Papyrus Chester Beatty VII

Metadaten

Aufbewahrungsort
Europa » Großbritannien » (Städte K-N) » London » British Museum

Inventarnummer: BM EA 10687

Erwerbsgeschichte

Der Papyrus Chester Beatty VII gehörte zuerst zur Papyrussammlung des amerikanischen Großindustriellen Alfred Chester Beatty (1875–1968), der die Papyri II–XIX im Jahre 1930 dem British Museum in London schenkte (Hall 1930, 46–47), während er den Papyrus Chester Beatty I in der Chester Beatty Library in Dublin unterbrachte.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Die genauen Erwerbsumstände sowie der originale Fundzusammenhang des Papyrus sind ungewiss. G. Posener gibt an, dass die 19 Chester-Beatty-Papyri mit dem Fund von 17 (?) Papyri aus Deir el-Medineh zu vergesellschaften sind, die im Jahre 1928 von B. Bruyère in einem schmalen, trapezförmigen Bereich mit gestampftem Boden zwischen dem Gewölbe einer Grabkapelle und dem Fundament einer Grabpyramide in Deir el-Medineh entdeckt wurden: „Il est permis de dire à présent que la découverte dépassa en importance les papyrus recueillis par le fouilleur le 20 février 1928. (...) On saura plus tard que les papyrus Chester Beatty proviennent de la même trouvaille.“ (Posener, in: Černý 1978, VIII; Plan des Fundorts: Bruyère 1929, Plan 1: unten rechts, zwischen den Schächten P.1165 und P.1169). Darüber hinaus verweist er auf den Eintrag in B. Bruyères Grabungstagebuch vom 21. Februar 1928, in dem es heißt, dass ihm zu Ohren gekommen sei, dass er von drei Arbeitern bestohlen wurde. Der Papyrus Chester Beatty VII ging demnach möglicherweise als Diebesgut in den Antikenhandel, wo er von A. Chester Beatty erworben wurde (Černý 1978, VIII). Zu dem Papyrusfund scheinen, abgesehen von den 19 Chester-Beatty-Papyri und den 17 von J. Černý gemeinsam veröffentlichten Deir-el-Medineh-Papyri (für die wenigsten der 17 Papyri liegen genaue Fundbeschreibungen vor), auch zwei Naunachte-Papyri in Kairo zu gehören, eventuell noch zwei Naunachte-Papyri in Oxford sowie ein Genfer Papyrus (P. Geneva MAH 15274), also insgesamt mindestens 40 Papyri (Pestman 1982, 155–172). Falls dies stimmt, wurden also alle Papyri im oberirdischen Bereich einer Grabanlage gefunden, dessen oder deren Besitzer bei der Grabung nicht bestimmt werden konnte(n). P. W. Pestman ermittelte die aufeinanderfolgenden Eigentümer der Papyri als Ken-her-chepesch-ef den Älteren, seine Frau Naunachte und ihre Söhne aus zweiter Ehe, Amun-nacht und Pa-maa-nacht-ef. Möglicherweise ist einer der Papyri (Papyrus Chester Beatty IX) irgendwann nass geworden, entrollt und nach der Trocknung wieder aufgerollt worden (Gardiner 1935 I, 78). Y. Koenig verweist auf den Brief Papyrus BM EA 10326 (= LRL, Nr. 9), in dem nassgeregnete Papyri inspiziert und später in einem Grab mit oberirdischen Räumen deponiert wurden, und er erkennt Analogien zwischen den dort geschilderten Vorgängen und dem Fundzusammenhang des Fundes von B. Bruyère von 1928 (Koenig 1981, 41–43).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie » Ramses II. Usermaatre-Setepenre bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Die Datierung beruht auf paläographischen Kriterien. Das gesamte Recto und die ersten sechs Seiten des Versos stammen von demselben Schreiber, der ein „elegant book“ geschrieben habe, „doubtless (...) in the reign of Ramses II“ (ca. 1279–1213 v. Chr.) (Gardiner 1935 I, 55). Es ähnelt sehr den Duktus des Traumdeutungspapyrus (Papyrus Chester Beatty III), den Gardiner aus paläographischen Gründen relativ früh in die Regierungszeit Ramses’ II. setzt und der wegen eines Briefes auf der Rückseite sicher älter als die Regierungszeit von Merenptah ist (Gardiner 1935, I, 8). Aus unbekannten Gründen unterbrach der Schreiber des Papyrus Chester Beatty VII seinen Text am Ende der 6. Versokolumne mitten im Satz. In der 20. Dynastie hat ein „clumsy scribe“ (Gardiner 1935 I, 55) den verbliebenen freien Raum auf dem Verso für weitere magische Sprüche verwendet.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Papyrus Chester Beatty VII ist eine Sammelhandschrift, die aus zwei Teilen besteht.

Ein sehr sorgfältiger Schreiber hat zunächst ein magisches Handbuch gegen Skorpionstichen aufgeschrieben. Er fing am Anfang der Rolle auf der Vorderseite an (heute verloren) und machte auf der Rückseite weiter. Dort hörte er mitten in einem Satz in der sechsten Kolumne auf. Erhalten sind heute noch acht Kolumnen Text auf der Vorderseite und sechs auf der Rückseite, aber sowohl am Anfang als auch am Ende der Vorderseite fehlt ein Stück unbekannter Länge, so dass mit mindestens zehn Kolumnen Text auf der Vorderseite und sieben auf der Rückseite zu rechnen ist. Das Handbuch enthält aktuell noch 23 Sprüchen, die meisten relativ kurz, einige mit im Anschluss Anweisungen, wie der Spruch zu verwenden sei. Es sind Sprüche gegen Skorpionsgift. Nur der letzte Spruch, der sich über sechs Kolumnen erstreckt, hat einen eigenen Spruchtitel („Beschwörung eines Mannes mit [...]“), die übrigen Sprüche sind lediglich mit „ein anderes (Rezept?)“ überschrieben. Dieser letzte Spruch ist abweichender Natur, fängt mit einer mythologischen Historiola die Gottheiten Anat und Seth betreffend an (Seth hat Geschlechtsverkehr mit einer Göttin [Anat oder das personifizierte Gift?], wodurch er von Gift befallen wird; Anat bittet Re um Linderung für Seth), geht mit einer Gliedervergottung weiter (wodurch das Gift keine Macht über irgendein Körperteil hat) und endet mit Beschwörungen des Magiers gegen das Gift.

Etwas später ist der verbliebene Raum der Rückseite mit zwei weiteren magischen Sprüchen beschrieben worden. Der erste ist ein magischer Spruch gegen srf(.t), eine Hautentzündung. (Teil-)Parallelen dazu finden sich auf den Amulettpapyri DeM 36 und DeM 42. Als Hilfsmittel gegen dieses Leiden werden die „Herren der Ewigkeit“, womit eine Göttergruppe gemeint ist, sowie die „Vögel im Himmel“ angerufen, dem „Todkranken“ beizustehen. Diese Bezeichnung zeigt, dass die entsprechende Entzündung ernster Natur ist, zumindest in diesem speziellen Fall. Es schließt direkt eine Götterbedrohung an; genau genommen werden darin aber nicht die angeredeten Untoten/Wiedergänger bedroht, bei denen es sich um die angedachten Verursacher des Leidens handeln wird, sondern indirekt die zuvor angeredeten Götter, um sie zum Handeln gegen die Krankheitsverursacher zu bewegen. Dazu wird ihnen aufgezeigt, dass eine ausbleibende Hilfe auch ausbleibende Kulthandlungen zur Folge haben kann oder sogar schon hat, was wiederum zu kosmischen Katastrophen, wie bspw. einem ausbleibenden Sonnenaufgang, zur Folge haben kann. S. dazu Raffel 2019, 948–950 mit älterer Literatur. Abschließend findet sich eine Rezitationsanweisung inklusive der Anweisung, ein Amulett mit Zeichnungen verschiedener Gottheiten anzufertigen, bei denen es sich u.a. wohl um die angesprochenen Herren der Ewigkeit (Thot, Osiris, der vergöttlichte Amenhotep I.) und die Vögel im Himmel (der Rechyt-Vogel) handelt. Der falkenköpfige Gott und das Nilpferd sind Horus und Seth, auf dessen mythischen Kampf gegeneinander in der Zeichnung hingewiesen wird.

