Horusstele des Paschedbastet Atfih+Louvre

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Europa » Frankreich » (Städte M-P) » Paris » Musée du Louvre, Afrika » Ägypten » Kairo » National Museum of Egyptian Civilization

Inventarnummer (Magazin der Altertümerbehörde Atfih): 46-131

Inventarnummer (Musée du Louvre): E 16264

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Laut El-Tonssy 2012, 157 befand sich das Objekt zur Abfassungszeit seines Artikels im Magazin der Altertümerbehörde in Atfih, war jedoch für die Dauerausstellung im National Museum of Egyptian Civilization in Kairo vorgesehen worden. Das Fragment im Louvre wurde im Jahr 1941 im Kunsthandel angekauft. Der vorherige Besitzer war die Ehefrau von Marcel Domergue [Homepage Louvre], möglicherweise ein Schwiegersohn des Antikenhändlers Maurice Nahman.Laut El-Tonssy 2012, 157 befand sich das Objekt zur Abfassungszeit seines Artikels im Magazin der Altertümerbehörde in Atfih, war jedoch für die Dauerausstellung im National Museum of Egyptian Civilization in Kairo vorgesehen worden. Das Fragment im Louvre wurde im Jahr 1941 im Kunsthandel angekauft. Der vorherige Besitzer war die Ehefrau von Marcel Domergue [Homepage Louvre], möglicherweise ein Schwiegersohn des Antikenhändlers Maurice Nahman.

Herkunft
Niltal von Kairo bis Assiut » zwischen Kairo und Fajjum » östliches Ufer » Atfih

Der größere Teil des Horuscippus wurde im Jahr 1991/92 in zwei Teilen während zwei unterschiedlichen Grabungskampagnen unter der Leitung von Ahmad Moussa in der westlichen Nekropole von Atfih gefunden, zunächst das Bodenfragment mit den Krokodilen und den Unterschenkeln des Kindes im November 1991 (El-Tonssy 2012, 157 mit Anm. 1; für das Jahr 1991 und nicht 1996 siehe Cassier 2022, 37, 49 mit Anm. 48). Fundort war die (spätere?) Rindernekropole, vielleicht Sektor A, aber ein genauerer Fundkontext ist nicht bekannt. Cassier schließt nicht aus, dass die Horusstele in einem Rindergrab einer heiligen Kuh wiederverwendet worden ist (Cassier 2022, 49).

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 22.–23. Dynastie » Osorkon I. Sechemcheperre

Auf den beiden Schmalseiten der Rückenplatte finden sich die beiden Kartuschen des Osorkon I.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Die Horusstele ist auf der Vorderseite oberhalb der Schultern und auf der Rückseite im abgerundeten Giebelfeld mit Götterdarstellungen versehen, die durch Beischriften identifiziert werden. Die acht Textkolumnen auf der Vorderseite, von denen sich fünf auf der Oberseite des Sockels fortsetzen, bestehen aus einer Kurzfassung von Horusstelenspruch B, gefolgt von Horusstelenspruch D. Die Reihenfolge der Sätze in dieser Version von Spruch D ist durcheinandergeraten und vermehrt mit Sätzen, die von einem anderen Text herrühren. Auf der Rückseite sind Horusstelenspruch A sowie ein weiterer Spruch angebracht. Die Rückseite endet mit einem Stiftervermerk des Statuenstifters Paschedbastet, Sohn der Frau Imut. Auf den beiden Schmalseiten steht die Titulatur von König Osorkon I. mit einer anschließenden Stiftungsformel zugunsten des Gottes Horus-Sched. Auf den drei Seiten des Sockels findet sich ein unklarer Schutzsspruch für den Ka des verstorbenen Stifters Paschedbastet.

Horusstelentext A:
Ein von Thoth ausgesprochener Spruch zur „Verehrung“ des Horus, um ihn zu „verklären“. Thoth begrüßt den jugendlichen Horus und bittet ihn, dass er mit seiner Magie und seinen Zaubersprüchen kommen möge, um die gefährlichen Tiere in der Wüste, im Wasser und in den Höhlen abzuwehren und um das Gift im Patienten zu beschwören. Er möge den Patienten wiederbeleben, damit Horus’ Ansehen entstehe und er als Horus-Sched („der Retter“ oder „der Beschwörer“) angerufen werde.

Spruch X:
Jemand (gemeint ist Horus-Sched aus dem vorangehenden Spruch A) wird angesprochen als geboren von Isis und Nephthys. Die beiden Göttinnen mögen die fiebrige Hitze und Unruhe von Horus-Sched (infolge eines Schlangenbisses) beseitigen. Das Gift wird anschließend angesprochen: Verschiedene Pflanzen seien gegen es. Es wird auch als gefährlicher Löwe bezeichnet, der vom ich-Patienten zurückweichen solle. Dann identifiziert der Patient sich mit verschiedenen Göttern, wodurch Schlangen, Skorpione und sonstige Kriechtiere ihn nicht beißen und sich ihm nicht nähern können.

Horusstelentext B:
Der sogenannte „Spruch B“ der Horusstelen und Heilstatuen hat zum Ziel, einen Reisenden auf dem Wasser zu schützen, insbesondere vor Krokodilen. Er fängt mit einer Anrufung an den Sonnengott/Schöpfergott an, der Osiris, der auf dem Wasser ist, beschützen möge. Anschließend spricht der Zauberer/Beschwörer die gefährlichen Wassertiere und insbesondere das Krokodil Nehaher direkt und in imperativischer Form an. Sie sollen Osiris nicht angreifen, oder ihnen werde das Gesicht umgedreht bzw. ihnen drohe die Vernichtung. Er sagt, dass eine Vierergruppe von Göttern Osiris und den Reisenden beschützt. An dieser Stelle hört die Kurzfassung von Spruch B auf. In der Langfassung identifiziert sich der Zauberer anschließend mit Chnum und befiehlt dem Angreifer zurückzuweichen, sonst werde er zerstückelt. Zwei mythologische Passagen mit einem lauten Schrei in Heliopolis, in der ein Kater und der Abdu-Fisch eine Rolle spielen, und mit einem zweiten lauten Schrei in Nedit, wo Osiris ermordet wurde, werden eingeflochten, weil Re deshalb sehr wütend geworden sei und die Zerstückelung des Rebellen auf dem Wasser befohlen habe.

