Magische Doppelstatue Kairo CG 9430

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum

Inventarnummer: CG 9430

Erwerbsgeschichte

Die Statuette wird zunächst im Katalog des Ägyptischen Museums von Giza (genutzt 1890–1902) aus dem Jahr 1892 gelistet (Ausstellungsnummer 897). Ob sie zuvor schon im Museum von Bulaq war, ist unbekannt. Im Jahr 1902 wurde sie ins neu gebaute Museum am Midan Tahrir überführt, wo sie die Inventarnummer CG 9430 bekam.

Herkunft
Nildelta » nördliches Delta » westlicher Teil » Sais

Im Katalog des Ägyptischen Museums von Giza von 1892 ist keine Herkunft angegeben. Daressy publiziert die Statuette im Jahr 1894 mit der Angabe „trouvée à Saïs“. Im Katalog des Ägyptischen Museums von Giza von 1895 ist diese Herkunftsangabe ebenfalls vermerkt. Im Catalogue général des neuen Museums am Midan Tahrir steht stattdessen der arabische Name „Sa el-Hagar“. Sicherlich wurde die Statuette bei Sebach-Arbeiten entdeckt, spätestens im Jahr 1892. Allerdings weisen sowohl der Name der Göttin und ihr Toponym auf der Vorderseite als auch die Widmung an Herischef auf der Rückseite auf eine ursprüngliche Herkunft aus Herakleopolis Magna hin (siehe Yoyotte 1988, 173–174). Wie die Statuette von Herakleopolis Magna nach Sais gelangte, ist unbekannt.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 22.–23. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 24. Dynastie

Der Besitzer der Statuette ist der „Große der Ma“ Pamiu. Sein Vater war ein König, dessen sehr oberflächlich eingravierter Name vielleicht Scheschonq (?) zu lesen ist (so Daressy 1903, 39 und Daressy 1913, 137 Anm. 3; Daressy 1894, 48 hat hingegen ꜥꜣ-ḫpr-Rꜥw mit Fragezeichen gelesen; Yoyotte 1988, 172, Anm. 101 erachtet nicht einmal die Lesung Tj-k-rw-t = Takelothis als ausgeschlossen). Daressy 1903, 39, Anm. 1 erwägt, im mutmaßlichen Scheschonq den König Scheschonq III. zu erkennen und den Besitzer Pamiu als den späteren König Pamiu der 22. Dynastie zu identifizieren. Dem wird seitdem teilweise gefolgt, es ist jedoch höchst zweifelhaft (siehe Yoyotte 1988). Sternberg-El Hotabi datiert die Doppelstatuette in ihrer Frühphase II (21.–25. Dynastie) und klassifiziert sie in der Typologie der Horusstelen bei Stelentypus I (‚oberägyptischer‘ Typus), obwohl sie in Sais gefunden wurde (Bd. I, 83 und 84–85). Zwar ist eine Zuweisung an die Zeit Scheschonqs III. sehr unsicher, doch passen sowohl der Titel „Großer der Ma“ als auch der Name Pamiu (der Name erscheint laut Yoyotte 1988, 159 im 8. Jh. v. Chr.) gut in die Libyerzeit. Außerdem ist der ikonographische Typus von Bes und Horus-Sched als Bogenschütze auf einem Streitwagen, der von einem Greif gezogen wird, typisch für die 22.-23. Dynastie (Berlandini 1998). Jansen-Winkeln (2007, 415) legt sich nicht auf einen König innerhalb der 22.-24. Dynastie fest. Ungeachtet dessen, was Text und Ikonographie aussagen, erachtete Lacau eine Datierung der Stele in die 20. Dynastie vielleicht für möglich (Lacau 1922, 200, Anm. 1), eventuell aus stilistischen Gründen. Yoyotte (1988, 171) weist darauf hin, dass die Doppelstatuette überarbeitet und die Widmung auf Pamiu möglicherweise erst nachträglich angebracht wurde.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Die Statuette enthält vier hieroglyphische Inschriften, einmal die Identifikation der Göttin auf der Vorderseite, dann zwei Beschwörungen auf der Rückseite (oben und unten) sowie eine weitere Beschwörung auf den beiden Schmalseiten. Alle drei Beschwörungen sind von anderen Textträgern bekannt, zwei von ihnen schon aus der Ramessidenzeit. Die erste Beschwörung richtet sich gegen verschiedene Widersacher. Das Horuskind, Isis und Nephthys sowie der Sonnengott spielen die Hauptrollen. Isis und Nephthys vertreiben den „Gluthauch“ (Fieber?, Entzündung?) und den „Aufruhr“ der Widersacher oder im Kind. Zwei Feindbegriffe sind mit Schlangen determiniert, was zu einer Beschwörung von Schlangen und deren Gift passen könnte. Gewisse Pflanzen spielen eine Rolle, auch ein Löwengott, aber der mythologische Zusammenhang ist unklar.

