Oracular Amuletic Decree C1 (Papyrus Kairo CG 58035)

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
OAD C1
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum
Erwerbsgeschichte

Der Papyrus wurde offenbar im Jahr 1859 in Saqqara zusammen mit einem anderen Papyrus aufgefunden und ist dann in das Museum Boulaq gekommen (Mariette 1872, 8; Golénischeff 1927, 216). Weitere Details sind leider nicht bekannt.

Herkunft
Niltal von Kairo bis Assiut » zwischen Kairo und Fajjum » westliches Ufer » Saqqara

Der Papyrus wurde offenbar im Jahr 1859 in Saqqara zusammen mit einem anderen Papyrus aufgefunden und ist dann in das Museum Boulaq gekommen (Mariette 1872, 8; Golenischeff 1927, 216). Weitere Details sind leider nicht bekannt. Hiermit stellt dieser Papyrus eine Ausnahme im Korpus der Oracular Amuletic Decrees dar. Denn er ist einer der wenigen, von denen wir überhaupt Angaben zum Fundort fassen können. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii) geht bei den Oracular Amuletic Decrees generell von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den in den Texten genannten Göttern festmacht. Interessanterweise sind die orakelgebenden Götter in diesem Papyrus Month, der Herr von Theben, und Month, der auf dem großen Thron ist, die beide auch eher in Theben als in Saqqara zu verorten sind.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 21. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 22.–23. Dynastie

Edwards (1960, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Ein einziger Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (1960a, xiv) und Ritner (2009, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (1963, 32; 1979, 175, Anm. 5) und ihr folgend Verhoeven (2001, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, 1960, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (Sourouzian 2010, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten jedoch nicht miteingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.

Textsorte
Oracular Amuletic Decree
Inhalt

Die orakelgebenden Gottheiten, Month-Re, der Herr von Theben, sowie Month, der auf dem großen Thron ist, versprechen dem Besitzer des Amuletts, Nesanchnefermaat, dem Sohn von Padiese und Asetempermes, Schutz vor unterschiedlichen Gefahren und Bedrohungen sowie die Gesunderhaltung seines Körpers. Die Beschreibung des Körpers in seinen Einzelteilen sowie die Aufzählung der Gefahren und Bedrohungen generiert sich aus einem standardisierten Katalog, der allen Texten des Korpus zugrundeliegt, s. Grams 2017, 55–100.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Amulettpapyri wie der hier vorliegende Text wurden aufgerollt in einem kleinen Behälter, der aus Leder, Holz oder Metall gearbeitet sein konnte (vgl. Ray 1972, 151–153; Bourriau/Ray 1975, 257–258), um den Hals getragen und dienten somit als Apotropaion (vgl. hierzu Roß 2019, 40–44). Die Amulette wurden vermutlich in erster Linie für Kinder hergestellt (vgl. Roß 2019, 26–36; Adderley 2015, 193; Edwards 1960, xvi), wobei es Hinweise darauf gibt, dass es sich um Säuglinge oder sehr junge Kinder gehandelt haben könnte (Roß, ebd.). Wilfong (2013, 295–300) geht davon aus, dass die Länge des beschrifteten Papyrusstreifens mit der Größe des Kindes korreliert werden kann. Mittlerweile ist auch ein Orakeldekret für eine schwangere Frau belegt (pIFAO H40: Koenig 2018, 233–239), doch ist der Text leider nur fragmentarisch erhalten, so dass keine Rückschlüsse auf die ursprüngliche Länge des Dokumentes erzielt werden können.

Die Texte sind generell als Götterrede konzipiert, die durch die Phrase „Göttername + ḏd“ eingeleitet wird. Im Text L1 (pBM EA 10083) ist an den Stellen, wo man ḏd „sagen“ erwartet, jeweils etwas Platz frei gelassen. Edwards (1960a, xvii) geht davon aus, dass die Lücken erst, nachdem der Papyrus den Göttern vorgelegt worden ist, ausgefüllt wurden, und erst durch diesen Akt die Wirksamkeit gewährleistet war. Somit wäre der Text L1 niemals wirksam gemacht worden und folglich wohl auch nicht getragen worden. Die Tatsache, dass uns für die gleiche Besitzerin mit dem Papyrus Turin Cat. 1984 (OAD, T2) ein weiterer Papyrus vorliegt, in dem sich keine Lücken befinden, eine entsprechende „Validierung“ also stattgefunden haben muss, unterstützt diese These. Aus welchen Gründen der Text L1 (pBM EA 10083) offenbar ausgemustert wurde, ist allerdings unklar.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schreibblatt
Technische Daten