Horusstelentext D:
Der sogenannte „Spruch D“ der Horusstelen findet sich im Anschluss an eine verkürzte Version von „Spruch B“. Ein nicht weiter identifizierter Magier richtet sich an das Krokodil Maga, um es von einem Angriff auf den Gotteskörper (sicherlich den des Osiris im Wasser) abzuhalten. Es gibt Anspielungen auf vier mythologische Wesen, die über Osiris wachen, auf ein Verbrechen seitens Maga gegen die Götterbarke (des Osiris oder des Re?) mit dem anschließenden Abschneiden von dessen Zunge sowie dessen Vernichtung durch den Landepflock des Osiris. In der hiesigen Version des Spruchs werden auch Gift und das gefährliche Seth-Tier angesprochen und zurückgewiesen, außerdem spielen 77 Götter eine Rolle.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Der Fundort in der Nekropole von Atfih lässt vermuten, dass diese Horusstele als Grabbeigabe angedacht war. Das passt zu der Angabe im Text, dass der Besitzer Paschedbastet als „gerechtfertigt an Stimme“, d.h. als verstorben ausgezeichnet ist. Horusstelen als Grabbeigaben sind gerade für die Libyerzeit nachgewiesen. Cassier 2022, 49 denkt allerdings an eine Wiederverwendung in der Nekropole. Sie könnte sich vorstellen, dass diese Horusstele in einem Naos oder einer Kapelle im Hof eines kultischen Bereichs aufgestellt gewesen ist (Cassier 2022, 4950), genauer gesagt in einer Osiriskapelle von Osorkon-dem-Älteren (21. Dyn.) oder von Osorkon I. (22. Dyn.) im Sektor der späteren Rindernekropole (Cassier 2022, 5254).

Material
Nicht Organisch » Stein » Kalkstein
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele » Horusstele / Horuscippus
Technische Daten

Höhe Fragment Atfih 38 cm (urspr. Höhe mit dem Louvre-Fragment ca. 44 cm [berechnet nach der Fotomontage bei Quack]; sicherlich nicht 90 cm [Vandier 1942, 16]; Cassier 2022, 38 hat ca. 57 cm, aber berücksichtigt die Schräge der Bruchkante nicht); Breite 23 cm; Tiefe ca. 21 cm (geschätzt nach der Tiefe von 12,6 cm des Louvre-Fragments). Mit blauer Bemalung in den Hieroglyphen. Dreidimensional ausgearbeiteter, fast freistehender, nackter Kindgott. Er ist frontal dargestellt und steht mit jedem Fuß auf einem nach vorn gerichteten, kleinen Krokodil. Er hält in der linken Hand einen Skorpion und einen Löwen, in der abgebrochenen rechten weitere gefährliche Tiere, die weitestgehend zerstört sind. Vom kahlen Schädel hängt seitlich eine Jugendlocke hinunter, oben auf dem Kopf befindet sich ein kleiner Skarabäus. Ein Loch in der Stirn hat ursprünglich einen Uräus oder einen Antilopenkopf aus Metall enthalten. Auch die Augen und Augenbrauen waren in einem anderen Material eingelegt. Mittig oberhalb der halb abgerundeten Rückenplatte steht ein Beskopf. Die Vorderseite der Statue ist mit 8 Textkolumnen versehen, die unterhalb der Arme anfangen und von denen 5 Kolumnen auf der Oberseite des Sockels weiterlaufen. Oberhalb der Schultern des Kindgottes (nur der Bereich oberhalb der linken Schulter ist erhalten) finden sich Reste von Götterfiguren sowie zwei leeren Kartuschen. Die Rückseite ist im abgerundeten Giebelfeld mit einem Bildfeld (zwei Gruppen von antithetisch angeordneten Gottheiten) versehen, darunter stehen 22 Textzeilen. Auf den Schmalseiten der Rückwand findet sich jeweils eine Textkolumne. Der Sockel/Bodenplatte trägt auf der Vorderseite und den beiden Seiten jeweils eine Textzeile.

Schrift
Hieroglyphen

Eingeschnittene Hieroglyphen, mit blauer Farbe eingelegt.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch » traditionelles Mittelägyptisch

Die hieroglyphischen Inschriften von den Sprüchen A, B und D sind an vielen Stellen fehlerhaft (nicht nur in der Abschrift von El-Tonssy, auch schon im Original).

Bearbeitungsgeschichte

Das Fragment im Louvre wurde von Vandier 1942 kurz präsentiert und von Gasse 2004 veröffentlicht (Fotos, Beschreibung, hieroglyphische Textkopie). El-Tonssy 2012 hat den Teil im Magazin von Atfih publiziert (Fotos, hieroglyphische Kopie, Transkription, Übersetzung, Kommentar). Allerdings ist die philologische Arbeit verbesserungsbedürftig. Quack 2016 hat erkannt, dass die Teile im Louvre und aus Atfih zusammengehören, und hat die textlichen Informationen zum Stelenstifter neu gelesen. Cassier 2022 bringt zusätzliche Informationen zu den Texten und zum hypothetischen Fundkontext.

