Horusstele des Nefertememhab Kairo CG 9403

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum

Inventarnummer: CG 9403

Erwerbsgeschichte

Die Erwerbungsgeschichte ist unbekannt. Daressy 1903 listet für das Objekt keine Erwähnung in einem älteren Besucherführer oder in einem älteren Inventarverzeichnis des Ägyptischen Museums.

Herkunft
(unbekannt)

Über die Herkunft des Objekts wurde nichts publiziert (vgl. Daressy 1903). Der Eigentümer ist ein Vorlesepriester und Wabpriester des Ptah namens Nefertememhab. Titel und Name könnten für einen Kultort von Ptah und Nefertem sprechen, wie dies für Memphis, aber auch für Theben belegt ist (Spiegelberg 1921, 132 listet zwei mit Nefertem gebildete Personennamen in Theben, darunter einen Wabpriester Nefertem(?)-emhab [Graffito Nr. 490]). Berlandini (2002, 110 und 114 s.v. C2) hält eine Herkunft aus Memphis für „probable“. Eine zweite Horusstele desselben Mannes findet sich in London im Petrie Museum (UC 16547), leider ebenfalls ohne Herkunftsangabe (Stewart 1983, 14). Sternberg-el Hotabi 1999 I, 56 würde beide Stücke „mit hoher Wahrscheinlichkeit in dem (Tempel) des Ptah in Memphis“ verorten.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Die Datierung basiert auf der Stilistik und der  Objekttypologie. Daressy 1903, 13 vermutet, dass eine Datierung bis in die 19. Dynastie zurückgehend angesetzt werden kann („la date ... peut être remontée jusqu’à la XIXe dynastie“). Er begründet dies nicht, sicherlich sind es stilistische Gründe. Lacau 1922, 200 Anm. 1 schließt sich dem etwas zögerlich an („Deux exemplaires pourraient, d’après le style, remonter jusqu’à la XIXe dynastie.“). Von Bissing 1934 nennt paläographische und sprachliche Gründe (er spezifiziert nicht) dafür, dass Daressys Vorschlag für eine Datierung in die Ramessidenzeit „nicht unwahrscheinlich“ sei. Loukianoff 19301931, 75 übernimmt die Datierung in die 19. Dynastie, ebenso Satzinger 2002, 88 („vermutlich“). Gutekunst 1995, 340 gibt als Datierung 19.–20. Dynastie, wobei er eher zur 20. Dynastie tendiert (233: „(19?-)20 [Dynastie]“). Sternberg-el Hotabi 1999 II, 36 datiert die Horusstele in die von ihr als „Frühphase I“ benannte Zeit, die vom Ende der 18. bis zur 20. Dynastie reicht (Sternberg-el Hotabi 1999 I, 21). Paläographische (38, Anm. 126: sie nennt das dwꜣ.t-Zeichen, sicherlich N15), textliche (Integration des Namens des Stelenstifters in den Text) und ikonographische (Horuskind seitlich schreitend bzw. frontal) Gemeinsamkeiten der beiden Stelen des Nefertememhab mit einer Horusstele von König Sethnacht (Anfang 20. Dynastie) führen sie zu einer Datierung des Idealtypus einer Horusstelendarstellung (nacktes Horuskind, frontal, auf zwei Krokodilen) am Anfang der 20. Dynastie oder eventuell noch in der Übergangszeit von der 19. zur 20. Dynastie, wobei sie für Stele CG 9403 (mit dem seitlich(!) schreitenden Horusknaben) noch eine Datierung in die 19. Dynastie voraussetzt (Sternberg-el Hotabi 1999 I, 38–39). Für Quack 2018, 20 passt der allgemeine Eindruck der Schrift zur 19.–20. Dynastie. Nach Sternberg-el Hotabi 1999, 39 handelt es sich bei der Stele CG 9403 um den frühesten Beleg für das Motiv des Horus auf Krokodilen, das mit einer längeren Inschrift auf der Rückseite kombiniert ist.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Der Text der Vorderseite ist teilweise stark zerstört und handelt zunächst von einem nmw „Zwerg“. In weiteren Kolumnen findet sich eine Gliedervergottung, durch die der Steleninhaber über die Verbindung seiner einzelnen Körperteile zu verschiedenen Göttern Schutz bzw. Heilung erfährt (Sternberg-el Hotabi 1999 I, 40–41).