Der magische Spruch gegen das rmn.t-Leiden ist ungleich zerstörter, vom Aufbau her aber vergleichbar: Angerufen ist dieses Mal eine Gruppe von 77 Schutzgottheiten. Als Verursacher treten keine Wiedergänger auf, sondern der Nesy-Dämon und dessen weibliches Pendant, die Nesyt-Dämonin. Diese manifestieren sich aber, wie das srf(.t)-Leiden, offenbar im Gesicht des Kranken. Eine Götterbedrohung findet sich nicht. Auch dieser Spruch enthält eine Rezitationsanweisung; die Vignette zeigt allerdings nicht die in der Rezitationsanweisung genannte Frauenfigur, sondern eine hockende, gefesselte Figur zwischen zwei Krokodilen – es dürfte sich hier um den oder einen Krankheitsdämon zwischen zwei göttlichen Helfern handeln.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Das Papyruskonvolut, zu welchem auch der Papyrus Chester Beatty VII zählt, gehörte zum Familienbesitz einer thebanischen Familie. Während der ursprüngliche Besitzer unidentifiziert bleibt, ist bekannt, dass es zu einem bislang unbekannten Zeitpunkt an den Schreiber Ken-her-chepesch-ef übergegangen ist. Durch seine Frau Naunachte wurde das Korpus schließlich an die Kinder aus zweiter Ehe weitervererbt. Zunächst ging der Papyrus in den Besitz des Amun-nacht und dann über weitere unbekannte Hände, bis er schließlich zusammen mit den anderen Stücken im oberirdischen Bereich einer Grabanlage deponiert wurde (Pestman 1982, 160–172; siehe auch Koenig 1981, 41–43).
Das Papyrusarchiv hat mindestens 40 Papyri umfasst, die heute in verschiedenen europäischen Sammlungen untergebracht sind (Pestman 1982, 155), und die folgende Textarten enthalten: private Urkunden und Verwaltungstexte (u.a. Briefe, Memoranda), (Schul-)Übungen, „semi-literarische“ Texte (medizinische, magisch-medizinische, mantische) und „rein“ literarische Texte. P. W. Pestman nennt die semi-literarischen Texte, zu denen Papyrus Chester Beatty VII gehört, „something like practical handbooks for daily use“ (Pestman 1982, 165). Der Haupttext, Recto 1 – Verso 6, enthält ein Konvolut von Sprüchen gegen Skorpionstiche. Laut dem Buch vom Tempel gehört auch die Behandlung der srf.t-Hautentzündung zum Aufgabenbereich des Skorpionbeschwörers, und diese wird wiederum in den Oracular Amulettic Decrees und im Amulettpapyrus des Anynacht neben der rmn.t-Krankheitserscheinung genannt (vgl. Quack 2005, 68 und 78). Insofern gibt es durchaus einen thematischen Link zwischen dem früheren und dem späteren Text. Irgendwann, nachdem die letzten beiden Verso-Kolumnen aufgeschrieben wurden, hat einer der Besitzer des Papyrus ein Stück vom inneren Ende der Rolle abgeschnitten („[a]s with other manuscripts of the collection“, Gardiner 1935 I, 55) – sicherlich, um es anderweitig wiederzuverwenden –, so dass heute mindestens eineinhalb Kolumnen vom Ende des Rectos und entsprechend ein Teil vom Anfang des Versos fehlen (zur Länge s. Gardiner 1935 I, 61).

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Der Papyrus ist im gegenwärtigen Zustand etwa 1,90 m lang und 14 cm hoch (etwas höher als Viertelformat, vgl. Parkinson – Quirke 1995, 17) und wird in vier Glasrahmen aufbewahrt. Die äußere Seite der Rolle, d.h. der Anfang des Rectos und das Ende des Versos, ist stark zerstört. Vom inneren Rand, d.h. dem Ende des Rectos und Anfang des Versos, ist schon von einem der ursprünglichen Besitzer ein Stück abgeschnitten worden, wie die gerade Kante bezeugt (s. oben beim Verwendungskontext). Auch der erhaltene Teil weist mehrere Lücken auf.

Als der Schreiber am Ende des Rectos angekommen war, wendete er die Rolle um die kurze Seite und schrieb auf der Rückseite weiter (Oberkante Recto = Oberkante Verso).

Schrift
Hieratisch

Die Leserichtung verläuft von rechts nach links. Die Verwendung von Rubra für die Spruchüberschriften und für die Anwendungsvorschriften ist zu beobachten. Der Text auf der Vorderseite ist mit roten Gliederungspunkten (sog. Verspunkte) versehen, diese fehlen auf der Rückseite. Das gesamte Recto und die ersten sechs Kolumnen des Versos stammen von einem Schreiber, wobei er auf dem Verso etwas kleiner schrieb als auf dem Recto. Die siebte und achte Versokolumne stammen von einem späteren Schreiber; seine Handschrift erscheint weniger elegant als die des ersten Schreibers. Unter der siebten und achten Versokolumne finden sich Vignetten, die die magische Wirkung der Sprüche unterstützen sollen, u.a. Horus, der ein Nilpferd (= den Gott Seth) bindet, eine Götterbarke und eine mit Messern zerstückelte Schlange, sowie (in Kol. 8) und einen gefesselten Krankheitsdämon, der von zwei Krokodilen als magische Helfer angegriffen wird.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch » spätes Mittelägyptisch mit neuägyptischen Einflüssen
Bearbeitungsgeschichte

Im Rahmen seiner Untersuchung zu den hieratischen Papyri des British Museum legte A. H. Gardiner im Jahre 1935 eine Erstbearbeitung des Textes vor. Die Publikation widmet sich dabei jedoch vorrangig der hieroglyphischen Edition des Textes und nur wenige Kolumnen sind auch als Foto abgedruckt. Für die Skorpionsprüche wird auch eine Übersetzung geliefert; von den beiden später hinzugefügten Hauterkrankungssprüchen wird nur der erste behandelt (Gardiner 1935). Einige Sprüche des Skorpiontextes sind von Borghouts 1978 und Fischer-Elfert 2005 übersetzt worden. Westendorf (1999), 69–70 listet Schlagwörter zum Skorpionzauber von Verso 1,4–6,7 auf (Körperteile und zugehörigen Schutzgottheiten) und übersetzt die Überschrift und die Rezitationsanweisung des Spruches gegen die srf.t-Hautkrankheit auf Verso 7,1–7. Eschweiler 1994 bespricht einige der Sprüche, sofern sie Abbildungen haben oder vorgesehene Abbildungen beschreiben. Die Historiola von Anat und Seth wurde durch van Dijk 1986 untersucht und ist teilweise vergleichbar mit weiteren Anat-und-Seth-Erzählungen in Turin (Roccati 1972), im Penn Museum, Philadelphia (Silverman & Wegner 2007) und auf einigen Ostraka (Mathieu 2008). Röpke 2018 hat eine große Untersuchung der mythologischen Elemente als Dissertation durchgeführt, bislang ist jedoch nur ein Spruch (Rto 6.4–7) publiziert.

Editionen

- Gardiner 1935 I: A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series: Chester Beatty Gift. I. Text (London 1935), 55–65.

- Gardiner 1935 II: A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series: Chester Beatty Gift. II. Plates (London 1935), Taf. 33–38.

Literatur zu den Metadaten

- Borghouts 1978: J. F. Borghouts, Ancient Egyptian Magical Texts, Religious Texts Translation Series NISABA 9 (Leiden 1978), 55 (Nr. 85), 59 (Nr. 89), 73 (Nr. 100), 78-81 (Nr. 109, 113, 116 und 119).

- Bruyère 1929: B. Bruyère, Rapport sur les fouilles de Deir el-Médineh (1928), Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 6,2 (Le Caire 1929), Plan 1.

- Černý 1978: J. Černý, Papyrus hiératiques de Deir el-Médineh. I. Nos I–XVII, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 8 (Le Caire 1978), VIII.

- Eschweiler 1994: P. Eschweiler, Bildzauber im alten Ägypten. Die Verwendung von Bildern und Gegenständen in magischen Handlungen nach den Texten des Mittleren und Neuen Reiches, Orbis Biblicus et Orientalis 137 (Freiburg/Göttingen 1994), 199 (3,8), 208–209 (5,5–6,2; 6,4–7).

- Fischer-Elfert 2005: H.-W. Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, Reclam Universal-Bibliothek 18375 (Stuttgart 2005), 60-65 und 141-143 (Nr. 27-32).

- Koenig 1981: Y. Koenig, Notes sur la découverte des papyrus Chester Beatty, in: Bulletin de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale 81, 1981, 41–43.

- Mathieu 2008: B. Mathieu, Cuisine sans sel. Une interprétation de l’ostracon magique O.DeM 1640, in: Göttinger Miszellen 218, 20087 63–70.

- Parkinson – Quirke 1995: R. B. Parkinson – St. Quirke, Papyrus (London 1995).

- Pestman 1982: P. W. Pestman, Who Were the Owners, in the „Community of Workmen“, of the Chester Beatty Papyri, in: R. J. Demarée – J. J. Janssen (Hrsg.), Gleanings from Deir el-Medîna, Egyptologische Uitgaven 1 (Leiden 1982), 155–172.

- Raffel 2019: J. Raffel, „Egal was, ich war’s nicht!“. Zur Nicht-Identifikationsformel in Zusammenhang mit der Götterbedrohung, in: M. Brose, et al. (Hrsg.), En détail – Philologie und Archäologie im Diskurs. Festschrift für Hans-Werner Fischer-Elfert, Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde, Beihefte 7 (Berlin 2019), 947–964.

- Roccati 1972: A. Roccati, Une légende égyptienne d’Anat, in: RdE 24, 1972, 152–159.

 - Röpke 2018: F. Röpke, Mythologische Erzählungen in den Heiltexten, Diss. Heidelberg 2018, 124–194 (Dok. 4 = Rto 6.4–7).

 - Quack 2005: J. F. Quack, Tabuisierte und ausgegrenzte Kranke nach dem „Buch vom Tempel“, in: H.-W. Fischer-Elfert (Hrsg.), Papyrus Ebers und die antike Heilkunde: Akten der Tagung vom 15.-16.3.2002 in der Albertina/UB der Universität Leipzig, Philippika 7 (Wiesbaden 2005), 63–80.

- Silverman & Wegner 2007: David P. Silverman & Jennifer Houser Wegner, A Late Egyptian Story in the Penn Museum, in: Zahi A. Hawass & Janet Richards (Hrsg.), The Archaeology and Art of Ancient Egypt. Essays in Honor of David B. O’Connor. Annales du Service des Antiquités de l’Égypte. Cahier N° 36, Le Caire 2007, Vol. II, 403–424.

- van Dijk 1986: J. van Dijk, Anat, Seth And The Seed Of Pre, in: H. L. J. Vanstipout, K. Jongeling, F. Leemhuis, and G. J. Reinink (Hrsg.), Scripta Signa Vocis. Studies About Scripts, Scriptures, Scribes and Languages in The Near East, Presented To J.H. Hospers by his Pupils, Colleagues and Friends, Groningen 1986, S. 31-51.

