Magische Stele des Nesamun Louvre AF 12690

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Europa » Frankreich » (Städte M-P) » Paris » Musée du Louvre

Inventarnummer: AF 12690

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Gefunden während der Grabungen des IFAO in Edfu im Jahr 1933. Durch Fundteilung an Frankreich gegangen.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » zwischen Elkab und Assuan » westliches Ufer » Tell Edfu

Am 7. Januar 1933 in Tell Edfu in einer Konstruktion aus der Ptolemäerzeit (Alliot 1935, 7: „dans une construction“) bzw. in einem Haus der Ptolemäerzeit (Alliot 1934, 201: „dans les ruines d’une maison“) gefunden. Die Personennamen und Titel lassen jedoch vermuten, dass das Stück ursprünglich einem Mitglied der Priesterschaft von Theben gehört hat (daher z.B. Aufrère 2013: „Edfou, mais très certainement thébaine d’après les titres du propriétaire“).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 21. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 25. Dynastie

Die Datierung erfolgt indirekt und beruht auf einer Kombination von bildtypologischen, textgeschichtlichen und textinhaltlichen Merkmalen. Hauptargument ist die Anwesenheit der Streitwagenszene, die typischerweise auf dem Sockel der Horusstelen der Libyerzeit/Dritten Zwischenzeit belegt ist. Alliot (1934, 1935) äußert sich nicht zur Datierung, nur, dass sie in einer ptolemäerzeitlichen Siedlungsschicht gefunden wurde. Gutekunst 1995, 346 erwähnt die Datierung „Ptol. Zeit(?)“ (siehe indirekt Alliot), aber seine textgeschichtliche Studie (S. 313–315) spricht eindeutig für einen Textvertreter seiner textgeschichtlichen „Frühphase“ (d.h. Ramessidisch bis 25. Dynastie). Sternberg-el Hotabi 1999, I, 82, 84 klassifiziert die Stele in ihrer typologischen „Frühphase II“ (21.–25. Dynastie) beim „Stelentypus I“, obwohl kein wirklicher Horuscippus, sondern eine echte Stele vorliegt. Ihre Argumente sind (1) das Vorhandensein der Streitwagenszene; (2) die Informationen zum Stifter/Begünstigten, die ab der 30. Dynastie fast immer fehlen (stimmt nicht!); (3) die textgeschichtliche Analyse von Horusstelenspruch B durch Gutekunst. Diese textgeschichtliche Analyse ist ihr Hauptargument für ihre Datierung der Stele in die 21.–25. Dynastie, jedenfalls in vorsaitischer Zeit (Sternberg-el Hotabi 1999, I, 82; II, 25). Ein weiteres Argument, das zu eher frühen Stelen passt, ist der seitlich (und nicht frontal) schreitende Kindgott auf den Krokodilen. Chronologisch nicht nutzbar ist der Personenname Nesamun, der zu einem Namenstypus gehört, der zwar schon im Alten- und Mittleren Reich belegt ist, dann erst wieder in der späteren 20. Dynastie in Erscheinung tritt und bis in die Ptolemäerzeit geläufig bleibt (Jansen-Winkeln 2016, 191–192). Étienne 2000, 110 hat „IIIe Période intermédiaire“, d.h. 21.–25. Dynastie. Berlandini 2002 hat „Époque libyenne ou présaïte?“, d.h. 22.–25. Dynastie (übernommen durch Aufrère 2013). Gasse 2004, 45 hat „XXIe–XXVIe dynastie“. Auf der Homepage des Louvre steht „–943 / – 526 (?) (époque libyenne; XXVe dynastie; XXVIe dynastie)“, d.h. 22.–26. Dynastie. Pietri 2020, 181 listet die Stele bei denen der 25. und 26. Dynastie.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Die verschiedenen Texte sind alle schwer beschädigt, weniger als ein Drittel der Textmasse ist erhalten. Dank Parallelen können jedoch fünf Sprüche identifiziert werden:
- Vorderseite, Textfeld: (1) „Alle Länder usw. sind unter den Füßen des Horus“; (2) unbekannter Text gegen Gift
- Rückseite und Unterseite: Horusstelentexte B und C
- Schmalseite: Horusstelentext A