Die Rückseite der Horusstele enthält den nach Daressy 1903 sogenannten „Spruch B“ der Horusstelen und Heilstatuen, wobei es sich hierbei um den frühesten ausführlicheren Beleg für denselben handelt. Er hat zum Ziel, einen Reisenden auf dem Wasser zu schützen, insbesondere vor Krokodilen. Er fängt mit einer Anrufung an den Sonnengott/Schöpfergott an, der Osiris, der auf dem Wasser ist, beschützen möge indem er Thot auf die Stimme des Zauberers/Beschwörers hin handeln lasse. Anschließend spricht der Zauberer/Beschwörer die gefährlichen Wassertiere und insbesondere das Krokodil Nehaher direkt und in imperativischer Form an. Sie sollen Osiris bzw. den Steleninhaber Nefertemenhab nicht angreifen, oder ihnen werde das Gesicht umgedreht bzw. ihnen drohe die Vernichtung. Er sagt, dass eine Vierergruppe von Göttern Osiris und den Reisenden beschütze. Der Zauberer identifiziert sich anschließend mit Chnum und befiehlt dem Angreifer, zurückzuweichen, sonst werde er zerstückelt. Zwei mythologische Passagen mit einem lauten Schrei in Heliopolis, in der ein Kater und der Abdu-Fisch eine Rolle spielen, und mit einem zweiten lauten Schrei in Nedit, wo Osiris ermordet wurde, werden eingeflochten, weil Re deshalb sehr wütend geworden sei und die Zerstückelung des Rebellen auf dem Wasser befohlen habe.

Die rechte Stelenseite (die Seite, auf die das Horuskind zugeht) enthält eine stark gekürzte Version von „Spruch A“. Darin wird Horus angerufen und gebeten, mittels seiner (Zauber-)Macht für die Ich-Person einzutreten und damit dessen Schutz zu garantieren (Sternberg-el Hotabi 1999 I, 47 und Quack 2002, 718).

Die linke Seite (die Seite hinter dem Horuskind) beinhaltet die Reste eines selten belegten Spruches, dessen Sinn aufgrund von Parallelen bislang nur teilweise rekonstruiert werden kann. Demnach wird in ihm zunächst die Macht des Gottes Harsiese gepriesen und darauf bauend ein Schutzzauber gegen feindliche Dämonen und Tiere, die den Steleninhaber Nefertememhab befallen könnten, angebracht (Sternberg-el Hotabi 1999 I, 48–51).

Ursprünglicher Verwendungskontext

Die Stele ist vom Wab- und Vorlesepriester des Ptah namens Nefertememhab gestiftet worden. Da er im Text als Osiris bezeichnet wird, war er vermutlich bereits verstorben (bzw. die Stele wurde vielleicht noch zu seinen Lebzeiten angefertigt, sollte ihm aber als Grabbeigabe nach seinem Ableben dienen), sodass sie Nefertememhab im Jenseits vor gefährlichen Dämonen bzw. Tieren, allen voran Apophis, beschützen sollte. Dies allein reicht aber nicht aus, um eine Unterbringung der Stele im Grabkontext anzusetzen (für Horusstelen im Grab s. Belege bei Kákosy 1998, 136137). Sternberg-el Hotabi (1989, 283, Anm. 15) vermutet, dass alle größeren Exemplare mit Stifternamen, wie CG 9403, in Tempelbezirken aufgestellt gewesen sind. In einer späteren Publikation spricht sie für die beiden Stelen des Nefertememhab von einer Aufstellung im Tempel, „mit hoher Wahrscheinlichkeit in dem des Ptah in Memphis“ (Sternberg-el Hotabi 1999 I, 56). Sternberg-el Hotabi (1999 I, 5557) situiert keine der Horusstelen ihrer Frühphase I in einem funerären Zusammenhang (anders als Kákosy auch nicht die Horusstele des Sethnacht).

Material
Nicht Organisch » Stein » Kalkstein
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele » Horusstele / Horuscippus
Technische Daten

Die Stele hat eine Höhe von 47 cm und eine Breite von 31 cm. Der obere Teil war ursprünglich abgerundet. Diese obere Rundung ist auf der Vorderseite gänzlich weggebrochen und hat auch den oberen Bereich der Stelenseiten stark beschädigt. Ein ca. 3 cm breiter leerer Rand an der Unterseite der Stele, der komplett um diese läuft, könnte dafür sprechen, dass sie ursprünglich in einer Basis verankert war.