Der Papyrus ist fast vollständig erhalten, lediglich nach Zeile 10 fehlt ein Stück, so dass dort zwei Zeilen verloren sind. Zusätzlich sind an wenigen Stellen am Rand und auch einmal in der Mitte kleine Stücke abgebrochen. Diese Fehlstellen stellen für das Textverständnis kaum Beeinträchtigungen dar. Der Papyrus ist 6 cm breit und war ursprünglich 122 cm lang.

Der Papyrus ist nur auf einer Seite, dem Recto, beschrieben. Auf dem Verso soll sich lediglich eine Zeile befinden, die vermutlich den Namen des Orakelbesitzers angibt, ähnlich wie bei den Papyri pMMA 10.53 (N.Y.) und pLouvre E 3234 (P1). Der Papyrus ist auf einen Karton aufgezogen (Kaplony-Heckel, Ägyptische Handschriften, Teil 3, 32), so dass die Rückseite nicht überprüft werden konnte.

Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Verso“ bezeichnet wird, bei der die horizontalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards 1960a, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück, auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen. Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards 1960a, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Faserverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. „protocollon“ zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner 1978, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um eine „transversa carta“ (Turner 1978, 29; Bülow-Jacobson 2009, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards 1960a, xii [7] mit Verweis auf Černý 1939, xvii-xx).

Schrift
Hieratisch

Der Text ist in einem gut lesbaren Späthieratisch geschrieben, s. Edwards 1960a, xiv, 1; vgl. Verhoeven 2001, 13.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Die im Text verwendete Sprache ist nach Orthographie und Grammatik eindeutig dem Neuägyptischen zuzuordnen. Indizien sind z.B. die Schreibung der Suffixpronomen sowie der Gebrauch des Possessivartikels oder der Periphrase mit jri̯. Zudem ist im Futur III die Präposition r nicht geschrieben, vgl. zur Morphologie der Verben in den OAD die zitierten Beispiele bei Winand (1992, 536–537).

Bearbeitungsgeschichte

Der Papyrus wurde das erste Mal im Jahr 1873 von Auguste Mariette (1872, 8 u. pl. 57 [20]) erwähnt und in einem Faksimile publiziert. Voldemar Golénischeff publizierte 1927 eine kommentierte Transkription und eine detaillierte Beschreibung des Papyrus im Catalogue Général (1927, 216–230 [58035]). Im Jahr 1960 legte Edwards die editio princeps von insgesamt 21 Papyri vor (Edwards 1960a+b). Er bezeichnete die Textgruppe als „Oracular Amuletic Decrees“ (OAD). Dieser Text ist dort mit der Sigle C1 aufgenommen (Edwards 1960a, 95–98; Edwards 1960b, Taf. 37–38).

Verschiedene Studien widmeten sich dem Korpus der Oracular Amuletic Decrees unter diversen Gesichtspunkten, wobei Textsegmente der gesamten Gruppe bearbeitet und zitiert werden, s. Lucarelli 2009, 231–239; Wilfong 2013, 295–300; Austin 2014, 39–41; Adderley 2015, 191–227; Grams 2017, 55–100; Roß 2019.

Editionen

- Edwards 1960a: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. I. Text (London 1960), 95–98.

- Edwards 1960b: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. II. Plates (London 1960), Taf. 37–38.

- Golénischeff 1927: V. S. Golénischeff. Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musèe du Caire: Papyrus hiératiques. Kairo 1927, 216–230.

- Mariette 1872: A. Mariette. Les Papyrus égyptiens du Musée de Boulaq II. Paris 1872, pl. 57 [20].

Literatur zu den Metadaten

- Adderley 2015: N. J. Adderley, Personal Religion in the Libyan Period in Egypt (Saarbrücken 2015), 191–218.

- Austin 2014: A. Austin, Contending with Illness in Ancient Egypt (Los Angeles 2014) (24.10.2019).