„Alle Länder usw. sind unter den Füßen des Horus“ (A.1–A.3):
Eine Beschwörung von Gift und vielleicht auch von Krokodilen. Der Text fängt mit der Feststellung an, dass alle Länder, Wüsten, Gebirge und Gewässer mit ihren ganzen Bewohnern Horus, Sohn des Osiris und von Isis und Nephthys aufgezogen, unterworfen sind. Sie (d.h. Isis und Nephthys?) mögen das (durch Gift verursachte?) „Feuer“ und die „Unruhe“ in Horus (?) vertreiben. In einem Übergang von Horus zum menschlichen Schutzbedürftigen sollen sich Feinde, Untote und Widersacher vom Stelendedikanten Nachtefmut fernhalten. Ein Kind im Auge des Re habe Macht über seine Feinde, so wie Re Macht über seine Feinde habe. Die Feinde (in Schlangen- oder Krokodilsgestalt) sollen ihre Köpfe nicht gegen es aufrichten, denn das Udjatauge sei sein Schutz.

Unbekannter Text (A.3–A.9):
Bislang noch unklarer Text, in dem Gift unschädlich gemacht wird. Der Patient sei stark wie Horus. Gift in den Gliedern des Patienten werde abgewehrt. Es könne nicht hinaufsteigen, sondern falle hinunter. Stoffstreifen und/oder Fäden, darunter welche des Gottes Hedjhotep, spielen eine Rolle.

Horusstelentext A (C.1):
Ein von Thoth ausgesprochener Spruch zur „Verehrung“ des Horus, um ihn zu „verklären“. Thoth begrüßt den jugendlichen Horus und bittet ihn, dass er mit seiner Magie und seinen Zaubersprüchen kommen möge, um die gefährlichen Tiere in der Wüste, im Wasser und in den Höhlen abzuwehren und um das Gift im Patienten zu beschwören. Er möge den Patienten wiederbeleben, damit Horus‘ Ansehen entstehe und er als Horus-Sched („der Retter“ oder „der Beschwörer“) angerufen werde.

Horusstelentext B (B.1–B.9):
Der sogenannte „Spruch B“ der Horusstelen und Heilstatuen hat zum Ziel, einen Reisenden auf dem Wasser zu schützen, insbesondere vor Krokodilen. Er fängt mit einer Anrufung an den Sonnengott/Schöpfergott an, der Osiris, der auf dem Wasser ist, beschützen möge. Anschließend spricht der Zauberer/Beschwörer die gefährlichen Wassertiere und insbesondere das Krokodil Nehaher direkt und in imperativischer Form an. Sie sollen Osiris nicht angreifen, oder ihnen werde das Gesicht umgedreht bzw. ihnen drohe die Vernichtung. Er sagt, dass eine Vierergruppe von Göttern Osiris und den Reisenden beschütze. Der Zauberer identifiziert sich anschließend mit Chnum und befiehlt dem Angreifer zurückzuweichen, sonst werde er zerstückelt. Zwei mythologische Passagen mit einem lauten Schrei in Heliopolis, in der ein Kater und der Abdu-Fisch eine Rolle spielen, und mit einem zweiten lauten Schrei in Nedit, wo Osiris ermordet wurde, werden eingeflochten, weil Re deshalb sehr wütend geworden sei und die Zerstückelung des Rebellen auf dem Wasser befohlen habe.