- Westendorf 1999: W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I 36,1 (Leiden/Boston/Köln 1999), 69–70.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Lutz Popko; Dr. Katharina Stegbauer
Mitwirkende
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Lutz Popko; Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Sprüche gegen Skorpionstiche

[Übersetzung: Katharina Stegbauer]

Spruch 1

[Rto. 1,1] [---], komm aus der Verengung hervor, Skorpion!
[---] Götter-[Neunheit], setzt euch auf euere Plätze!
Seht, Horus [...]
[...] NN., Sohn der NN.
Zu rezitieren [über] [...]

Spruch 2

Weiter:
Fließe aus, Sk[orpion]!
[---] [Göttername], mit breitem Rücken und zahlreichen Segmenten, [Rto. 1,5] [---] Sepertu[enes, Horusfrau]!
[Komm auf meinen Spruch hin gemäß dem]1, was ich sage!
Ich bin der Gott, der aus sich selbst entstand, [---] Isis.
O Gift, [---] Re, während Nut, die [die Götter] gebar, sprach [---] NN., Sohn der NN.
Komm, [komm heraus] auf das Wort der [---], der Horus[frau]!
[Schau, ich] bin Horus, der Arzt, der einen Gott besänftigen kann.
[Fließe aus dem Körper heraus!]
Komm, komm heraus auf das Wort der [---] hin, [Rto. 2,1] der Horus[frau]!
Schau, [ich bin Horus, der Arzt, der einen Gott besänftigen kann].
Fließe [aus dem Körper] heraus!
Komm, komm heraus auf das Wort der [___]-Ifdet hin, [der Horusfrau]!
Schau, ich bin Horus, der Arzt, [der einen Gott besänftigen kann].
[Fließe] aus dem Körper [heraus]!
Komm, komm heraus auf das Wort der Upet-sepu hin, der Horusfrau!
Schau, ich bin [Horus, der Arzt, der einen Gott besänftigen kann].
Fließe [aus dem Körper] heraus!
[Komm, komm heraus auf] das Wort der Sefet-sepu hin, der Horusfrau!
Schau, ich bin Horus, der Arzt, der einen Gott [besänftigen kann].
[Fließe aus dem Körper heraus!]
Komm, komm heraus auf das Wort der [Metemet-]Neferetiyes, der Horusfrau.
Schau, ich bin Horus, der Arzt, der einen Gott [besänftigen kann].
Fließe aus dem Körper heraus!
Komm, [komm heraus auf das Wort der --- hin, der Horusfrau]!
Schau, ich bin Horus, der Arzt, der einen Gott besänftigen kann.
Fließe aus dem Körper heraus!
[Rto. 2,5] [---] Horus (und?) (Göttin) [---], Futterkraut [---].
Flie[ße] aus dem Körper [heraus]!

1 Ergänzungsvorschlag von Gardiner 1935 I, 56 mit Anm. 4 nach Rto 3.1 (šp wḥꜥ.t mj r rʾ=j ḫft ḏd=j). Er verweist noch auf eine Alternativmöglichkeit in Rto 8.6 (pri̯ ḥr tꜣ ḫft ḏd=j).

Spruch 3

Weiter:
(Isis spricht:) Re, mein Herr, Re, [mein] Herr, was sind deine Leiden?
Ist (denn) dein Gesicht müde; [... ... ist das, was] zwi[schen] deinen Augenbrauen ist, Schweiß?
(Re spricht:) Also, (meine) Schwester Isis, mich hat [etwas] gestochen, als ich im Dunkeln war.
[Schau, es ist hei]ßer [als] Feuer, es brennt mehr als eine Flamme, es ist spitzer als ein Stachel!
Da sprach Isis, die Göttin:
„Kann man (etwa) für [jemanden] zaubern, dessen Namen [man nicht kennt]2?“
(Re spricht:) Ich bin Re, ich bin Re selbst (wörtl. in seinem Körper), ich bin Re 〈bei〉 seinem Aufgang, nachdem ich erschienen bin zwischen [Rto. 3,1] [...] ihren [...], ihre Flammen auf ihrem Mund.
(Isis spricht:) Fließe aus, Skorpiongift!
Komm auf meinen Spruch hin, gemäß dem, was ich sage!
Schau, der [große (?)] Gott hat (es) in Ordnung gebracht, indem sein Name siebenmal genannt (?) wird.3

2 Gardiner 1935 I, 57, Anm. 4 erwägt zwei Ergänzungen: [z dm=tw] rn=f „[a man when] his name [is pronounced]“ und [z ḫm] rn=f „a man whose name is unknown“. So, wie die Fragmente heute im Frame angeordnet sind, sind diese Ergänzungen von Gardiner zu kurz.

3 Gardiner 1935 I, 57 mit Anm. 6 übersetzt „Behold, the god has asseverated (?) seven times without proclaiming (?) his name.“ Er erwägt eine Lesung m=ṯ smꜣꜥ.n nṯr ⸢nn⸣ 〈m〉ꜣwṯ rn=f. Die Lesung nn ist jedoch unsicher, das obere Zeichen sieht nicht wirklich wie die negativen Arme aus. Eventuell liegt eine ausführliche Graphie von ꜥꜣ vor, mit Säule, Arm, Geier und kleiner Buchrolle. Dann wäre die Emendation zu 〈m〉ꜣ(w)ṯ (ohne Determinativ!) überflüssig. Fischer-Elfert 2005 übersetzt „Siehe, der große Gott hat seinen Namen siebenmal gepriesen“.

Spruch 4

Weiter:
Ich [bin es, der auszog], indem ich im Dunkeln war, beschuht und gegürtet (?)4.5
Der „Fürst“ wurde gebissen in die Falken(verzierung) seiner beiden Schultern.6
Siehe, [...] emporsteigend zu den Eingeweiden (?).
Siehe, beschwöre mich, beschwöre mich, meine Mutter Isis!
(Meine) Mutter [Isis]7 beschwört [___]7 nicht für mich, dessen [Namen] man nicht kennt (???).
Ich bin das [Gestern, ich bin das] Heute, ich bin Re, der verborgen auszog mit einem Befehl gegen sie, die Ta-betjet.
Fließe aus, Skorpiongift!
Schau, [Re (?)] gab seinen Namen preis.8
Komm Gift, [Rto. 3,5] entsprechend dem Spruch der [...]!

4 bnš: Gardiner 1935 I, 57, Anm. 8 emendiert zu bnd, weil im Skorpionzauber von pLeiden I 349, Rto 2.1–2 eine ähnliche Formulierung vorliegt: tw=j pri̯.kwj wḫꜣ.kwj sd.k(wj) m ṯḥn.t bnd.k(wj) m ꜥrꜥr.t.pl: „Ich bin ausgezogen, indem ich im Dunkeln war, geschmückt mit Fayence und bekleidet/gegürtet mit Uräen.“

5 jnk [pw pri̯.kwj] wḫꜣ.kwj: Ergänzungsvorschlag von Gardiner 1935 I, 57, Anm. 7 wegen einer ähnliche Formulierung in den Skorpionsprüchen von pLeiden I 349, Rto 2.1: tw=j pri̯.kwj wḫꜣ.kwj.

6 bjk.w n.w rmn.wj: vgl. A. M. Blackman, [Review:] A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum: Third Series: Chester Beatty Gift (London 1935), in: Journal of Egyptian Archeology 22, 1936, 103–106, hier: 104, der auf Edfou I, 16.9 verweist und an eine Umschreibung für die Schlüsselbeine oder eventuelle die Schulterblätter denkt.

7 Eine Lücke von etwa 4 Schreibgruppen, in die wohl kaum mehr als zwei Wörter passten. Das hintere muss ein Göttername sein, denn das erste vollständige Zeichen nach der Lücke ist der Falke auf Standarte, der Klassifikator sein muss. DZA 30.188.580 erwägt: „Meine Mutter [Isis] will keine Beschwörung machen für [...]“. Nach mw.t ist in diesem Kontext auch kaum etwas anderes als der Göttername Isis zu erwarten. Ergänzt man den Namen, dann wäre die Gottheit, von der noch der Klassifikator erhalten ist, Objekt des Beschwörens, und n=j indirektes Objekt.

8 m=ṯ rḏi̯.n [Rꜥw] rn=f: Die Lücke ist etwas zu groß für diese Ergänzung. Gardiner 1935 I, 57 übersetzt „Behold, I have caused [him (?) to reveal (?)] his name.“ Das ergibt in etwa m=ṯ rḏi̯.n=[j ...=f] rn=f, was eher der Länge der Lücke entsprechen könnte. Das verlorene Verb wäre etwa 2 bis 3 Quadraten groß.

Spruch 5

[Weiter:]9
Sei gegrüßt, o die, welche 7 Uräen auf ihrem Kopf trägt, o die, der sich die 77 Herzen am [Abend und in] der Nacht empfehlen!
Wenn der NN., Sohn der NN., nicht [mehr unter dem Gift leidet (?)], wird Re sich nicht {zeigen} 〈entfernen〉, wird Thot sich nicht {zeigen} 〈entfernen〉, wird Horus sich nicht [zeigen} 〈entfernen〉,10 das Licht wird erstrahlen und die Sonne aufgehen, und Opfer werden dargebracht werden in allen (?) Tempeln [---].
Ihm geht es besser als vorher, für seine Mutter, dem NN., Sohn der NN.!11
Werde viermal rezitiert.
Pause.

