Horusstele des Palastarte Kairo CG 9402

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
Banopal Stele
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum

Inventarnummer: CG 9402

Erwerbsnummer: JE 33264, 34081

Erwerbsgeschichte

Gefunden in Memphis im Jahr 1899 (Daressy 1903, 3) oder „découverte en mars 1900, près du village de Mit-Rahineh, par M. Maspero“ (de Vogüé, RES 1900, 1). Zunächst im Interimmuseum von Gizeh (Lidzbarski 1902, 152), im Jahr 1902 ins neu gebaute Museum am Midan Tahrir verbracht. Die Stele und der Sockel wurden separat inventarisiert als JE 33264 und JE 34081.

Herkunft
Niltal von Kairo bis Assiut » zwischen Kairo und Fajjum » westliches Ufer » Memphis

Daressy 1903 gibt als Angaben zu den Fundumständen „Mit Rahineh, Tell el-Qalâh, 1899“. Der „Tell el-Qalâh“ ist identisch mit Kom el-Qalꜥa, befindet sich südöstlich des großen Ptahtempels von Memphis und ist bekannt für einen kleinen Tempel des Ptah und einen Palast des Merenptah. Laut de Vogüé wurde die Stele von Gaston Maspero während Grabungen entdeckt, die dieser in Mit Rahineh durchführen ließ (de Vogüé, CRAIBL 1900, 150). Es könnte sein, dass sie in situ gefunden wurde, aber über den genauen Fundkontext ist nur bekannt, dass ein weiterer Sockel für eine Götterstatue neben dem Sockel mit der Horusstele lag (de Vogüé, RES 1900, 1). Die Horusstele von Pacharu (CG 9405) wurde ebenfalls im Kom el-Qalꜥa gefunden (Funddatum unbekannt, spätestens 1903) und gehörte einem Türwächter des Tempels des Ptah. Es ist nicht undenkbar, dass die Horusstele des Pacharu in einer Heilkultanlage des Ptahtempelkomplexes von Kom el-Qalꜥa aufgestellt worden war. Laut der phönikischen Weihinschrift wurde die Stele (phönikische Bezeichnung mṭnʾ: „Votivgabe, Opfergabe“) den Göttinnen Isis (mit dem phönikischen Epitheton ʾlm ʾdrt: „große/mächtige Göttin“) und Astarte durch Palastarte, Sohn von Abdmilkat, gewidmet. Die Existenz einer Isis und Astarte gewidmeten Heilkultanlage im Kom el-Qalꜥa ist daher zu vermuten. Laut Herodot (II, 112) befand sich südlich des großen Ptahtempels von Memphis ein Viertel namens „Tyrierviertel“, bewohnt von Phönikiern aus Tyros, mit einem Heiligtum der ausländischen Aphrodite, mit der Astarte gemeint sein dürfte (Bloch-Smith 2014, 184).

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Griechisch-Römische Zeit » Hellenistische Zeit » Ptolemäerzeit

Die Datierung basiert auf mehreren Kriterien: Stilistik, Objekttypologie, textgeschichtliche Einordnung von Spruch B, Paläographie der phönikischen Inschrift. Daressy (1903, 10) datiert die Stele in die Ptolemäerzeit, ohne dies weiter zu begründen. Gutekunst 1995, 283284 rechnet die Paris-Rechts-Version von Spruch B seiner textgeschichtlichen „Hochphase“ zu (Spätdynastisch bis Frühptolemäisch bzw. ca. 400250/200? v. Chr.), wobei er geneigt ist, CG 9402 als „Frühptolemäisch“ zu datieren (mit Fragezeichen). Sternberg-el Hotabi 1999 setzt die Stele objekttypologisch in ihre „Frühe Hochphase (ca. 380ca. 280 v. Chr.)” und spezifiziert (I, 110) zu „Frühe Ptolemäerzeit“, ohne dies weiter zu begründen. Die Datierung von Goddio – Fabre 2015 als „End of the Third Intermediate Period beginning of the Ptolemaic Period, ca. 380280 BC“ (anscheinend ist hier die Spätzeit in die „Third Intermediate Period“ einbegriffen!) beruht auf Sternberg-el Hotabi. Die Paläographie der phönikischen Inschrift weist auf die Ptolemäerzeit hin (de Vogüé CRAI, 1900, 151; RÉS 1, S. 2: „Le monument paraît être de l’époque ptolémaïque“), laut der älteren Forschung sogar auf das 2.1. Jh. v. Chr. (Lidzbarski 1902, 152: durch Vergleich mit der sog. Kranzinschrift von 96? v. Chr. = KAI 60 = Louvre, AO 4827; so auch Donner Röllig 1968, 64). Allerdings wurde die Datierung des maßgeblichen Vergleichsobjekts KAI 60 in 96 v. Chr. in Frage gestellt und stattdessen ins 3. Jh. v. Chr. (Teixidor 1980, 457-460) oder in 320/319 v. Chr. (Baslez – Briquel-Chatonnet 1991) gesetzt.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Die hieroglyphischen Texte auf der Stele sind vier fortlaufende Sprüche, die auf der Rückseite anfangen, sich auf der linken Schmalseite fortsetzen, dann auf der linken Rahmung auf der Vorderseite, der rechten Rahmung und schließlich auf der rechten Schmalseite. Außerdem sind einige der abgebildeten Götter und Personen durch Beischriften identifiziert. Der Begünstigte/Patient Palastarte wird mehrfach in allen vier Sprüchen genannt. Auf dem Sockel findet sich eine phönikische Weihinschrift (RES 1 = KAI 48). Die vier Sprüche sind ein Spruch gegen Gift (Rückseite oben: 27 Textkolumnen mit einer 28. Zeile im oberen Bildregister), der Horusstelenspruch A (Rückseite unten: Kol. 114), der Horusstelenspruch B (Paris-Rechts-Version, Rückseite unten: Kol. 14-24 mit Fortsetzung auf der linken Schmalseite, dann auf der linken Rahmung der Vorderseite mit Ende auf der rechten Rahmung) und der Anfang von Horusstelenspruch C (Rechte Rahmung, rechte Schmalseite).

Spruch gegen Gift mit Gliedervergottung (I.1–I.28):
Thoth spricht als Zauberer in der 1. Person. Er sei aus dem Himmel gekommen, um das Gift in Horus, der von einem Skorpion gestochen wurde, zu vertreiben. Er redet zu Horus und sagt litaneiartig, dass alle Glieder (13 werden namentlich genannt) des Horus dem Horus gehören und mit unterschiedlichen Göttern in Verbindung stehen. Am Ende der Litanei wird gewünscht, dass man Horus erblicken möge wie man den Sonnengott erblickte. Überall, wo Horus genannt wird, wird dasselbe für Palastarte gewünscht.