Horusstelentext C (B.9–B.20):
Der Spruch setzt Horusstelenspruch B fort und ist ebenso hauptsächlich zum Schutz vor Krokodilen gedacht. Zunächst wird der Sonnengott, der aus der Unterwelt und dem Urwasser hervorgekommen ist, angesprochen, dass seine Barkenmannschaft zu ihm geeilt sei. Dann wird das Krokodil Maga aufgefordert, sich zurückzuziehen unter Androhung eines Übels, das in einem mythischen Ort Wadjwadj gegen das Krokodil gemacht werde. Auch ein schlangenartiges Wesen, ein Darm der Eingeweide, eine Nabelschnur, wird aufgefordert, sich von Re zurückzuziehen, denn der anonyme Magier wisse, was es getan habe (vgl. Apophis als Nabelschnur des Re). Dann wird erneut das Krokodil Maga aufgefordert, sich diesmal Osiris, der auf dem Wasser ist, nicht zu nähern, ansonsten werde das Krokodil geblendet und zurückgetrieben. Wenig später ist Maga gefallen und hat keine Macht über die Pferde und das Vieh des Verstorbenen Djeddjehutiiuefanch, wenn es auf dem Wasser ist (und natürlich auch nicht über den Verstorbenen selbst, der mit Osiris gleichgesetzt wird). Es folgen zwei unklare mythologische, auf Heliopolis bezogene Passagen mit einem lauten Schrei im Haus der Neith und einem Wehklagen des Katers wegen etwas, das Maga getan hat und das vom Schöpfergott nicht angeordnet worden war. Dem Rebellen (Maga) wird seine Zerstücklung und sein zweites Mal (die endgültige Vernichtung?) angedroht. Der Magier identifiziert sich anschließend mit den Göttern Chnum (der mit einer Botschaft von Sepa aus Heliopolis kommt) und Iniaf. Die Götter Mechentienirti und Ruti werden angerufen, die ihre Aufmerksamkeit auf einen Zwerg aus Fayence, der ins Wasser gefallen ist, richten sollen. Zwei weitere Krokodile namens Imeny und Senemra erscheinen im Text. Sie sollen sich vom Gott fernhalten, wenn dieser sich im Wasser reinigt, und sich vor dem Gottesleib hüten, ansonsten drohe der Tod oder die Verschleppung.

Material
Nicht Organisch » Stein » Kalkstein
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele » Horusstele / Horuscippus
Technische Daten

Höhe 23,5 cm; Breite 12+x cm; Dicke 5,5 cm. Spuren von blaugrüner Farbe sind in den Hieroglyphen der Seitenkanten erhalten. Oben abgerundete Stele aus hartem Kalkstein (Alliot 1934, 201), von der die linke Seite (Betrachterperspektive) schräg weggebrochen ist und fehlt. Die Vorderseite ist mit zwei Bildfeldern und einem Textfeld ausgestattet. Im Bildfeld oben findet sich als eingeschnittenes Flachrelief eine Darstellung des Kindgottes auf den Krokodilen, der gefährliche Tiere in den Händen hält. Er ist nach rechts orientiert (Betrachterperspektive). Ihm zugewandt ist die Göttin Isis. Wer hinter ihm stand, ist heute verloren, vielleicht Harsiese (?) (auf Stele Prag P 2771 stehen Harsiese und Isis hinter dem Kindgott). Das zweite Register zeigte ursprünglich eine Streitwagenszene, in der zwei Greife einen Streitwagen mit einem bogenschießenden Kindgott zogen. Erhalten sind nur die Tiere (Skorpion, Antilope, Löwe, Schlangen), die bejagt wurden. Der nicht erhaltene Streitwagen befand sich links, die Tiere rechts. Vom Textfeld hat sich das rechte Drittel der 11 Zeilen erhalten. Die Rückseite ist oben mit einem Bildfeld, darunter mit einem Textfeld versehen. Vom Bildfeld mit einer Reihung von Schutzgottheiten hat sich nur das linke Ende (Betrachterperspektive = Objektperspektive) erhalten. Der Text enthält 18 Zeilen. Auf der rechten Schmalseite (Betrachterperspektive) steht eine hieroglyphische Textkolumne, ähnliches ist für die linke Schmalseite anzunehmen. Auf der Unterseite findet sich eine Zeile mit Hieroglyphen, eine zweite wurde nur partiell eingraviert. Nach der Entdeckung ist die Stele zerbrochen, wodurch Teile der Dekoration der Streitwagenszene (Löwenkopf, Krokodilskopf) sowie der Inschriften von Vorder- und Rückseite verloren gegangen sind.