Auf der Vorderseite befindet sich die nach links (aus Götterperspektive) schreitende Darstellung des Horus als Kind in erhabenem Relief. Er hat einen kahl rasierten Schädel mit Jugendlocke und ist bis auf einen breiten Halskragen nackt. In seiner rechten, hinteren Hand hält er eine Antilope im Nacken und mit der vorderen, linken Hand packt er einen Löwen am Schwanz. Das Horuskind steht auf zwei antithetisch angeordneten Krokodilen, die ihren Kopf zum Kind hin gedreht haben (Daressy 1903, 11 und Taf. IV). Alle diese Tiere stellen (mythologisierte) Bedrohungen dar, die das Horuskind gebannt hat und/oder über die es Macht hat (Gutekunst 1995, 24–25). Vor und hinter dem Horuskind steht eine Standarte, von der jeweils die Bekrönung fast gänzlich verloren ist, vorn die Standarte des Nefertem, hinten sicherlich der Falke auf der Papyrusdolde (genannt „[Horus, der sich auf] seiner Papyrussäule [befindet]“). Von den zugehörigen Namen hat sich nur jeweils die letzte Hieroglyphe erhalten. Am linken, rechten und unteren Rand der Vorderseite befindet sich je eine Textkolumne bzw. Textzeile. Die vordere Textkolumne ist, dem Foto nach zu urteilen, teilweise abgerieben.

Die beiden Stelenseiten sind mit jeweils vier Kolumnen Text beschriftet, deren obere Enden (und links auch untere Enden) durch die Beschädigungen verloren sind.

Die Rückseite hat ein Bildfeld im Giebelrund, darunter 13 Zeilen hieroglyphischen Text. Das Giebelfeld scheint zweigeteilt zu sein. In den rechten 2/3 stehen vier Figuren nach rechts gewandt. Von rechts nach links sind dies: eine Antilope, auf deren Rücken sich ein Falke befindet (Horus von Hebenu); ein männlicher Gott (Kopf schwer beschädigt; Ibiskopf auf der Doppelstatue CG 9430) mit Anch-Zeichen in der linken und Papyrusrolle (unsicher! so laut Sternberg-el Hotabi 1999, I, 38; laut Daressy ist die Hand in Redegestus vorgestreckt) in der rechten Hand (Thot); eine löwenköpfige (so laut Daressy; Kopf beschädigt) Göttin mit Wadj-Zepter und Anch-Zeichen (Sachmet); und eine menschenköpfige Göttin mit einem Skorpion (beschädigt) auf dem Kopf, Was-Zepter und Anch-Zeichen in den Händen haltend (Isis-Selkis). Im linken Drittel ist der ithyphallische Min mit seiner symbolischen Pflanze hinter sich zu sehen, nach links orientiert. Auf ihn zu schreitet ein Mann, von dem nur der vordere Fuß erhalten ist, vielleicht der Stifter der Stele Nefertememhab. Wegen der hinunterneigenden Stelenrundung ist hinter diesem Mann vermutlich keine weitere Person verloren (vgl. Daressy 1903, 11–13 und Taf. 4; die Beschreibung von Sternberg-el Hotabi 1999, I, 38 ist zu korrigieren).

Schrift
Hieroglyphen

Die Hieroglyphen wurden im versenkten Relief von eher mittelmäßiger Qualität auf der Stele angebracht. Auf den publizierten Fotos scheint es zudem so, dass die Zeichen der rechten Kolumne der Vorderseite entweder teilweise abgerieben oder mehr eingeritzt denn eingemeißelt wurden.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Die grundlegende Grammatik entspricht der des Mittelägyptischen. Es sind keine sicheren Neuägyptizismen vorhanden. Auffällig ist allerdings ein r, das für ein mögliches j-Augment oder eine Schreibung von jw steht.

Bearbeitungsgeschichte

Die Erstpublikation der Stele legte Daressy 1903 mit Fotos von Vorder- und Rückseite, kurzer Beschreibung und hieroglyphischer Textkopie in Bleihieroglyphen vor, die die exakte Anordnung der Zeichen nicht immer berücksichtigt. Eine synoptische Transkription und Übersetzung des „Textes B“ findet sich bei Gutekunst 1995, passim. Im Jahr 1999 folgte Sternberg-el Hotabi mit einer Neuedition, in der sie die Fotos und hieroglyphische Transliteration von Daressy übernahm und um eine Übersetzung sowie inhaltliche Kommentierung und Interpretation derselben erweiterte. Quack 2002, 717719 setzt sich kritisch mit dieser Neubearbeitung auseinander.