Horusstelentext A (II.1–II.14):
Ein von Thoth ausgesprochener Spruch zur „Verehrung“ des Horus, um ihn zu „verklären“. Thoth begrüßt den jugendlichen Horus und bittet ihn, dass er mit seiner Magie und seinen Zaubersprüchen zu Palastarte kommen möge, um die gefährlichen Tiere in der Wüste, im Wasser und in den Höhlen abzuwehren und um das Gift in den Gliedern des Palastarte zu beschwören. Er möge ihn wiederbeleben, damit Horus’ Ansehen entstehe und er als Horus-Sched („der Retter“ oder „der Beschwörer“) angerufen werde. Er möge den Schutz des Palastarte und aller Männer und Frauen bereiten.

Horusstelentext B (II.14–II.24):
Der sogenannte „Spruch B“ der Horusstelen und Heilstatuen hat zum Ziel, einen Reisenden auf dem Wasser zu schützen, insbesondere vor Krokodilen. Er fängt mit einer Anrufung an den Sonnengott/Schöpfergott an, der Osiris, der auf dem Wasser ist, beschützen möge. Anschließend spricht der Zauberer/Beschwörer die gefährlichen Wassertiere und insbesondere das Krokodil Nehaher direkt und in imperativischer Form an. Sie sollen Osiris nicht angreifen, oder ihnen werde das Gesicht umgedreht bzw. ihnen drohe die Vernichtung. Er sagt, dass eine Vierergruppe von Göttern Osiris und den Palastarte auf dem Wasser beschützt. Der Zauberer identifiziert sich anschließend mit Chnum und befiehlt dem Angreifer von Palastarte zurückzuweichen, sonst werde er zerstückelt. Zwei mythologische Passagen mit einem lauten Schrei in Heliopolis, in der ein Kater und der Abdu-Fisch eine Rolle spielen, und mit einem zweiten lauten Schrei in Nedit, wo Osiris ermordet wurde, werden eingeflochten, weil Re deshalb sehr wütend geworden sei und die Zerstückelung des Rebellen auf dem Wasser befohlen habe.

Horusstelentext C (II.30–II.34):
Der Spruch setzt Horusstelenspruch B fort und ist ebenso hauptsächlich zum Schutz vor Krokodilen gedacht. Zunächst wird der Sonnengott, der aus der Unterwelt und dem Urwasser hervorgekommen sei, angesprochen, dass seine Barkenmannschaft zu ihm geeilt sei. Dann wird das Krokodil Maga aufgefordert, sich zurückzuziehen unter Androhung eines Übels, das in einem mythischen Ort Wadjwadj gegen es gemacht werde. Auch ein schlangenartiges Wesen, ein Darm der Eingeweide, eine Nabelschnur, wird aufgefordert, sich von Re zurückzuziehen, denn der anonyme Magier wisse, was es getan habe (vgl. Apophis als Nabelschnur des Re). Dann wird erneut das Krokodil Maga aufgefordert, sich diesmal Osiris, der auf dem Wasser ist, nicht zu nähern, ansonsten werde er geblendet und zurückgetrieben. Wenn der Angreifer Palastarte zu nahe kommen würde, dann würde er Osiris zu nahe kommen. Wenig später ist Maga gefällt und hat keine Macht über die Pferde und das Vieh, das auf dem Wasser ist. An dieser Stelle hört der Text aus Platzmangel auf. In der ausführlichen Version folgen zwei unklare mythologische, auf Heliopolis bezogene Passagen mit einem lauten Schrei im Haus der Neith und einem Wehklagen des Katers wegen etwas, das Maga getan habe und das vom Schöpfergott nicht angeordnet worden sei. Dem Rebellen (Maga) wird seine Zerstücklung und sein zweites Mal (die endgültige Vernichtung?) angedroht. Der Magier identifiziert sich anschließend mit den Göttern Chnum (der mit einer Botschaft von Sepa aus Heliopolis kommt) und Iniaf. Die Götter Mechentienirti und Ruti werden angerufen, die ihre Aufmerksamkeit auf einen Zwerg aus Fayence, der ins Wasser gefallen sei, richten sollen. Zwei weitere Krokodile namens Imeny und Senemra erscheinen im Text. Sie sollen sich von dem Gott fernhalten, wenn dieser sich im Wasser reinige, und sich vor dem Gottesleib hüten, ansonsten drohe der Tod oder die Verschleppung.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Die Größe und Form der Horusstele mit Wasserbeckensockel passen zu einer Horusstele, die in einer Heilkultkapelle oder einer Heilkultanlage in einem Tempel aufgestellt gewesen ist. Dabei wurde sicherlich Wasser über der Stele ausgegossen, das dadurch magisch aufgeladen und einem Kranken oder Verletzten zu trinken gegeben wurde, der von einer Schlange gebissen oder einem Skorpion gestochen worden war. Die phönikische Weihinschrift besagt, dass die Stele für die Göttinnen Isis (unsicher!) und Astarte sowie die [einwohnenden?] Götter gestiftet wurde. Man könnte also von einer Aufstellung in einer Isis- oder Astartekapelle in Memphis ausgehen. Es dürfte kein Zufall sein, dass der Stifter Palastarte einen Namen trägt, der mit dem Göttinnennamen Astarte gebildet ist. Interessant ist ferner, dass die Weihinschrift nicht spezifisch auf Krankheit oder Leiden eingeht, sondern allgemein zum Ziel hat, dass [Isis, Astarte und die einwohnenden? Götter] den Stifter, seinen Söhnen und deren Mutter segnen (brk) und ihnen Gunst/Gnade (ḥn) und Leben (ḥym) vor Göttern und Menschen geben mögen. (Donner Röllig 1968, 65; vgl. Quack 2002, 723). Lacau 1921, 201 Anm. 1 möchte nicht ausschließen, dass die Angaben des Stelenstifters darauf hinweisen könnten, dass die Stele für den privaten Gebrauch gedacht war, daher in einem Privathaus und nicht in einem Tempel aufgestellt gewesen ist, aber zumindest im früheren 1. Jt. v. Chr. sind fast alle Horusstelen mit dem Namen des Stifters versehen, dieses Argument von Lacau ist also nicht tragfähig.