Schrift
Hieroglyphen

Eingeschnitten und mit blaugrüner Farbe hinterlegt. Die Gravur der Hieroglyphen ist unbeholfen und die Textkopie enthält zahlreiche Fehler.

Bearbeitungsgeschichte

Alliot 1934 hat die Inschriften der Stele in Druckhieroglyphen und synoptisch mit einigen ihm bekannten Paralleltexten sowie mit Übersetzungen publiziert. Gutekunst 1995 nutzt die Stele für seine textgeschichtliche Untersuchung von Horusstelenspruch B. Sternberg-el Hotabi 1999 nimmt die Stele in ihrer objekttypologischen Studie der Horusstelen auf. Eine Neuedition mit Fotos und hieroglyphischen Handkopien legte Gasse 2004 vor. Aufrère 2013 hat die Namen der in der Streitwagenszene gejagten Schlangen untersucht. Vor allem die Streitwagenszene hat weiteres Interesse hervorgerufen (Gerke, Pietri).

Editionen

- Alliot 1934: M. Alliot, Une stèle magique d’Edfou, in: Mélanges Maspero, I. Orient ancien, Fasc. 1, Mémoires de l'Institut français d'archéologie orientale 66, 1934 (Fasc. 1–3, 1935–1938), 201–210 (ohne Abb.).

- Alliot 1935: M. Alliot, Rapport sur les fouilles de Tell Edfou (1933), Fouilles de l'lnstitut Français d'Archéologie Orientale du Caire 10 (Le Caire 1935), 7 und Taf. VI.

- Gasse 2004: A. Gasse, Stèles d’Horus sur les crocodiles, Musée du Louvre. Département des antiquités égyptiennes. Catalogue (Paris 2004), 45–51 (Nr. 3).

Literatur zu den Metadaten

- Aufrére 2013: S. H. Aufrère, Serpents, magie et hiéroglyphes. Études sur les noms d’ophidiens d’un ensemble de cippes d’Horus de Thèbes et d’ailleurs (époque libyenne), in: Égypte Nilotique et Méditerranéenne 6, 2013, 93–122, hier: 102 (Nr. III).

- Berlandini 1980: J. Berlandini, Une stèle d’Horus sur les crocodiles du supérieur des prêtres de Sekhmet, Padiimennebnesouttaouy, in: Cahiers de Karnak VI, 1973–1977, Le Caire 1980, 235–245, hier: 244–245.

- Berlandini 2002: J. Berlandini, Un monument magique du „Quatrième prophète d’Amon“ Nakhtefmout, in: Y. Koenig (Hrsg.), La magie en Égypte: à la recherche d’une définition. Actes du colloque organisé par le musée du Louvre les 29 et 30 septembre 2000 (Paris 2002), 83–148, hier: 115 (Nr. L1), 147 mit Abb. 21.

- Étienne 2000: M. Etienne, Heka. Magie et envoûtement dans l’Égypte ancienne, Les dossiers du musée du Louvre: Exposition-dossier du département des Antiquités égyptiennes 57 (Paris 2000), 110 (Nr. 197).

- Gasse 2014: A. Gasse, La stèle Brügger, une stèle d‘“Isis sur les crocodiles“, in: Égypte Nilotique et Méditerranéenne 7, 2014, 125–143, hier: 140.

- Gerke 2014: S. Gerke, Der altägyptische Greif. Von der Vielfalt eines „Fabeltiers“, Beihefte zu den Studien zur altägyptischen Kultur 15 (Hamburg 2014), 208 (Nr. 141).

