Kreuz (Z9) am Wortende würde ich als t (X1) deuten, zumal das entsprechende Zeichen im gleichen Wort in Zeile 17 eher wie ein nach unten offener Haken geschrieben worden ist.

5
Dieses Versprechen wurde direkt aufeinander folgend zwei Mal notiert. Es könnte sich um eine Dittographie handeln, s. Bohleke, in: JEA 83, 1997, 163 [h].

6
Tꜣ-jm(.jt)-rnp.t=st: Lies hier mit Fischer-Elfert (in: FS Vittmann, 155) tꜣ-jm(.jt)-rnp.t=st anders als Bohleke (in: JEA 83, 1997, 157–158, 164 [k]), der für die drei Zeichengruppen zwischen der Jahresrispe (M4) und der Gruppe der Klassifikatoren (Schnurschleife V12, Semogrammstrich Z1, Plural Z2) eine „irritierende“ Schreibung angibt, für die er drei Deutungen diskutiert: (1) eine recht „ausführliche“ Schreibung für rnp.t mit den zwei schrägen Strichen (Z4) über einem Semogrammstrich (Z1) gefolgt von t (X1) über einem Semogrammstrich (Z1) und einer Sonnenscheibe (N5) als Klassifikator; (2) Dittographie von t (X1) über dem Semogrammstrich (Z1) gefolgt von der Sonnenscheibe (N5); (3) eine Lesung tꜣ jm(j.t) rnp.t ꜣbd „Das, was im Jahr (und im) Monat ist“ mit t über dem Semogrammstrich (Z1) als erste Gruppe gefolgt von Mondsichel (N11) über dem Semogrammstrich (Z1) gefolgt von der Sonnenscheibe (N5). Die letzte Variante kann aufgrund fehlender Parallelen sowie hinsichtlich der Paläographie ausgeschlossen werden. Die beiden anderen Varianten sind paläographisch durchaus vertretbar, bieten allerdings entweder eine ziemlich ungewöhnliche Schreibung oder einen Fehler. Die Lesung rnp.t=st hingegen ist durch eine Parallele im Papyrus Berlin 15779 inhaltlich abgesichert. Zu lesen wäre dann: t (X1) über dem Semogrammstrich (Z1) für die erste Gruppe, gefolgt von s geschrieben mit dem Tuch (S29), das hier mit zwei Strichen geschrieben wurde, von dem der kürzere eher waagerecht als senkrecht angesetzt wurde. Eine identische Schreibung für s findet sich in Zeile 25. Der Kringel für die Sonnenscheibe (N5) ist nach oben nicht ganz geschlossen und beginnt dort mit einem kleinen Haken. Dies kann durchaus als Ligatur von t (X1) und der Sonnenscheibe (N5) aufgefasst werden, wie vergleichbare Graphien in den Oracular Amuletic Decrees (L3, B 14; L6, rto 53) zeigen, was die Lesung auch paläographisch absichert.

7
ḏi̯.t [ḥr]=f: Ergänzung nach Bohleke, in: JEA 83, 1997, 165 [p], mit Verweis auf pParis Louvre E 8083 (P2), vso x+1–2 (s. Edwards, HPBM 4, 83 [35]), s. rḏi̯ (ḥr) „Aufmerksamtkeit geben, achtsam sein“ (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/500409, 20.08.24).

8
[w]jꜣ: Vgl. pParis Louvre E 8083 (P2), vso x+19–20, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 81 [51], Bohleke, in: JEA 83, 1997, 165 [s].

9
mmj-qd{nw}: Zur Schreibung mit zusätzlichem m (G17) vor mj (W19), s. ENG, 309–310 [§ 621].

10
[⸮m-mn.t?]: Vgl. pLondon BM EA 10083 (L1), vso x+55–56 und pTurin Cat. 1985 (T3), vso 1–3, s. Bohleke, in JEA 83, 1997, 165 [t].

11
m-bꜣḥ: Hier in adverbialem Gebrauch mit dem Götterklassifikator (G7) zur Angabe göttlicher Präsenz, vgl. pLondon BM EA 10083 (L1), vso x+56.

12
Diese Klausel, die am Ende mancher Oracular Amuletic Decrees in mehr oder weniger ausführlicher Form notiert worden ist, weist darauf hin, dass vermutlich zusätzlich zu dem Amulett-Dekret des Schützlings, das dieser um den Hals trägt, ein Duplikat existiert hat, das im Tempel aufbewahrt wurde, s. Römer, Götterherrschaft, 269 [§ 293].