Der Beruf des Stelenstifters ist unklar, teilzerstört oder möglicherweise gar nicht in der Inschrift erwähnt. Laut Thompson 1988 war Palastarte „a military man visiting the city (PD: of Memphis) from the garrison at Thebes.“ Das gehe auf die Lesung und Ergänzung des Anfangs von Z. 2 der Inschrift durch Milik 1967, 563 („[résident de] la maison de garde à Thèbes“: [b]bt šmr nʾ) zurück. Die entsprechende Stelle war für RES 1 unleserlich; Litzbarski (Ephemeris, 158) und Donner Röllig 1968, 65 übersetzen „[f]ür die Behütung meiner Reise (??)“ bzw. „[wegen der] Behütung meines Weges“ (mit den Angaben „Sehr unsicher!“ und „sehr fraglich“). Eine andere Übersetzung für die betreffende Stelle lautet „[Ast]arte von Samaria“ ([ꜥšt]rt šmrn) (Krahmalkov 2000, 392393). Palastarte und Abdmilkot tragen gute phönikische Namen („Astarte hat (einen Sohn) gemacht/geschaffen“; „Diener der Königin (d.h. Astarte?)“) und das gilt auch für die Namen der Kinder (beachte den Namen eines Sohnes ꜥAbdosir(is)) und der Ehefrau. Der Name der Mutter ist nur in der hieroglyphischen Version überliefert, lautet Šmrbj und ist unidentifiziert.

Material
Nicht Organisch » Stein » Siltstein, Nicht Organisch » Stein » Schiefer, Nicht Organisch » Stein » Grauwacke, Nicht Organisch » Stein » Kalkstein
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele » Horusstele / Horuscippus
Technische Daten

Höhe 61 cm, Breite 45 cm, Dicke 6,8 cm (oben) bzw. 8 cm (unten); Sockel/Basis: Höhe 32 cm, Breite 64 cm, Tiefe 55 cm; Gesamthöhe Stele+Sockel 93 cm. Oben abgerundete, flache Horusstele mit eingetieftem, aber als Hochrelief ausgearbeitetem Hauptbildfeld (Höhe 34 cm). Das Material der Stele gibt Daressy 1903, 3 als „schiste noir“ an, Sternberg-el Hotabi als Siltstein und PM III²/2, 862 sowie Goddio Fabre als Grauwacke. Die Basis ist aus gelblichem Kalkstein gefertigt.
Der nackte Kindgott (er trägt nur einen Halskragen und ein Herzamulett, Jugendlocke und Uräus) steht frontal auf zwei antithetisch angeordneten Krokodilen und hält gefährliche Tiere in den beiden Händen. Links von ihm (Objektperspektive) ist das Nefertemsymbol dargestellt, rechts ein mumiengestaltiger, falkenköpfiger Gott mit Sonnenscheibe, der auf einer zusammengerollten Schlange steht. Unter dem Kindgott befinden sich zwei Reliefregister mit Götterreihen von Schutzgottheiten. Die Gottheiten der unteren Reihe sind namentlich identifiziert; die am weitesten links und die am weitesten rechts stehende werden vom Stelenstifter verehrt. Die Rückseite ist mit einem Textregister in dem gerundeten Giebelfeld (27 Kol. + 1 Zeile), drei Bildregistern und einem weiteren Textregister (24 Kol.) versehen. Einige wenige Gottheiten in den Bildfeldern sowie der Stelenstifter werden durch Beischriften identifiziert. Weitere Textkolumnen befinden sich auf der Vorderseite als Umrandung um den nackten Kindgott (je 1 Kol.) und auf den Schmalseiten (je 4 Kol.).

Die Unterseite der Stele ist wie ein Zapfen ausgearbeitet, an allen Rändern ca. 0,5 cm schmaler als die Stele selbst. Die Oberseite der Stele weist ein Loch auf, in das ein separates Schmuckelement, sicherlich ein Beskopf, gesteckt werden musste.

Die Oberseite des Sockels ist mit einem umlaufenden „Kanal“ versehen (3 cm breit und 1 cm tief), der vorn in einem eingetieftem ovalen Becken (45 x 17 cm; 6 cm tief) ausläuft. Zwischen Kanal und Becken befindet sich eine Aussparung (46 x 8,8 cm; 2 cm tief), um die Stele aufzunehmen (Lidzbarski 1902, 151). Auf der Vorderseite des Sockels ist eine vierzeilige phönikische Weihinschrift eingraviert.

Schrift
Hieroglyphen

Sorgfältig eingravierte Hieroglyphen (Daressy 1903, 10: „travail soigné“). Der Text ist nicht ohne Fehler. Der Steinmetz hat an mehreren Stellen eine Lücke gelassen (vor allem auf der linken Schmalseite), vermutlich für hieratische Zeichen, die er oder sein Vorzeichner nicht in Hieroglyphen umsetzen konnten (so Daressy 1903, 10). Außerdem sind vorhandene Fehler vielleicht als Fehlinterpretationen einer hieratischen Vorlage zu deuten. Die Textvorlagen für Spruch A und B waren unterschiedlich: Für die Hieroglyphe der Eule wurden je nach Spruch unterschiedliche Zeichen verwendet. Spruch C, für den kein Foto zur Überprüfung vorliegt, ist auffällig fehlerhaft. Der Name des Stelenstifters wurde laut Lacau 1921, 200 nachträglich in der schon vorgravierten Stele eingefügt („le nom de l’acheteur a été ajouté après coup: la gravure est différente, les signes sont plus serrés et plus petits, les espaces réservés s’étant trouvés un peu étroits.“).

Bearbeitungsgeschichte

Die phönikische Weihinschrift (RÉS 1 = KAI 48) wurde gleich nach der Auffindung oder dem Erwerb des Objekts studiert und publiziert (1900: siehe Daressy 1903, 11), aber bereitet wegen des Erhaltungszustands weiterhin Probleme. Eine Beschreibung der ganzen Dekoration, mit Abschriften in hieroglyphischen Drucktypen und Fotos der Vorder- und Rückseite hat Daressy 1903 veröffentlicht. Lacau 1921 hat die Benutzung der Horusstelen u.a. mittels dieser Stele mit Sockel untersucht. Gutekunst 1995 hat diese Stele für seine textgeschichtliche Untersuchung von Spruch B herangezogen. Die Stele gilt als gutes Beispiel für eine Familie ausländischer Herkunft (Phönikisch) in Ägypten, die Aspekte der ägyptischen Religion übernommen und einen Sohn nach dem ägyptischen Gott Osiris (ꜥAbdosir) benannt hat (Thompson; Vittmann; Demetriou).

Editionen

- Daressy 1903: G. Daressy, Textes et dessins magiques, Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire. Nos. 9401–9449 (Le Caire 1903), 311 und Taf. IIIII.

Literatur zu den Metadaten

- Berlandini-Keller 2015: J. Berlandini-Keller, in: F. Goddio D. Fabre (Hrsg.), Osiris. Egypt’s Sunken Mysteries (Ausstellung im Institut du Monde arabe, 8. Sept. 2015 bis 31. Jan. 2016) (Paris 2015), 4243 und 170171.