- Gutekunst 1995: W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 313–315, 345–346.

- Pietri 2020: R. Pietri, „Horus-Shed hunting in his chariot“: two forgotten monuments, in: Studien zur altägyptischen Kultur 49, 2020, 179–190 und Taf. 8–9, hier: 181, Anm. 14.

- Sternberg-el Hotabi 1999: H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen, 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), Bd. I: Textband, 48–49, 82, 84; Bd. II: Materialsammlung, 25.

- Vernus 1978: P. Vernus, Athribis, Bibliothèque d’étude 74, Le Caire 1978, 321 (Nr. 299).

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Online-Ressourcen
Autoren
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Vorderseite (Textzeile A, DE)

Alle Länder usw. sind unter den Füßen des Horus (A.1A.3)1

[A.1] (Alle fruchtbaren) Länder, alle Wüsten, (alle) Berge und alle Gewässer sowie das, was in ihnen ist, ist vereint unter den Füßen des Horus, Sohnes des Osiris, mit dem Isis schwanger war [und mit dem Nephthys begattet war. Mögen sie deine (fiebrige) Hitze vertreiben, mögen sie deine (innere) Unruhe beseitigen.
(Oh du) Feind, Feindin, Untoter, Untote,] Widersacher, Widersacherin, ihr sollt zurückweichen vor dem Gottesvater des Amun-Re, des Königs der Götter, Nesamun, [gerechtfertigt. Er ist der göttliche Jüngling, der im Auge des Re ist. Er hat Macht über seine Feinde, wie Re Macht über] seine Feinde [hat].2 Erhebt nicht euer Gesicht gegen ihn, (ihr,) seine Feinde! Das Udjatauge ist sein Schutz.3

1 Schon Alliot 1934 kannte die Textparallelen in CG 9430 und CG 9403. Sternberg-el Hotabi 1999, I, 4851 fügt eine Horusstele in New York MMA 44.4.54 sowie in Philadelphia E 12514 hinzu und gibt eine Textsynopse für den Anfang.

2 Siehe die Textparallelen Philadelphia E 12514; Horusstele des Nachtefmut (Paris); Skarabäus BM EA 35403; Heilstatue Leiden F 1953/5.1.

3 Heute zerstört, aber noch von Alliot 1934 gesehen (siehe das Foto auf Taf. VI.1). So auch auf der Horusstele des Nachtefmut (Paris). Auf der Heilstatue Leiden F 1953/5.1 steht: „Das Horusauge ist der Schutz seines Leibes.“ Vgl. Skarabäus BM EA 35403 (C. A. R. Andrews, An Unusual Source for Magical Texts, in: A. Leahy – J. Tait (Hrsg.), Studies on Ancient Egypt in Honour of H. S. Smith, Occasional Publications 13 (London 1999), 11–15), Unterseite, Z. 12: „Das Udjatauge ist der Schutz 〈seines〉 Leibes.“

Unbekannter Text (A.3A.9)

[... ... ... Wasser.
Das Feuer wurde gelöscht.
Die mrw-Binde] ist ein Damm (??).1
Das Gift ist in der Flamme (oder: ist eine Flamme).
Eine Mauer (?), die das Voranschreiten abwehrt (?).
[Sei] gegrüßt, [mrw-Binde ... ... ...
[Abgewehrt wurde das/dieses Gift in]2 [A.5] ihrem machtbeladenen Zeitpunkt.
Du wurdest kräftig gemacht wie Horus; deine Stärke ist wie [die von ....
Du ... die Rebellen im Messersee.
Mögest du abwehren das Gift], das in jedem Glied des Gottesvaters des Amun-Re, [des Königs der Götter, Nesamun, gerechtfertigt, ist.
Du Gift,] du wirst [nicht] hinaufrennen (?), (sondern) du wirst hinunterfallen.3 Siehe, der nw.t-Faden des [Hedjhotep (?) packt dich ... ... ...4
Dein Kopf [sinkt] nach unten [hinab]5, so wie ...?... hinuntergeht/fällt.
... ... ...] unter ihm, wie ...?... hinuntergeht/fällt in (?) [... ... ...

