Papyrus Chester Beatty IX

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
Papyrus London BM EA 10689; TM 57068
Aufbewahrungsort
Europa » Großbritannien » (Städte K-N) » London » British Museum

Inventarnummer: BM EA 10689

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Der Papyrus Chester Beatty IX gehörte zuerst zur Papyrussammlung des amerikanischen Großindustriellen Alfred Chester Beatty (1875–1968), der die Papyri II–XIX im Jahre 1930 dem British Museum in London schenkte (Hall 1930, 46–47), während er den Papyrus Chester Beatty I in der Chester Beatty Library in Dublin unterbrachte.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Die genauen Erwerbsumstände sowie der originale Fundzusammenhang des Papyrus sind ungewiss. G. Posener gibt an, dass die 19 Chester-Beatty-Papyri mit dem Fund von 17 (?) Papyri aus Deir el-Medineh zu vergesellschaften sind, die im Jahre 1928 von B. Bruyère in einem schmalen, trapezförmigen Bereich mit gestampftem Boden zwischen dem Gewölbe einer Grabkapelle und dem Fundament einer Grabpyramide in Deir el-Medineh entdeckt wurden: "Il est permis de dire à présent que la découverte dépassa en importance les papyrus recueillis par le fouilleur le 20 février 1928. (...) On saura plus tard que les papyrus Chester Beatty proviennent de la même trouvaille." (Černý – Posener 1978, VIII; Plan des Fundorts: Bruyère 1929, Plan I: unten rechts, zwischen den Schächten P.1165 und P.1169). Darüber hinaus verweist er auf den Eintrag in B. Bruyères Grabungstagebuch vom 21. Februar 1928, in dem es heißt, dass ihm zu Ohren gekommen sei, dass er von drei Arbeitern bestohlen wurde. Der Papyrus Chester Beatty IX ging demnach möglicherweise als Diebesgut in den Antikenhandel, wo er von A. Chester Beatty erworben wurde (Černý – Posener 1978, VIII). Zu dem Papyrusfund scheinen, abgesehen von den 19 Chester-Beatty-Papyri und den 17 von J. Černý gemeinsam veröffentlichten Deir-el-Medineh-Papyri (für die wenigsten der 17 Papyri liegen genaue Fundbeschreibungen vor), auch zwei Naunachte-Papyri in Kairo zu gehören, eventuell noch zwei Naunachte-Papyri in Oxford sowie ein Genfer Papyrus (P. Geneva MAH 15274), also insgesamt mindestens 40 Papyri (Pestman 1982, 155–172). Falls dies stimmt, wurden also alle Papyri im oberirdischen Bereich einer Grabanlage gefunden, deren Besitzer bei der Grabung nicht bestimmt werden konnte(n). P. W. Pestman ermittelte die aufeinanderfolgenden Eigentümer der Papyri als Ken-her-chepesch-ef den Älteren, seine Frau Naunachte und ihre Söhne aus zweiter Ehe, Amun-nacht und Pa-maa-nacht-ef. Möglicherweise ist Papyrus Chester Beatty IX irgendwann nass geworden, entrollt und nach der Trocknung wieder aufgerollt worden (Gardiner 1935 I, 78). Y. Koenig verweist auf den Brief Papyrus BM EA 10326 (= LRL, Nr. 9), in dem nassgeregnete Papyri inspiziert und später in einem Grab mit oberirdischen Räumen deponiert wurden, und er erkennt Analogien zwischen den dort geschilderten Vorgängen und dem Fundzusammenhang des Fundes von B. Bruyère von 1928 (Koenig 1981, 41–43).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Die datierten Texte des Archivs, zu dem Papyrus Chester Beatty IX gehört, bzw. die identifizierten Eigentümer des Archivs, stammen aus dem Datierungszeitraum von der frühen Regierungszeit Ramses' II. bis hin zu Ramses IX. (Pestman 1982, 158). Dies umfasst eine Zeitspanne von ca. 170 Jahren (ca. 1279–1109 v.Chr.). Der jüngste König, der im Opferritual auf dem Recto von Papyrus Chester Beatty IX gemeinsam mit fast allen früheren Königen der 19. und 18. Dynastie eine Opfergabe bekommt, ist Ramses II. Aus paläographischen Gründen wird die Niederschrift des Recto-Textes vermutlich auch ungefähr in diese Zeit zu datieren sein. Das Verso ist paläographisch nicht sehr vom Recto verschieden und daher vermutlich relativ zeitnah beschrieben worden, sodass der Papyrus insgesamt vermutlich ungefähr in die Zeit Ramses' II. (1279–1213 v.Chr.) zu datieren ist (Gardiner 1935 I, 78–79).

Textsorte
Sammelhandschrift, Rezitation(en) » Ritual/Liturgie
Inhalt

Das komplette Recto sowie die ersten drei Seiten des Versos (entspricht Kol. x+14-17 des Rectos) sind mit einem Opferritual in zahlreichen Phasen sowie, anschließend, einigen Festritualen beschrieben (Text A; insgesamt sind 36 von ehemals vielleicht 68 Phasen erhalten). Der Text ist als Amenhotep-I-Ritual bekannt, weil der ursprüngliche Ritualist König Amenhotep I. war, der bei einer nachträglichen Redaktion durch Ramses II. ersetzt wurde. Der Empfänger des Opferrrituals ist Amun-Re von Karnak bzw. Amun von Opet.

Ab dem gegenüberliegenden Ende des Versos wurden zu einem späteren Zeitpunkt mindestens drei weitere Texte kopiert, eventuell auch mehr, denn es könnten bis zu 2,70 m Text fehlen. Vom ersten Text (Text B, auf der Rückseite von Kol. x+1 des Rectos) sind nur Reste der letzten fünf Zeilen erhalten. Es ist ein aufgrund der starken Zerstörung nicht genauer zu definierender magischer Text. Ein Patient ist von einem männlichen Dämon befallen, der sich in seinem Körper befindet und ausfließen soll. Der Sonnengott Re persönlich scheint zu intervenieren (oder ein Spruch, den er selbst gesagt hat, wird verwendet), der Patient ist vielleicht Amun von Opet. Daraus würde sich ein Zusammenhang mit dem Opferritual auf der Vorderseite ergeben, bei dem Amun von Opet der Begünstigte ist (Quack 2012, 108). In den Behandlungsanweisungen am Ende des Textes werden Weihrauch und das Räuchern mit Olivenholz genannt.

Unmittelbar darunter schließt ein Text an (Text C), der dank einer Parallele im Papyrus Chester Beatty VIII wohl als „Buch vom Tag der Monatswache“ identifiziert werden kann (für den Tag der Monatswache als den letzten Tag des Mondmonats siehe Quack 2012, 108). Der Text besteht nur aus einer langen Liste von Anrufungen an Gottheiten (eine Litanei), denen jeweils unterschiedliche Epitheta beigeschrieben sind, angeordnet in 11 Kolumnen, eine Zeile pro Anrufung. Die Liste endet in der elften Kolumne nach drei Zeilen. In dem darunter befindlichen leeren Raum erscheint nur die Phrase „König von Ober- und Unterägypten“. Gardiner vermutet, dass hier vielleicht ein Schreiber seine Binse getestet haben könnte, also kein Zusammenhang mit dem Rest des Textes vorliegt.

Links von einer die ganze Höhe des Papyrus einnehmenden senkrechten Linie fängt ein dritter Text (Text D) in sieben Kolumnen an, in dem Götter angerufen werden, um einen anonymen Mann/Gott rituell zu reinigen von allem Bösen, das ihm angetan werden kann oder das er selbst begangen hat, und um ihn zu schützen. Zwei solche Anrufungen umrahmen 40 Doppelverse, in denen immer wieder andere Götter, teilweise schon in Text C genannt, litaneiartig zur Reinigung und zum Schutz aufgefordert werden. Eine Handlungsanweisung, wie dieser Text eingesetzt werden soll, schließt den Text ab. Quack (2012, 107–113) erkennt in den Texten B–D eine Folge von Reinigungssprüchen und er vermutet, dass sie zu einem Reinigungs- und Schutzritual gehören, das eventuell zum Jahreswechsel oder zum Monatswechsel durchgeführt wurde (Quack, 2006, 149). Zwei oder drei sehr fragmentiert erhaltenen Textparallele finden sich auf Papyrus Turin CGT 54056 und 54057, was dafür spricht, dass die Texte B–D tatsächlich eine Einheit bilden könnten.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Das Papyruskonvolut, zu welchem auch der Papyrus Chester Beatty IX zählt, gehörte zum Familienbesitz einer thebanischen Familie. Das Papyrusarchiv hat dabei mindestens 40 Papyri umfasst, die heute in verschiedenen europäischen Sammlungen untergebracht sind (Pestman 1982, 155). Während der ursprüngliche Besitzer unidentifiziert bleibt, ist bekannt, dass das Papyrus-Archiv zu einem bislang unbekannten Zeitpunkt an den Schreiber Ken-her-chepesch-ef übergegangen ist. Durch seine Frau Naunachte wurde das Korpus schließlich an die Kinder aus zweiter Ehe weitervererbt. Zunächst ging der Papyrus in den Besitz des Amen-nachte und dann über weitere unbekannte Hände, bis er schließlich zusammen mit den anderen Stücken im oberirdischen Bereich einer Grabanlage deponiert wurde (Pestman 1982, 160–172; siehe auch Koenig 1981, 41–43).

Das Papyrusarchiv besteht thematisch aus folgenden Textsorten: private Urkunden und Verwaltungstexte (u.a. Briefe, Memoranda), (Schul-)Übungen für die Schreiberausbildung, semi-literarische Texte (medizinische, magisch-medizinische, mantische) und "rein" literarische Texte. P. W. Pestman nennt die semi-literarischen Texte, zu denen Papyrus Chester Beatty IX gehört, "something like practical handbooks for daily use" (Pestman 1982, 165).

Tacke (2013, 4–5) nimmt an, dass die Handschrift ursprünglich aus der Tempelbibliothek von Karnak stammt und dass nicht nur das Opferritual, sondern auch das Reinigungs- und Schutzritual in diesem Bibliothekskontext zu verorten sind. Er nennt es eine Handschrift für den Bibliotheksgebrauch, d.h. nicht für die praktische Anwendung im Kult.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Der Papyrus hat heute eine Länge von fast 4 m (mit Einzelblättern von je ca. 30 cm) und eine Höhe von 18,5 cm. Am Anfang fehlt ein längeres Stück, das schon in der Antike abgerissen wurde, am Ende vielleicht nur eine Textkolumne. Das fehlende Stück am Anfang könnte die ersten 30 Phasen des Opferrituals enthalten haben und, durch Vergleich mit einer Parallelhandschrift, auf vielleicht 9 Kolumnen geschätzt werden, d.h. ca. 2,70 m lang gewesen sein.

Der Schreiber des Rectos hat seinen Text auf der Rückseite gegenüber dem Ende der Vorderseite zu Ende geschrieben (oberer Rand Vorderseite = oberer Rand Rückseite). Ein anderer Schreiber hat, am gegenüberliegenden Ende des Versos (= Beginn des Rectos) angefangen, später drei weitere Texte geschrieben (oberer Rand Vorderseite = unterer Rand Rückseite). Als er aufhörte waren noch 92 cm bis zum anderen Textende leer (= Kolumnen 10–13 des Rectos). Innerhalb der neuen Texte wurde ein senkrechter Strich zwischen der elften und zwölften Kolumne zur Trennung zweier thematischer Bereiche angebracht.

Beim Erwerb durch das British Museum war der Papyrus in drei separate Rollen geteilt, was, nach der Art des Zusammenrollens zu urteilen, wohl schon vor der ursprünglichen Deponierung geschehen ist. Die erste Rolle enthielt die Kolumnen x+1 bis 4 (aufgerollt mit Kol. 1 innen), die zweite x+5 bis 7 (aufgerollt mit Kol. 7 innen) und die dritte x+8 bis 16 des Rectos (aufgerollt mit Kol. 8 innen). Dazu gesellten sich einige Fragmente, die die Kolumnen x+4, 5 und 16 komplementierten und eine 17. ersichtlich machten. Der Grund für die Separation der ersten Rolle vom Rest ist nicht ganz klar, zwischen Kolumne 7 (Rolle 2) und 8 (Rolle 3) war der Papyrus jedoch gebrochen, sodass deshalb die zweite und dritte Rolle getrennt wurden. Zudem findet sich eine Reparatur am Übergang von zwei Blättern zu Beginn der 12. Rectokolumne in Form eines dünnen Streifens, der auf dem Verso angeklebt wurde. Heute wird der Papyrus aufgeteilt über 8 Glasframes (Kol. x+1–3, 4, 5–7, 8–9, 10–11, 12, 13, 14–17) aufbewahrt.

Ursprünglich befanden sich ca. in den oberen beiden Dritteln des gesamten Versos Spuren von Dreck (während der Konservierung durch Hugo Ibscher entfernt), die vielleicht, nachdem der Papyrus nass geworden wäre, beim Trocknen auf einem dreckigen Untergrund entstanden sein könnten (Gardiner 1935 I, 78–79; vgl. Koenig 1981, 42 für einen anderen Papyrus, der nass geworden ist).

Schrift
Hieratisch

Es wurde schwarze und rote Tinte verwendet. Die rote Tinte zeigt meistens den Anfang eines neuen Abschnitts, manchmal auch einer Handlungsanweisung an. Dabei ist an zwei Stellen des Rectos zu beobachten, dass der Schreiber zunächst eine Priesterbezeichnung in einer Titelüberschrift rot schrieb und diese später durch schwarze Tinte ersetzte bzw. korrigierte. Auf dem Recto (und den ersten drei Kolumnen des Versos) wurde nach Möglichkeit vermieden über die Blattklebungen zu schreiben und stattdessen die Kolumnenbreite an die Blattbreite angepasst. Die dortige Handschrift ist nach Gardiner „excellent“ und verleihe dem Papyrus eine „most imposing appearance“. Die zweite Hand, die den größten Teil des Versos beschrieb, hat einen etwas dünneren, länglicheren und schwungvolleren Duktus, steht allerdings ebenfalls in ramessidischer Tradition (Gardiner 1935 I, 78). Die litaneiartigen Passagen und die Opfergabenlisten sind sowohl auf der Vorderseite als auch auf der Rückseite tabellarisch angeordnet, ausgenommen die Reinigungs- und Schutzlitanei auf der Rückseite (Text D).

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch, Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch » spätes Mittelägyptisch mit neuägyptischen Einflüssen

Das Opferritual (Text A) ist mittelägyptisch, aber nachweislich mit Passagen, die auf die Pyramidentexte zurückgehen. Der dritte Text auf dem Verso (Text D) weist Spuren von spätmittelägyptischem oder frühneuägyptischem Einfluss auf (Artikel pꜣ, Negation bn, Vorläufer des Konjunktivs mit ḥnꜥ + Infinitiv, m als Graphie von jn) und wird erst in der 18. Dynastie verfasst worden sein.

Bearbeitungsgeschichte

Im Rahmen seiner Untersuchung zu den hieratischen Papyri des British Museum legte A. H. Gardiner im Jahre 1935 eine Erstbearbeitung des Textes vor, nachdem er sich schon vor der Schenkung ans British Museum mit den Chester-Beatty-Papyri beschäftigt hatte. (Gardiner 1935; minimale Korrekturen von Blackman 1936). Er gibt eine hieroglyphische Umschrift aus dem Hieratischen, einen Überblick über den Inhalt und eine Übersetzung. Eine Neubearbeitung des Opferrituals (Text A) liefert N. Tacke (2013) mit synoptischer Textedition, Übersetzung und ausführlichem Kommentar. Der wichtigste Paralleltext ist ein Papyrus, von dem sich die obere Hälfte in Kairo (Golénischeff 1927) und die untere Hälfte in Turin (Bacchi 1942) befindet. Quack (2006 und 2012) bietet eine Interpretation für die magischen Texte auf der Rückseite und erkennt einen Zusammenhang mit dem Text des Opferrituals.

Editionen

- Gardiner 1935 I: A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series: Chester Beatty Gift. I. Text (London 1935), 78–113.

- Gardiner 1935 II: A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series: Chester Beatty Gift. II. Plates (London 1935), Tf. 50–61.

- Tacke 2013: N. Tacke, Das Opferritual des ägyptischen Neuen Reiches. Band I: Texte. Band II: Übersetzung und Kommentar (Orientalia Lovaniensia Analecta 222), Leuven/Paris/Walpole 2013

Literatur zu den Metadaten

- Blackman 1936: A.M. Blackman, Review of: A.H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series: Chester Beatty Gift (London 1935), in: JEA 22, 1936, 103–106.

- Bruyère 1929: B. Bruyère, Rapport sur les fouilles de Deir el-Médineh (1928), Fouilles de l'Institut Franҫais d'Archéologie Orientale du Caire 6,2 (Le Caire 1929), Plan I.

- Černý – Posener 1978: J. Černý – G. Posener, Papyrus hiératiques de Deir el-Médineh. I. Nos I–XVII, Documents de Fouilles de l'Institut Franҫais d'Archéologie Orientale du Caire 8 (Le Caire 1978), VIII.

- Hall 1930: H. R. H. Hall, The Chester-Beatty Egyptian Papyri, in: British Museum Quarterly 5,2, 1930, 46–47.

- Koenig 1981: Y. Koenig, Notes sur la découverte des papyrus Chester Beatty, in: Bulletin de l'Institut Franҫais d'Archéologie Orientale 81, 1981, 41–43.

- Pestman 1982: P. W. Pestman, Who Were the Owners, in the "Community of Workmen", of the Chester Beatty Papyri, in: R. J. Demarée – J. J. Janssen (Hrsg.), Gleanings from Deir el-Medîna, Egyptologische Uitgaven 1 (Leiden 1982), 155–172.

- Quack 2006: J.F. Quack, Fragmente des Mundöffnungsrituals aus Tebtynis, in: K. Ryholt (Hg.), The Carlsberg Papyri 7: Hieratic Texts from the Collection, CNI Publications 30, Copenhagen 2006, 69–150 (hier: 149–150).

- Quack 2012: J.F. Quack, Reinigen durch Anschwärzen? Zum Motiv des Antagonistischen in ägyptischen Reinigungsritualen, in: Petra Rösch & Udo Simon (Hgg.), How Purity is Made, Wiesbaden 2012, 105–121.

Autoren
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Papyrus BM EA 10689 ("Papyrus Chester Beatty IX")

Opferritual (sog. Ritual für Amenhotep I.) (Rto 1-17 und Vso 1-3)

Am Anfang ca. 9 Kolumnen verloren.1

1 9 Kolumnen verloren: Die ersten erhaltenen Textfetzen setzen in Phase 31 des Opferrituals ein, nach der Zählung von Tacke. Vergleicht man die Textmenge in der Handschrift pKairo+Turin mit der in pChester Beatty IX, dann könnten in pChester Beatty IX vielleicht neun Textkolumnen fehlen. Laut Gardiner, Chester Beatty Gift, 78 wurde der Anfang des Papyrus schon in der Antike vom Rest der Rolle abgetrennt. In Anbetracht der Tatsache, dass der Schreiber für die Bestimmung der Kolumnenbreite versucht hat, die Klebungen zu berücksichtigen, könnten also 9 Seiten zu je 30 cm fehlen.

Phase 31. Ausrufen des Opfers (Rto x+1,1-6 )

[Rto x+1,1][... ... ..., Thoth opfert] es für Amun-von-Opet,1 für [... ... ...]. [Komme zu] diesem [Gottesopfer (?)], bestehend aus diesem deinem warmen Brot (wörtl.: als etwas Warmes), (und) zu [diesem deinem warmen Bier ... ... ...]. [Ich kenne den, der im Himmel ist (oder: das, was im Himmel ist);] [ich kenne] den, der auf Erden ist (oder: das, was auf Erden ist). Ich kenne [das, was in Horus ist;] [ich kenne das, was in Seth ist.] [... ... ...] ⸢Ich⸣ bin Thoth, der die Götter zufriedenstellt, [der die Opfergaben an die entsprechende Stelle hinstellt.] [... ... ...] [Rto x+1,5][Ein königliches Opfer ... für Amun-Re], den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, für Amun-Re, [Kamutef, der auf seinem großen Thron ist.] [Komme zu diesem deinem Brot!]

1 Für diese aus Bitte 82 der Opferformel übernommenen und entstellten Sätze, siehe Tacke, Opferritual. Übersetzung und Kommentar, 80-82, Anm. (h). Dieselbe Phrase steht erneut in Rto x+1.11-12. Die ursprüngliche Phrase lautet etwa Ḏḥw.tj wdn=f n NN: "Thoth, er möge opfern für NN".

Phase 32. Anrichten des Opfertisches und Libation (Rto x+1,6-x+2,9)

[Spruch zum Legen/Aufstellen der Opfergaben auf dem Altar.]

Ein Opfer, das [der König], Geb, die [Große] Neunheit [und die Kleine Neunheit] geben [für ... ... ...]

[(Oh) Amun, Herr von Opet / Amun-von-Opet], König Djeser-ka-re (Amenhotep I.)[, beschenkt mit Leben,] hat dir gegeben [deine Tausendzahl an Broten, ... ... ... ...], deine Tausendzahl an Blässgänsen, deine Tausendzahl an Tauben, [deine Tausendzahl an ..., ... ... ..., deine Tausendzahl an Weih]rau[ch], deine Tausendzahl an Öl, deine Tausendzahl [Rto x+1,10][an ..., ... ... ..., deine Tausendzahl] an allen schönen und reinen Sachen, [... ... ...]. Re, er möge reinigen. Thoth ist beim Opfern [für ..., ... ... ...].

[Ein Opfer, das der König und die] Große [Neunheit geben] für Amun-〈Re〉, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, und [Rto x+2,1]für Amun-von-Opet:

Dein Schweiß gehört dir! 〈Dein〉 Natron gehört dir, (oh) Amun-Re, Herr von Luxor. (Es ist) rein, (oh) Amun.1 Empfange für dich dein Brot! Empfange für dich deinen Weihrauch! Empfange für dich dein Gottesopfer, das im Horusauge ist! Wir sind darauf gestoßen, 〈wir〉 haben es für dich gesucht, (d.h.) für Amun-〈Re〉, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, und für Amun-von-Opet. Dein Brot gehört dir! 〈Dein〉 Bier gehört dir! Mögest du leben von dem, wovon Re lebt. Es sind die Priester (Gottesdiener),2 die sie für dich in deinen Tempel hineingebracht haben. Ich bin der, der dich verklärt hat, (oh) Amun-von-Opet. 〈Ich〉 habe dir das Wasser des Thoth3 gegeben, damit er (Thoth; oder: es, das Wasser) Amun-von-Opet zufriedenstellt. Er wird dort sein als Re (oder: Als Re ist er dort). Ich habe dir dein Brot gegeben4 – es wird nicht verfaulen (oder: es ist nicht verfault/es gibt nicht seine Fäulnis) – und dein Bier [Rto x+2,5]– es wird nicht schimmeln/verderben (oder: es ist nicht verdorben). Mögest du zufrieden sein mit der königlichen Opfergabe. Komm (?), ich 〈bringe〉 (?) dir dein eigenes Gesicht, das dir gehört (?).5 Wenn doch für dich das Horusauge{, dein Bedarf,}6 〈bei dir〉 überdauern (?)7 möge! Dein Wasser gehört dir! Deine Überschwemmung gehört dir! Dein Natron gehört dir, das aus dir hervorgegangen ist. 〈Wasche〉 deine Hände!8 Öffne deinen Mund! Spitze dein〈e〉 Ohr〈en〉! Mögest du sehen mit deinen Augen, mögest du reden mit deinem Mund, mögest du hören mit deinen Ohren, dank des 〈neuen〉 (d.h. der neuen Überschwemmung) kühlen Wassers {des Neulandes}, das aus deinem Vater Osiris hervorgegangen ist.9 (Auf) zu diesem deinem warmen Brot (wörtl.: als etwas Warmes) und (zu) diesem 〈deinem〉 warmen Bier (wörtl.: als etwas Warmes)!10 Mögest du angesehen sein, mit dem Ergebnis, dass du angesehen bleibst! Mögest du Ba-haft sein, mit dem Ergebnis, dass du Ba-haft bleibst! Mögest du mächtig sein, mit dem Ergebnis, dass du mächtig bleibst! 〈Mögest du effektiv/geschickt sein〉,11 mit dem Ergebnis, dass du effektiv/geschickt bleibst! Mögest du zuschlagen mit deinem Sechem-Stab/Szepter. Mögest du anführen/leiten mit deiner Sonnenscheibe. Richte dich auf,13 (oh) Amun-Re, Herr der Throne-der-Beiden-Länder, (oh) Amun-von-Opet! Tritt doch ein (oder: Mögest du eintreten) 〈zu〉 diesem deinem Brot, zu diesem deinem Gottesopfer an deinem Platz in deinem Tempel! Du wirst nicht selbst zaudern.

1 wꜥb Jmn: Gardiner, Chester Beatty Gift, 84 übersetzt: "Be purified, O Amūn".

2
ḥm.w-nṯr: Laut Gardiner, Chester Beatty Gift, 84, Anm. 5 ist der Plural sicher falsch, weil in Kol. x+3.11 und x+4.13 nur ein Priester genannt wird. Tacke, Opferritual II, 117 übersetzt pluralisch (mit Begründung 121, Anm. (q)).

3
mw n(.j) Ḏḥwtj: Gardiner, Chester Beatty Gift, 84 übersetzt "〈I〉 give for thee water to Thoth, that he may propitiate Amūn of Opet". Tacke, Opferritual II, 117 hat "Ich habe 〈dir〉 das Wasser des Thot gegeben". Weil sowohl pKairo+Turin als auch pLouvre N 3155 mw Ḏḥwtj haben, wird eine Genitivkonstruktion vorliegen.

4
rḏi̯〈.n〉=j: Die Emendation als sḏm.n=f ist unsicher; vgl. zwei Sätze früher rḏi̯=〈j〉/rḏi̯〈.n=j〉 n =k mw n(,j) Ḏḥw,tj. In den Paralleltexten steht rḏi̯.n=j 〈n〉=k (pKairo+Turin) bzw. rḏi̯.t(w) n=ṯ (pLouvre N 3155). Gardiner übersetzt präsentisch, Tacke perfektisch.

5
mj n=k ḥr=k ḏs=k: Gardiner, Chester Beatty Gift, 84 übersetzt: "Come thou on thine own behalf. To thee belongeth 〈...〉". Gardiner erkennt also den Imperativ von jwi̯/jyi̯ mit der angeschlossenen Präposition ḥr: "wegen". Tacke, Opferritual, II, 117 hat: "Ich habe dir dein eigenes Gesicht gebracht, das dir gehört!", mit dem Verb mzi̯ und dem Substantiv ḥr. In pKairo+Turin steht mz{b}=j n=k ḥr=k ḏs=k n=k jm.y, in pLouvre N 3155 (römisch) lautet die Konstruktion mzi̯.tw n=ṯ ḥr=ṯ ḏs=ṯ n=ṯ jm.y. Im älteren CT VI, 380o findet sich allerdings zbi̯ im gleichen Zusammenhang, leider ist das Nachfolgende zerstört (vgl. auch CT VI, 356q und CT VII, 383b). n=k jm.y: Normalerweise folgt das, was man besitzt, im Anschluss, weshalb Gardiner eine Auslassung annimmt. Der ganze Satz geht sicherlich auf CT VI, 356q-r (Spell 725) zurück: zbi̯=ṯ ḥr=ṯ ḏs=ṯ / m=ṯ n=ṯ-jm(.y) tʾ / n ⸮ḥqr?=ṯ: "Du mögest dich selbst führen (?). Siehe, dir gehört das Brot. Du wirst nicht hungern/schwach sein" (Faulkner, AECT II, 276: "You yourself shall watch over yourself; take bread, and you will not hunger."; Barguet, Textes des sarcophages, 375: "Entre pour toi-même! Prends-toi du pain sans te lasser!").

6
ḫr.t=k: In der Parallelversion pKairo+Turin steht ebenfalls jedesmal das Substantiv ḫr.t. Vgl. aber weiter unten in Kol. x+2.11-12, wo (Subst.) ḫr.t=tn auch besser als (Präp.) ḫr=tn zu verstehen ist; vgl. auch später in Kol. x+12.3: ꜥnḫ nb {ḫr.t.ṱ} 〈ḫr〉=f / ḏd nb ḫr{.ṱ}=f / wꜣs nb ḫr=f / snb nb ḫr=f / ꜣw,t-jb nb ḫr=f. Gardiner, Chester Beatty Gift. Plates, Tf. 50, Anm. zu Rto 2.5.d emendiert zu ḫr=k: "bei dir", so auch Tacke. Der Satz geht zurück auf Pyr. 115b (Spruch 199), wo ḥw nḫḫ jr.t-Ḥrw ḫr=k steht. In Pyr. 591c (Spruch 357) lautet die Konstruktion ḥw hꜣ nḫḫ ḫr=k bzw. ḥw hꜣ nḫḫ n=k ḫr=k.

7
nḫḫ: Wb. 2, 313.14 (ohne Übersetzung). Gardiner, Chester Beatty Gift, 84 und Anm. 7, übersetzt mit "flourish (?)" und schreibt "exact meaning of nḫḫ is unknown". Edel, Altäg. Gramm., § 433: "dauern"; Allen, Inflection of the Verb, 586: "endure, survive"; Hannig, Ägyptisches Wörterbuch, I, 649 {16302}: "*erneuern" (* = unsicher).

8
Gardiner, Chester Beatty Gift, 84 übersetzt mit Imperativen, Tacke, Opferritual, II, 117 mit passivem Prosp. sḏm=f.〈jꜥi̯〉 : Ist in pKairo+Turin und auch im Ursprungstext Pyr. 788c (Spruch 436) vorhanden (siehe die Synopse bei Tacke, Opferritual. Texte, 127). msḏr: Auch in pKairo+Turin steht ein Singular. In Pyr. 788c ist es ein Dual, dort lautet das Verb allerdings wbꜣ.

9
qbḥ mꜣw(.t): Die Determinative Landzeichen und Ideogrammstrich gehören zum Substantiv mꜣw.t: "Neuland". Laut Wb. 2, 27.6 ist mꜣw in mw mꜣw.t das Substantiv (n.j) mꜣw.t: "von Neuheit" und nicht das Adjektiv mꜣ: "neu".

10
ḥnq.t pn: In Pyr. 870b (Spruch 460) steht ḥ(n)q.t=k jptn srf.t mit dem Demonstrativpronomen Fem. Pl.

11
spd=k: Ergänzt nach pKairo+Turin.

12
sḫm=k: In pKairo+Turin steht mdw=k.

13
ṯsi̯ ṯw/tj: Var. pKairo+Turin: ṯsi̯ ṯw ṯsi̯.tj: "Richte dich auf, mit dem Ergebnis, dass du aufrecht bleibst".

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ꜥq n=k 〈r〉 tʾ=k: Ist entweder ein sḏm.n=f oder ein Imperativ. Gardiner, Chester Beatty Gift, 84 übersetzt mit einem Imperativ (+ Dativus ethicus): "Enter in 〈to〉 this thy bread". In pKairo+Turin steht ꜥq=k r tʾ=k und Tacke (Opferritual, II, 122, Anm. ee) möchte n in ꜥq n=k tilgen, so dass in pChester Beatty ebenfalls ꜥq{.n}=k übrigbleibt. Theoretisch könnte in pChester Beatty noch tʾ=k Subjekt von ꜥq sein und dann wäre keine Emendation erforderlich, aber das wäre zumindest in Widerspruch zu den übrigen Textvertretern. Für eine solche Lesung vgl. allerdings eine Passage im Sethostempel von Abydos: ꜥq n=k tʾ=k pn ḥnq.t=k jptn m pr=k / ꜥq n=k jšr.t=k jptn m pr=k / ꜥq n=k stp.w jpn m pr=k / ꜥq n=k jb.w snṯ.w m pr=k / ꜥq n=k tꜣ-wsḫ.t jptn m pr=k / ꜥq n=k stp.w m jḥ.w ꜣpdw m ḥꜣ.tjw msn.w m pr=k / ꜥq n=k ḫ.t nb.t nfr.t rnp.t m pr=k (Tacke, Texte, 136-137, § 34.8a-e; Übersetzung, 130, Anm. (k)).

15
nw〈r〉: Das Verb ist vollständig erhalten in pKairo+Turin. Die Textstelle geht auf Pyr. 789c (Spruch 436) bzw. 1357b (Spruch 553) zurück: wnm=f tʾ ḥnꜥ=k n nwr n ḏ.t ḏ.t: "Er isst Brot mit dir, indem es ein Aufhören nicht gibt für die Ewigkeit ewiglich" = "ewiglich ohne Aufhören" (Übers. Edel, Altäg. Gramm., 356 § 704). Auch Gardiner, Chester Beatty Gift, 84 übersetzt mit "unwavering for ever". Wb. 2, 222.13: n nwr: "unaufhörlich". ḏs=k: Redaktionell abgeändert aus urspr. ḏ.t: "Ewigkeit; ewiglich".

Phase 33. Verbrennen von Myrrhe (Rto x+2,9-12)

Spruch beim Geben von Myrrhe aufs Feuer.

Hallo, Amun-Re, [Rto x+2,10]Herr der Throne-der-Beiden-Länder! Hallo, Amun-von-Opet! Komm doch 〈zu〉 diesem deinem Brot!1 Hallo, Amun-Re, Kamutef, der auf seinem großen Thron ist! Komm doch 〈zu〉 diesem deinem Brot, das dir gegeben hat der König, der Herr der Beiden Länder, Djeser-ka-re (Amenhotep I.), beschenkt mit Leben, der Horus, Starker Stier, der (alle) Länder bezwingt.2 Alles Leben ist {Bedarf} 〈bei〉 euch.3 Alle Stabilität ist {Bedarf} 〈bei〉 euch. Alle Gesundheit ist {Bedarf} 〈bei〉 euch. Alle Freude ist {Bedarf} 〈bei〉 euch. Der König von Ober- und Unterägypten, der Herr der Beiden Länder, User-maat-re Setep-en-re (Ramses II.), beschenkt mit Leben, der Horus, Starker Stier, geliebt von Maat, der leben möge für ewig und immer, 〈ist bei euch〉 (?).4

1 〈n〉 tʾ=k pn: Präposition n emendiert nach pKairo+Turin mj n tʾ=k pn. Vgl. aber pChester Beatty IX, Rto x+12.2: mj r tʾ=k pn (mit der Präposition r). Gardiner, Chester Beatty Gift. Plates, Tf. 50, Anm. (a) zu Rto 2.10 ergänzt r.

2
wꜥf tꜣ.w: Gardiner, Chester Beatty Gift, 84 übersetzt mit "the strong bull curbing the two lands". Aber gerade für Amenhotep I. ist der Horusname wꜥf tꜣ.w belegt (Beckerath, Königsnamen, 2. Aufl., MÄS 49, 1999, 132-133).

3
{ḫr.t} 〈ḫr〉=tn: Vgl. auch später in Kol. x+12.3: ꜥnḫ nb {ḫr.t.ṱ} 〈ḫr〉=f / ḏd nb ḫr{.ṱ}=f / wꜣs nb ḫr=f / snb nb ḫr=f / ꜣw.t-jb nb ḫr=f. Gardiner, Chester Beatty Gift. Plates, Tf. 50, Anm. zu Rto 2.5.d emendiert zu ḫr=: "bei", so auch Tacke.

4
nsw-bjtj ... 〈ḫr=tn〉: Diese Phrase bildet ohne Emendation keinen vollständigen Satz. In pKairo+Turin steht am Satzende noch ḫr{.t}=tn. Dies kann nicht am Zeilenanfang von Zl. x+2.13 ergänzt werden, weil noch eine minimale Spur des Rubrums vorhanden ist. Gardiner, Chester Beatty Gift, 81 mit Anm. 14 möchte nicht ḫr=tn am Satzende, sondern 〈n〉 vor der Titulatur einfügen, mit der Bedeutung "zugunsten von". Er verweist auf Kol. x+12.3, wo die Präposition n seiner Meinung nach ebenfalls fehlt. Er erwägt als Alternative auch ḏi̯=tn n=f vor ꜥnḫ nb ḫr=tn weiter oben einzufügen (vgl. dazu Rto x+5.5-6: ḏi̯=tn n=f ꜥnḫ nb ḫr{.t}=tn ḏd nb ḫr{.t}=tn...: "Möget ihr ihm geben alles Leben bei euch, alle Stabilität bei euch, ...") und die Titulatur als Apposition bzw. Wiederaufnahme von =f zu betrachten. Gardiner, Chester Beatty Gift, 85, Anm. 1 kennt die Version von pKairo+Turin, hält sie aber für die Hinzufügung dessen Schreibers, um die Auslassung von 〈n〉 mittels einer anderen Emendation zu erklären. Tacke, Opferritual, II, 125 Anm. (e) orientiert sich an pKairo+Turin, wundert sich dann aber darüber, dass der König ebenfalls "bei" den Gottheiten ist (im Sinne von: in deren Besitz ist: "den Gottheiten gehört"), und schließt die Emendation mit ḏi̯=tn n=f nicht aus.

Phase 34. Beschwörung des Gottes I (Rto x+2,13-x+3,7)

[Spruch, um den Gott zu seiner Speise zu bringen.]1

[Komm doch, Amun-Re], Herr von Luxor!2 Komm doch, Amu[n-Re, Herr der Throne]-der-Beiden-Länder! Komm doch, Amun-Re, [Rto x+3,1]Kamutef, der auf seinem großen Thron ist, der Gott mit weit ausholendem 〈Schritt〉!3 Komm [zu] deiner Verkörperung (d.h. Statue)! Komm 〈zu〉 dem, der deinen Namen aufruft!4 Komm zu diesem deinem Diener, dem König, dem Herrn der Beiden Länder Djeser-ka-re (Amenhotep I.), er möge leben, [heil und gesund sein!], der kein Er-kennt-seinen-Leib-nicht5 ist bei deinem Fest (und) bei allen deinen (großen) Speiseopfern. Bring dir deinen Ba, deine Zauberkraft, dein Ansehen zu diesem deinem warmen Brot (wörtl.: als etwas Warmes),6 (zu) diesem deinem warmen Bier (wörtl.: als etwas Warmes), (zu) diesem deinem warmen Braten (wörtl.: als etwas Warmes), (d.h.) die Herzen {derer, die dich verehren} 〈der Rebellen〉. Tritt doch ein in diesen Tempel 〈zu〉 diesem deinem warmen Brot (wörtl.: als etwas Warmes), (zu) 〈diesem〉 deinem warmen Bier, in deinem göttlichen Tempel mit Millionen, mit Hunderttausenden, mit Zehntausenden, 〈Tausenden〉 und Hunderten (an Opfergaben). Der König, der Herr der Beiden Länder, der ⸢Sohn des Re⸣ (?), Djeser-ka-re (Amenhotep I.), hat dein Haus für dich mit allen guten Dingen gefüllt. Möge Thoth dich mit dem weißen Horusauge zufriedenstellen. Möge dein Gesicht von ihnen erhellt werden (oder: weiß aufleuchten) in diesem {deinem}〈seinem〉 Namen7 des (spitzen) Weißbrots. Möge dein Herz von ihnen bnbn-haft emporragen (?)8 / ausgelassen (?) sein [Rto x+3,5]in diesem {deinem}〈seinem〉 Namen des (pyramidenförmigen) bnbn-Brots. Mögest du dich an ihnen stiermäßig erfreuen (?) in diesem {deinem}〈seinem〉 Namen des {deines} (rinderförmigen) jwꜣ-Brots. Deine Tausendzahl an Brot, deine Tausendzahl an Bier, deine Tausendzahl an Rindern, deine Tausendzahl an Geflügel, deine Tausendzahl an Alabastersalbe, deine Tausendzahl an Stoff, deine Tausendzahl an Weihrauch, deine Tausendzahl an Öl, deine Tausendzahl an Opfergaben (Blumen), deine Tausendzahl an Speisen, deine Tausendzahl an allen guten und reinen Sachen, deine Tausendzahl an allen süßen Sachen. [Ich] bin Thoth, der die Götter zufriedenstellt, der die Sachen an den entsprechenden Platz stellt bei den Bas von Heliopolis in (oder: an der Spitze von)10 Heliopolis.

Viermal (zu wiederholen).