- Bourriau/Ray 1975: J. D. Bourriau/J. Ray, Two Further Decree-Cases of ŠꜢḳ, in: Journal of Egyptian Archaeology 61, 1975, 257–258.

- Bülow-Jacobson 2009: A. Bülow-Jacobson, Writing Materials in the Ancient Word, in: R. S. Bagnall, The Oxford Handbook of Papyrology (Oxford 2009), 3–29.

- Černý 1939: J. Černý, Late Ramesside Letters, Bibliotheca Aegyptiaca IV (Brüssel 1939), xvii–xx.

- Coulon 2018: L. Coulon. Rez. Fischer-Elfert. Magika Hieratika, in: Orientalistische Literaturzeitung (OLZ) 113, 2018, 116–119.

- Edwards 1960a: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. I. Text (London 1960), 49–51.

- Edwards 1960b: I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom. II. Plates (London 1960), Taf. 16–17.

- Golénischeff 1927: V. S. Golénischeff, Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musèe du Caire: Papyrus hiératiques (Kairo 1927).

- Grams 2017: A. Grams, Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 46, 2017, 55–100.

- Jacquet-Gordon 1960: H. H. Jacquet-Gordon, The Inscription on the Philadelphia-Cairo Statue of Osorkon II, in: JEA 46, 1960, 12–23.

- Jacquet-Gordon 1963: H. J. Jacquet-Gordon, [Review:] I. E. S. Edwards, Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series. Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom, 2 Bände (London 1960), in: Bibliotheca Orientalis 20, 1963, 31–33.

- Jacquet-Gordon 1979: H. Jacquet-Gordon, Deux graffiti de l’époque libyenne sur le toit du temple de Khonsou à Karnak, in: Anonymous (Hrsg.), Hommages à la mémoire de Serge Sauneron 1927-1976. I. Égypte pharaonique, Bibliothèque d’Étudte 81 (Caire 1979), 167–183, Taf 27–29.

- Kaplony-Heckel 1986 : U. Kaplony-Heckel. Ägyptische Handschriften. Teil 3. Verzeichnis der Orientalischen Handschriften in Deutschland (VOHD) XIX.3. Wiesbaden 1986.

- Koenig 1987: Y. Koenig, Notes de transcription, in: Cahiers de Recherches de l’Institut de Papyrologie et d’Égyptologie de Lille 9, 1987, 31–32.

- Koenig 2018: Y. Koenig, Un nouveau décret amulettique oraculaire: Pap. IFAO H 40, Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 118, 2018, 233–239.

- Lucarelli 2009: R. Lucarelli, Popular Beliefs in Demons in the Libyan Period: The Evidence of the Oracular Amuletic Decrees, in: G. P. F. Broekman - R. J. Demarée – O. E. Kaper (Hrsg.), The Libyan Period in Egypt. Historical and Cultural Studies into the 21st – 24th Dynasties: Proceedings of a Conference at Leiden University, 25-27 October 2007, Egyptologische Uitgaven 23 (Leuven 2009), 231–239.

- Mariette 1872: A. Mariette. Les Papyrus égyptiens du Musée de Boulaq II (Paris 1872).

- Ray 1972: J. Ray, Two Inscribed Objects in the Fitzwilliam Museum, Cambridge, in: Journal of Egyptian Archaeology 58, 1972, 247–253.

- Ritner 2009: R. K. Ritner, The Libyan Anarchy. Inscriptions from Egypt’s Third Intermediate Period (Atlanta 2009), 74.

- Roß 2019: A. Roß, Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees (Göttingen 2019).

- Sourouzian 2010: H. Sourouzian, Seti I, not Osorkon II. A new join to the statue from Tanis, CG 1040 in the Cairo Museum, in: O. El-Aguizy – M. S. Ali (Hrsg.), Echoes of Eternity. Studies presented to Gaballa Aly Gaballa, Philippika 35 (Wiesbaden 2010), 96–105.

- Turner 1978: E. C. Turner, The Terms Recto and Verso: The Anatomy of the Papyrus Roll. Papyrologica Bruxellensia: études de papyrologie et édition de sources 16 (Bruxelles 1978).

- Verhoeven 2001: U. Verhoeven, Untersuchungen zur späthieratischen Buchschrift, Orientalia Lovaniensia Analecta 99 (Leuven 2001), 13.