1 Ergänzt gemäß Horusstele Philadelphia E 12514.

2 Ergänzt gemäß Horusstele Philadelphia E 12514. Vgl. auch im Papyrus Turin CGT 54051, rto. 5.8: „Ich werde das Gift im Augenblick seines Wirkens abwehren.“

3 Ergänzt gemäß Horusstele Philadelphia E 12514. Auf der Metternichstele (Spruch II, Z. 4) findet sich die Formel: „Du wirst nicht zum fernen Himmel (oder: nach oben) aufsteigen, (sondern) du wirst nach unten trampeln (oder:) (du), der niedergetrampelt bist nach unten.“ Auf Papyrus Genf MAH 15274, Kol. 6.9–7.1 steht: „Du wirst nicht nach oben steigen, denn du fällst nach unten.“ 

4 Ergänzt gemäß Horusstele Philadelphia E 12514. Dort steht ein weiterer Satz: „Der ꜥꜣ.t-Faden des Hedjhotep packt dich.“ Diese Lesung wäre auch hier denkbar.

5 Ergänzt gemäß Horusstele Philadelphia E 12514.

Bildregister

Giebelfeld mit 1. Bildfeld1 (D.1–D.4)

[vor Isis, D.1] Worte zu sprechen durch Isis, die Große, die Gottesmutter.
[vor Horus auf den Krokodilen] ... ...] sein [...] stark (?), eure Gesichter sind rückwärtsgedrängt/hinuntergestürzt (?)2, eure Mäuler sind blockiert, nicht/durch (?) [...], die sich befinden im [Wasser/in der Erde ...]3

1 Das Bildfeld zeigt einen zum Großteil zerstörten Horus auf den Krokodilen, nach rechts (Betrachterperspektive) schreitend, ihm gegenüber steht Isis mit Hathorkrone und Papyrusszepter.

2 rmn: Wb 2, 421.3: „vom Zustand verfallender Mauern“ (einziger Beleg DZA 25.903.150 = K. R. Lepsius, Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien (Leipzig 1849–1859), Tafelwerke Abtheilung III, Bd. 7, Taf. 237.c, Z. 9 = K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions. Historical and Biographical. IV (Oxford 1982), 288.14: jnb.w=s rmn: „its walls collapsed“); R. Hannig, Die Sprache der Pharaonen. Großes Handwörterbuch Ägyptisch – Deutsch (2800–950 v. Chr.), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 496: „*abgeschleift“; nicht in L. H. Lesko (Hrsg.), A Dictionary of Late Egyptian II (Berkeley/Providence 1984).

3 Die Inschrift fängt sehr merkwürdig an, nicht mit der Identifikation des Bewältigers der gefährlichen Tiere. Man bekommt den Eindruck, dass die Kolumnen retrograd geschrieben oder anderswie durcheinandergeraten sind.

2. Bildfeld1 (E.1–E.7)

[vorderer Rand der Szene, E.1] Ich bin Horus 〈Chente〉chtai, 〈der Herr〉 von Athribis2. Ich bin gekom〈men〉, um den Gottesvater des Amun, des Königs der Götter, Nesamun, gerechtfertigt, zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern zu beschützen.3
[über der 1. Schlange] Die ḥfꜣw-Schlange.4
[über der 2. Schlange] Jede ḥṯ-Schlange.5
[über der 3. Schlange, E.5] Die Stechende (Schlange).6
[über der 4. Schlange] Die jq-Schlange.7
[über der 5. Schlange] Die Scharfe (?) (Schlange).8

1 Das Bildfeld zeigt eine Streitwagenszene mit Horus-Sched, der Schlangen, Skorpione und weitere Tiere jagt. Daneben sind fünf Schlangen übereinander abgebildet.