1 Rubrum: Eine winzige Spur des Rubrums ist am Anfang der Zeile noch erhalten, allerdings ist der Zeichenrest nicht identifizierbar. Gardiner (Plate 50) ergänzt rʾ n jni̯.t nṯr r šbw=f komplett als Rubrum, aber die Länge des Rubrums ist in diesem Papyrus nicht konstant. In Zl. Rto x+2.9 ist nur rʾ n.j rubriziert. In pKairo+Turin ist rʾ n jni̯(.t) in roter Tinte geschrieben.

2
[mj r=k Jmn-Rꜥw] nb jp.t-rsj.t: Gardiner ergänzt "Amun-Re", Tacke hat nur "Amun" in der hieroglyphischen Textsynopse (S. 132), "Amun-Re" hingegen in der Übersetzung (S. 126). In pChester Beatty IX, Rto x+2.1 steht "Amun-Re, Herr von Luxor", in Rto x+8.1 nur "Amun, Herr von Luxor".

3
nṯr pḏ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 85 emendiert und übersetzt pḏ 〈nmt〉 "the god long 〈of stride?〉", nach einem Vorschlag von Faulkner (Plates, Tf. 51, Anm. (b) zu Rto 3.1). Der Emendation wird von Tacke, Opferritual II, 129, Anm. b gefolgt, der auf Rto x+9.3 verweist: mꜣꜣ=sn nb=sn pḏ nmt Jmn-Rꜥw nb tꜣ-tmm.

4
njs ⸮⸢rn⸣?=k: Das Verb njs ist in pKairo+Turin und in pChester Beatty IX mit zwei Determinativen versehen: A26 und merkwürdigerweise A2. In pKairo+Turin steht njs=k, ebenso wie in den übrigen Paralleltexten, aber in pChester Beatty ist eine beschädigte Stelle hinter njs vorhanden. Gardiner vermerkt eine Lücke von einem halben Quadrat, die er aber in seiner Übersetzung nicht berücksichtigt: "Come 〈at〉 the summons of thee." Auch Tacke, Opferritual, 126 und Anm. (d) berücksichtigt die Lücke nicht: "komm auf deinen Zuruf hin". Die Spuren passen jedoch zu rn (ohne Determinativ bzw. falsch platziertes A2) und nicht zum m des nachfolgenden mj. Keiner der Paralleltexte hat rn, aber es ist die einzig sinnvolle Ergänzung.

5
jw.tj ḫm=f ḏ.t=f: Wb. 3, 279.9: "der seine Pflicht nicht vergisst (?)". Gardiner, Chester Beatty Gift, 85 übersetzt: "who is not unconscious of his part" (mit Verweis auf Sethe, Lesestücke, 62-63: jnk bꜣk jwtj smḫ ḏ.t=f und Erläuterungen, 92: "'sich selbst vergessen', d.h. 'seine Pflicht vergessen'"). Tacke, Opferritual, II, 129, Anm. (e) hat "der seine Rolle nicht vergißt" im Sinne von "der im Besitz seiner geistigen Kräfte ist" nach einem Vorschlag von Assmann (vgl. Nyord, Breathing flesh, 346: "'not knowing one's body' (...) appears to be a general expression of bodily dysfunction or lack of bodily control"). Die in anderen Zusammenhängen mögliche Übersetzung von ḫm ḏ.t als "ohnmächtig werden" kann hier nicht zutreffen.

6
jni̯ r: Gardiner, Chester Beatty Gift, 85: "Bring thou thy soul ... to this thy bread"; Tacke, Opferritual, II, 126 mit Anm. (f) und (h): "Hol dir deine bꜣ-Macht ... entsprechend diesem deinem warmen Brot". Tacke verweist für die Übersetzung "holen ... entsprechend" auf eine einzige Version, die m statt r hat. Allerdings übersetzt er im Titel dieses Abschnitts (§ 34.1) jni̯ r ebenfalls als "holen ... zu seiner Speise".

7
rn={k}〈s〉: Bezieht sich auf jr.t-Ḥrw ḥd.t, das weiße Horusauge; richtig rn=s in pKairo+Turin und im Sethostempel von Abydos.

8
bnbn: Verb mit unklarer übertragener Bedeutung. Wb. 1, 459.18: "im Wortspiel mit bnbn 'Spitzbrot': sich erfreuen an (o.ä.)"; Gardiner, Chester Beatty Gift, 85: "to point aloft (?)"; Tacke, Opferritual, II, 127: "bnbn-haft sein". Vgl. bnbn: "fliessen lassen" (Wb. 1, 459.19), daher "ausgelassen sein" (?).

9
jwꜣ: Bedeutet, dem Zusammenhang nach zu urteilen, vielleicht "sich wie ein jwꜣ-Rind wohl fühlen". Vgl. Wb. 1, 49.12: "sich freuen (o.ä.)" (einzige Belegstelle: pKairo+Turin); Gardiner, Chester Beatty Gift, 85: "to be jwꜣ"; Tacke, Opferritual, II, 127: "jwꜣ-haft sein"; Hannig, HWB, 31-32: "s. freuen (*"blöken")". Vgl. franz. "se sentir vâchement bien" (~ Rind) und deutsch "sich saumäßig wohl fühlen" (~ Schwein/Sau).

10
ḫntj: Gardiner, Chester Beatty Gift, 85: "in" (als Präposition ḫnt); Tacke, Opferritual, II, 127: "die an der Spitze ... sind" (als Nisbe ḫnt.j〈.w〉).

Phase 35. Schließen der Schreintür (Rto x+3,7-11)

Worte zu sprechen durch den Ritualisten/Vorlesepriester.1

[Das Bringen des Türflügels (?)] vor (?) [den Gott.]2 [Ich bin] Horus, oh (mein) Vater Osiris, der den Penis von Seth mit seiner Hand von dir fernhält.3 Möge Amun-Re, der Herr der Throne-der-Beiden-Länder, Amun-von-Opet, in [seinem] Palast ruhen. [Möge Horus in] den Armen seines Vaters Osiris [ruhen]. Deine Vollkommenheit 〈gehört dir〉, oh Amun-von-Opet (oder: Mögest du vollkommen sein, oh Amun-von-Opet). Es ist herrlich/nützlich für dich, wenn/dass du freundlich/gütig bist bei deinem Vater Osiris in [seinen] Armen in diesem seinem Namen des Horizontischen/Doppelhorizonts, [Rto x+3,10]aus dem/denen Re hervorkommt. Mögest du dich erfrischen, damit/so dass du freundlich/gütig bei deinem Vater Osiris bist. Thoth ist zu dir gekommen, nachdem er für dich das Horusauge geholt hat. Mögest du mächtig sein durch ihn (das Auge); [mögest du] erhaben [sein durch ihn (das Auge)]. [Dann wirst du am] Leben [bleiben als Gott] in Ewigkeit.

1 ẖr.j-ḥꜣb.t: Wurde fälschlicherweise in roter Tinte geschrieben und anschließend in schwarzer Tinte nachgezogen. Anschließend folgt ein weiteres Rubrum, von dem nur unklare Spuren erhalten sind. Vgl. für eine ähnliche Rubrizierung weiter unten in Zl. x+3.11. Auch dort ist ḏd mdw jn ein Rubrum, der anschließende Priestertitel ḥm-nṯr schwarz, und der zweite Teil des Titels fängt erneut mit einem Rubrum an.

2
jni̯.t ꜥnḫ ḥr nṯr: Ergänzung nach pKairo+Turin und späteren Versionen; die zum mutmaßlichen ꜥnḫ gehörigen roten Tintenspuren sind kaum identifizierbar. Tacke erkennt in ꜥnḫ/ꜥnḫ.wj die Tür (im Grab von Petamenophis TT 33 mit einem Türflügel determiniert, in pLouvre N 3155 mit einem Himmelszeichen). Unklar ist, ob ein Singular ꜥnḫ oder ein Dual ꜥnḫ.wj zu ergänzen ist. In den Versionen von Abydos, Petamenophis und pLouvre N 3155 findet sich ein Singular, in pKairo+Turin ist es unklar. Die Verwendung der Präposition ḥr nach jni̯ ist auffällig.

3
ḏr r=k: In einigen Versionen des Neuen Reichs (pKairo+Turin; pChester Beatty IX; Abydos) steht ḏr (ohne Determinativ), in anderen (Grab des Rechmire TT100; Medinet Habu) steht nḏr (mit schlagendem Arm). Gardiner, Chester Beatty Gift. Plates, Tf. 51, Anm. zu Rto x+3.8.a, entscheidet sich unter Berücksichtigung von TT100 (Rechmire: nḏr n=k ḥnn n.j Swtj 〈m〉 ḏr.t=k) für nḏr und übersetzt "[I] am Horus, O my father Osiris. Catch hold of the phallus of Seth in thy hand" (mit nḏr als Imperativ, (j)r=k als Verstärkung des Imperativs und einer Emendation von ḏr.t=f zu ḏr.t=k). Tacke, Opferritual, II, 132 wählt ḏr: "[Ich bin] Horus, (o) mein Vater Osiris, der den Phallus des Seth fernhält von dir ..." (mit ḏr als Partizip Aktiv und r als Präposition).

4
ḥtp Ḥrw m-ẖnw ...: Ergänzung nach pKairo+Turin und weiteren Parallelen. In pKairo+Turin geht die Präposition-Konjunktion mj: "so wie" voran: "Möge Amun-Re ... ruhen, so wie Horus ... ruht", aber mj steht nicht in den übrigen Paralleltexten.

5
jw ꜣḫ n=k: Nur in pChester Beatty IX liegt diese Konstruktion vor (zur Grammatik siehe Gardiner, EG, § 467), die übrigen Handschriften haben ꜣḫ n=k. Gardiner, Chester Beatty Gift, 85 verbindet dies noch mit dem Vorangehenden: "Thy beauty 〈be unto thee〉, O Amūn of Opet, faring well". Tacke, Opferritual, 132 erkennt den Anfang eines neuen Satzes: "Dir soll ꜣḫ sein, damit du freundlich bist zu deinem Vater Osiris ...". ꜥn=k ḫr jt=k Wsjr: So in pKairo+Turin und in Abydos; in pChester Beatty IX ist nur das Determinativ von ꜥn erhalten. Gardiner übersetzt gemäß einer Parallelversion (TT100 und TT33) ḏi̯.n tw jt=k Wsjr m-ẖnw ꜥ.wj=f: "Thy father Osiris has placed thee in his arms..." Dadurch geht aber das Wortspiel zwischen ꜣḫ n=k und ꜣḫ.tj verloren.

6
sqbb=k: In pKairo+Turin und in Medinet Habu steht sqb=k ohne Geminierung.

7
jyi̯ n=k: In anderen Handschriften steht ḏr jyi̯ (pKairo+Turin; Abydos; TT33) bzw. ḏr jwi̯ (Medinet Habu), so dass dieser Satz beim Vorherigen angeschlossen werden muss: "..., seit Thot gekommen ist ...".

8
wnn=k ꜥnḫ.tj m nṯr: Ergänzt nach den Textparallelen. ḫnt{j} ḏ.t: Gardiner, Chester Beatty Gift. Plates, Tf. 51, Anm. zu Rto 3.11.a fragt sich, ob zu ḫntj 〈nṯr.w〉 ḏ.t: "an der Spitze 〈der Götter〉 ewiglich" zu emendieren sei. Diese Version ist im Sethostempel in Abydos vorhanden, aber in pKairo+Turin und in Medinet Habu steht ebenfalls ḫnt ḏ.t und die Redewendung ḫnt ḏ.t ist in Wb. 3, 304.2 für nḥḥ und ḏ.t belegt.

Phase 36. Beschwörung des Gottes II (Rto x+3,11-x+4,7)

[Wort]e zu sprechen durch den Gottesdiener/Propheten.

Das Herz des Gottes zu ihm bringen. Sei gegrüßt, Amun, Herr von Opet! Der König, der Herr der Beiden Länder Djeser-ka-re, er möge leben, heil und gesund sein, hat dir dein Herz [zu deinem Leib] gebracht, [und er hat 〈es〉 an seinem Platz gesetzt],1 so wie Isis das Herz ihres [Sohnes] Horus zu ihm gebracht hat und sie 〈es〉 an seinen Platz gesetzt hat, so wie Horus das Herz seiner Mutter Isis zu ihr gebracht hat und er 〈es〉 an [seinen Platz] gesetzt hat. [Schweigt], (oh) Götter! [Hört, (oh) Menschen (?), [Rto x+4,1]diese] schönen Worte, die Horus zu seinem Vater Osiris gesagt hat.2 [Möge er (d.h. Osiris) groß sein dadurch, möge] er [verklärt sein] dadurch.3 Möge er existieren dadurch, möge er ḫr-sein dadurch.4 Möge er existieren dadurch an der Spitze des Westens (oder: 〈als〉 Chontamenti). Das, was König Djeser-ka-Re zu seinem Vater Amun-von-O[pet] gesagt hat:5 Möge dir [ein Weg] gegeben (d.h. bereitet) werden [wie Re (?) in] seinem Doppelhorizont.6 Du bist dort angesehen (oder: Mögest du dort angesehen sein) als Re. Möge 〈es〉 〈vor dir〉 andauern (?)7 [als etwas,] das Geb, der Erbfürst der Götter, gemacht hat für deinen Vater Amun-Re, den Herrn der Throne-[der-Beiden-Länder, und für deinen Vater] Amun-von-Opet. Dir möge der Weg gegeben werden wie Re in seinen beiden Horizonten. Du bist im Himmel? Komm in/mit deiner ꜣḫ-Herrlichkeit! Du bist auf Erden? [Komm in/mit deiner Ba-Gestalt (?)!] [Mögest du dein Haus sehen,8 das erbaut hat] 〈für〉 dich die Majestät des Schu, das errichtet hat für dich Chnum 〈in〉 seinem Innern (?). [Rto x+4,5][Du bist im Himmel?] Komm doch, damit deine Mutter Nut für dich [die beiden Türflügel] des Himmels aufschließt! [Du bist auf Erden?] Komm doch, damit dein Vater Geb für dich die beiden Türflügel [der Erde] öffnet! [Du bist im] südlichen, nördlichen, westlichen, östlichen [Ort/Hügel]? [Komm!] [Mögest du kommen, damit du dort ruhen kannst.]9 [Mögest du dort Macht haben] über deinen Körper. Komm hervor, (mit dem Ergebnis, dass) du herrlich bist als Re, (und dass) du mächtig und ausgestattet [bist als ein Gott!]

1 r [ẖ.t=k rḏi̯=f ...]: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 51, Anm. b-c zu Zl. x+3.11 ergänzt r [rḏi̯.t=f ḥr s.t=f]: "um ihn an seinen Platz zu setzen", aber das würde die Lücke nicht ganz füllen und in den übrigen Textversionen ist r/m ẖ.t=k vorhanden.

2
gr nṯr.pl sḏm ⸮rmṯ?: Auf pKairo+Turin steht gr rmṯ sḏm nṯr.w, im Grab des Rechmire (TT100) findet sich gr nṯr.w sḏm psḏ.t. Spuren von nṯr.w sowie das Determinativ des vorangehenden Verbs (Mann mit Hand am Mund) sind von pChester Beatty IX erhalten. Das Verb gr kann aufgrund von Parallelen ergänzt werden (pKairo+Turin, TT 100 und zwei MR-Särge). sḏm kann aufgrund derselben Parallelen ergänzt werden, das zugehörige Substantiv ist psḏ.t in TT100 (Rechmire), nṯr.w in pKairo+Turin (mit rmṯ zuvor), rmṯ auf den zwei MR-Särgen. Gardiner hat sich für die Ergänzung psḏ.t: "Neunheit" entschieden; "Menschen" würde sicherlich besser passen. nꜣ n mdw.w nfr.w: So erhalten auf pKairo+Turin. Abweichend findet sich smtj wḏ pn: "Seid Zeuge von diesem Dekret" in TT100 und auf einer Opfertafel der 18./19. Dyn. Deshalb ergänzt Gardiner smtj mdw.w nfr.w. Zwei MR-Särge haben erneut sḏm in der Formulierung sḏm=ṯn sw m mdw pn ꜥꜣ.

3
ꜥꜣi̯=f jm ꜣḫ=f jm: Ist in der Version pKairo+Turin erhalten, ebenso im Sethostempel von Abydos, in TT100 und auf einer Opfertafel der 18./19. Dynastie.

4
ḫpr=f jm ḫr=f jm / ḫpr=f jm ḫnt jmn.tt: ḫr=f jm sowie das anschließende ḫpr=f jm stehen ausschließlich in pChester Beatty IX. Vermutlich ist dem Schreiber ein Fehler unterlaufen. Ohne Determinativ lässt sich ḫr nicht sicher deuten, vielleicht ist es das Verb ḫru̯: "sagen". ḫpr=f jm ḫnt jmn.tt: Im Sethostempel von Abydos und in TT100 steht ḫpr=f jm m Ḫnt,j-jmn.tt. In pKairo+Turin und in pChester Beatty kann eine Haplographie von m nach jm vorliegen, oder ḫnt ist als Präposition zu verstehen.

5
ḏd.t.n: Fängt in pKairo+Turin mit einem Rubrum an. Entweder ist es als unabhängige Überschrift zu verstehen, oder es setzt ḏd.t.n Ḥrw n jt=f Wsjr (Zl. x+4.1) fort.

6
rḏi̯ n =k [⸮wꜣ.t?] [⸮mj?] [⸮Rꜥw?] [m] ꜣḫ.tj. =f: Vgl. Rto x+4.3 für denselben Satz. Er fehlt in pKairo+Turin.

7
nḫḫ: Gardiner lässt das Verb unübersetzt, verweist aber auf Wb. 2, 314.4: "Gr(iechisch), Verbum (vom Ergiessen des Samens?)". Dieses könnte auf nẖẖ bzw. nẖi̯: speien" zurückgehen und kommt deshalb nicht in Betracht. Dem Phallus als Determinativ von nḫḫ in pChester Beatty IX entspricht die Präposition m-bꜣḥ in pKairo+Turin, wo nḫḫ=f m-bꜣḥ=k m jri̯.n Gb steht. In pChester Beatty IX reicht der Platz in der Lücke nur für die Präpositon m. Dann wäre nḫḫ mit Phallus als ein Imperativ aufzufassen. Ansonsten könnte gemäß pKairo+Turin emendiert werden und man hätte dasselbe Verb nḫi̯ḫi̯: "andauern", das sich auch in pChester Beatty IX, Rto x+2.5 findet. Tacke, Opferritual, II, 138 und 145 Anm. (i) fragt sich, ob es die schönen Worte sind, die andauern mögen, und folgt damit einem (mündlichen) Vorschlag von Osing.

8
mꜣꜣ=k pr=k: Ergänzt nach den Paralleltexten (Tacke, Opferritual, I, 159). Nur pKairo+Turin hat die geminierte Form mꜣꜣ, die übrigen Handschriften haben mꜣ=k.

9
jwi̯.t=k ḥtp=k jm: Ergänzt nach pKairo+Turin. Die übrigen Handschriften haben jwi̯/jwi̯.t=k m ḥtp: "Mögest du in Frieden kommen".

Phase 37. Beschwörung des Gottes III und Ausrufen des Opfers (Rto x+4,7-12)

[Worte zu sprechen] durch den Vorlesepriester/Ritualisten.

Sei gegrüßt, Amun-Re, Herr der [Throne-der-Beiden-Länder, an der Spitze von Karnak], Amun-von-Opet! (Ob) du im Himmel bist mit Re, (oder ob) du auf Erden bist mit Sechet-hetepet und mit den Unermüdlichen (Sternen), [steh auf, richte dich auf],1 oh Amun-von-Opet, indem du 〈als〉 unterägyptischer König verkündet bist. Möge dich die Majestät des Schu 〈mit〉(?) deiner Nahrung vom Gottesopfer reinigen,2 die [für dich an deinem Neumondfest] hergerichtet werden [wie (für) Ptah, an deinem Fest des 1. Mondmonatstages] und am Monatsfest/-tag des (Gottes) Hu. Dein Brot gehört dir. Es werden für dich geopfert [Rto x+4,10]alle guten und reinen Lebensmittel. Der König, der Herr der Beiden Länder Djeser-ka-re gebe dir deine Tausendzahl [an Brot, deine Tausendzahl an Bier, deine Tausendzahl an Rindern, deine Tausendzahl an Geflügel], deine Tausendzahl an Alabastersalbe, deine Tausendzahl an Stoff, deine Tausendzahl an ms.t-Geflügel, [deine Tausendzahl an] Tauben, šbw-Speisen aus dem Gottesopfer, dein (spitzes) 〈Weiß〉brot, 〈dein〉 (pyramidenförmiges) bnbn-Brot,3 deine Tausendzahl an Weihrauch, [deine Tausendzahl an Öl, deine Tausendzahl an Pflanzen], deine Tausendzahl an ḏfꜣw-Nahrung, deine Tausendzahl an allen guten und reinen Sachen, [deine Tausendzahl] an allen guten und süßen Sachen. Sie sind rein! [Ein Opfer-das]-der-König-[gibt. Ich bin rein.]

1 Ergänzungen gemäß Gardiner nach pKairo+Turin.

2
〈m〉 šb.pl =k: Gardiner, Chester Beatty Gift, 86 emendiert m. Tacke, Opferritual, II, 148 und 150, Anm. (g) versteht tw und šb.w=k als parataktisch: Die Majestät des Schu reinige dich und deine Nahrung".

3
tʾ-〈ḥḏ〉 =k 〈bnbn〉 =〈k〉: Haplographie in pChester Beatty IX; emendiert nach pKairo+Turin, wo allerdings bnbn zerstört ist. Möglicherweise ist das dreieckige Zeichen auch nur Determinativ des Spitzbrots tꜣ-ḥḏ.

4
[ḥtp-ḏi̯-]nsw [jw=j wꜥb.kwj]. Ergänzung von [ḥtp-ḏi̯-]nsw schon durch Gardiner, Chester Beatty Gift (Text, S. 86-87; anders noch auf Tf. 51, Anm. zu Rto 4.12.b); Ergänzung von jw =j wꜥb.kwj nach Tacke, Opferritual, II, 148 und 150, Anm. (l) mit Verweis auf S. 26, Anm. 74 und Wb. 3, 187.22.

Phase 38. Besprengen der Wände mit Wasser (Rto x+4,12-x+5,1)

[Worte zu sprechen (?) / Das, was gemacht wird (?) n]ach dem Ausrufen "Sei gegrüßt" neben [... ... ...] der Tür.

Bekanntlich, so sagt man, ist der Gottesdiener/Prophet drinnen beim Rezitieren/Verkünden. [Das ḥz.t-Gefäß ist in seiner Hand und sprengt Wasser auf (?)] diesen Boden (?) [an der] südlichen, nördlichen, westlichen und östlichen [Mauer] [Rto x+5,1]dieses (Gottes)-Hauses.1

1 tꜣ pn: Tacke, Opferritual, II, 152, Anm. (c) vermutet, dass dieses kleine Fragment von Gardiner fälschlicherweise an dieser Stelle platziert wurde, und lässt es weg. Es lässt sich im Text von pKairo+Turin nicht einordnen. ... jꜣb[.tt n.j rʾ]-pr pn: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 51 ergänzt rʾ-pr mit Verweis auf Rto x+5.3; in pKairo+Turin steht nur pr.

Phase 39. Anruf an die Götter (Rto x+5,1-8)

Worte zu sprechen durch den Gottesdiener/Propheten zu Amun-Re, Herr der Throne-der-Beiden-Länder, zu Amun-von-[Opet], zu Amun-Re, Kamutef (Stier seiner Mutter), der auf seinem großen Platz ist, (zu) Amaunet, Min, Month, Atum, Schu, Tefnut, Geb, Nut, Osiris, Isis, Seth, Nephthys, Horus, Mut, Ptah, Thoth, Chonsu, Sobek, Hathor, Ba-neb-ded, Tjenenet, Junit:

Lasst uns gehen 〈zu〉 euerem großen Speiseopfer in diesem Tempel.1 Euer großes Speiseopfer ist in ihm. Lasst uns gehen nach Heliopolis, wo ihr herkommt,2 zu diesem Tempel in Heliopolis, [wo ihr] herkommt. Das, aus/in dem ihr seid (?), ist euer Leuchten (?); das, aus/in dem ihr seid (?), sind eure Speisen,3 die euch gegeben hat der König, [Rto x+5,5]der Herr der Beiden Länder User-maat-re Setep-en-re – er möge leben, heil und gesund sein –, Horus, der starke Stier, von der Maat [geliebt]. Möget ihr ihm alles Leben bei euch, alle Dauer bei euch, alle Macht bei euch, alle Freude bei euch, alle Gesundheit bei [euch] geben. Möget ihr ihm sehr zahlreiche Jubiläumsfeste [geben], (denn) er hat [für] (?) euch umfasst/besucht (?)4 euren Ba und euer Machtbildnis. (So wie?) der Name des Atum5 an der Spitze seiner Neunheit ist, (so? ist) der Name (?) [des Königs, des Herrn der Beiden Länder] Djeser-ka-re, dem Leben gegeben werde, an der Spitze seiner Untertanen. (So wie?) er [mächtig ist],6 (d.h.) Schu 〈mit〉 Tefnut, (so?) ist der König, der Herr der Beiden Länder Djeser-ka-re, dem Leben gegeben werde, mächtig an der Spit[ze der Lebenden ewig]lich.

1 mj=n 〈r〉 ꜥꜣb.t=tn m rʾ-pr pn: In pKairo+Turin steht mj=n r [ꜥꜣb,t=tn m] rʾ-pr=tn: "Lasst uns gehen zu [eurem großen Speiseopfer in] eurem Tempel". Es ist möglich, dass die Präposition r in pChester Beatty ausgefallen ist (so Gardiner, Tacke), aber auch "Lasst uns gehen. Euer großes Speiseopfer ist in diesem Tempel" ergibt einen Sinn.

2
jwi̯=tn jm=f: Normalerweise bedeutet jwi̯/jyi̯ m mit einer Ortsangabe: "kommen aus (einem Ort)". Gardiner, Chester Beatty Gift, 87 übersetzt entsprechend "Come ye to Heliopolis, whence ye came". Tacke, Opferritual, II, 153 mit Anm. (e) fasst jwi̯ m als "herbeikommen zu" auf: "Möget ihr herbeikommen zu ihm" (Heliopolis, dem Tempel). Die Bedeutung "in einen Ort hineinkommen" scheint allerdings selten zu sein. Wb. 1, 37.19 kennt 3 Belege (DZA 20.276.890-910), 18 weitere Zettel sind dort ebenfalls abgelegt (DZA 20.276.920-DZA 20.277.090); Hannig, Ägyptisches Wörterbuch, I, 35 {885}: 1 Beleg: PT 265b (Spruch 249), Unas; Hannig, Ägyptisches Wörterbuch, II/1, 94 {885}: 11 Belege in 4 CT-Sprüchen.

3
jm=ṯn psḏ=ṯn jm=ṯn ḏfꜣw=ṯn: Konstruktion unklar. In pKairo+Turin steht jm=ṯn psḏ=ṯn jm=ṯn r ḏfꜣw=ṯn mit einer zusätzlichen Präposition r die die (scheinbare?) Symmetrie von pChester Beatty IX durchbricht. Gardiner, Chester Beatty Gift, 87 übersetzt "Take ye (?) your shining (?), take ye (?) your food". Tacke, Opferritual, II, 153 mit Anm. (f) trennt anders ab und versteht jm=tn als "ihr alle zusammen", wörtl. "bestehend aus euch", kann dafür aber keine weiteren Belege auflisten: "... zu diesem Tempel in Heliopolis, möget ihr herbeikommen zu ihm, ihr alle zusammen, möget ihr erstrahlen, ihr alle zusammen, 〈wegen〉 eurer Nahrung". Er fasst jwi̯ m erneut als "herbeikommen zu" auf.

4
sḫn n=f ṯn: Gardiner, Chester Beatty Gift, 87 übersetzt "that he may partake of (?) you", was eine Lesung sḫn{n}=f voraussetzt. Es ist unklar, ob vor ṯn ein kleines Substantiv zu ergänzen ist (kleiner Leerraum), ṯn also ein Suffixpronomen ist, oder ob ṯn als abhängiges Pronomen aufzufassen ist. Tacke, Opferritual, 153 hat einen Imperativ: "Vereint für ihn eure [...]". In pKairo+Turin steht sḫn n=f bꜣ=tn sḫm=tn.

5
rn Jtm.w: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 52, Rto x+5.7 ergänzt [m] rn Jtm.w: "[im] Namen des Atum", weil am Anfang der Zeile vielleicht eine Lücke vorhanden ist. Aber von dem hypothetischen m ist keine Spur erhalten und der Platz reicht möglicherweise auch nicht aus. Tacke kommt ohne m aus.

6
[wsr]: Das Adjektivverb ist erhalten in pKairo+Turin, wo wsr Šw ḥnꜥ Tfn.t steht. Tacke ergänzt entsprechend [wsr]=f, erklärt das =f aber nicht. Die Spuren würden tatsächlich zu wsr passen.

Phase 40. Verwischen der Fußspur (Rto x+5,8-9)

Spruch zum Wegholen der Fuß(stapfen) mit 〈dem hdn-Besen〉.1

Mögen die Fuß(stapfen) weggeholt werden durch Thoth,2 damit [er] das Horus[auge] vor seinen Feinden rette. Nicht wird ein Gegner oder eine Gegnerin diesen Tempel betreten.3

1 m 〈hdn〉: Ergänzung gemäß Tacke, Opferritual, II, 158, Anm. (a), der sich auf mehrere Parallelen im Tempel von Abydos beruft. In pKairo+Turin steht dasselbe wie in pChester Beatty. Theoretisch könnte man übersetzen "Spruch zum Wegholen der Fuß(stapfen) wie das Wegholen der Fuß(stapfen) durch Thoth", aber das wäre ein ungewöhlicher Spruchtitel.

2
nḥm=[f]: Das Suffixpronomen steht in allen übrigen Textvertretern. Tacke emendiert es in pChester Beatty (nḥm=〈f〉), aber vielleicht stand es am zerstörten Zeilenanfang. Ansonsten könnte nḥm auch als Partizip Aktiv aufgefasst werden.

3
[m rʾ]-pr pn: In pKairo+Turin steht r pr pn, in den Versionen aus Abydos steht r rʾ-pr pn. Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 52 ergänzt die Präposition m statt r, weil er meint, noch eine Spur davon zu erkennen. Das ist allerdings sehr unsicher. Die Spuren würden eher zu n passen (Ideogrammstrich über Wasserwelle), was dann eventuell als [r r]ʾ n.j pr pn: "am Tor dieses Hauses" zu ergänzen wäre.

Phase 41. Verriegeln der Schreintür (Rto x+5,9-10)

Ein anderer Spruch:

Dein{e (eine) Hand} 〈(einer) Türflügel〉1 werde fest〈gemacht〉 durch Horus. Dein{e (andere) Hand} 〈(anderer) Türflügel〉 werde festgemacht durch [Rto x+5,10][Thoth], den Stellvertreter des Re. 〈Fest〉 sei dein{e (eine) Hand} 〈(einer) Türflügel〉 durch {die (andere) Hand} 〈den (anderen) Türflügel〉 deshalb.2

1 : Die Versionen pKairo+Turin, pChester Beatty IX und Medinet Habu haben alle drei das Wort "Hand", die Versionen im Tempel von Abydos haben ꜥꜣ: "Türflügel".

2
〈mn〉 ꜥ=k jn ꜥ=k ḥr=s: Ergänzung nach pKairo+Turin. Die Versionen im Tempel von Abydos haben abweichend jni̯.t(w) ꜥꜣ / mn ꜥꜣ m z: "Zurückgeholt wurde der Türflügel. Fest ist der Türflügel im Türriegel" statt 〈mn〉 ꜥ jn ꜥ ḥr=s. Für jn vgl. die neuägyptische Graphie m für die mittelägyptisch jn geschriebene Partikel. Tacke, Opferritual, II, 159 mit Anm. (c) emendiert in pKairo+Turin und pChester Beatty IX jn: "durch" zu jni̯: "holen": mn ꜥꜣ / jni̯ ꜥꜣ ḥr=s: "Möge die Tür festgemacht werden, möge die Tür zurückgeholt werden deshalb".

Phase 42. Libation für Re (Rto x+5,10-x+6,3)

Spruch der Libation [für] Re.1

Empfange das Gute, Atum, Herr von Heliopolis, Re-Har[ach]te! Nimm dir diese Libation und das, was daraus/dadurch entsteht.2 Nimm (?) [sie/es (?) dir (?)] in Heliopolis,3 (nämlich) das, was sich im Horizont befindet, auf der Ostseite des (Gewässers) Großes-Grünes. Es ist Horus, der stark gealtert ist (wörtl.: der alt ist an Alter), seit er krank ist (oder: seit er angefangen hat, zu leiden) wegen (?) seiner, hinter seinem lebenden [Auge] her reisend, nachdem er, (d.h.) Seth, es weggenommen hat.4 Er hat es (das Auge) (wieder?) empfangen aus der Hand der [Isis] in der Oase (??) von [ꜥr]yt (??).5 Komm heil hervor zwischen den Schenkeln deiner Mutter Isis, die dich gebiert! Du wurdest aufgezogen 〈als〉 einer von jugendlicher Geburt,6 damit [du dich in] Re verwandelst. [Rto x+6,1]Mögest du aufsaugen die Milch, die in der Brust deiner Mutter Isis ist. Mögen dich ihre Rufe in Sche-adji (See der Morgenbarke?) aufrichten. (?)7 Mögest du aus der Umarmung (wörtl. dem Innern der Arme) deines Vaters hervorkommen, der deinen Lebensunterhalt aus sich hergestellt hat!8 Mögest du wohlbehalten sein durch ihn, (d.h.) durch die süße Erfrischung, die 〈von〉 deinem Vater Osiris hervorgekommen ist an der Ostseite des (Gewässers) Großes-Grünes, das die Hau-nebut-Gebiete umgibt.9 Mögest du leben 〈vom〉 Ostwind, 〈der hervorkommt an〉 der Ostseite des (Gewässers) Großes-Grünes.10 Mögest du leben, indem du (noch) klein bist. Mögest du werden zu einem Jüngling. Mögest du dich (am Wind) laben (?) und dich (mit Lebensmitteln?) am Leben erhalten. 〈Mögest du〉 dieses dein Alter 〈durchaltern〉 (?) und wohlbehalten sein.11

1 [n] Rꜥw: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 52, Rto 5,10, Anm. a ergänzt [tp.j] Rꜥw (für die Präposition tp) nach einer Vermutung von Faulkner. In pKairo+Turin steht allerdings n: "für", was besser passt. Tacke, Opferritual, II, 178 ergänzt entsprechend n, vergisst aber dieses n noch als Rubrum zu kennzeichnen; eine winzige rote Spur ist erhalten.

2
m{n}: Unklar ist, ob man mj (Eule+Arm) und m{n} (Keule) separat lesen soll, oder ob es gemeinsam für m(j): "nimm" steht. mj als "komm!" zu übersetzen würde noch ein Schilfblatt und die Beinchen als Determinativ erfordern, mj als Partikel wäre unerwartet ohne anschließendes Pronomen. Ausführliche Schreibungen von "nimm" sind mit Eule + Keule (Edel, Altäg. Gramm., § 611; CT I, 297e, Sarg T9C), aber normalerweise nicht mit Eule + Arm + Keule. In pKairo+Turin ist m{n} nur mit der Keule geschrieben, ebenso später in pChester Beatty IX in Kol. 6.5 (2x).

3
m⸮j/{n}? --2Q-- ⸢m⸣ Jwn.w: Der Anfangsbereich lautet in pKairo+Turin ḫpr.t m Jwnw, weshalb die Ergänzung der Lücke problematisch ist. Ist das Anfangs-mj erneut der Imperativ m{n} oder ist es eine Präposition? Gardiner, Chester Beatty Gift, 88 übersetzt mit "Take (?)", Tacke, Opferritual, II, 162 mit "bei (?)". jm.j ꜣḫ.t: Laut der Übersetzung von Gardiner und dem Kommentar von Tacke (164, Anm. (b)) bezieht sich jm.j auf die Libation oder die andere Opfergabe (ḫpr.t) und nicht auf Heliopolis.

4
[jꜣ]w{.t} n(.j) jꜣw{.t}〈.w〉: Gardiner, Chester Beatty Gift, Text, 88 mit Anm. 2: "Horus became (?) the oldest of the old (?) (ever)", der einen ursprünglichen Text Ḥrw pw jꜣw(.w) n jꜣw.t: "it is (a fact that) Horus grew old of old age" vermutet (Konstruktion Gardiner, EG, § 95: Adjektiv + n/n.j + Substantiv: "der alt ist in Bezug auf das Alter"). In pKairo+Turin ist der Text ebenfalls unklar, weil teilzerstört und abweichend: Ḥrw pn jꜣw [n jꜣw].t=f. Dort steht etwas weiter im selben Abschnitt sdb=k jꜣw=k jꜣw(.t)=k pn: "du ..., du alterst dieses dein Alter" (d.h. du durchlebst dieses dein Alter). ḏr mn.n=f ⸢r⸣=⸢f⸣: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 52 liest [j]w=f, aber die Ergänzung von Tacke passt eindeutig besser zu den erhaltenen Spuren. In pKairo+Turin steht verstümmelt ḏr mn=f {tjw}〈qs.w〉=f r=f: "seit er deshalb an seinen Knochen leidet" (für qs.w siehe die Parallele in Edfou III, 10.21). jr.t=f ꜥnḫ: Gardiner bezieht ꜥnḫ auf Horus "(he) went forth after (?) his eye alive", während Tacke es auf das Auge bezieht "indem er fortgegangen ist hinter seinem lebendigen Auge her". Einige wenige Belege für jr.t ꜥnḫ.t finden sich in LGG I, 424c (darunter auch diese Formulierung zbi̯ m-ḫt jr.t=f ꜥnḫ.t = LGG VI, 236c = Gasse, in: BIFAO 84, 1984, 210). Vgl. pChester Beatty VIII, Vso 12.10 und Edfou III, 10.21 (mit ausgeschriebenem jr.t=f ꜥnḫ.t). Die Spuren erlauben nur eine Rekonstruktion jr.t=f, nicht jr.tj=fj, wie es in pKairo+Turin und in pChester Beatty VIII, Vso 12.10 steht. jṯi̯.n=f s(j) Stẖ: Gardiner Chester Beatty Gift, 88 übersetzt "when Seth had seized it". Tacke, Opferritual, II, 162 hat "Seth hat es ihm ausgerissen". Allerdings bedeutet jṯi̯ n "nehmen für jem." oder "mitnehmen zu jem." und nicht "wegnehmen von". In pKairo+Turin und pChester Beatty VIII, Vso 12.10 steht jṯi̯ sw Stẖ, in Edfou III, 10.21-22 steht jṯi̯.n=f s(j) m-ꜥ Stẖ: "Er hat sie Seth abgenommen" oder "Er hat sie aus der Hand des Seth genommen".
5 ⸮Ḏbꜥ.t/wḥy.t?-ꜥr.yt: Lesung unsicher. Gardiner, Chester Beatty Gift, 88 (mit Anm. 4) übersetzt mit "Djebaꜥt-ꜥaryt (?)", d.h. er erkennt in dem ersten Zeichen den Finger (D50) (ebenso DZA 21.902.260) und er fragt sich, ob es ein Ortsname ist. Tacke, Opferritual, II, 162 transkribiert Wḥyt-ꜥryt, d.h. er erkennt das Wurfholz (T14), aber er verzichtet auf eine Übersetzung. In pKairo+Turin steht Ꜣs.t m nḥs.yt ꜥr.yt: "als Nubierin von ꜥr.yt", wobei nḥs.yt für die Lesung als das Zeichen T14 spricht. Tatsächlicht weicht die Form des Zeichens hier ab von den ḏbꜥ-Zeichen in Kol. x+3.3 und x+11.11, was erneut für T14 spricht. In Edfou III, 10.21 ist der Text abgewandelt zu šzp.n=[f] s(j) m-ꜥ Ꜣs.t n/m mꜥ(n)ḏ.t: "... in der Mandjet-Barke". In pChester Beatty VIII, Vso 12.10-11 ist die Stelle leider zerstört. ꜥry.t ist ein Ort im 16. o.äg. Gau. Eine Götterbezeichnung wḥꜥ-ꜥry.t wird in LGG II, 517a-b aufgelistet "Der Fischer des ꜥryt-Netzes". Das Determinativ von ꜥry.t ist in pKairo+Turin das kleine Landzeichen N22, in pChester Beatty IX ist es nicht eindeutig. Gardiner benutzt das Zeichen N22 (Tacke ebenso), was für eine Landbezeichnung sprechen würde. Griech.-röm. Quellen nennen ein Gewässer ꜥr.tj in Oberägypten: Wb. 1, 213.11 (mit N36 als Determinativ), das aber eine allgemeinere Bedeutung haben muss, denn es wird auch für das von einem Wasserspeier abgeleitete Wasser verwendet (Ventker, Der Starke auf dem Dach, 179, Anm. (a)); siehe ꜥry.t: "die Aufsteigende (Flut)", WCN 39330.

