Papyrus IFAO H 48 Verso

Metadaten

Schlagwörter
Alternative Namen
TM 151932 (die demotische Seite ist / the demotic side is TM 151933)
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Institut Français d'Archéologie Orientale
Erwerbsgeschichte

Der Papyrus wurde durch J. Černý erworben. Nähere Angaben zum Ankauf finden sich nicht. Die Herkunft des Stückes ist demnach unbekannt und konnte bislang nicht rekonstruiert werden (Herbin 2011, 191). Heute befindet sich der Papyrus im Institut Français d'Archéologie Orientale in Kairo und trägt die Inv.-Nr. H 48.

Herkunft
(unbekannt)

Weil die Schrift des demotischen Verwaltungsschreibens auf dem Recto der Schrift des pElephantine 13 sehr ähnelt, ist es nicht unmöglich, dass unser Papyrus ebenfalls aus Elephantine stammen könnte.

Datierung
(Absolute Datierung: Jahrhunderte) » (Jahrhunderte v.Chr.) » 1. Jhdt. v.Chr., (Absolute Datierung: Jahrhunderte) » (Jahrhunderte n.Chr.) » 1. Jhdt. n.Chr.

F.-R. Herbin datiert den Papyrus anhand der verwendeten hieratischen Zeichenformen an das Ende der Ptolemäerzeit oder den Anfang der Römischen Kaiserzeit (Herbin 2011, 192). Der demotische Text auf der Vorderseite könnte ungefähr zeitgleich entstanden sein. Laut J. F. Quack ähnelt die Schrift des demotischen Textes sehr der Schrift von pElephantine 13 (= pBerlin P 13534), der ins Jahr 28 von Augustus (2 v. Chr.) datiert, weshalb er auch für pIFAO H 48 eine Datierung in die frühe Kaiserzeit vorzieht (Quack, E-Mail 03.11.2016).

Textsorte
Inhalt

Der Text auf der Rückseite des Papyrus befasst sich mit Frauenheilkunde, was aus der Erwähnung des Uterus (jd.t) und dem femininen Personalpronomen hervorgeht. Das Fragment enthält Bruchstücke von Rezepten mit einer Auflistung von Zutaten, Angaben zur Zubereitung und Anwendung sowie zum erwarteten Ergebnis. Eindeutige Hinweise zu den Beschwerden lassen sich aufgrund des schlechten Erhaltungszustands des Papyrus nur schwer ausmachen. Das Wort šmm "Hitze" in Zeile x + 3 indiziert, dass von einem Fieber oder einer Entzündung die Rede ist (Herbin 2011, 192). Die Heilmittel werden in die Vagina bzw. den Uterus (rʾ n jd.t = Mund/Öffnung der Vagina/des Uterus) und in den Anus eingebracht.
Das Recto des Papyrus umfasst einen administrativen Text in demotischer Schrift (Herbin 2011, 191).

Ursprünglicher Verwendungskontext

Laut J. F. Quack steht der demotische Text auf der Vorderseite (parallel zu den Fasern geschrieben) und der medizinische Text auf der Rückseite (quer zu den Fasern geschrieben) (Quack, E-Mail 03.11.2016). Sichtbare Abriebspuren auf dem Papyrus zeigen, dass der medizinische Text nachträglich auf einen wiederverwendeten Papyrus geschrieben wurde (Quack, E-Mail 04.06.2016: Prüfung am Original).

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Das erhaltene Fragment misst 15,5 × 9 cm und weist auf der Rückseite noch 20 hieratische Textzeilen auf. Der Papyrus ist deutlich beschädigt, sodass die Originalgröße nicht rekonstruiert werden kann. Der gesamte obere Teil sowie die linke Seite sind verloren. Eine weitere Bruchstelle findet sich im unteren rechten Bereich, wodurch die Zeilenenden sowie der Anfang der zehnten Zeile nicht überliefert sind. Rechts ist der Anfang der Zeilen erhalten. Mit der letzten Zeile ist vermutlich das Seitenende erhalten, da darunter ein größerer Freiraum erkennbar ist (Herbin 2011, 191).

Schrift
Hieratisch

Der Text des Verso ist in hieratischer Schrift verfasst und wenig sorgfältig gearbeitet. Duktus und Strichstärke der Zeichen weisen darauf hin, dass eine dicke harte Binse (Kalamos) als Schreibwerkzeug verwendet worden ist (Quack, E-Mail 04.06.2016). Der demotische Text auf der Vorderseite ist mit einem deutlich dünneren Kalamos geschrieben. Einige Wörter sind mit roter Tinte geschrieben (Herbin 2011, 191–192).

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch
Bearbeitungsgeschichte

Die bislang einzige Bearbeitung und Textedition publizierte F.-R. Herbin im Jahre 2011.

Editionen

- Herbin 2011: F. R. Herbin, Un nouveau document gynécologique (P. Ifao H 49 ro), in: Bulletin de l'Institut Franҫais d'Archéologie Orientale 111, 2011, 191–203.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

Papyrus IFAO H 48 verso

Nach Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 192–193) befindet sich der Text auf dem Recto des Papyrus. Dem widerspricht Quack (Email 03.11.2016), indem er darauf hinweist, dass der hieratische Text quer zur Faser geschrieben ist und sich somit auf der Rückseite befindet, was anhand des publizierten Fotos gut nachzuvollziehen ist. Dementsprechend befindet sich der demotische Text auf dem Recto. Zudem konnte Quack bei einer Untersuchung des Originals Abriebspuren auf dem Verso feststellen, die zeigen, dass der medizinische Text nachträglich auf einem wiederverwendeten Papyrus notiert wurde (Email 04.11.2016).

[...] [x+1] […] ? […]
[...] von (?)-Getreide: ¼ (Dja); Brei (?): ½ (Dja);1 werde gemacht zu (?) (oder: Milch (?))2 […].