2 Alliot 1934, 208 übersetzt: „Horus de Khati“ und er meint (S. 209), dass dies Horus von Athribis sein wird. Vernus 1978, 321 (Nr. 299) hat jedenfalls diese Stele als Quelle für Horus-Chenti-cheti aufgenommen. Es ist vor allem die Stier-Hieroglyphe an dieser Stelle der Inschrift, die an den Gott von Athribis denken lässt, denn ansonsten erwartet man hier Horus-Sched. Die Stierhieroglyphe wird hier von uns nicht als Determinativ von Chenticheti, sondern als Toponym Km-wr: „Athribis“ gelesen. Das Toponym ist in den Textparallelen auf der Horusstele Philadelphia E 12514 (Sternberg-el Hotabi 1999, II, Taf. 6d) und der Horusstele Kairo JE 86115 (sog. Horusstele Mahmud Hamza) belegt.

3 Alliot 1934, 208 übersetzt aufgrund einer Fehllesung (S. 206): „je viens pour protéger le „Ka“ du Père divin“. 

4 Aufrère 2013, 105 (Nr. A).

5 C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band V. , Orientalia Lovaniensia Analecta 114 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 596 s.v. ḥṯ verweist auf bṯw (C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band II. b, Orientalia Lovaniensia Analecta 111 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 841, mit Verweis auf J. Leibovitch, Quelques elements de la décoration égyptienne sous le Nouvel Empire, in: Bulletin de l'Institute d'Égypte 25, 1943, 183–203, hier: 197, Abb. 16, 17); Aufrère 2013, 105, 109 (Nr. G).

6 Aufrère 2013, 109110 (Nr. H).

7 Gasse 2004 erwägt eventuell jqr als Schlange der Pyramidentexte; Aufrère 2013, 110 (Nr. J).

8 Aufrère, 110111 (Nr. K) liest spd oder sfṯ (letzteres nach der Horusstele Philadelphia E 12514).

Rückseite (Textzeile B)

Horusstelentext B (B.1B.9) = Metternichtstele Spruch 5 = Torso Wien ÄS 40 Spruch 1

[B.1] [Oh alter Mann, der sich zu seiner Zeit verjüngt, (oh) Greis, der (als)] Jugendlicher [agiert,] mögest du veranlassen, dass Thoth zu mir auf [meiner] Stimme kommt, [damit er für mich das (Krokodil) Wildgesicht (Neha-her) vertreibt.
Osiris ist auf dem Wasser, das Horusauge ist] bei ihm.
Erhebt nicht eure Gesichter, (ihr) 〈Wasserbewohner〉, 〈bis/so dass〉 Osiris an euch vorbeikommt. (Denn) seht, [er ist auf dem Weg nach Busiris.
Versperrt wurde euer Maul, verstopft wurde] euer [Schlund].
Zurück, (du) Rebell! Erhebe nicht dein Gesicht!
Re [erhebt sich / ist auf seiner Sandbank, um die Neunheit von Babylon zu sehen.
Die Herren der Unterwelt stehen bereit, zu bestrafen das Kommen sei]tens (?) der Wildgesichter. Ihre Köpfe wurden umgekehrt, gesetzt auf (d.h. in Richtung auf) ihren Rücken. [B.5] Ihr Schlund wurde blockiert, ihr Maul wurde verschlossen.
〈Ein großes Gejammer ist im Maul〉 des Katers (oder: der Katze). Die Götter (sagen): "Was [... ... ...]?"
Ich bin Chnum, der Herr von Hutweret.
Hüte dich davor, dass [dein] Unrecht/Schaden ein zweites Mal wiederholt wird [wegen dessen, was du getan hast in Anwesenheit der Großen Neunheit!
Oh Re! Bekanntlich hast du keine (so) laute Stimme (mehr) gehört seit] dem Abend auf jenem Ufer von Ned[it; ein tiefes Schweigen ist bei jedem Gott und bei jeder Göttin. Alle Götter sind in Wehklagen wegen dieses Übels], das dieser Rebell, der Böses tut, getan hat.
Siehe, [Re ist wütend und erzürnt deswegen.
Zurück mit] dir, (du) Rebell. Hui, hui!