9 Ergänzungsvorschlag Gardiner 1935 II, Taf. 33, Anm. a zu Zeile 3,5.

10 rḏi̯ sw: Gardiner 1935 I, 57 übersetzt mit „show himself“. Hier emendiert nach der Textparallele in pLeiden I 349, Rto 3.8–9: jw bn mn msi̯.n mn.t [... ... ... nn rw]j sw Ḥrw nn rwj sw Ḏḥwtj wbn šw ḥr ps[ḏ jtn ... ...]. Der vorangehende Satzteil wird von Gardiner 1935 I, 57 übersetzt als „if (?) N, born of M, be not [cured?] ..., Rēꜥ will not show himself (?), ...“ Borghouts 1978, 59 hat abweichend „As long as (ı͗w) NN born of NN is not suf[fering (zwn?) from the poison (?)], Rēꜥ will not depart (rwı͗), ...“

11 Der Zeilenanfang ist zerstört, daher unsicher. Borghouts 1978, 59 ergänzt „[Make (?)] that [he is bet]ter than he was for his mother, NN born of NN!“ Die Textparallele in pLeiden I 349, Rto 3.10 lautet mn msi̯.n mn.t snb nfr r hrw n.j msi̯ sw mw.t=f: „NN, den NN geboren hat, ist gesund und wohlauf, mehr als am Tag, als seine Mutter ihn geboren hat.“

Spruch 6

Weiter:
In meiner Rechten umschloss ich, in meiner Linken umschloss ich, [wie] Horus umschloss [ich es], durch 7 Knoten umschloss [ich] es!12
Als Horus hinter sich blickte, entdeckte er Seth hinter sich (wörtl. in seinem Rücken) und umgekehrt.
O jener Phönix, der [Rto. 4,1] Platz genommen hat, und der die beiden Federschäfte13 aus seinem Scheitel zieht, welche mit 7 Knoten versehen sind, melde dem Re:
„Diese Kiste, die aus On stammt, und deren Inhalt man nicht kennt: Ein Siegel ist in ihr aus schwarzem Stein.“
Komm, [komm auf die Erde hervor (?);] komm, [komm auf die Erde hervor (?),]14 gemäß dem Wort der Sepertueres Sepenesta, der ersten Körperschaft des Re, weil sie Horus ihren Namen verriet während (oder: nach) drei Jahren, als das Blut verborgen war an ihren Schenkeln, nachdem Horus sie entjungfert hatte.
Komm zu mir und beschwöre diese Schmerzen, die im Körper des NN., Sohn der NN., sind, 〈damit er fortgeht zu seiner Mutter〉, wie Horus fortging zu seiner Mutter Isis in der Nacht, als er gebissen wurde.

12 Zur Ergänzung vgl. Borghouts 1978, 81, Nr. 119: „[I] have enclosed [it like (?)] Horus“.

13 mꜣ.tj n.j rwḏ: Unklare Stelle. Derselbe Zusammenhang mit dem Phönix findet sich im pTurin CGT 54050, Rto 2.6–7 (= W. Pleyte – F. Rossi, Papyrus de Turin (Leiden 1869), Taf. 118 = A. Roccati, Magica Taurinensia. Il grande papiro magico di Torino e i suoi duplicati, Analecta Orientalia 56 (Roma 2011), 23 und 161.30–31), wo rwḏ möglicherweise als Verb verstanden wird. Gardiner 1935 I, 58 übersetzt „two ends (?) of a sinew were drawn from its brow and made into seven knots.“ Dawson, in: Journal of Egyptian Archaeology 22, 1936, 106–108, hier: 106–107 nimmt Stellung zu der Übersetzung von Gardiner und bietet als Alternative „the shafts of the crest (of a heron)“, wobei mꜣ.tj für „shafts“ und rwḏ für das Wort „thong“ steht und die Beschaffenheit der Schäfte als „leathery“ beschreibt. Borghouts 1978, 81 hat „the two crests (? mꜣ.ty) of the tendon in its vertex were drawn out and fitted with 7 knots.“
mꜣ.tj: Gardiner 1935 I, 58, Anm. 4 hält mꜣ.tj für ein unbekanntes Wort und übersetzt auf Grund des Kontextes „two ends (?)“. D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 1. 1977 (Paris 1980), 77.1572 fragt sich, ob es ein Dual von mꜣ/mꜣ.t: „Ende (eines Schiffes), sowohl Bug (mꜣ ḥꜣ.tj) als auch Heck (mꜣ pḥ.wj)“ sein könnte. Die Literaturverweise bei G. Andreu – S. Cauville, Vocabulaire absent du Wörterbuch (I), in: Revue d’égyptologie 29, 1977, 5–13, hier: 8 und bei D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 1. 1977 (Paris 1980), 77.1572 und D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 2. 1978, 2. Auflage (Paris 1998), 78.1593 beziehen sich alle auf diese Stelle in pChester Beatty VII, Rto 4.1.

14 mj.t [pri̯ m tꜣ] zp-2: Gardiner verzichtet auf eine Ergänzung. Borghouts 1978, 81 hat „Come [to the earth, poison (??)“. Zwei Zeichenspuren sind erhalten, die sich jedoch nicht mit pri̯ m tꜣ vereinbaren lassen. Und das Satzende sieht eher wie zp-2 als wie mtw.t aus.

Spruch 7

Weiter:
Man soll für den [Rto. 4,5] NN., Sohn der NN., rezitieren,15 wie man wegen Sefet-Sefech16 rezitiert hinter der Mauer17.
Diese schmerzenden Flüssigkeiten des/dieses Skorpions, die im Körper des NN., Sohn der NN., sind, sollen sich fortbewegen, so wie 〈sie〉 sich von Horus fortbewegten, nachdem er seinen Feind erblickt hatte, der unter seine Füße gefallen war.
Siehe, nicht ich bin der, der für dich rezitiert.
Sefet-Sefech16 ist es, die für dich rezitieren soll, wie sie für Horus rezitierte, mit den Worten: „Der Sohn eines vornehmen Mannes ging aus der Erde hervor!“18

15 šdi̯=tw n: Während Gardiner 1935 I und Borghouts 1978 die Konstruktion übersetzen als „(Es) wird rezitiert für NN“, versteht Fischer-Elfert 2005 n als Einführung des Agens beim Passiv: „(Er) werde rezitiert von N.N. ... so wie er rezitiert wurde von Sefet-sefech“.

16 Sfṯ(.t)-sfḫ: Steht in Kol. 4.5 und 4.6. Der Namensteil sfḫ ist beide Male mit sechs Strichen geschrieben und ein siebenter Strich wurde beide Male nachträglich hinzugefügt mit einer Binse, die fast ohne Tinte war (Gardiner 1935 II, Taf. 34, Anm. (a) zu Zeile 4.5 und 4.6). Oder ist der Strich getilgt worden? Laut C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band VI. s, Orientalia Lovaniensia Analecta 115 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 115a ist Sfṯ.t-sfḫ nur hier belegt, so dass eventuell auch Sfṯ(.t)-sjs zu lesen wäre.

17 ḥꜣ jnb: Die Positionierung der Verspunkte ist auffällig. Vermutlich versteht Borghouts 1978, 73 mit Anm. 262 dies deshalb als ein Zitat: „behind de wall ...!“.

18 zꜣ ⸮js? ⸮sr? pri̯ m tꜣ: Gardiner 1935 I, 58 übersetzt: „The son of a prince is (?) come forth from the earth.“ Aus seiner Übersetzung geht nicht hervor, ob er sr liest. Borghouts 1978, 73 hat „the son of the well-born one (sꜣ-(ı͗)s) has come forth from the earth!“. Er erkennt die Konstruktion zꜣ-z(j): „Sohn eines (wohlgeborenen) Mannes“. Fischer-Elfert 2005, 60 interpretiert js als die Postposition: „Wie der Sohn eines Fürsten. Komm heraus aus der Erde!“

Spruch 8

Weiter:
(O) der (du) mich angreifst! (O) der (du) mich angreifst!19
„Nicht ich bin es, der 〈dich〉 angreift, Wepet-Sepu ist es, die 〈dich〉 angreift!“
Gifte, kommt zu mir, denn ich bin Selket!

19 tkn jm=j: Fischer-Elfert 2005, 60 erkennt einen Imperativ: „Nähere dich mir!“

Spruch 9

Weiter:
Heute bin ich gekommen vom Haus des Verborgenen zusammen mit der verborgenen Mannschaft, nachdem 〈ich〉 die Alten gefunden habe [Rto. 5,1] 〈auf〉 [ihren] Matten und die Jungen, deren Pflöcke eingeschlagen waren, mit Messern in ihren Händen auf ihnen (?)20.
Komm heraus, o Gift des Skorpions, das im Körper des NN., [Sohn der N]N., ist!

20 ḥr=st: Das Bezugswort ist unklar, entsprechend auch, ob ḥr „auf“ oder „wegen“ zu übersetzen ist. Sind es die Landepflöcke oder ist es die Tatsache, dass die Landepflöcke eingeschlagen wurden? Borghouts 1978, 80 und 110 mit Anm. 275 denkt, dass die Barkenmanschaft sich für den Kampf gegen den Skorpion vorbereitet. Ist =st dann das Gift tꜣ mtw.t oder der Skorpion (tꜣ) wḥꜥ.t?

Spruch 10

Weiter:
Brüllender Krach trifft auf Wehgeschrei:
Re, er kennt sich selbst nicht mehr und spricht:
Ich bin es, nachdem ich auf irgendetwas getreten war, [dessen] Hitze [...] seine [...].21
〈Mein〉 Herz ist erschrocken, mein Körper zittert, das Ach-mächtige Glied22 in/an mir, es gehorcht mir nicht mehr!
(Der Zauberer spricht:) Sag mir den [Namen (?)] deiner Mutter, [mögest] du mich es/ihn23 für dich beschwören [lassen]!
(Re spricht:) Ich bin der [Löwe], ich bin das Löwenpaar, ich bin der Phönix, der von selbst entstand, der Mann von Millionen (von Ellen), dessen Namen man nicht kennt.
(Der Zauberer spricht:) Denn sollte das Gift nach oben steigen, dann wird die Barke des Re [Rto. 5,5] auf jener Sandbank des Apophis auflaufen24, die (?) vollläuft bei Ankunft des Morgentaus.25
Fließe aus, Skorpiongift!