1⸮ḥzꜣ? ⸮gs?: Möglicherweise liegt hier eine sehr abgekürzte Schreibung (V28-G39) für ḥzꜣ „Teig, Brei“ vor (Wb 3, 160.6–16), die so allerdings nur ein einziges weiteres Mal als Beischrift einer Brotbackszene im Grab des Djehuti-hetep (MR) in El Berscheh belegt ist (Newberry, Bersheh I, Taf. 25). Die erhaltenen Spuren sind mit einer -Schlaufe und der zꜣ-Gans in Einklang zu bringen (vgl. hierzu auch Herbin, in: BIFAO 11 (2011), 195), doch ist der Begriff in den medizinischen Texten sonst deutlich ausführlicher geschrieben und stets klassifiziert, vgl. MedWb 632–33, DrogWb 364–69. Der inhaltliche Kontext passt hingegen recht gut, da es sich bei ḥzꜣ um eine Art Brei aus Getreide handelt, s. DrogWb 368; Popko, Glossar.
Die folgende Striche werden von Herbin als zwei Wasserlinien interpretiert (vgl. Herbin, in: BIFAO 11 (2111) 202, fig. 1b). Allerdings findet sich kein sinnvoller Zusammenhang sowohl zum vorhergehenden als auch zum folgenden Wort. Ausgehend von der Überlegung, dass eine Kurzschreibung für ḥzꜣ vorliegen könnte und in Ermangelung einer überzeugenderen Alternative, wäre die Lesung gs „ein halbes (Dja)“ erwägenswert (vgl. Möller, Paläographie III, 63 [674]), da die Verwendung des Dja-Maßsystems für ḥzꜣ gut belegt ist (s. z.B. Eb 7,12).
2jri̯{t} n: Die Stelle bleibt aufgrund des fragmentierten Zustands des Textes unklar. Es könnte eine Schreibung von jri̯ vorliegen, wobei im Kontext der Drogenzubereitung das Verb für gewöhnlich mit der Präposition m gebraucht wird. Zwar ist der nw-Topf als Phonogramm für m etabliert, doch für die Schreibung der Präposition m eher ungewöhnlich, s. Wilson, Ptol. Lexikon, 392. Ebenfalls wäre zu überlegen, ob eine sehr verkürzte Schreibung für jrṯ(.t) „Milch“ (Wb 1, 117.1–6, Wilson, Ptol. Lexikon, 110–101) vorliegen könnte

[…] die [...]3 dieser Hitze: Nimm Kühles (?) (oder: qbw-Pflanzen ?)4 [… … …] Weintrauben/Traubenkerne5 von der Oase (?), dby-Pflanzen6 [… … …].

3[___]: Die am Rande der Lücke noch erkennbaren Zeichenspuren sind zu sehr verblasst und nicht ausreichend distinktiv, um einen Vorschlag zur Ergänzung machen zu können.
4qb[___]: Da das vorangehende Verb als Imperativ aufgefasst wurde, ist ein Substantiv zu erwarten. Als Antagonist zu šmm „Hitze“ passt qb.w „Kühle“ (Wb 5, 24.1–5; MedWb 882–883), jedoch macht in Verbindung mit šdi̯ „(fort)nehmen“ (Wb 4, 560.8–562.19; MedWb 874–875) inhaltlich etwas Konkreteres mehr Sinn, vgl. Herbin, in: BIFAO 111 (2011), 195. Später im Text (Z. x+12) sind qb.w-Pflanzen erwähnt, allerdings in einer anderen Orthographie. Aufgrund des fehlenden Kontexts ist eine eindeutige Ergänzung unmöglich.
5 jrr n(.j) wḫꜣ.t: Sehr wahrscheinlich mit jꜣrr(.t) n(.j) wḥꜣ.t zu verbinden, das Weintrauben bzw. Traubenkerne aus den Oasen bezeichnet, s. Herbin, in: BIFAO 111 (2011), 195 mit Verweis auf das Rezept zur Herstellung von Kyphi in Edfou II, 211,15, wo der Ausdruck als andere Bezeichnung für sšp n(.j) Dsds aufgeführt ist und als Trauben aus Bahariya aufgefasst wurde, vgl. Grandet, Pap. Harris I, Bd. 2, 84 [309]; Wilson, Ptol. Lexikon, 924; Charpentier, Recueil, 694 [1141]. Ein weiterer Beleg findet sich im pAnastasi IV (pBM EA 10249), rto 14,7, wo die Oasen-Trauben deutlich von nicht weiter spezifizierten Trauben unterschieden werden, s. Dils, in TLA (Okt. 2014). Lüchtrath (in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 105–108, 134–141 [13]) vermutet in beiden Ausdrücken eine Bezeichnung von entweder unreifen Trauben oder aber einer Traubenmaische als Ausgangsprodukt zur Herstellung von Traubenkernöl, was sie überzeugend durch den im Rezept beschriebenen Herstellungsprozess begründet. Zur Identifizierung von jꜣrr.t als Weinbeere (Vitis vinifera L.) s. Baum, Arbres et arbustes, 135–148 [8]; Germer, Handbuch, 18–19.
Die Schreibung von wḥꜣ.t mit M12 statt M16 ist sonst nicht belegt, und beruht sicher nicht auf einer simplen Verwechslung, da sich die beiden Zeichen deutlich voneinander unterscheiden. Könnte die leicht abführende Wirkung der Weinbeere (Germer, Handbuch, 19) bei dem Schreiber zu einer assoziativen Verknüpfung mit dem Verb wḫꜣ „entleeren“ (MedWb, 207) geführt haben?
6dby: Die Pflanzenbezeichnung dby bzw. db.yt (Wb 5, 435.1–2; DrogWb 576; Germer, Handbuch, 162) kommt mindestens zwei Mal in diesem Text vor: außer dieser Stelle hier, ist in Z. x+14 der auch aus anderen medizinischen Texten bekannte zusammengesetzte Ausdruck ftt n(.j) db.yt (hier: fdy) belegt (DrogWb, 211, 576). Zwei weitere Stellen (Z. x+5 und x+15) sind aufgrund des Erhaltungszustands leider nicht eindeutig zu identifizieren, aber eine Ergänzung zu fdy [n(.j) dby.t] bzw. [db.]y[t] wäre in beiden Fällen erwägenswert. Während Germer (Arzneimittelpflanzen, 60–62) zunächst für db.yt ein Wachstumsstadium der Leinpflanze bzw. einen Leinfaden diskutiert, steht sie dieser Zuweisung später kritisch gegenüber (Handbuch, 162).
Das Demotische tby (CDD T, 144) wird mit db.yt in Verbindung gebracht. Hier wurde aufgrund von Parallelen im Gebrauch mit dem Wort gꜣb.t „(Blüten)blatt“ (Wb 5, 154.7–10; DrogWb 531; Wilson, Ptol. Lexikon, 1095) eine Übersetzung „Blatt, Laub“ erwogen (Sauneron, Ophiologie, 65–66; Vittmann, in: Enchoria 30 (2006/7), 156 mit Anm. 14; Quack, in: Orientalia 75 (2006), 159), was allerdings auf ḏbꜣ.w „Blätter, Laub“ (Wb 5, 562.2) rekurriert. Lesko geht von einer Zusammengehörigkeit von dby.t und ḏbꜣ.w aus, denn er gibt für dby.t ebenfalls die Übersetzung „foliage“ an, s. Dictionary IV, 128.