Die zweite Beschwörung ist der bekannte Horusstelentext „Spruch B“, der zum Ziel hat, einen Reisenden auf dem Wasser zu schützen, insbesondere vor Krokodilen. Er fängt mit einer Anrufung an den Sonnengott/Schöpfergott an, der Osiris, der auf dem Wasser ist, beschützen möge. Anschließend spricht der Zauberer/Beschwörer die gefährlichen Wassertiere und insbesondere das Krokodil Nehaher direkt und in imperativischer Form an. Sie sollen Osiris nicht angreifen, oder ihnen werde das Gesicht umgedreht bzw. ihnen drohe die Vernichtung. Er sagt, dass eine Vierergruppe von Göttern Osiris und den Reisenden beschütze. Der Zauberer identifiziert sich anschließend mit Chnum und befiehlt dem Angreifer, zurückzuweichen, sonst werde er zerstückelt. Zwei mythologische Passagen mit einem lauten Schrei in Heliopolis, in der ein Kater und der Abdu-Fisch eine Rolle spielen, und mit einem zweiten lauten Schrei in Nedit, wo Osiris ermordet wurde, werden eingeflochten, weil Re deshalb sehr wütend geworden ist und die Zerstückelung des Rebellen auf dem Wasser befohlen hat. Auf der Doppelstatuette findet sich aus Platzmangel nur die erste Hälfte des Spruches.

Die Beschwörung auf den Schmalseiten ist gegen das Gift eines Skorpions gerichtet.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Die Doppelstatuette wird wegen der magischen Darstellungen und Beschwörungstexte als „Heilstatue“ klassifiziert (Gutekunst 1995, Sternberg-El Hotabi 1999). Sie war laut Yoyotte (1988, 172) trotz der (nachträglichen?) Widmung von Pamiu nicht als Votivstatuette, sondern als persönlicher Talisman gedacht. Auffällig sind Abriebspuren am Anfang der Z. 4-7 des ersten Textes auf der Rückseite, als ob die Statuette dort ständig in der Hand gehalten wurde.

Material
Nicht Organisch » Stein » Kalkstein » Kalkstein (gebrannt/verbrannt)
Objekttyp
Artefakt » Skulptur » Statue / Figur
Technische Daten

Doppelstatuette einer Göttin (links aus Objektperspektive) und einem Gott (?) mit einer Höhe von 14 cm und einer Breite von 8 cm. Die Dicke/Tiefe ist nicht publiziert. Die Göttin ist etwas kleiner als die männliche Figur und trug ursprünglich eine dreiteilige Perücke und einen Löwenkopf (glatt abgearbeitet, Spuren der Mähne vielleicht noch erkennbar). Auch bei der männlichen Figur fehlt das Gesicht und seine dreiteilige Perücke wurde unten verkürzt. Laut Daressy waren die Gesichter sowie die Unterarme separat angefertigt und mit Zapfen an der Statue befestigt. Die Füße und die Statuenbasis sind nicht erhalten. Laut Daressy waren sie als separater Block angefertigt. Die Göttin kann dank einer Inschrift zwischen der Göttin und dem Mann als Bastet identifiziert werden. Der Mann war möglicherweise ein Gott (Daressy 1903 denkt an Horus; Yoyotte 1988, 173 an Herischef mit Widderkopf) oder ein König (Scheschonq?). Zwischen Bastet und dem Mann befand sich in Höhe der Beine ursprünglich noch eine kleine Figur, deren Umriss laut Daressy (1903, 37) vielleicht zu einer Darstellung von Bes passen könnte (wird von Berlandini 1998, 40, Anm. 36 angezweifelt).

Die gesamte hochrechteckige Rückenplatte ist in drei Feldern übereinander dekoriert. Im oberen Drittel steht eine hieroglyphische Inschrift in sieben Zeilen. Es folgen drei Register mit Götterdarstellungen, die typisch für Horusstelen und Heilstatuen sind. Im unteren Drittel steht erneut eine hieroglyphische Inschrift, ebenfalls in sieben Zeilen.