21 tꜣ.w [...] st: Gardiner 1935 I, 59 übersetzt: „(something) of which [the] ... [is] hot“. Borghouts 1978, 55 hat „(It is) a hotness which [I do not know (?)].“ Das würde etwas wie tꜣ.w [pw nn rḫ]=j st ergeben (unter der erhaltenen Buchrolle könnte tatsächlich ein =j statt Pluralstriche stehen. Dann müsste allerdings tꜣ.yt: „Hitze“ statt tꜣ.w: „Hitze“ ergänzt werden.

22 ꜥ.t ꜣḫ.t: Laut Gunn (bei Gardiner 1935 I, 59, Anm. 3)  könnte dies eine Umschreibung für das Herz sein. Borghouts 1978, 55 und 108, Anm. 207 erwägt das Herz oder das Auge.

23 sw: Borghouts 1978, 108, Anm. 207 denkt hier erneut an das Herz oder das Auge, das zuvor als ꜥ.t ꜣḫ.t beschrieben wurde (was allerdings ein Femininum ist).

24 šꜣ: Gardiner 1935 I, 59 übersetzt mit „to founder“, d.h. „sinken, untergehen“, aber „(auf eine Untiefe) auflaufen“ erscheint hier sinnvoller, wie es auch Wb 4, 401.8 vorschlägt und ebenfalls von A. M. Blackman, [Review:] A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum: Third Series: Chester Beatty Gift (London 1935), in: Journal of Egyptian Archeology 22, 1936, 103–106, hier: 104 vorgezogen wird.

25 ṯꜣz pf n.j ꜥꜣpp j:mḥ m ḫsf.w jꜣd.t: Gardiner 1935 I, 59 übersetzt „that spine of Apophis which coils up (?) when it meets (?) the dew (?).“ Abweichend hat Borghouts 1978, 55: „that vertebra (ṯs) of Apap, so as to meet the approach of misfortune (? jꜣd.t).“ Fischer-Elfert 2005, 61 hat „auf jenen Wirbel (= Sandbank) des Apophis, um (dann) voll(zulaufen?) bei der Ankunft des morgendlichen Taus.“ Das „Volllaufen“ beziehe sich auf die Barke. (Borghouts und Fischer-Elfert werden r mḥ mit Infinitiv und nicht j:mḥ als Partizip lesen.) Gardiner hat ṯꜣz mit dem Seil (V1) determiniert (von „knoten“), aber es könnte auch ohne weiteres das Landzeichen (N23) für „Sandbank“ sein und die Sandbank des Apophis ist gut bekannt. Jedenfalls ist es kein Fleischzeichen, dass man bei „Wirbel“ erwarten könnte.

Spruch 11

Weiter:
Es erzittert Re in 〈seiner〉 Kapelle, wegen seines Freundes, des Wächters und Rinderhüters, der geschlagen wurde von seinem Brot und verletzt wurde durch sein frisches (?) Wasser, und er spricht: „Der Weg ist weit!
Die Barke ist gestrandet auf einer großen Insel aus Lehm, auf der es kein Schilfrohr (?)26 gibt.
Hole mir doch dieses Mark (?) einer Binse, damit ich das Gift, das in deinem Körper ist, abhalten kann, damit es (das Binsenmark) das, was in deinen Gliedern ist, vertreibe (?), bis der Sohn eines Edelmannes kommt, dessen Name gekannt wird.27
Er ist es, der es für dich besprechen wird.“
[Rto. 6,1] Dieser Spruch soll gesprochen werden über Mark (?) einer Binse; werde mit fermentiertem Pflanzenschleim getränkt, nachdem es nach links gedreht ist; werde mit 7 Knoten versehen und an die Stichwunde gegeben.
Dieser Spruch soll bei jedem [Knoten (?)] [...]28 gesprochen werden.

26 sbnr: Eine unbekannt Pflanze. Das Wort wurde korrigiert. Ursprünglich stand möglicherweise sb.j (mit Z4:Y1), das dann in sbnr (mit M30) geändert wurde (Gardiner 1935 I, Taf. 34, Anm. a zu Z. Rto 5.7). Gardiner 1935 I, 59, Anm. 8 fragt sich, ob man zu sb.t: „Schilfrohr“ emendieren sollte. G. Charpentier, Recueil de materiaux epigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), 576, Nr. 328 hat es unter sb.t eingetragen.

27 rḫ rn=f: Geht es um den Namen des Mannes guter Herkunft, oder wird der Mann guter Herkunft den Namen des Giftes kennen, dass den Rinderhirt befallen hat? Gardiner 1935 Iund Borghouts 1978 übersetzten rḫ als aktives Partizip. Allerdings ist mtw.t ein Femininum und bezieht sich rn=f auf ein Maskulinum (ein männlicher Verursacher des Giftes?). Laut Borghouts 1978, 108, Anm. 210 ist der Name des Rinderhirten gemeint, der aber gerade noch in der zweiten Person Singular direkt angesprochen wurde. A. M. Blackman, [Review:] A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum: Third Series: Chester Beatty Gift (London 1935), in: Journal of Egyptian Archeology 22, 1936, 103–106, hier: 104 entscheidet sich für „A man of good birth whose name is known“.

28 Die Ergänzung ist fraglich. Die Lücke beträgt ca. 8 Quadrate und die lassen sich nicht mit den Determinativen von ṯnw und ṯꜣz.t allein füllen.

Spruch 12

Ein weiterer Spruch:
O Neper-hety, strecke deinen Arm gegen es aus!
Zerkratze und vertreibe das, was du gebracht hast!
Dieser Spruch soll gesprochen werden [über ...]; werde vom Gestochenen getrunken.

Spruch 13

Weiter:
Komm, komm, meine Mutter Isis, meine Tante Nephthys, denn alle meine Glieder schmerzen, meine Stimme [... ...]
Man soll sprechen (?) am Abend, wenn die 22 Edelfrauen [Rto. 6,5] wachen.
Ein Stich, o Arme, ein Stich, o Arme! Schaut, ein Stich, o Arme, sprecht (?) [... ...] seit dem Abend, rezitiere gegen (?) den Stich, o Arme!
Ob der Gestochene stirbt, ob der Gestochene lebt, Thot (bzw. „Brot“) ist es, der (darauf) antwortet.
Fließe aus, Skorpiongift!"
Worte zu sprechen 〈über〉 einem Fladen von Gerstenbrot,29 Zwiebeln und gebranntem Ocker; werde an die Bissstelle gegeben, ohne dass er herumläuft (?).
Ende / Pause.

29 jwb.t n.t tʾ n(.j) jt: A. M. Blackman, [Review:] A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum: Third Series: Chester Beatty Gift (London 1935), in: Journal of Egyptian Archeology 22, 1936, 103106, hier: 105 schreibt, dass es hier um „‚the crumb‘ (as contrasted with the crust)“ geht, weil „a bread poultice combined with onions and ochre“ gemeint ist.

Spruch 14

Weiter:
Windrauschen, ohne dass Wind darin wäre! Wasserrauschen, ohne dass die Flut es hervorgebracht hätte!
Man soll darauf aufpassen wegen des Sonnenaufgangs, wegen des Sonnenscheins, wegen dessen, was zu dem in seiner Höhle gesagt wird!
Gift, komm auf die Erde aus dem Körper des [Rto. 7,1] NN., Sohn des NN!

Spruch 15

Weiter:
„Wehklagen, Wehklagen“, sage ich zweimal, sage ich dreimal wegen des Dings, das aus dem Verborgenen kam.
Mögest du erblicken [... ... ...] für den NN., Sohn der NN., so dass die Sonne aufgehen kann über dem Land!

Spruch 16

Weiter:
Als ich herauskam aus/in [...] Glanz/Fayence, trat ich auf Seth [...], [...] meine beiden Beine sind ein Gott, verlasse sie!
Ich bin die Mutter des Min!
Viermal zu rezitieren.
Pause.

Spruch 17

Weiter:
[...] Uto [...], komm(t), sehen [...] gebissen/Biss/beissend/o. ä., der als Gestern (?) bewacht, [...] sterben (?), um abzutrennen den Hügel (?) vom Buschwerk [...].
Reiße Halfagras in Büscheln(?) aus (?) [...] ihn mit [Rto. 7,5] Pflanzenschleim.
Gib es auf den Kopf der Hitzigen (eine Schlange ?), bis ich gekommen bin nach [...].

Spruch 18

Weiter:
Ein Spruch steht gegen ein Maul, ein Zahn gegen einen Zahn, Re ist der Wächter des Giftes!30
Der Skorpion, den ich aus Ton geformt habe,31 mit einer Basis aus Türkis, ich legte (ihn) auf [...] von hdn-Kraut, damit ich einfangen kann (?) den mit geheimen Körper (= Skorpion).
Komm wegen meines Spruchs gemäß dem durch mich Ausgesprochenen.
Ich bin Horus, der dich erschaffen hat.
Fließe aus, Skorpiongift!

30 Rꜥw zꜣu̯ mtw.t: Ohne den Verspunkt ist die Satzabtrennung nicht eindeutig. Andere Übersetzungen sind: „Rēꜥ, beware of the poison of the scorpion I have made of clay, and the base of turquoise I have placed on ... ... ... of the hdn-plant, to be secret fischer of the body (?)“ (Gardiner 1935 I, 60) und „Rēꜥ guards 〈the〉 poison of the scorpion (wḥꜥ.t), which I have made of clay, 〈its〉 base being of turquoise which I have put on you [... with (?) a bundle (?)] of hdn-plants until I release (wḥꜥ) the one whose body is mysterious!“ (Borghouts 1978, 79).