- Wilfong 2013: T. G. Wilfong, The Oracular Amuletic Decrees: A Question of length, in: Journal of Egyptian Archaeology 99, 2013, 295–300.

- Winand 1992: J. Winand, Études de néo-égyptien 1: La morphologie verbale, Aegyptiaca Leodiensia 2, Liège 1992.

Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum
Autoren (Metadaten)
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

Oracular Amuletic Decree C1 (Papyrus Kairo CG 58035)

Recto

[rto 1] (In göttlicher Weise) hat Month-Re, der Herr von Theben, gesprochen; (und in göttlicher Weise) hat Month, dieser, der auf dem großen Thron ist, gesprochen. Also haben (in göttlicher Weise) die großen Götter, gesprochen, die Ältesten, die zuerst entstanden sind:

〈Wir〉 werden [rto 5] Nesanchefenmaat beschützen, den Sohn von Padiese, dessen Mutter Aset(em)permes ist, unseren Diener. Wir werden ihn gesund erhalten 〈an〉 seinem Fleisch (und) seinem Skelett. Wir werden ihn behüten. 〈Wir〉 werden ihn beschützen. [rto 10] Wir werden (aktiv) zwischen ihm und [jeder] Krankheit stehen (wörtl. handeln).

[...Wir] werden seine [beiden] ⸢Augen⸣ sehen lassen. 〈Wir〉 werden sein Ohrenpaar hören lassen.

〈Wir〉 werden ihn sich [rto 15] vollständig sättigen lassen (wörtlich sich an einer Sättigung sättigen) an einem [schönen?] Leben auf Erden. Wir werden ihn bewachen [am Tag]. Wir werden über [ihn] wachen [bei] Nacht. Wir werden ihn zu jeder Zeit halten. Wir werden ihn nicht [rto 20] verlassen. Wir werden ihm zugunsten unser sehr großes (und) erhabenes Orakel ausstellen (wörtl. geben) täglich, täglich (= wirklich an jedem einzelnen Tag)!

Wir werden ihn vor jeder Aktion eines Messerdämons bewahren, vor jeder Aktion von Wanderdämonen (und) vor jeder Aktion der Götter (des Buchs) [rto 25] „Das was im Jahr ist“. Wir werden ihn vor jedem Einfluss der jr.jw-Glossare1 bewahren, vor jedem Einfluss der ṯꜣ.w-Schriften2 (und) vor jeder Aktion der Jahresseuche.

Wir werden ihn vor Lepra bewahren, vor Blindheit (und) dem Wirken des Udjat-Auges. Wir werden ihn [rto 30] vor der tnw-Alterserscheinung (und) Schorf/Ausschlag (?) bewahren. Wir werden ihn aus dem Griff der Linsenkrankheit aus Syrien retten (und) vor der Linsenkrankheit aus Kusch (bewahren).

Wir werden ihn aus der Hand der Sachmet und ihrem [rto 35] Sohn retten. Wir werden ihn aus der Hand 〈der〉 Meerkatze der Kontrolle des Hügels (und aus der Hand) des Pavians der Kontrolle des Udjat-Auges (/-Augenpaares) retten. Wir werden ihn 〈aus der Hand〉 von Sopdu-Horus des Westens retten. Wir werden [rto 40] ihn aus der Hand von Sopdu-Horus des Ostens retten, 〈den〉 Vorstehern 〈der〉 Messerdämonen der Neunheit3 (ebenso bezogen auf Sopdu-Horus des Westens im vorhergehenden Satz).

Wir werden ihn vor jedem bösen Schicksal retten, vor jeder bösen Angelegenheit, vor jedem bösen Prozessieren (und) vor jedem [rto 45] bösen Streiten. Wir werden nicht zulassen, dass sie (die bösen Angelegenheiten) sich irgendwo in seiner Nähe jemals (wörtl. wieder und wieder) ereignen zu irgendeiner Zeit seines Lebens.

Wir werden ihn vor jeder Einwirkung der srf.t-Hautentzündung bewahren, vor jeder Einwirkung der rmn.t-Hautkrankheit (und) vor Fieber.

Wir werden ihn zu jeder [rto 50] Zeit ersetzen lassen. Wir werden (in göttlicher Weise) „ja“ 〈zu〉 seinen Gebeten sagen. Wir werden seine Bitten erhören.