- Gutekunst 1995: W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 68, 81, 84, 86, 235, 283287, 339.

- Klasens 1952: A. Klasens, A Magical Statue Base (Socle Behague) in the Museum of Antiquities at Leiden, Oudheidkundige Mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden te Leiden 33 (Leiden 1952), 37–38, 46–50 (Textträger C3).

- Lacau 1921: P. Lacau, Les statues «guérisseuses» dans l’Égypte Ancienne, in: Monuments et mémoires de la Fondation Eugène Piot 25, 1922, 189–209 und Taf. XV–XVI, hier: 195–196 (mit Abb. 4–6), 200–202, Taf. 16.1–2).

- Loukianoff 1930–1931: G. Loukianoff, Le dieu Ched. L’Évolution de son culte dans l’Ancienne Égypte, in: Bulletin de l’Institut d’Égypte 13, 1930–1931, 67–84 und Taf. I–III, hier: 79 und Taf. III (Abb. 14).

- Quack 2002: J. F. Quack, [Review:] H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen, 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999) in: Orientalische Literaturzeitung 97, 2002, 713–729, hier: 723.

- Roeder 1961: G. Roeder, Der Ausklang der ägyptischen Religion mit Reformation, Zauberei und Jenseitsglauben, Die ägyptische Religion in Text und Bild 4 (Zürich/Stuttgart 1961), 162–163 mit Abb. 6, 412, Taf. 10.

- Seele 1947: K. C. Seele, Horus on the Crocodiles, in: Journal of Near Eastern Studies 6, 1947, 43–52, hier: 43, 48, Taf. III.B.

- Sternberg-el Hotabi 1999: H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen, 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), Bd. I: Textband, 108110 mit Abb. 2, Abb. 64; Bd. II: Materialsammlung, 36.

- Thompson 1988: D. J. Thompson, Memphis under the Ptolemies (Princeton 1988), 8889 und Taf. III [2nd Edition: (Princeton 2012), 82 (non vidi)].

- Thompson 2011: D. J. Thompson, Ethnic Minorities in Hellenistic Egypt, in: O. M. van Nijf R. Alston, Political Culture in the Greek Cit after the Classical Age (Leuven/Paris/Walpole MA 2011), 104–105.

- Vittmann 2003: G. Vittmann, Ägypten und die Fremden im ersten vorchristlichen Jahrtausend, Kulturgeschichte der antiken Welt 97 (Mainz am Rhein 2003), 74–77 mit Abb. 36–37.

Für die phönikische Inschrift siehe:

- De Vogüé 1900: M. De Vogüé, Une inscription phénicienne d’Égypte, in: Comptes Rendus de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 44/2, 1900, 150–151.

- De Vogüé 1900–1905: M. De Vogüé, Berger – C. Clermont-Ganneau, in: Répertoire d’Épigraphie sémitique, Tome 1 (Nr. 1–500), Paris 1900–1905, 1–3 (Nr. 1), 55–56 (Nr. 58), 194–196 (Nr. 235), (Nr. 1585).

- Lidzbarski 1902: M. Lidzbarski, Eine phönizische Inschrift aus Memphis, in: Ephemeris für semitische Epigraphik, Erster Band 1900–1902 (Giessen 1902), 152–158, 284–285 (Nr. 133).

- Lidzbarski 1907: M. Lidzbarski, Altsemitische Texte. Erstes Heft: Kanaanäische Inschriften (Moabitisch, Althebräisch, Phönizisch, Punisch) (Giessen 1907), 35–36 (Nr. 37).

- Donner – Röllig 1962/1964: H. Donner – W. Röllig, Kanaanäische und aramäische Inschriften, 2 Bände, Bd. I: Texte (Wiesbaden 1962), 11 (Nr. 48); Bd. II: Kommentar (Wiesbaden 1964), 64–65 (Nr. 48).

- Milik 1967: J. T. Milik, Les papyrus araméens d’Hermoupolis et les cultes syro-phéniciens en Égypte perse, in: Biblica 48, 1967, 546–622, hier: 563–564.

- Magnanini 1973: P. Magnanini, Le iscrizioni fenicie dell’Oriente: Testi, traduzioni, glossari (Roma 1973), 63–64.

- Krahmalkov 2000: C. R. Krahmalkov, Phoenician-Punic Dictionary, Orientalia Lovaniensia Analecta 90 = Studia Phoenicia XV (Leuven 2000), 36, 52, 66, 182, 189, 279, 392–293.

- Bloch-Smith 2014: E. Bloch-Smith, Archaeological and Inscriptional Evidence for Phoenician Astarte, in: D. T. Sugimoto (Hrsg.), Transformation of a Goddess: Ishtar – Astarte – Aphrodite, Orbis Biblicus et Orientalis 263 (Fribourg/Gottingen 2014), 167–19, hier: 184.

- Demetriou 2003: D. Demetriou, Phoenicians among Others. Why Migrants Mattered in the Ancient Mediterranean (Oxford 2023), Kap. 5: Phonicians beyond Greek Communites, 120–122 (mit Abb. 5.1), 136, 137, 140, 143 mit Anm. 64.

- Teixidor 1980: J. Teixidor, L’assemblée législative en Phénicie d’après les inscriptions, in: Syria 57, 1980, 453–464.

- Baslez – Briquel-Chatonnet 1991: M. F. Baslez – F. Briquel-Chatonnet, Un exemple d’intégration phénicienne au monde grec: les Sidoniens au Pirée à la fin du IVe siècle, in: Atti del II Congresso Internazionale di Studi Fenici e Punici, Vol. I (Roma 1991), 229–240.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier

Online-Ressourcen
Autoren
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Rückseite (Textzeilen III)

Spruch gegen Gift mit Gliedervergottung (I.1I.28) = Metternichstele Spruch 12 = Socle Béhague + Torso Wien ÄS 40 Spruch 10

[oben, I.1] Ich bin Thoth. Ich bin aus dem Himmel gekommen mit einem Befehl/Dekret des Re, um den Schutz 〈des Horus〉 zu bereiten, [I.5] um das/dieses Gift des Skorpions, das in jedem Glied des Sohnes Horus ist und das in jedem Glied des (Herrn) Pari1, geboren von (Frau) Schemrebi2, ist, zurückzutreiben.
Dein Kopf gehört dir, Horus! Er wird dauerhaft die Weiße Krone3 tragen (wörtl.: unter der Weißen Krone bleiben). (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Deine beiden Augen gehören dir, Horus! Du bist Horus, der (Klein?)-Sohn des Geb, der Herr der beiden Augen inmitten der (Götter)-Neunheit. [I.10] (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Deine Nase gehört dir, Horus! Du bist Haroeris, der Sohn des Osiris; du wirst nicht den Hauch der (Biss-)Entzündung riechen. (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Deine {Unterschenkel} 〈Oberarme〉 (oder: Zähne)4 gehören dir, Horus! Du bist der mit großer Kraft, um deine Feinde zu töten. (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Deine 〈beiden〉 Arme gehören dir, Horus! Mögest du das/dieses Amt deines Vaters Osiris in Empfang nehmen. Ptah hat es für dich mit seinem (Richt-)Spruch am Tag, [I.15] als du geboren wurdest (oder: am Tag deiner Geburt), entschieden. (Das gilt) ebenso (für) Pari.