Editionen

- El-Tonssy 2012: M. A. El-Tonssy, A Horus Cippus from Atfih, in: Annales du Service des Antiquités de l'Égypte 86, 2012, 157–177, hier: 157177 (S. 170177 = Taf. IXII).

- Gasse 2004: A. Gasse, Stèles d’Horus sur les crocodiles, Musée du Louvre. Département des antiquités égyptiennes. Catalogue (Paris 2004), 33, 60–65 (Nr. 8).

Literatur zu den Metadaten

- Cassier 2022: C. Cassier, Sur un monument magique de la XXIIe dynastie découvert à Atfih. Contextes historique et archéologique, in: Florence Albert und Frédéric Servajean (Hrsg.), Esquisses égyptiennes. Recueil de textes offerts à Annie Gasse par ses collègues et amis (= Cahiers Égypte Nilotique et Méditerranéenne 32), Montpellier 2022, Bd. 1, 3754.

- Quack 2016: J. F. Quack, Zur Identität der Horusstele Paris Louvre E 16264, in: Göttinger Miszellen 250, 2016, 157162.

- Quack 2018: J. F. Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049), Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 58 (Heidelberg 2018), 35–40.

- Sternberg-el Hotabi 1999: H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen, 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), Bd. 2: Materialsammlung, 78.

- Vandier 1942: J. Vandier, Les récentes acquisitions du Musée du Louvre, 2. Au département des antiquités égyptiennes, in: Revue des beaux-arts de France, Vol. 1, 1942, 1517, hier: 16.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Online-Ressourcen
Autoren
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Vorderseite

Bildbeischriften 

[1. stehender Gott links vom Kopf des Kindgottes] Thoth.
[2. stehender Gott links vom Kopf des Kindgottes] Amun-Re, Stier seiner Mutter.1

1 Womöglich war noch eine dritte Gottheit dargestellt, die jedoch komplett zerstört ist. Unter den beiden Göttern Thoth und Amun-Re sind zwei leere Kartuschen. Rechts vom Kopf des Kindgottes ist nichts erhalten.

Vorderseite und Sockeloberseite (Textzeile A)

Horusstelenspruch B (A.1A.5)

[A.1] Oh alter Mann, der sich 〈zu〉 seiner Zeit verjüngt, (oh) nḫḫ-Kind/Greis, der seine Jugendlichkeit durchführt, mögest du veranlassen, [dass Thoth zu mir auf] meine [Stimme hin kommt], damit 〈er〉 für mich das Wildgesicht (Neha-her) vertreibt.
Osiris ist 〈auf〉 dem Wasser; das Horusauge ist bei ihm. Der große Flügelskarabäus ist in seiner Faust.
Wenn man dem, der auf dem Wasser ist, zu nahe tritt, [dann tritt man dem] weinenden/verfinsterten (?) [Horusauge] eben〈so〉 zu nahe.
Euer Maul wurde verschlossen, (oh ihr) Wasserbewohner; euer Schlund wurde verstopft/blockiert, (oh ihr) Wasserbewohner. Euer Schlund wurde verstopft/blockiert, (oh ihr) 〈Wasser〉bewohner (Krokodile) und Nilpferde (?), [bis] Osiris passiert ist.1
Das Auge (?) ist angehoben (oder: Osiris/Re ist aufgerichtet), um die Neunheit, die Herren von Babylon, zu sehen.2
Die Herren der geheimen (?) Unterwelt stehen bereit, damit (das Krokodil) Nehaher bestraft wird.
Euer Maul wurde von Re verschlossen. Euer Schlund wurde von Sachmet verstopft/versperrt. Euer Gesicht wurde 〈von〉 Heka geblendet. Euer Voranschreiten wurde von Thoth behindert.
Oh (?) (ihr,) diese Vierzahl der großen Götter, die jeden/deinen (?) Schutz auf dem Land bereiten3, möge {wir}〈der, der〉 auf dem Wasser ist, wohlbehalten hinausgehen.
[A.5] Dass Osiris hinausgeht, bedeutet, dass Pharao hinausgeht. Wohlbehalten ist der, der in der Barke des Re ist.4 Sein Schutz ist der Schutz des Himmels, [mit Re] in ihm (d.h. im Himmel).5 Sein Schutz ist der Schutz des Wortes (?), der Schutz des Großen Gottes, der im Sarg ist.

1 El-Tonssy 2012, 158–159 liest: „you will be cut off [when your heads arise], in as much as Osiris rises [in his boat]“, aber dies ist keineswegs mit den vorhandenen Hieroglyphen auf Taf. II und IV zu vereinbaren. Die Textparallele auf Horusstele Brooklyn Museum 57.21.2 (H. Jacquet-Gordon, Two Stelae of Horus-on-the-Crocodiles, in: The Brooklyn Museum Annual 7, 1965–1966, 53–64, hier: 62, Abb. 7) (ebenfalls aus der Zeit Osorkons I.) hilft, um die oben gegebene Lesung zu begründen. Sie bestätigt die Lesungen „Nilpferd“ und „passieren“. Weil auf der Horusstele Brooklyn Museum 57.21.2 das vorangehende zerstört ist, ist nicht zu entscheiden, ob auf der Horusstele Atfih für den Anfangsteil eine irrtümliche Dittographie vorliegt.

2 Auf der Horusstele Brooklyn Museum 57.21.2 (Zeit Osorkons I.) steht: „Osiris hat sich aufgerichtet, um die Neunheit, die Herren von Babylon, zu betrachten.“ Für die Phrasen mit Re und mit Osiris siehe W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 115, 183–188 (Phrase 9.1).