[x+5] Werde gemischt mit ṯkwn-Flüssigkeit7; werde gegeben in Mastix8 [von (?) db.yt-Pflanzen (?) …

7ṯkwn.t: Das Wort ist unbekannt. Aufgrund der Klassifizierung mit einem Gefäß (W24) könnte es sich eventuell um eine Flüssigkeit handeln. Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 196) bringt es mit dem ebenfalls nicht weiter belegten kṯwn (pBrooklyn 47.218.2 V, 20; unpubl.) zusammen, das im Rahmen einer gynäkologischen Rezeptsammlung vorkommt. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang zum ṯkn-Mineral, das ebenfalls nur einmal im pChester Beatty IV, verso 7.8 belegt ist, s. Dils, in TLA (Okt. 2014). In Eb 852 (98,20a), einem Rezept zur Herstellung von Räuchermittel, ist als Zutat ynktwn aufgeführt. Da dort eine Reihe von anderen Aromata, die auch hier in diesem Rezept genannt sind, ebenfalls vorkommt, ist es plausibel, dass es sich um die gleiche Droge handeln könnte.
8fdy: Vermutlich zu ergänzen zu fdy [n(.j) db.yt]; die am Rand des Papyrus erhaltenen Spuren von zwei liegenden Zeichen würden zu Wasserlinie (N35) und Hand (D46) gut passen. Zu ftt (Wb1 581.9–14; FCD 99; MedWb 308; DrogWb 211) als Bezeichnung eines pflanzlichen Faserstoffs der db.yt-Pflanze, siehe Dils, BWL-Wortdiskussion, vgl. auch Bardinet, Médecins et magiciens, 457 („compresse“). Lüchtrath (in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 118–119) hingegen folgert aus der Gleichsetzung von šb und fd in Edfu II, 211,8, dass es sich um eine Bezeichnung für Mastix handeln müsse. Sie geht von zwei Begriffen aus, die zum einen den Baum (šb: Mastix-Pistazie Pistacia lentiscus L.) und zum anderen das Harz (ftt) bezeichnen. Germer (Handbuch, 130–131) identifiziert šb als Melonenart, was – wie sie selbst bemerkt – zur Verwendung als Räuchermittel eher ungewöhnlich ist. Vermutlich liegen hier zwei unterschiedliche Bezeichnungen vor, s. Popko, Glossar: šzp.t. Auch Chassinat (Khoiak II, 431–432) verbindet ftt mit einem Baumharz, vgl. ebenfalls Kockelmann/Winter, Philae III, 118 [48a, 3] mit Anm. 6. Vermutlich ist ebenfalls eine Verbindung zu jw~fy~tjt (Hoch, Sem. Words, 22 [8]) herzustellen, das im pHarris I (Grandet, Pap. Harris I, 84–85 [311]) stets in Verbindung mit nkp.t (s.u.) belegt ist.

Es sind 2 von (oder: als/mit) ein/einem (wrtl.: 1) Faden/Material: werde gemacht zu schwarzem (oder: 1/8) nty-Gewebe (?).9