1 Pꜥrj: Abgekürzte Version von Pꜥr-ꜥštrt, einem phönikischen Namen Pꜥl-Ꜥštrt: „Astarte hat (einen Sohn) geschaffen“ (H. Ranke, Die ägyptischen Personennamen. Band I. Verzeichnis der Namen (Glückstadt 1935), 130.17; Quack 2002, 723). Die ausführliche Version des Namens steht im zweiten und im dritten Bildregister auf der Rückseite, dort in Z. II.5 und in der phönikischen Weihinschrift auf der Vorderseite des Sockels (Z. 1 von RES 1; KAI 48). In der phönikischen Inschrift steht, dass Palastarte die Votivgabe für seine Herrin, die große/herrliche Göttin Isis, sowie für Astarte und die Götter, welche [mit ihnen ruhen], gestiftet hat (Quack 2002, 723).

2 Šm-rbj: H. Ranke, Die ägyptischen Personennamen. Band I. Verzeichnis der Namen (Glückstadt 1935), 327.18. P. Lacau, Les statues «guérisseuses» dans l’Égypte Ancienne, in: Monuments et mémoires de la Fondation Eugène Piot 25, 1922, 189–209 und Taf. XV–XVI, hier: 200201 vermerkt, dass der ägyptische Schreiber diesen Namen nicht verstanden hat, denn er hat ihn viermal Šmrbj, zweimal Mrbj und einmal Šmbj geschrieben. Die drei abweichenden Schreibungen finden sich auf den beiden Schmalseiten, die auch sonst viele Fehler aufweisen. Lacau vermutet einen semitischen Namen šm-rbʾ oder šm-lbʾ.

3 Auf der Metternichstele (Z. 141) und auf einem Sockel von Beirut (P. Montet, Byblos et l'Egypte. 4 campagnes de fouilles à Gebeil 1921192219231924, 2 Bände, Bibliothèque archéologique et historique 11 (Paris 1929), Bd. I: Texte, 249252. Bd. II: Atlas, Taf. 152153 (Nr. 948)) steht: „die Weiße Krone“, auf dem Socle Béhague steht: „die Weiße Krone und die Wereret-Krone“.

4 Auf der Metternichstele steht gb(ꜣ) oder g(ꜣ)b(.t): „Oberarm“ (J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 277: „upper arm, humerus“), auf dem Socle Béhague und auf Horusstele CG 9402 steht qbḥ.w: „Unterschenkel“. C. E. Sander-Hansen, Die Texte der Metternichstele, Analecta Aegyptiaca consilio Instituti Aegyptologici Hafniensis 7 (København 1956), 58 und Walker 1996, 328 übernehmen nach den Varianten die Version mit qbḥ. Allerdings übersetzen Klasens 1952, 62, Sander-Hansen 1956, 58 und Walker 1996, 328 mit: „upper arms“, bzw. mit: „Oberarm“, was eigentlich zu gꜣb.wj gehört (s. S. 303, 320), während Walker an anderer Stelle (S. 277) qbḥ als: „lower leg including foot“ übersetzt (s. A. H. Gardiner, Ancient Egyptian Onomastica (London 1947), Vol. II, 255*, Nr. 607). Klasens 1952, 110 verweist auf ⲕⲱⲃϩ: „Sehne“ und versteht es als: „Oberarm“. Jedenfalls passt qbḥ nicht in der normalen Reihenfolge der Körperteile. Im Falle von gb(ꜣ) erwartet man einen Dual. Die Übersetzung: „Eingeweide“ (so G. Möller 1900: DZA 50.041.430 (Zettel 76); G. Roeder, Urkunden zur Religion des alten Ägypten, Religiöse Stimmen der Völker 4 (Jena 1923), 92–93; F. Lexa, La magie dans l’Égypte antique de l’Ancien Empire jusqu’à l’Époque copte. Bd. II: Les textes magiques (Paris 1925), 76–77 (Nr. 21–22)) geht auf eine Lesung q(ꜣ)b: „Darm“ zurück, die hier von der Reihenfolge der Körperteile auch nicht stimmen kann. Dasselbe gilt für q(ꜣ)b.t: „Brustbein“. Normalerweise folgen in Gliedervergottungen die Schultern und Arme auf die Körperteile von Kopf und Gesicht, sofern die Reihenfolge nicht durcheinandergeraten ist. Am einfachsten erscheint eine Emendation der Hieroglyphen zu jbḥ.w: „die Zähne“ auf CG 9402.

Dein ḥꜣ.tj-Herz gehört dir, Horus! Die Sonnenscheibe, sie bereitet deinen Schutz. (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Deine beiden Hände gehören dir, Horus! Deine Rechte ist Schu; deine Linke ist Tefnut. Das sind die beiden Kinder des Re. (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Dein Bauch gehört dir, Horus! Die Horuskinder, die in ihm (d.h. im Bauch des Horus?) sind, sie werden das (Gift)-Wasser des Skorpions nicht aufnehmen. (Das gilt) ebenso (für) Pari.
{Deine Kraft} 〈dein After〉 gehört dir, Horus! Nicht [I.20] wird die Kraft des Seth gegen dich entstehen.5 (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Dein Phallus gehört dir, Horus! Du bist der Stier-seiner-Mutter (Kamutef), der seinem Vater beisteht, der für seine Nachkommenschaft eintritt (wörtl.: die Antwort gibt) an jedem einzelnen Tag. (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Deine Oberschenkel gehören dir, Horus! Du existierst 〈als〉 Starker (?), um die Rebellen deines Vaters zu töten (oder: Dir gehört die Kraft, um die Rebellen deines Vaters zu töten.) (Das gilt) ebenso (für) Pari.
Deine beiden Unterschenkel/Schienbeine [I.25] gehören dir, Horus, ((welche Chnum gebildet und Isis bekleidet hat.))6
Deine beiden Füße/Fußsohlen gehören dir, Horus!7 Die Neun-Bögen-Völker sind unter deine Fußsohlen gefallen, (seitdem) du du angefangen hast, die Beiden Länder, den Süden, den Norden, den Westen und den Osten8 anzuführen. Mögest du beobachten wie Re.9 (Das gilt) ebenso (für) 〈Pari〉.