31 štꜣ ẖ.t: Borghouts 1978, 110, Anm. 272: Gemeint ist der Skorpion aus Ton.

Spruch 19

Weiter:
Weh, weh, der Himmel ist bedeckt (?)32, die Erde liegt in Dunkelheit wegen Re!
O Neunheit, kommt und betrachtet das/dieses Gift, nachdem es verhüllt gekommen war, denn es flutete wie die Überschwemmung über das Ufer!
Das Licht wird erstrahlen, [Rto. 8,1] die Sonne wird scheinen, so dass man Opfer darbringt ((im Tempel, der)) in Heliopolis ((ist))33!
(Denn) NN., Sohn der NN., ist aufgestanden, [indem er gesund ist für seine Mutter]34 [---]35.
Geknüpft ist ein Knoten in eine Binde, festgebunden ist sein Anfang angesichts / in Gegenwart des Re (?)36.
Ich werde sprechen [... ... ..., gemäß dem] durch mich [Gesagten]37:
Weil ich deine Augen geblendet habe, wirst du sie nicht mehr öffnen, weil ich deine Finger gelähmt habe, wirst [du sie] nicht [...], [weil ich] deinen Stachel [ge... habe], wirst du ihn nicht (hinein)stoßen, um zu veranlassen, dass du schwarz wie Horus wirst und rot [wie Seth].
[...] [Rto. 8,5] ... deine Nase durch den Ausspruch der „Himmelfahrerin“, der Tochter des Re, durch den Ausspruch der Menet, der [Horus]frau.
Komm auf die Erde heraus, wenn ich spreche!
Ich werde seinen Anfang festbinden im Angesicht / in Gegenwart (?) des Re36.
Ich werde sprechen: [...]
[...] ..., nachdem du umschlossen wurdest, nachdem du umschlossen wurdest von den 7 Knoten, die sind im Inneren von [...]38
Feuer (kommt) aus deinem Mund, aber Wasser ist in meinem Mund!
Das Wasser soll aus meinem Mund kommen, um das/dieses Feuer zu löschen, das in deinem Mund ist, wie [...] abschneidet (???).

32 hꜣb.tj: Die Bedeutung des Verbs mit Hacke und schlagendem Arm als Determinative, ist in diesem Zusammenhang unklar. Gardiner 1935 I, 60 übersetzt mit „The heavens have been penetrated(?)“. Er denkt sicher an das Bewegungsverb hbi̯/hbu̯: „eindringen; betreten“. Fischer-Elfert 2005, 61 hat „Der Himmel ist durchzogen (von Wolken?)“, d.h. ebenfalls das Bewegungsverb.

33 Ein späterer Zusatz über der Zeile, der syntaktisch und semantisch möglich, aber eigentlich nicht nötig ist. Die parallele Stelle in Vso. 6,2 hat diesen Zusatz auch nicht.

34 snb n mw.t=f: Gardiner 1935 I, 60 und 58, Anm. 2 rekonstruiert in seiner Übersetzung: „The sun shall rise, and the disk shall shine, and services shall be performed in the temple of Heliopolis, if N, born of M, be [in health for his mother]“. Er verweist auf pChester Beatty VII, Rto 3.6–7 und Vso 6.2–3 für teilweise ähnliche Formulierungen. In Rto 3.6–7 steht wbn šw psḏ jtn [jri̯.tw ḥn.t] m ḥw.t-nṯr nb [...] ⸢nfr⸣ [sw r] wnn=f n mw.t =f. In Vso 6.2–3 liest man wbn šw ḥwi̯ ḥꜥpj jri̯.tw ḥn.t m Jwnw jw mn msi̯.n mn.t nfr sw r wnn=f. In pLeiden I 349, Rto 3.9–10 (ed. A. de Buck – B. H. Stricker, Teksten tegen schorpioenen naar Pap. I 349, in: Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden 21, 1940, 53–62, hier: 59) steht wbn šw ḥr ps[ḏ ... ... ...] mn msi̯.n mn.t snb nfr r hrw n.j msi̯ sw mw.t=f.

35 Gardiner 1935 I, 60–61 vermutet, dass hier ein neuer Spruch angefangen haben könnte.

36 Da ḫft hier mit dem Ersatzzeichen für den gefallenen Feind (Gardiner Z6) klassifiziert ist, könnte auch ḫft(.j) n(.j) Rꜥw gemeint sein: „der Feind des Re“, so Gardiner 1935 I, 61: „his forepart is bound, the enemy of Rēꜥ“. Das wäre dann wohl eine Apposition zu ḥꜣ.t=f. Vgl. Rto 8.6: jw=j r snḥ ḥꜣ.t=f ḫft-n Rꜥw.

37 [ḫft ḏd] m-ꜥ=j: Vgl. oben Rto 7.7: mj r rʾ=j ḫft ḏd m-ꜥ=[j]: „Komm auf meinen Spruch hin, gemäß dem durch [mich] Gesagten“.

38 Nach Gardiner 1935 I, 60–61 hat „near the end of 8,7“ vermutlich ein neuer Spruch angefangen.

Spruch 20

[Vso. 1,1] [...] aus dem Mund des Horus.
Wer bist du?
Ich bin „das Schaf“, das aus dem Himmel stammt, dieses, das vor den Sternen heraufkommt!
Das Gift [...]
[Möge NN.], Sohn der NN., [gehen], wobei es ihm besser geht als zuvor für seine Mutter!
Wenn ihr nicht zulasst, dass NN., Sohn der NN., geht, wobei es ihm besser geht als zuvor für seine Mutter, (dann ...)
[dann werde ich ... ...] -GN- für die 160 Hathoren, um sie sein zu lassen Angesicht zu Angesicht und Auge in Auge, damit sie sein Herz stärken [...].
Horus, der Sohn der Isis, [ist es], der deinen Namen nannte, als er aufstand in der Umfassung seines Anwesens.
Fließe aus, Skorpiongift!

Spruch 21

Beschwörung eines Mannes der [an einem Skorpionstich leidet]:
[Vso. 1,5] [„Giftsame“ war bei ihrem Bade am Ufer, beim si]ch [Waschen] am ḥmkt-Fluss.39
Aber der große Gott war ausgegangen, um sich zu vergnü[gen, als] er [ihre Reize erblickte, die durch den Gürtel] über ihrem Hintern [betont wurden].40
Und er besprang 〈sie〉, wie ein Bock bespringt.
Und er deckte sie, wie [ein Stier deckt].41
[Aber „Giftsame“ war hinaufgesprungen] an seine Stirn, an die Stelle zwischen seinen Augenbrauen.
Also musste er sich niederlegen auf sein Bett im Inneren seines Hauses, [weil er krank war].
Da [kam] Anat,42 die siegreiche Göttin, die Frau, die als Krieger fungiert,43 die sich wie Männer kleidet und wie Frauen schmückt, zu Pre, ihrem Vater.
Er sprach zu ihr:
„Was ist mit dir, Anat, du siegreiche Göttin, Frau, [Vso. 2,1] die als Krieger fungiert, die sich wie Männer kleidet und wie Frauen schmückt?
Nachdem ich am Abend meinen Lauf beendet hatte, schau, da wusste ich (schon), dass du gekommen bist, um Seth von „Giftsamen“ zu erbitten.
Schau, eine dämliche Strafe ist das Gift/Sperma, das an die Frau des obersten Gottes geliefert wurde, als er sie fickte mit Feuer, [nachdem er] sie mit einem Meißel [ge]öffnet hat.“
[Da] sprach Isis, die Göttin, [zu ihm]:
Ich bin eine Nubierin und [ich] bin herabgestiegen vom Himmel und ich bin gekommen, um das Gift zu entfernen, das im Körper [des NN., Sohn der NN.,] ist, und um ihn gesund zu seiner Mutter gehen zu lassen, [wie] Horus gesund zu seiner Mutter Isis [ging], damit NN., der Sohn der NN., existiert.
Lebt Horus, lebt NN., Sohn der NN.
[Vso. 2,5] Du wirst keinen Halt finden an seiner Stirn; [(Göttin) ... ist gegen dich, die Herrin] der Stirn!
Du wirst keinen Halt finden in seinen Augen; Horus-〈me〉chenti-irti ist gegen dich, der Herr der Augen!
Du wirst keinen Halt finden in seinen Ohr(en); Geb ist gegen dich, der Herr der Ohr(en)!
Du wirst keinen Halt finden an seiner Nase; Chenemet-tjau, die Hermopolis vorsteht, ist gegen dich, die Herrin der Nase!
Hüte dich, dass sie den Nordwind aufhören lässt vor den Wolken (wörtl.: den Großen)!44
[Vso. 3,1] Du wirst keinen Halt finden an seinen Lippen; Anubis ist gegen dich, der Herr der Lippen!
Du wirst keinen Halt finden in seiner Zunge; Sefechet-abui ist gegen dich, die Herrin der Zunge.
Du wirst keinen Halt finden in seinem Nacken; Uto ist gegen dich, die Herrin des Nackens!
Du wirst keinen Halt finden in seiner Kehle; Meret ist gegen dich, die Herrin der Kehle!
[Vso. 3,5] Hüte dich davor, dass ihre Stimme heiser (?) wird vor Re!
[Vso. 4,1] Du wirst keinen Halt finden in seiner Brust; Nut ist gegen dich, die Herrin der Brust, die Dame, die die Götter gebar, die die Brust gab dem [Re (?)]!
Du wirst [keinen] Halt finden in seinen Arm(en); Month ist gegen dich, der Herr der Arme!
Du wirst keinen Halt finden in seinem Rücken; Re ist gegen dich, der Herr der Wirbel!
Du wirst keinen Halt finden in seiner Seite; Seth ist gegen dich, der Herr der Seite!
[Vso. 4,5] Du wirst keinen Halt finden in seiner Leber, in seiner Lunge, in seinem Herzen, in den Nieren, in seiner Milz in seinen Eingeweiden, in seinen Rippen, in irgendeinem Weichteil seines Bauches; Amset, Hapi, Duamutef, Qebebsenuef, die Götter, die in seinem Bauch sind, sind gegen dich!
Du wirst keinen Halt finden in seinen Pobacken; Hathor ist gegen dich, die Herrin der Pobacken!
Du wirst keinen Halt finden in seinem Penis; Horus ist gegen dich, der Herr des Penis!
Du wirst keinen Halt finden in seinen Hoden (?)45; Reschef ist gegen dich, der Herr der Hoden (?)45!
[Vso. 5,1] Du wirst keinen Halt finden in seinen Oberschenkeln; Horus ist gegen dich, der Herr der Oberschenkel, wenn [er] allein in der Wüste umherstreift!
Du wirst keinen Halt finden in seinen Knie(n); Sia ist gegen dich, der Herr des Knies!
Du wirst keinen Halt finden in seinen Waden; Nefertem ist gegen dich, der Herr der Waden!
Du wirst keinen Halt finden in seinen Sohlen; Nebet-debit ist gegen dich, die Herrin der Sohlen!
[Vso. 5,5] Du wirst keinen Halt finden in seinen Nägeln; Anuket ist gegen dich, die Herrin der Nägel!
Du wirst keinen Halt finden in der Stichwunde; Selqet ist gegen dich, die Herrin der Stichwunde(n)!
Du wirst keinen Halt finden, du wirst dort nicht ruhen können!
Das ist (nämlich) kein Wohnort!
Falle zur Erde!
Siehe, [ich] beschwor (dich), ich bespuckte (dich), ich trank dich!
Was Horus für seine Mutter ist, ist NN., den NN. geboren hat, für seine Mutter!
Wenn Horus lebt, lebt auch er!
Falle zur Erde!
Siehe, ich beschwor dich, 〈ich〉 bespuck〈t〉e dich!
[Vso. 5,10] Was Horus für seine Mutter ist, ist NN., geboren von NN., für seine Mutter!
Spuck aus!
[Vso. 6,1] Ich habe dich 〈verringert〉(?).
Ich kenne dich und ich kenne deinen Namen!
Komm aus seiner Rechten, komm aus seiner Lin[ken], komm [als Wasser], komm als Erbrochenes, komm als Urin!
Komm auf meinen Spruch hin gemäß meinen Worten.
Siehe, Re ist gegen 〈dein〉 Gesicht gerichtet!
Mache NN., den NN. geboren hat, einen Weg frei!
Das Licht wird erstrahlen, der Nil wird fluten, so dass man Opfer darbringt in Heliopolis!
(Denn) der NN., den NN. geboren hat, er ist gesünder (wörtl.: besser), als er war, gemäß dem Ausspruch der Sepet-seth, gemäß [dem Ausspruch der ...]-hedj, gemäß dem Ausspruch der Hetjay, der Herrin der Zauber, gemäß dem Ausspruch der Ut, der Herrin der Flamme, gemäß dem Ausspruch der Herrin der Uräen46, gemäß dem Ausspruch der Nebet-peseschet, gemäß dem Ausspruch von Metemet-Neferetiyes, gemäß dem Ausspruch [Vso. 6,5] der Nebet-bitjet, der Herrin der Binden, gemäß dem Ausspruch der Bitjet, der Horusfrau, gemäß dem Ausspruch des Herenseschen, des geliebten47 Sohnes!
Veranlasse, dass das Gift herauskommt, das in den Gliedern des NN., den NN. geboren hat, ist, um ihn gesund zu seiner Mutter gehen zu lassen, wie Horus gesund zu seiner Mutter Isis geht!
Der Schutz des Horus ist der Schutz!“
Dieser Spruch werde viermal gesprochen, während ein Skorpionstich untersucht wird.
Wenn du einen Skorpionstich untersuchst, der schmerzt, und du feststellst 〈...〉48