Editionen

- Daressy 1903: G. Daressy, Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire. Nos. 94019449. Textes et dessins magiques (Le Caire 1903), 11–13 und Taf. IV.

- Sternberg-el Hotabi 1999: H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte Ägyptens im 1. Jahrtausend v. Chr., 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), Bd. I: Textband, 38–51, 55–56; Bd. II: Materialsammlung, 36, 117 (Taf. I = Taf. 4 von Daressy).

Literatur zu den Metadaten

- Berlandini 2002: J. Berlandini, Un monument magique du „Quatrième prophète d’Amon“ Nakhtefmout, in: Y. Koenig (Hrsg.), La magie en Égypte: à la recherche d’une définition. Actes du colloque organisé par le musée du Louvre les 29 et 30 septembre 2000 (Paris 2002), 83–148, hier: 94, 110–111, 114, 123 mit Anm. 72, 129 mit Anm. 161, 131 mit Anm. 187: Dok. Nr. C2. 

- von Bissing 1934: W. F. von Bissing, Eine Stele des Horos auf den Krokodilen aus einer aedicula Konstantinischer Zeit, in: S. A. B. Mercer (Hrsg.), Egyptian Religion 2, 1934, 140–147, hier: 144.

- Gutekunst 1995: W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 43, 68, 81, 84, 89, 233, 340, 381, 398.

- Lacau 1922: P. Lacau, Les statues «guérisseuses» dans l’Égypte Ancienne, in: Monuments et mémoires de la Fondation Eugène Piot 25, 1922, 189–209 und Tf. XV–XVI, hier: 200 mit Anm. 1. 

- Loukianoff 1930–1931: G. Loukianoff, Le dieu Ched. L’Évolution de son culte dans l’Ancienne Égypte, in: Bulletin de l’Institut d’Égypte 13, 1930–1931, 67–84 und Taf. I–III, hier: 75.

- Quack 2002: J. F. Quack, [Review:] H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte Ägyptens im 1. Jahrtausend v. Chr., Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), in: Orientalische Literaturzeitung 97, 2002, 713–729, hier: 717.

- Satzinger 2002: H. Satzinger, „Horus auf den Krokodilen“: Stele oder Statue?, in: Festschrift Arne Eggebrecht zum 65. Geburtstag am 12. März 2000, Hildesheimer Ägyptologische Beiträge 48 (Hildesheim 2002), 85–88, hier: 87.

- Spiegelberg 1921: W. Spiegelberg, Ägyptische und andere Graffiti (Inschriften und Zeichnungen) aus der thebanischen Nekropolis (Heidelberg 1921).

- Sternberg-el Hotabi 1989: H. Sternberg-el Hotabi, Horusstele des Anchpachered, Sohn des Djedheriuefanch, Museum of Fine Arts Boston (Nr. 05.90), in: Studien zur Altägyptischen Kultur 16, 1989, 275–287 und Taf. 6–8.

- Stewart 1983: H. M Stewart, Egyptian Stelae, Reliefs and Paintings from the Petrie Collection. Vol. III, The Late Period (Warminster 1983), 14–15 (Nr. 46) und Taf. 20, 48.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Katharina Stegbauer
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Vorderseite: Horus auf den Krokodilen und Gliedervergottung

[... ... ...]
[... der Zwerg] aus Fayence1, der 〈ins〉2 Wasser gefallen ist, der Halsschmuck der [Neith ...]3.
Der Zwerg (?).
[Horus, der sich auf] seinem Papyrusstengel [befindet].4
[... ... ..., dein ... ist (der des) Mi]n (?), dein Kopf ist (der des) Seth5, dein Herz ist (das des) Osiris.
...]. Dein Leib ist (der des) Geb.
Dein rechter [Arm?] ist (der des) ⸢Amseti⸣6; dein linker [Arm?] ist (der des) Hapi.
Dein rechtes Bein ist (das des) Duamutef; dein [linkes] Bein [ist (das des) Qebehsenuef].