6
sḫpr.n=k ḥwnw msw.t: Unklare Passage. Die Übersetzung "du hast einen, der jugendlich an Geburt ist, entstehen lassen" (transitiv, aktiv) ergibt keinen Sinn, ebenso wenig wie "Für dich wurde geboren ein Jugendlicher von Geburt" (intransitiv, passiv). Gardiner, Chester Beatty Gift, 88 hat "(that) thou become a stripling having been (?) born; that thou mayst become Rēꜥ". Tacke, Opferritual, II, 162 übersetzt: "Zum Entstehen gebracht wurdest du als einer, der verjüngt ist an Geburt, und entstehen sollst [du als] Re." Eine Passivkonstruktion mit =k als Subjekt geht nur mit einer Emendation zu sḫpr.n〈.tw〉=k oder sḫpr{.n}=k. In pKairo+Turin steht sḫpr=k m ḥwnw msw.t: "du wurdest erschaffen/erzogen als einer, der jugendlich an Geburt ist" (vgl. Assmann, Liturgische Lieder, 57: "du bist geworden zu dem an Geburt(en) Verjüngten").

7
ꜥymns: Die Stelle ist unverständlich. Eine Lesung als ḏi̯ jmn=s tw: "Sorge dafür, dass sie dich verbirgt" ist problematisch. Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 52, Anm. zu Rto 6.1.a-b vermutet eine fehlerhafte Abschrift von d(n)y.wt=s: "her cry (?)", mit einer Verwirrung zwischen hieratischem mn (Y5) und hieratischem dnyt-Zeichen (V11). Letzteres ist in pKairo+Turin vorhanden. Tacke übersetzt "Erhebe dich, denn sie ruft (?) nach dir". Er scheint also Gardiner zu folgen, allerdings existiert dny.wt nur als Substantiv, nicht als Verb. Eventuell kann man an eine Verschreibung des Verbs ꜥš denken, aber die zwei Schilfblätter sind dann nicht erklärbar. Für die Übersetzung von Assmann, Liturgische Lieder, 57: "Ihre Rufe (? dnjjwt) erheben dich in š-ꜥnḏt" ist in pChester Beatty IX eine Tilgung von tw nach dny.wt=s erforderlich, das in pKairo+Turin auch gar nicht vorhanden ist. š-ꜥḏj: Gauthier, DG V, 114-115. Das Toponym wird in Edfou IV, 40.9 und V, 28.5 im Fruchtland des unterägyptischen Zusatzgaus Šns genannt. Die Orthographie in pKairo+Turin und in pChester Beatty IX erlaubt eine Etymologie (oder Re-Etymologisierung) als š-(m)ꜥ(n)ḏ.t: "See der Mandjet-Barke".

8
jri̯ ꜥnḫ=k jm=f
: Gardiner fängt mit einem Imperativ an: "Make thy life from it": Horus soll seinen Lebensunterhalt aus der Libation gewinnen. Tacke versteht jri̯ als ein Partizip zu Osiris, der die Libation, von der Horus lebt, aus sich hervorgebracht hat (Überschwemmung als Ausfluss des Körpers des Osiris).

9
pẖr: Gardiner emendiert zu pẖr=〈k〉, Tacke versteht pẖr als ein Partizip zu wꜣḏ-wr.

10
ꜥnḫ=k 〈m〉 ṯꜣw: Ergänzt nach pKairo+Turin. 〈pri̯ m〉 gs jꜣb.tj: Ergänzt nach pKairo+Turin. Bei gs fehlt in pChester Beatty IX außerdem noch ein Ideogrammstrich.

11
srf=k sdb=k jꜣw.t=k pn: Gardiner, Chester Beatty Gift, 88 übersetzt "(may thou) grow warm and be vigorous (?). 〈And (so) mayst thou grow old〉 of this thy old age and 〈this〉 thy wholeness (?)." Er ergänzt dabei nach der Version pKairo+Turin: srf=k sdb=k jwꜣ=k jwꜣ(.t)=k pn wḏꜣw=k pn. So tut es auch Tacke: "mögest du warm sein, mögest du leben, 〈mögest du alt werden〉 an diesem deinem Alter und 〈diesem〉 deinen Heil". Statt srf: "warm sein" (anderes Determinativ!) kommt wohl eher srf: "sich (am Wind) laben" (Wb. 4, 197.14, ebenfalls anderes Determinativ) in Betracht, weil gerade zuvor auch vom ṯꜣw-Wind die Rede war; zu srf siehe auch Pries, Die Stundenwachen im Osiriskult, SSR 2/1, Wiesbaden 2011, 153, Anm. 597. In Libationsszenen in griech.-röm. Tempeln wird srf m ṯꜣw gemeinsam mit ꜥnḫ und sḏb verwendet. Die Formulierungen finden sich auch in den Stundenwachen des Osiriskultes. In Edfou I, 211.18-19 steht ꜥnḫ=sn nḏs=sn ḫpr=sn m ḥꜥ(ꜣ).w / sḫpr=k sḏb=k jꜣw=k / wḏꜣ=k jpw: "Sie lebten, waren kleine Kinder und wurden zu Jugendlichen. (Entsprechend) wirst Du erschaffen, erhältst dich am Leben und alterst. Es ist der Fall, dass du heil bist." (Pries, Die Stundenwachen im Osiriskult, SSR 2/1, Wiesbaden 2011, 190 und Textsynopse 36: Version E). Vgl. auch die Versionen Edfou I, 210.12-13 (Pries, 152-153 und Textsynopse 27: Version E); Edfou I, 486.8-9 (Pries, 152-153 und Textsynopse 28: Version Eb) und Dendara 10, 128.7-8 (Pries, 152 und Textsynopse 28: Version D).

Phase 43. Räucherung für Re (Rto x+6-10)

Spruch der Räucherung (mit Weihrauch) für Re.1

Mögest du in Frieden erwachen! Du seist erwacht, oh Re-Harachte, 〈in〉 Frieden. [Rto x+6,10]Dein Erwachen ist friedlich. Mögest du in Frieden erwachen! Du seist erwacht, oh Horus, Vorsteher der östlichen heiligen Stätte, in Frieden.2 Dein Erwachen ist friedlich. Horus, nimm dir dein Auge, das (?) du an der Spitze der östlichen heiligen Stätte gesucht/angetroffen hast.3 Mögest du erwachen, indem du zufrieden bist. (oder: Dein Erwachen ist friedlich.) Horus, nimm dir deine 〈ober〉ägyptische Krone / Doppelfederkrone (?),4 die dir die Große Neunheit gegeben hat, so dass für dich dieses dein Auge kräftig wird. Horus, groß an Zauberkraft, {vernichte} 〈statte dich〉 mit ihm (der Krone oder dem Auge) 〈aus〉! Horus, der mächtig ist mit seinem Auge (oder: der Macht hat über sein Auge), {vernichte} 〈statte dich〉 mit ihm (der Krone oder dem Auge) 〈aus〉! Horus, groß an Zauberkraft, es (das Auge) begrüßt dich (oder: fragt nach deinem Befinden) bei Geb, es gibt dir Freude bei der Großen Neunheit. {Vernichte} 〈Statte dich〉 mit ihm 〈aus〉, oh Re-Harachte! Weihrauch/Räucherung 〈für〉 Re, Lob〈preis〉 für Re, für seine Sonnenscheibe, für Atum, für sein Auge, für seinen Leib, für seine Hand, für Chepri,5 für Cheprer, für den Löwen, für den Doppellöwen, für Schu und Tefnut für Maat am Bug der Barke des Re, für Isis am Bug der Barke des Re, für Hathor am Bug der Barke des Re, für Hu am Bug der Barke des Re, für Sia am Bug der Barke des Re, für Chonsu-〈〈Thoth〉〉 (oder Chonsu und Thoth) am Bug der Barke des Re, 〈für Seth am Bug der Barke des Re,〉 für die ersten (?) Götter und Göttinnen, die sich im Gefolge der Barke des Re befinden,6 für die Mannschaft des Re, für die Mesketet-Barke, für die Mandjet-Barke für den Himmel, für die Götter und Göttinnen, die in ihm (d.h. dem Himmel) sind.

1 snṯr: Gardiner und Tacke übersetzen mit einem Substantiv: der Weihrauch (Gardiner) oder die Räucherung (Tacke). Eventuell kann snṯr auch als Infinitiv verstanden werden.

2
ḫnt.j ḏsr.t jꜣb.tt: Gardiner (S. 88) übersetzt "Horus, prominent in the eastern holy (place?)" Tacke (S. 165) hat: "Horus, du in der Pracht des Ostens". Solange die Bedeutung von ḏsr.t unklar ist, ist es ebenfalls fraglich, ob jꜣb.tt als Substantiv oder als Adjektiv aufzufassen ist. LGG V, 880c verzeichnet auch nt.j ḏsr.t jmn.tt.

3
sḫn.n=k ḫntj ḏsr.t jꜣb.tt: Gardiner (S. 88) übersetzt: "join unto thee him (?) who is prominent in the eastern holy (place?)". Tacke (S. 165) hat: "nimm ein den Platz der Pracht des Ostens". Beide verstehen sḫn.n=k als einen Imperativ mit ethischem Dativ sḫn n=k. In pKairo+Turin steht sḫn=k. Für eine Relativform: "dein Auge, das du ... gesucht/angetroffen hast", bräuchte man (mittelägyptisch) sḫn.t.n=k.

4
swyt: Ist mit der o.äg. Krone determiniert. In pKairo+Turin steht šwy. Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 52, Anm. zu Rto 6.5.b vermerkt, dass das erste Zeichen ein Stoff-s und nicht die šw-Feder ist und er emendiert zu mjz.wt: "Weiße Krone". Tacke, Opferritual, II, 167, Anm. (d) entscheidet sich für šw.〈t〉j: "Doppelfederkrone". r nḫt.tw n=k jr.t=k tn: Gardiner (S. 88) übersetzt: "which the Great Ennead gave to thee as a helper to thee" und er stellt jr.t=k tn dem nächsten Satz voran: "This thine eye, O Horus great of magic, equip 〈thyself〉 with it." Tacke (S. 165 mit Anm. (d)) entscheidet sich für: "die dir die Große Götterneunheit gegeben hat, damit dieses dein Auge stark sei für dich."

5
 n Tm.w n jr.t=f n ḏ.t=f n ḏr.t=f n Ḫprj: Gardiner hat statt ḏr.t erneut jr.t am Anfang von Zl. 8 gelesen. Das bringt ihn in Übersetzungsschwierigkeiten (S. 89): "to Atūm, to his eye of (?) his body, to his eye of (?) Khopri". Statt jr.t liegt, wie in pKairo+Turin sicher ḏr.t vor, die Schreibung des oberen Zeichens weicht deutlich von der üblichen Schreibung des Auges ab.

6
n nṯr.w ntr.yt tp(j).w jm,j.w-ḫt wjꜣ n(.j) Rꜥw : Das tp.jw kommt vermutlich von psḏ.t=f tp.jt, das sich in der Version pKairo+Turin findet. Gardiner, Chester Beatty Gift, 89 übersetzt "to the primaeval (?) gods and goddesses". Tacke, Opferritual, II, 165 und 168 Anm. (l) entscheidet sich für: "für die Götter und Göttinnen, die als erste hinter der Barke des Re sind". Eine andere Möglichkeit ist eine Emendierung zu tp.jw-ꜥ jm.j.w-ḫt: "die sich vor bzw. hinter der Barke des Re befinden".

Phase 44. Vorbereitung des Opferlaufs (Rto x+6,10-12)

Das, was gemacht wird auf dem Opferaltar der Könige, für Amun-Re, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, für Amun-von-Opet, für Amun, Stier seiner Mutter/Kamutef, der sich auf seiner großen Stätte befindet, für seinen Ka, für die Große Neunheit, die sich in Karnak befindet, für ihren Ka, für den Ka des Königs, der sich im ḏbꜣ.t-Raum (Ankleideraum?) befindet und der sich im Morgenhaus befindet, für 〈seine〉 Kronen, für seine Weiße Krone, für sein ꜣms-Zepter,1 für den Opferaltar der Könige, für die Götter und Göttinnen, {wenn sie essen} 〈die in ihnen sind〉.2

1 n ḫꜥ.w=〈f〉 und n 〈ꜣ〉ms=f: Beide Ergänzungen sind in pKairo+Turin vorhanden. Gardiner hat ms.w=f als "for his birth (?)" übersetzt. Tacke, 171, Anm. (e) erwägt auch eine Emendation zur mjz.t-Krone.

2
{wnm} 〈jm〉 =sn : Gardiner, Chester Beatty Gift, 89 und Tf. 52 (Anm. (b) zu Kol. 6.12) emendiert zu jm.jw=sn: "for the gods and goddesses in them (?)". Sind die Götter und Göttinnen, die zu den Kronen, dem Zepter und dem Opferaltar gehören, gemeint? Tacke, Opferritual, II, 169 und 171, Anm. (f) übernimmt die Version von pKairo+Turin jm.j=st: "die zu ihm gehören", wobei st auf den Altar verweist. Oder soll man zu wnm jm=sn: "die davon (d.h. dem Opferaltar) essen" emendieren?

Phase 45. Rückkehr in das Sanktuar für den Opferumlauf (Rto x+6,13-x+7,2)

〈Spruch zum〉 Eintreten, um die (Opfer-)Sachen weiterzuleiten (wörtl. umlaufen zu lassen) für Amun-〈Re〉, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, für Amun-von-Opet.1

Dein Feind,2 du mögest 〈ihn〉 zurück[treiben] (oder: hast ihn zurückgetrieben). 〈Horus〉 hat sich umgewendet {zum Horusauge} 〈zu seinem Auge〉 in diesem seinem {Auge} 〈Namen〉 als [Rto x+7,1]〈Das-was-umlaufen-lässt〉-die-Opfersachen.3 Euer Duft gehört euch, (oh) Götter! Euer Schweiß gehört euch, (oh) Götter! Ich bin der Gottesdiener/Prophet. Dass ich gekommen bin, ist, um die (Opfer-)Sachen (oder: das Opferritual) durchzuführen, die durchgeführt werden für Amun-〈Re〉, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, für Amun-von-Opet. Dein Gottesopfer wird für dich umgeleitet.4 Empfänge es doch (wörtl. für dich) für (d.h. zugunsten des) den König,5 den Herrn der Beiden Länder, Djeser-ka-re, dem Leben gegeben sei.

1 rʾ n.j: Dieser Spruchanfang ist in fast allen übrigen Handschriften erhalten. wḏb (j)ḫ.t: Kann sowohl ein Substantiv (so übersetzt Gardiner) als auch ein Verb (Infinitiv: so Tacke) sein. Gardiner, Chester Beatty Gift, Text, 89, Anm. 4 übersetzt die Variante von pKairo+Turin rʾ n.j ꜥq r wꜣḥ (j)ḫ.t ebenfalls verbal: "A spell for entering to make offerings". J⸢mn⸣-〈Rꜥw〉: Die Lücke reicht vermutlich nicht aus, um J⸢mn⸣-[Rꜥw] zu enthalten. Gardiner ergänzt nur ein Gottesdeterminativ hinter Jmn. Tacke setzt zwei Gottesdeterminative und eine Sonnenscheibe in der Lücke ein.

2
ḫft.j=k: In pKairo+Turin steht ḫft.j=k ḥm=k sw: "Dein Feind, du hast ihn zurückgetrieben". In pChester Beatty IX finden sich zu viele Determinative (gefallener Mann A15, schlagender Arm D40, hieratische Feindabkürzung Z6) bei ḫft.j, was an ḫft.j=k ḫr(.w): "Dein Feind ist gefallen" erinnert.

3
n jr.t-Ḥrw: Die übrigen Handschriften haben wḏb.n sw Ḥrw ḥr jr.t=f. m jr.t=st pwy: Die übrigen Handschriften haben m rn=s oder m rn=f mit anschließend wḏb (j)ḫ.t. "Der-die-Opfergaben-umlaufen-lässt" ist also eine Bezeichnung des Auges in einigen Handschriften, in zwei Handschriften ist es eine Bezeichnung des Horus.

4
wḏb n=k: Ausgenommen pKairo+Turin steht in den Handschriften ein Imperativ: wḏb n=k 〈tw〉 〈ḥr〉 ḥtpw-nṯr=k: "Wende dich deinen Opfergaben zu."

5
n nsw: In den übrigen Handschriften steht m ꜥ.wj oder ḥr ꜥ.wj: Die Gottheit empfängt die Opfergabe aus den Händen des Königs.

Phase 46. Libation nach dem Umleiten der Gaben (Rto x+7,2)

Der Spruch der ersten Libation 〈ist wie die (Libation),〉 die am Anfang war.1

1 mj: Ist in pKairo+Turin vorhanden. pKairo+Turin und pChester Beatty IX scheinen Phase 46 und 47 des Rituals zusammengelegt zu haben. Nur in der Version Karnak ist eine direkte Rede vorhanden. n.tj r-ḥꜣ.t verweist auf Phase 25 des Rituals, die ebenfalls rʾ n.j qbḥ tpj lautet.

Phase 47. Räucherung nach dem Umleiten der Gaben (Rto x+76,3-5)

Das Durchführen der Räucherung nach dem Opferumlauf. Worte zu sprechen:

Dies ist jene Weiße Krone des Re, die deine Ba-Macht herbeibringt (oder: die geholt/gebracht wurde für deine Ba-Macht),1 dieser Weihrauch, der dich reinigt. Der Schwall (an Rauch), er möge sich an deinen Kopf setzen, damit er dich reinige. Sei gegrüßt, Ptah-Thoth, Stellvertreter des Re! (oder: Seid gegrüßt, Ptah und Thoth, (ihr) Stellvertreter des Re!) Mögest du rein sein. Zweimal (wiederholen). Mögest du gepriesen sein. Zweimal (wiederholen). Dein Sohn, der König und Herr der Beiden Länder Djeser-ka-re, der mit Leben beschenkt sein möge, hat dir gebracht/geholt 〈diese〉 Weiße Krone und diese Rote Krone derer (d.h. der Göttin), die in Pe (= Buto) ist, und [Rto x+7,5]derer, die in Elkab ist.2 Möge sie dich waschen, möge sie 〈dich〉 schmücken. Möge sie ihren Platz einnehmen oben an deiner Stirn ewiglich. Zweimal (zu wiederholen).3

1 jni̯.n bꜣw=k: Gardiner, Chester Beatty Gift, 89 übersetzt "This is that White Crown of Rēꜥ which brings thy power" (ähnlich Tacke). Zur Position der Kopula nn siehe Gardiner, EG, § 127.2 (Beispiele mit nn, pw, nꜣ und nfꜣ). In pChester Beatty ist jni̯ mit 2 x n geschrieben und kann jnn (Partizip Aktiv), jni̯.n (Relativform) oder jni̯ n (Partizip Passiv + Präposition "für" oder "durch" [Genitiv oder (j)n]) gelesen werden. In pKairo+Turin steht rḏi̯.t bꜣw=k. Gardiner und Tacke übersetzen mit einem Partizip Aktiv, aber Tacke weist darauf hin (180, Anm. (a)), dass in beiden Textvarianten rḏi̯ bzw. jni̯ sowohl ein Partizip Aktiv als auch eine Relativform sein kann. Im ersten Fall sorgt die Krone dafür, dass der Gott über Ba-Macht verfügt, im zweiten Fall wird die Krone von der Ba-Macht (oder den Ba-Göttern) gegeben bzw. herbeigebracht.

2
ḥḏ.t dšr.t pwy {t}n: Das maskuline Demonstrativpronomen pwy{t} bei den Feminina ḥḏ.t und dšr.t ist unerwartet, aber es ist wohl nicht pwy tn (mit zwei Pronomina) zu lesen. Tacke, Opferritual, II, 180, Anm. (d) tilgt pwyt n; Gardiner, Chester Beatty Gift, 90 übersetzt mit einem Demonstrativpronomen: "this White and Red Crown", aber unklar ist, was er mit n macht. Eventuell ist es ein Genitiv, ansonsten wäre es zu tilgen. Nḫbn: Vermischung von Nḫb: "Elkab" und Nḫn: "Hierakonpolis".

3
ḏ.t zp-2: Entweder ist ḏ.t zu wiederholen (vgl. Gardiner "for ever and ever") oder derselbe Satz ist zweimal zu wiederholen, einmal für die Weiße Krone und einmal für die Rote.

Phase 48. Ausleuchten des Sanktuars mit einer Kerze/Lampe (Rto x+7,5-x+8,1)

Spruch zum Gedeihen-/Wachsenlassen der täglichen/gewöhnlichen Kerze (wörtl. die Kerze eines jeden Tages).1

Die Kerze ist zu deinem Ka gekommen, oh Amun, Herr von Opet.2 Diejenige, die die Nacht nach dem Tag ankündigt, ist gekommen.3 Oh Horusauge, 〈das〉 erschienen ist in diesem Tem〈pel〉!4 Es ist gekommen, (und) es hat (selbst?) veranlasst, dass es kommen würde, (nämlich) das Horusauge, wobei es an deiner Stirn erschienen und auf deinem Scheitel heil ist, für deinen Ka, (oh) Amun-〈Re〉, Herr der Throne-der-Beiden-Länder, Amun, Herr von Opet. Das Horusauge 〈ist〉 dein Schutz. Möge 〈es〉 über dich 〈wa〉chen, indem es deine Feinde niederwirft. (Es ist) rein! Zweimal (zu wiederholen).5 Das Schöne, es ist gekommen, (nämlich) das Horusauge. Das Schöne, es ist gekommen, (nämlich) das, was (die Nacht) ankündigt, (d.h.) die Kerze aus neuem Fett und (aus) Wäscher-Tuch (für den Docht). Die Kerze (ist) 〈für〉 Amun-Re, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, für Amun, Herr von Opet, an der Spitze von Karnak, für Amun, Kamutef (Stier seiner Mutter), der auf seinem großen Thron ist, für Amaunet, die sich in Karnak befindet, für Montu, für Atum, für Schu, für Tefnut, für Geb, [Rto x+7,10]für Nut, für Osiris, 〈für〉 Horus, für Isis, für Seth, 〈für〉 Nephthys, 〈für〉 Tjenenet, 〈für〉 Junit, für die große (Prozessions-)Barke (namens) Die-seine-Vollkommenheit-trägt (des) Amun-〈Re〉, des Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, Amun, Herrn von Opet, für die Götter und Göttinnen, die sich in Karnak befinden, für den Ka des Königs User-maat-re-setep-en-re (= Ramses II.), für 〈den König〉 Men-maat-re (= Sethos I.), für den König Men-pehti-re (= Ramses I.), für den König, den Herrn der Beiden Länder Djeser-cheperu-re-setep-en-re (= Horemheb), für den König Neb-maat-re (= Amenhotep III.), für den König Men-cheperu-re (= Thutmosis IV.), 〈für den König Aa-cheperu-{en}-re (= Amenhotep II.), 〈für den König Men-cheper-re〉 (= Thutmosis III.), für 〈den König〉 Aa-cheper-ka-re (= Thutmosis I.), (beachte die Reihenfolge!) für den König Aa-cheper-en-re (= Thutmosis II.), für den König Djeser-ka-re (= Amenhotep I.), für den König Neb-pehti-re (= Amosis), für den König Wadj-cheper-re (= Kamosis), für den König Cheper-ka-re (= Sesostris I.), für den König Neb-hepet-re (= Montuhotep II. Nebhepetre), für die Könige von Ober- und Unterägypten, welche Denkmäler für Amun-Re, Herrn der Throne-der-[Beiden-Länder], [Rto x+8,1]für Amun, Herrn von Luxor, in Karnak errichtet haben.

1 srwḏ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 90 übersetzt mit "renew". Wb. 4, 194.23 nennt bei srwḏ: "fest sein lassen, gedeihen lassen" die Verwendung "vom Anzünden der Kerze"; vgl. Wb. 5, 332.3: rwḏ tkꜣ: "die Kerze brennt gut". Tacke, Opferritual, II, 181 hat "Leuchten lassen (?)" und kommentiert (S. 184-185, Anm. a) die Optionen srwḏ: "gedeihen lassen", daher "die Flamme brennen lassen", sowie srd: "wachsen lassen", daher "die Flamme aufleuchten lassen". Weitere Handschriften mit jri̯.t tkꜣ und sꜥr tkꜣ sind keine Hilfe, um zwischen srwḏ und srd zu entscheiden. Auch der Spruch 50 fängt mit srwḏ an (rʾ n.j srwḏ ḥtp.w-nṯr). Das Determinativ der Bogensehne (T12) und nicht der Wurzel (M31/32) spricht eher für rwḏ. tkꜣ: Tacke, Opferritual, II, 185, Anm. (a) verweist auf Vignetten zu dieser Phase des Rituals, in denen einmal eine Stoffkerze, einmal eine Napflampe zum Einsatz kommt. Gardiner übersetzt mit "candle", Tacke nimmt "Fackel" als 'vereinfachte' Übersetzung.

2
jyi̯.n {=j}: Die Handschrift pChester Beatty IX ist korrupt. Die meisten übrigen HSS haben jyi̯ tkꜣ, nur eine Version im Grab des Petamenophis TT33 hat jyi̯.n tkꜣ.

3
sr{.t}: Die beiden hieratischen Versionen pKairo+Turin und pChester Beatty IX haben sr.t, ebenso die hieroglyphische Version im Hypostyl des Karnak-Tempels. Die übrigen Textversionen haben nur sr. Man kann daher sowohl mit einem Partizip Aktiv Maskulin (zu tkꜣ) als auch mit dem Substantiv sr(w).t: "Prophezeiung; Ankündigung" übersetzen. Gardiner, Chester Beatty Gift, 90 nimmt das Partizip ("There has come one who proclaims night after day."), Tacke, Opferritual, II, 181 und 185 (Anm. b) das Substantiv ("gekommen ist die Ankündigung der Nacht nach dem Tag"). Weiter unten im Text, in Kol. 7.8, ist sr.t ein Partizip Feminin zu jr.t-Ḥrw, das auch nfr.t genannt wird, womit aber zugleich die Kerze tkꜣ gemeint ist.

4
j jr.t-Ḥrw jw=〈s〉 ḫꜥi̯.tj: Das Suffixpronomen =s (und nicht =ṯ) ist in den übrigen Handschriften vorhanden. rʾ-〈pr〉: In den übrigen Handschriften steht jedesmal eine Gebäudebezeichnung oder ein Ortsname, so dass eine Lesung : "Spruch" nicht zutreffen kann.

5
nfr.t: Die Satztrennung ist unklar. Gardiner, Chester Beatty Gift, 90 übersetzt: "Pure, pure is the beautiful one! She has come, the Eye of Horus, the beautiful one, the proclaimer (?), the candle of new fat and of cloth of the launderers." (d.h. wꜥb zp-2 nfr.t / jyi̯=st jr.t-Ḥrw nfr.t sr.t / tkꜣ m ...). Eine andere Satzabtrennung findet sich bei Tacke (S. 181): "Rein, rein, gut, gut! Das Horusauge, das Schöne, ist gekommen, der Verkünder ist gekommen, die Fackel aus neuem Fett und Stoff der Wäscher."

Phase 49. Löschen der Kerze/Lampe (Rto x+8,1-3)

Spruch, um sie (d.h. die Kerze) zu löschen.

Worte zu sprechen: Dies ist jenes Auge des Horus, das deinetwegen bei dir groß geworden ist.1 Mögest du durch es (oder: von ihm) leben, mögest du durch es mächtig sein,2 (oh) Amun-Re, Herr der Throne-der-Beiden-Länder, Amun, Herr von Opet. Dies ist jenes Auge des Horus, 〈das〉 du isst3 und durch das du deinen Bauch verzauberst (?).4 Was ist es für dich,5 das Udjatauge, wenn (?) es 〈ins〉 Westgebirge eintritt?6 {Opfer} Möge der Gott mit seiner Sache 〈zufrieden sein〉.7 Es ist gekommen – zweimal (zu wiederholen) –, das Horusauge, indem es zufriedengestellt ist!

1 wr.tj n=k ḫr=k: Ist ebenfalls in dieser Form in pKairo+Turin und im Hypostyl von Karnak überliefert. Gardiner, Chester Beatty Gift, 90 mit Anm. 10 möchte ḫr=k zu ḫr=s.

2
ꜥnḫ=k und sḫm=k: Gardiner, Chester Beatty Gift, 90 übersetzt "This is that Eye of Horus by which (?) thou didst become great, by which thou livest, and by which thou hast power." Tacke, Opferritual, II, 188 übersetzt final: "Dieses Auge ist groß geworden für dich bei dir, damit du lebst davon und mächtig bist dadurch." Seine Übersetzung ist insofern zu korrigieren, als er nn in jr.t twy nn n.t Ḥrw nicht berücksichtigt (es fehlt in pKairo+Turin, ist aber erneut im Hypostyl von Karnak vorhanden) und daher die grammatische Konstruktion verkennt.

3
wnm=k: In anderen Versionen steht die Relativform wnm.t.n=k: "(das Auge), das du gegessen hast", was das Fehlen eines Objektes erklärt.

4
šntw=k ẖ.t=k ẖr=s: In anderen Versionen steht šni̯.t.n ẖ.t=k ẖr=s u.ä. mit ẖ.t=k als Subjekt und dem Verb šni̯ in der Form sḏm.n=f und mit Mann mit Hand am Mund (Gardiner A2) als Determinativ. Mehrere Verben šni̯ bzw. mehrere Übersetzungen sind möglich: "beschwören"; "befragen"; "umkreisen, rund sein"; "leiden an, Schmerz empfinden", aber bei einer transitiven Verwendung mit dem Bauch als Objekt kommt nur "beschwören" in Betracht. Gardiner, Chester Beatty Gift, 91 hat entsprechend "This is that Eye of Horus which thou eatest and through which thou enchantest thy body." Er erkennt also zweimal eine Relativform wnm(.t)=k und šni̯.t=k. Franke, Heqaib, 230-231, Anm. (d) schließt sich Gardiner an (ähnlich Anthes, in: ZÄS 86, 1961, 88-89) wegen Pyr. 192b: wnm.t.n=k jr.t / j:šni̯ ẖ.t=k ẖr=s: "Was du gegessen hast, ist ein Auge. Banne deinen Leib damit!" (Anthes) bzw. "Das, was Du (der tote Pharao) gegessen hast, ist das Auge, / umschließe (magisch) deinen Leib durch es!" (Franke). Ausführlich äußert sich Tacke zu den vielen unterschiedlichen Überlieferungssträngen: Opferritual, II, 189-191, Anm. (e). Für ihn ist šni̯ das Verb "satt werden, voll erfüllt werden" (intransitiv) bzw. "sättigen" (transitiv) (von šni̯: "rund sein"). Diese Bedeutungen gehen auf Sethe (Pyr. Übers. I, 97-98) zurück, der in allen Fällen ein intransitives oder passivisches Verbum ansetzt, das im Textzusammenhang "den Zustand angiebt, in den der 'Leib' des Essenden durch den Genuß des Auges gekommen sein soll", daher vermutlich "um in dem Bilde des Essens zu bleiben, 'satt werden', 'voll erfüllt werden' o.ä." bedeutet. Sethe erwägt sogar die Bedeutung "rund" (vgl. die niederländische Redewendung "zijn buikje rond eten"), was aber von Anthes und Franke abgelehnt wird. Tacke übersetzt die verschiedenen Traditionsstränge mit "sättigen" bzw. "gesättigt werden" (S. 190-191), aber liefert für pChester Beatty IX die Übersetzung "durch das du deinen Leib beschworen hast" (S. 188).

5
jḫ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 91 übersetzt jḫ als eine Fragepartikel: "What is it to thee...". Franke, Heqaib, 231 versteht jḫ als eine Wunschpartikel: "Dann gehört es (das Horus-Auge) doch dir!", aber in der von ihm angeführten Textstelle ist jḫ laut Tacke als die Fragepartikel zu verstehen (Tacke, Opferritual, II, 190). Tacke (S. 190-191) möchte alle jḫ-Schreibungen in ꜣḫ: "nützlich" emendieren, das in einigen Handschriften vorhanden ist: "es ist nützlich für dich". Seine Emendation setzt voraus, dass ꜣḫ n=k sj das Ende des Satzes ist, der mit jr.t twy nn n.t Ḥrw anfängt. Weil er aber nn in jr.t twy nn n.t Ḥrw nicht berücksichtigt, ist die syntaktische Analyse ohne zusätzliche Emendationen fraglich. So oder so ist der Text, wie er vorliegt, inhaltlich schwer verständlich.

6
wḏꜣ.t ꜥq=s 〈m〉 mꜣnw: In pKairo+Turin liegt nicht das Substantiv Udjatauge, sondern das Verb "wohlbehalten, unversehrt sein" vor (im Satz wḏꜣ=k jm=s). Die Präposition m ist in pKairo+Turin vorhanden, fehlt aber in pChester Beatty 9 und im Hypostyl von Karnak (Haplographie, eher nicht transitiver Gebrauch).

7
ḥtp.w ... (j)ḫ.t=f: Die ganze Textpassage ist in drei Textversionen überliefert, jedesmal unterschiedlich. ḥtp ist einmal Teil des Substantivs ḥtp.w-nṯr, einmal das Verb ḥtp und einmal sieht es wie das Substantiv ḥtp.w aus, muss aber das Verb meinen (vgl. aber die Orthographie ḥtp nṯr für ḥtp.w-nṯr im Hypostyl von Karnak in der Überschrift von Spruch 50). pKairo+Turin: wḏꜣ=k jm=st ꜥq=s m mꜣnw m ḥtp.w-nṯr m (j)ḫt=f: "Mögest du damit/dadurch unversehrt bleiben, wenn es (d.h. das Horusauge) ins Westgebirge eintritt mit dem (oder: als) Gottesopfer und mit seiner (d.h. des Gottes?) Sache"; Karnak Hypostyl: wdꜣ.t ꜥq=s 〈m〉 mꜣnw ḥtp nṯr m (j)ḫ.t=f: "Das Udjatauge, möge es ins Westgebirge eintreten, damit der Gott mit seiner Sache zufrieden ist." Das Wort (j)ḫ.t ist polysem. Gardiner übersetzt (S. 91) "the god has pleasure of his possessions." Tacke (S. 188) hat: "und der Gott möge zufriedengestellt sein durch seine Riten."

Phase 50. Beschwörung der Opfergaben (Rto x+8,3-21)

Spruch zum Gedeihenlassen des Gottesopfers.1

Worte zu sprechen: Sei gegrüßt, oh Atum! Sei gegrüßt, oh Chepri! Mögest du hoch sein als (oder: am/auf dem) Urhügel; mögest du aufgehen als (oder: am) Pyramidion/Benben-Stein im Haus des Benben-Pyramidions/Steins in Heliopolis.2 Mögest du ausspucken (d.h. fortpflanzen) als/mit Schu und Tefnut. Mögest du deine Arme (schützend) um den König, den Herrn der Beiden Länder, Djeser-ka-re (= Amenhotep I.), legen. Mögest du veranlassen, dass sein Ka dort (oder: dadurch) fest etabliert ist in Ewigkeit.3 Möge fest etabliert sein – zweimal – [Rto x+8,5]der Name des Atum, des Herrn der Beiden Länder und von Heliopolis, in Heliopolis, so wie fest etabliert ist das Gottesopfer, bestehend aus dem, was König User-maat-re Setep-en-re (= Ramses II.) zu geben pflegt an Amun, seinen Vater, den Herrn von Opet, zusammen mit seiner Neunheit, wobei es (i.e. das Gottesopfer) fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name des Schu{, der bleibend ist an der oberen Stelle} 〈im Oberen Menset〉 in Heliopolis, wobei er (i.e. der Name) fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name der Tefnut{, die bleibend ist an der unteren Stelle} 〈im Unteren Menset〉 in Heliopolis, wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name des Geb{, des Ba in der Erde,} 〈als Erdaufhacker / in (dem Ortsteil) Ba-ta (?)〉 in Heliopolis,4 wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. [Rto x+8,10]... so wie fest etabliert ist der Name der Nut 〈im〉 Schenit-〈Haus〉 (?) in Heliopolis,5 wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name des Osiris-Chontamenti in Abydos, wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name der Isis {im Fluß} 〈in Behbeit el-Hagar〉,6 wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name des Horus in Pe (= Buto), wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name des Seth in Ombos, wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. [Rto x+8,15]... so wie fest etabliert ist der Name der Nephthys in 〈ihrem (?)〉 Tempel 〈in〉 Heliopolis,7 wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name des Banebded in Mendes, wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. ... so wie fest etabliert ist der Name des Thoth in Hermopolis, wobei er fest etabliert ist in Ewigkeit. Ein königliches Opfer 〈für/des〉 Geb, ausgewählte Fleischstücke 〈für〉 diese Götter. Sie sind es, die bꜣ-mächtig/-haft sein werden. Sie sind es, die wꜣš-angesehen sein werden. Sie sind es, die spd-tüchtig sein werden. Sie sind es, die sḫm-mächtig sein werden. Sie sind es, denen Brot, [Rto x+8,20]Bier, Weihrauch und Salböl gegeben werden wird, als etwas, das der König, der Herr der Beiden Länder User-maat-re Setep-en-re (= Ramses II.), zu geben pflegt an seinen Vater, Amun, den Herrn von Opet, und an Amun-Re, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, mit seiner Neunheit, wobei er/es fest etabliert ist in Ewigkeit.

1 srwḏ: Wie bei Spruch 48 (rʾ n.j srwḏ tkꜣ) übersetzt Gardiner das Verb als "to renew".

2
qꜣi̯=k und wbn=k: In den Pyramidentexten (Sethe, PT II, § 1652a-c, Kap. 600) stehen hier qꜣi̯.n=k und wbn.n=k bzw. wbn(.n)=k. Ähnliches gilt für jšš=k. Deshalb übersetzt Tacke perfektisch (siehe Opferritual, II, 197-198, Anm. c). Gardiner und Tacke erkennen in m auch eine lokale Bedeutung, keine identifizierende (s. Tacke, Opferritual, II, 197, Anm. (c)), vor allem weil Atum eher auf dem Urhügel aufgeht, als sich mit ihm identifiziert. Gardiner übersetzt jšš m allerdings als "thou spittest forth as Shu and Tefēnet".
3 rwḏ: Gardiner übersetzt (S. 91) mit "to flourish" und rwḏ rn wird auch tatsächlich teilweise "que le nom fleurisse" übersetzt. Die primäre Bedeutung scheint jedoch eher bei "fest sein, andauern, fortdauern" zu liegen (Wb. 2, 410), auch wenn für Personen "sich wohl befinden, gedeihen" besser passt (Wb. 2, 411.14-16). wnn kꜣ=f jm rwḏ n ḏ.t: Mittelägyptisch müsste wn statt wnn als Subjunktiv nach rḏi̯ stehen. Entweder lautet der komplette Satz wnn kꜣ=f jm und ist rwḏ n ḏ.t eine adverbielle Erweiterung zu kꜣ=f, oder es ist die Konstruktion wnn=f rwḏ.w mit wnn als Hilfsverb anzusetzen. Tacke (Opferritual, II, 198-199, Anm. f) wählt die erste Lösung, weil sie parallel zu rwḏ n ḏ.t in den nachfolgenden Sätzen sei: "mögest du veranlassen, daß sein Ka dort ist – ewigliches Gedeihen!".