3 El-Tonssy 2012 gibt in seiner hieroglyphischen Textkopie nur die Zahl 3 (oder einen Plural) an, aber man erwartet die Zahl 4. Es kann nicht mittels eines Fotos überprüft werden. Für die seltene Erweiterung „auf dem Land“ siehe Horusstele Brooklyn Museum 57.21.2 (Zeit Osorkon I.). Dort steht: „die vier großen Götter, die meinen Schutz auf dem Wasser und dem Land bereiten“ (H. Jacquet-Gordon, Two Stelae of Horus-on-the-Crocodiles, in: The Brooklyn Museum Annual 7, 1965–1966, 53–64, hier: 62, Abb. 7).

4 Die Lesung und Übersetzung von El-Tonssy 2012, 160 können nicht richtig sein: „Osiris may go forth, (while) Apophis should not come out, oh powers who are in the bark of Re“. Statt seines ꜥꜣpp: „Apophis“ ist sicher pr-ꜥꜣ: „Pharao“ zu lesen. Was er anschließend als wy hieroglyphisch wiedergibt, wird wḏꜣ: „wohlbehalten“ sein. Vgl. Papyrus Brooklyn 47.218.47 (J.-C. Goyon, Le recueil de prophylaxie contre les agressions des animaux venimeux du Musée de Brooklyn. Papyrus Wilbour 47.218.138, Studien zur spätägyptischen Religion 5 (Wiesbaden 2012), hier: 16): „Wenn der, der auf dem Wasser ist (=Osiris), wohlbehalten hervorkommt, dann kommt Pharao LHG wohlbehalten auf dem Wasser hervor.“ Cassier 2022, 44 folgt El-Tonssy und übersetzt: „Osiris sort, ne sort pas Apophis!“

5 Dieser Satz ist auf Horusstele Louvre E 20021 (Gasse 2004, 43, Abb. 1) erhalten.

Horusstelenspruch D (A.6–A.8)1

Ich komme (?; oder: Hüte dich zu kommen), oh Rebell! (?)2 [...] dich (?) als (?) Botschafter (oder: mit einer Botschaft).
(Oh du) Botschafter! Er hat dich 〈nicht〉 (?) geschickt.3
Was den Gott angeht [... ... mich (?)] geschickt, damit du zurückgetrieben wirst (?).4
Oh (?) erkennst 〈du〉 (?) nicht die 77 Götter5, die veranlassen, dass man (dich) schickt (?). Kennst 〈du〉 nicht Tem, Temet, Sebeqet und Sebeqy, die Vierergruppe jener großen (?) ... Ach-Geister, die wachen [über die Majestät des Osiris.]6
[...] dein (?) [...], wie sich Selkis auf deinem (?) Kopf (oder: wie Selkis es/ihn auf dem Messersee) stützt, ...?...7
Du bist vernichtet (?) auf dem großen Haltepflock.8
Du sollst ausfließen, du Gift! (?)
(Du) nhs-Sethtier, bleib stehen, bleib stehen!9
(Oh du,) dessen Steuerruder sein Schwanz ist, dessen Ruder/Riemen seine Arme sind10, erkennst (?)11 du nicht den Schläger/Vernichter (?) / die Flut (?)12 auf deinem Rücken wegen des großen Verbrechens [das du begangen hast,] [wenn (?) abgeschnitten wurde deine Zunge] auf dem smḥ-Boot des 〈Re.〉13

1 Die nachfolgende Übersetzung ist an vielen Stellen unsicher. Gewisse Phrasen finden sich in Horusstelentext D wieder, aber nicht alle und die Reihenfolge der Sätze ist auf Horusstelen CG 9405, CG 9410, Avignon A.58 und Moskau I.1.a.4467 teilweise eine andere. Es sieht so aus, als ob die Textblöcke in einer falschen Reihenfolge überliefert sind (so Quack, 2018, 36, Anm. 66). Von den Texten auf Horusstele Louvre E 20021 und Papyrus Brooklyn 47.218.47, Rto x+II ist leider zu wenig erhalten (J.-C. Goyon, Le recueil de prophylaxie contre les agressions des animaux venimeux du Musée de Brooklyn. Papyrus Wilbour 47.218.138, Studien zur spätägyptischen Religion 5 (Wiesbaden 2012), § 9–10 schreibt, dass die Reihenfolge der Fragmente unsicher ist), um wirklich hilfreich zu sein, aber auch hier ist die Reihenfolge der Textblöcke möglicherweise eine andere als bei Horusstelen CG 9405 und CG 9410.

2 El-Tonssy 2012, 160 hat: „oh you who are coming /// whose ///“.

3 Die Übersetzung ist nur geraten. Auf Horusstele Louvre E 20021 (Gasse 2004, 43, Abb. 1) steht: „[...] mit einer Botschaft. Nicht hat geschickt [...]“. Vgl. Papyrus Brooklyn 47.218.47, Rto. x+II.6 (J.-C. Goyon, Le recueil de prophylaxie contre les agressions des animaux venimeux du Musée de Brooklyn. Papyrus Wilbour 47.218.138, Studien zur spätägyptischen Religion 5 (Wiesbaden 2012), 17): „[Si le dieu t’envoie comme] messager, ce n’est pas lui qui t’envoie!“

4 Auf Horusstele Louvre E 20021 (Gasse 2004, 43, Abb. 1) steht vielleicht: „[...] hat mich (?) geschickt, um [dich] zurückzutreiben“. Auf anderen Horusstelen steht: „Was den Gott angeht, der dich mit einem Auftrag geschickt hat: Er ist es, der mir befohlen hat, dich zurückzutreiben.“ (Siehe dazu Quack 2018, 37–38 mit Anm. 71–73).