Rück- und Unterseite (Textzeile B)

Horusstelentext C (B.9B.20)

Oh (Du), der aus der Unterwelt gekommen ist, [B.10] der [im (oder: aus dem) Nun] auf[gegangen ist, der die Beiden Länder mit seinem Auge erhellt: Siehe, deine Schiffsmannschaft ist in Freude (?) zu deiner Barke geeilt.]
Man befragt den, der deinen Namen nicht kennt.
Hemme für dich (?) das Vorankommen des Maga!
[... ... ...
Zurück, du, Apophis, jene (schlangenförmige) Windung der] Eingeweide! Deinen Körper, in/aus dem du entstanden bist, gibt es [nicht]! Jene Nabelschnur, [weiche zurück vor Re!
... ... ...
Oh, oh (du,) der im Kommen begriffen ist,] hüte dich, dass du kommst! Wenn du (?) vorgehst gegen den Osiris, den Gottesvater des [Amun-Re, des Königs der Götter, Nesamun, des Gerechtfertigten, wenn er auf dem Wasser ist und das Horusauge bei ihm ist, dann wird dein Gesicht geblendet werden.] Bremse dein Voranschreiten! Weiche zurück! Hüte dich, (oh) Maga!
(Man) ist wachsam [gegen dich in Heliopolis.
Du bist gefallen! Zurück! Zurück!
Du wirst keine Macht haben über irgendeinen seiner Leute], irgendeines seiner Pferde, irgendeines [B.15] [seines] Kleinviehs, [irgendein Stück Großvieh, das heute auf de Fluss ist.
Das Geräusch eines Geschreis ist im Haus-der-Neith. Ein großes Wehklagen (kommt) aus dem Maul des] Katers (oder: der Katze) wegen dessen, was Maga getan hat. Es ist] nicht etwas, [das von dem Der-es-gemacht-hat (= dem Schöpfergott?)] angeordnet worden ist.
... ... ...]
Er hat dein Voranschreiten gehemmt.
Versammelt wurden die Vögel [... ... ...
Ich bin Chnum. Ich bin aus [Heliopolis mit einer Botschaft (oder: einem Auftrag) von Sepa] gekommen.
[Ich bin Ini-a-ef.
Oh Ruti, oh Chentienirti,] deine Aufmerksamkeit (wörtl.: Gesicht) zu diesem Zwerg [aus Fayence, der ins Wasser gefallen ist, dem Halsschmuck der Neith! Fürchte dich vor ihm!
Dein Gesicht wird geblendet werden, (oh) Imeny-Krokodil, das in] der Flut [ist]. Dein Schreiten wird behindert werden, [B.20] [(oh) Senem-ra-Krokodil!
... ... ...] 〈den Osiris NN〉, den Gerechtfertigten (?).

Rechte Schmalseite (Textzeile C)

Horusstelentext A (C.1) = Metternichstele Spruch 10

[C.1] [Sei gegrüßt, du Gott, Sohn eines Gottes!] Sei gegrüßt, du Erbe, Sohn eines Erben! Sei gegrüßt, du Stier, 〈Sohn eines Stieres, den die göttliche Kuh geboren hat!〉 Sei gegrüßt, du Horus, der aus Osiris hervorgegangen ist, den Isis, die Göttliche/Göttin, geboren hat!
Besprich für mich mit deinem Namen! Beschwöre 〈für mich mit deiner Magie!〉1

Ende des verfügbaren Platzes, vielleicht Fortsetzung auf der zerstörten zweiten Schmalseite.