4
Gb {bꜣ m tꜣ} 〈m bꜣ-tꜣ〉: Siehe Tacke, Opferritual, II, 199-200, Anm. (l) für die Emendation.

5
Nw.t 〈m〉 〈ḥw.t〉-šny.t: Siehe Tacke, Opferritual, II, 200, Anm. (n) für die Emendation.

6
Ꜣs.t m {jtr.w} 〈Nṯr.w〉: Siehe Tacke, Opferritual, II, 200, Anm. (p) für die Emendation.

7
Nb.t-ḥw.t m ḥw.t ⸮〈=s〉? 〈m〉 Jwn.w: Siehe Tacke, Opferritual, II, 201, Anm. (s) für die Emendation.

Phase 51. Abendgesang (Rto x+8,22-x+9,7)

Spruch des Gesangs der Beiden Ufer, dessen, was am Abend gesagt wird.

Worte zu sprechen: Möge Amun sich mit dem {Horizontischen} 〈Horizont〉 [Rto x+9,1]des Himmels vereinen. Er ist in der westlichen Hälfte (des Himmels) erschienen 〈als〉 Atum, der in der Abenddämmerung ist, wobei er in/mit seiner Mächtigkeit gekommen ist, ohne dass es seine Gegner gibt, nachdem er den oberen Himmel als Re beherrscht hat, nachdem er das Land mit seinem Wohlwollen (oder: seiner Fröhlichkeit) erleuchtet hat,2 nachdem er die schmutzigen Wolken (?) und das Gewitter vertrieben hat.3 Der, der in (?) den Leib seiner Mutter {Nut} 〈Nenet/Naunet〉 hinabgestiegen ist, sein Vater Nun ist (für ihn) im Begrüßungsgestus.5 Die Götter, sie haben ihm Jubel angestimmt, (und) D〈ie〉-in-der-Unterwelt sind im Jauchzen, (seit) sie ihren Herrn weit ausschreitend sehen (oder: ihren Herrn sehen, den mit weitem Schritt), Amun-Re, den Herrn der ganzen Welt, den schönen Jüngling, der in seinem Schrein ruht.6 Dein Sohn, Horus, ist auf deinem Thron auf Erden, der starke Stier, von der Maat geliebt, User-maat-re Setep-en-re – er möge leben, wohlbehalten und gesund sein. Mögest du ihn lieben, mögest du ihn (dorthin?) geben/stellen für ewig (oder: der Ewigkeit übergeben).

Zweite Strophe. {Reinheit} 〈Mögen〉 [Rto x+9,5]die Götter sich mit deiner Vollkommenheit 〈vereinigen〉,7 (damit) ihre Herzen aufleben, wenn sie dich sehen. Es ist (?) Sia, der hinter dir ist (?),8 (oh) Herr (?); Hu ist vor ihm. Groß ist deine Ba-Macht, (oh) Herr der Throne-der-Beiden-Länder, (du,) der 〈am〉 Anfang (als Allererster) in Karnak entstanden ist. Mögen jeder Gott und jede Göttin dich zufriedenstellen. Möge dein vollkommenes Gesicht zufrieden/gnädig sein 〈mit〉 deinem Sohn,9 dem König, dem Herrn der Beiden Länder Djeser-ka-re, mit Leben beschenkt. Das Jauchzen bewirkt deine Vollkommenheit, (oh) Djeser-ka-re. Mögest du tun, was gelobt wird.10 Möge Amun ihn loben,11 möge er ihn lieben, möge er ihn dauerhaft bestehen lassen, möge 〈er〉 seine Feinde niederwerfen (oder: nachdem seine Feinde niedergeworfen worden sind)12 als Tote oder als Lebende.13

1 jyi̯.tj: In anderen Handschriften steht jw=k ḫꜥi̯.tj m gs-jmn.tj m (J)tm jm.j mšrw jyi̯.tj m sḫm=k: "Du bist erschienen in der westlichen Hälfte (des Himmels) als Atum, der in der Abenddämmerung ist, wobei du gekommen bist in deiner Mächtigkeit." In den betreffenden Handschriften wird der Text anschließend in der 2. Pers. fortgeführt.

2
m nḏm jb=f: Papyrus Kairo+Turin hat kein m am Anfang, so dass in dieser Handschrift eine Verbalkonstruktion vorliegen muss, die mit nḏm anfängt. Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 54, Anm. (b) zu Kol. 9.1 fragt sich, ob hinter sḥḏ.n=f tꜣ m eine Götterbezeichnung ausgefallen ist (vgl. S. 92: "he hath illuminated the earth as 〈...〉".). Dies wird von den übrigen Textparallelen nicht bestätigt, die m nḏm-jb ohne Suffixpronomen als Satzende haben.

3
ḥtꜣ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 92 Anm. (1) verbindet das Substantiv mit dem Adjektiv ḥtꜣ: "schmutzig" und übersetzt "the gloom (?)". An anderer Stelle bedeutet ḥtꜣ: "Segel". In weiteren Handschriften steht nicht ḥtꜣ, sondern ḥꜣtj: "Bewölkung", was besser passt. Unklar ist, ob die anschließende Textstelle hꜣi̯ m ẖ.t n(.t) mw.t =f Nw.t sich auf diese Gewitterwolken bezieht, die vom Leib der Himmelsgöttin Nut hinabsteigen, oder erneut den Sonnengott bezeichnet. In den übrigen Versionen steht nicht Nut, die Himmelsgöttin, sondern nn.t, der Gegenhimmel, zu dem der Sonnengott nachts hinabsteigt. Letzteres passt besser zum anschließend genannten Gott Nun, macht aber den Vers ḫrs.n=f ḥtꜣ šnꜥ unerwartet kurz (es sei denn, ḥtꜣ šnꜥ ist eine Koordination und kein direkter Genitiv).

4
hꜣi̯ m ẖ.t n(.t) mw.t=f Nw.t: In den übrigen Versionen steht nicht Nut, die Himmelsgöttin, sondern nn.t, der Gegenhimmel, zu dem der Sonnengott nachts hinabsteigt. Unklar ist, ob hꜣi̯ m ẖ.t "hinabsteigen/hinuntergehen aus" (so Gardiner, Chester Beatty Gift, 92) oder "hinabsteigen in" (so Tacke, Opferritual, II, 203) bedeutet. Falls man bei der Lesung Nut statt Nenet/Naunet bleibt, kann der Sonnengott am Abend aus (m) dem Tageshimmel hinabgestiegen sein, um sich in die Unterwelt zu begeben. Andererseits kann er abends durch den Mund in (m) den Leib des Gegenhimmels Naunet hinabgestiegen sein – oder würde man dann das Verb ꜥq erwarten? Die syntaktische Einordnung von hꜣi̯ ist ebenfalls ein Problem. Tacke reiht es in die Sequenz jw=f ḫꜥi̯(.w) ... jyi̯{.tj}(.w) ... hꜣi̯(.w) ein. Auch Gardiner erkennt in seiner Übersetzung ein Pseudopartizip, das er bei ḫ〈s〉r{s}.n =f ḥtꜣ šnꜥ anschließt: "His heart becomes joyful, for he hath dispersed the gloom (?) and the rain-storm, having descended from the body of his mother Nut, ...". Die Satzgliederung von Gardiner ist nicht mit den überlieferten Handschriften vereinbar.

5
ḥr 〈jri̯.t〉 njnj: Die meisten Handschriften haben das Verb jri̯, so dass in pChester Beatty IX von einem Fehler auszugehen ist.

6
ḥwn.w nfr ḥtp{.w} m kꜣr=f: Auch hier ist die syntaktische Einordnung problematisch. Die Phrase findet sich nur in pChester Beatty IX und pKairo+Turin, nicht in den übrigen Handschriften. Außerdem ist in pKairo+Turin anschließend ein weiterer Satz vorhanden, der in pChester Beatty fehlt: ḥḏ.y tꜣ m ꜣḫ.t{j}=f n(.t) sf: "Möge das Land (wieder) hell werden mit/dank seinem gestrigen (Doppel-}Horizont". Gardiner, Chester Beatty Gift, 92 übersetzt mit Epitheta zu Amun-Re: "..., the goodly stripling, happy in his shrine." Tacke, Opferritual, II, 203 hat einen Adverbialsatz: "Der schöne Jüngling hat sich in seiner Kapelle zu Ruhe begeben."

7
ꜥb: Gardiner, Chester Beatty Gift, 92 mit Anm. 3 übersetzt mit "The gods partake of (?) thy beauty" und denkt an jꜥb: "to join (in)". Tacke, Opferritual, II, 204 hingegen hat "prahlen" und denkt an ꜥb. Ob die Götter aber mit der Vollkommenheit des Sonnengottes prahlen? Die Konstruktion ꜥb m nfr.w=f ist vor allem von Min bekannt, der mit seiner Vollkommenheit (d.h. seinem Phallus) prahlt (LGG II, 82-83).

8
jn Sjꜣ jm.j-ḫt=k {nb}. Die beiden Manuskripte pKairo+Turin und pChester Beatty IX sind beide fehlerhaft. Gardiner (Tf. 54, Anm. zu Kol. 9.5.a-b) denkt an eine Minimalemendation {jn} 〈jw〉 Sjꜣ 〈m〉 jm.j-ḫt=k {nb} und er fragt sich (Text, 92, Anm. 4), ob tp-ꜥ.wj=fj in tp-ꜥ.wj =kj zu ändern ist: "Sia following thee and Hu in front of him/thee". Tacke (S. 204 und Anm. 208 (r)) erwägt aufgrund der Textvariante pKairo+Turin (Ḥw rḏi̯ tp-rʾ=f ḥr ꜥ.wj=fj) vor allem für den hinteren Bereich eine aufwendigere Emendation zu Ḥw rḏi̯ tp-rʾ=f tp-ꜥ=k: "Sia ist hinter dir, Hu, der seinen Ausspruch gibt, ist vor dir".

9
〈n〉 zꜣ=k: Die Präposition ist in pKairo+Turin vorhanden und ebenso in einem Parallelsatz in pChester Beatty IX, Kol. 13.9.

10
jri̯.y=k ḥsw: Gardiner, Chester Beatty Gift, 92 übersetzt "mayst thou be a favoured one (?)". Er betrachtet dies als sehr zweifelhaft (92, Anm. 7). Es setzt für jri̯ die belegte Bedeutung "die Rolle spielen des; agieren als" voraus, für ḥsw die Interpretation als ḥzi̯.y: "der Gelobte, Begünstigte", trotz des fehlenden Personendeterminativs. Eine andere Möglichkeit ist, ḥsw als "das, was gepriesen wird" zu verstehen (so Tacke). Tacke, Opferritual, II, 209, Anm. (w) erwägt außerdem noch, ḥzi̯ als ḥsi̯: "singen" zu deuten (vgl. den Titel rʾ n(.j) ḥs(j)/ḥs(j.t) jdb.wj dieses Abschnitts). In Kol. 14.10 steht jri̯ n ḥz(w.t).

11
ḥsi̯ sw Jmn ...: In den Parallelstellen pChester Beatty IX, Rto x+13.10-11 und x+14.10-11 steht die 2. Pers. Sg. statt der 3. Pers. ḥsi̯ ṯw Jmn ....

12
sḫr=〈f〉: Das Suffix ist in pKairo+Turin und im Hypostyl von Karnak vorhanden, ebenso in der Parallelstelle pChester Beatty IX, Rto x+13.10; es fehlt erneut in der Parallelstelle pChester Beatty IX, Rto x+14.11.

13
m mwt m ꜥnḫ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 92 bezieht mwt und ꜥnḫ auf Personen ("whether dead or alive"), auch Wb. 2, 167.3 hat m mwt m ꜥnḫ unter die Personenbezeichnung eingetragen: "als Toter oder Lebender, tot oder lebend". Tacke, Opferritual, II, 204 erkennt hingegen die Substantive "Tod" und "Leben". Bei mwt ist in pChester Beatty IX ein Personendeterminativ vorhanden, allerdings Singular (Tacke, Textsynopse, 236 zu § 51.20, 55.29 und 58.7). Dieselbe Graphie liegt in Rto x+13.10 und 14.11 vor, während die Versionen von pKairo+Turin (§ 51.20 [kein Personendeterminativ] und 55.29 [zerstört]) und vom Hypostyl von Karnak (Episode K18, § 58.7) zerstört sind. In den meisten Belegstellen von Wb. 2, 167.3 sind keine Personendeterminative vorhanden und ist ꜥnḫ mit der Buchrolle determiniert. Ausnahmen sind pChester Beatty bei mwt und Deir el-Bersha Grab 2 von Djehutihotep bei ꜥnḫ (DZA 23.993.690: Bersheh, I, Tf. 11: [sḫr]=f ḫft[j.w=f m] mwt m ꜥnḫ = ältester Beleg!).

Phase 52. Annex Amunfest: Präsentation des Festmenüs (Rto x+9,7-x+11,14)

Opfer-/Speisenbedarf für das Fest des Amun-Re, Herrn von Opet, und des Amun-Re, Herrn der Throne-der-Beiden-Länder.

Worte zu sprechen: Wein, 2 Näpfe. Amun, nimm dir das Horusauge, damit dein Mund damit (d.h. mit dem Horusauge) geöffnet wird! (Wortspiel jrp und wpi̯ rʾ mit Metathese) [Rto x+9,10]Wasser, 2 Näpfe. Amun, nimm dir das Wasser, das aus der Brust deiner Mutter Isis hervorquillt / hervorgequollen ist! (Wortspiel mw und mw.t) šns-Kuchen, 1 Napf. Amun, akzeptiere dir deinen Kopf! (Wortspiel šns und šzp) (Spitzes) ḥṯꜣ-Brot, 1 Napf. Amun, ergreife dir {ihr}〈dein〉 Gesicht! (Wortspiel ḥṯꜣ und jṯi̯ ḥr mit Metathese)1 (Ovales) psn-Brot, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge! Verhindere, dass 〈er〉 deswegen sterbenskrank/ohnmächtig (?) wird. (Wortspiel psn und pꜣs)2 {Feigen} 〈dp.t-Brot〉, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge, das er ver-/gekostet hat! (Wortspiel dp.t und dp)3 [Rto x+9,15]šꜥw.t-Kuchen, 20 (Stück). Amun, nimm dir das Horusauge! Es wird sich nicht von dir abtrennen (?). (Wortspiel šꜥw.t und šꜥ)4 Honig, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge, das süß/angenehm für dein Herz ist! (Wortspiel bj.t und bnr/bnj) Zwiebeln, 5 kleine Knollen. Amun, nimm dir 〈die〉 Zähn〈e〉 des Horus, die Zwiebeln (Var.: die Weißen), damit dein Mund wohlbehalten/verschwiegen ist mit ihn〈en〉! (Wortspiel ḥḏ.w, ḥḏ: "weiß" und wḏꜣ)5 Feigen, 2 Näpfe. Amun, nimm dir die Brust der Isis, von der die Götter kosten! (Wortspiel dꜣb.w und dp)3 Trauben, 2 Näpfe. Amun, nimm dir das Horusauge, damit/wenn (?) sie (Plural!) kraftlos (??) sind. (Wortspiel jꜣrr.t und jꜣrr) [Rto x+10,1]Erdmandeln, 2 Näpfe. Amun, nimm dir das Horusauge, das er (i.e. Horus?) (mit dem Netz) eingefangen hat! (Wortspiel wꜥḥ und jḥ/ꜥḥ) Christdornfrüchte, 2 Näpfe. Amun, nimm dir das Horusauge, das sie zerbeißen/belecken (?)! (Wortspiel nbs und nsb)7 Bier, 2 Krüge. Amun, nimm dir das ḥnq-Mineral (?), das aus Osiris hervorgeht! (Wortspiel ḥnq.t und ḥnq)8 tʾ-wr-Brot / Großbrot, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge / das Auge des Horus, jenes Großen/Alten! (Wortspiel tʾ-wr und wr) [Rto x+10,5]Rippenstück, 1 Napf. Amun, nimm dir diejenigen, die gegen dich rebellieren, und treibe sie dir zurück (oder: nachdem du sie aufgehalten/eingegrenzt hast)! (Wortspiel ḏrw.w und ḏr)9 Unterschenkelstücke, 1 Napf. Amun, nimm dir die beiden Unterschenkel-Teile (??) des Horusauges! (Wortspiel sw.t und sw.tj)10 zḫn-Innereien (?), 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge, das er (d.h. Horus) umfasst/gesucht (?) hat! (Wortspiel zḫn und zḫn)11 mjdꜣ-Körperteil (des Rindes), 1 Napf. Amun, nimm dir dieses, was 〈auf〉 deiner Rede ist (?)!12 (Wortspiel mjdꜣ und mdwi̯/mdw.t)13 qnqn-Fleischstücke (des Rindes), 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge und verprügle es (?)! (Wortspiel qnqn und qnqn)14 [Rto x+10,10]Grillklein, 1 Napf. Amun, nimm dir dein Grillklein! (Wortspiel ꜣšr.t und ꜣšr.t)15 Leber, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge und begib 〈dich〉 zu ihm! (Wortspiel mjz.t und mzi̯)16 Milz, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge, zu dem er (d.h. Horus) gegangen ist! (Wortspiel nnšm und šmi̯)17 {Das Herz ist} 〈Brustfleisch〉, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge, das sich vor (der Brust/Stirn des) Seth befindet! (Wortspiel jwf ḥꜣ.t und jm.j-ḥꜣ.t)18 ḫnd-Fleisch (des Beines), 1 Napf. Amun, nimm dir das, mit 〈dem〉 er (mit dem Bein) aufgetreten ist! (Wortspiel ḫnḏ und ḫnd)19 [Rto x+11,1]Vorderschenkel/Vorderbein (des Rindes), 1 Napf. Amun, nimm dir (diesen) Vorderschenkel als Horusauge! (Wortspiel ḫpš und ḫpš) Ra-Gans (Graugans/Saatgans?), 1 Napf. Amun, nimm dir die Köpfe derer, die im Gefolge des Seth sind! (Wortspiel fehlt)20 Blässgans, 1 Napf. Amun, nimm dir die Grenze / das Ende (?) dieses Herzens! (Wortspiel ṯrp und ḏr jb) srj.t-Ente (Krick- oder Knäkente?), 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge, 〈zu〉 dem er (d.h. Horus) sich begeben hat. (Wortspiel sr und r=s?)21 [Rto x+11,5]Taube, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge. Verhindere, dass er daran leidet. (Wortspiel mn.t und mn) Weiße sẖ.t-Gerste,22 1 Napf. Amun, nimm dir das weiße Horusauge. Sie/Es möge verhindern, dass er sie/es {bestreicht/abwischt/auslöscht} 〈(als Schmuckband) umbindet〉. (Wortspiel sšr.t und sšr/sšd) Grüne/Frische sẖ.t-Gerste, 1 Napf. Amun, nimm dir das grüne Horusauge. Sie/Es möge verhindern, dass er sie/es {bestreicht/abwischt/auslöscht} 〈(als Schmuckband) umbindet〉.23 (Wortspiel sšr.t und sšr/sšd) bꜣbꜣ.t-Körner/Frucht, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge, das vor dir zappelt (?).24 (Wortspiel bꜣbꜣ.t und nbꜣbꜣ)25 Flamme/Feuer, 1 Fackel (?). Amun, nimm für dich die Flamme des Horusauges! (Wortspiel sḏ.t und sḏ.t)26 [Rto x+11,10]Feuerbecken, 1 Fackel (?). Amun, richte (?) jede lebende Person auf. (Wortspiel ꜥḫw und wꜣḥ)27 Grillspieß, 1 Napf. Amun, grille es dir (am Spieß) mit deinem Finger! (Wortspiel mꜥq und mꜥq)28 (Grill-)Fächer/Handwedel,29 1 Wedel(?)/Stück(?). Hallo Amun, dir wurde dein Herz in deinen Leib gegeben. (Wortspiel ꜥ-n-ẖnw und ẖ.t) Jede Art von süßem (d.h. angenehm duftendem?) Holz, 4 (Stück). Amun, nimm dir das Horusauge und mache es dir stark. (Wortspiel ḫt und snḫt) Isched-Frucht, 1 Napf. Amun, nimm dir das Horusauge, das er (d.h. Horus) ihm (d.h. Seth) weggenommen hat. (Wortspiel jšd und šdi̯)30

1 ḥr={s}〈k〉: Vielleicht hat der Schreiber an einen Rückbezug auf das Horusauge gedacht.

2
pꜣz: Ausschließlich in den Pyramidentexten und in jüngeren Texten, die Pyramidentexte enthalten, belegt. In den Pyramidentexten (Spruch 116) steht ḫwi̯ pꜣz=f ḥr=s: "verhindere, dass er deswegen leidet (?)!" Eventuell könnte man pKairo+Turin und pChester Beatty IX ohne Emendation mit "Pass auf. Leide (?) nicht deswegen!" übersetzen. Die Übersetzungsvorschläge "leiden" und "ohnmächtig werden" für pꜣz (s. Sethe, Übersetzung und Kommentar, III, 243-244 zu Pyr. 679d) beruhen zum einen auf eine Textparallele in Pyr. 74e (Spruch 116) mn n=k jr.t-Ḥrw ḫwi̯ pꜣz=f ḥr=s und Pyr. 86c (Spruch 139) mn n=k jr.t-Ḥrw ḫwi̯ mn=f ḥr=s, wo pꜣz und mn getauscht/ersetzt werden können und mn das Verb "leiden" sein wird. Zum anderen wird pꜣz in Pyr. 679d (Spruch 386) mit einem Kreis wie beim Verb "sterben" determiniert und das Substantiv pꜣz.wt ist in Pyr. 1485b (Spruch 574) mit dem Kopf, aus dem Blut strömt, versehen. Außerdem werden pꜣz und ḫr: "fallen" in Pyr. 679d (Spruch 386) parallel verwendet (ḫr Ḥrw ḥr jr.t=f pꜣz Stš ḥr ẖr.wj=f: "Gefallen ist Horus wegen seines Auges, gelitten (?) hat Seth wegen seiner Hoden"). Es könnte sich also um ein todesähnliches Leiden handeln, aber nicht um das Sterben selbst, denn weder Horus noch Seth sind gestorben. Wb. I, 499.2: "leiden, ohnmächtig werden o.ä. (mit ḥr: wegen etw.)" geht sicherlich auf Vorschläge von Sethe zurück; gleiche Übersetzung bei Hannig, HWB, 288: "leiden, ohnmächtig werden". Gardiner, Chester Beatty Gift, 93 hat davon abweichend: "prevent 〈him〉 from stumbling (?) upon it."

3
{d(ꜣ)b.w} 〈dp.t〉: pKairo+Turin und pChester Beatty IX haben "Feigen", die übrigen Handschriften haben dp.t-Brot, das sich ebenfalls in Pyr. 38a (Spruch 50) in einem Wortspiel mit dp: "schmecken" findet. Die Feigen finden sich weiter unten in x+9.18, erneut in einem Wortspiel mit dp: "schmecken".

4
šꜥ: Dieses Wortspiel findet sich im Opferritual der Pyramidentexte (Pyr 87a, Spruch 142). Es ist dort sowie in der Karnak-Version nur phonetisch šꜥ geschrieben, in pKairo+Turin sieht es wie šꜥy: "Sand" aus (mit Mineralkorn und Pluralstrichen). Gardiner, Chester Beatty Gift, 93 vermutet vielleicht deshalb die Bedeutung: "to trickle away (?)", d.h. "weg rieseln, wegsickern". Sethe verzichtet in DZA 29.957.450 noch auf eine Übersetzung: "nicht ... es gegen dich / von dir" (vgl. DZA 29.957.420 "unbekanntes Verbum"). In Wb 4, 417.13 ist dieses Verb separat mit der Bedeutung "trennen von etw. (mit r)" aufgenommen, aber mit Verweis auf šꜥ: "schneiden" (übernommen in Hannig, HWB, 872; Hannig, Ägyptisches Wörterbuch, I, 1283 {32261}). Zahlreiche Varianten dieser Formel finden sich bei Tacke (Textsynopse § 30.11). In einigen wenigen Fällen ist die Orthographie als šꜥ: "(etwas) abschneiden; schneidend sein" bzw. einmal als šꜥd: "(etwas) abschneiden" zu interpretieren (Hibis, Edfu, Dendara, Philae: jedesmal späte Textvertreter).

5
ḥḏ.w: In Pyr 35a (Spruch 45) und 79a (Spruch 125) gibt es ein Wortspiel zwischen den Zwiebeln und den weißen Zähnen, in den späteren Versionen des Opferrituals ist "weiß" verschwunden.

6
jꜣr: Für diesen Satz liegt anscheinend keine Parallele in den Pyramidentexten vor. Das vorletzte Wort sieht wie das Substantiv "Trauben" aus, müsste allerdings ein Verb sein. Ein Verb jꜣr wird einmal vom schwachen oder trauernden Herzen verwendet (Eb 855l: MedWb I, 19), einmal von unwirksamem Gift (pRamesseum IV, C.23: MedWb I, 19), einmal von den sich trübenden (?) Augen (Dramat. Ramesseumpap. 94: DZA 20.166.080: jmi̯ jr.t=k jꜣrr s(j) in einem Wortspiel mit jꜣrr.t: "Trauben"). Es könnte etymologisch mit jꜣr: "Trauer (?)" (Wb. 1, 32.2 = DZA 20.166.120: Festgesänge von Isis und Nephthys pBM 10188, 9.21) zusammenhängen. Im Opferritual von CT VII, 142e und 143 werden Trauben mit dem Verb jꜣrr verbunden, das ein Augendeterminativ hat und als "be dim, be torn" übersetzt wird (van der Molen, Dictionary Coffin Texts, 14; der Beleg ist bei Hannig, Ägyptisches Wörterbuch II/1, 77 {790} unter dem Subst. jꜣrr: "Trübheit (der Augen)" eingetragen). In einigen Handschriften steht jꜣr n=sn oder jꜣr.n=sn, was nicht weiterhilft.

7
nsbi̯: Das Wortspiel findet sich in Pyr. 98c-d (Spruch 165) und in Pyr. 104b (Spruch 181). Hannig, Ägyptisches Wörterbuch I, 661 {16495} übersetzt mit "lecken, belecken, auflecken". Das gleiche Verb kann auch "verschlingen" bedeuten und hier eingeordnet finden sich die PT-Belege in Wb. 1, 334.11 (DZA 25.298.420 bis 450). Vgl. Blackman, in: JEA 22, 1936, 106: "the Eye of Horus which they lick up".

8
ḥnq{.t}: Ist mit Mineralkorn und Pluralstrichen determiniert. In Wb. 3, 117.3 steht "Flüssigkeit, Saft o.ä. (im Vergleich mit Bier, Salbe u.ä.)", daher Hannig, Ägyptisches Wörterbuch I, 842 {20994}: "e. Flüssigkeit (*kein Bier)". Gardiner, Chester Beatty Gift, 93 übersetzt "the juice (?)", ähnlich Tacke, Opferritual, II, 213 "ḥnq.t-Flüssigkeit". Anders als bei ḥ(n)q.t: "Bier" wird das n ausgeschrieben und fehlt in den frühen Belegen die Endung t. Es findet sich in Pyr. 64c (Spruch 95), 90a-b (Spruch 148) und 91a-b (Spruch 151) sowie in CT VI, 356o (mit Krug als Determinativ) und wird durch van der Molen (Dict. Coffin Texts, 340) als "ferment (?)" und durch Hannig, Ägyptisches Wörterbuch II/2, 1708 {20994} als "*Geifer, *Gärstoff, Ferment (*kein Bier)" übersetzt. Das Determinativ des Mineralkorns taucht in den von Tacke gesammelten Parallelstellen nur in pChester Beatty auf.

9
ḏrww: Gardiner, AEO II, 254*-255* (Nr. 605): Bezeichnung der beiden Rippenflanken; Verhoeven, Kochen, Grillen, Backen, 25 Anm. 2: Bezeichnung der Rippen, die auch spr bzw. spḥ.t n.t spr genannt werden (dieselbe Körperpartie); Eggebrecht, Schlachtungsbräuche, 109: "Rippenseite"; Lacau, Noms des parties du corps, § 180-181: "région costale"; Posener-Kriéger, Les archives du temple funéraire de Néferirkarê-Kakaï, Bd. 1, 247, Nr. C 15: "la pièce de boucherie comprend les dix côtes d'un côté de la cage thoracique, à l'exclusion des côtes flottantes".

10
sw.t: Verhoeven, Kochen, Grillen, Backen, 23; Lacau, Noms des parties du corps, § 325.4: "le tibia; la moitié inférieure de la patte de derrière"; Eggebrecht, Schlachtungsbräuche, 102: "Vorarm des zweiten Vorderbeins" und 106: "Unterschenkel". swtj: Das Wortspiel findet sich in Pyr 64d (Spruch 96) und Pyr 81a-b (Spruch 129). Wb. 4, 60.4 hat das Wortspiel als eigenes Lemma swt.t aufgenommen, ohne eine Übersetzung anzubieten, aber mit dem Vermerk "ob urspr. voller Ersatz für das Horusauge?". Die Erklärung für diese Übersetzung ist versteckt bei Sethe, in: ZÄS 57, 1922, 30 und geht von einer Lesung bzw. (systematischen?) Defektivschreibung (j)sw t(w)t(.w) mit dem Substantiv jsw: "Ersatz" und dem Pseudopartizip twt: "vollständig sein" aus. Die Lesung jsw twt ist ausformuliert bei Blackman, in: JEA 22, 1936, 106 "full compensation for the eye of Horus" und bei Faulkner, The Ancient Egyptian Pyramid Texts, 22 "the full equivalent" (mit Anm. 1 zu Utterance 96). Tacke, Opferritual, II, 213 und 216, Anm. (r) übersetzt das zweite swtj wie das erste als "swt-Fleisch". Gardiner, Chester Beatty Gift, 93 hat "śwt-joint" und einen Dual "the two fleshy parts (?)". Bei Nelson, in: JNES 8, 1949, 328 findet sich "śwt-joints" und "the flesh (śwtt)". Van der Molen, Hieroglyphic Dictionary hat einmal swt: "joint" als sw.t (S. 461: Feminin) und einmal swt: "joint" als swt (S. 467-468: Maskulin) aufgenommen. Sein Beleg ist CT VII, 143 (Nr. 140j), aber da geht es nur um die Opfergabe, nicht um das Wortspiel.

11
zḫn: Unbekanntes essbares, inneres Körperteil von Tieren. Ebbell (AcOr 15, 1937, 302-303) denkt an "das Briesel (Thymus)" (mit Fragezeichen!) (heute: "Bries") wegen der nierenförmigen Abbildung auf dem Opfertisch der Prinzessin Neferuptah der 12. Dyn. aus Hawara (DZA 28.716.780 = Petrie, Kahun, Gurob, Hawara, Tf. V) (dagegen MedWb II, 790). Walker, Anatomical Terminology, 275 hat "thyroid gland?" (mit Fragezeichen!), d.h. Schilddrüse, weil in Eb 860 (pEbers Kol. 105, 2) von einem sḫn (Anschwellung?) in der Halsgegend die Rede ist. Gardiner, AEO II, 253*-254* (Nr. 604) nennt als Übersetzungsmöglichkeiten "'sweetbread' (pancreas)" mit Verweis auf Dawson (MSS Notiz) und Ebbell (beachte, dass "Pankreas" und "Bries" nicht dasselbe Organ bezeichnen, dass aber sowohl Pankreas als auch Bries für die Herstellung von "sweetbread" verwendet werden können) und – nach MSS Notiz von Dawson – "the mass of fat in which the kidneys are enveloped". Dawson meint, dass dies gut zur Etymologie von sḫn als "umfassen" passen würde. Dieser Bereich ist das Nierenfettlager (Capsula adiposa renis). Bei Hannig, HWB, 809 {29773} / Altägyptisches Wörterbuch I, 1206 {29773} findet man beide Interpretationen: "*Nierenfett (e. Tieres), Nierentalg; *Bauchspeicheldrüse, Pankreas".
Loret, in: Lortet & Gaillard, La faune momifiée de l'ancienne Égypte, IIe série, Lyon 1905, ix-x geht für seinen Identifikationsversuch von der Liste der mummifiziert erhaltenen Fleischopfergaben in drei Gräbern im Tal der Könige aus, die von Lortet und Gaillard untersucht worden sind. Vergleicht man die in Opferlisten genannten Fleischstücke mit den identifizierten Resten, dann bleiben laut Loret zwei nicht identifizierte Bezeichnungen für drei Arten von Fleischstücken übrig: sḫn und ḥꜥ müssten "omoplates (scapulums) avec leur viande" (14 erhaltene Opfergaben) oder "quartiers comprenant de 6 à 8 vertèbres dorsales antérieures, avec leur viande" (9 Exemplare) oder "morceau comprenant 6 vertèbres lombaires en connexion, avec leur viande" (1 Exemplar) sein. Loret hält das einzige Exemplar für ein Ausnahmeopfer. Die Etymologie von sḫn als "umfassen" würde für die "omoplates", d.h. "das Schulterblatt" sprechen. Loret sieht als zusätzlichen Hinweis die Tatsache, dass sḫn nach ḫpš (Vorderschenkel des Rindes) und jwꜥ (Femur / Oberschenkelknochen) und vor sw.t (Tibia / Schienbein) und spḥ.t spr (Rippen) aufgelistet wird: "C'est bien là, ce me semble, que les omoplates peuvent trouver leur place naturelle". Lacau, Noms des parties du corps, 102, § 265-266 schließt sich Loret an und weist die Interpretationen als "Pankreas" und als "Nierenfett" ab, weil Pankreas kulinarisch kaum der Rede wert ist (Lacau spricht nicht von Bries) und weil das zwar schmackhafte Nierenfett im Vergleich mit Ober- oder Unterschenkel kaum wichtig genug sei, um statt Schulterblatt in der Opferliste zu erscheinen. Er erklärt das Determinativ D32 von sḫn folgendermaßen: Für das Schulterblatt gäbe es keine brauchbare Art, diesen Körperteil abzubilden, aber weil jede umschließende Bewegung mit den Armen von den Schulterblättern ausgeht, wäre D32 als allgemeineres Zeichen benutzbar (totum pro parte). Posener-Kriéger, Les archives du temple funéraire de Néferirkarê-Kakaï, Bd. 1, 245 nennt zwar die Interpretation von Lacau, befindet aber, dass das Nierenfett "fournit la graisse la plus fine et peut, à juste titre, être considérée comme un morceau de première qualité." Ikram, Choice Cuts, 138 nennt "Pancreas" mit Verweis auf die Form auf dem Opfertisch des Neferuptah, die nicht zu "scapula" (contra Loret, Lacau) passt, aber schreibt auch, dass es "is more convincingly identified by Dawson as kidney suet". Faulkner, CDME, 241: "kidney-fat(?)" (mit Fragezeichen!). Verhoeven, Kochen, Grillen, Backen, 24, Anm. 1 vermerkt: "Die Deutungen als 'Nierenfett' sind nur hypothetisch, die Identifikation mit 'Magen' kann nicht ganz überzeugen." Nicht länger zu berücksichtigen sind Birch, Dictionary of Hieroglyphics, 186##, 504: "breast" (wahrscheinlich von einer hypothetischen Etymologie "das, was umfasst") und Brugsch, Hierogl.-demot. Wb., 4, 1868, 1294-1295, der sḫn mit kopt. (B) ⲥⲕⲉⲛ "latus, lateris" verbindet und zu "Seitenstück" kommt (für ⲥⲕⲉⲛ- s. Westendorf, KHWB, 182: "neben, bei", mit unklarer Etymologie).

12
n(ꜣ) ntjw.pl 〈ḥr〉 mdw.t =k: Für die Ergänzung von ḥr vgl. die Textparallelen bei Tacke, Opferritual, §30.18 und II, 109-110 Anm. (v) (allerdings späte Textzeugen aus Edfu, Dendara und Hibis). Tacke übersetzt "nimm dir das, was sich 〈auf〉 eine Rede 〈bezieht〉."

13
mjdꜣ: Ein unbekanntes, essbares Körperteil des Rindes. Es fehlt in der Opferliste der Pyramidentexte. Die auffällige Determinativform in Pyr. 1546c (Spruch 580) bei Pepi II. (Kol. 705) hat einen Wb-Mitarbeiter an "Kinnbacken?" denken lassen (siehe DZA 23.909.770) (vgl. auch die Zeichenform in der Pyramide von Pepi I.: MIFAO 118, Tf. 20, Zl. P/V/W 76). Diese Textstelle Pyr. 1546c erweckt den Eindruck, dass mjdꜣ paarförmig vorhanden ist, denn es gibt zwei identische Determinative und Bezüge zu Geb und Nut, und außerdem im mittleren Bereich der Beine des Rindes anzusiedeln ist, weil es zwischen Ober- und Unterschenkel aufgelistet wird (jwꜥ.wj=f n Šw ḥnꜥ Tfn.t / mjdꜣ.wj=f n Gb ḥnꜥ Nw.t / sw.tj=f n Ꜣs.t ḥnꜥ Nb.t-ḥw.t / ḫnḏ.wj=f n Ḫntj-jr.tj ḥnꜥ H̱r.t(j): "Seine beiden jwꜥ-Oberschenkel gehören Schu und Tefnut, seine beiden mjdꜣ-Körperteile gehören Geb und Nut, seine beiden Unterschenkel gehören Isis und Nephthys, seine beiden ḫnḏ-Keule/Füße(?) gehören Chenti-irti und Cherti.").

14
qnqn
: Gardiner, AEO II, 244*, Nr. 593: "a joint of some sort, (...). Ostr. Gardiner 155, vso 1 (noted as two in number) (...) in all these passages clearly as parts of an ox". Die Art des Fleischstücks ist unklar. In einer Opferliste im Tempel von Luxor ist das Fleischstück mit einer Reihe kleiner Vorsprünge versehen, die eventuell Rippen oder Dornfortsätze der Wirbelknochen sein könnten (DZA 30.396.820: Raum G laut Baedecker = Raum mit der Barkenkapelle des Alexander; dieses Determinativ ist die Vorlage für Wb. 5, 56.11).

15
ꜣšr.t: Siehe Verhoeven, Kochen, Grillen, Backen, 21-33 für die Bedeutungsermittlung "Grillklein" und 43-49 für die Quellen. Ältere Übersetzungen lauten "Rippenstück" (Helck, Materialien. Indexband, 169), "Nieren" (Eggebrecht, Schlachtungsbräuche, 98; van de Walle, La chapelle funéraire de Neferirtenef, 43, Nr. 50: "Rognons (?)"), "Bratenstück" (Helck, Materialien, 351), "Bratenfleisch" (Moussa/Altenmüller, Niachchnum, 165, Nr. 53), "viande rôtie" (Meeks, AL 780096), "roasted meat" (Moussa/Junge, Two Tombs of Craftsmen, 45, Nr. 5b), "roast joint" (Faulkner, CDME, 6). Verhoeven versteht ꜣšr.t als eine nominale Ableitung von ꜣšr: "grillen", wobei die .t-Endung als Diminutivelement zu erklären ist. ꜣšr.t geht in den Opferlisten normalerweise mjs.t, nnšm, ḥꜥ und jwf (n.j) ḥꜣ.t voran und kann in manchen Quellen aufgrund der Disposition der Wörter eindeutig als Oberbegriff für diese verwendet werden. Auf dem Opfertisch der Prinzessin Neferuptah aus Hawara (12. Dyn.: Petrie, Kahun, Gurob and Hawara, Tf. 5) sind zwei Töpfe, die kleine Fleischstücke enthalten, mit ꜣšr.t beschriftet, was die etymologische Interpretation als "Grillklein" bestätigt. Zubereitet wird das Grillklein laut Verhoeven wahrscheinlich durch Garen der Fleischstücke auf Steinen (S. 28-29). Eine erheblich abweichende Übersetzungshypothese schlägt Eggebrecht, Schlachtungsbräuche im alten Ägypten, München 1973, 98 vor: Weil die Nieren im Nierenfett eingebettet sind, muss dafür kein Dual erwartet werden und es wäre seiner Meinung nach nicht abwegig, in den Fällen, wenn ꜣšr.t nicht als Oberbegriff für Gebratenes (s. Verhoeven: Gegrilltes), sondern selbst als spezifisches Fleischopfer gilt, dafür das Fleischstück des die Nieren umgebendenden Fettes anzusetzen. Die Übersetzung von van de Walle, La chapelle funéraire de Neferirtenef, 43, Nr. 50: "Rognons (?)" erweckt den Eindruck, dass er die Hypothese von Eggebrecht berücksichtigt.