5 Man könnte vielleicht auch lesen: „veranlasse, dass die 77 Götter sehen“. El-Tonssy 2012, 160 hat: „we cause to see 77 gods“ Cassier 2022, 45–46 liefert keine Übersetzung. Die 77 Götter finden sich bislang in keiner anderen Version von Horusstelenspruch D. Siehe Quack 2016, 157–158, Anm. 5; Cassier 2022, 45.

6 Für diese Göttergruppe vgl. Quack 2018, 38 mit Anm. 79; Cassier 2022, 45–46. Auf den übrigen Versionen von Horusstelenspruch D lautet die Reihenfolge Sebeqet, Sebeqy, Tem und Temet.

7 Vgl. Papyrus Brooklyn 47.218.47, Rto x+II.8 (J.-C. Goyon, Le recueil de prophylaxie contre les agressions des animaux venimeux du Musée de Brooklyn. Papyrus Wilbour 47.218.138, Studien zur spätägyptischen Religion 5 (Wiesbaden 2012), 19: „Selkis fait descendre cela sur ta tête“. Cassier 2022, 46 liest: „Selkis tord/enroule (?) cela sur ta tête“.

8 Vgl. Horusstele CG 9410: „〈Du〉 bist vernichtet mit dem großen Haltepflock des Osiris.“ (ähnlich CG 9405 und Avignon A.58). El-Tonssy 2012, 160–161 gibt nur einen Teil der Hieroglyphen wieder. Seine Transkription und Übersetzung sind nicht mit den erkennbaren Hieroglyphen auf seiner Taf. V vereinbar.

9 Vgl. Papyrus Brooklyn 47.218.47, Rto x+II.8 (J.-C. Goyon, Le recueil de prophylaxie contre les agressions des animaux venimeux du Musée de Brooklyn. Papyrus Wilbour 47.218.138, Studien zur spätägyptischen Religion 5 (Wiesbaden 2012), 19): „Wildgesicht, bleib doch stehen, bleib doch stehen!“ Laut C. 
Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band IV. nbth, Orientalia Lovaniensia Analecta 113 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 269 wird das nhs-Sethtier mehrfach in Zusammenhang mit den 77 Göttern von Pharbaitos unschädlich gemacht und die 77 Götter werden in Kol. A.6 genannt.

10 Ähnlich auf den Horusstelen Moskau I.1.a.4467 und Kairo JE 86778. Die anderen Horusstelen haben eine abweichende Formulierung ohne „Steuerruder“: „der mit seinem Schwanz fährt“.

11 Trotz der unterschiedlichen Schreibung könnte dasselbe Verb ꜥm: „erkennen“ vorliegen, wie zuvor zweimal in Kol. 6 und 7. Cassier 2022, 46 liest ꜥm: „verschlucken“.

12 Unklar. Eventuell liegt das Substantiv ḥwy/ḥy: „Flut“ vor. In späteren Textversionen stehen gleichermaßen unklare Begriffe für Feinde/Schlächter oder Schlingen/Fesseln. Cassier 2022, 46 liest: „celui qui est posé sur ton dos“. 

13 
Auf Horusstele Louvre E 20021 (Gasse 2004, 43, Abb. 4) steht: „[...] deine Zunge auf dem smḥ-Boot des Re“. Auf den Horusstelen CG 9410 und 9405 sowie auf Horusstele Avignon A.58 steht: „als deine Zunge auf dem Rumpfbrett (oder: der Reling) dieser Barke abgeschnitten wurde“. Am Ende des Satzes ergänzt Cassier 2022, 46: „des Gottes“.

Rückseite (Textzeile B)

Bildbeischriften1

[linke Hälfte, über 1. stehendem Kind(?)gott mit Menschenkopf und Uräus, der in der hinteren Hand einen Skorpion hält (vordere Hand und Unterkörper zerstört)] Sohn-der-Isis.
[linke Hälfte, über 2. stehender Göttin mit dem Isisthron auf dem Kopf, die einen Bogen in der vorderen Hand hält (hintere Hand zerstört)] Worte zu sprechen von Isis.
[linke Hälfte, über 3. stehendem, falkenköpfigem Gott, mit Waszepter und Lebenszeichen in den Händen] Worte zu sprechen von Harsiese.
[rechte Hälfte, über 3. stehendem Gott, der zwei Schlangen gekreuzt vor der Brust hält] [Heka?]2
[zwischen den beiden Göttergruppen, unter der Ringellocke des Beskopfes] Schutz ist hinter Schutz. Es kommt der Schutz! Drei Mal (zu wiederholen).

Das Bildregister im oberen Bereich der Rückseite zeigt antithetisch angeordnete Götterfiguren zu beiden Seiten der Mittelachse, nach außen hin orientiert. Auf der rechten Seite (Objektperspektive) sind die ersten beiden Götter vollständig zerstört.

2 Die Spuren passen vielleicht zum Epitheton „Herr der Magie“ oder zum Gott Heka, der mit zwei gekreuzt vor der Brust gehaltenen Schlangen dargestellt werden kann (z.B. Heilstatue Florenz 8708: L. Kákosy, Egyptian Healing Statues in Three Museums in Italy (Turin, Florence, Naples), Catalogo del Museo Egizio di Torino. Serie prima. Monumenti e testi 9 (Torino 1999), 58).