5 Man könnte auch: „die Kraft des Seth kann nicht gegen dich entstehen“ lesen.

6 Ist im ersten Bildregister über Horus von Hebenu (Falke auf Antilope) nachgetragen worden.

7 Ist im ersten Bildregister vor einem stehenden Nilpferd nachgetragen worden.

8 Die vier Himmelsrichtungen wurden im ersten Bildregister vor einem stehenden Nilpferd eingetragen, weil kein Platz mehr im Giebelfeld vorhanden war.

9 In den meisten Übersetzungen als ein Passiv verstanden: „Mögest du erblickt werden wie Re“ (C. E. Sander-Hansen, Die Texte der Metternichstele, Analecta Aegyptiaca consilio Instituti Aegyptologici Hafniensis 7 (København 1956), 58); „You are seen to be like the Sun“ (J. P. Allen, The Art of Medicine in Ancient Egypt (New York/New Haven/London 2005), 58) (ähnlich A. Moret, Horus Sauveur, in: Annales du Service des Antiquités de l'Égypte 72, Paris 1915, 213–287; G. Roeder, Urkunden zur Religion des alten Ägypten, Religiöse Stimmen der Völker 4 (Jena 1923), 92–93; F. Lexa, La magie dans l’Égypte antique de l’Ancien Empire jusqu’à l’Époque copte. Bd. II: Les textes magiques (Paris 1925)). Übersetzungen mit einem Aktiv: W. Golenischeff, Die Metternichstele in der Originalgrösse (Leipzig 1877), 8–10; Möller 1900: DZA 51.041.440 (Zettel 80); Klasens 1952, Sternberg-el Hotabi 1999.

Horusstelentext A (II.1–II.14) = Metternichstele Spruch 10

[unten rechts, II.1] Sei gegrüßt, du Gott, Sohn eines Gottes. Sei gegrüßt, du Erbe, Sohn eines Erben. Sei gegrüßt, du Stier, Sohn eines Stieres, den die göttliche Kuh geboren hat. Sei gegrüßt, du Horus1, der aus Osiris hervorgegangen ist, den Isis, die Göttliche/Göttin, geboren hat.
Besprich für mich mit deiner Magie! Besprich für mich mit deinen wirksamen Zaubersprüchen! Beschwöre für mich mit deiner Rezitation!
Es ist das, was du als Magie ersonnen hast, was in deinem Mund ist, was dein (Groß)vater Geb dir anvertraut hat, was deine (Groß)mutter Nut dir gegeben hat, was deine Mutter Isis dir gegeben hat, was di〈ch〉 die Majestät des Vorstehers-von-Letopolis gelehrt hat, um deinen zꜣ-Schutz zu bereiten, um 〈deine〉 mkw.t-Protektion/Sicherheit zu wiederholen, um das Maul von jedem giftigen Gewürm zu verschließen, das in der Luft (wörtl.: im Himmel) ist, das auf dem Land ist, [II.5] das im Wasser ist, um die Menschen wiederzubeleben, um die Götter zufriedenzustellen, um Re mit deinen Lobpreisungen/Gebeten zu verklären.
Komme 〈zu〉 Palastarte, geboren von Schemerbi!
Beeile dich, beeile dich, heute, so wie (wenn) du das Steuerruder im Gottesschiff bedienst.
Mögest du für ihn jeden Löwen auf dem Plateau, jedes Krokodil im Fluss, jede Schlange, jeden Skorpion, jedes Gewürm, das mit seinem Maul beißt oder mit seinem Stachel/Schwanz sticht, und jedes beißende (Schlangen)Maul in seiner Höhle abwehren. Mögest du sie ihm machen wie einen Kieselstein auf dem Plateau, wie die Scherbe eines ḥnw-Krugs2 des Geschirrs auf/entlang der Straße. Mögest du für ihn das aufgesprungene/pulsierende (?) Gift beschwören3, das in jedem seiner Glieder ist.
Hüte dich, [II.10] dass deine Worte deswegen (oder: wegen ihm, d.h. dem Gift) lächerlich gemacht (oder: weggelacht) werden.
Siehe, dein Name ist heute dort (oder: in mir).
Lass sich dein Ansehen mittels deiner Magie entfalten! Erhöhe für dich deine wirksamen Zaubersprüche, um den wiederzubeleben, der eine beengte Kehle hat4.
Dann wird dir Lobpreis gegeben werden durch die Untertanen. Dann wird die Maat in deiner Gestalt gepriesen werden. Dann wird der/ein Gott von deiner Art (oder: in derselben Art wie du) gerufen werden (mit den Worten:) „Ich bin Horus, der Retter/Beschwörer“.
Mögest du den Schutz des Lebens bereiten 〈für〉 Palastarte, geboren von Schemrebi, zusammen mit allen Männern und Frauen.

1 Wurde vergessen und als kleine Hieroglyphe eingefügt.

2 Üblicherweise findet sich sḏ qrḥ.t: „Scherbe eines Topfes“, aber Gutekunst 1995, 135 (§ 6.33) listet zwei Varianten mit hnw auf. In diesem Fall ist ḥnw ein spezifischer Krug der Töpferware qrḥ.t. Das Vorhandensein von ḥnw ist ein Merkmal der Textradierung der „Hochphase“ (Sternberg-el Hotabi 1999, I, 133).

3 Ist auf den Horusstelen ohne Determinativ geschrieben (z.B. auch auf der Metternichstele Kol. 119, wie dort zuvor schon in Kol. 102 und 106 und später in Kol. 125). Die Übersetzungen lauten entweder „beschwören“ (von šdi̯: „rezitieren“) oder šdi̯: „wegnehmen“.

4 Die Textstelle: „... um den wiederzubeleben, der eine beengte Kehle hat“ hat auffällig viele falsch eingravierte Hieroglyphen.