16
mjs.t: "Leber". Ein Eingeweideteil, der bei der Mumifizierung entnommen und unter den Schutz des Amset gestellt wurde. Brugsch, Hierogl.-demot. Wb., 2, 1868, 589-591 denkt an die Leber oder die Nieren und hat einen Zusammenhang mit demot. pꜣ mws und kopt. ⲙⲉⲥⲧⲛϩⲏⲧ: "Brust" gesucht. Heute wird der etymologische Zusammenhang zwischen mjz.t und ⲙⲉⲥⲧ- nicht mehr akzeptiert (s. Westendorf, KHWB, 103), sondern der Nachfolger von mjz.t könnte (Altkoptisch) ⲙⲁⲟⲩⲥⲉ, ⲙⲁⲟⲩⲥⲓ (Erman, in: ZÄS 21, 1883, 100, Zl. III.2; Griffith, in: ZÄS 38, 1900, 92) sein (s. Westendorf, KHWB, 107). Der Zusammenhang mit pꜣ mws ist richtig, erlaubt aber selber auch keine endgültige Identifizierung. Loret, in: Lortet & Gaillard, La faune momifiée de l'ancienne Égypte, IIe série, Lyon 1905, ix entscheidet sich für die "Leber", weil Lortet und Gaillard in den von ihnen untersuchten mumifizierten Eingeweiden weder Herz noch Lungen noch Nieren gefunden haben, sondern nur Milz und Leber. Da Loret in nnšm das kopt. ⲛⲟⲉⲓϣ, ⲛⲱⲓϣ: "Milz" erkennt, bleibt für mjz.t nur noch die Leber übrig. Wb. 2, 44.11 zweifelt: "ein inneres Organ, neben Lunge und Milz: vermutlich die Leber". Für MedWb I, 357-358 und DrogWb, 224-225 braucht die Übersetzung "Leber" keinen Nachweis mehr, aber Grapow, Anatomie, 78 schreibt: "Die Bezeichnungen für die 'Leber' mjs.t und für die 'Milz' nnšm beruhen für uns auf den Bedeutungen, welche diese Wörter im Koptischen haben. Denn die Erwähnungen dieser Namen in den alten Texten lassen nicht mit Sicherheit ersehen, um welche Organe es sich handelt." Gardiner, AEO II, 245*-249* (Nr. 598) analysiert die Sachlage der vier inneren Organe, die bei der Mumifizierung entnommen werden (Leber, Milz, Lunge und Eingeweide: Identifikation an erhaltenen Eingeweidepaketen durch Elliot Smith), die Zuweisung zu den vier Horussöhnen (Amset, Hapi, Duamutef, Qebehsenuef) und die zugehörigen Bezeichnungen (mjz.t, nnšm, wfꜣ und jm.j-ẖ.t/mẖtw) und kommt zu dem Schluss, dass die Leber mit Amset und Amset mit mjz.t verbunden ist, deshalb Leber = mjz.t. Außerdem sind die Bedeutungen von nnšm, wfꜣ und jm.j-ẖ.t/mẖtw durch die eindeutigen koptischen Entsprechungen "Milz" ⲛⲟⲉⲓϣ = σπλήν = طحال aṭ-ṭaāl; "Lunge" ⲟⲩⲟϥ = πνεύμων = رِئة riʾa, qaṣab ar-riʾa; "Innereien" ⲙⲁϩⲧ = ἔντερα, σπλάγχνα = أمعاء amꜥāʾ, مصران muṣrān abgesichert. Seitdem gilt die Identifikation von mjz.t als "Leber" als sicher (z.B. Lefebvre, Tableau des parties du corps, 33-34, § 38; Faulkner, CDME, 105; Posener-Kriéger, Les archives du temple funéraire de Néferirkarê-Kakaï, Bd. 1, 243; Walker, Anatomical Terminology, 269). Für Lacau ist mjz.t eine von vielen Körperteilbezeichnungen, die mit m-Präfix gebildet sind und teilweise ältere Wörter ersetzen (Lacau, Les noms des parties du corps, 150, § 406).

17
nnšm: "Milz". Wurde schon von Brugsch (Hierogl.-dem. Wb. 3, 1868, 784) mit demot. nyš und kopt. (S) ⲛⲟⲉⲓϣ, (B) ⲛⲱⲓϣ verbunden, das in den Scalae mit griech. σπλήν und arab. الطحال aṭ-ṭaāl wiedergegeben und deshalb als "Milz" übersetzt wird. Loret, in: Lortet & Gaillard, La faune momifiée de l'ancienne Égypte, IIe série, Lyon 1905, ix vermerkt, dass nnšm in der Pyramide von Pepi II. geschrieben ist (= Pyr. 83b, Spruch 133, Version N 435a), was den Zusammenhang mit kopt. (S) ⲛⲟⲉⲓϣ, (B) ⲛⲱⲓϣ nahelegt, daher auch seine Übersetzung "la rate". Dazu passt, dass Lortet und Gaillard in den von ihnen untersuchten mumifizierten Tierinnereien aus dem Tal der Könige weder Herz noch Lungen noch Nieren, sondern nur Milz und Leber gefunden haben. Das führt Loret durch Ausschlussverfahren zu dem Schluss, dass mjs.t die Leber sein muss. Die Identifikation von nnšm als "Milz" scheint niemals infrage gestellt worden zu sein. Wb. 2, 276.17-20 s.v. nnšm: "die Milz". Gardiner, AEO II, 249-250*, Nr. 600 bestätigt die Orthographien und nnšm und den Zusammenhang mit kopt. (S) ⲛⲟⲉⲓϣ. Lefebvre, Tableau des parties de corps, 35, § 40: "la rate"; MedWb I, 466 s.v. nnšm: "Milz". Walker, Ancient Egyptian Terminology, 271: "spleen". Eggebrecht, Schlachtungsbräuche, 95 weist auf Darstellungen hin, in denen nach dem Öffnen der Bauchhöhle des Rindes zuerst Milz und Leber entnommen werden.

18
jwf (n.j) ḥꜣ.t: Die meisten Bearbeiter suchen eine Bedeutung, die zu der wörtlichen Übersetzung "Fleisch von der Vorderseite" oder "Fleisch des Vorderteils" passt. Brugsch, Hierogl.-dem. Wb., I, 59 hat: "Fleisch vom Vorderblatt" (vermutlich das Brustbein = Sternum und nicht die Schulterblätter). Loret, in: Lortet/Gaillard, La faune momifiée de l'ancienne Égypte, IIe série, Lyon 1905, ix erklärt jwf (n.j) ḥꜣ.t als: "le chair du devant, chair de la poitrine", d.h. "(le) sternum flanqué de ses cartilages costaux" (übernommen von Lacau, in: RecTrav 35, 1913, 62). Wb. 1, 52.2: "Brustfleisch"; Faulkner, CDME, 162: "meat of the forepart (of animal)". Davon weicht Montet, Scènes de la vie privée, 1925, 170-171 ab. Für ihn ist nicht "viande de devant", sondern "viande de choix" zu übersetzen, d.h. "(le) filet" oder Rinderfilet aus der Lende, weil in einer Abbildung das Fleischstück länglich und biegsam ist (Montet, 170, Fig. 30 aus dem Grab des Sesi [rechts] und aus dem Grab des Anchmahor [links]: Capart, Rue de tombeaux, Planches, 1907, Tf. 56 [Anchmahor]). Gegen "viande de choix" spricht allerdings, dass dies ḥꜣ.t (n.t) jwf lauten müsste, nicht jwf (n.j) ḥꜣ.t, und gegen "Lendenfleisch" spricht der Zeitpunkt der Entnahme in der Schlachtfolge (diese Gegenargumente bei Junker, Giza VI, 52). Es kann auch nicht das Bries sein, wie Klebs (Reliefs des Alten Reiches, 126, Anm. 2) auf Vorschlag des Direktors des Heidelberger Schlachthauses vermutete [oder betrifft es hier die Übersetzung von mjs.t nnšm?], weil das eine ganz andere Form hat und nur bei Jungtieren vorhanden ist. Laut Eggebrecht, Schlachtungsbräuche, 87-93 wurde jwf (n.j) ḥꜣ.t nach dem Abschneiden des Vorderbeines und der Herausnahme des Herzens entfernt. Berücksichtigt man den Bereich des Rindes, der dann schon frei liegt, sowie die Form des Fleischstückes, müsste es sich laut Eggebrecht um den fleischigen Teil des Zwerchfells handeln. Verhoeven, Kochen, Grillen, Backen, 24 mit Anm. (o) hält diese Interpretation als "Zwerchfell" für möglich. Bei Hannig, HWB, 33 {1157} / Ägyptisches Wörterbuch I, 57 {1157} findet man beide Erklärungen: "*Brustfleisch, *Zwerchfell".

19
ḫnḏ
: Bezeichnung für einen (essbaren) Teil des Beines von Mensch und Tier, möglicherweise auf das Unterbein beschränkt. Wb. 3 unterscheidet zwischen ḫnd: "Bein; auch: Fuss. / als Körperteil des Menschen und der Tiere (des Rindes)" (Wb. 3, 313.22-23: mit dem Bein D56 determiniert) und ḫnḏ: "Teil vom Vorderschenkel des Rindes als Speise" (Wb. 3, 314.18: mit dem Fleischstück F44 determiniert). Heute werden ḫnd und ḫnḏ als unterschiedliche Graphien desselben Wortes betrachtet, wobei das in den Pyramidentexten belegte ḫnḏ die ältere Form sein könnte. Das Bein-Determinativ, auch im Dual belegt, identifiziert ḫnd als eine doppelt vorkommende untere Extremität von Mensch und Säugetier. Brugsch, Hierogl.-dem. Wb. 3, 1868, 1112-1113 versteht das Substantiv ḫnd als "'der vorwärts Schreiter' als besondere Bezeichnung für 'das Bein'". Er leitet es also vom Verb ḫnd ab, für das er die Bedeutung "vorwärts, aufwärts gehen, steigen, besteigen, aufwärts steigen nach" ansetzt, weil er einen Zusammenhang mit der Präposition ḫnt: "vorwärts, aufwärts" erkennt. Letzteres ist falsch (ḫnd und ḫnt sind zwei verschiedene Wurzeln) und das Bewegungsverb ḫnd wird heute als "treten, betreten, gehen" verstanden. Laut Gardiner, AEO I, 17-18 (Nr. 280) erweckt Wb. 3 den Eindruck, dass das Substantiv ḫnd-Bein mit dem Verb ḫnd: "treten, betreten, gehen" zusammenhängt, was allerdings fraglich ist, falls das Substantiv ursprünglich ḫnḏ zu lesen sei (Gardiner entscheidet selbst nicht mangels Quellenmaterial). Er verweist für die ḫnḏ-Fleischopferspeise auf eine Schlachtszene im Tempel der Hatschepsut in Deir el-Bahari (Naville, Deir el Bahari IV, 1901, Tf. 107, unteres Reg. links, 3. Rind = DZA 27.984.460), wo ḫnd mit dem Vorderschenkel des Rindes zusammenhängt und gemeinsam mit sw.t genannt wird. Letzteres ist eine Bezeichnung für "Unterschenkel, Tibia, Schienbein". Im Morgenlied Edfou I, 17.20 ist ḫnd ein Körperteil mit dem Bein als Determinativ, das mit dem Verb sꜣḥ: "herankommen" verbunden ist (vgl. sꜣḥ: "Zehe" im Morgenlied in E I, 17.19), und auf dem Monthtor von Karnak (Urk. VIII 27, Nr. 31.b) sind die Feinde unter dem ḫnd des Min. Diese Beispiele sprechen für einen (bei Rindern essbaren) Körperteil im Bereich von "Unterbein" oder "Fuß". In pLouvre N 3129 wird mittelägyptisch ḫnd.wj mit neuägyptisch pꜣ sḏḥ 2 n.j rd.wj übersetzt (Urk. VI, 85). Laut Walker, Anatomical Terminology, 276 ist sḏḥ: "shin, lower leg excluding foot. Particularly includes the two bones of each lower leg, i. e. the tibia and fibula" (ähnlich Lefebvre, Tableau des parties du corps humain, 49, § 56; Wb. 4, 394.1-4: "Unterschenkel"; Gardiner, AEO I, 17, Nr. 278). Abgesehen von diesen Beispielen, die für "Unterbein" sprechen, kommt ḫnd auch parallel zu msd.t vor (Tb. 125: DZA 27.981.890), das "Schenkel" bedeutet (Lefebvre, 55, § 62: "la 'cuisse', puis, par extension de sens, la 'jambe'"; Walker, Anatomical Terminology, 270: "thigh, haunch"), weshalb auch für ḫnd an den oberen Bereich des Beines gedacht wird (Lefebvre, Tableau des parties du corps humain, 55, § 62: "la cuisse, la jambe, également le pied" (mit Verweis auf Wb.); Wilson, Ptol. Lex., 743: "refers to the thigh, leg or foot of men or animals"). Beide Beinbereiche finden sich bei Hannig, HWB, 863 s.v. sḏḥ: "Unterschenkel (Mensch, Tier); Oberschenkel (Teil des Sternbilds 'Riese' über Knie)". Die Beinbezeichnung ḫnd ist demotisch und koptisch nicht mehr belegt, was zu der innerägyptischen Übersetzung in pLouvre N 3129 passt. In pChester Beatty IX steht der ḫnd/ḫnḏ-Beinbereich in einem Wortspiel mit dem Verb ḫnd: "treten, betreten, gehen".

20
Das zu erwartende Wortspiel fehlt. In anderen Handschriften steht hinter Seth noch sr.w oder sr.y (siehe Pyr. 84c, Spruch 136), das Tacke, Opferritual, II, 217 Anm. (bb) mit "indem sie abgeschlagen (?) sind" übersetzt (mit Verweis auf Wb. 4, 192.10). Auch dann funktioniert das Wortspiel zwischen der -Gans und dem Verb sr kaum. In einem Teil der Handschriften ist die -Gans durch die srj.t-Ente ersetzt, was ein gutes Wortspiel ergibt.

21
srj.t: Ersetzt im Neuen Reich des Öfteren die in älteren Opferlisten genannte z.t-Spießente. Das Wortspiel funktioniert ursprünglich zwischen z.t und mzi̯/mzꜣ.t.n=f (siehe Pyr. 85c-d, Spruch 138), später vielleicht zwischen srj.t und r=s.

22
sẖ.t ḥḏ.t: sšr.t ist eine Graphie von sẖ.t, anderswo auch sš.t geschrieben, wobei das überflüssige r eventuell vom s(ꜣ)šr.t-Kuchen stammt, der auch in Opferspeisenlisten vorkommt (vgl. Gardiner, AEO II, 229*-230*, Nr. 520). Wb. 4, 267.9: "eine Körnerfrucht". Laut DrogWb 462-463 ist "sẖ.t eine noch nicht bestimmte Körnerfrucht". Seit 1970 ist bekannt, dass sẖ.t die sechszeilige Gerste ist. Drei Töpfe von der Qubbet el-Hawa mit der Aufschrift sẖ.t enthielten ausgezeichnet erhaltene Reste von "Hordeum polystichum Döll. ssp. hexastichum" (Edel, Die Felsengräber der Qubbet el Hawa bei Assuan. II. Abteilung: Die althieratischen Topfaufschriften. 1. Bd., 2. Teil. Text, Wiesbaden 1970, 25, Nr. 16). Ob das Nomen sẖ.t auf sechszeilige Gerste beschränkt ist und jt für andere Gerstenarten (zwei- oder vierzeilige Gerste) steht, ist laut Germer, Arzneimittelpflanzen, 147 sehr fraglich. Was "weiße (sechzeilige) Gerste" ist, ist unklar. sẖ.t wꜣḏ.t wird von Germer als "frische oder noch grüne sẖ.t-Gerste" übersetzt. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, 122 scheint sich der Identifikation als sechszeilige Gerste nicht mehr sicher zu sein, denn sie formuliert "Wahrscheinlich handelt es sich bei sẖ.t um Gerste, denn in mit sẖ.t beschrifteten Töpfen aus dem Alten Reich befanden sich Gerstekörner (Hordeum vulgare L.)". Befürchtet sie intrusive Körner in den Töpfen? Sie lässt in dieser Publikation auch die Unterartspezifikation weg.

23
ḫwi̯=s sšr=f st: In den älteren Handschriften steht ḫwi̯ sḫs=f s(j) (Pyr. 97a, Spruch 163): "Verhindere, dass er es ausreisst" (zḫz: Wb. 3, 472.9), aber in den jüngeren ist zḫz durch sšd ersetzt worden und dadurch identisch mit der Formulierung bei sẖ.t ḥḏ.t. Die Lesung sšr findet sich auch in pKairo+Turin; dort ist eventuell ḫwi̯ sšr.t(w)=st: "Verhindere, dass sie/es ... wird" zu lesen. sšr ist ohne Determinativ geschrieben, so dass unklar ist, ob die späteren Ägypter das Verb als "be-/abstreichen" (sẖr/sšr), "melken" (sẖr/sšr), "trocken werden lassen" (s:(w)šr) oder "verkleinern" (s:šrr) aufgefasst haben.

24
bꜣbꜣ: In Pyr. 98a (Spruch 165) steht j(w)=s nbꜣbꜣ=s: "es zappelt". Übersetzung von nbꜣbꜣ als "zappeln" nach Ward, Four Homographic Roots, 27-28, § 43-44: "tremble, flutter", parallel zu npꜣ und npꜣpꜣ. Daher ALex 78.2064: "frétiller, trembler, se tortiller"; van der Molen, Hieroglyphic Dictionary, 219: "tremble(?)". In anderen Handschriften steht mbꜣbꜣ=s, aber auch m rḏi̯ bꜣbꜣ=s (Textparallelen bei Tacke). In pKairo+Turin und pChester Beatty IX könnte man auch bꜣbꜣ=s m-ꜥ=k: "ihre bꜣbꜣ.t-Körner/Frucht ist bei dir" lesen.

25
bꜣbꜣ〈.t〉: Var. Schreibungen sind b(ꜣ)bꜣ.t und bꜣb(ꜣ).t, die ausführlichsten Schreibungen können noch ein w enthalten: bꜣbꜣ.wt (s. Edel, Die Felsengräber der Qubbet el Hawa bei Assuan. II. Abteilung: Die althieratischen Topfaufschriften. 1. Bd., 2. Teil. Text, Wiesbaden 1970, 127-128). Wb. 1, 418.14 schreibt über diese "Körnerfrucht", dass sie "in den Opferlisten, hinter den Getreidearten und vor den Obstsorten" steht. Edel nennt es "bꜣbꜣ(w)t-Korn". Es ist keine Zutat in medizinischen Rezepten. Es kommt in den Opferlisten auch (vereinzelt?) in den Kombinationen bꜣbꜣ.t zw.t und bꜣbꜣ.t jt vor (Barta, Opferliste, 75; vgl. bꜣbꜣ z(w).t in ÄIB I, 58 (Opferstein Berlin des Mꜣꜥ-ḫrw-Ptḥ, Inv. 1159, Zl. 85)): Hier liegt möglicherweise eine Kontamination mit ꜥg.t n.t jt und ꜥg.t n.t zw.t: "Geröstetes von Emmer/Weizen" vor und ist nicht als Hinweis für bꜣbꜣ.t als eine Zubereitungsart zu verstehen.

26
sḏ.t: Barta, Opferliste, 138 liest ḫ.t: "Feuer". Das normale Wort in Listentyp D ist ḫ.t (phonetisch ausgeschrieben), Barta, Opferliste, 139 listet aber sḏ.t als Variante zu Nr. 35 (ohne Quellenangabe).

27
wꜣḥ: Ob das Wortspiel von ꜥḫw mit wꜣḥ oder mit ꜥnḫ geschieht, ist unklar. Tacke, Opferritual, II, 214 denkt an wꜣḥ, weil er eine Wiederaufnahme von Episode 12 vermutet. Dort gibt es zum einen den Satz wꜣḥ tp.w ꜥnḫ.w (Textsynopse 12.4), zum anderen die Überschrift rʾ n.j wꜣḥ ꜥḫ (Textsynopse 12.1a). Er versteht wꜣḥ auch als "fest sein" und emendiert mn n=k jr.t-Ḥrw, "〈nimm dir das Auge des Horus〉, damit alle Köpfe der Lebenden fest sind". Gardiner, Chester Beatty Gift, 94 bleibt für wꜣḥ bei einem Imperativ: "offer every living head" (vermutlich im Sinne von "zur Verfügung stellen, hinstellen").

28
mꜥq: Siehe Verhoeven, Kochen, Grillen, Backen, 50-63 für die Bedeutung des Substantivs als "Grillspieß", des Verbs als "den Spieß benutzen; am Spieß grillen" und des zubereiteten Fleisches als "Spießbraten". Das Determinativ in pChester Beatty IX könnte für "Spießbraten" sprechen, aber in Anbetracht der umgebenden Opfergaben "Feuer/Flamme", "Feuerbecken", "Fächer" und "angenehm (duftendes?) Holz" scheinen hier eher die Hilfsmittel für die Grillmahlzeit aufgelistet zu sein, daher "Grillspieß".

29
ꜥ-n(.j)-ẖn{.t} = ꜥ-ẖn.w: "Arm des Wedelns/Ruderns" = Fächer.

30
šdi̯(.t).n=f m-ꜥ=f: In Pyr. 95c (Spruch 160) steht šdi̯.t.n=f m-ꜥ Stẖ: "(das Horusauge), das er (i.e. Horus) dem Seth weggenommen hat".

Phase 53. Annex Amunfest: Ausrufen des Opfers (Rto x+12,1-2)

[Rto x+12,1]Worte zu sprechen durch den Vorlesepriester/Ritualisten, der ausruft:1

(Oh) Sem-Priester, bereite ein 〈Opfer〉-das-der-König-gibt vor 〈für〉 Amun, den Herrn von Opet, (für) Amun-〈〈Re〉〉, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, (für) Amun-Re, Kamutef (Stier seiner Mutter), der auf seinem großen Platz ist! Komm zu diesem deinem Brot!

1njs: In pKairo+Turin steht n.tj ḥr njs m pr pn sm ...: "der in diesem Tempel ruft: '(Oh) Sempriester'", was darauf hinweist, dass der Satz in pChester Beatty mit njs endet und dass smj nicht direktes Objekt von njs ist.

Phase 54. Annex Amunfest: Hochhalten der Opfergaben (Rto x+12,2-x+13,1)

Das Hochhalten der Opfergaben durch den Vorlesepriester/Ritualisten dieses Gottes.1

Worte zu sprechen: Kommt, (oh) Dienerschaft! Hebt hoch die Opfergaben! Sie sind 〈für〉 die (göttliche) Anwesenheit / das (göttliche) Gegenüber!2 Hebt hoch die Opfergaben 〈für〉 Amun,3 den Herrn von Opet, Amun-Re, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder! Alles Leben ist {sein Bedarf} 〈bei ihm〉. Alle Stabilität ist bei ihm. Alle Macht ist bei ihm. Alle Gesundheit ist bei ihm. Alle Freude ist bei ihm. Der König von Ober- und Unterägypten Djeser-ka-re, der Sohn des Re Amenhotep (I.) – der mit Leben beschenkt sein möge –, der Horus, 〈Starker〉 Stier, der die Länder bezwingt, ist auf dem Thron des Horus und auf dem Sitz des Seth, und zwar als der König von Ober- und Unterägypten, der Vorsteher der Lebenden ewiglich, der sie (d.h. die Opfergaben) ihm (dem Amun) gibt (oder: nachdem er sie gegeben hat). (oder: Denn der König von Ober- und Unterägypten ist tatsächlich4 der Vorsteher der Lebenden ewiglich, nachdem er sie gegeben hat.)5 – Natürlich hat der König von Ober- und Unterägypten User-maat-re Setep-en-re (= Ramses II.) – der leben, heil und gesund sein möge –, der Horus, Starker Stier, [Rto x+12,5]geliebt von Maat, sein (d.h. des Amun) Fest ausgerichtet, indem er die Prozessionsfahrt seines Vaters Amun, des Herrn von Opet, Amun-Re, des Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, ausrichtete.6 – Möge er (d.h. Amun) zufrieden sein 〈mit〉 den Taten des Königs von Ober- und Unterägypten Djeser-ka-re (= Amenhotep I.),7 der die beiden Länder bezwungen hat, (damit) Leben, Stabilität, Macht und Freude ewiglich bei seinem Ka sind. Kommt, (oh) Dienerschaft! Hebt hoch die Opfergaben! Sie sind für die (göttliche) Anwesenheit / das (göttliche) Gegenüber! Hebt hoch die Opfergaben für Amun-Re, Kamutef (Stier seiner Mutter), der auf seinem großen Platz ist in Karnak; ebenso.8 Kommt, (oh) Dienerschaft! Hebt hoch die Opfergaben! Sie sind für die (göttliche) Anwesenheit / das (göttliche) Gegenüber! 〈Hebt hoch〉 die Opfergaben für Amun, für Amaunet, für Montu, für Atum, für den Großen,9 für Sepa, für Sechem (oder: das Sechemzepter), für Aryt (oder: den Uräus), für Tjenenet, für Iunit, für die große Neunheit, die in Karnak ist; ebenso. Kommt, (oh) Dienerschaft! Hebt hoch die Opfergaben! Sie sind für die (göttliche) Anwesenheit / das (göttliche) Gegenüber! Hebt hoch die Opfergaben für den König von Ober- und Unterägypten Djeser-ka-re, den Sohn des Re Amenhotep (I.), der mit Leben beschenkt sein möge in Karnak! Möge er (d.h. Djeser-ka-re) die Weiße Krone in Empfang nehmen und möge er die Rote Krone aufsetzen; mögen sie auf seinem Kopf verbleiben und an seiner Stirn erscheinen, wenn er [Rto x+12,10]Re im Leben (oder: als Lebendigen)10 verehrt. Möge seine (d.h. des Re) Neunheit 〈ihm〉 〈in〉 Freude zujubeln, wenn er (d.h. Djeser-ka-re) dem Großen (d.h. Re) folgt/dient mit seiner Liebe, nachdem er das Ruder in der Barke (des Re) aufgenommen hat. Mögen sie (d.h. die Neunheit) dem König von Ober- und Unterägypten Djeser-ka-re (= Amenhotep I.) (Opfergaben) schenken, bestehend aus Leben, Stabilität, Macht und Freude bei seinem Ka, ewiglich. Kommt, (oh) Dienerschaft! Hebt hoch die Opfergaben! Sie sind für die (göttliche) Anwesenheit / das (göttliche) Gegenüber! Hebt hoch die Opfergaben für den König, den Herrn der Beiden Länder User-maat-re Setep-en-Re (= Ramses II.), für den König Men-maat-re (= Sethos I.), für den König Men-pehti-re (= Ramses I.), für den König Djeser-cheperu-re-setep-en-re (= Horemheb), für den König Neb-maat-re (= Amenhotep III.), für den König Men-cheperu-re (= Thutmosis IV.), für den König Aa-cheperu-re (= Amenhotep II.), für den König Men-cheper-re〉 (= Thutmosis III.), für 〈den König〉 Aa-cheper-en-re (= Thutmosis II.), für den König Aa-cheper-ka-re (= Thutmosis I.), für 〈den König〉 Djeser-ka-re (= Amenhotep I.), für den König Neb-pehti-re (= Amosis), für den König Wadj-cheper-re (= Kamosis), für den König Cheper-ka-re (= Sesostris I.), für den König Neb-hepet-re (= Montuhotep II. Nebhepetre), für die Könige von Ober- und Unterägypten, [Rto x+13,1]die die Weiße Krone in Empfang genommen und die Rote Krone aufgesetzt haben, wobei sie (d.h. die Kronen) auf ihrem Kopf verbleiben und an ihrer Stirn erscheinen, wenn sie (d.h. die Könige) 〈Re〉 im Leben verehren.

1 fꜣi̯: Zur Übersetzung "hochhalten" und nicht "herbeitragen", siehe Tacke, Opferritual, II, 223, Anm. (a). ẖr.j-ḥ(ꜣ)b.t 〈n(.j)〉 nṯr pn Gardiner, Chester Beatty Gift, 95 emendiert eine Präposition n: "für". Für Tacke, Opferritual, II, 220 ist es eher ein direkter Genitiv, "der Vorlesepriester dieses Gottes", weil andere Textversionen eine abweichende Wortstellung haben: fꜣi̯.t (j)ḫ.t n GN jn PN. Vorlesepriester von individuellen Göttern (mit indir. Genitiv) sind belegt (s. z.B. Titelsequenzen in Wb. 3, 395.10 und Hannig, HWB, 691-692).

2
〈r〉 ḫft-ḥr: Die Präposition ist vorhanden im gleichen Satz weiter unten (2x: Kol. x+12.6 und x+12.7) und ebenso in pKairo+Turin.

3
fꜣi̯ (j)ḫ.t 〈n〉 Jmn: Die Präposition ist vorhanden im gleichen Satz weiter unten (2x: Kol. x+12.6 und x+12.7) und ebenso in pKairo+Turin.

4
js: Funktion unklar. Gardiner, Chester Beatty Gift, 95 übersetzt mit "as" und lässt den Satz bei ḏ.t aufhören, d.h. er erkennt die alte Partikel "wie, als", die später durch die Präposition mj ersetzt wird. Tacke, Opferritual, II, 224, Anm. (e) vermutet eine ursprüngliche Konstruktion 〈jn〉 nsw-bj.tj js, weil in pKairo+Turin möglicherweise (j)n nsw-bj.tj js steht. Dann müsste js allerdings die das Subjekt betonende Partikel sein, in der AR-Konstruktion jn + Subjekt + sḏm.n=f. Ausführlich zu js siehe Oréal, Les particules en Égyptien ancien, BdE 152, 103-170.

5
ḏi̯.n=f st: Für Gardiner, Chester Beatty Gift, 95, Anm. 3 ist Amun als Subjekt gemeint: Es ist Amun, bei dem alles Leben, Stabilität usw. ist, und der dieses vergibt (Bezugswort von st sind dann Leben, Stabilität usw.). Tacke, Opferritual, II, 220 übersetzt so, dass nsw-bj.tj ḫnt.j ꜥnḫ.w vorangestelltes Subjekt von ḏi̯.n=f ist. Für ihn ist Amenhotep I. Subjekt und dann müssen die Opfergaben das Bezugswort von st sein. In der Auffassung von Gardiner ist Amenhotep I. der Begünstigte des Opferrituals, in der rezenteren Auffassung von Tacke ist Amenhotep I. der ursprüngliche Durchführer des Rituals.

6
jri̯〈〈.n〉〉=f ḥ(ꜣ)b=f und jri̯=f {n} ẖni̯ jt=f: Das n beim ersten jri̯.n=f ist sehr klein und könnte eine spätere Hinzufügung sein. Es gibt mehrere grammatische Interpretationsmöglichkeiten. Gardiner, Chester Beatty Gift, 95 übersetzt "whilst the king ... is making for him his festival and making the procession by boat of his father", was vermuten lässt, dass er eine Pseudoverbalkonstruktion erkennt: jsṯ nsw-bjtj ... (ḥr) jri̯(.t) n=f ḥꜣb=f. Andererseits erwägt er (Plates, Anm. a zu Zl. x+12.5) auch eine Emendation zu jri̯=〈f〉 n=f ḥꜣb=f und jri̯=f {n} ẖni̯ jt=f. In pKairo+Turin findet sich zweimal die Verbalform jri̯=f, im Sethostempel von Abydos hört der Satz auf mit jri̯.n=f ḥꜣb n(.j) Ptḥ-Skr rsj-jnb=f.

7
ḥtp{.w}=f 〈ḥr〉 jri̯.t: Ergänzung von ḥr und Emendation vom Substantiv ḥtp.w zum Verb ḥtp gemäß der Version im Sethostempel von Abydos, wo allerdings anschließend ḏi̯ḏi̯ statt jri̯.t steht. In pKairo+Turin fehlt sowohl ḥtp=f als auch ḥr.

8
m-mj.tt nn: Kann als "ebenso, ditto" oder "wie jenes" übersetzt werden und sich eventuell auf eine Wiederholung des Vorangehenden ab ꜥnḫ nb ḫr=f beziehen. In pKairo+Turin steht hier und an der entsprechenden Stelle im nächsten Satz m-mj.tt nn 〈n〉 nṯr.w nb.w nḥḥ ḏ.t bzw. m-mj.tt nn 〈n〉 nṯr.w nṯr.wt und betrifft eine Wiederholung ab mi̯.y mrj.t oder fꜣi̯ (j)ḫ.t. Gardiner, Chester Beatty Gift, 95 emendiert entsprechend: "and likewise 〈to〉 those 〈gods, the lords of everlasting and eternity〉."

9
n ꜥꜣ: In pKairo+Turin steht hier n Jwi̯=s-ꜥꜣ=s: "für Iusas".

10
m ꜥnḫ: Ist in Wb. 1, 200.1-4 unter dem Substantiv "das Leben" eingetragen (ähnlich wie ḥtp m ꜥnḫ). Assmann, Liturgische Lieder, 142-143 weist darauf hin, dass der Name der 12. Tagesstunde ẖnm.t-ꜥnḫ sich auf den Sonnenuntergang bezieht, und der Sonnengott am Abend "der Lebendige" genannt wird. Deshalb kann man ꜥnḫ in Rꜥw m ꜥnḫ sowohl als "das Leben" als auch als "den Lebendigen" verstehen.

11
ḥkn 〈sw〉: Das Pronomen ist in pKairo+Turin und in Abydos vorhanden.

Phase 55: Annex Amunfest: Morgengesang (Rto x+13,1-11)

Was als Gesang der Beiden Ufer gesprochen wird für Amun zur Zeit des Morgens.

Geöffnet sind die beiden Torflügel am Sanktuar (wörtl.: an der Großen Stätte). Aufgesperrt sind die Schreine im Palast. Theben ist im Fest. Heliopolis ist in Freude. Karnak ist in Jubel. Jauchzen ist im Himmel und auf Erden, nachdem Menschen und Götter hochgeschnellt sind. Frohlocken ist überall in den Beiden Ufern ausgebrochen (wörtl.: existent); jedes Gesicht, es hat einen Freudejubel angestimmt (wörtl. aufgegriffen). Ein Lied ist angestimmt worden (oder: der Kult wurde vollzogen) 〈für〉 diesen ehrwürdigen Gott, Amun-Re, den Herrn der Throne-der-Beiden-Länder, (und) für Amun, den Herrn von Opet. Geöffnet wurde sein Gesicht vorn in seinem Tempel. Sein Gebrüll,1 es hat das Ende der Erde erreicht. Sein Fest findet statt (wörtl.: ist zustande gekommen) in diesem Tempel, nachdem [Rto x+13,5]sein Wohlgeruch2 den Umkreis des Meeres umfangen/durchdrungen hat. Der Herr von Erscheinungen ist im Innern von Theben, (aber) sein Ansehen ist überall bei allen Ausländern. Himmel und Erde tragen seine Vollkommenheit, (wenn) er (sie) überflutet3 mit dem Gold aus seinen Strahlen,4 mit Leben und Macht für die Nase des vollkommenen Gottes, des Herrn der Beiden Länder Djeser-ka-re (= Amenhotep I.) – mögest du ihn lieben.

Zweite (Strophe). Geöffnet wurden die beiden Türflügel in Karnak für Amun. Er ist erschienen, er ist erschienen auf seinem großen Fest wie dieses Machtbild des Herrschers, dessen Ruhm 〈groß ist〉 (?).5 Triumph wurde ihm gegeben gemäß (wörtl.: wie) seiner Vollkommenheit im Horizont. Vertrieben wurden für ihn Die(Pl.)-mit-geheimer-Stimme gemäß/wie 〈...〉. oder: Wie hat er vertrieben Die (Pl.) mit geheimer Stimme? (??) Herr des (Sonnen?-)Laufes,6 der die wrr.t-Krone ergriffen hat, der triumphiert, so dass (?) seine Vollkommenheit angehoben wird,7 der mit großem Ruhm und mächtiger Akklamation: Wenn sie (für: man?) dich sehen, dann indem du erschienen bist in/mit Ansehen. Dir wurde die sḫm-Macht übertragen, deine Stimme ist (jetzt) herrlich bis zum Endpunkt (?)8 ihrer bꜣ-Macht. Möge dein vollkommenes Gesicht zufrieden/gnädig sein mit deinem Sohn User-maat-re Setep-en-re (= Ramses II.) – mögest du ihn lieben. Jauchzen (d.h. die jauchzende Menge) bewirkt deine Vollkommenheit,9 [Rto x+13,10]oh Djeser-ka-re (= Amenhotep I.). Wie willkommen bist du, jedesmal wenn du das tust, was gelobt wird. Möge Amun dich loben wegen jeder (deiner) Taten.10 Möge er dich loben, möge er dich lieben, möge er dich fortdauern lassen, möge er deine Feinde niederwerfen als Tote oder als Lebende.

1 hmhm.t=f: In pKairo+Turin wird das Substantiv als Fem. Sg. jni̯=s wieder aufgenommen, in pChester Beatty IX als Fem. Pl. jni̯=sn, in pBerlin P 3056 liegt das Maskulinum hmhm vor, das als Mask. Sg. jni̯=f aufgegriffen wird.

2
jꜣd.t=f: Siehe Wb. 1, 36.4-5: "Tau eines Gottes, bildlich für Wohlgeruch", wobei aber auf jd.t: "Wohlgeruch" (Wb. 1, 152.9-11) verwiesen wird, und Wb. 1, 36.6: "bildlich für 'göttliche Kraft' o.ä.". Gardiner, Chester Beatty Gift, 96 übersetzt mit "his fragrance", Tacke, Opferritual, II, 226 mit "sein Wohlgeruch". In pBerlin P 3056 steht bꜣw=f statt jꜣd.t=f. Eventuell kann jꜣd.t=f auch eine Graphie von ꜣ.t=f: "sein Machtmoment" sein. Vgl. auch weiter unten, Kol. 14.7: mḥ.tj ẖr ḥr.yt jꜣd.t=k: "Der Norden lastet unter dem Terror deiner Ausstrahlung".

3
bꜥḥ=f: Gardiner, Chester Beatty Gift, 96 übersetzt mit "he flooding (them) with the gold of his rays". Anders Tacke, Opferritual, II, 226: "Er wird überflutet mit dem Gold seiner Strahlen". In pBerlin P 3056 fehlt =f und kann bꜥḥ ein Pseudopartizip zu p.t tꜣ sein.

4
nbw m stw.t=f: In pKairo+Turin sowie in pBerlin P 3056 steht ein direkter Genitiv nbw stw.t=f.

5
jty 〈ꜥꜣ〉 bꜣw =f: Emendation nach Gardiner, Chester Beatty Gift, 96 und Tf. 55, Anm. (a) zu Rto 13.7. Auch in pKairo+Turin ist kein Adjektiv vorhanden, weshalb Tacke, Opferritual, II, 226 und 229, Anm. (r) ohne Emendation auskommt: "dieses Kultbild 'Herrscher-seiner-bꜣw-Macht'". Assmann, ÄHG, 257, Nr. 116 hat: "... wie jenes Machtbild, der Herrscher (in) seinen Machterweisen".

6
ḥp.t: Das Substantiv ist mit den Beinchen determiniert, weshalb Gardiner, Chester Beatty Gift, 96 "the lord of the rudder(?)" mit Fragezeichen versieht. Tacke, Opferritual, II, 227 hat "Herr des Laufes".

7
mꜣꜥ-ḫrw wṯs.{tjw} nfr.w=f: Der Text von pChester Beatty IX ist fehlerhaft. In pKairo+Turin ist der Text beschädigt und vermutlich ebenfalls fehlerhaft [mꜣꜥ-ḫrw] r ḫft(.j) wṯs [nfr.w=f]: "der über 〈seinen〉 Feind triumphiert, der seine Vollkommenheit erhöht". Die Graphie wṯs.tjw in pChester Beatty könnte auf Passiv wṯs.tw hinweisen oder aus ḫft.jw entstanden sein. Gardiner und Tacke übersetzen mit "wearing his beauty" bzw. "der seine Schönheit erhebt".