Die drei Register mit Götterdarstellungen enthalten im oberen Register den Gott Sched oder Horus-Sched in einem Streitwagen, eine weitere Darstellung von Horus oder Horus-Sched auf zwei Krokodilen und gefährliche Tiere in den Händen haltend, sowie ein falkenköpfiger Gott und eine Göttin mit Hathorkrone, alle nach links orientiert. Im zweiten Register sind drei Gottheiten nach links orientiert, fünf weitere nach rechts. Alle sind anonym. Nur die zehn Gottheiten des dritten Registers haben Beischriften, aber diese sind sehr schwer zu lesen.

Auf den beiden Schmalseiten der Statue sind jeweils vier bzw. drei (oder nur zwei bzw. eine?) Kolumnen hieroglyphischer Text eingraviert.

Das Material wird zunächst als „schiste rouge“ (de Morgan 1892, 199) beschrieben, später von Daressy als „calcaire“ (Daressy 1894, 48) und als „calcaire calciné“ (Daressy 1903, 37).

Yoyotte 1988, 171 vermerkt, dass die Statuette Gebrauchsspuren sowie Umarbeitungen und Reparaturen aufweist. Er berücksichtigt dabei die separat angefertigte Basis, die angedübelten Arme und Gesichter, zwei unterschiedliche Bezugspersonen in den Texten (möglicherweise den Schutz für eine weibliche Person auf der Vorderseite und für eine männliche Person auf der Rückseite) und eine vielleicht später hinzugefügte Textzeile unten (die Widmung des Pamiu) auf der Rückseite.

Schrift
Hieroglyphen

Laut Daressy (1903, 39) ist die Statue sorgfältig geschnitzt (vgl. de Morgan 1892, 199: „les détails ... sont d’une finesse admirable“ und 200 „chef-d’œuvre de délicatesse“), aber sind die Inschriften weniger gut graviert und fehlerhaft.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch
Bearbeitungsgeschichte

Die Statuette wurde zunächst von Daressy 1894 beschrieben und mit Bleihieroglyphen veröffentlicht, später von ihm zusätzlich mit Foto und mit korrigierten Bleihieroglyphen erneut publiziert. Sowohl die Identifizierung und genealogische Einordnung des Besitzers Pamiu (Daressy, Kitchen, Yoyotte) als auch die Ikonographie der Götterdarstellungen auf der Rückseite (vor allem Horus-Sched) (Lacau, Loukianoff) haben die Aufmerksamkeit der Wissenschaft des Öfteren beschäftigt.

Editionen

- Daressy 1894: G. Daressy, Notes et Remarques, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes 16, 1894, 42–60, hier: 48–49, Nr. § CII.

- Daressy 1903: G. Daressy, Textes et dessins magiques, Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire. Nos. 9401–9449 (Le Caire 1903), 37–39 und Taf. XI.

Literatur zu den Metadaten

- Berlandini 1998: J. Berlandini, Bès en aurige dans le char du dieu-sauveur, in: W. Clarysse – A. Schoors – H. Willems (Hrsg.), Egyptian Religion. The Last Thousand Years. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur. Part I (= Orientalia Lovaniensia Analecta 84) (Leuven 1998), 31–55, hier: 40 und 54, Taf. 7.1.

- Daressy 1913: G. Daressy, Notes sur les XXIIe, XXIIIe et XXIVe dynasties, in: Recueil de travaux relatifs à la philologie et à l'archéologie égyptiennes et assyriennes 35, 1913, 129–150, hier: 137, Anm. 3.

- Daressy 1916: G. Daressy, Le fils aîné de Chéchanq III, in: Annales du Services des Antiquités de l'Égypte 16, 1916, 61–62, hier: 62.

- de Morgan 1892: J. de Morgan, Notice des principaux monuments exposés au Musée de Gizeh (Le Caire 1892), 199–200 (Nr. 897) (eine weitere Edition: 1895, 207–208, Nr. 897).

- Gutekunst 1995: W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 369.

- Jansen-Winkeln 2007: K. Jansen-Winkeln, Text und Sprache in der 3. Zwischenzeit, Ägypten und Altes Testament 26 (Wiesbaden 1994), 344 (Nr. B/3.1.9).