9jw 2.t m mnw ⸮1? ⸮jri̯? m nt(y) ⸮km?: Der fehlende Kontext sowie die schwer lesbaren Abschnitte in der Zeile bereiten große Schwierigkeiten. Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 194) transkribiert „iw (?) 2.t m mnw ir m ntf nn“ und übersetzt: „la deuxième (?), faite au moyen de huit liens: …(?)“. Nach einleitendem jw folgen zwei senkrechte Striche mit einem nachfolgenden t (X1), vermutlich eine demotisierende Schreibung der Zahl „2“, hier substantivisch gebraucht und als Femininum gedacht (vgl. ENG, § 250).
Der Ausdruck mnw ist vermutlich als „Faden/Material“ (Wb 2, 72.8–9) zu verstehen. Der entsprechende Klassifikator ist leider nicht zu identifizieren, Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 196) schlägt die Schlaufe V12 vor, die gut zu den noch erkennbaren Spuren passt. Es folgt mit einem senkrechten Strich offenbar das Zahlzeichen „1“, das inhaltlich schwer zu deuten ist.
Auch das folgende Zeichen ist nicht gut erhalten, doch passen die erkennbaren Spuren zu einem Auge und somit zur Lesung jri̯.
Das nächste Wort transkribiert Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 197) ntf und bringt es mit dem Verb ntf/nft „lösen“ (Wb 2, 356.10 u. 263.3) zusammen. Inhaltlich passender wäre allerdings eine Verbindung zum nty-Gewebe, das zweimal im pBoulaq 3 (Z. x+7,9 u. 9,18; Töpfer, Balsamierungsritual, 156, 188, Taf. 14–15, 18–19) belegt ist, allerdings zusätzlich zur V6-Schlaufe auch noch mit Doppelschilfblatt geschrieben ist. Interessant ist vor allem die Schreibung in Zeile x+9,18, die unter der Wasserlinie (N35) ein t (X1) und den schrägen Strich (Z5) zeigt (Töpfer, ebd., Taf. 18). Es ist also durchaus vorstellbar, dass in unserem Text der Schrägstrich gemeint ist, aber der Viper sehr ähnlich sieht, oder, dass es sich um eine fehlerhafte Verschreibung handelt. Es ist weiterhin zu erwägen, dass mit nty/nt eine späte Schreibung des nḏ-Gewebes (Wb 2, 376.18–20; MedWb 497) vorliegt, auf das Demotisches nt „loom“ (CDD N: 139) zurückgeführt wird. Im Londoner med. Papyrus sind in einem Rezept mn.w und nḏ zusammen belegt (pBM EA 10059, 9.10–12, s. Leitz, Magical and Medical Papyri, 69; Köhler, in TLA (Okt. 2014).
Das folgende Zeichen ist nicht eindeutig identifizierbar, Herbin (in BIFAO 111 (2011), 197) verweist auf die Möglichkeiten das Zeichen als Negation nn bzw. als Bruchzahl „1/8“ zu lesen, was jedoch inhaltlich schwierig ist. Inhaltlich passender und paläographisch ebenso möglich (vgl. Möller, Paläographie III, 37) wäre es, hier das Zeichen I6 km „schwarz“ (Wb 5, 122–124.5) zu lesen, vgl hierzu pBM EA 10059, 9.10–12, wo das mn.w-Gewebe schwarz ist: šnj n.t mn.w km, s. Leitz, Magical and Medical Papyri, 69; Köhler, in TLA (Okt. 2014).

Ein Heilmittel [… … …] pḫꜣ-Pflanzen10 vom Kanal (?) (oder: (Fluss)wasser (?))11, Menschenmilch, (Oliven)-Öl12 […

10[p]ḫꜣ: Aufgrund der Schreibung mit der halben Kartusche (V11) mit Sicherheit zu der aus anderen Zusammenhängen bekannten Getreideart bzw. dem Getreideprodukt [p]ḫꜣ (Wb 1, 542.8–11) zu ergänzen. Die Klassifizierung mit dem Zeichen für Pflanzen (M1) an Stelle der Samenkörner (M33) ist allerdings ungewöhnlich für diese Bezeichnung, s. Herbin, in: BIFAO 111 (2011), 197.
11n(.j){tj} mr/n.t: Herbin bezieht diese Gruppe auf das vorausgehende pḫꜣ und übersetzt: nty mr „plantes [p]ḫꜣ du canal“ (in: BIFAO 111 (2011), 194, 197). Da verschiedene Flüssigkeiten folgen, halte ich n.t „Wasser, Gewässer, Flut“ (Wb 2,198.10–15) für erwägenswert. Spät ist n.t als allgemeine Bezeichnung für Flusswasser belegt, s. Wilson, Ptol. Lexikon, 554. Weder pḫꜣ-Pflanzen noch (Fluss)wasser sind bisher als Zutat bei der Drogenbereitung belegt.
12bq: Wohl zu bq „Olivenöl“ (Wb 1, 423.9–15) zu ergänzen. Der bꜣq-Baum, der üblicherweise (so z.B. bei Germer, Handbuch, 56–58) mit dem Moringabaum in Verbindung gebracht wird, dürfte eher als Olivenbaum zu identifizieren sein, wie Quack (in: Fs Spalinger, 275–281) anhand einer Analyse im Hinblick auf das Vorkommen des Baumes, der Herkunft des Öls sowie der Verwendung des Holzes, die jeweils gegen eine Identifikation als Moringa-Baum sprechen, überzeugend darlegt.

[ein] zweites [Heilmittel (?)]: nikiptu (= Tragant?),13 Lotusblätter, [… … von] der Ziege,14gjw-Gras (Zyperngras?),15 syrische šrr~ꜥ-Pflanze (Gerste?),16 Ausfluss (?)17 [… … …]