39 Ergänzung gemäß der Teilparallele in pTurin CGT 54076/002 (A. Roccati, Une légende égyptienne d’Anat, in: Revue d’égyptologie 24, 152–159, hier:, 155): [t]ꜣ mtw.t ḥr wꜥb m [pꜣ] ḫp.w.

40 Ergänzung gemäß der Teilparallele in pTurin CGT 54076/002 (A. Roccati, Une légende égyptienne d’Anat, in: Revue d’égyptologie 24, 152–159, hier:, 155): mꜣꜣ sw Stẖ nfr.w=s r pꜣ mr.w n pḥ(.w)t=s.

41 kꜣ: Ergänzung gemäß der beiden Tiere Stier und Widder, die auf oRamesseum = oUC 31942 und auf oDeM 1591 und 1592 im gleichen Zusammenhang genannt werden.

42 [jwi̯].jn: Weil in pTurin CGT 54076/002 das Verb ḥn in der Konstruktion ꜥḥꜥ Ꜥnt (...) ḥn.tj vorliegt, vermutet J. van Dijk, ꜤAnat, Seth and the Seed of Prēꜥ, in: H. L. J. Vanstiphout et al. (Hrsg.), Scripta signa vocis. Studies about Script, Scriptures, Scribes and Languages in the Near East. Presented to J.H. Hospers by his pupils, colleagues and friends (Groningen 1986), 31–51, hier: 35, Anm. (h), dass hier am Anfang [ḥn].jn Ꜥnt zu ergänzen sei: „[Hur]ried ꜥAnat, the Victorious Godddess, ... to Prēꜥ“.

43 jri̯ ꜥḥꜣwtj: „(als) Krieger agieren“. Für diese Bedeutung (statt „als Mann agieren2) siehe Gardiner 1935 I, 62, Anm. 12; J. van Dijk, ꜤAnat, Seth and the Seed of Prēꜥ, in: H. L. J. Vanstiphout et al. (Hrsg.), Scripta signa vocis. Studies about Script, Scriptures, Scribes and Languages in the Near East. Presented to J.H. Hospers by his pupils, colleagues and friends (Groningen 1986), 31–51, hier: 35, Anm. (i).

44 Übersetzung mit Fischer-Elfert 2005, 62.

45 ꜣs.t=f: Gardiner 1935 I, 64 übersetzt fragend mit „marrow (?)“, was auf ꜣjs: „Gehirn“ zurückgehen würde. Ähnliches findet man bei A. Massart, The Egyptian Geneva papyrus MAH 15274, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Abteilung Kairo 15, 1957, 172–185, hier: 175 mit Anm. 1: „viscera“. J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 265, 322 (Nr. 23) und 325 (Nr. 05) hält eine Identifikation als js.wj: „Hoden“ wegen der Position des Körperteils in den beiden Gliedervergottungslisten und des Zusammenhangs mit Reschef (= [Seth?] in pGenf) für wahrscheinlich.
W.R. Dawson, Observations on Passages in Ch. Beatty Papyri, in: Journal of Egyptian Archaeology 22, 1936, 106-108, hier 107 hält es für das Wort ꜣjs, das aber nicht das „Gehirn“ bezeichne, sondern (generell) „the soft matter filling the skull, the spinal canal, and the larger bones“ bzw. hier spezieller, aufgrund seiner Position in der Liste, die Chorda dorsalis oder das Rückenmark.

46 Eine „Herrin der Uräen“ wäre einmalig. Dagegen gibt es mehrere Belege sowohl für den „Herrn des Uräus / der Kobra“, als auch für den „Herrn der Uräen/Kobras“, C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band III. pnbw, Orientalia Lovaniensia Analecta 112 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 595. Das spricht dafür, hier das t unter dem nb-Korb zu tilgen. Maskulin wird der Titel auch aufgefasst von Fischer-Elfert 2005, 64.

47 C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band III. pnbw, Orientalia Lovaniensia Analecta 112 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 333 vermutet hierin einen Götternamen, allerdings nur mit dieser einen Stelle als Beleg.

48 Der Text endet hier und der Rest der Zeile wurde freigelassen. Gardiner 1935 I, 65 vermutet, dass die Vorlage von pChester Beatty VII möglicherweise an dieser Stelle endete.

Spruch gegen srf-Entzündung

[Übersetzung: Lutz Popko]

[Vso. 7,1] Schriftstück gegen jede (Art) schlimmer srf-Entzündung1:
Sei(d) gegrüßt2, ihr Herren der Ewigkeit, hoch an ... (?)3!
Steig(t) hinab und r[ichtet auf] (oder: b[elebt]) (?)4 den, der todkrank ist5!
Die (ihr) [als]6 Vögel zum Himmel auffliegt, um den 〈auf〉zustellen (?)7, der im Westen ist: Veranlasst, dass der, der im Westen ist8, herauskommt, um den [---] zu lassen, den ich für [---] geöffnet habe9
Komm heraus zu mir, Untoter, Untote, um 〈meine〉 Worte zu hören!
Wenn er10 [meine] Wort[e]11 nicht beachtet, werde ich verhindern, dass die Sonne aufgeht12, [werde ich ver]hindern, dass die Nilflut {es} fließt, werde ich verhindern, dass für die großen Götter, [Vso. 7,5] die in [Hut-Benb]en13 (in Heliopolis) sind, Kulthandlungen vollzogen werden, werde ich verhindern, dass der Großen Götterneunheit Wasser libiert wird, als einer, (deren) Mund (schon) dahingehend geöffnet ist (?)14. (O) (Un-)Toter, (o) (Un-)Tote, die [---] im Gesicht der NN, geboren von NN, ist.
Dieser Spruch werde rezitiert 〈über〉 diesen (Göttern), gezeichnet auf einem [neuen] Papyrusblatt.15 [Werde an] den Hals des (betroffenen) Mannes [gegeben].
(Vignetten, von rechts nach links: drei Messer, ein Rechyt-Vogel, der Königsname) Djeserkare (= Amenhotep I.)16, (ihm gegenüber) Thot17 und Osiris18. Dahinter ein falkenköpfiger Gott im Kampf mit einem Nilpferd19, eine Götterbarke und eine Schlange).