- Kitchen 1973: K. A. Kitchen, The Third Intermediate Period in Egypt (1100-650 B.C.) (Warminster 1973), 102–103 (§ 82), 113, 305, Anm. 572.

- Lacau 1922: P. Lacau, Les statues «guérisseuses» dans l’Égypte Ancienne, in: Monuments et mémoires de la Fondation Eugène Piot 25, 1922, 189–209 und Tf. XV–XVI, hier: 200 , Anm. 1.

- Loukianoff 1930–1931: G. Loukianoff, Le dieu Ched. L’Évolution de son culte dans l’Ancienne Égypte, in: Bulletin de l’Institut d’Égypte 13, 1930–1931, 67–84 und Taf. I–III, hier: 74–75 und Taf. III, Fig. 10 (falsche Nummer 9436).

- Porter – Moss 1934: B. Porter – R. Moss, Topographical Bibliography of Ancient Egyptien Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings. IV. Lower and Middle Egypt (Oxford 1934), 46.

- Sternberg-El Hotabi 1999 I und II: H. Sternberg-El Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte Ägyptens im 1. Jahrtausend v. Chr., Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), Bd. I, 48–51, 84–85; Bd. II, 103.

- Yoyotte 1961: J. Yoyotte, Les principautés du Delta au temps de l’anarchie libyenne, in: Mélanges Maspero. I. Orient ancien, Quatrième fascicule, Mémoires publiés par les membres de l'Institut français d'archéologie orientale 66, 1961, 121–181 und Taf. I–III, hier: 127 (Nr. 28) und Anm. 2.

- Yoyotte 1988: J. Yoyotte, Des lions et les chats. Contribution à la prosopographie de l’époque libyenne, in: Revue d'Égyptologie 39, 1988, 155–178 und Taf. 2–6, hier: 155–156 und 171–174).

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Vorderseite: Identifikation der Bastet

Worte zu sprechen durch Aat-Bastet1, die in Hügel-der-kꜣkꜣ-Pflanzen2 wohnt, die den Schutz über sie bereitet3.

1Ꜥꜣ.t-Bꜣs.t: Für den ersten Namen als Graphie einer Göttin Ꜥwꜣy.t/Ꜥy.t/Ꜥꜣy.t/Ꜥꜣ.t aus Herakleopolis Magna, siehe Yoyotte 1988, 172. Laut C. Leitz, Das Ichneumonweibchen von Herakleopolis – eine Manifestation der Bastet, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 38, 2009, 161172, hier: 164 ist das erste Element der Name einer Göttin ꜥꜣ,t/ꜥwꜣyt/ꜥy, Variante zu ꜥḏ.t „das Ichneumonweibchen“.
2 Siehe Yoyotte 1988, 173 „Butte-des-Ricins“ für dieses Toponym von Herakleopolis Magna.
3 Daressy 1894, 48 hat „die ihren Schutz bereitet“, was jedoch falsch ist. Yoyotte 1988, 171 liest „qu’elle fasse sa protection sur elle“, bezogen auf eine weibliche Schutzbedürftige. Leitz 2009, 164 liest „die den Schutz auf ihm (= dem Hügel) bereitet.“

Rückseite oben: Alle fruchtbaren Länder und alle Wüsten

[1] Alle (fruchtbaren) Länder und alle Wüsten, alle Berge und alle Gewässer (sowie) ihre Bewohner (oder: das, was in ihnen ist) sind 〈vereint〉1 unter den Füßen des Horus, Sohn der Isis, mit dem Isis schwanger war und mit dem Nephthys begattet war2.
Mögen sie {alle} 〈deinen〉 fiebrigen/erhitzten Zustand vertreiben, mögen sie deine innere Unruhe beseitigen.
(oder: Mögen sie {alle} 〈deinen〉 Gluthauch vertreiben, mögen sie deine Störung/Aufruhr beseitigen.)3
Mꜣ (?)4 ist für dich bestimmt (oder: ist gegen dich)5! Zweimal (zu sagen)!
Die mꜣt.t-Pflanze6 ist für dich bestimmt (oder: ist gegen dich)! Zweimal (zu sagen)!
Die mꜥw-Pflanze7 ist für dich bestimmt (oder: ist gegen dich)! Zweimal (zu sagen)!
(Oh du,) Feind, Feindin! Kommt (?), (Ihr) Neunheit (?), (und tut etwas??) gegen (?) die (Un)toten (?)8, die Gegner und Gegnerinnen!
Zurück mit dir, (du) Löwe mit grimmigem (?) Maul9.
... ... [5] Osiris in Theben.
Die drei Barken gehören dir. (?)
Heliopolis ist in Frieden ist der Name der Stadt (oder: von Theben). (??)
Greife nicht an!10
Gehe nicht gegen ihn vor, (ihr) Feinde!
Der Gott (?) ist vor (?)11 ihm. [Isis]12, die Göttliche, findet (?) ihn. (?)
... mit/in seinem Haar für sein Gesicht.13
Weiche zurück vor seinem Scheitel/Stirn (?)!
Das bedeutet, das Re derjenige ist, der wütet.
so sagte Nephthys, so sagte Isis (???).
Das bedeutet, dass der Jüngling (?), der im Auge des Re ist, wohlbehalten auf Erden ist, wenn ihn die Löwen gefunden haben.14