8
ẖr pḥ.wj: Gardiner, Chester Beatty Gift, 96 übersetzt "up to the limit (?) of its might"; ähnlich Assmann, ÄHG, 257, Nr. 116: "deine Stimme ist zauberkräftig bis ans Ende ihrer Machterweise". Tacke, Opferritual, II, 227 hat: "infolge ihrer bꜣw-Macht." (Tacke, 230, Anm. (w) gibt "hinter" als wörtliche Bedeutung, daher "infolge").

9
jhhj 〈ḥr〉 jri̯(.t): Vgl. Kol. 9.6, wo die Präposition ḥr in der Version von pChester Beatty IX vorhanden ist. In der Version pKairo+Turin ist jhhj an der entsprechenden Stelle mit einer Personengruppe als Determinativ versehen.

10
ḥsi̯.y tw Jmn ḥr jri̯.t nb.t: Vgl. weiter unten Kol. x+14.10: ḥsi̯.y tw Jmn ḥr jri̯.t=k nb.t.

Phase 56: Annex Amunfest: Lobpreisung (Rto x+13,11-x+14,3)

Was gesagt wird zu diesem Gott in einem Jauchzen.

Hoch ist Amun bei seinem großen Fest, ein Herr von Schmuckstücken (?)1 auf seiner Brust. Die Götter sind in Lobpreis bei deinem Anblick, wenn sie dich in Triumph (oder: als Gerechtfertigten) sehen. Du hast die wrr.t-Krone ergriffen. Er hat die Vorhalle gebändigt;2 ...?3... ist unter seinem Zorn (?; oder: enthält den, der gegen? ihn zürnt?).4 Pause. Möge der Herr, der erhabene Gott, Amun, Herr von Opet, Amun-〈Re〉, Herr der Throne-der-Beiden-Länder, aufgehen! Himmel und Erde glänzen/gedeihen, um (?) seine Vollkommenheit zu sehen.5 Das Gewitter fällt (in sich) zusammen aus (oder: wird gefällt durch) Angst vor dir, (du), der den Himmel hochhebt und [Rto x+14,1]die Beiden Länder beruhigt/zufriedenstellt. Dass er aufgeht, ist entsprechend wie du aufgehst.6 Mögest du dich erfreuen an der (?; oder: mögest du angesehen sein durch die?) Maat der Neunheit.7 Möge der Nord〈wind〉 deines Körpers (d.h. für deinen Körper) zu dir kommen.8 Pause. Möge Re aufgehen im Innern seines Schreines, um zu beleben den König, den Herrn der Beiden Länder, Djeser-ka-re (= Amenhotep I.), dem Leben gegeben sei. Mögest du veranlassen, dass er existiert als König ewiglich (oder: als König der Ewigkeit), sitzend auf dem Doppelthron von Horus und Seth, (wobei) die Weiße und die Rote Krone auf seinem Kopf verbleiben. Du hast ihm gegeben den westlichen Horizont, nachdem er den östlichen Horizont beherrscht hat. Möge Amun-Re, der Herr der Throne-der-Beiden-Länder, zufrieden sein. Möge Amun, der Herr von Opet, zufrieden sein mit seinem Festmahl; (weil?) seine Neunheit erschienen ist, um ihn anzuschauen.

1 ḫꜥw: Gardiner, Chester Beatty Gift, 96 übersetzt "lord of diadems (?) upon his breast (?)" und qualifiziert dies als "obscure". Tacke, Opferritual, II, 231 hat "Herr des Erscheinens an seiner Brust" und nimmt an (232, Anm. a), dass ḫꜥw: "Kronen" im Sinne von "Insignien" o.ä. zu deuten ist.

2
jw qnb.n=f ...: Der ganze Satz ist unklar. Tacke, Opferritual, II, 231 segmentiert "Der, der für sich ḫntj? bändigt, ist msms? durch (?) sein dndn?." Gardiner, Chester Beatty Gift, 96 übersetzt "thou hast seized the Great crown, and hast (?) subjected the palace, and the ... is full of thy (?) wrath." (Gardiner möchte die Suffixpronomina =f zu =k emendieren: Tf. 58, Anm. (a) und (b) zu x+13.12).

3
msms: Unverständlich und ohne Determinativ. In pKairo+Turin ist diese Stelle lückenhaft. Assmann, ÄHG, 258, Nr. 117.6 hat "die Kinder (?) stehen unter seinem Zorn".

4
dndn.n=f: Lies entweder dndn n=f: "der gegen ihn zürnt" (man erwartet eher r=f) oder dndn{.n}=f: "sein Zorn". Laut Wb. 5 ist dndn intransitiv, so dass keine Relativform "der, dem er gezürnt hat" vorliegen kann.

5
r mꜣꜣ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 96 übersetzt "at the sight of whose beauty sky and earth become bright". Man erwartet allerdings eine andere Präposition, vgl. n mꜣꜣ n=k im vorherigen Satz und Wb. 2, 9.3-4 n mꜣ=f, n mꜣ n=f. In Kol. x+14.2 steht psḏ.t ḫꜥi̯(.w) r mꜣꜣ n=f.

6
wbn=f und wbn=k: Die Bezugspersonen für die Pronomina sind unklar. Assmann, ÄHG, 259 versteht ꜥḫ p.t shrr tꜣ.wj als vorangestelltes Subjekt von wbn=f, aber wer ist damit gemeint? Gardiner, Chester Beatty Gift, 96, Anm. 7 nimmt an, dass wbn=f sich auf Amenhotep I. bezieht und wbn=k auf Amun.

7
wꜣš=k: Gardiner, Chester Beatty Gift, 96: "that thou mayst have honour through (?) the Truth of the Ennead"; Assmann, ÄHG, 259: "Du wirst gepriesen in Rechtfertigung von der Neunheit" (mit wꜣš als Passiv und Agens mit (j)n psḏ.t?); Tacke, Opferritual, II, 231: "Mögest du angesehen sein durch (?) die Wahrheit der Götterneunheit".

8
jwi̯ n=k mḥ〈y.t〉: Gardiner, Chester Beatty Gift, 96: "Meḥ (?) comes to thee, 〈to?〉 thy body"; Assmann, ÄHG, 259: "Die Umringlerin deines Leibes kommt zu dir" (mit mḥ〈n〉?); Tacke, Opferritual, II, 231: "möge der Nordwind deines Körpers zu dir kommen". In pKairo+Turin steht jwi̯ n=k ṯꜣ[w ⸮n?] ḏ.t=k, was darauf hinweist, dass in pChester Beatty IX der Nordwind gemeint sein muss.

Phase 57. Annex Fest des Sechsten Mondmonatstages: Anrufung des Gottes (Rto x+14,3-8)

Das, was zu diesem Gott gesagt wird nach den zwei täglichen (Morgenlied[?]-)Strophen.1

Geöffnet worden ist das Gesicht für Re im Benben-Haus, (für) Amun, Atum, den Herrn von Theben, den Herrn des Festes des 6. Mondmonatstages, den Fürsten – LHG – des Festes des 7. Mondmonatstages, (für) [Rto x+14,5]Chepri, der die Beiden Länder mit seiner Vollkommenheit erhellt. Horus und Thoth sind {zu ihm} gekommen, um 〈dich〉 anzuschauen im Palast.2 Mögen sie dich mit dem Wasser der Überschwemmung und mit den (Natron-)Kügelchen, die es in Elkab gibt, reinigen. Mögen sie (dir) geben die Salbe deiner Stirn und die Kleidung aller deiner Glieder.3 Mögen sie dir darreichen grüne Augenschminke und schwarze Augenschminke; Myrrhe und Weihrauch umgeben {seinen}〈deinen〉 Schrein. Dein Ba ist (jetzt) mächtig in Heliopolis-von-Oberägypten (Armant oder Theben), (denn) dein Ansehen hat sich {(dessen) des Königs} 〈des Südens〉 bemächtigt.4 Dein Name ist (jetzt) heilig in {Heliopolis-von-Oberägypten} 〈Heliopolis-von-Unterägypten〉;5 Der Norden lastet unter dem Terror deines {Wohlgeruchs} 〈Machtmoments〉 (d.h. unter der Bedrohung, die von deiner Ausstrahlung ausgeht).6 Mögen dir geopfert werden Tausende (an Opfergaben) auf deinen Altären aus Elektrum, indem sie rein sind auf seinen Händen, nämlich (die des) vollkommenen Gottes, des Herrn der Beiden Länder, User-maat-re Setep-en-re (= Ramses II.) LHG. Es ist deine Ba-Macht, die die Beiden Länder bezwingt/bezwungen hat; 〈dein〉 Kriegsgebrüll ist überall in jedem Fremdland.

1 n-mn.t: Laut Wb. 2, 65 ist n-mn.t eine vereinzelte Var. von m-mn.t, die seit Amarna belegt ist. Gardiner und Tacke übersetzen mit einem Genitiv: "the two stanzas of every day" bzw. "nach den beiden Strophen eines jeden Tages".

2
jw Ḥrw ḥnꜥ Ḏḥw.tj jwi̯ r{=f} mꜣꜣ 〈n〉〈=k〉 m ꜥḥ: Vgl. für die Emendation pBerlin P 3055, 10.8: jw Ḥrw ḥnꜥ Ḏḥw.tj jwi̯ r mꜣꜣ=k m ḥw.t-ꜥꜣ.t und oben pChester Beatty IX, Rto x+14.3 r mꜣꜣ n=f.

3
mnḫ.t n.w ꜥ.wt=k nb(.t): Die Genitivpartikel n.w ist nicht mit dem nw-Topf W24, sondern mit W22 geschrieben. Das anschließende Zeichen ist der Ideogrammstrich bei n.w und nicht ; es gibt auch keine zwei Striche für n.w und für ḥꜥw. Die hieroglyphische Umschrift von Gardiner und Tacke ist entsprechend zu korrigieren. Tacke, Opferritual, I, 273 hat in seiner Textsynopse außerdem nb vergessen.

4
jṯi̯ šfšf.yt =k {nsw} 〈rsj〉: Emendation nach pBerlin P 3055, 10.10 (Tacke, Opferritual. Texte, 274). Alternativ könnte man nsw.yt: "Königtum" lesen, aber der Parallellismus mit mḥ.tj im übernächsten Vers spricht für rsj. Gardiner, Chester Beatty Gift, 97 übersetzt: "thy splendour surpasses (that of) the king".

5
rn =k ḏsr m {Jwn.w-šmꜥ} 〈Jwnw-mḥw〉: Emendation nach pBerlin P 3055, 10.10 (Tacke, Opferritual. Texte, 274).

6
jꜣd.t: Kann als Graphie von ꜣ.t: "Machtmoment" verstanden werden; anders: Wb. 1, 36.6-7: "bildlich für 'göttliche Kraft' o.ä." Vgl. oben pChester Beatty IX Rto, Kol. 13.5 für jꜣd.t: "Wohlgeruch": pẖr.n jꜣd.t =f šnw wꜣḏ-wr. In pBerlin P 3055, 10.10 endet der Satz mit ḥr.yt=k (Tacke, Opferritual. Texte, 274), was am besten passt.

7
ḫꜣw.t: Gardiner, Chester Beatty Gift, 97 übersetzt mit einem Plural, Tacke, Opferritual, II, 236 mit einem Singular. Die Genitivpartikel Plural n.w ist kein sicherer Beweis für einen Plural, denn bei ḫꜣw.t erwartet man n.t. Das Gefäß als Determinativ kommt von ḫꜣw oder ḫꜣy.t, einer Schale oder einem Topf, oder von ḫꜣwj/ḫꜣy, einem Getränk.

8
hmhm(.t) =〈k〉: Emendation nach pBerlin P 3055, 10.11 (Tacke, Opferritual. Texte, 274).

Phase 58. Annex Fest des Sechsten Mondmonatstages: Darbringen von Blumen (Rto x+14,8-11)

Das Herbeibringen des Anch-Blumenstraußes am Tag des Festes-des-sechsten-Mondmonatstags. Worte zu sprechen 〈durch〉 den Propheten/Gottesdiener: Oh Sem-Priester, möge1 der Anch-Blumenstrauß dem König, den Königskindern und den "Freunden" (ein Höflingstitel)2 im Haus/Tempel/Palast gegeben werden. (oder: Oh Sem-Priester, gib den Anch-Blumenstrauß dem König, den Königskindern und den "Freunden" (ein Höflingstitel) im Haus/Tempel/Palast!) {Möge das Kind des Amun gegeben werden} 〈Möge veranlasst werden, dass Amun herabschwebt〉3 als dein ganzer Schutz, der du ewiglich leben mögest. Möge [Rto x+14,10]Amun handeln nach deinem Belieben, (du) Geliebter in Karnak, User-maat-re Setep-en-re (= Ramses II.) LHG, {der nach Belieben handelt} 〈wenn du das tust, was gepriesen wird〉.4 Möge Amun dich loben wegen allem, was du gemacht hast. Möge er 〈dich〉 loben, möge er 〈dich〉 lieben, möge er 〈dich〉 fortdauern lassen, möge 〈er〉 deine Feinde niederwerfen als Tote oder Lebende.5 (Diese) Worte vier Mal zu sprechen im Namen eines jeden Königs.

1 ḏi̯ ꜥnḫ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 97 und Tacke, Opferritual, II, 239 übersetzen ḏi̯ als Imperativ. In einer Version im Hypostyl von Karnak (Tacke, Textsynopse, 275) steht tatsächlich jmi̯. Andererseits ist im nächsten Satz in allen drei Versionen ḏi̯.w (Passiv) vorhanden.

2
n nsw ms.w-nsw smr.w m pr: Gardiner, Chester Beatty Gift, 97 und Tacke, Opferritual, II, 239 lesen beide "den König, die Königskinder und die Höflinge". Allerdings könnte man theoretisch auch ꜥnḫ n ms.w-nsw smr.w-nsw m pr lesen, vorausgesetzt der Titel smr-nsw sollte existieren (nicht verzeichnet bei Al-Ayedi, Index of Titles). Die Textrekonstruktion von Karnak durch Nelson, in: JNES 8, 1949, 334 Fig. 36 hat sogar ꜥnḫ n nsw ms.w-nsw smr.w-nsw m pr, auch wenn er nur "the courtiers in the House" übersetzt. Auch die Zeichendisposition in Version K13 (Nelson, in: JNES 8, 1949, 332 Fig. 35) spricht eher für ꜥnḫ n ms.w-nsw smr〈.w〉-nsw m pr. Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 56, Anm. b zu Kol. x+14.9 fragte sich, ob pr zu pr=〈k〉 zu emendieren sei; in seiner Übersetzung (S. 97) wählt er "in the house 〈of Amūn?〉". In den drei erhaltenen Textversionen steht jedoch jedesmal nur m pr.

3
ḏi̯.w ḫn Jmn: Die Deutung von ḫn ist unsicher. Es wird in pChester Beatty IX mit einem Kind determiniert, in zwei Versionen im Hypostyl von Karnak mit der niederschwebenden Ente. Das Determinativ des Kindes weist auf das Lemma ḫnw: "Kind" hin, das als seltene Nebenform von nḫn belegt ist. Dann müsste Amun entweder das direkte Objekt von ḏi̯.w sein ("das Kind möge den Amun als deinen Schutz geben"), oder "Kind des Amun" ist ein Genitiv in einer Passivkonstruktion ("Das Kind des Amun werde gegeben als dein Schutz"). Gardiner, Chester Beatty Gift, 97 emendiert ḫn zu Ḫn〈sw〉 und übersetzt "Khons(?) causes Amūn to be thy protection", was aber von keinem Textzeugen bestätigt wird. Tacke, Opferritual, II, 239 denkt mit seiner Übersetzung "das Geschenk" an das Lemma ḫn.t: "Extrageschenk, Sondergabe" das in Zusammenhang mit einem Fest belegt ist. Nelson, in: JNES 8, 1949, 335 übersetzt "Cause that Amun hover above as thy magical protection" und erkennt in ḫn das Verb "herabschweben" (mit Anm. 147: "The picture suggested is that of a bird with outspread wings above the one protected, as in the bird-figures of Nekhbet, Buto, Horus, etc. above the king's head in the reliefs.").

4
jri̯ n ḥs(.wt): Gardiner, Chester Beatty Gift, 97 übersetzt "Mayst 〈thou〉 be a favoured one(?)"; ähnlich Nelson, in: JNES 8, 1949, 335. In einem Paralleltext in Karnak steht jri̯=k ḥsw. In pChester Beatty IX Rto, 9.7 und 13.10 findet sich im selben Zusammenhang ebenfalls jri̯.y=k ḥsw bzw. jri̯=k ḥs.

5
sḫr ḫft.jw=k: Gardiner, Chester Beatty Gift, 97 emendiert zu sḫr=〈f〉. Tacke, Opferritual, II, 241, Anm. (g) verweist auf § 51.20 (Kol. x+9.7) und 55.29 (Kol. x+13.10), wo im pChester Beatty IX ebenfalls sḫr ḫft.jw=k stehen sollte (Subjunktiv Passiv), aber in x+13.10 steht sḫr=f ḫft.jw=k.

Phase 59. Annex Fest des Sechsten Mondmonatstages: Präsentation des Festmenüs (Rto x+14,11-x+16,9)

Opfer-/Speisenbedarf des Tages des Festes-des-sechsten-Tages. Opfergabe/Schenkung1 von zwei roten Näpfen mit Wasser, 2 (Näpfe). Amun, nimm dir das Wasser, das in deinen 〈beiden〉 Augen, den beiden roten Krügen, ist! (Wortspiel dšr.t und dšr) Opfergabe/Schenkung von Wasser, 2 rote Krüge. (Oh) Amun, (du) Machtwesen, Herr der Throne-der-Beiden-Länder, Gestalt (?) von jener Dreißig, die jene sind (?).2 [Rto x+15,1]Beschenkung mit 〈tnm-Bier〉 (?),3 1 (Krug). Amun, nimm dir das Auge des Horus, das/der mehr als du ausgezeichnet ist (oder: sich von dir unterscheidet). (Wortspiel tnm und tnw) Beschenkung mit 〈tnm-Bier〉 (?), 1 (Krug). (Oh) Amun, (du) Machtwesen, 〈Herr〉 der Throne-der-Beiden-Länder.4 Beschenkung mit einem (Stück) ḫnd-Fleisch (des Beines), 1 (Stück). Amun, nimm dir das, mit 〈dem〉 er (mit dem Fuß) aufgetreten ist! (Wortspiel ḫnḏ und ḫnd) Beschenkung mit einem (Stück) ḫnd-Fleisch (des Beines), 1 (Stück). 〈(Oh) Amun, (du) Machtwesen, Herr der Throne-der-Beiden-Länder.〉 [Rto x+15,5]Beschenkung mit einem Lendenstück, 1 (Stück). Amun, nimm dir diejenigen, die sich gegen dich erhoben haben, damit du sie eingrenzt/aufhältst! (Wortspiel ḏrww und ḏr) Beschenkung mit einem Lendenstück, 1 (Stück). Amun, ⸢nimm⸣ [dir] [...] [der?] Throne-der-Beiden-Länder! Beschenkung mit Holz des {Durchschreitens} 〈Feuerbohrers〉, 1 (Stück). Amun, ⸢nimm⸣ [dir] [diejenige, die ...] mit deinem Stock! (Wortspiel ḫt ḏꜣ und ḫt) Beschenkung mit Holz des {Durchschreitens} 〈Feuerbohrers〉, 1 (Stück). (Oh) Amun, (du) 〈Machtwesen〉, Herr der [Throne]-der-Beiden-Länder. Beschenkung mit Wein, 1 (Krug). Amun, nimm dir das Horusauge und öffne deinen Mund mit ihm. (Wortspiel jrp und wpi̯ rʾ) [Rto x+15,10]Beschenkung mit Wein, 1 (Krug). (Oh) Amun, (du) Machtwesen, Herr von Luxor. Beschenkung mit Milch, 1 (Krug). (Oh) Amun, (du) Machtwesen, Herr der Throne-der-Beiden-Länder. Beschenkung mit Milch, 1 (Krug). (Oh) Amun, (du) Machtwesen, Herr von Luxor. Beschenkung mit qꜣqꜣ, 1 (Stück). (Oh) Amun, (du) Machtwesen, Herr der Throne-der-Beiden-Länder. [Rto x+16,1]Beschenkung mit qꜣqꜣ, 1 (Stück). (Oh) Amun, (du) Machtwesen, Herr von Luxor. Beschenkung mit weißer sẖ.t-Gerste, 3 (Töpfe). (Oh) Amun, (du) [Machtwesen, Herr von Lu]x[or.] Beschenkung mit grüner sẖ.t-Gerste, 3 (Töpfe). (Oh) Amun, (du) Machtwesen, [Herr] der Throne-der-Beiden-Länder. 〈Beschenkung mit Feigen, 3 (Töpfe).〉 (Oh) Amun, (du) Machtwesen, Herr von Luxor. Beschenkung mit Feigen, 3 (Töpfe). Amun, nimm dir die Brust des Horus, [von der die Götter] gekostet haben. (Wortspiel dꜣb.w und dp) [Rto x+16,5]Beschenkung mit Trauben, 3 (Schalen). Amun, nimm dir das Horusauge, damit (?) sie (Plural!) kraftlos (??) sind! (oder: Amun, nimm dir das Horusauge, das [sie] schwach/trübe macht!) (Wortspiel jꜣrr.t und jꜣrr) Beschenkung mit Trauben, 3 (Schalen). (Oh) ⸢Amun⸣, (du) Machtwesen, [Herr der] Throne-der-Beiden-Länder. 〈Beschenkung mit〉 Datteln, 3 (Schalen). Amun, [... ... ...] 〈Beschenkung mit Datteln, 3 (Schalen).〉 〈(Oh) Amun, (du) Machtwesen, ...〉 Beschenkung mit [einem?] ro[ten Topf], [1? (Topf)] Amun, [... ... ...] Beschenkung mit [einem?] ro[ten Topf], [1? (Topf)] (Oh) A[mun, (du) Machtwesen, Herr von ...]

1 ⸮ḥnk?: Die Opfergabentitel sind teils mit dem Logogramm eines Mannes, der eine Opfergabe darreicht, teils mit den phonetischen Zeichen für ḥnk geschrieben. Außerdem hält der Mann im Logogramm beim ersten Mal eine Opfergabe in der vorderen Hand, später fehlt die Opfergabe systematisch und wird der Mann immer doppelt geschrieben. Gardiner, Chester Beatty Gift, 97 nimmt an, dass das Logogramm bzw. die doppelte Logogrammsetzung ebenfalls ḥnk: "presentation" bzw. "double presentation" zu lesen ist. Tacke, Opferritual, II, 244-245 Anm. (a) meint, dass in der doppelten Zeichensetzung das erste Zeichen für den Lautwert ḥnk steht, das zweite Zeichen Determinativ ist, also kein "double" vorliegt. Seiner Meinung nach liegt der Unterschied zwischen der logographischen und der alphabetischen Schreibung darin, dass die logographische Schreibung auftritt, wenn anschließend mj n=k folgt, die alphabetische Schreibung, wenn anschließend Epitheta des Amun folgen. In seiner Übersetzung differenziert er allerdings, indem er die logographische Schreibung als Infinitiv "Beschenken mit" und die alphabetische Schreibung als unpersönliche Verbalform "Sei beschenkt mit" umsetzt, weil ansonsten "Amun + Epitheta" syntaktisch nicht eingebunden ist. Tacke emendiert die erste und zweite Opferschenkung zu ḥnk 〈m〉, danach (d.h. ab der 1. Zeile in der gleich nachfolgenden Kolumne) ist die Präposition jedes Mal geschrieben.

2
case 1: ⸮ms.tj? | case 2: ⸮ms? tw nn mꜥbꜣ.yt n.tj twy nn: Unverständlich. Gardiner, Chester Beatty Gift, 98 übersetzt "child of these (?) thirty which are (?) these (?)". Tacke, Opferritual, II, 242 folgt dem: "das Kind(?) dieser Dreißig, die jene sind(?)". Vielleicht ist statt "Kind" das Lemma mstjw: "Reinkarnation, Spross" oder auch das Verb msi̯ zu emendieren.

3
ṯsm.t: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 56, Anm. (b) zu Kol. x+15.1 nimmt an, dass s ein Fehler für n ist und ṯnm/tnm-Bier zu lesen ist.

4
sḫm 〈nb〉 ns.tj-tꜣ.wj: Für die Ergänzung vgl. Kol. 15.10 und 15.12. In Kol. 15.7 fehlt sḫm.

Phase 60. Annex Fest des Sechsten Mondmonatstages: Ausrufen des Opfers (Rto x+16,10-11)

[Rto x+16,10](Oh) Sem-Priester, bereite ein [Opfer]-das-der-König-gibt vor für Amun, den Herrn [von Opet, für Amun, ... ... ..., für] Amun, Kamutef (Stier seiner Mutter), der auf seinem großen Thron ist. Komm zu dem, was 〈ich〉 dir gegeben habe, dies[em deinem ...] (?).

Phase 62: Annex Neujahrsfest (Rto x+16,11-x+17,14)

[... ... am Mor]gen des [Neu]jahrsfestes.

Sei gegrüßt, Amun-Re, (du,) der erschienen ist als Harachte, [... ... ... inmit]ten (?) von [...] als König der Götter. Du wirst begrüßt als der, der die Verjüngung wiederholt [... ... ...]1 die beiden [Urä]en, der (?) zufriedenstellt2 [Rto x+17,1][... ... ...], angenehm (?) [... ... ... ... ... ...] seine [Glie]der (?). Bauen/begrüßen (?)3 [... ... ...] Sei gegrüßt, A[mu]n in der Stätte am (?) Morgen [... ... ... ... ... ...] Horus ... [... ...] König [... ... ... ... ... ... der König, ] [Rto x+17,5]Djeser-ka-[re] (= Amenhotep I.), [dem Leben gegeben ist. ... ... ... ... ... ...] seine (?) [beiden] [...] mit Wasser (?), das [verjün]gt (?) [... ... ... ... ... ...] für dich (?) die beiden Augen [... ... ... [...] ... ... ...] dein Kopf [... ... ... ... ... ...] [Rto x+17,10]Horus [... ... ... ... ... ... auf] den beiden Armen des Königs [... ... ... ... ... ...] Amun, Herr (?) [von ... ... ... ... ... ... an jedem Ort], an dem dein Ka ist (oder: an dem dein Ka zu sein wünscht),4 lebend [in Ewigkeit. ... ... ... ... ... ...], der im Himmel ist [... ... ...]

Fortsetzung möglicherweise auf Vso, Kol. 0 vor Vso, Kol. 1.

1 jw nḏ.t(w) ḥr =k m wḥm rnpj: Der Kontext ist zu zerstört für eine sichere Übersetzung. Gardiner, Chester Beatty Gift, 99 hat "Homage is paid to thee as him who renews (his) youth". Tacke, Opferritual, II, 255 und Anm. (b) betrachtet nḏ.t-ḥr als das Substantiv "Geschenk" und übersetzt "Du wirst beschenkt mit der Wiederholung der Verjüngung" (sicherlich für: "Das Geschenk an dich ist die Wiederholung der Verjüngung").

2
[Wꜣḏ].tj sḥtp: Auch hier ist die Übersetzung sehr unsicher. Gardiner, Chester Beatty Gift, 99 hat "the two [goddesses are?] propitiated". Tacke, 255 übersetzt: "Die beiden [...], [mögen sie dich (?)] zufriedenstellen [mit?] ihrer Freundlichkeit!". Die Zeichenspur vor jmꜣ=⸮s[n]? wird von Gardiner als Falke auf Standarte ergänzt (mit Fragezeichen!), was nicht zur Übersetzung von Tacke passt – ob es der Ideogrammstrich bei ḥr sein kann?

3
jw ⸮⸢qd⸣?: Gardiner hat das qd-Zeichen (Gardiner A35) gelesen, ebenso Tacke. Es könnte auch erneut jw nḏ.t ḥr=k sein.

4
Tacke, Opferritual, II, 255 ergänzt: "[an jedem Ort], den dein Ka – er lebe [ewiglich] – [wünscht]" nach der möglicherweise gleichen Formulierung in seiner Textsynopse 64.4: m bw nb mrr kꜣ=k jm ꜥnḫ ḏ.t bzw. 63.9f: m bw nb wn kꜣ=f jm ḏ.t.

Phase 64. Annex Neujahrsfest (…]-Vso X+1,1)

[Vso x+1,1][... ... ... Amun]-Re, Herr [von ... ... ...] ... [...] für immer und ewig.

Phase 65. Annex Neujahrsfest: Beschwörung der Neujahrsfackel (Vso x+1,2-7)

[Möge fest etabliert sein diese Fackel (?) für Amun, den Herrn von] Opet, so wie [fest etabliert ist der Name des Atum (?), des Herrn der Beiden Länder und von Heliopolis (?).]1 (...) [so wie] fest etabliert ist der Name des Geb, [... ... ...], [so wie fest etab]liert ist der Na[me der] Nut, [... ... ...], ... [so wie] fest etabliert ist der Name [des] Osiris, Chonta[menti in Abydos], [so wie] fest etabliert ist [der Name] der Isis {im Fluß} 〈in Behbeit el-Hagar〉, [so wie fest etabliert ist der Name] des Seth in Ombos, so wie fest etabliert ist [Vso x+1,5][der Name der Nephthys] ⸢im Tempel von Heliopolis⸣, (...) [so wie fest etabliert ist der Name des Horus in Pe (= Buto)] so] wie fest etabliert ist der Name des Banebded [in Mendes], [so wie fest eta]bliert ist der Name [des Thoth in Hermopolis.] [Diese] schöne [Fackel ist] für Amun, [den Herrn von O]pet, für [ewig] und immer, [in der Mesketet-Barke und] in der Ma[ndjet-Barke.] [Nicht] wird sie (d.h. die Fackel) zugrundegehen, [nicht wird sie vernichtet werden].2

1 Für die Rekonstruktion des Anfangs, siehe Tacke, Opferritual. Texte, 300; Übersetzung und Kommentar 266. Im Text bzw. in der Rekonstruktion von Gardiner scheint kein Platz für Schu und Tefnut zu sein.

2
Ergänzung nach Tacke, Opferritual. Texte, 303; Übersetzung und Kommentar, 266, der das von Gardiner nicht platzierte Fragment ski̯=f positionieren konnte.

Phase 66. Annex Neujahrsfest: Ausleuchten des Sanktuars (Vso x+1,7-13)

[Spruch zum] {Erblicken} 〈Ausleuchten〉 des (Tempel)-Hauses. Es werde ausgeleuchtet [dieses (Tempel)-Haus.]1 [Es ist Amun, ... ... ..., Amun-Re], der Herr der Throne-der-Beiden-Länder, [der ein gutes Jahr eröffnen wird zusammen mit Re.] [Sie (d.h. die Fackel/Kerze)] hat die Nacht verbracht [zusammen mit Thoth, die Fackel/Kerze aus neuem Fett und Wäscher-Tuch]. Es ist Re-[Harachte, der] ebenso [ein gutes Jahr eröffnen wird.] [Es ist ... (Ptah?), ... ... [Vso x+1,10]...], der ebenso ein gutes Jahr eröffnen wird. 〈Es ist〉 Thoth, [der Herr von ... ... ..., der ebenso ein gutes Jahr eröffnen wird.] [Es ist Mut, die Herrin von Ischeru, an] ihrem schönen Fest, ebenso wie diese. Es [ist die Renenutet dieses Hauses] ⸢an⸣ ihrem schönen Fest, [ebenso wie diese]. [Der Leib von König] Djeser-ka-[re] (= Amenhotep I.), er möge leben, heil und gesund sein, ist gefüllt und gestärkt mit deinen Speisen [deines Festes].2 [Mögest] du/deine [...], (oh) Amun, mögest du zählen [... ... ...]

1 Ergänzung nach Tacke, Opferritual. Texte, 304; Übersetzung und Kommentar, 269, der das von Gardiner nicht platzierte Fragment ḫf{t} positionieren und so eine Textparallele mit dem Hypostyl von Karnak herstellen konnte (K15, Szene 66: Tacke, Tf. 49). Die Ergänzung setzt voraus, dass ḫf: "erblicken" (mit dem Auge als Determinativ) für ḫf: "ausleuchten" (mit dem Feuertopf als Determinativ) stehen kann. Der früheste Beleg für "ausleuchten" findet sich im Tempel von Soleb aus der Zeit Amenhoteps III. (Urk. IV, 1961.15 und 20: mit dem Feuertopf als Determinativ).

2
Ergänzungen nach Tacke, Opferritual. Texte, 306-307; Übersetzung und Kommentar, 269; vgl. oben Rto x+7.8 für tkꜣ m ꜥḏ mꜣw ḥbsw rḥtj.

Phase 67. Annex Mutfest: Libation (Vso x+1,13-2,9)

[Spruch der Libation für (die Göttin) Mu]t im Palast LHG, für den Ka [der Mut, ... ... ...] sie ist für die Ewigkeit.1

Nimm dir (fem.) {für mich} [Vso x+2,1]diese Libation, die fortgekommen ist 〈aus〉 Atum! Herrsche dank (?) ihr (d.h. die Libation), sei herrlich damit, sei angesehen damit, sei mächtig 〈damit〉 ewiglich!2 Erscheine3 als Neseret-Schlange in (oder: aus) dem Nun / der Überschwemmung! Richte4 dich auf, Sachmet, an der Rückseite von Elephantine! Möge dein Ka mit Überfluss versehen sein 〈mit〉 jener Libation, die aus Atum hervorgegangen und 〈aus/als?〉 Chepri entstanden ist. Sei feucht/nass5 vom Ausfluss, der aus Atum hervorgegangen ist! Möge dein Gesicht damit versehen werden. oder: Versieh dein Gesicht damit (oder: ..., damit dein Gesicht damit versehen sei)!6 Sie (die Libationsgewässer) sind rein für Mut, die Große, die Herrin von Ischeru, für Mut in jedem ihrer Namen, 〈〈für〉〉 Sachmet, die Große, geliebt von Ptah, für Bastet, die Herrin von Anchtaui (= Memphis), für Maat, die Tochter des Re, für die Renenutet des Hauses/Tempels des Amun, deren Stellung weiter vorn ist als (die aller) Götter, für Chonsu Neferhotep in [Vso x+2,5]Theben, für Mut, die Herrin des roten Stoffes, für Mut, [...], [für] Mut, die Herrin des Erdbodens, für die "Freunde" (Hoftitel) der Sachmet, für Thoth, der unter seinem Moringa-Baum ist, für Thoth, der das Udjatauge trägt, für Horus, der auf dem Großen Thron ist, für I[...], [für den,] Der-das-Verhör-beurteilt, für Chnum, für Iumeret, für den großen Thron (oder: Iumeret des Großen Thrones), für Afen (?), für den Beurteiler (?)7 des Herzens, [für] die Beiden Paviane, für Sechayt, für Secha[...], für ihren Bogen, für die Oberägyptische Krone, für die Unterägyp[tische Krone], [für] Nechbet und Wadjit, für Unut von Oberägypten, für [Un]ut von Unterägypten, für Watiu (?), 〈für〉 Mut, für ihren [...], für ihren Bogen, für [ihre] Pfeil[e] [für] diejenigen vor ihr, für diejenigen in ihrem Gefolge (oder: hinter ihr), die [sie] suchen/herbeiwünschen (?). Worte zu sprechen 〈für〉 Mut, viermal, und (?) für ihre Barke (?) (oder: sie möge überqueren?).8

1 Ergänzung nach Tacke, Opferritual. Texte, 308; Übersetzung und Kommentar, 273.

2
Gardiner, Chester Beatty Gift, 100. Anm. 2 möchte emendieren zu ꜣḫ=〈t〉 jm{t} wꜣš=〈t〉 jm sḫm=t 〈jm〉. Tacke, Opferritual, II, 273 und Anm. (c) folgt dem und emendiert außerdem noch ḥqꜣ=〈t〉 {ḥr}〈jm〉=f. Dies beruht teilweise auf der Tatsache, dass Gardiner ein t hinter sḫm liest und so zu sḫm=t kommt. Wahrscheinlich ist das jedoch ein Teil des Landzeichens von ḏ.t, das durch eine fehlende Papyrusfaser aufgespalten ist (vgl. ḏ.t in Vso x+1.13).

3
Tacke, Opferritual, II, 273 emendiert zu ḫꜥi̯=〈t〉.

4
Tacke, Opferritual, II, 273 emendiert zu ꜥḥꜥ=〈t〉 〈m〉 Sḫm.t.

5
jbḥ: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 57, Anm. zu Vso 2, 2.c möchte emendieren zu bꜥḥ. Tacke, Opferritual, II, 273 emendiert zu jbḥ=〈t〉.

6
ḥtm: Gemeint ist das Verb "versehen"; der schlechte Vogel gehört zu ḥtm: "vernichten". Nachdem Tacke, Opferritual, II, 273 die vorangehenden Verbalformen zu sḏm=t-Formen emendiert und nicht als Imperative aufgefasst hat, übersetzt er ḥtm als Imperativ. Das t vor den Determinativen von ḥtm könnte als t(w)-Passiv aufgefasst werden.

7
Ḏꜥ-jb: Von Hannig, HWB, 1233 {43519} unter Wḏꜥ-jb eingetragen. Tacke, Opferritual, II, 276, Anm. (i) verweist auf einen Vorschlag von Osing für die Ergänzung ḏꜥ〈r〉-jb.

8
Der Satz ist unklar. Gardiner, Chester Beatty Gift, 100 übersetzt "To be recited; Mut, four times, her (procession by?) boat." Tacke, Opferritual, II, 274 und 276, Anm. (m) möchte emendieren zu ḏd mdw.w zp 4 Mw.t ḏꜣi̯ =s: "Worte zu sprechen {Mut}, viermal: '〈Mut〉, sie möge überfahren". Vielleicht: "wenn sie (den Fluß) überquert"?

Phase 68: Annex Mutfest: Räucherung (Vso x+2,9-x+3,4)

Spruch des Weihrauchs (oder: der Räucherung).

Mögest du aufgehen, indem du herrlich/glänzend bist,1 (du) Erscheinende, (du) Wadjit, die zufrieden ist mit dem, was 〈aus ihr〉 hervorkommt (d.h. dem Weihrauchduft?).2 Hoch sind die Große Neunheit [Vso x+2,10]und die Kleine Neunheit, indem sie zufrieden sind 〈mit〉 dem Duft ihres (d.h. der Wadjit) Parfüms,3 indem 〈sie〉 zufrieden 〈sind mit〉 dem Horusauge.4 Groß ist die Liebe der Neunheit, (wenn?) sie/es (Wadjit?, das Horusauge?) weint,5 (und wenn?) [sie/es] zum Leben erweckt das Leben (?)6 des Atum in/aus/mit ihrem Fleisch des/als (?) Temet,7 der Herrin von Anchtaui (= Memphis). Der Festduft aller Götter wird gemacht/hergestellt mit dem Duft, der aus ihr hervorkommt. Herrlich ist das Herz derer, die in der Unterwelt sind, weil so herrlich der Duft ist, welcher ihrer ist (?), indem es (d.h. das Herz der Unterweltlichen?) zufrieden ist 〈mit〉 dem Wohlgeruch/Parfüm, welcher ihrer ist (?), und dem Duft des Fleisches, welches ihres ist (?).8 Möge dein (fem.) Ka damit zufrieden sein. Der Duft der Kleider/Gewänder [Vso x+3,1]〈deiner〉9 (?) Ba-Macht ist wie (?)10 (der) der Götter, (oh) Sachmet, Flamme, Wadjit, Herrin von Per-wer, Fürstin von Per-neser. Der Duft, der rein und aus dir hervorgegangen ist, (oh) Werethekau, Temet, (du) Herrin von Anchtaui, nimm dir das Horusauge und möge sein (des Auges) Duft über dich kommen.

1 ḫꜥi̯〈.yt〉: Emendiert nach der Version K23 (Nelson, in: JNES 8, 1949, 342, Fig. 40 [K 19, Episode 56]; Tacke, Opferritual, Textsynopse, 310). Gardiner, Chester Beatty Gift, 101 berücksichtigt nur die Chester-Beatty-Version und übersetzt versuchsweise "Thou arisest gloriously (when?) Buto appears".