13nkpdy: Es handelt sich um nkpt (Wb 2, 346.3; Wilson, Ptol. Lexikon, 552), das eine essbare aromatische Pflanze oder Frucht bzw. ein daraus hergestelltes Produkt, möglicherweise ein Harz o.ä., bezeichnet. Der Begriff ist in Lieferlisten als nkpꜣtj (vgl. Hoch, Sem. Words, 1954 [260]; vgl. nikiptu A „a plant“, CAD, N, 2, 222), das aus Syrien importiert wird, im pHarris I belegt (16a, 4/53a, 8/64c, 8/71b, 5; s. Grandet, Pap. Harris I, Bd. II, 84 [310]) und wird in einem Rezept zur Herstellung von Kyphi genannt (Edfu II, 211.7–8). Im Demotischen findet sich der Beleg für einen Händler: s n ngpṱ (oStras 174, 1/9; CDD N, 137).
Der Begriff wird zumeist durch M2 als Pflanze klassifiziert, doch sind in einem Fall ebenfalls der Ast (M3) und in zwei weiteren Fällen das Mineralkügelchen (N33) als Klassifikatoren belegt. Im Kyphi-Rezept in Edfu II, 211–212 wird in einer Glosse nkpt mit ꜥgꜣy gleichgesetzt.
Loret übersetzt in seiner Bearbeitung des Rezepts ꜥgꜣy als Minze (Mentha piperita b.) sowie die nikiptu-Pflanze als Rosmarin (in: JA 10 (1887), 117–118; RecTrav 4 (1883), 21, Anm. 7; vgl. ebenfalls Flore, 53 [79]) mit Verweis auf Lauth (in: ZÄS 4 (1866), 66), der nkpt als nacophthon und letzteres als „species roris marini“, d.h. Rosmarin identifiziert. Die Gleichsetzung von nkpt „Rosmarin“ und ꜥgꜣy „Minze“ im Kyphi-Rezept hält Loret für unproblematisch, da es sich bei beiden Pflanzen um aromatisch duftende Lippenblütler handelt. Die Gleichsetzung mit ꜥgꜣy „Minze“ hält Chassinat (Khoiak II, 380, 433–434) für gewichtiger und identifiziert daher nkpt ebenfalls mit einer Art Minze, worauf sich Charpentiers Eintrag „probablement la menthe“ in Recueil I, 420–421 [659] bezieht. Dem folgen Grandet (Pap. Harris I, Bd. II, 84 [310]) sowie ebenfalls Herbin in Bezug auf den vorliegenden Text (in: BIFAO 111 (2011), 197), die beide in nkpt gleichfalls eine Art Minze vermuten.
Die Identifizierung von ꜥgꜣj im Kyphi-Rezept mit Minze ist allerdings mittlerweile als veraltet zu betrachten. Bereits Jéquier (in: BIFAO 19 (1922), 62) zweifelte die Identifikation mit Mentha piperita L. an, weil die verwendeten Klassifikatoren (Edfou II, 203.8: Mineralkügelchen N33; Edfou II, 211.7: Baum M1) gegen eine krautige Pflanze wie die Minze sprechen. Auch Keimer (Gartenpflanzen, 138–139) sieht keinen „auch nur einigermaßen hinreichenden Grund zur Übersetzung mit Mentha“. Sinnvoll erscheint eine Verbindung von ꜥgꜣj mit medizinisch belegtem ꜥꜣgy.t/ꜥgꜣy.t (DrogWb, 80–81), das ein Produkt bezeichnet, das von verschiedenen Bäumen (jmꜣ, jqrw und snḏ.t „Akazie“) stammen kann. Germer vermutet hierin ein „Pulver aus gerbstoffhaltigen Früchten oder Rindenteilen“ (Arzneimittelpflanzen, 39). Der Zusammenhang mit der Akazie und einer Klassifikation als Flüssigkeit oder mit dem Mineralkügelchen N33, die bei einem Teil der Belege zu beobachten sind, lassen vermuten, dass es sich um eine Art Harz handeln könnte (DrogWb, 80–81). Auf dieser Grundlage schlägt Lüchtrath (in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 123) vor, hierin die Bezeichnung einer einheimischen Varietät von Gummi arabicum zu sehen (von der Acacia nilotica (L.) Willd. ex Del.), die neben der gut bezeugten Bezeichnung qmy.t (Wb 5, 39.3–15, DrogWb 516–519) gebraucht worden sein könnte (Lüchtrath, in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 123–124), das die afrikanische „echte“ Varietät (von der Acacia senegal Willd.) bezeichnet. Sowohl ꜥgꜣj als auch qmy.t sind mit dem Zusatz n(j).t šnḏ.t „von der Nilakazie“ belegt (Germer, Handbuch 137–139), was auf einen Unterschied in der Art des Produkts deutet. Insofern könnte es sich auch bei nkpt um eine Art Harz handeln.
Helck geht aufgrund der Mengenangabe in Körben sowie dem Kontext, in dem nkpt im pHarris I vorkommt, von einer Bezeichnung für eine ausländische Frucht aus (Materialien V, 759).
Betrò (in: EVO 14–15 (1991–1992), 51–53) kommt zu dem Schluss, dass es sich bei nkpt um den Samenmantel (Macis/Muskatblüte) der sog. Usambara-Muskatnuss (Cephalosphaera usambarensis Warb.) handeln könnte, die im Gebiet des Usambara-Gebirges am Küstengrenzgebiet von Kenia und Tansania heimisch ist (Germer, Flora, 15–16). Zu beachten ist allerdings, dass es bisher keine gesicherten Belege für die Verwendung von Muskatnuss im Alten Ägypten gibt, da es sich bei den Funden, die von Naville (Deir el-Bahari III, 18) und Bonastre (in: Memoirs de l’Academie de medecins 3 (Paris 1833) 62: „des fragments de fruits qui, par leur aspect et leur analyse, ont présenté la plus grande analogie avec ceux de la noix muscade“; Passalacqua, Catalogue raisonné, 22 [457]: „fruits qui ressemblent à la noix de muscade“) mit der Muskatnuss in Verbindung gebracht wurden, sehr wahrscheinlich um die Samen einer Palme (Medemia argun Württemb. ex Mart.; zum Vorkommen im pharaonischen Ägypten, s. Newton, in: ERUV II, 141–154) handeln dürfte, die der Muskatnuss sehr ähnlich sind (Germer, Flora, 15; Warburg, Muskatnuss, 2), was gut mit der Beschreibung von Passalacqua (s.o.) zusammen kommt.
Lüchtrath (in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 122–124) geht davon aus, dass es sich bei ꜥgꜣj und nkp.t um unterschiedliche Pflanzenprodukte handelt, die allerdings beide als Bindemittel verwendet wurden und somit im Kyphi-Rezept austauschbar sind. Sie identifiziert nkpt als Tragant (Astragalus gummifer Labill.; Lüchtrath, in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 122–123), womit sie eine Idee von Piehl (Dictionnaire du Pap. Harris 1, 50), und Kamal (Vocabulaire hieroglyphique, 153) wieder aufnimmt, die aber letztlich auf Brugsch (Brugsch, Wb. VI, 702) zurückgeht, der aufgrund der syllabischen Schreibung nk~pꜣ~tj im pHarris an hebräisches nkʾt (Gesenius/Buhl, Hebr. und aram. HWb, 503: arab. nakāʾt bzw. nakaꜥat) denkt, bei dem es sich um „Traganthgummi“ eines Astragalus-Baumes handelt.
Diese Identifizierungsversuche betrachten allerdings in erster Linie die hieroglyphisch bezeugten Belege und lassen außer Acht, dass nikiptu in Keilschriftlichen Quellen ebenfalls häufig im medizinischen Kontext aber auch in Verbindung mit anderen Aromata in der Herstellung von Räucherwerk oder Duftöl bezeugt ist (CAD, N, 2, 222; Geller, Ancient Babylonian Medicine, 81; Brunke/Sallaberger, in: Fs Owen, 50 [12]). Die Pflanze ist bislang nicht eindeutig identifiziert (Geller, Ancient Baylonian Medicine, 157), doch wird eine Zugehörigkeit zur Familie der Euphorbia (Wolfsmilchgewächse) diskutiert (Black/George/Postgate, A Concise Dictionary of Akkadian, 253; Parpola, Letters from Assyrian Scholars II, 250–251), die im Übrigen für die ägyptischen Belege niemals in Erwägung gezogen wurde. Letztendlich dürfte nur eine Identifizierung, die sich auf die Quellen aus beiden Kulturräumen stützt, eine Chance haben, zum Ziel zu kommen.
14ꜥnḫ: Entweder handelt es sich um einen (bisher nicht belegten) Pflanzennamen, mit dem Bestandteil ꜥnḫ „Ziege“, was in Anbetracht der vorhergehenden sowie nachfolgenden Ingredienzien, die auch alle pflanzlicher Natur sind, am plausibelsten wäre, oder um ein tierisches Produkt, wie beispielsweise snf (n) ꜥnḫ „Ziegenblut“, vgl. DrogWb 98.
15⸮gj.w?: Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 194, 202, liest hier den Bruch rʾ-64, wobei die Schreibung ungewöhnlich ist. Es folgen zwei Zeichen, die er unbestimmt lässt (Herbin, ebd., 202). Da er diese Entscheidung nicht kommentiert, sind seine Argumente nicht nachzuvollziehen. In dieser und der vorhergehenden Zeile weisen keine anderen Drogen eine Mengenangabe auf, so ist es plausibler, hier statt einer Mengenangabe einen weiteren Drogennamen zu vermuten. Mit Verweis auf eine ähnliche Schreibung in Eb 23 (7,17: Popko, in TLA (Okt. 2014)) könnte man W11-Z4-N33-Z2 gj.w (Wb 5, 157–158.11, DrogWb 534–537; Germer, Handbuch, 146–148) lesen. Die vermutlich als Zyperngras zu identifizierende Pflanze ist ebenfalls in Zeile x+20 genannt, dort allerdings in einer ausführlicheren Schreibung.
16šr~rw~ꜥ Ḫr: Eine unbekannte Pflanze syrischen Ursprungs. Eventuell mit šr.t Ḫꜣrw „syrischer Gerste“ zu verbinden, die im pHarris belegt ist, s. Grandet Pap. Harris I, Bd. II, 119 [499], 556 [509]. In zwei Listen (oCairo CG 25677 vs. 38, oCairo CG 25678 rto. 13) ist in einem ähnlichen Kontext wie im pHarris pr.t Ḫꜣrw „Syrische Saat“ bezeugt, s. Janssen, in: Fs Kitchen, 252–253. Die Listen geben eine Auswahl von Drogen, die aus Rezepten der Kyphi-Herstellung bekannt sind, in der gleichen Reihenfolgen wieder, die auch in den Rezepten vorliegt. An der Stelle, wo in den Listen šr.t bzw. pr.t Ḫꜣrw notiert ist, wird in den Rezepten šwt-nmtj genannt, s. hierzu Derchain, in: RdE 28 (1976), 63. Lüchtrath diskutiert šwt-nmtj als Bezeichnung für Kalmus, s. Lüchtrath, in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 115–117.
17mt[___]: Der Wortbeginn ist so unspezifisch, dass keine Ergänzung vorgeschlagen werden kann. Inhaltlich und syntaktisch ist am ehesten ein weiterer Drogenname zu erwarten. Zur Schreibung passend wäre allerdings lediglich mtw.t „Ausfluss, Same“, s. DrogWb 292.