Wir werden ihn vor jeder Aktion eines wr.t-Geistes bewahren (und) vor jedem Nähern eines wr.t-Geistes.

Wir werden seine [rto 55] Prächtige4 für ihn beruhigen. Wir werden für ihn das Quartett der Prächtigen von Memphis5 beruhigen.

Wir werden veranlassen, dass sein (todbringendes) Schicksal, seine (todbringende) Bestimmung, seine (aktive) Zeit, [rto 60] sein [...] (und) sein Buch für ihn zufriedenstellend/angenehm sind.

Wir werden ihn vor jedem Zauber eines {vor jedem Zauber eines}6 Syrers, Nubiers (oder) eines Menschen aus Ägypten bewahren. Wir werden nicht zulassen, dass sie ihn (den Zauber) [rto 65] jemals (wörtlich: wieder und wieder) gegen ihn (den Orakelbesitzer) anwenden zu irgendeiner Zeit seines Lebens.

Wir werden ihn vor dem Biss einer (Gift-)Schlange bewahren, vor dem Stich eines Skorpions (und) vor dem Biss von jedem Maul, das beißt. Wir werden nicht [zulassen], dass sie (die gefährlichen Tiere) Macht [rto 70] über ihn haben werden zu irgendeiner Zeit seines Lebens.

〈Wir〉 werden seine Träume gut sein lassen. Wir werden sie 〈zu〉 gänzlich guten Träumen machen. Wir werden deren (der Träume) zweitklassige [rto 75] Absicht, die in ihnen ist, vertreiben. Wir werden deren (der Träume) gute Absicht zu seinen Plänen legen.

Wir werden seinen ganzen Körper, seine Glieder (und) seinen gesamten Rumpf vom Kopf [rto 80] bis zu seinen Fußsohlen gesund erhalten. Wir werden für ihn ein zꜣ-Schutzamulett für jeden Körperschutz machen auf jeder Art von Reise, die er unternehmen wird, (und) an jedem Ort, an dem er sich befindet.

Wir werden für ihn Amun-Re, den König der Götter, [rto 85] den großen Gott, den Ältesten, der zuerst entstanden ist, beruhigen (und) Mut, die Große, die Herrin von Ischeru, Chons in Theben-Neferhotep, Amene(m)ope, Month (und) Amaunet, (also) alle Götter und Göttinnen des Himmels und der Erde. [rto 90] 〈Wir〉 werden ihn vor ihrer (der Götter) Ba-Macht bewahren, vor ihren Anklagen/Verleumdungen, vor ihren Verbrechen (und) vor ihren schlechten Orakeln. Wir werden nicht zulassen, dass sie (die Götter) jemals (wörtl. wieder und wieder) [rto 95] Macht über ihn haben zu irgendeiner Zeit seines Lebens.

Wir werden das, was (uns) vorliegt, auf diesen (göttlichen) Orakel(papyrus) (?)7 schreiben (wörtl. machen) oder8 das, was darauf fehlt.

Es ist geschrieben (wörtl. gemacht), was wir, die großen Götter, [rto 100], die Ältesten, die zuerst entstanden sind, (in göttlicher Weise) gesagt haben.

1 jr.jw-Glossare: Es handelt sich zweifelsohne um die Bezeichnung oder den Titel einer Gruppe von Büchern bzw. Schriftstücken, da das Wort mit der Schleife V12 und einem Semogrammstrich Z1 klassifiziert ist. Edwards verweist auf den Titel eines magischen Texts aus Deir Rifeh (pUCL 32781, vso), in dem ähnlich wie im pTurin 54050 verschiedene Todesarten aufgelistet sind, s. Fischer-Elfert, in: CdE 88/175, 2013, 15–34; Gardiner, in: Petrie, Gizeh and Rifeh, 27 [78], pl. XXVII o.; Schott, Bücher, 293 [1352]. Fischer-Elfert (in: CdE 88/175, 2013, 18–20; in: WdO 43, 2013, 110–113) charakterisiert die jr.jw-Schriften als zu Handbüchern bzw. Sammelhandschriften unterschiedlichen Inhalts gehörende „Begleittexte“ bzw. „Glossare“ mit einem ergänzenden und/oder erklärenden Inhalt.