2
ḥtp.tj ḥr pri̯: In der Karnak-Version steht pri̯ jm=s. Gardiner, Chester Beatty Gift, 101 schließt qꜣi̯ (Var. Karnak qꜣi̯.y) noch hier an und übersetzt "pleased at going forth 〈on?〉 high." Vgl. Nelson, in: JNES 8, 1949, 341: "Arise in glory, O Manifest One, Buto pleased with going forth therein on high." Dann wird der Weihrauchduft hoch hinaufsteigen. Tacke, Opferritual, II, 277, Anm. (b) lehnt diese Segmentierung ab und versteht qꜣi̯ prospektivisch als Verbalsatz mit psḏ.t ꜥꜣ.t psḏ.t nḏs.t als Subjekt. In Kol. rto x+13.11 ist qꜣi̯ ebenfalls das erste Wort des Satzes und bezieht sich ebenfalls auf eine Gottheit: qꜣi̯ Jmn m ḥ(ꜣ)b =f wr: "Hoch ist Amun bei seinem großen Fest".

3
ḥtp(.tj) 〈ḥr〉 stj jꜣd.t=s: In der Karnak-Version steht ḥtp.tj ḥr stj jd.t=s (Nelson, in: JNES 8, 1949, 342, Fig. 40 [K 19, Episode 56]; Tacke, Opferritual, Textsynopse, 310).

4
ḥtp.{y}〈tj〉 〈ḥr〉 jr.t-Ḥrw: In der Karnak-Version steht ḥtp jri̯.t jr.t-Ḥrw ḥḏ.t, was übersetzt wird als "happy with that which the Eye of Horus, the Bright One, did" (Nelson, in: JNES 8, 1949, 342, Fig. 40 [K 19, Episode 56]; Tacke, Opferritual, Textsynopse, 310), aber auch dann muss 〈ḥr〉 eingefügt werden.

5
wr mrw.t psḏ.t rmi̯.y=st: Die Version von Karnak weicht hier deutlich ab: ḫpr {m} nṯr.w m rm.t=s / sꜥnḫ Tmw m jwf=s: "Die Götter entstehen aus ihren Tränen, Atum wird belebt aus ihrem Fleisch."

6
sꜥnḫ=⸮[st]? ꜥnḫ: Die Lücke am Zeilenanfang von x+2.11 ist sehr klein (0,5 Quadrat). Tacke ergänzt [s]ꜥnḫ und vermutet eine Dittographie infolge des Zeilenwechsels. Er tilgt auch das n vor Atum. Eine Ergänzung sꜥnḫ[.tw] wäre nur unter der Form sꜥnḫ[.t(w)] möglich.

7
jwf=s n Tm.t: Vgl. ꜥ.wj=fj n.j nṯr nfr: "die Arme des vollkommenen Gottes" in Kol. rto x+14.8 und ẖr.wj=fj n.j Stẖ in pLouvre E 4864 (Westendorf, Grammatik der Med. Texte, 321 mit Anm. 1, § 469), was der Vorläufer der koptischen Possessivkonstruktion bei Körperteilbezeichnungen sein kann (s. Layton, A Coptic Grammar, § 139).

8
n.tj=s: Unklar. Ob es eine Graphie für das unabhängige Personalpronomen nts zum Ausdruck eines Besitzverhältnisses ist?

9
{=j} n: In diesem Papyrus ist die Genitiv-Partikel n des Öfteren mit einem darüberstehendem t als Füllelement geschrieben; hier ähnelt t dem Suffixpronomen =j; vgl. Vso x+1.4: [mj] rwḏ [rn] ={j}n(.j) Ꜣs.t.

10
bꜣw=〈t〉 mj-m: Emendation in Anlehnung an Tacke, Opferritual, II, 277: "Der Duft der Kleider 〈deines〉 Bas ist wie von den Göttern." Gardiner, Chester Beatty Gift, 101 übersetzt versuchsweise: "the perfume of linen(?) ... ... of might among (?) the gods". Er vermutet, dass mj-m für die Präposition m-m: "unter, inmitten von" stehen könnte (Tf. 58, Anm. (a) zu Zl. 3.1).

Kolophon

Dies (d.h. dieser Satz) bedeutet, dass er (der Text) gut angekommen ist.

Verfasst vom Umrißzeichner des Amun in der Stätte der Wahrheit (= Deir el-Medina), dem Vorlesepriester des Amun bei allen seinen Festen, {{(Personenname)}}.1

1 Der Name des Kopisten wurde nachträglich getilgt und abgewaschen. Gardiner, Chester Beatty Gift, Plate 58, Anm. Vso 3.4.a meinte zuerst, den Namen Pꜣ-sr erkennen zu können (Anfang von G39 und senkrechter Strich von A21), aber die Spuren sind minimal und Černý war kein Zeichner mit diesem Namen bekannt (Gardiner, Chester Beatty Gift, Text, 101).

Reinigungs- und Schutzritual (Vso B.1-18)

vielleicht bis zu 9 (?) Kolumnen zerstört1

1 Die Länge der Lücke am Anfang des Textes wird auf der Grundlage der fehlenden 30 ersten Phasen des Opferrituals auf der Vorderseite des Papyrus eingeschätzt.

Gardiner Text B (Vso x+B.1.1-5)1

[Vso B 1,1][... ... ...]2 alles, was du ge[...]3 hast. Sie werden nicht (mehr) existieren. Deine Zugriffe/Einwirkungen und deine (?) [... ... ... ... ... ...] Re, der Herr der Götter, [hat/möge ... (ein Verb)] das, was aus seinem eigenen Mund hervorgekommen ist. Du sollst/mögest ausfließen (oder: zugrunde gehen), (du) Feind, der du gefallen bist [... ... ... ... ... ... in/aus] allen Gliedern (?) des Amun von Opet,4 den seine Mutter geboren hat.5 Jede(r) Zugriff/Einwirkung, der/die ist in [... ... ... ... ... ...] Hand anlegen, was getan wurde von Re persönlich, als/damit er vertrieb den Schaden (oder: das Leid) [wahr]haftig (?).6 [Vso B 1,5][Worte zu sprechen über dem] Weihrauch.7 Der Mann/Patient werde 〈auf〉8 {deinem} 〈seinem〉 Körper beräuchert9 mit Holz des Olivenbaumes.

[Oh Re in] ⸢seinem⸣ [Horizont/Doppelhorizont]!10 [Oh Re, ... ... ...!]11 [Oh Re, der] ⸢sich⸣ [selbst erschaffen hat / von selbst entstanden ist]!12 [Oh Re, Herr von Hermo]polis! [Vso B 2,1]Oh Re, der das, was existiert, erschaffen hat! Oh Re, der die Feinde gefällt hat!13 Oh Re, Herr der Götter! Oh Re, der die Götter belebt hat (d.h. zum Leben erweckt hat; oder: am Leben erhält)! [Vso B 3,1]Oh Atum, Chef der Götter! Oh Atum, der inmitten von Heliopolis ist! Oh Atum, Vater der Götter! Oh Atum, Herr des Himmels! [Vso B 3,5]Oh Ptah, der südlich seiner Mauer ist! Oh Ptah, Herr der Maat/Wahrheit! Oh Ptah, der die Götter belebt hat (d.h. zum Leben erweckt hat; oder: am Leben erhält)! Oh Ptah, der auf/über der großen 〈Stätte〉14 ist! Oh Ptah, der die Götter gemacht hat! [Vso B 4,1]Oh Ptah, der die Götter geboren hat! Oh Ptah, der an der Spitze des Tjenenet-Heiligtums (in Memphis) ist! Oh Ptah, der unter seinem Olivenbaum sitzt! Oh Thoth, Herr der Gottesworte! [Vso B 4,5]Oh Thoth, Herr von Hermopolis! Oh Thoth, der 〈mit〉 seinen Händen arbeitet!15 Oh Thoth, der die Wahrheit unterscheidet/beurteilt! Oh Thoth, der die beiden Genossen/Streitenden trennt/richtet! Oh Thoth, der aus dem Scheitel (des Seth) hervorgegangen ist! [Vso B 5,1]Oh Thoth, Mond am Himmel! Oh Thoth, der die Neunheit beurteilt! Oh Thoth, der mit/wegen der Maat zufrieden ist! Oh Thoth, der die Maat liebt! [Vso B 5,5]Oh Thoth, der an der Spitze von Heseret16 ist! Oh Thoth in Insel-von-B... (oder: in Ibn)!17 Oh Thoth, der das Udjatauge beruhigt! Oh Thoth im 〈Haus〉-des-Buches!18 Oh Osiris-Onnophris! [Vso B 6,1]Oh Osiris, Herrscher des Westens! Oh Osiris, der inmitten von Busiris ist! Oh Osiris, Herr von Abydos! Oh Osiris, der sich in Memphis befindet! [Vso B 6,5]Oh Osiris, dessen Abscheu das Unrecht ist! Oh Osiris im Haus-der-Beiden-Herren!19 Oh Osiris, der an der Spitze seiner Stätte ist!20 Oh Osiris, [Herr?] der Ewigkeit! Oh Horus, Sohn der Isis! [Vso B 7,1][Oh Horus, der] {die beiden Väter} 〈seinen Vater〉 [schützt]!21 [Oh Horus, Che]nti-irti! Oh [Horus], der an der Spitze von Letopolis ist! Oh [Horus], der über/auf seinem See ist (Herischef)! [Vso B 7,5][Oh Horus], der sich in Aschmunein/Hermopolis befindet! Oh [Horus], ... ... [...!] Oh [Horus, Beschüt]zer [...!] Oh Horus, [der ... ...]-Schiff (?)! Oh Horus, der an der Spitze (?) von Op[et] ist! [Vso B 7,10]Oh Horus [von] Unterägypten! [Vso B 8,1]Oh Horus, der an der Spitze [von ...] ist! Oh Horus in Feld-[von-...!] Oh Horus, 〈...〉! Oh Horus, der inmitten von [...] ist! [Vso B 8,5]Oh Horus von Behedet! Oh Horus, Herr des Lebens (oder: Herr von Mem[phis](?))!22 Oh Seth, [Sohn der Nu]t! Oh Seth, [groß an] Kraft! Oh Seth, [... ...!] [Vso B 8,10]Oh Seth, [... ...!] Oh Seth [im] Haus-der-Beiden-Herren (?)!23 Oh Seth von Ombos! Oh Seth, der an der Spitze ist [von ...!] [Vso B 9,1]Oh [Seth], der sich im 10. o.äg. Gau befindet! [Oh] Seth, der inmitten von Wensi ist! Oh Seth, geliebt von Re! [Oh] Seth, Herr von Wabui (19. o.äg. Gau) und von der Oase! [Vso B 9,5]Oh Isis, Gottesgebärerin! [Oh] Isis, Tochter der Nut! [Oh] Isis, die in[mitten] von Opet ist! [Oh] Isis am B[ug] der Barke des Re! [Oh] Isis, F[ürst]in (?) der Götter! [Vso B 9,10][Oh Isi]s, Herrin des Himmels! Oh Isis, Herrin von Behbeit el-Hagar! Oh Nephthys, Schwester {und Tochter} des Seth! Oh Nephthys, die inmitten von Wensi ist!25 [Vso B 10,1][Oh] Nun, Vater der Götter in Memphis! [Oh] Nun, der die Götter geboren hat! [Oh] Geb, Erbfürst der Götter! [Oh] Onuris, Horus in Thinis! (oder: [Oh] Onuris-Horus in Thinis!) [Vso B 10,5][Oh] Geb(??)-Horus, mächtig in Thinis!26 Oh Nechbet, die Weiße von Hierakonpolis! [Oh] Nechbet, Mehyt (?)27 des Ostens (oder: Oh Nechbet des Nordens und des Ostens)! Oh Hathor, Mut in Dendara!28 Oh Sachmet, Mut 〈in〉 Ischeru!29 [Vso B 10,10]Oh Sachmet-Bastet! Oh Sachmet, {Wiederholerin (?)} 〈Wadjet (?)〉30 in Pe! Oh Sachmet, Mut (??), Wohlbehaltene (??) der Kobras (??)! Oh Sachmet, geliebt von Ptah! Oh Montu, der inmitten von Theben ist! [Oh Mon]tu, Seth, Sohn des Re! König von Ober- und Unterägypten.

1 Falls die Lücke am Anfang der Zeilen nicht doch länger als vermutet ist, würde der Text unvermittelt mit der ersten Anrufung anfangen. Derselbe Text findet sich in pChester Beatty VIII, Rto 5.4 bis [6.?] und trägt dort die Überschrift mḏꜣ.t n.t hrw wršu̯: "Buch des Tages, der wachend (oder: mit Wachen) verbracht wird" (wršu̯(.t) als Infinitiv) oder "Buch des Tages des Monatsdienstes" (wrš als Substantiv). Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 2012, 108 übersetzt "Buch vom letzten Tag des Mondmonats" und erkennt in wrš einen Namen für den letzten Tag des Mondmonats, d.h. den 29. oder 30. Tag. Er verweist auf pChester Beatty IX, Vso B.13.9, wo der Mondmonatstag sn.t mit hrw wrš parallelisiert wird, was erneut in dem semidemotischen Papyrus Berlin P 14402 (Tebtynis, 2. Jh. n. Chr.), Fragm. a, Kol. x+2.7 der Fall ist (wrš-Fest und sn.t-Fest) (J.F. Quack, Fragmente memphitischer Religion und Astronomie in semidemotischer Schrift (pBerlin 14402 + pCarlsberg 651 + PSI Inv. D 23), in: F. Hoffmann, H. J. Thissen (Hrsg.), Res severa verum gaudium. Festschrift für Karl-Theodor Zauzich zum 65. Geburtstag am 8. Juni 2004, Studia Demotica 6, Leuven/Paris/Dudley 2004, 471-473 mit Anm. (h)). Der Name hrw wrš könnte dann "Tag des Monatsdienstes" im Sinne von Monatsdienstantritt oder Monatsdienstwechsel bedeuten. Quack, Fragmente des Mundöffnungsrituals aus Tebtynis, in: Ryholt (Hg.), The Carlsberg Papyri 7: Hieratic Texts from the Collection, 150 verweist für wrš als "Mondmonat" und als "Letzter Tag des Mondmonats" auf eine in Vorbereitung befindliche Edition der Tieromina von pWien D 6218.

2
Die Länge der Lücke am Anfang der Zeilen kann in Zl. 6-9 auf ca. 6 Quadrate eingeschätzt werden.

3
⸮[jri̯]?.t.n=k nb.t: Gardiner, Chester Beatty Gift, 106 übersetzt "all that thou didst", aber er ergänzt jri̯ nicht in der hieroglyphischen Tafel. Drei winzige Zeichenspuren unter einander sprechen eigentlich gegen jri̯. Die angesprochene Person muss ein männlicher Dämon oder Krankheitserreger sein, der sich im Körper des Patienten befindet und ausfließen soll.

4
[m] ⸮⸢ꜥ.wt⸣? nb.t: In der Textparallele pTurin CGT 54057, die von Roccati, in: OrAnt 14, 1975, 246, Nr. 15 identifiziert wurde, steht ⸢m⸣ ꜥ.wt nb(.t) n(.t) mn msi̯.n mn.t / s.t-ꜥ [....

5
msi̯.n mw.t=f: Laut Gardiner, Chester Beatty Gift, 106, Anm. 4 bedeutet diese Formulierung, dass die Mutter unbekannt ist. Ob eine Abwandlung von mn msi̯.n mn.t.

6
m-wn-[mꜣꜥ]: Ergänzungsvorschlag Gardiner, Chester Beatty Gift, 106: "that he might destroy injury in tru[th?]".

7
[ḏd mdw.w ḥr] snṯrj: Ergänzt nach der Textparallele pTurin CGT 54057, die von Roccati, in: OrAnt 14, 1975, 246, Nr. 15 identifiziert wurde.

8
ḥꜥw=k: Gardiner, Chester Beatty Gift, 106, Anm. 5 fragt sich, ob zu ḥꜥw={k}〈f〉 zu emendieren sei, und übersetzt: "let a man fumigate thy/his limbs with wood of moringa". In der Textparallele pTurin CGT 54057, die von Roccati, in: OrAnt 14, 1975, 246, Nr. 15 identifiziert wurde, findet sich tatsächlich [ḥ]ꜥ.w=f.

9
kꜣp 〈ḥr〉: Ohne die Präposition ḥr zu emendieren lautet die Übersetzung "Der Mann/Patient möge {deinen} 〈seinen〉 Körper beräuchern mit Holz des Olivenbaumes." In den medizinischen Texten beräuchert aber der Arzt den Patienten auf der kranken Körperstelle (MedWb II, 896: kꜣp Patient ḥr Droge ḥr Körperteil). Sollte hier eine ähnliche Konstruktion, d.h. eine Passivkonstruktion, vorliegen, müsste man zu kꜣp(.w) z 〈ḥr〉 ḥꜥw={k}〈f〉 emendieren: "Der Patient werde 〈auf〉 seinem Körper beräuchert (mit Olivenholz)". Auch Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 2012, 108 erkennt eine Passivkonstruktion: "Als Handlung soll man mit Weihrauch inzensieren sowie den Mann mit dem Holz des Behen-Baumes beräuchern." In der Textparallele pTurin CGT 54057 scheint ḥr ebenfalls zu fehlen.

10
Ergänzung nach der Textparallele in pChester Beatty VIII, Rto 5.4. In der von Roccati, in: OrAnt 14, 1975, 246, Nr. 15 identifizierten Textparallele pTurin CGT 54057, steht diese Anrufung nicht an erster Stelle.

11
Keine Ergänzung möglich, weil in der Textparallele in pChester Beatty VIII, Rto 5.4 nicht vorhanden. In der von Roccati, in: OrAnt 14, 1975, 246, Nr. 15 identifizierten Textparallele pTurin CGT 54057, findet sich [j Rꜥw s]ḫpr nṯr.w unmittelbar nach j [Rꜥw] [m] ꜣḫ.tj=f(j), außerdem j Rꜥw m Ḫprj oder j Rꜥw m ḫpr.j=[f] nach j Rꜥw ḫpr ḏs=f.

12
Ergänzung nach der Textparallele in pChester Beatty VIII, Rto 5.4. Diese Anrufung findet sich ebenfalls in der von Roccati, in: OrAnt 14, 1975, 246, Nr. 15 identifizierten Textparallele pTurin CGT 54057, aber vor j Rꜥw m ꜣḫ.tj=f(j).

13
Gardiner, Chester Beatty Gift, 107 übersetzt "O Rēꜥ, who overthrew 〈his〉 enemies!". In der von Roccati, in: OrAnt 14, 1975, 246, Nr. 15, identifizierten Textparallele pTurin CGT 54057 ist die Anrufung zu emendieren, außerdem fehlt das Ende: j Rꜥw s〈ḫr〉 ḫft.j ⸮r? [...].

14
Ergänzung nach der Textparallele in pChester Beatty VIII, Rto 5.6.

15
jri̯ 〈m〉 ꜥ.wj=fj: In der Textparallele pChester Beatty VIII, Rto 5.7 steht jri̯ s.w=fj mit dreimal Stoff-s, was Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 41, Anm. (a) zu Rto 5.7 als Fehler für ḏbꜥ.w, d.h. "O Thoth, who made his fingers!" erklärt. Gardiner, Chester Beatty Gift, 107, Anm. 17 meint aber, dass in beiden Texten die Präposition m fälschlicherweise fehlt und nicht "O Thoth, who made his hands!" zu übersetzen ist. In pChester Beatty IX, Vso B4.6 ist es möglich, dass die w-Schlaufe bei jri̯ eine Fehllesung des m ist, denn in Vso B3.9 ist das Verb jri̯ in j Ptḥ jri̯ nṯr.w ausschließlich mit dem Auge geschrieben worden.

16
Ḥsr.t: Gauthier, DG IV, 42-43; Helck, s.v. Heseret, in: LÄ II, 1977, 1171. Der Ortsname ist noch im altkoptischen Papyrus Schmidt als ϩⲁⲥⲣⲱ als Kultort des Osiris belegt (Satzinger, in: JARCE 12, 1975, 39-40: Zl. 3: ⲟⲩⲥⲓⲣⲉ ⲛϩⲁⲥⲣⲱ; kein weiterer Beleg bei S. Timm, Das christlich-koptische Ägypten in arabischer Zeit, III, Wiesbaden 1985, 1098). Gauthier (DG IV, 43) fragt sich, ob mit "Hisoris" im Itinerarium Antonini Ḥsr.t gemeint sein kann, aber es scheint sich dort um "Hisopis" zu handeln, das weiter südlich zwischen Assiut und Ptolemais liegt (B. Löhberg, Das "Itinerarium provinciarum Antonini Augusti", Berlin 2006, 155, Nr. 158,2 und Tf. 77.4). Laut Gardiner, Chester Beatty Gift, 108, Anm. 1 war Ḥsr.t vielleicht der Name der Nekropole von Aschmunein/Hermopolis, wobei mit dieser Nekropole eventuell Tuna el-Gebel (Vorschlag Gardiner, AEO II, 81*) gemeint sein könnte; die NR-Nekropole von Tuna el-Gebel liegt weiter nördlich als die bekannte Tiernekropole und das Grab des Petosiris. Dass Ḥsr.t die Nekropole von Hermopolis sei, geht vielleicht auf den Index von Lefebvre, Tombeau de Petosiris, Bd. III, 1923, 16 zurück. Sethe, Amun und die Acht Urgötter, 39 § 74 [Akademieschriften, 319] scheint es aus der Königsbezeichnung pẖr-ns.t n.j Ḫntj-Ḥsr.t: "Thronerbe dessen, der in Ḥsr.t gebietet" abzuleiten. Roeder, in: ASAE 52, 1954, 358 vermutet, dass es den heiligen Bezirk von Hermopolis bezeichnet. Laut F. Gomaà, Die Besiedlung Ägyptens während des Mittleren Reiches, Bd. I. Oberägypten und das Fayyūm, TAVO 66/1, Wiesbaden 1986, 299 kann aufgrund der MR-Stele Kairo CG 20025 und des pHarris I, Kol. 58.1 festgestellt werden, dass Ḥsr.t in unmittelbarer Nähe von Aschmunein gelegen haben muss, daher nicht Tuna el-Gebel sein kann. Gomaà schließt sich der Vermutung von Roeder an; daher Hannig, HWB, 1173 {42179}: vielleicht ein/der heilige(r) Bezirk von Hermopolis. Laut Grandet, Le Papyrus Harris I (BM 9999), Bd. 2, BdE 109/2, Le Caire 1994, 189-190, Anm. 784 ist es je nach Kontext manchmal der Temenos des Thot in Hermopolis, manchmal die Nekropole von Tuna el-Gebel.

17
Jw~bꜣ~⸢n⸣: Laut Gardiner, Chester Beatty Gift, 108, Anm. 2 ein unbekannter Ort. Die Lesung des letzten Teiles des Ortsnamens ist unsicher. Es gibt ein Toponym Jw-bw im 16. o.äg. Gau, dessen Herrin Hathor ist (Beni Hassan, Gräber des Chnumhotep und des Ameni: Urk. VII, 13.8 und 20.5), aber ob dieser Ort gemeint ist?

18
Ergänzung nach der Textparallele in pChester Beatty VIII, Rto 5.9.

19
Ḥw.t-nb.wj: Laut Gardiner, Chester Beatty Gift, 108, Anm. 8 wahrscheinlich eine Variante von Pr-Nmtj nb Ṯbw, mit Ṯbw als Bezeichnung von Qau el-Kebir und Pr-Nmtj als Bezeichnung von Abutig. Daher Hannig, HWB, 1168 {42065}: "Nut-nebui (viell in Tjebu)". Die Identifizierung der Toponyme ist zu korrigieren. Laut F. Gomaà, Die Besiedlung Ägyptens während des Mittleren Reiches, Bd. I. Oberägypten und das Fayyūm, TAVO 66/1, Wiesbaden 1986, 238-239 bzw. 258 liegt Ṯbw bei Qāw al-Kubra und ist Pr-Nmtj mit al-Aṭāwila zu identifizieren. Nb.wj und Nṯr.wj sind griechisch-römische Wiedergaben für den älteren Namen Nemti (Graefe, Studien zu den Göttern und Kulten im 12. und 10. oberägyptischen Gau, Freiburg 1980, 27), daher vermutlich Gardiners Annahme, dass Pr-Nmtj = Ḥw.t-Nb.wj.

20
ḫnt.j s.t=f: In der Parallele in pChester Beatty VIII, Rto 5.10 steht ḫnt.j ḥw.t=f, aber s.t ist sicher in pChester Beatty IX.

21
jt.tj: Dieselbe merkwürdige Schreibung von jt/jtj weiter unten in Vso B.15.1.

22
Es ist unklar, ob "Herr des Lebens" zu lesen oder ein Toponym wie ꜥnḫ-tꜣ.wj zu ergänzen ist.

23
Nur ein nb-Korb, vielleicht auch zwei, ist/sind zu erahnen. Vgl. oben Vso B.6.6: Ḥrw m Ḥw.t-Nb.wj.

24
Wnsj: Ortsname im 19. o.äg. Gau, der auf der Weißen Kapelle von Sesostris I. als Hauptkultort des 19. o.äg. Gaues belegt ist und wo Seth und Nephthys verehrt werden. Für Nephthys siehe weiter unten Kol. B.9.13 mit einer eindeutigen wnsj-Schreibung. Laut Gardiner, Chester Beatty Gift, 109, Anm. 2 und AEO II, 111* ist es vielleicht ein Name für Oxyrhynchus/Behnasa, das sonst Pr-mḏd heißt und in jüngeren Zeiten die Hauptstadt des 19. o.äg. Gaues ist. Laut F. Gomaà, Die Besiedlung Ägyptens während des Mittleren Reiches, Bd. I. Oberägypten und das Fayyūm, TAVO 66/1, Wiesbaden 1986, 349-350 ist die Gleichsetzung von Wnsy und Pr-mḏd weder sicher noch auszuschließen. Für Montet, Géographie II, 182 ist die Lage von Wnsy innerhalb des 19. o.äg. Gaues unbekannt.

25
msi̯.t nṯr: Die Anordnung der Hieroglyphen spricht für eine Nominalisierung wie mw.t-nṯr und gegen eine freie Phrase von Partizip + Objekt, wie Gardiner, Chester Beatty Gift, 109 übersetzt "O Isis, who bare the god!"

26
[j] ⸮⸢Bj⸣?: Die beiden Zeichen vor dem Gottesdeterminativ sind beschädigt. Das vordere ist vielleicht ein b, das hintere vielleicht j. Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 60, Anm. (a) zu B.10.5 liest ein beschädigtes b, aber vermerkt, dass b problematisch ist; das hintere Zeichen identifiziert er nicht. In seiner Übersetzung (S. 109) hat er allerdings "O Gēb-Horus, powerful in Thinis!" ohne eine Unsicherheitsmarkierung. Während der Bindestrichgott Onuris-Horus (unmittelbar vorher in Zl. B.10.4) laut LGG I, 380a-b mehrfach im Neuen Reich belegt ist, wird ein Bindestrichgott Geb-Horus in LGG VII, 307 nicht aufgelistet (pChester Beatty IX Vso B.10.5 ist zwar exzerpiert [s. LGG II, 578a Wsr-m-Ṯny], wegen der Unsicherheit aber nicht s.v. Geb-Horus aufgenommen). Im Vergleich zu Zl. B.10.3, wo die Lesung "Geb" sicher ist, steht das mutmaßliche b weiter vorn in der Zeile und es fehlt schlichtweg der Platz für die gbb-Gans. Ob man B: "Seth" (Bein + Ideogrammstrich) oder Bḥ: "?" (Bein + Docht) lesen soll?

27
⸮Mḥy.t?: Gardiner, Chester Beatty Gift, 109 übersetzt mit einer Bindestrichgottheit "Nekhbet-Meḥyt". Er erwägt (Anm. 11), jꜣb.t zu ꜣbḏw zu emendieren, weil Mehit in Abydos gemeinsam mit Onuris vorkommt. Mehyt ist allerdings ohne Gottesdeterminativ geschrieben (weder Falke auf Standarte noch Kobra, nur ein Abkürzungsstrich) und in LGG ist keine Bindestrichgottheit Nechbet-Mehit aufgelistet. Für Borghouts, in: OMRO 51, 1970, 151 (Anm. 360) ist die Anrufung als Nḫb.t mḥy.t jꜣb.t(.t) "northern and eastern Nechbet" zu lesen. In pLeiden I 348 Vso 12.5 wird Nḫb.t 〈N〉ḥs.y{w}〈.t〉 jꜣb.tt: "Nechbet der Nubier des Ostens (oder: die Nubierin, die Östliche)" genannt: Borghouts, in: OMRO 51, 1970, 29 ("Nechbet, the Nubian, the Eastern One") und Tf. 14 und 151, Anm. 359 und 360.

28
Ḥw.t-Ḥr Mw.t: Gardiner, Chester Beatty Gift, 109 übersetzt mit einer Bindestrichgottheit "Hathor-Mut". Als Bindestrichgottheit ist Hathor-Mut laut LGG V, 82b nur an dieser Stelle belegt, sonst kommt sie nur noch einmal im demotischen Mythos vom Sonnenauge vor.

29
Sḫm.t Mw.t: Gardiner, Chester Beatty Gift, 109 übersetzt mit einer Bindestrichgottheit "Sakhmet-Mut". Als Bindestrichgottheit ist Sachmet-Mut laut LGG VI, 563b nur an dieser Stelle belegt; Sachmet-Bastet (in der nächsten Zeile) ist laut LGG VI, 562-563 öfter belegt.

30
⸮wḥm.jt?: Gardiner, Chester Beatty Gift, 109 übersetzt nicht. In LGG II, 526a ist die Textstelle eingetragen als Wḥmt-m-P: "Die wiederholt (?) in Buto". Vielleicht is das wḥm-Zeichen ein Fehler für das wꜣḏ-Zeichen (vgl. Kol. Vso B.12.6 in swꜣḏ/swḏ; das wꜣḏ-Zeichen ist ganz anders in Vso B.12.11) und hat hier ursprünglich der Name der Göttin Wadjet von Buto gestanden.

31
⸮〈M〉w.t? wḏꜣ ⸮n? ⸮jꜥr.wt?: Gardiner, Chester Beatty Gift, 109 lässt die Stelle unübersetzt und schreibt, dass es in sonstigen Sachmet-Listen (Liste von Sachmet-Statuen aus Karnak: Newberry, in: PSBA 25, 1903, 218-221; weitere Sachmet-Statuen: Gauthier, in: ASAE 19, 1920, 177-207; Sethe, in: ZÄS 58, 1923, 43-44; Helck, Urk. IV, 1763-1767; vgl. Yoyotte, in: BSFE 87-88, 1980, 46-52) keine Entsprechung gibt. In LGG II, 526a ist die jetztige Textstelle als Sḫmt-w-wḏꜣ-n(?) transkribiert. Bei der Kombination von Buchrolle, n und Mann mit Hand am Mund könnte man sich fragen, ob ein Fehler für rn: "Name" vorliegt: r sieht wie eine Buchrolle ohne Verschnürung/Versiegelung aus.

Gardiner Text D⁝ Schutzbuch (Vso x+B.12.1-18.10)1

- Gardiner, Chester Beatty Gift, 110-113 [Ü] und Tf. 60-61 [T]
- Quack, Reinigen durch Anschwärzen, in: Rösch und Simon (Hgg.), How Purity is Made, 2012, 108-112 [Ü von B.12.1-13.9 und B.17.4-18.10, K]
- Roccati, in: Aegyptus 49, 1969, 11-12 und Tf. I-Ia zwischen S. 8-9 [P,H,Ü,K] (Textparallele für B.12.12-13.5 in pTurin CGT 54056: Text mit Verspunkten)
- Roccati, in: OrAnt 14, 1975, 246 [K] (Textparallele für B.12.1-6, für B.13.9-14.5 und für B.16.7-17.5 in pTurin CGT 54057, die vermutlich zu zwei verschiedenen Papyri gehören)

[Vso B 12,1]Oh Herr von Millionen, dessen Namen man nicht kennt!2 Oh (Ihr) Götter, Herren des Himmels!3 Kommt, damit (Herr) NN, den (Frau) NN geboren hat, gereinigt wird von allem, was gegen ihn gemacht wurde,4 an diesem Tag, in dieser Nacht, in 〈dies〉em Monat, 〈in〉 dieser Stunde, in diesem Jahr. Möge das Böse von ihm vertrieben werden!5 Nicht wird passieren (oder: zustande kommen) irgendetwas, das gegen ihn gemacht wird, von 〈Seiten〉 irgendeines Menschen, irgendeines Mitglieds der pꜥ.t-Leute, irgendeines Mitglieds der rḫ.yt-Leute, irgendeines Mitglieds der ḥnmm.t-Leute, von Seiten von Ausländern6 vom südlichen, [nördlichen], westlichen oder östlichen Ausland, (von Seiten) [Vso B 12,5]irgendwelcher Männer, 〈irgendwelcher Frauen〉,7 〈irgendeines〉 Zauberers, irgendeiner Zauberin, deren [Herzen] (?) negativ eingestellt sind gegen (Herrn) NN, den (Frau) NN geboren hat, (und) die (irgendein/en) Schaden/Unheil gegen ihn anrichten, um ihn an einen Gott (oder) eine Göttin zu überweisen (oder: einem Gott oder einer Göttin zu überlassen),8 (um) zu veranlassen, dass er das, was für ihn Tabu ist, essen muss, (oder) um sein Herz in seinen Bauch (oder: aus seinem Bauch) hinuntersteigen zu lassen (? oder: in seinem Leib zu betrügen/verwirren).9 Sie werden Hörige der Flamme sein,10 des Auges des Re,11 der Katze (?),12 so dass sie Macht über sie hat und so dass ihre Körper verbrennen, [während]13 (Herr) NN, den (Frau) NN geboren hat, beschützt und behütet ist. Nicht (?) wird es der Fall sein,14 dass gegen ihn irgendeine schlechte und böse Sache [pass]ieren wird, [in] der Nacht, am Tage, zu irgendeiner Zeit in [dies]em Jahr und seinem Bedarf (d.h. Zusatzteil),15 gemäß der Verordnung des Re,16 [Vso B 12,10]des Obersten der Götter, Atum-Harachte.

Ein anderer (Spruch).

Ein guter/schöner Tag! Geöffnet worden ist dein Mund, gefällt worden ist jeder deiner Feinde (sei es) als Toter/Wiedergänger (oder: im Tod) (oder) als Lebendiger (oder: im Leben).17 Möge Horus 〈dir〉18 (Wasser) an/über (?) deine Finger19 gie〈ßen〉,20 möge Geb dir das, was in ihm ist, überweisen. 〈Dein〉21 Gesicht wurde gewaschen von deinem Vater als (?) Nun (oder: von deinem Vater, von Nun),22 dein Gesicht wurde abgewischt/trockengewischt von {Sehetep} 〈Hedjhotep〉 (?).23 Ptah hat für dich eine Opferzuwendung (?) gemacht aus Stoff/Leinen, so wie er (es) für Re getan hat.24 Geöffnet wurde dein Mund mittels/voller schöner Worte [Vso B 13,1]und erlesener Redewendungen.25 Man erinnert sich deinetwegen an einen/den schönen Tag;26 man vergisst deinetwegen das Schlechte an einem schönen Tag.27 Himmel und Erde sind im Fest, die Götter sind in Freude. Jauchzen ist im Innern des Großen Hauses (d.h. in Heliopolis), Jubel ist im Benben-Haus (d.h. in Heliopolis). Möge/n 〈für〉 dich Speisen/Versorgung entnommen werden (oder: mögest du dir Speisen nehmen)28 in Anwesenheit {des Schutzes (?)}29 {täglich} der Großen 〈Neunheit〉.30 Jedermann erbittet für dich Gesundheit;31 (oder: während jedermann für dich Gesundheit erbittet und während dein Herz voller Freude ist.) [Vso B 13,5]dein Herz ist voller Freude. Nicht33 wird irgendetwas Schäbiges,34 das du getan hast, als Tadel hervorgebracht werden (wörtl.: mit dem Finger gezeigt werden auf); es existiert keinerlei Böses, das deinen Leib betrifft. [Nicht (?)] werden sie (?) sprechen (?), wenn (?) er (wer?) deinetwegen zuhört (oder: wenn er auf dich hört) in Anwesenheit der Herren der Wahrheit.

Oh (Herr) NN, den (Frau) NN geboren hat, Re möge dich reinigen (oder: hat dich gereinigt) bei seinem Hervorkommen (am Horizont) (oder: bei seiner Prozession?), Thoth bei seinem Erscheinen, wenn diese Meldung (oder: das Bericht-Erstatten)35 zu dir gesagt wird, die Isis zu ihrem Sohn Horus gesagt hat: "Du bist gereinigt am Tag des Festes des Sechsten Mondmonatstags und geschützt/geheiligt am Tag der (Monats-)Wache." Re möge dich reinigen [Vso B 13,10]bei seinem Erscheinen, die Herren von Hermopolis mögen dich beschützen. Atum persönlich möge dich reinigen, die Herren von Memphis mögen dich beschützen. Re in seinem (Doppel-)Horizont möge dich reinigen, die Herren von Herakleopolis mögen dich beschützen. Amun in Theben möge dich reinigen,36 die Herren von [Vso B 14,1]Unu (Hermopolis) mögen dich beschützen. Neith in Sais möge dich reinigen, die Herren von Pe und Dep (= Buto) mögen dich beschützen. Nechbet möge dich reinigen, Satis und Anukis mögen dich beschützen. Schu und Tefnut mögen dich reinigen, Geb und {Nun} 〈Nut〉 mögen dich beschützen. Der Himmel und die Sterne mögen dich reinigen, die Erde des Geb möge dich beschützen. Re im Himmel möge dich reinigen, [Vso B 14,5]die Herren der Nekropole mögen dich beschützen. Horus, Sohn der Isis, möge dich reinigen, Horus, Herr von Letopolis, möge dich beschützen. Seth in Ombos möge dich reinigen, Seth, der Herr von Wadjit (10. o.äg. Gau), möge dich beschützen. Horus, Herr des Westens, möge dich reinigen, Nemti, Herr von Atefet (im 12. o.äg. Gau), möge dich beschützen. Banebdjedet (der Ba, Herr von Mendes) möge dich reinigen, der Ba des Re möge dich beschützen. Thoth im Bücherhaus möge dich reinigen, Thoth, Chef von 〈...〉, möge dich beschützen. Die Vierergruppe der Erhabenen Damen des Hauses [Vso B 14,10]des Ptah37 möge dich reinigen, Sachmet-Bastet möge dich beschützen. Nebethetepet möge dich reinigen, die Herrin der beiden Kobras38 möge dich beschützen. Sobek, der von Krokodilopolis, möge dich reinigen, Herischef möge dich beschützen. Mnevis in Heliopolis möge dich reinigen, Apis im Haus/Tempel des Ptah (d.h. Memphis) 〈möge dich beschützen〉. Der Süden [Vso B 15,1]und der Norden mögen dich reinigen, 〈der Westen und der Osten mögen dich beschützen.〉 Horus-Behedeti (oder: Horus von Behedet) möge dich reinigen, Harendotes39 möge dich beschützen. Ptah, Herr der Maat, möge dich reinigen, der Vorsteher des Tjenenet-Heiligtums (in Memphis) möge dich beschützen. Horus-Chenticheti möge dich reinigen, Re bei seinem Aufgang möge dich beschützen. Hathor möge dich reinigen, Isis, die Göttliche/Göttin,40 möge dich beschützen. [Vso B 15,5]Min-Amun möge dich reinigen, die Herren von Abydos mögen dich beschützen. Die Große Neunheit möge dich reinigen, die 〈Kleine〉 Neunheit möge dich beschützen. Nun möge dich reinigen, {Nut} 〈Naunet〉 möge dich beschützen. Jeder Gott möge dich reinigen, jede Göttin möge dich beschützen. Amun-Re möge dich reinigen, Amaunet möge dich beschützen. Der Allherr persönlich möge dich reinigen, die Herren des Großen Hauses (in Heliopolis) mögen dich beschützen. [Vso B 15,10]Iusas möge dich reinigen, das Binsengefilde möge dich beschützen. [Vso B 16,1]Chonsu in Theben möge dich reinigen, Schu, der Sohn des Re, möge dich beschützen. Die Herren der Imhet-Region/Unterwelt werden dich reinigen, die Herren von Babylon mögen dich beschützen. Die Unermüdlichen (Sterne) mögen dich reinigen, die Unvergänglichen (Sterne) mögen dich beschützen. Die Herren der Nachtbarke mögen dich reinigen, die Herren der Tagesbarke mögen dich beschützen. [Vso B 16,5]Der Morgenstern(??)-des-Re41 möge dich reinigen, Sothis, Herrin des Jahresanfangs, möge dich beschützen. Der Süden und der Norden mögen dich reinigen, der Westen und der Osten mögen dich beschützen. Sachmet im Jahr ihrer Seuche42 möge dich reinigen, Wadjet und (?) Mesenet/Neith/Bastet (??)43 mögen dich beschützen. Chnum, der Herr des Dreißigerkollegs, möge dich reinigen, Harachte(?),44 der in (der Stadt) Schenut45 ist, möge dich beschützen. Sopdu, der Herr des Ostens, möge dich reinigen, Onuris möge dich beschützen. [Vso B 17,1]Der-groß-an-Zaubermacht-ist möge dich reinigen, der Phönix, der sich selbst erschaffen hat, möge dich beschützen.