[Werde gemischt]18 [x+10] mit Kampfer(öl)19, Styrax20 (und) Emmer21 von/aus (?) [… … …].

18[ꜣmi̯]: Die Präposition ḥr zu Beginn von Zeile x+10 macht die Ergänzung von ꜣmi̯ am Ende der vorhergehenden Zeile sehr wahrscheinlich, vgl. ꜣmi̯ ḥr in Zeile x+5, so auch bei Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 198).
19tj-šps: Zur Identifizierung von tj-šps mit Kampfer, s. Lüchtrath, in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 121–112 sowie Lüchtrath, in: GM 101 (1988), 43–48. Hier ist das Produkt mit dem Gefäß W22 klassifiziert, was auf eine Flüssigkeit und in diesem Fall wohl auf Kampferöl hindeutet; vgl. ebenfalls Kockelmann/Winter, Philae III, 119 [48a.4], Anm. 8 mit weiterer Literatur, sowie Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 198), der Lüchtraths Zuweisung als nicht ausreichend gesichert betrachtet.
20nn~by: Hier liegt wohl eine Schreibung für nnjb „Styrax (?), wohlriechendes Harz“ (Wb 2, 276.9–14) vor, s. Herbin, in: BIFAO 111 (2011), 198; vgl. ferner Germer, Handbuch, 85; Grandet, Pap. Harris I, Bd. II, 83 [306]; Popko, in TLA (Okt. 2014), bzw. Eb 852, Anm. 5; sowie Ghica (in: BIFAO 106 (2006), 75–87) für die Bezeichnung im Koptischen.
21 bd.t ⸢⸮n(.j)?⸣: Hier ist eindeutig eine Variante von M34 bd.t „Emmer“ (Wb 1, 486.14–487.7) zu lesen, gegen Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 194, 198 mit Anm. 26), der in dem Zeichen eine Variante des Lotusblatts (Möller, Paläographie III, 276) erkennt und entsprechend nḫb „Lotusblume“ (Wb 2, 307.3–8) liest. Am Rand des Fragments ist noch der Rest eines waagerechten Zeichens zu erkennen. Eventuell folgt eine nähere Spezifizierung des Getreides, die dann durch einen Genitiv angeschlossen sein könnte.