Horusstelenspruch A (B.1–B.15)

[B.1] [Sei gegrüßt, du Gott, Sohn eines Gottes. Sei gegr]üßt, du Erbe, Sohn eines Erben. Sei [gegrüßt, du Stier, Sohn eines Stieres, den] die göttliche [Kuh] geboren hat. Sei gegrüßt, du Horus, Sohn des Osiris,1 den Isis, die Göttliche/Göttin, geboren hat.
[Rezitiere (?) für mich] mit/aus deiner Magie! (oder: [Ich habe] mit deiner Magie [rezitiert (?)].) Besprich für mich mit deinen Zaubersprüchen! (oder: Ich habe mit deinen Zaubersprüchen besprochen.) Beschwöre für mich mit den Beschwörungen, die dein [Herz] erschaffen hat. (oder: Ich habe mit den Beschwörungen, die dein [Herz] erschaffen hat, beschworen.)
[Das sind die Formeln], die in meinem (!) Mund sind2, die dein (Groß)vater Geb dir anvertraut hat, die deine Mutter Isis dir gegeben hat, [B.5] die dein Bruder, der Vorsteher von Letopolis, dich gelehrt hat, die hervorgekommen sind3, um deinen zꜣ-Schutz zu bereiten, um deine mkw.t-Protektion/Sicherheit zu wiederholen, um 〈das Maul〉 zu verschließen von jedem Löwen in der Steppe/Wüste, (von) jedem Krokodil im Fluß, (von) jedem giftigen Gewürm, das in der Luft (wörtl.: im Himmel) ist, das auf dem Land ist, das im Wasser ist, um die Menschen wiederzubeleben, um die Götter zufriedenzustellen, um Re mit 〈deinen〉 Gebeten4 zu verklären.
Komme zu mir, schnell, schnell, heute, so wie als du Steuermann im Gottesschiff warst.
Mögest du für mich jeden Löwen in der Wüste/Steppe, jedes Krokodil im Fluss, jedes beißende (Schlangen)Maul in seiner Höhle abwehren. Mögest [B.10] du sie 〈mir〉 machen wie Kieselsteine im Gebirge, wie eine Topfscherbe auf/entlang der Straße.
Beschwöre/entferne mir das/dieses Gift (hier)!
Hüte dich, dass er deine Worte wegen mir lächerlich macht!5
Sie[he,] ich [rufe] mit dir (d.h. mit deinem Namen) heute! (oder: Sie[he], mein [Name] ist bei (?) dir heute.)6
Lass für 〈dich〉 〈dein〉 Ansehen (?) [mittels deiner Magie] entstehen [, erhöht (?) mit deinen Zaubersprüch]en, um jeden [Menschen], der eine beengte [Kehle] hat (d.h. der erstickt), wiederzubeleben.
Möge [dir] ⸢Lobpreis⸣ [gegeben] werden durch die [Untertanen. Möge Maat in] deiner Gestalt (oder: deinem Wesen) [gepriesen werden,]7 möge Gott in ähnlicher Weise wie [B.15] [du] angerufen werden. (oder: Möge ein Gott [deiner] Art angerufen werden.) 
[Siehe,] dein [Name wird] heute [gerufen]! (oder: [Siehe, man ruft mit] dir (oder: als du) heute):8 „Ich bin Horus, der Beschwörer.“

1 Laut W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 128 ist die übliche Formulierung: „Horus, der aus Osiris hervorgekommen ist“. Er listet diese Variante nicht auf.

2 Die genaue Ergänzung ist unsicher. In den von Gutekunst gesammelten Versionen findet sich: „Das sind die Formeln], die aus deinem Mund hervorgekommen sind“ und: „das sind die Zaubersprüche, die in deinem Mund sind“ (W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 129). Auf Horusstele Brooklyn 60.73 (3. Jh. v. Chr.) (H. Jacquet-Gordon, Two Stelae of Horus-on-the-Crocodiles, in: The Brooklyn Museum Annual 7, 1965–1966, 53–64, hier: 61) steht: „das sind deine Formeln, die in meinem Mund sind“. Auf Horusstele Kairo CG 9405 (22.–26. Dyn.) steht: „das sind die kunstfertigen Sprüche, [...]“.

3 „die hervorgekommen sind“ fehlt in den gängigen Formulierungen (s. W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 130, Phrase 5.1).

4 Statt mit snmḥ: „Gebete“ ist die übliche Formulierung mit sns.w: „Lobpreis, Verehrung“ (s. W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 132, Phrase 5.6.b). Gutekunst listet nur die Phrase „mit Gebeten“, in der ramessidischen Version von Spruch A auf pWien Inv. 3925 Rto findet sich jedoch wie hier vorgeschlagen: „mit deinen Gebeten“.

5 Unklar ist, wer mit: „er“ gemeint ist. Normalerweise findet sich hier ein Passiv: „Hüte dich, dass deine Worte deswegen (oder: wegen ihm, d.h. das Gift) lächerlich gemacht (oder: weggelacht) werden.“ S. W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 136.

6 Ergänzung unsicher. Laut W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 136–137 sind die üblichen Formulierungen der Langfassung: „siehe, dein Name ist heute in mir“, „siehe, dein Name wird heute gerufen“ u.ä. Eine ähnliche Formulierung zu derjenigen auf der Stele Atfih+Louvre steht weiter unten auf der Heilstatue Socle Béhague + Wien ÄS 40.