1 Fehlt in der Version Kairo CG 9430 (Auslassung?). Vorhanden in den Textträgern von Edfu/Louvre AF 12690, MMA 44.4.54, Leiden A 1046, Nachtefmut und Philadelphia E 12.514.
2 Siehe J. Berlandini, Un monument magique du „Quatrième prophète d’Amon“ Nakhtefmout, in: Y. Koenig (Hrsg.), La magie en Égypte: à la recherche d’une définition. Actes du colloque organisé par le musée du Louvre les 29 et 30 septembre 2000 (Paris 2002), 83–148, hier: 95, Anm. (b) für die entdoppelte Schwangerschaft von Isis und Nephthys.
3 Sternberg-El Hotabi 1999 I, 49 und Berlandini 2002, 95 übersetzen (wie hier) optativisch, aber weil im vorherigen Satz der erwünschte Zustand beschrieben wird ("alle Länder ... sind vereint unter den Füßen des Horus"), ist vielleicht perfektisch zu übersetzen. Das wäre dann allerdings eine neuägyptische Konstruktion.
4 Zerstört auf Stele Kairo CG 9403. Auf Stele Kairo CG 9430, wo anschließend zwei Pflanzenbezeichnungen mꜣt.t und mꜥw/mꜥ.w in derselben syntaktischen Konstruktion folgen, fehlt bei mꜣ ein Determinativ, ebenso auf der Stele des Nachtefmut in Paris (Berlandini 2002, 137), wo die zwei Pflanzenbezeichnungen fehlen. Die Identifikation von mꜣ ist ohne Determinativ nicht zu klären.
5 Wenn man den Satz auf das Horuskind bezieht (so Sternberg-El Hotabi 1999 I), kann die Präposition nicht adversativ verstanden werden. Vgl. Berlandini 2002 "L’entité-ma est à toi!" und Sternberg-El Hotabi "Mögen dir zahlreiche [Pflanzen (mꜣt.t)] zukommen und mꜥ-Pflanzen zuströmen." Weiter unten im Text spricht Isis ("ich") einen Löwen ("du") an.
6 Bislang nur in der Textversion von CG 9430 erhalten bzw. vorhanden. Für diese Pflanze siehe H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 214217; Berlandini 2002, 96, Anm. (d) und 124, Anm. 8588 für weitere Literatur; Koemoth, La plante mꜣtt, le feu et la puissance virile, in: Bulletin de la Société d’Égyptologie de Genève 17, 1993, 5762. Seine Übersetzung von CG 9430 kann nicht zutreffen, denn sie unterschlägt "Störung/Aufruhr": "elles (i.e. Isis et Nephthys) écartent tout feu (lorsqu’) elles coupent la plante (?) pour toi bis, les plantes mꜣt.t pour toi bis, les plantes (?) pour toi bis ..." (Koemoth verweist für das Abschneiden der Pflanze auf Papyrus Budapest 51.1961, Kol. 3.4, wo das Verb "schneiden" verwendet wird.
7 Auf Stele Kairo CG 9403 steht ꜥm.t, auf Stele Kairo CG 9430 mꜥ.w, beide Male mit Pflanzendeterminativ. Es gibt viele ähnlich geschriebene Pflanzenbezeichnungen (ꜥꜣmw, ꜥꜣmw.t/ꜥꜥmy.t, ꜥꜥm, ꜥmꜣ, ꜥmꜥꜥ, ꜥmw und mꜥ), so dass unklar ist, wieviele unterschiedliche Bezeichnungen wirklich existieren und welche davon hier gemeint ist.
8 Falls so richtig gelesen, ist die Schreibung ungewöhnlich. Die Texte von Stele Kairo CG 9403 und Stele Kairo CG 9430 unterscheiden sich an dieser Stelle, außerdem ist CG 9403 teilbeschädigt und CG 9430 problematisch in der Lesung. Sternberg-El Hotabi 1999 I, 49 und Anm. (g)(h) übersetzt CG 9403 als "Kommt [doch Götterneunheit], ...", wobei sie sich möglicherweise an CG 9430 orientiert. Für das, was hinter dem unsicheren "Neunheit" steht, hat Sternberg-El Hotabi keine Lösung.
9 Nur auf Stele Kairo CG 9403 und Stele Kairo CG 9430 belegt. Laut Sternberg-El Hotabi 1999 I, 50, Anm. (i) ist der Sonnengott gemeint. Könnte hier der von Gift befallene Sonnengott gemeint sein, der dem Patienten gefährlich wird? Auf CG 9430 könnte "Löwe mit grimmigem Mund" stehen (so in LGG V, 478c479a).
10 Emendiert gemäß Horusstele Kairo CG 9403 und des nächsten Satzes.
11 Lesung sehr unsicher und nicht auf dem Foto (Daressy 1903, Taf. XI) nachvollziehbar.
12 Ergänzt nach Stele Kairo CG 9403, wo "Ich bin Isis, die Göttliche" steht. Anschließend unterscheiden sich CG 9403 und CG 9430 wieder voneinander.
13 Unklar. Auf Stele Kairo CG 9403 steht ebenfalls etwas Unklares, das in der ersten Person und nicht in der dritten Person formuliert ist: "Sei leer (?) vor meinem Gesicht!"
14 Vgl. die Horusstele des Nachtefmut (ed. Berlandini 2002, 95 mit Anm. (g)): "Der Jüngling, der im Auge des Re ist, er ist mächtig über seine Feinde, wie Re mächtig über [seine] Feinde ist."