Werde gegeben in die Öffnung ihrer (?) Vagina/Gebärmutter22 sehr oft.
Sie ist (sofort) wohlauf.23

22rʾ n(.j) jd.t =⸮s?: Der Ausdruck rekurriert auf die Körperöffnung als Eingang zu den inneren Geschlechtsorganen (Vagina, Uterus). In medico-magischen Texten wird die Bezeichnung auch dort verwendet, wo das Verschließen der Körperöffnung ḫtm rʾ n(.j) jd.t thematisiert ist: im London Medical Papyrus (pBM EA 10059, 10.7: Köhler, in TLA (Okt. 2014); Leitz, Magical and Medical Papyri, 71, Taf. 35) und im mag. Papyrus Harris 501 (pBM EA 10042, rt. 3.8: Stegbauer, in TLA (Okt. 2014); Leitz, ebd., 35, Taf. 14). In diesem Text ist die Bezeichnung in einer weiteren Handlungsanweisung in Zeile x+19 nochmals erwähnt, dort allerdings als direkte Genitivverbindung.
23jw=s nḏm=s: Vermutlich verkürzt für jw=s nḏm=s ḥr ꜥ.wj, s. GrMed 165, § 233: allgemeingültige Aussage zum Ausgang der Krankheit („es geht ihm sofort besser“), vgl. Eb 247, s. Popko, in: TLA (Okt. 2014).

⸢Ein Heil⸣[mittel] (?): [… ... ... ] (leer) Wasser/Saft der qb[w]-Pflanze;24 werde fein zermahlen zu einer [homogenen] Masse; [… … …].

24mw n(.w) q⸢b⸣w: Pflanzensaft bzw. ein wässriger Extrakt der qbw-Pflanze, die allerdings bisher nicht zu identifizieren ist, s. Herbin, in: BIFAO 111 (2011), 199; Germer, Handbuch, 141–142. Im Papyrus Kairo 58027, x+IV,10a findet sich eine Parallele der in späten Belegen zu beobachtenden Klassifizierung des Begriffs mw mit großem und kleinem Kanalzeichen (N36 u. 23), s. Pries, Das nächtliche Stundenritual, 87. Die Verwendung des Pflanzensafts/Extrakts ist aus dem Papyrus Ebers (Eb 415, 720) bekannt, s. Germer, Handbuch, 142.

Wenn die Vagina/die Gebärmutter alles, was in ihr ist, ergießen25 wird, so ist es auf den Boden [… … …].

25bši̯: Das Verb bši̯ „speien, erbrechen“ (Wb 1, 477.14–478.4; MedWb 253; FCD 85; Lesko, Dictionary I, 163) mit Subjekt jd.t „Gebärmutter, Scheide, Unterleib“ (Wb 3, 76.1–3) ist sicherlich als „ausscheiden“ o.ä. zu deuten, vgl. Wilson, Ptol. Lexikon, 333.

[… …] werde gegeben in dby.t-Pflanzen-Mastix26, werde gegeben an ⸢ihren?⸣ Anus.

26fdy,w d⸢b⸣y,t: Zu ftt (Wb1 581.9–14; FCD 99; MedWb 308; DrogWb 211) als Bezeichnung eines pflanzlichen Faserstoffs der db.yt-Pflanze, siehe Dils, BWL-Wortdiskussion, vgl. auch Bardinet, Médecins et magiciens, 457 („compresse“). Lüchtrath (in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 118–119) hingegen folgert aus der Gleichsetzung von šb und fd in Edfu II, 211,8, dass es sich um eine Bezeichnung für Mastix handeln müsse. Sie geht von zwei Begriffen aus, die zum einen den Baum (šb: Mastix-Pistazie Pistacia lentiscus L.) und zum anderen das Harz (ftt) bezeichnen. Germer (Handbuch, 130–131) identifiziert šb als Melonenart, was – wie sie selbst bemerkt – zur Verwendung als Räuchermittel eher ungewöhnlich ist. Auch Chassinat (Khoiak II, 431–432) verbindet ftt mit einem Baumharz, vgl. ebenfalls Kockelmann/Winter, Philae III, 118 [48a, 3] mit Anm. 6. Vermutlich ist ebenfalls eine Verbindung zu jw~fy~tjt (Hoch, Sem. Words, 22 [8]) herzustellen, das im pHarris I (Grandet, Pap. Harris I, Bd. II, 84–85 [311]) stets in Verbindung mit nkp.t belegt ist.

(Ein) and[eres] (Heilmittel) (?): [… … …] [x+15] [… …] (?) […] [dby.t-Pflanzen (?)]-Mastix27 [… … … ].

27fdy⸮w? [⸮db?]y: Zur Ergänzung vgl. Zeile x+14, s. auch Herbin, in: BIFAO 111 (2011), 200. Die Stelle ist recht verderbt. Die Ergänzung basiert einzig auf der Erwähnung des Ausdrucks in Zeile x+14, die erhaltenen Zeichenspuren sind zu indifferent, um die Ergänzung zu stützen.
Zu ftt (Wb1 581.9–14; FCD 99; MedWb 308; DrogWb 211) als Bezeichnung eines pflanzlichen Faserstoffs der db.yt-Pflanze, siehe Dils, BWL-Wortdiskussion, vgl. auch Bardinet, Médecins et magiciens, 457 („compresse“). Lüchtrath (in: Edfu: Bericht über drei Surveys, 118–119) hingegen folgert aus der Gleichsetzung von šb und fd in Edfu II, 211,8, dass es sich um eine Bezeichnung für Mastix handeln müsse. Sie geht von zwei Begriffen aus, die zum einen den Baum (šb: Mastix-Pistazie Pistacia lentiscus L.) und zum anderen das Harz (ftt) bezeichnen. Germer (Handbuch, 130–131) identifiziert šb als Melonenart, was – wie sie selbst bemerkt – zur Verwendung als Räuchermittel eher ungewöhnlich ist. Auch Chassinat (Khoiak II, 431–432) verbindet ftt mit einem Baumharz, vgl. ebenfalls Kockelmann/Winter, Philae III, 118 [48a, 3] mit Anm. 6. Vermutlich ist ebenfalls eine Verbindung zu jw~fy~tjt (Hoch, Sem. Words, 22 [8]) herzustellen, das im pHarris I (Grandet, Pap. Harris I, Bd. II, 84–85 [311]) stets in Verbindung mit nkp.t belegt ist.