7 Für die Rekonstruktion des Satzes siehe W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 138 (Phrase 7.2).

8 Für die Rekonstruktion des Satzes siehe W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 138–139 (Phrase 7.4).

Spruch X1 (B.16–B.22)

(Du) Erbe (?), mit dem [Isis] schwanger war, mit dem Nephthys begattet wurde, mögen sie (= Isis und Nephthys) deinen fiebrigen/erhitzten Zustand (oder: Gluthauch) vertreiben, mögen sie deine innere Unruhe (oder Aufruhr) beseitigen (wörtl.: abschneiden).2
Ma3 ist [gegen] dich! Die mꜣt-Pflanze/Frucht (?) ist gegen dich! Zweimal (zu sagen). Die mꜣt.t-Pflanze4 ist gegen dich! Zweimal (zu sagen). Die ꜥm-Pflanze5 ist gegen dich! Zweimal (zu sagen), (oh) Feind, Jene/Feindin, Untoter/Wiedergänger, Untote/Wiedergängerin, Gegner, Gegnerin!
Zurück mit dir, du rw-Löwe mit weißem/aufblitzendem Maul6, der die Köpfe zertritt/zerquetscht! Weiche zurück von mir!
Ich bin der mꜣj-Löwengott. Verschlossen wurde (oder: Ich bin der Löwe, der verschließt)7 das Maul eines jeden Kriechtieres, einer jeden (männlichen) Schlange, einer jeden (weiblichen) Schlange8, eines jeden Skorpions – sie können nicht beißen.
Ich bin [B.20] Ptah. Sie können nicht gegen mich vordringen.
Ich bin Horus. Sie können mir nicht zu nahe kommen.
Ich bin Chnum. Sie können nicht gegen mich vorgehen.
Ich bin Amun. Sie können keinen Blick auf mich werfen (oder: mich nicht erspähen).
Ich bin Thoth. Sie können nicht auf mich (herab?)schauen.

1 Der Text enthält zunächst Sätze aus dem Spruch „Alle Länder ... sind unter den Füßen des Horus“, aber ab dem Ende von B.19 weicht der Text von diesem Spruch ab.

2 Dieser Satz schließt im Spruch „Alle Länder, alle Fremdländer, alle Gebirge, alle Gewässer sind unter den Füßen des Harsiese/Harsausir“ unmittelbar an „Horus-Sohn-des-Osiris“ oder „Horus-Sohn-der-Isis“ an. In unserem Text setzt es „Ich bin Horus, der Beschwörer.“ von Spruch A fort.

3 
Die Identifikation von mꜣ ist ohne Determinativ nicht zu klären (vgl. J. Berlandini, Un monument magique du „Quatrième prophète d’Amon“ Nakhtefmout, in: Y. Koenig (Hrsg.), La magie en Égypte: à la recherche d’une définition. Actes du colloque organisé par le musée du Louvre les 29 et 30 septembre 2000 (Paris 2002), 83–148, hier: 96, Anm. (d); Cassier 2022, 42, Anm. (b)).

4 Bislang nur in der Textparallele CG 9430 erhalten. Für diese Pflanze siehe H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 214–217; J. Berlandini, Un monument magique du „Quatrième prophète d’Amon“ Nakhtefmout, in: Y. Koenig (Hrsg.), La magie en Égypte: à la recherche d’une définition. Actes du colloque organisé par le musée du Louvre les 29 et 30 septembre 2000 (Paris 2002), 83–148, hier: 96, Anm. (d) und 124, Anm. 85–88 für weitere Literatur; P. P. Koemoth, La plante mꜣtt, le feu et la puissance virile, in: Bulletin de la Société d’Égyptologie de Genève 17, 1993, 5762.

5 Auf CG 9403 steht ꜥm.t, auf CG 9430 mꜥ.w. Es gibt viele ähnlich geschriebene Pflanzenbezeichnungen (ꜥꜣmw, ꜥꜣmw.t/ꜥꜥmy.t, ꜥꜥm, ꜥmꜣ, ꜥmꜥꜥ, ꜥmw und mꜥ), so dass unklar ist, wie viele unterschiedliche Bezeichnungen wirklich existieren und welche davon hier gemeint ist.

6 Bislang nur auf den Horusstelen Kairo CG 9403 und CG 9430 belegt oder erhalten. Laut Sternberg-el Hotabi 1999, 50, Anm. (i) ist der Sonnengott gemeint. Sie übersetzt: „zurück, denn der Löwe erhellt und erstrahlt!“ (gemäß CG 9403). Könnte hier der von Gift befallene Sonnengott gemeint sein, der dem Patienten gefährlich wird? Auf CG 9430 könnte auch: „Löwe mit grimmigem Mund“ stehen (so in C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band V. , Orientalia Lovaniensia Analecta 114 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 478c–479a). Für eine ähnliche Formulierung vgl. auch Totenbuchspruch 17 (G. Lapp, Totenbuch Spruch 17, Totenbuchtexte 1 (Basel 2006), S. 322–333). Cassier 2022, 42 übersetzt: „à la tête aplatie“. 

7 El-Tonssy 2012, 164 und Cassier 2022, 43 übersetzen: „I am the Lion who seals the mouth ...“ bzw. „Je suis un lion qui scelle la bouche ...“

8 Man könnte auch: „jede fj-Viper und jede ḥfꜣ.w-Schlange“ lesen.

Stiftungsvermerk (B.21–B.22)

(Diese Horusstele ist das,) was gemacht hat der Königssohn des Ramses, der Anführer, der Prophet der Hathor, der Herrin von Atfih, der Große der Toher-Soldaten von der Festung dessen, der Ägypten schützt, Paschedbastet, der Gerechtfertigte; seine Mutter ist Imut, die Gerechtfertigte.1

Dieser Satz in Umschrift und Übersetzung bei Quack 2016, 159–160. Allgemein zu den Stiftungsvermerken: S. Grallert, Bauen - Stiften - Weihen. Ägyptische Bau- und Restaurierungsschriften von den Anfängen bis zur 30. Dynastie, 2 Bände, Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo 18,  (Berlin 2001), 79–92.
Cassier 2022, 43 übersetzt mit einem Partizip Passiv: „Cela a été fait pour le fils royal ...“. 
„Der Ägypten stützt“ muss ein Königsepitheton sein, siehe Quack 2016, 159 mit Anm. 13.
Für den Namen der Mutter siehe H. Ranke, Die ägyptischen Personennamen. Band I. Verzeichnis der Namen (Glückstadt 1935), 5.12.