Rückseite Mitte: Götterdarstellungen

Horus, Herr des Erdkreises, der den Rebell ersticht (?), der das ...-Krokodil zurücktreibt.
(???)
Worte zu sprechen durch Geb (?).
Worte zu sprechen durch ...?...
Worte zu sprechen durch ...?...
Worte zu sprechen durch den Grimmigen (?).

Schmalseite unten: Horusstelentext B

[1] Oh Greis, der sich zu seiner Zeit verjüngt, (oh) Kind (!)1, das den Jugendlichen spielt,
Mögest du veranlassen, dass Thoth zu mir kommt auf meine Stimme hin, damit er für mich Nehaher vertreibt.
Osiris ist auf dem Wasser,
das Horusauge ist bei ihm.
Erhebt nicht euer Gesicht, (ihr) Wasserbewohner, bis/so dass Osiris an euch vorbeigehen kann.
〈Seht,〉 er ist unterwegs nach Busiris.
Euer Mund wurde blockiert,
euer Schlund wurde verstopft.
Nach hinten mit dir, (du) Rebell!
Erhebe nicht dein Gesicht!
[Re] erhebt sich,
die Neunheit 〈in〉/von Babylon schaut zu.
Die Herren der Unterwelt stehen bereit, [5] das Kommen seitens Nehaher zu bestrafen.
Ihre Köpfe wurden umgekehrt, gesetzt auf (d.h. in Richtung auf) ihren Rücken.
Euer Maul wurde von Re geschlossen.
Euer Schlund wurde von Sachmet verstopft.
Eine hohe/laute Stimme ist im Haus-der-Neith,
ein Gejammer 〈... ... ...〉
Sein Name bleibt (dauerhaft) vor Herischef, dem König der Beiden Länder, (nämlich) der Große der Mau, Pamiu, der Sohn des Herrn der Beiden Länder Scheschonq(?)3-Meriamum.

1  Hier steht normalerweise "der Greis".
2 Lesung nach Yoyotte 1988, 172: „Que son nom soit durable devant ($n-bꜣḥ$) son père, Herishef (...)“. Die Zeile wurde nachträglich hinzugefügt.
3 Die Lesung der Kartusche ist fraglich, wie Daressy 1903, 39, Anm. 1 selbst eingesteht. Abweichend noch in Daressy 1894, 48. Yoyotte 1988, 172, Anm. 101 erachtet nicht einmal die Lesung "Takelothis" für ausgeschlossen.