2 ṯꜣ.w-Schriften: Es handelt sich zweifelsohne um die Bezeichnung oder den Titel einer Gruppe von Büchern bzw. Schriftstücken, da das Wort mit der Schleife V12 und einem Semogrammstrich Z1 klassifiziert ist. Edwards (HPBM 4, 96 [15]) liest mit einigen Bedenken ṯnw (drei Mal G41 über einer Buchrolle) und lässt dementsprechend eine Übersetzung offen. Die Stelle ist nicht sehr gut zu erkennen, doch gehe ich davon aus, dass es sich parallel zu dem vorhergehenden Begriff um eine spielende Schreibung mit drei gleichen Vögeln handeln sollte. Möglicherweise könnte es sich um den Begriff sḥ.w „Zusammenfassungen“ handeln, der abgekürzt mit G41 und Pluralstrichen geschrieben werden kann. Inhaltlich passender fände ich allerdings hier ṯꜣ.w (drei Mal G47 über einer Buchrolle) zu lesen. Denn dann würde hiermit ein weiterer Beleg der Bezeichnung ṯꜣ.w „Buchsammlung“ o.ä. (Wb 5, 349.16–18; Lemma-ID 174460) vorliegen. Allerdings lässt die spärliche Beleglage eine präzise Bestimmung der als ṯꜣ.w bezeichneten Schriften bisher noch nicht zu, s. Fischer-Elfert, in: CdE 88/175, 2013, 19. Das Foto, das mir zur Verfügung steht, ließ keine eindeutige Entscheidung zu. Ich schlage daher als Lesung dieser Stelle unter Vorbehalt drei Mal G47 über einer Buchrolle vor, möchte aber betonen, dass dies durch eine Autopsie am Original oder an einem gut auflösenden Foto überprüft werden muss.

3 〈die〉 Vorsteher 〈der〉 Messerdämonen der Neunheit (〈nꜣ〉 ⸢⸮ḥr?⸣(.jw) ḫꜣ.yt(jw) n(.w) 〈tꜣ〉 psḏ.t): Zu Beginn von Zeile rto 41 sind die Zeichen nicht klar. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 96 [25], Bd. 2, pl. 37A) schlägt mit einigen Bedenken für die erste Gruppe in der Zeile ḫn(.tj) vor. Diese Lesung kann ich nicht nachvollziehen. Direkt vor ḫꜣ (M12) sehe ich Zeichenspuren, die ich ḥr (D2 über D21) lesen würde. Das wäre im Vergleich mit den Parallelen (pTurin Cat. 1984 (T2), rto 49; pParis Louvre E 25354 (P3), B x+22–23) eine sehr verkürzte Schreibung, ließe sich aber eventuell vertreten. Ob davor noch etwas stand, oder ob dort der Papyrus dunkel verfärbt ist, lässt sich auf dem Foto, das mir zur Verfügung steht, nicht gut erkennen; es sieht eher nach einer Verfärbung aus. Da der Schreiber den bestimmten Artikel vor psḏ.t ausgelassen hat, gehe ich davon aus, dass er den Artikel zu Beginn der Bezeichnung ebenfalls ausgelassen haben könnte. Die Ergänzung des bestimmten Artikels im Plural erfolgte nach den Paralleltexten (pLondon BM EA 10308 (L3), B, x+20–23; pTurin Cat. 1984 (T2), rto 47–49; pBerlin ÄMP 10462 (B) rto x+19–20), da sich die Bezeichnung standardmäßig jeweils auf beide Götter bezieht, die in den anderen Texten jeweils in einem Satz genannt sind, hier aber auf zwei Sätze aufgeteilt sind. Allgemein zu der Bezeichnung, s. LGG V, 407b; Sass, Slaughterers, Knife-Bearers and Plague-Bringers, 49–51.

4 seine Prächtige (tꜣy=f Šps(.t)): Zur Vorstellung einer persönlichen Schicksalsgöttin bzw. Schutzgöttin, Šps.t, s. Quaegebeur, Shai, 155–157. Anders als in den Belegen, die Quaegebeur (ebd.) zusammengestellt hat, wird in unserem Text deutlich, dass die Macht einer solchen persönlichen Schicksalsgöttin nicht per se positiv bzw. zugunsten des Menschen ausgerichtet sein muss. Wie bei anderen Gottheiten auch, kann offenbar selbst bei im Allgemeinen schützend agierenden Wesenheiten Unruhe bzw. Unausgeglichenheit potenziell gefährliche Macht entfalten. Dies mag sich auch in dem Personennamen Tꜣy=s-Šps.t-hr.tj „Ihre Prächtige ist zufrieden“ (RPN I, 376.1; Quaegebeur, Shai, 157) zeigen.