Oh jene Götter und Göttinnen, kommt und versammelt euch, damit ihr (Herrn) NN, den (Frau) NN geboren hat, reinigt, und damit ihr alles Böse von ihm vertreibt, so wie Re täglich gereinigt wird, so wie die Herren der Urzeit geschützt werden, so wie Isis ihren Sohn Horus vor seinem Bruder/Onkel Seth schützt. Oh jene [Vso B 17,5]Götter und Göttinnen, deren Namen genannt wurden, die im Himmel verbleiben, (aber) auf Erden essen, deren Uräen auf ihren Köpfen,46 deren Bas in Busiris und deren Mumien in der Nekropole sind, deren Namen (trotzdem) nicht gekannt sind – (aber) du (d.h. NN, geboren von NN) kennst 〈ihre〉 Namen und du kennst ihre Geschäfte/Zuständigkeitsbereiche – kommt, damit ihr 〈euren〉 (?) Bas gnädig seid, so dass sie zufrieden sind (?).47 Seid ihm/ja (?) gnädig! Möget ihr ihn beschützen und möget ihr [Vso B 17,10]ihn erlösen. Möget ihr ihn losbinden/befreien von allen 〈〈schlechten〉〉 und bösen Sachen {Wasser} 〈von Seiten〉48 jedes Gottes, jeder Göttin, jedes männlichen Ach-Geists, jedes weiblichen Ach-Geists, jedes Widersachers, jeder Widersacherin, jedes vorbeigehenden Dämons, [Vso B 18,1]jeder vorbeigehenden Dämonin, (von) jeder Bitterkeit (eine dämonische Krankheit), jeder Hitze (oder: Entzündung?),49 jeder Taubheit,50 jeder Blindheit, jeder Behinderung (?),51 jedem Durst, von jedem Aufruhr, jedem Wüten, jeder Erschöpfung,52 jeder Feindseligkeit, jeder Eroberung (??),53 〈jeder〉 Rage, die im Land der Herren des Verborgenen (oder: die in jedem Land sind, indem sie (aber) verborgen sind)54 an jedem einzelnen Tag (vorhanden) sind.

Du bist 〈geschützt〉,55 so wie Re täglich geschützt wird; deine 〈Feind〉e werden gefällt an [Vso B 18,5]jedem einzelnen Tag. (Herr) NN, den (Frau) NN geboren hat: er ist Re, die Sonnenscheibe ist auf seinem Kopf, die Götter sind (?) sein sꜣ-Schutz (?),56 die Neunheit 〈ist〉 (?) sein mk.t-Schutz.57 〈Du〉 (?) bist (Herr) NN, den (Frau) NN geboren hat.58 Du bist 〈unter (?)〉 (oder: Dir 〈gehören〉 (?))59 jene/n Götter/n, deren Namen genannt wurden. Für dich wurde geboren der Vorsteher der Kas der Lebenden. (oder: Du wurdest geboren an der Spitze der Kas der Lebenden.)60 Dieser Spruch werde gesprochen über echtem Lapislazuli, Türkis, Karneol, shr.t-Harz, Malachit, grünem Feldspat, Granit, pꜣgꜣw-Mineral, Meteoriteneisen (wörtl.: Himmelswunder), und jedem kostbaren Gestein. (Es) werde gewaschen in/mit Milch.61 [Vso B 18,10]Der Mann/Patient werde mit ihnen rein/gereinigt62 und er werde beräuchert63 mit Häcksel/Pulver (?) von Gerste.64

1 Obwohl der Text (Text D) durch einen senkrechten Strich vom vorherigen (Text C) abgetrennt ist, möchte Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 108 in Text D doch die Fortsetzung von Text C sehen. Es gibt zwei Hinweise: die Litanei mit Anrufungen an Gottheiten wird in Text D mit 40 Doppelversen aufgegriffen, die einige der vorherigen Gottheiten wieder aufnehmen; der Titel der Litanei (Text C) lautet in der Textparallele pChester Beatty VIII mḏꜣ.t n.t hrw wrš und das seltene hrw wrš erscheint in Text D ebenfalls.

2
nn rḫ.tw rn=f: Die Übersetzung "Nicht wird sein Name bekannt werden" (Futur) ergibt keinen Sinn. Aus der Perspektive der mittelägyptischen Grammatik ist eine Emendierung zu n{n} rḫ.tw rn=f: "Sein Name ist nicht bekannt (geworden)" (n sḏm.tw=f) oder zu nn rḫ{.tw} rn=f: "Nicht gibt es das Kennen seines Namens" bzw. "Nicht gibt es den, der seinen Namen kennt" (negativer Existenzsatz) erforderlich. Die kleinste Anpassung ist, nn als eine Graphie von n zu verstehen.

3
nṯr.w nb.w p.t: Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 übersetzt "O ye gods, lords of heaven, ...", Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 108 hat "Oh alle Götter des Himmels!". Hinter p.t ist eine beschädigte Stelle, in der Gardiner ein Gottesdeterminativ und Pluralstriche erkennt als Gesamtdeterminativ von nb.w-p.t.

4
m jri̯.yt nb〈〈.t〉〉 r=f
: Das t von nb.t wurde nachträglich über dem Suffixpronomen hinzugefügt und nicht unter dem nb-Korb geschrieben. Vgl. die Schreibung von jri̯.y.t nb.t r=f in Kol. B12.3 gleich im Anschluss.

5
tꜣ: Für Gardiner, Chester Beatty Gift, 110, Anm. 2 ist tꜣ nicht der Artikel feminin singular, sondern zu der Passivmarkierung .tw zu emendieren.

6
m ḫꜣs.tjw: m wird hier als eine neuägyptische Schreibung von jn verstanden.

7
ṯꜣy.w nb.t: Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 mit Anm. 4 fragt sich, ob nb.t zu ḥm.t zu emendieren sei. Es ist auch möglich, dass ṯꜣy.w 〈ḥm.t〉 nb.t: "alle Männer 〈und Frauen〉" zu emendieren ist, parallel zu ḥkꜣ.w ḥkꜣ.yt nb.t: "alle Zauberer und Zauberinnen".

8
r swḏ.ṱ=f: Konstruktion r + Infinitiv + Suffixpronomen als direktes Objekt.

9
r s{wt}hꜣi̯.yt/s{wh}hꜣ.yt: Am Ende von Zl. B12.6 ist laut Gardiner (Tf. 60) nach s möglicherweise noch wt zu erkennen, aber sicherlich ist das Kausativverb s:hꜣi̯: "hinabsteigen lassen" (Beinchen vorwärts D54) oder das Verb shꜣ: "umkehren; betrügen; vernachlässigen" (Beinchen rückwärts D55) gemeint. Das Determinativ der Beinchen geht vorwärts, was eher zu shꜣi̯ als zu shꜣ passt; Gleiches gilt für den Infinitiv auf y. Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 übersetzt "to bewitch his heart in his body", Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 108 hat "um sein Herz in seinem Leib irre werden zu lassen" (vgl. S. 111: das Herz wirr werden lassen). Das Herz ist laut mehreren Texten im Leib/Bauch (Inschrift des Mentuhotep Nebhepetre aus Deir el-Ballas x+4; 2. Kamosestele Zl. 2-3), wird dahingegeben (rḏi̯: Pyr 1195b / Spruch 690) oder gebracht (jni̯: Pyr 828c / Spruch 447; Pyr 835c / Spruch 450), wird dort gekühlt (qbḥ: Pyr 1195b / Spruch 674+462), es kann aber auch aus dem Leib herauskommen (pri̯ m ẖ.t: Beredter Bauer B1, Zl. 307/alt 276) oder geschickt werden (hꜣb ḫntj ẖ.t: Tb 27). Die Konstruktion sh jb: "das Herz verwirren (?)" findet sich in der Prophezeiung des Neferti (pPetersburg 1116 B Vso.19); in der Lehre des Amenemope (pBM 10474, Kol. 14.10) steht jw jb=f shꜣ m ẖ.t=f: "sein Herz ist betrogen/hintergangen (?) von/in seinem Leib". Die Alternative ist das Verb stwhꜣ: "(durch Zauberei) bannen": siehe dazu Ritner, Mechanics of Ancient Egyptian Magical Practice, SAOC 54, 193, Anm. 890.

10
ḏ.t nsr.t: Lesung nach Gardiner, Chester Beatty Gift, 110, Anm. 5, der übersetzt "They shall be serfs of the Flame-goddess", of this (?) Eye of Rēꜥ, the cat who will (?) gain power over them 〈to〉 burn their limbs, [while?] N, born of M, is protected and safeguarded [...]". Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 108 hat "Sie sollen der Flammengöttin überantwortet werden, dem Auge des Sonnengottes, der Katze, so dass sie Macht über sie gewinnt und ihre Glieder verbrennt, während NN, den NN geboren hat, beschützt und bewahrt ist." Weil hinter wnn eine Präposition erforderlich ist, kann nicht nḏ.t oder n.j-ḏ.t gelesen werden, sondern ist n als m zu verstehen oder ist zu 〈m〉 nḏ.t zu emendieren.

11
jr.t {t}n(.t) Rꜥw: Für die Schreibung von Genitiv-n mit einem Füll-t über n vgl. mehrere Belege auf der Vorderseite desselben Papyrus (u.a. Rto x+3.4, x+3.5, x+3.9, x+6.13, x+7.4, x+8.5ff., Vso x+1.2, Vso x+2.11 in m rn pwy n.j bzw. mj rwḏ rn n.j).

12
mjw(.t): Lesung nach Gardiner, aber dann anscheinend ideographisch geschrieben und ohne Ideogrammstrich. Es kann dann nicht Re als Kater sein, sondern muss die Katze, bezogen auf das Auge des Re oder die Flamme, sein, weil ein Suffixpronomen feminin folgt: sḫm=s (t bei =st unklar).

13
[jw]: Ergänzungsvorschlag Gardiner, Chester Beatty Gift, 110, Anm. 6 und von ihm übersetzt als Umstandssatz.

14
⸮⸢nn⸣? wn ⸮[ḫp]r?: Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 lässt den Anfang unübersetzt: "...... against all things mischievous and evil" und fängt mit der Präposition r an. Er meint (Tf. 60, Anm. (b) zu Kol. B12.8), dass die zwei horizontalen Striche am Satzanfang kaum ("hardly") die Negation nn sein können. Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 108 hat "Es soll nicht vorkommen, dass gegen ihn irgend etwas Schlechtes oder Böses geschieht (?)", was eine Ergänzung zu [nn]-wn [ḫp]r voraussetzt. Die Konstruktion nn-wn + sḏm=f ist selten (Gardiner, EG, § 108.2), weiter oben im Text steht nn ḫpr (Kol. B12.3).

15
r nw nb m rnp.t [t]n ẖr.j=s jst: Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 übersetzt "at any time in the year [in?] its course". Er hat das letzte Wort als die nicht-enklitische Partikel jstw/jsṯ gelesen und fährt entsprechend fort: "Lo, it has been commanded by Rēꜥ, who is over the gods, even Atūm-Ḥarakhti." Das letzte Zeichen w von jstw sieht jedoch eher wie ein m aus. Vernus hat die enklitische Partikel der Koordination jsk/jsṯ/js: "und" erkannt (in: H. Willems (Hg.), The World of the Coffin Texts, Egyptologische Uitgaven 9, Leiden 1996, 184) und verweist auf weitere Belege für die Formulierung rnp.t ẖr.t=s js/jsṯ: pEdwin Smith Vso 19.8-9: rnp.t ẖr.t={j}s jsṯ; Sarg der Anchnesneferibre Zl. 126/131 und 146/151 (Sander-Hansen, Die religiösen Texte auf dem Sarg der Anchnesneferibre, Kopenhagen 1937, 56 [Zl. 126] und 60 [Zl. 146]: "(vor allem schlechten ...) dieses Jahres sowie dessen, was dazu gehört"; Wagner, Der Sarkophag der Gottesgemahlin Anchnesneferibre, SSR 16, Wiesbaden 2016, 136 [Zl. 131] und 149 [Zl. 151] "dieses Jahr und dem, was dazu gehört"). Zusätzliche Belege finden sich in Tb 148 (Lapp, Papyrus of Nu, Tf. 32, Zl. 15; Lepsius, Todtenbuch, Tf. 69, Zl. 18), auf der magischen Statue von Ramses III., Zl. B.17 (Drioton, in: ASAE 39, 1939, 77-78: "en cette année et sa durée"; KRI V, 264.15-16), in pDeir el-Medina 44, Zl. 10-11 (Koenig, in: BIFAO 99, 1999, 261 "à chaque moment de l'année", 267 Anm. u, 281) und in pBrooklyn 47.218.138, Kol. x+13.14 (Goyon, in: JEA 57, 1971, 156, 157: "pendant cette [année] et (toute) sa durée"). Vernus erklärt die Formulierung rnp.t ẖr.t=s js/jsṯ als eine Umschreibung für die Epagomenentage und verweist dazu auf Borghouts, Ancient Egyptian Magical Texts (NISABA 9), Leiden 1978, 100, Anm. 25 (zu S. 8), wo es sich allerdings um die Formulierung m hrw 5 ḥr.jw rnp.t in pChester Beatty VIII, Vso 5.1 handelt. ẖr.t ist als "der Bedarf" des Jahres zu verstehen, d.h. das, was das reguläre Jahr von 12 x 30 Tagen braucht, um 365 Tage voll zu machen. Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 108 hat "zu jeder Zeit in diesem Jahr und auch dem Dazugehörigen". Koenig, in: BIFAO 99, 1999, 261 übersetzt m nw nb m rnp.t ẖr.t=s js pw zwar mit "à chaque instant et à chaque moment de l'année", fragt sich aber zugleich, ob rnp.t ẖr.t in einem anderen Zusammenhang (CT VI, 163j) "l'an passé" (?) bedeuten könnte.

16
m wḏ n.j Rꜥw: Erkannt oder ergänzt von Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 108: "..., auf Befehl des Sonnengottes, des Oberhaupts der Götter, Atum Harachte."

17
m mwt m ꜥnḫ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 92 übersetzt mit Personenbezeichnungen ("whether dead or alive"), auch Wb. 2, 167.3 hat m mwt m ꜥnḫ unter die Personenbezeichnungen eingetragen: "als Toter oder Lebender, tot oder lebend". Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 108 übersetzt freier als: "all deine Feinde unter den Lebenden und Toten". Tacke, Opferritual, II, 204 erkennt hingegen die Substantive "Tod" und "Leben". In pChester Beatty IX, Rto x+9.7 ist bei mwt ein Personendeterminativ vorhanden, allerdings Singular (Tacke, Textsynopse, 236 zu § 51.20, 55.29 und 58.7). Dieselbe Graphie liegt in Rto x+13.10 und 14.11 vor, während die Parallelversionen von pKairo+Turin (§ 51.20 [kein Personendeterminativ] und 55.29 [zerstört]) und vom Hypostyl von Karnak (Episode K18, § 58.7) zerstört sind. In den meisten Belegstellen von Wb. 2, 167.3 sind keine Personendeterminative vorhanden und ist ꜥnḫ mit der Buchrolle determiniert. Ausnahmen sind pChester Beatty IX bei mwt und Deir el-Bersha Grab 2 von Djehutihotep bei ꜥnḫ (DZA 23.993.690: Bersheh, I, Tf. 11: [sḫr]=f ḫft[j.w=f m] mwt m ꜥnḫ = ältester Beleg!). Mit "Tod/Leben" aber schwer verständlich ist die Übersetzung "Celle qui renverse les ennemis hors de la mort et de la vie" (Laskowska-Kusztal, Deir el-Bahari III. Le sanctuaire ptolémaïque de Deir el-Bahari, 42, Text Nr. 43). Die Übersetzung von B.12.10-13.1 auch bei J.F. Quack, Fragmente des Mundöffnungsrituals aus Tebtynis, in: K. Ryholt (Hg.), The Carlsberg Papyri 7: Hieratic Texts from the Collection, CNI Publications 30, Copenhagen 2006, 69–150 (hier: 149–150).

18
={t}〈k〉: Emendation nach dem zweiten Teil des Doppelverses, wo eindeutig swḏ n=k Gb jm.jw=f: "Möge Geb dir das, was in ihm ist, überweisen" steht. Statt =t könnte man vielleicht auch =j lesen, aber das hilft ebenso wenig bei der Übersetzung.

19
m ḏbꜥ.w=k: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 60 hat die Präposition in seiner hieroglyphischen Umschrift übersehen. Die Funktion der Präposition ist am ehesten mit lokaler Bedeutung zu erklären, obwohl man vom Deutschen her vielleicht ḥr erwarten würde. Eine Übersetzung mit instrumentaler Bedeutung "mit deinen Fingern" ergibt keinen Sinn. In der Parallele auf der Kopenhagener Stele fehlt die Präposition und wird ṯtf in ṯtf ḥꜥpj ḏbꜥ.w=k transitiv verwenden, etwa "benetzen, befeuchten, begießen".

20
ṯt〈f〉: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 60 schreibt hieroglyphisch ṯ.t/ṯt mit Fragezeichen, liefert aber keine Übersetzung. Der Ideogrammstrich könnte für Wörter wie ṯ.t: "Opfertisch" oder "Mannschaft" sprechen, aber das passt nicht zu dem Wasserdeterminativ und dem Determinativ des schlagenden Mannes, die eher an das Verb ṯtf: "ausgießen; überfluten" (emendiere dann f) erinnern. Eine andere Möglichkeit ist vielleicht das Verb stj: "ausgießen" (lies dann ein misslungenes z statt , auch wenn man vielleicht eher das Tierfell mit Pfeil F29 mit Lautwert st erwarten würde). Eine Bestätigung für die Emendation zu ṯtf findet sich auf Stele Kopenhagen AAd.22 (KRI III, 370.3-4) bei einer Darstellung des Mundöffnungsrituals: hrw nfr / wn rʾ=k / ṯtf ḥꜥpj ḏbꜥ.w=k / jꜥi̯{=k} ḥr=k pꜣ ḥꜥpj r-ḏr=f / bn dr{p}=k jm=f: Martin, The Tomb of Tia and Tia, EES, Excavation Memoir 58, London 1997, 37 (Nr. 109), Tf. 57 und 165: "A happy day! Your mouth has been opened, the Inundation has flowed over your fingers, the entire Inundation has washed (?) your face, you will not perish (?) on account of it." (jꜥi̯{=k} ḥr=k pꜣ ḥꜥpj r-ḏr=f ist problematisch, das Objekt ḥr=k müsste nach ḥꜥpj stehen; Martin erwägt als Alternativlösung jꜥi̯=k ḥr=k 〈m〉 pꜣ ḥꜥpj r-ḏr=f: "you have washed your face with the entire Inundation.") In pChester Beatty IX scheint ṯtf absolut verwendet zu sein ohne direktes Objekt: "überfluten" > "in Überfluss geben"; auf der Kopenhagener Stele sind die Finger das direkte Objekt: "Hapi überflutet deine Finger".

21
 ḥr ={mꜣ}〈k〉: Emendation gemäß Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 60, Anm. (a) zu B.12.12, die auf Zeichenähnlichkeit von =k und mꜣ im Hieratischen beruht.

22
m jt=k m Nwn: Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 übersetzt "〈Thy〉 face is washed by thy father Nūn, and thy face is wiped by Sḥetep (?)." Er erkennt (S. 110, Anm. 3) im ersten m die Präposition jn, das zweite m lässt er unberücksichtigt. Eventuell ist es ein m-Identikum "als, in der Eigenschaft/Gestalt von", oder es ist zu tilgen. Eine instrumentale Bedeutung "mit Urwasser" ist sehr fraglich.

23
{Sḥtp} 〈Ḥḏ-ḥtp〉: Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 übersetzt: "thy face is wiped by Sḥetep (?)." Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109 emendiert zu "Hedjhotep(?)", der als Textilgott für das Abwischen im Sinne von "trockenwischen" passt. Dem Photo nach zu urteilen ist es nicht unmöglich, dass Gardiner die ḥḏ-Keule als Stoff-s verlesen hat; das Zeichen weicht eindeutig von der gängigen Stoff-s-Schreibung ab.

24
wḏb m: Das Verb ist hier objektlos und mit Präposition verwendet, etwa "(ein Opfer) umleiten/zuwenden, bestehend aus". Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 übersetzt: "Ptaḥ makes a change of linen for thee, as even he did for Rēꜥ." Quack, in: Ryholt (Hg.), The Carlsberg Papyri 7: Hieratic Texts from the Collection, 149 hat "Ptah wechselt dir das Gewand aus, wie er es für Re getan hat." Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109 übersetzt abweichend: "Ptah wendet sich zu dir mit dem Gewand, wie er es für Re getan hat."

25
ẖr: Kann sowohl die Bedeutung "enthaltend, sein unter, tragend" haben (d.h. der Mund ist voller schöner Worte) als auch die Bedeutung "infolge, durch, wegen" (d.h. der Mund wird mittels schöner Worte geöffnet). Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 übersetzt "Thy mouth is opened (so as to be) full of good utterances and choise expressions." Quack, in: Ryholt (Hg.), The Carlsberg Papyri 7: Hieratic Texts from the Collection, 149 hat "Dein Mund wird geöffnet mit guten Reden und auserwählten Sprüchen."; ähnlich Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109: "Dein Mund wird mit guter Rede und erlesenen Aussprüchen geöffnet."

26
sḫꜣ: Ist sḫꜣ hier absolut (ohne direktes Objekt) verwendet und ist m hrw nfr eine temporale Adverbiale, oder ist das direkte Objekt mit m angehängt, wie es laut Wb. 4, 232.12 im jüngeren Ägyptischen vereinzelt vorkommt (Belege DZA 29.470.730 bis 29.470.770)? Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 betrachtet m hrw nfr als das Objekt: "Remembered for thee is a good day, and forgotten for thee is evil on a good day.", wobei er (Anm. 110) angibt, dass "the grammatical construction is difficult and the sense not quite clear". Ähnlich Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109: "Man erinnert sich für dich an den guten Tag und vergisst für dich Böses am guten Tag."

27
smḫ {m} ḏw.t: Die Präposition ist überflüssig, aber vielleicht durch den vorherigen Vers hervorgerufen, falls m hrw nfr das direkte Objekt in der ersten Hälfte des Doppelverses ist.

28
 šdi̯.tw 〈n〉=k: Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 und Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109 fassen =k als Subjekt auf: "Mayst thou exact food in the presence of the protection (?) of the Great Ennead (?)" bzw. "Mögest du Speise empfangen in Gegenwart der großen Neunheit." Dann muss .tw als eine Art Status Pronominalis (graphische Verstärkung des d) von šdi̯/šḏṱ=k verstanden werden, ansonsten ist eine Emendation zu šdi̯.tw 〈n〉=k erforderlich. Im Paralleltext in pTurin CGT 54056 steht tatsächlich šdi̯.tw n=k (Roccati, in: Aegyptus 49, 1969, Tf. Ia, Zl. x+5 zwischen Seiten 8-9).

29
m-bꜣḥ-ꜥ: Emendation bzw. Lesung statt ḫw.w gemäß Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109, Anm. 13.

30
{rꜥw-nb} 〈psḏ.t〉-ꜥꜣ(.t): Emendation gemäß dem Vorschlag von Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 60, Anm. (a) zu Vso B.13.4).

31
nḥb: Von Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 60, Anm. (b) zu Vso B.13.4 als Fehler für nḥi̯.t: "erbitten" (Infinitiv) erkannt. Für die Wendung nḥi̯ snb=f: "jemds. Gesundheit wünschen, erflehen" siehe Wb. 2, 289.1.

32
jw: Von Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 und Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109 als Umstandssätze interpretiert.

33
bn: Singulärer Fall in diesem Text, bei dem die neuägyptische Negation statt mittelägyptisch nn verwendet wird.

34
ḥtꜣ: Gardiner, Chester Beatty Gift, 110 übersetzt ohne weiteres mit "Nothing dirty that thou hast done shall besmirch (?) thee." Ein Substantiv ḥtꜣ: "Schäbiges" ist sonst nur im Oracular Amuletic Decree BM 10587, Vso Zl. 45 belegt als etwas, vor dem man geschützt wird. Edwards übersetzt mit "squalor" (Edwards, Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom, HPBM IV/1, 43, Anm. 32). Ist es dasselbe Wort wie die Hautkrankheit ḥtꜣ.w: "Flecken" (MedWb 638)? Das Verb ḥtꜣ bedeutet nicht "schmutzig sein" (Wb. 3, 182.14), sondern "zerreißen, zerfetzen; schäbig, zerlumpt, zerrissen sein" (Quack, Ani, 115, Anm. 109; vgl. Caminos, LEM, 290-292). Das einmal in einem medizinischen Text belegte ḥṯꜣ: "ein krankhafter Zustand oder Tätigkeit des Herzens" (MedWb 640) scheint eine Graphie von ḥṯ: "einsinken" zu sein (Westendorf, Handbuch Medizin, 112, 113). Borghouts, The Magical Texts of Papyrus Leiden I 348, 1971, 121, Anm. 261 identifiziert ein Substantiv "rags; raggy, dirty attire".

35
pꜣ [_] smj: Lücke von 1 Quadrat. Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 60, Anm. (a) zu Vso B.13.8 fragt sich, ob hier bloß ein Zeichen getilgt wurde. Man könnte an ꜥn-smj oder ḏd smj denken, das jedoch nur als Verb belegt ist (vgl. im spätzeitlichen Brooklyner Weisheitstext 47.218.135, Zl. 3.6 und 3.8: pꜣy=f ꜥn smjw).

36
Jmn m Wꜣs.t: Im vorherigen Satz ist Rꜥw m ꜣḫ.tj=f sicherlich als Subjekt von swꜥb zu verstehen und ist m ꜣḫ.tj=f gewiss nicht der Ort, an dem die Reinigung stattfinden wird. Entsprechend könnte "Amun-in-Theben möge dich reinigen" übersetzt werden. In der vorangehenden Anrufungslitanei finden sich in einigen Fällen ebenfalls Anrufungen des Typs Gottesname + m + Ortsname (Vso B.5.6 und 5.8, 6.6, 8.2, 9.8, 10.4). Vgl. die Übersetzungen von Gardiner von B13.8-9 swꜥb tj/ṯw Rꜥw m pr.t =f Ḏḥw.tj m ḫꜥw =f: "Rēꜥ purifies thee at his going forth, and Thoth at his shining forth" (Gardiner, Chester Beatty Gift, 110) und B13.9-10 swꜥb tw #l[Vso B.13.10]# Rꜥw m ḫꜥw =f: "Rēꜥ at his shining forth purifies thee" (Gardiner, Chester Beatty Gift, 111).

37
tꜣ 4 šps.yt n.w pr Ptḥ: Siehe zuletzt Theis, Magie und Raum, ORA 13, Tübingen 2014, 342-343, Anm. (n) sowie 595-600.

38
nb.t wꜣḏ.tj: Gardiner, Chester Beatty Gift, 111, Anm. 18 fragt sich, ob nb.t zu tilgen ist und die beiden Göttinnen Nechbet und Wadjet als die beiden Kobras gemeint sind, weil eine Göttin namens "Herrin der beiden Kobras" sonst nicht belegt ist.

39
Ḥrw-nḏ-〈〈ḥr〉〉-jt.tj=〈f〉: Dieselbe merkwürdige Schreibung von jt=f weiter oben in Vso B.7.1, dort ebenfalls ohne ein ausgeschriebenes Suffixpronomen. Die Präposition ḥr ist über der Zeile hinzugefügt worden. Das Verb nḏ ist mit dem Mann mit Hand am Mund geschrieben, wie das Verb "fragen" und wie nḏ ḥr: "begrüßen".

40
Ꜣs.t nṯr.t: Ist im LGG als "Göttin" und nicht als "die Göttliche" aufgefasst, ebenso in der Übersetzung von Gardiner, Chester Beatty Gift, 112: "Isis the goddess protects thee". Die Orthographie von nṯr.t bei Ꜣs.t ntr(.j)t ist dieselbe wie in Kol. B15.8 nṯr.t nb.t: "jede Göttin".

41
mdwꜣ: Lesung unsicher. Gardiner, Chester Beatty Gift, 112, Anm. 14 vermutet "the unknown name of a star". LGG 3, 469c übernimmt die Lesung von Gardiner.

42
jꜣd.t=s: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 61, Anm. (a) zu B.16.7 nimmt an, dass der Schreiber nach jꜣd.t mit swꜥb weitermachen wollte, und dann s nicht korrigiert hat. Es ist aber auch möglich, dass tatsächlich ein Suffixpronomen zu lesen ist.

43
Wꜣḏ.yt ⸮Msn.t?/⸮Nt?/⸮Bꜣs.t?: Das Zeichen sieht wie V32 aus. Vielleicht steht es für V26 oder R24 (Neith). Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 61, Anm. (b) zu B.16.7 kennt keine Göttin Msn.t und fragt sich, ob zu "Bastet" zu emendieren sei.

44
Ḥrw-⸮ꜣḫ.tj?: "Horizont" wäre nur als zwei kleine Striche geschrieben. Lies eventuell nur "Horus".

45
šnw.t: Geschrieben wie die Zahl "300" + Stadtdeterminativ.

46
〈m〉 ḥr.jw-tp=sn bzw. jꜥrꜥ.t=sn ḥr{.jw} tp=sn: Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 61, Anm. (b) zu Vso B.17.6 ergänzt 〈m〉, aber in seiner Übersetzung (S. 113) kommt er ohne m aus: "whose uraei are on their heads".

47
bꜣ ={__}〈tn〉: Eine unklare Stelle, die Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 61, Anm. (a) zu B.17.9 als möglicherweise fehlerhaft einstuft und die er zu =tn emendiert. Er übersetzt versuchsweise (S. 113): "come and rest upon (?) your (?) souls, that they may be peaceful. Rest ye upon (?) him (...)". Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109 beschränkt sich auf: "kommt doch, dass ihr gnädig seid zu ... Möget ihr ihn schützen".

48
{mw} 〈m-ꜥ〉: Emendationsvorschlag von Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 61, Anm. (b) zu B.17.10. Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109 belässt den Text, wie er ist: "möget ihr ihn befreien von allen üblen und bösen Dingen, dem Wasser jedes Gottes und jeder Göttin". Später im Text wird Milch als Flüssigkeit zum Reinigen genannt (Kol. B.18.9), laut Quack (S. 110), weil Wasser an dieser Stelle als Schadenssubstanz auftaucht.

49
dḥr.t nb.t šmw nb: Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 109 Anm. 16 fragt sich, ob die in diesem Absatz erwähnten negativen Sachen eventuell Bezeichnungen von Hautkrankheiten, darunter Entzündungen, sein könnten. dḥr.t ist als dämonische Krankheit im pEbers belegt (MedWb II, 988-989), šmm.t als eine Entzündung (MedWb II, 854). Beide Begriffe tauchen auch in den Oracular Amuletic Decrees auf und šmm.t findet sich erneut im Buch vom Tempel (Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke nach dem "Buch vom Tempel", in: Fischer-Elfert (Hg.), Papyrus Ebers und die antike Heilkunde, Philippika 7, Wiesbaden 2005, 68-69). Ob dḥr.t eine von Dämonen verursachte Hautkrankheit sein könnte (z.B. Wb 5, 482.13: "Krätze o.ä."), ist unsicher; Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke, 69 spricht von einem allgemeinen Krankheitsterminus in den Oracular Amuletic Decrees (obwohl dḥr/dḥr.t anders als m(ḥ)r und ꜥb.w sonst nicht gängig ist).

50
zẖ.t: Die Schreibung mit den Beinchen beruht auf einer Verwirrung im Hieratischen zwischen den Beinchen (D54) und dem Ohr (F21). Die Wurzel zẖi̯ ist bislang nicht als Substantiv "Taubheit" verzeichnet.

51
ḥnḥn/ḥnḥn.t: Mehrere Wörter kommen in Betracht. Das Determinativ der Beinchen spricht für die Wurzel ḥnḥn: "zurückhalten, behindern". Gardiner, Chester Beatty Gift, 113 übersetzt mit "flinching(?)", d.h. "Zucken". Vielleicht denkt er an ḥnḥn, das im Berliner Medizinischen Papyrus einmal als Krankheitserscheinung der Beine belegt ist (Wb 3, 115.12; MedWb 608-609; Westendorf, Handbuch Medizin, 228, Anm. 287: "Es scheint sich um eine motorische Störung beim Gehen zu handeln") und von ḥnḥn: "zurückhalten, behindern" abgeleitet sein kann. Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 110 hat "jeder Geschwulst(?)", d.h. das Subst. ḥnḥn.t, das mehrfach in den medizinischen Texten belegt ist und eine Geschwulst oder ein Geschwür zu sein scheint. Unsicher ist die Existenz eines Verbs ḥnḥn mit der Bedeutung "vergessen", das als "Vergesslichkeit" auch zu Taubheit und Blindheit passen könnte.

52
gꜣ〈ḥ〉: Emendationsvorschlag von Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 61, Anm. (b) zu B.18.2.

53
sḥqꜣ: Ist ohne Determinativ geschrieben und sicher fehlerhaft. Gardiner, Chester Beatty Gift, 113 und Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 110 verzichten auf eine Übersetzung. Könnte es für sḥqꜣ: "herrschen lassen über" (mit -Docht statt ḥqꜣ-Zepter) oder für sḥqr: "hungern lassen" oder {s}ḥꜣq: "Beute, Kriegsbeute" stehen?

54
n.tj m tꜣ nb.w jmn.t oder n.tj m tꜣ nb jmn(.w): Gardiner, Chester Beatty Gift, 113 übersetzt "which is in the land of the Lords of Concealment", während Quack, Reinigen durch Anschwärzen, 110 "die in jedem Land verborgen existieren" hat. Für die erste Übersetzung erwartet man vielleicht tꜣ n.j nb.w-jmn.w (doppelter Genitiv) und Gottheiten mit der Bezeichnung nb jmn (LGG III, 582c: ein Messerdämon von Sachmet), nb jmn.t (LGG III, 582c-583a: Anubisbezeichnung) und ꜥḥꜣ ḥr nb=f jmn (LGG II, 185b: ein Schutzgott von Pharbaitos) sind sehr selten. Die Bezeichnung nb.w jmn.w ist laut LGG III, 805a nur an dieser Stelle belegt und könnte als "Herren des Verborgenen, des Geheimnisses" oder als "die verborgenen Herren" übersetzt werden. Inhaltlich verständlicher ist die zweite Übersetzung von Quack, aber hier ist die Position von jmn auffällig: Man würde zuerst "jedes Land, das verborgen ist" übersetzen und ansonsten n.tj jmn.w m tꜣ nb erwarten.

55
〈ḫwi̯.tj〉 mj ḫwi̯: Das von Gardiner, Chester Beatty Gift, Tf. 61, Anm. (a) zu Zl. B.18.4 nicht gelesene erste Zeichen ist, dem Photo nach zu urteilen, höchstwahrscheinlich mj (einen Schrägstrich nach rechts hat Gardiner in seinem Faksimile in der Anmerkung übersehen; es kann nicht als tj gelesen werden). Möglicherweise sind mj und ḫwi̯ vertauscht, denn ḫwi̯ ist hinter mj nicht erforderlich.

56
nṯr.w ḥr sꜣ=f: Gardiner, Chester Beatty Gift, 113, Anm. 6 fragt sich, ob man zu nṯr.w ḥr 〈stp〉-sꜣ 〈ḥꜣ〉=f emendieren sollte: "the gods 〈spreading〉 protection 〈around〉 him (?)". Ansonsten muss man das Substantiv sꜣ: "Schutz" zum Verb zꜣw: "schützen" emendieren.

57
psḏ.t 〈m〉 mk.t=f: Die Emendation der Präposition m beruht auf einer Haplographie. Gardiner, Chester Beatty Gift, 113 übersetzt "the Ennead 〈as〉 his safeguards." Quack, Reinheit durch Anschwärzen, 110 hat "die Götter schützen ihn, die Neunheit beschirmt ihn", was möglicherweise eine Lesung nṯr.w ḥr 〈zꜣu̯〉=f / psḏ.t 〈ḥr〉 mki̯.t=f voraussetzt.

58
⸮n〈t〉k?: Gardiner, Chester Beatty Gift, Anm. (a) zu Zl. B.18.6 fragt sich, ob zu ntk zu emendieren, oder ob ntk ohne weiteres zu tilgen sei, weil in Zl. B.18.5 der Satz ebenfalls mit mn msi̯.n mn.t anfängt (dann hier als Vokativ). Seine Übersetzung (S. 113) lautet: "Thou art (?) N, born of M". Quack, Reinheit durch Anschwärzen, 110 hat ähnlich "Du bist NN, den NN geboren hat."

59
jw=k nn nṯr.w: Eine Emendation ist erforderlich. Gardiner, Chester Beatty Gift, Anm. (b) zu Zl. B.18.6 emendiert zu jw=k 〈m〉 nn nṯr.w und erkennt sicherlich ein m-Identikum (S. 113): "thou art (?) these gods whose names have been pronounced." Die Übersetzung von Quack, Reinheit durch Anschwärzen, 110 "Du gehörst diesen Göttern, deren Namen ausgesprochen wurden" setzt eine Emendation jw=k 〈n〉 nn nṯr.w: "Du bist (bestimmt) 〈für〉 diese Götter" voraus. Noch eine andere Emendation könnte jw 〈n〉=k: "Dir gehören ..." sein.

60
msi̯.tw n=k ḫnt.j kꜣ.w ꜥnḫ.w: So, wie der Text vorliegt, ist ḫnt.j kꜣ.w ꜥnḫ.w das Subjekt von msi̯. Eine solche Götterbezeichnung ist laut LGG V, 868c jedoch nur einmal als ḫnt.j kꜣ.w ꜥnḫ.w nb.w belegt, und zwar für Anubis. Gardiner, Chester Beatty Gift, 113, Anm. 7 fragt sich allerdings, ob man zu msi̯〈.n〉.tw{.n}=k ḫnt{.j} emendieren sollte: "Thou wast born (?) in front of the kas of the living". Dann ist ḫnt{.j} als Präposition zu verstehen. Quack, Reinheit durch Anschwärzen, 110 hat ähnlich: "Du wurdest geboren im Angesicht der Kas der Lebenden."

61
jrṯ.t: "Milch". Quack, Reinheit durch Anschwärzen, 110 geht davon aus, dass in Kol. B.17.10 "Wasser" eines Gottes oder einer Göttin als schädliches Produkt genannt wird und deshalb Milch als Reinigungsprodukt eingesetzt wird.

62
wꜥb z: Gardiner, Chester Beatty Gift, 113 übersetzt aktiv "Let a man purify himself with them and fumigate himself with chaff (?) of corn". Eine optativisch-passivische Konstruktion ist jedoch auch möglich. Vgl. Westendorf, Grammatik der medizinischen Texte, 240, § 328.bb: kꜣp z ḥr=s ḥnꜥ gs=f: "werde der Mann damit beräuchert und ihn salben".

63
ḥnꜥ-n kꜣp=f: Infinitiv + Suffixpronomen, Vorläufer des Konjunktivs (vgl. Westendorf, Grammatik der medizinischen Texte, 229-241, § 328-329) oder die seltene Konstruktion ḥnꜥ + sḏm=f.

64
šḥq: Gardiner, Chester Beatty Gift, 113 mit Anm. 12: "chaff (?)" und "an unknown word, unless it be identical with the untranslatable feminine substantive in Anast. I, 10.2"; daher Hannig, HWB, 901: "Spreu, Häcksel". Hoch, Semitic Words, 287-288, Nr. 411: "dust cloud; pulverized grain; a type of bread"; daher Quack, Reinheit durch Anschwärzen, 110 "Gerstenstaub".