Rückseite, linke1 Schmalseite und rechter Rand der Vorderseite (Textzeile II)

Horusstelentext B (II.14–II.24) = Metternichtstele Spruch 5 = Torso Wien ÄS 40 Spruch 1

Oh alter Mann, der sich zu seiner Zeit verjüngt, (oh) Greis, der als Jugendlicher agiert (wörtl.: den Jugendlichen spielt), [II.15] mögest du bitte geben (?), dass Thoth zu mir auf meine Stimme hin kommt, damit er für mich die Wildgesichter-Krokodile vertreibt.
Siehe, Osiris ist auf dem Wasser; das Horusauge ist bei ihm. Der große Flügelskarabäus ist in seiner Faust.
Erhebt nicht eure Gesichter, (ihr) Wasserbewohner, bis Osiris, der große Fürst2, an euren Gesichtern (?) vorbeigegangen sein wird3!
(Denn) seht, er ist auf dem Weg nach Busiris. Sein Auge ist stark/siegreich gegen euch; sein Sohn Horus ist auf seinem Thron.
Er hat euer Maul versperrt; er hat euren Schlund blockiert.
Zurück mit dir, (du) Rebell! Erhebe dein Gesicht nicht gegen Osiris!
[II.20] Re besteigt seine Barke, um die Neunheit von Babylon zu sehen (d.h. zu besuchen?)4, (während) die/diese Herren der Unterwelt bereitstehen, dich zu bestrafen/zerstückeln5.
Falls du, (oh) Wildgesicht (Neha-her), gegen Osiris vorgehst, wenn er (= Osiris) auf dem Wasser ist, dann werden ihre (d.h. der Krokodile?) Gesichter umgedreht werden, die (entsprechend) auf ihren Rücken gestellt werden.
〈Oh (ihr) Wasserbewohner〉, euer Maul wurde von Re verschlossen; eure Kehle wurde von Sachmet verstopft/blockiert; eure Zunge wurde von Thoth herausgeschnitten; eure Augen wurden von Heka geblendet.
Diese Vierzahl jener großen Götter, die den Schutz [linke Schmalseite, II.25] des/für Osiris auf dem Wasser bereiten, sie sind es, die 〈den Schutz für〉 Palastarte, geboren von Schemrebi, bereiten, der heute auf dem Wasser ist.
Der Klang eines heftigen Geschreis ist im Haus-der-Neith; ein großes Gejammer ist im Mund des Katers (oder: der Katze).
Die Götter sagen: „Was ist los? Was ist los?“ bezüglich (?) des Abdu-Fisches, als 〈er〉 geboren wurde (?).
Hui, hui! (?, oder: Rebell), wende deinen Schritt ab von mir (oder: meinetwegen), (du) Rebell! (Denn) ich bin Chnum, der Herr von Herwer, der [...] geholt hat (?)6.
[Hüte] dich davor, deine Verletzung oder deinen Schaden ein zweites Mal zu wiederholen, wegen dessen, was mit dir gemacht wurde (?; oder: was du getan hast) in Anwesenheit der Großen Neunheit!
Weiche doch zurück! Wende dich doch ab vom großen Gott (und von) Palastarte, geboren von Schemrebi! Hui! Hui!
Oh Re! Bekanntlich hast du den Klang eines so heftigen Geschreis7 nicht (mehr) gehört seit dem Abend an jenem Ufer von Nedit.
Das heftig klagende Wehgeschrei ist im Mund eines jeden Gottes und einer 〈jeden〉 Göttin. Die großen 〈Götter〉 sind in Klage wegen des/dieses Übels, das du angerichtet hast, (du) Rebell, der Böses getan hat!
Siehe, 〈Re〉 ist wütend und zornig deswegen. [Er hat befohlen, dass] deine [Zerstückelung durchgeführt wird.]
[Vorderseite, rechter Rand, II.30] Zurück mit dir, (du) Rebell! Hui, hui!

1 Objektperspektive.

2 Gutekunst 1995, 113, 173 liest nur: „der Große“, was nicht zutrifft. Zwei weitere Belege für „der große Fürst“ sind CG 9411 (fehlerhaft?) und London BM 60958 (vielleicht ohne „Osiris“).

3 Hier weicht das Satzende von den Schreibungen auf den Parallelen ab. Alternativ könnte man auch „... bis Osiris, der große Fürst2, vorbeigegangen sein wird. Auf euer Gesicht!“ lesen.

4 Das Verb mꜣꜣ: „sehen“ wird von J. F. Borghouts, Ancient Egyptian magical texts: translated, Nisaba 9 (Leiden 1978), 85 als „to visit“ gedeutet (so auch schon G. Roeder, Urkunden zur Religion des alten Ägypten, Religiöse Stimmen der Völker 4 (Jena 1923), 87).

5 H. Jacquet-Gordon, Two Stelae of Horus-on-the-crocodiles, in: The Brooklyn Museum Annual 7, 1965–1966, 53–64, hier: 63 übersetzt auf der Parallele Horusstele Brooklyn 60.73: „the Ennead of Khery-aha, those lords of the waters and the underworld, standing ready to subjugate you.“

6 Gutekunst 1995, 122 (§ 12.312.41) listet keine Textparallele auf, die diese Variante erklären könnte, die womöglich auf eine Verschreibung zurückzuführen ist.

7 Gutekunst 1995, 124 (§ 13.1) listet keine Textparallele mit dieser Variante auf.

Vorderseite und rechte Schmalseite (Textzeile II)

Horusstelentext C (II.30II.34)

[Vorderseite, rechter Rand, II.30]1 Oh (du), der aus der Unterwelt gekommen ist, der im (oder: aus dem) Nun aufgegangen ist, der die Beiden Länder mit seinen beiden Augen erhellt: komme zu2 [rechte Schmalseite] deiner Mannschaft, die ausgestreckt/angespannt/aufgestellt3 ist (?)!
Deine große Barke ist in Freude.
Es gibt eine Beratung über den, der deinen Namen 〈nicht〉 kennt4.
Bremse deine Schritte, (oh) Maga, Sohn des Seth! Ziehe deine Schritte zurück, (du) Rebell, von Osiris (oder: Rebell gegen Osiris)!, (so) sagt man zu dir, wenn du in Wadj〈wadj〉 agierst (?)5.
(Denn) der Gott in ihm ist Re.
Zurück, du, (oh) jene (schlangenförmige) Windung der Eingeweide! Es gibt nicht deinen Körper, in/aus dem du entstanden bist. (Oh) jene Nabelschnur, weiche doch zurück vor Re! Ich weiß, was du Böses getan hast. Hui, hui!6
(Oh du), der herbeikommt, hüte dich, den Gottesleib zu nähern!7
Wenn du gegen Palastarte, geboren von Schemrebi, vorgehst, dann gehst du gegen Osiris vor, während er auf dem Wasser und das Horusauge bei ihm ist.
Dein Gesicht sei/wurde geblendet! Dein Schritt sei/wurde zurückgezogen! Weiche zurück, (du) Maga, Sohn des Seth!
Osiris ist gegen dich in Heliopolis.
Du bist gefallen!8 Zurück! Du wirst keine Macht haben über irgendeinen Menschen, irgendein Stück Kleinvieh, irgendein Pferd, irgendein Stück Großvieh (?), das auf dem Wasser ist.
Die beiden (?) großen Küken des Allherrn bereiten Schutz (?).9