1 Für den Zwerg aus Fayence siehe u.a. Berlandini 2002, 110111 (Anm. k). Berlandini, 129, Anm. 161 möchte den ganzen Satz lesen: „... nain (?) de faïence (?), tombé sur l’eau pendentif-de-collier de Chesemtet(?)“. In dem von Berlandini publizierten Dokument (und in den übrigen Textparallelen) fängt der Satz mit „(Wende) dein Gesicht (hin) zu diesem Zwerg ...“ an und ist in einen längeren Text eingebunden. Das scheint auf Stele CG 9403 nicht der Fall zu sein.
2 Präposition ergänzt gemäß Horusstele CG 9431bis (Z. 49) und Horusstele Museum of Seized Antiquities (Rückseite, Z. 18: L. Kákosy A. M. Moussa, A Horus Stela with Meret Goddesses, in: SAK 25, 1998, 143159 und Taf. 25, hier: 151, 156 mit Anm. (V)); auch Sockel des Nachtefmut (Berlandini 2002); zerstört auf Horusstele Kairo JE 47280.
3 Den Parallelen nach zu urteilen (Horusstele Kairo CG 9431bis; Horusstele Karnak Kairo JE 47280 [G. Daressy, Description des monuments épigraphiques trouvés à Karnak en 19211922, in: Annales du Service des Antiquités de l'Égypte 22, 1922, 261–268. hier: 266268]; Edfou VI, 149.8; Horusstele Museum of Seized Antiquities; Stelenbasis des Nachtefmut), erwartet man den Namen der Göttin Neith. Siehe J. F. Borghouts, The magical texts of Papyrus Leiden I 348, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 51 (Leiden 1970), 154155, Anm. 370 für diese Formulierung.
4 Ist z.B. auf der Horusstele der Heilstatue des Djedher vorhanden (E. Jelínková-Reymond, Les inscriptions de la statue guérisseuse de Djed-ḥer-le-Sauveur, Bibliothèque d’étude 23 (Le Caire 1956), 24).
5 Hieroglyphe eines liegenden Tieres (nicht des hockenden Sethtieres Gardiner E20 𓃩, wie bei Daressy 1903, 11). Der Kopf könnte der eines Falken mit Doppelkrone sein, aber das ist sehr unsicher. Auf dem Rücken wurde nachträglich (?) ein eckiges Messer (?) gesetzt.
6  Die Spuren passen zu dieser Rekonstruktion. In PT Spruch 215 (§ 149ab) sind die beiden Arme Hapi und Duamutef, die beiden Beine Amseti und Qebehsenuef (J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 292). In CT Spruch 761 sind die beiden Arme Hapi und Amseti, die beiden Beine Duamutef und Qebehsenuef (Walker 1996, 294295). Auf der Horusstele Kairo JE 60273 (L. Kákosy, A Horus cippus with royal cartouches, in: W. Clarysse – A. Schoors – H. Willems (Hrsg.), Egyptian Religion. The Last Thousand Years. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur. Part I (= Orientalia Lovaniensia Analecta 84) (Leuven 1998), 125–137, hier: 130–131) aus der Zeit des Sethnacht steht dieselbe Formel auf der rechten Schmalseite der Stele: „[...] Flut, dein rechter Arm ist (der von) Amseti, dein linker Arm ist (der von) Hapi, dein [...]“.

Rückseite: Horusstelentext B

[1] O Greis, der sich selbst verjüngt zu seiner Zeit, Alter, der seine Jugend hervorbringt, mögest du Thot auf meine Stimme hin [kommen] lassen, damit er mir den Raugesichtigen vertreibt,
weil Osiris auf dem Wasser ist, mit dem Horusauge in seiner Hand.
Wenn man den Mann (?)1 〈zu〉2 Wasser oder Land angreift, greift man den Osiris des Wab- und Vorlesepriesters des Ptah Nefertememhab an.
Bleibt fern!3
Versiegelt sei euer Maul, verstopft sei euer Schlund, [5] die im Wasser sind, zieht vorbei am Osiris4 des Wab- und Vorlesepriesters des Ptah Nefertememhab!
Bleibt fern!
Seht, er ist auf dem Weg nach Busiris!
Zurück, Feind, erhebe nicht dein Gesicht, denn Re erhebt sich, wenn er die Neunheit von "Babylon" erblickt, die Herren der Unterwelt, die bereitstehen beim Bestrafen.
Wenn der Raugesichtige kommt, dann werden ihre Gesichter sich umdrehen und ihre Rücken sich zeigen.
Euer Maul sei versiegelt durch Re, euer Schlund sei verstopft durch Isis.
〈Meine〉 Stimme ist laut im Haus der Neith.5
[10] Ein großes Klagegeschrei ist im Mund der Katze.
Die Götter beobachten den ꜣbḏw-Fisch, wenn er geboren wird.
Hemme deinen Schritt vor mir, [...] Feind!
Ich bin Chnum, der Herr von (dem Ort) Ḥr-wr.
Hüte (?) dich, dass dein Verbrechen wiederholt wird ein zweites Mal wegen dem, was dir vor der [großen] Neunheit geschah!
Du bist doch vertrieben, weiche vor mir!
Ich bin ein Gott, hey, hey!
Siehe, nicht [hast du gehört (?) ... ... ...]