Schmalseiten (Textzeilen C–D)

Titulatur (C.1)

[links, C.1] Bei (?) [...] der Majestät (?) des Königs von Ober- und Unterägypten, des Herrn der Beiden Länder 𓍹Sechem-cheper-Re-auserwählt-von-Re𓍺, des Sohnes des Re, des Herrn der Kronen 𓍹Osorkon-geliebt-von-Amun𓍺, beschenkt mit Leben.
(Diese Statue ist das), was er ⸢als⸣ sein ⸢Denkmal⸣ für seinen ehrwürdigen Vater Harsiese, den Beschwörer, der Leben gibt, gemacht hat.

Stiftungsformel (D.1)

[rechts, D.1] (...) bei der Majestät (?) des Königs von Ober- und Unterägypten, des Herrn der Beiden Länder 𓍹Sechem-cheper-Re-auserwählt-von-Re𓍺, des Sohnes des Re, des Herrn der Kronen 𓍹Osorkon-geliebt-von-Amun𓍺, beschenkt mit Leben.
(Diese Statue ist das,) was er als sein Denkmal gemacht hat für seinen ehrwürdigen Vater Harsiese, den [Beschwörer, der] alles [Leben], Stabilität, Macht und alle Freude wie Re [gibt].

Sockelseitenkanten und -vorderseite (Textzeile E)

Schutzspruch für den Stifter (E.1–E.3)1

[links, E.1] Komme mir nicht zu nahe!2 Der, der aus {seiner} 〈der〉 Ferne gekommen ist3, 〈er〉 hat Macht über ihn (statt: dich?). Komme heraus bei seinem (?) Anblick!4
Siehe5, es ist so, dass Re angekommen ist.
[vorne] Euer Gesicht wurde blockiert. 〈Euer〉 〈Gemet〉zel (?) wurde bewirkt. (?)6
Mein Schutz aus Leben-Wohlsein-Gesundheit wurde bewirkt; [rechts] (...) für den Ka des Königssohnes des Herrn der Beiden Länder, des (Truppen)-Anführers, des Propheten der Hathor, der Herrin von Atfih, des Großen der Toher-Soldaten – Paschedbastet, des Gerechtfertigten – von der Festung von Dem, der Ägypten schützt.7

1 Der Text scheint fehlerhaft zu sein, denn ohne Emendierungen lässt er sich nicht übersetzen. Er kombiniert außerdem Sätze in der 1. Person Singular („ich“) mit solchen in der 3. Person Singular („er“) und der 2. Person Plural („ihr“).

2 
Es ist unklar, wie der Anfang des Satzes lautet. Man hat nicht den Eindruck, dass dieser Satz eine Fortsetzung der Stiftungsformel auf der Rückseite oder des Horusstelenspruches D auf der Vorderseite ist. Der Text scheint fehlerhaft zu sein. Mögliche Interpretationen sind:
„Komme mir nicht zu nahe!“
„Komme und nähere dich mir!“ (so ein Hinweis von Quack an Dils, Email vom 27.11.2023)
„Mögest du gehen zu dem, der gegen mich hervorkommt.“

3 
Zwei Belege für den Gott, der aus der Ferne gekommen ist und den Betenden helfen möge, sind ein Graffito in TT 139, Z. 22 (Ende 18. Dyn. oder später) und Stele Berlin 20377, Z. 6 (19. Dyn.): siehe M. M. Luiselli, Die Suche nach Gottesnähe: Untersuchungen zur persönliche Frommigkeit in Ägypten von der Ersten Zwischenzeit bis zum Ende des Neuen Reiches, Ägypten und altes Testament 73 (Wiesbaden 2011), 341, 343, 379380; C. Ragazzoli, Présence divine et obscurité de la tombe au Nouvel Empire. À propos des graffiti des tombes TT 139 et TT 112 à Thèbes (avec édition et commentaire), in: Le Bulletin de l’Institut français d’archéologie orientale 117, 2018, 357407, hier: 371 (Nr. 22).

4 In Graffito TT 139 (siehe den vorherigen Kommentar) hofft der Betende, den von fern gekommenen Gott zu erblicken. Darf der gefährliche Dämon ihn nicht anblicken? Oder muss er bei seinem Anblick aus dem Körper des Patienten herauskommen?

5 Entweder liegt das Substantiv mkw.t: „Schutz“  oder die Partikel m≡k: „Siehe“ in einer neuägyptischen Orthographie (letzteres nach einem Vorschlag von Quack an Dils, Email vom 27.11.2023) vor.

6 Beide Sätze würden zu Formulierungen aus den Sprüchen B und C passen.

7 Diese Zeile auf der rechten Seite in Umschrift und Übersetzung bei Quack 2016, 160; in Übersetzung ebenfalls bei Cassier 2022, 47.
Für den (Truppen)-Anführer siehe K. Jansen-Winkeln, ḥꜣwtj „Anführer“ als allgemeine Bezeichnung und als Titel, in: Studien zur altägyptischen Kultur 45, 2016, 169185.
Für Toher siehe D. Kessler, Eine Landschenkung Ramses’ III. zugunsten eines „Großem der thrw“ aus Mr-mšꜥ.f, in: Studien zur altägyptischen Kultur 2, 1975, 103134, hier: 117118; Cassier 2022, 48.
Für weitere Festungsnamen siehe K. Jansen-Winkeln, Die Libyer in Herakleopolis magna, in: Orientalia, 75, 2006, 297316, hier: 308309; T. L. Sagrillo, The geographic origins of the ‘Bubastite’ Dynasty and possible locations for the royal residence and burial place of Shoshenq I, in: Egyptologische Uitgaven 23, 2009, 341359, hier: 344346.