1 Der Anfang von Spruch C in der hiesigen Version weicht von den übrigen Versionen ab.

2 Normalerweise steht hier: „siehe“.

3 Normalerweise steht hier: „eilen“.

4 Man erwartet eine Verneinung. Die übrigen Textversionen haben ḫm: „nicht kennen, ignorieren“ statt rḫ: „kennen“.

5 Gelesen und ergänzt nach den Parallelen.

6 Die Passage ab: „Zurück, ...“ existiert auch als eigenständiger Spruch (Metternichstele Spruch 1 und Socle Béhague Spruch 6) (siehe Klasens 1952, 3739, 59, 99100 (Spruch 6: Z. g 1015)). Er ist hier allerdings in Horusstelenspruch C eingebunden. Für weitere Textvertreter mit Spruch C siehe u.a. Horusstele Turin Suppl. 18356 (L. Kákosy, Egyptian Healing Statues in Three Museums in Italy (Turin, Florence, Naples), Catalogo del Museo Egizio di Torino. Serie prima. Monumenti e testi 9 (Torino 1999), 158–161: Z. 10–11); Horusstele Museum of Seized Antiquities 379, Rückseite (L. Kákosy – A. M. Moussa, A Horus Stela with Meret Goddesses, in: Studien zur altägyptischen Kultur 25, 1998, 143–159 und Taf. 2–5); Horusstele CG 9411; JE 86115; JE 47580; Berlin ÄM 14658.

7 Der Text weicht hier von den Paralleltexten ab. Die übrigen Textvertreter haben: „Hüte dich, dass du kommst!“

8 Gelesen nach den Parallelen, die: „du bist gefallen“ (Turin Suppl. 18356; Berlin ÄM 14568; Museum of Seized Antiquities; JE 47280), „du hast den Rebellen niedergeworfen“ (Horusstele Karnak–Hamburg, Statue Tyszkiewicz; Horusstele Brooklyn MFA 60.73) oder „dein Feind wurde niedergeworfen“ (Horusstele Sammlung Gandur) haben.

9 Dieser Satz, der vermutlich eine Verschreibung enthält, findet sich nicht in den übrigen Versionen von Spruch C. 

Vorderseite des Sockels (Textzeile III–IV)

Bildregister

Linkes Bildfeld(III.1–III.2)

[vor der doppelköpfigen Göttin, III.1] Werethekau, die Herrin von Ranefer2/Tell Tibilla.
[über Palastarte] Palastarte.

1 Palastarte verehrt eine zweiköpfige Göttin mit Kuh- und Löwenkopf, mit Sonnenscheibe auf dem Kopf (umgeben von zwei Skorpionen), die auf einem Krokodil steht und je eine Schlange in den Händen hält. Zur Göttin siehe J.-C. Goyon, Hededyt : Isis-scorpion et Isis au scorpion. En marge du Papyrus de Brooklyn 47.218.50 – III., in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 78, 1978, 439–458, hier: 445.

2 H. Gauthier, Dictionnaire des noms géographiques contenus dans les textes hiéroglyphiques III (Le Caire 1926), 121.

Mittleres Bildfeld(III.3–III.10)

[1. Gottheit von links: Falkenköpfiger Gott mit Doppelkrone, Schlange und Stock in den Händen] Hormerti, der mit großer Kraft.
[2. Gottheit von links: Göttin mit Skorpion auf dem Kopf, die einen Stock sowie eine Schlange und zwei Skorpionen in den Händen hält] Selkis, Herrin des Lebens.
[3. Gottheit von links: Gott mit Nefertemsymbol auf dem Kopf, der eine Schlange und zwei Skorpione in den Händen hält, III.5] Nefertem, der aus dem Haus des Ka (?) des Ptah (= Memphis) hervorgekommen ist.
[4. Gottheit von links: Löwenköpfige Göttin mit Sonnenscheibe, die eine Schlange und einen Stock in den Handen hält] Sachmet, die Große, geliebt von Ptah.
[1. Gottheit von rechts: Widderköpfige Gott mit Atefkrone, der eine Schlange und ein Lebenszeichen in den Händen hält] Herischef, König der Beiden Länder, Herrscher der Ufergebiete.
[2. Gottheit von rechts: Göttin mit Maatfeder und Sonnenscheibe auf dem Kopf, die einen Stock sowie eine Schlange und zwei Skorpione in den Händen hält] Maat, Herrin der Maat/Gerechtigkeit.
[3. Gottheit von rechts: Falkenköpfiger Gott mit Doppelkrone, der einen Stock sowie eine Schlange und zwei Skorpione in den Händen hält] Haroeris, groß an Kraft.
[4. Gottheit von rechts: Göttin mit Skorpion auf dem Kopf, die einen Stock sowie eine Schlange und zwei Skorpione in den Händen hält, III.10] Isis, die Große, die Gottesmutter, groß an Magie, Herrin von Tell Tibilla.

1 Zweimal vier Gottheiten, die einander zugewandt sind, abwechselnd Gott und Göttin.

Rechtes Bildfeld(III.11–III.12)

[vor der Göttin] Werethekau, die Gottesmutter, die Herrin von Ranefer/Tell Tibilla.
[über Palastarte] Palastarte.

1 Palastarte verehrt eine menschenköpfige Göttin mit zwei Rinderfüßen, mit Hathorkrone auf dem Kopf (umgeben von zwei Skorpionen), die auf einem Krokodil steht und je eine Schlange in den Händen hält.

Rückseite (Textzeile V–VI)

Bildregister

Mittleres Bildfeld1

[über Palastarte, V.1] Palastarte, geboren von Schemrebi.

1 Palastarte kniet vor vier Gottheiten (ohne Namen).

Unteres Bildfeld1

[über Palastarte, VI.1] Palastarte.

1 Palastarte verehrt einen mumifizierten Falken (ohne Namen).

Unteres Bildfeld1

[bei der Göttin] Die Große, Herrin von Tell Tibilla.

1 Eine Göttin mit Skorpion und Hathorkrone auf dem Kopf hält ihre Hand über einem Kind.

Vignette von Isis und den sieben Skorpionen (II.35)

[vor der Göttin von Tell Tibilla und dem Kind, II.35] Petet; Tjetet; Men; Mestetef; Mestet.1

1 Vgl. R. K. Ritner, The Wives of Horus and the Philinna Papyrus (PGM XX), in: W. Clarysse – A. Schoors – H. Willems (Hrsg.), Egyptian Religion. The Last Thousand Years. Part II. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur, Orientalia Lovaniensia Analecta 85 (Leuven 1998), 1027–1041.