1 Die Lesung als "Mann" ist unsicher. "der auf dem Wasser" und "der mit einer Biss-/Stichwunde" sind mehrfach an dieser Stelle in Parallelhandschriften vertreten, "Mann" hingegen niemals laut der Variantenliste von Gutekunst 1995, 161165.
2 Der Text ist fehlerhaft, so wie er ist. Genau dieselbe Schreibung mit denselben Auslassungen findet sich auf der Horusstele Leiden A 1047 (van Wijngaarden  Stricker 1941, 14, Abb. 8): "Wenn man dem Mann (?) auf (?) auf dem Wasser oder auf dem Land zu nahe tritt, dann tritt man 'dem Feind' von Isis-Thoeris zu nahe." 
3 Von der Orthographie sieht es hier und zwei Sätze weiter wie "eure Gesichter" aus. Die übliche Formulierung an dieser Stelle ist: "Erhebt nicht euer Gesicht (oder: eure Gesichter)!" Die Horusstele Leiden A 1047 (van Wijngaarden Stricker 1941, 14, Abb. 8), die auch im vorherigen Satz dieselben Fehler aufweist, hat: "Euer Gesicht ist im Feuerbecken, euer Mund ist verschlossen" (Gutekunst 1995, 172 segmentiert anders und liest: "Verzehre/verdunste (o.ä.) nicht euer Mund (mit Feuer)"). Auf der Heilstatue Wien A40 (teilzerstört: H. Altenmüller, Der „Socle Béhague“ und ein Statuentorso in Wien, in: Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden te Leiden 46, 1965, 10–33, hier: 17) und auf der Heilstatue Florenz 1788 (ebenso Altenmüller 1965, 17; L. Kákosy, Egyptian Healing Statues in Three Museums in Italy (Turin, Florence, Naples), Catalogo del Museo Egizio di Torino. Serie prima. Monumenti e testi 9 (Torino 1999), 114 und Taf. 38) wird "fern sein; sich fern halten" vorliegen (vgl. Gutekunst 1995, 167 und 169170). 
Es ist möglich, dass anstatt des Substantivs "eure Gesichter" hinter dem Namen des Verstorbenen die Präposition "über euch, an euch vorbei" gemeint ist.
Gutekunst 1995, 170, Anm. 415 schließt nicht aus, dass ein Fehler für "Zurück mit euch!" vorliegt. 
4  In den meisten Handschriften steht "Erhebt nicht eure Köpfe ..., bis/so dass Osiris an euch vorbeigeht" (Gutekunst 1995, 173). Es ist also möglich, dass anstatt des Substantivs "eure Gesichter" hinter dem Namen des Verstorbenen die Präposition "über euch, an euch vorbei" gemeint ist.
5 In keiner Handschrift ist 〈Meine〉 ausgeschrieben (s. Gutekunst 1995, 207213). Es ist durchaus denkbar, dass "Eine laute Stimme erklingt (wörtl.: ist) im Haus der Neith" zu übersetzen ist.

Rechte Schmalseite: Horusstelentext A

[1] [... ... ...]1
[Sei gegrüßt, du Gott, Sohn eines Gottes.]
[Sei gegrüßt, du Erbe, Sohn eines] Erben.
Sei gegrüßt, du Stier, Sohn eines Stieres.2
Sei gegrüßt, [du Horus, ... ... ...]
[... ... ... Mögest du rezitieren mit] deiner Magie.
Mögest du sprechen mit deinen (herrlichen) Zaubersprüchen.
[Mögest du] beschwören [mit deinen Worten ... ... ...]2
Das ist (?) dein [Zauber], der in meinem Mund ist,
den dir [dein] Va[ter Geb] anvertraut hat,
[den dir deine Mutter Nut gegeben hat,]
[den dich gelehrt hat ... der Vorsteher von] Letopolis,
um deinen Schutz auszuführen,
um [deine Absicherung] zu wiederholen.