[... … …], werde die tḫb-Schwellung umhüllt/verbunden (?) [… .27

27ꜥrf tḫb: Vermutlich als Handlungsanweisung zu verstehen. Zu ꜥrf „umschließen“ (Wb 1, 210.23–211.2; Wilson, Ptol. Lexikon, 166–167) als Ausdruck für „verbinden“, siehe MedWb 148 [II]; für „tränken mit“ bzw. „einhüllen von“ einer Drogenzubereitung zur Herstellung von Kompressen, s. Bardinet, Médecins et magiciens, 191 (pLouvre E 32847, vso. 8,4). Der Kontext dort – die Behandlung eines ḥmꜣm-Abzesses – scheint vergleichbar zu sein, zumindest wird ebenfalls ftt (Bardinet, Médecins et magiciens, 457: „compresse“) als Verbandsmaterial mehrfach erwähnt.
Zu tḫb „Aufblähung, Aufschwemmung“, s. MedWb 960.

[… … …] (?) Kügelchen (?)28: 1/64+1/64 (Oipe = 2 Dja)29; Honig: 1/64 (Oipe =1 Dja); [… … …].

28_⸮t? ⸮ṯꜣ?: Es handelt sich um die Angabe eines Drogennamens, der aufgrund des Erhaltungszustands nicht mehr rekonstruiert werden kann, vgl. Herbin, in BIFAO 111 (2011), 200. Erkennbar sind vermutlich ein t (X1) vom Wortende, ein Strich sowie möglicherweise das Entenküken (G47) zur Angabe ṯꜣ „Kügelchen, Körnchen“ (Wb 5, 341.4–342.3). Während in medizinischen Texten die Art der Kügelchen gewöhnlich durch eine indirekte Genitivverbindung mit ṯꜣ als n. rectum angegeben wird (vgl. DrogWb 561–562), findet sich in Opferformeln die Formulierung, die offenbar auch an dieser Stelle vorliegt: und zwar nachgestelltes ṯꜣ gefolgt von einer Maßangabe, vgl. bsplw. die Stele des Henenu (Moskau, I.1.a.5603) im 1. Register, Z. 13, s. Schütze, in TLA (Okt. 2014). Das Entenküken (G47) kann mit einem Semogrammstrich stehen, doch die Voranstellung wäre äußerst ungewöhnlich, daher gehört er wohl zum vorangehenden Wort, das aufgrund der Zerstörung nicht näher bestimmt werden kann.
291/64+1/64: Zur Notation der Maßeinheit Dja, s. Pommerening, Hohlmaße, 81–82.

[… … …] auf (?) den […]-Körperteil [… …]. [… … …] in die Öffnung der Vagina/Gebärmutter30 [… … …].

30m rʾ jd.t: Vgl. Z. x+11: rʾ n(.j) jd.t. Herbin (in: BIFAO 111 (2011), 200) liest auch hier einen indirekten Genitiv, was nicht mit den erhaltenen Zeichenspuren zu vereinbaren ist. Der Ausdruck rekurriert auf die Körperöffnung als Eingang zu den inneren Geschlechtsorganen (Vagina, Uterus). In medico-magischen Texten wird die Bezeichnung auch dort verwendet, wo das Verschließen der Körperöffnung ḫtm rʾ n(.j) jd.t thematisiert ist: im London Medical Papyrus (pBM EA 10059, 10.7: Köhler, in TLA (Okt. 2014); Leitz, Magical and medical Papyri, 71, Taf. 35) und im mag. Papyrus Harris 501 (pBM EA 10042, rt. 3.8: Stegbauer, in TLA (Okt. 2014); Leitz, ebd., 35, Taf. 14).

(x+20) [… … …] gj.w-Gras (= Zyperngras?)31 [… … …]

31 gꜣy.w: Es handelt sich hier vermutlich um die gj.w-Pflanze (Wb 5, 157–158.11; DrogWb 534–537; Germer, Handbuch, 146–148), die – allerdings deutlich anders geschrieben – ebenfalls in Zeile x+9 erwähnt ist. Vgl. darüber hinaus die in der Schreibung sehr ähnliche gy.t-Pflanze, die nur im pEbers belegt ist (vgl. Wb 5, 157.11–13; DrogWb 533; Germer, Handbuch, 145–146). Die Pflanzen sind schwer auseinander zu halten, vgl. die Schreibung gꜣyw.t im pChester Beatty VI (Bt 5), die allerdings der gj.w-Pflanze zuzuordnen ist, da sie durch eine Herkunftsangabe ergänzt wird, was in verschiedenen Varianten für die gj.w-Pflanze gut bezeugt ist, für die gy.t-Pflanze hingegen nicht, s. Jonckheere, Papyrus, 18–19, Anm. 5. Im pBrooklyn 47.218.49, Z. x+5,3–5,4 findet sich ein Wortspiel, dass offenbar beide Pflanzennamen in Beziehung setzt, s. Blöbaum, in: Papyrus Brooklyn 47.218.49: Übersetzung und Kommentar, Spruch F, Kol. x+5,3–11; vgl. O’Rourke, Royal Book of Protection, 84–85 [F]. Die gj.w-Pflanze wird mit Zyperngras assoziiert. Eine Identifizierung der gy.t-Pflanze steht noch aus.