5 das Quartett der Prächtigen von Memphis (tꜣ 4 Šps.yt n.w(t) Ḥw.t-kꜣ-Ptḥ): Die Gruppe der „Vier Prächtigen“ (Šps.wt fd.wt: LGG VII 66b) ist ab der 19. Dynastie belegt. Es handelt sich um Schutzgottheiten mit einer Verbindung zu Feuer bzw. Fackeln (Quaegebeur, Shaï, 158). In einem Beleg sind die Göttinnen ähnlich wie hier mit dem Ptah-Tempel in Memphis assoziiert (pChester Beatty 9, vso B 14.9–10: Šps.wt fd.wt n.wt pr-Ptḥ, LGG VII, 66b). Übersichten zur Beleglage sowie Interpretationen derselben bieten Quaegebeur (Shaï, 158–159) und Theis (Magie und Raum, 595–600). Belege im Rahmen von Raumschutzsprüchen zeigen, dass es sich bei der Gruppe um Schutzmächte von Räumlichkeiten zunächst im weltlichen Bereich, später – ab der Dritten Zwischenzeit – auch im Tempel handeln dürfte (Theis, ebd., 597), die in Form von tönernen Schalen oder eventuell auch schlangenförmigen Tonobjekten, in denen ein Feuer entzündet werden konnte, an den vier Seiten bzw. in den vier Ecken eines Raumes aufgestellt werden konnten (Theis, ebd., 595–597). In dieser Form könnte es sich um Vorläufer der sog. „Vier Kugeln“ handeln, die als Sachmet, Bastet, Wadjet und Schesemtet identifiziert werden und die aus anderen Schutzritualen bekannt sind (Theis, ebd. 597–600). Ebenso wie im vorausgehenden Versprechen, ist in unserem Text bemerkenswert, dass von dieser Gruppe von Schutzgöttinnen potenziell auch Gefahr ausgehen kann, wenn sie sich nicht in einem Zustand der Ruhe bzw. Zufriedenheit befinden.

6 {vor jedem Zauber eines} ({ḥkꜣ.w nb n(.j)}): Sehr wahrscheinlich Dittographie durch Zeilenumbruch, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1 97 [44].

7 Orakel(papyrus) (?) (⸢⸮ḫr?⸣.tj): Die erste Gruppe dieses Wortes ist schwer zu lesen. Edwards (HPBM 4. Bd. 2, pl. 38A) liest hier den Arm (D36) über t-Brot (X1), emendiert allerdings nach den Parallelen zu ḫr.tj „Orakel“ (Wb 3, 318.5–8; Lemma-ID: 119940), s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 98 [58]. Unter der Voraussetzung, dass diese Gruppe zum Teil verblasst oder abgerieben ist, könnte man im Vergleich zur Schreibung von ḫr.tj zu Beginn von Zeile rto 21 auch hier ohne Emendierung von einer solchen ausgehen. Mit diesem Versprechen liegt eine sehr verkürzte Version der sog. „Vergessensklausel“ vor, die am Ende der Texte nochmals versichert, dass die im Orakeltext erwähnten Gefahren wirklich alles umfassen, was generell vorstellbar erscheint. Eine ausführliche Version, die in der Struktur mit der hier vorliegenden zu vergleichen ist, findet sich im pTurin Cat. 1985 (T3), rto 113–vso 3.

8 oder (m rʾ-pw): An dieser Stelle macht das Wort m-rʾ-pw „oder, anderenfalls“ (Wb 2, 397.1–4; Lemma-ID 600585) inhaltlich keinen Sinn. In den Paralleltexten (z.B. pTurin Cat. 1985 (T3), rto 113–vso 3) findet sich an dieser Stelle ḫr-m-dj „ferner“ (Wb 2, 177.16; Lemma-ID 119750). In einem Text (pLondon BM EA 10251 (L2), vso x+54) wird in einer vergleichbaren Formulierung jrm „zusammen mit“ (Wb 1, 115.17–20; Lemma-ID 29840) verwendet.