1 Anfang und Ende jeder Kolumne sind zerstört. Auch wenn der Text bekannt ist, kann er nicht genau rekonstruiert werden, weil die Länge der Lücken nach aktuellem Publikationsstand nicht exakt eingeschätzt werden kann.
2 Die Lücke hinter "Stier" ist zu klein für ein Epitheton, wie es z.B. in der Metternichstele (Z. 104105) steht (s. Gutekunst 1995, 128, Nr. 2.31; mit Epitheton bei Sternberg-El Hotabi 1999 I, 47).
3 Rekonstruktion der Verse gemäß Quack 2002, 718 (er verweist auf R. K. Ritner, The mechanics of ancient Egyptian magical practice, Studies in Ancient Oriental Civilization 54 (Chicago 1993), 32 mit Anm. 144, wo sich aber nicht genau diese Formulierung findet) und abweichend von Sternberg-El Hotabi 1999 I, 47.

Linke Schmalseite: Alle fruchtbaren Länder und alle Wüsten

[1] [... ... ...]
[Alle (fruchtbaren) Länder und alle Fremdländer/Wüsten, alle Berge und alle Gewässer (sowie) ihre Bewohner (oder: das, was in ihnen ist) sind vereint1 unter den Füßen des] Horus, mit dem Isis schwanger war und mit dem Nephthys begattet2 war.
Mögen [sie] deinen [fiebrigen/erhitzten Zustand] vertreiben, mögen [sie deine innere Unruhe3] beseitigen.
[Ma (?)4] ist für dich bestimmt! Zweimal (zu sagen)!
Die ꜥm.t-Pflanze5 ist für dich bestimmt! Zweimal (zu sagen)!
(Oh du,) jeder Toter, jede Tote, jeder Feind, jede Feindin, der kommt6 [... ...] du/dich (oder: jedes), jedes Gifttier, jedes (?)7 ..., [ihr sollt zurückweichen!]
Nach hinten mit dir, (du) Löwe mit hellem Licht (?)8.
Weiche zurück von mir!
Nähere dich (mir) nicht! (oder: Greife (mich) nicht an!)
Komme nicht zu mir (oder: Gehe nicht gegen mich vor)!
Ich bin Isis, die Göttliche.
Ich bin vereint (?) mit (?) dem, der für mich leuchtet (?).9
Sei leer (d.h. abwesend) vor meinem Gesicht! (?)10
Weiche zurück vor der Stimme des Richters (?) / dem Spruch des Trennens (?)11!
Fließe doch aus!
Du sollst nicht gegen (Herrn) ... Nefertem-em-hab vorgehen.

1 Das Wort ist vorhanden in den Textträgern von Edfu/Louvre AF 12690, MMA 44.4.54, Nachtefmut, Leiden A 1046 und Philadelphia E 12.514. Es fehlt in der Version Kairo CG 9430.
2 Siehe Berlandini 2002, 95, Anm. (b) für die entdoppelte Schwangerschaft von Isis und Nephthys.
3 Das Substantiv ist auf mehreren Textvertretern erhalten (CG 9430; Horusstele MMA 44.4.54; Horusstele des Nachtefmut in Paris). Laut Berlandini 2002, 9596, Anm. (c) und Sternberg-El Hotabi 1999 I, 50, Anm. (d)–(e) wird hier das Horuskind angesprochen und werden deshalb der erhitzte/fiebrige und unruhige Zustand des Kindes und nicht der Gluthauch des Giftes eines männlichen Angreifers sowie die von seinem Gift verursachte Störung beseitigt. Allerdings wird im vorherigen Satz der erwünschte Zustand, dass alle Länder unter den Füßen des Horus vereint sind, beschrieben. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass derselbe Horus jetzt von einem Gluthauch befallen ist. Vielmehr wird ein anonymer Patient angesprochen, für den erhofft wird, dass Isis und Nephthys ihn retten, so wie sie das Horuskind gerettet und zu seinem Recht verholfen haben. Ansonsten wäre hier ein anonymer Angreifer angesprochen.
4 Ergänzt nach Horusstele Kairo CG 9430, wo anschließend zwei Pflanzenbezeichnungen in derselben syntaktischen Konstruktion folgen. Auf CG 9430 fehlt bei "Ma" ein Determinativ, ebenso auf der Stele des Nachtefmut in Paris (Berlandini 2002, 137), wo die zwei Pflanzenbezeichnungen fehlen. Die Identifikation de Wortes ist ohne Determinativ nicht zu klären.
5 Auf Stele Kairo CG 9403 steht ꜥm.t, auf Stele Kairo CG 9430 mꜥ.w, beide Male mit Pflanzendeterminativ. Es gibt viele ähnlich geschriebene Pflanzenbezeichnungen (ꜥꜣmw, ꜥꜣmw.t/ꜥꜥmy.t, ꜥꜥm, ꜥmꜣ, ꜥmꜥꜥ, ꜥmw und mꜥ), so dass unklar ist, wieviele unterschiedliche Bezeichnungen wirklich existieren und welche davon hier gemeint ist.
6 Der Text weicht hier von den übrigen publizierten Textvertretern ab. Auf Horusstele Kairo CG 9430 steht vielleicht das Verb "gehen", aber der Text dort ist unverständlich.
7 ⸮nff[_]j?: Findet sich nicht in den übrigen publizierten Textvertretern, die die Gegner ḏꜣy und ḏꜣy.t (Stele Kairo CG 9430 und Horusstele des Nachtefmut) sowie nsy und nsy.t (Nachtefmut) nennen. Ist hier die nfnf-Schlange gemeint (Existenz auf Stele BM EA 190, Z. 3 unsicher; man kann gemäß PT Spruch 228 auch anders trennen)? Ist es eine Fehlschreibung der sḫtf/sftḫ-Schlange? Sternberg-El Hotabi 1999 I, 49 trennt in zwei Entitäten auf: "o jede nfj-Schlange, o jede ...-Schlange."
8 Nur auf Stele Kairo CG 9403 und 9430 belegt. Laut Sternberg-El Hotabi 1999 I, 50, Anm. (i) ist der Sonnengott gemeint. Sie übersetzt "zurück, denn der Löwe erhellt und erstrahlt!" Könnte hier der von Gift befallene Sonnengott gemeint sein, der dem Patienten gefährlich wird? Auf CG 9430 könnte „Löwe mit grimmigem Mund“ stehen (so in LGG V, 478c479a). Entsprechend könnte hier dann als "der mit weißem/hellem Licht" verstanden werden.
9 Dieser Satz findet sich nur auf dieser Stele und seine Lesung ist unsicher. Auf Stele Kairo CG 9430 weicht der Text teilweise ab und ist unverständlich. Auf Stele Kairo CG 9403 ist der Text in der 1. Person formuliert, auf CG 9430 in der 3. Person.
10 Vgl. Sternberg-El Hotabi 1999 I, 49: "Verdorre vor mir!", die (51, Anm. (l)) dies interpretiert als „falle fort, verschwinde von mir.“
11 Vgl. Sternberg-El Hotabi 1999 I, 49: "ziehe dich zurück von der Öffnung des Scheitels!" Sie versteht (51, Anm. (m)) hier den Scheitel als Ort der Geburt. Sie verweist auf eine Textstelle auf der Heilstatue Kairo JE 41677 (G. Daressy, Quelques inscriptions provenant de Bubastis, in: Annales du Service des Antiquités de l'Égypte 11, 1911, 186192, hier: 188), die sie übersetzt als: "Ich bin aus Šdnw gekommen und ich bin herausgetreten aus dem Scheitel des Re auf den Befehl des Herrn der Menschen selbst (...)." Allerdings wird die betreffende Textstelle aus der Beschwörung "Die Hand des Atum" (bislang mehr als 10 Textvertreter) auch als "bei Tagesanbruch" gelesen (so Jelínková-Reymond 1956, 16, Anm. 5 mit Verweis auf Wb. 1, 305.5; so auch Borghouts 1978, 9596; Kákosy 1999, 45 und 73; B. G. Ockinga, A Magical Plate in the Museum of Ancient Cultures, Macquarie University: A Tool of Trade of an Ancient Egyptian Medico-Magical Practitioner, in: T. A. Bács – Á. Bollók – T. Vida (Hrsg.), Across the Mediterranean – Along the Nile. Studies in Egyptology, Nubiology and Late Antiquity Dedicated to László Török on the Occasion of His 75th Birthday 1. (Budapest 2018), 243–258, hier: 250). O. Berlev  S. Hodjash, Sculpture of Ancient Egypt in the Collection of the Pushkin State Museum of Fine Arts. Catalogue (Moscow 2004), 372374 haben: "on the first day of the month". M. Panov, Die Statue des Horchebe (Novosibirsk 2014) , 44 übersetzt wie Sternberg-El Hotabi.