1 srf: Papyrus Chester Beatty VII und die Amulettpapyri gegen dieses Leiden, wie pDeM 42 oder pStrasbourg BNU hiérat. 69, schreiben ein maskulines srf, und im Amulettpapyrus pDeM 36 steht zudem der maskuline Artikel davor: pꜣ srf. Auch die Adjektive zeigen keine Femininendung. Im pChester Beatty VII folgt dem Spruch gegen srf ein solcher gegen rmn.t. Das erinnert an die Oracular Amuletic Decrees der 3. Zwischenzeit, in denen einem srf(.t) ebenfalls oft rmn.t folgt (vgl. dazu die Zusammenstellung bei Quack 2005, 78), so dass wohl in beiden Fällen dieselbe Gruppe von Krankheiten/Krankheitsphänomenen vorliegt; J. F. Quack, Beiträge zu einigen religiösen und magischen Texten, in: M. Collier – S. Snape (Hrsg.), Ramesside Studies in Honour of K. A. Kitchen (Bolton 2011), 413–416, hier: 415, geht davon aus, dass srf und rmn.t Hautkrankheiten bezeichnen. Erwähnenswert ist, dass in den Oracular Amuletic Decrees mitunter eine t-Endung steht: srf.t, s. dazu U. Luft, Ein Amulett gegen Ausschlag (srf.t), in: Anon. (Hrsg.), Festschrift zum 150jährigen Bestehen des Berliner Ägyptischen Museums, Staatliche Museen zu Berlin. Mitteilungen aus der Ägyptischen Sammlung 8 (Berlin 1974), 173–179, hier: 175–176, Kommentar b. Diese strukturelle Parallele ist interessant für die Frage, ob maskulines srf und feminines srf.t dasselbe Krankheitsphänomen bezeichnen oder nicht. So unterscheidet B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. II. Hist.-Filos. Klasse 1938 (Oslo 1938), 15 beide nicht, auch J. P. Allen, The Art of Medicine in Ancient Egypt (New York, New Haven, London 2005), 115 hat „fever“ für feminines srf.t, und umgekehrt geht Quack in den genannten Aufsätzen davon aus, dass das srf(.t) der Oracular Amuletic Decrees mit dem srf der Amulettpapyri und dem srf(.t) im Buch vom Tempel identisch ist und eine Hautkrankheit bezeichnet, wohingegen meist zwischen beiden Termini unterschieden wird.

2 ḥr=k: So auch auf der Parallele pDeM 42, Z. 1, s. Y Koenig, Deux amulettes de Deir el-Médineh, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 82, 1982, 283–293, 293 und Taf. 48. Auf der Parallele pBM EA 10732, Z. 1 steht dagegen das zu erwartende ḥr=tn: "Seid gegrüßt (...)".

3 qꜣi̯.y ḫnw: Das letzte Wort ist nicht sicher zu identifizieren, da die Klassifikatoren weder hier noch auf pDeM 42 klar zu lesen sind. pBM EA 10732 schreibt ḫꜣj=tn (= ḫyi̯=tn) ḏ... (?): „erhaben seid ihr ... (?)“, s. S. Donnat, Le papyrus-amulette British Museum EA 10732 et le billet modèle P. Chester Beatty VII, verso 7, in: Journal of Egyptian Archaeology 105, 2019, 243–257, hier: 244 und 247. Ob in pChester Beatty VII und pDeM 42 das Wort ḫn.w: „Kapelle“ vorliegt, auch wenn der Klassifikator definitiv kein Hausgrundriss ist? Jedenfalls ist qꜣi̯ als Angabe zu Gebäuden gut belegt. Eschweiler 1994, 38 vermutet eher „Aussprüche“, also ḫn.w, Wb 3, 289.1–14. In dem Fall müsste aber qꜣi̯ als „laut“ zu verstehen sein. Laut J. F. Quack, Bemerkungen zum Amulettpapyrus pBM EA 10732 und seinen Parallelen, in: Göttinger Miszellen 261, 2020, 155–164, hier: 157 wiederum „handelt es sich bei dem fraglichen Zeichen [nicht ganz sicher, ob er die Form von pChester Beatty VII oder die von pDeM 42 meint, L. P.] um eine etwas unsaubere Form des Fischhinterteils“ Extended Library K23 und er vermutet in dem ḫnw das Wort „Rückenfinne“ (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/117800, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 3.7.2023)). Er verweist dafür auf J. F. Borghouts, The Magical Texts of Papyrus Leiden I 348 (Leiden 1971), 113–114, Anm. 136 sowie seine Habilitationsschrift zu den Dekanen – die von Borghouts angeführten Belege sind jedoch anders geschrieben und die Habilitationsschrift ist noch nicht publiziert, so dass bislang keine in diesem Sinne „saubere“ Form zum Vergleich zur Verfügung steht.

4 s[__] mḥr: Ergänzungsvorschlag auf Basis von pDeM 42. Das einzige in pDeM 42 zwischen s und mḥr fehlende Zeichen transliteriert Y. Koenig, Deux amulettes de Deir el-Médineh, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 82, 1982, 283–293, hier: 293 fragend als Schiffsmast, woraus sich die Lesung s[ꜥḥꜥ]: "aufrichten" ergäbe. Da der Schiffsmast in der unmittelbar darauffolgenden Zeile von pDeM 42 aber etwas anders aussieht, fragt sich, ob das Zeichen vielleicht auch ein unsauber geschriebenes Henkelkreuz sein könnte, was die Lesung sꜥnḫ: "beleben" ergibt. Theoretisch ließe sich auch eine Lesung sḫm: „sich etw. bemächtigen“ denken, vgl. G. Möller, Hieratische Paläographie. Die ägyptische Buchschrift in ihrer Entwicklung von der fünften Dynastie bis zur römischen Kaiserzeit. Bd. 2. Von der Zeit Thutmosis’ III. bis zum Ende der einundzwanzigsten Dynastie, 2 (Osnabrück 1965 (= 1927)), Nr. 449. 

5 mḥr.tw: Syntaktischer Anschluss unklar, da die Lesung des Vorherigen nicht sicher ist. Für die Verbindung „einen Kranken beleben“ s. immerhin Wb 4, 46.12; die Endung tw passt zugegebenermaßen nicht zu einem Partizip. Das Wort ist hier mit dem Ersatzzeichen für den gebundenen Feind, Gardiner Z6, klassifiziert. Derselbe Klassifikator kommt auf der Abwesenheitsliste auf oAshmolean HO 563 aus Deir el-Medinah vor, s. S. E. Hudson, Three New Deir el-Medina Absence Lists in the Ashmolean Museum, Oxford, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 142 (1), 2015, 45–54, hier: 46–47 (Hinweis Fischer-Elfert). Hudson liest auf Vorschlag von Fischer-Elfert (s. S. 46, Anm. 8) mḥr m(w)t: „ill (then) dead“; d.h. sie erwägt, dass die dort als abwesend genannte Person so schwer krank ist, dass sie später gestorben sei. 

6 nꜣ pwy[.w m]: Y. Koenig, Deux amulettes de Deir el-Médineh, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 82, 1982, 283–293, hier: 293 schlägt bei der besser erhaltenen Parallele pDeM 42 die Lesung ḥtp.w vor, aber die Zeichenreste auf pChester Beatty VII passen nicht gut zu hieratischen Standardschreibungen von ḥtp, ließen sich aber zur Schreibung von pDeM 42 ergänzen, so dass zumindest auf beiden Papyri dasselbe Wort gestanden hat. J. F. Quack, Bemerkungen zum Amulettpapyrus pBM EA 10732 und seinen Parallelen, in: Göttinger Miszellen 261, 2020, 155–164, hier: 158 möchte eher nꜣ lesen und vermutet darin zusammen mit dem tw des vorangegangenen mwt.tw eine Verlesung aus dem ḥr mw der Parallele pBM EA 10732. In dem pwy von pChester Beatty VII und pDeM 42 sieht er eine Schreibvariante des pꜣi̯.y von pBM EA 10732. Dort steht (mit Quacks Ergänzung) pꜣi̯.yw 〈m〉 ꜣpd.w: „die 〈als〉 Vögel auffliegen”. Falls pwy.w in pChester Beatty ähnlich knapp geschrieben ist wie in pDeM 42, könnte in der schmalen Lücke danach eventuell noch die von Quack für London ergänzte Präposition tatsächlich gestanden haben.

7 r ꜥḥꜥ: In der Parallele auf pDeM 42 fehlt diese Gruppe. In der Parallele pBM EA 10732, Zeile 2 steht r ḏi̯.t ꜥḥꜥ: „um aufzustellen“. S. S. Donnat, Le papyrus-amulette British Museum EA 10732 et le billet modèle P. Chester Beatty VII, verso 7, in: Journal of Egyptian Archaeology 105, 2019, 243–257, hier: 244 und 247. Eschweiler 1994, 38 übersetzt pChester Beatty VII (ohne pBM EA 10732 zu kennen): „Lasset aufstehen einen, der im Westen ist!“. Dazu müsste man aber eher jmm ꜥḥꜥ, ergänzen.

8 n.tj ḥr jmn.tj: In pBM EA 10732 soll, abweichend dazu, „der im Osten ist“ (n.tj ḥr jꜣb.j) herauskommen.

9 Zum hinteren Satzteil vgl. J. F. Quack, Bemerkungen zum Amulettpapyrus pBM EA 10732 und seinen Parallelen, in: Göttinger Miszellen 261, 2020, 155–164, hier: 159 und dazu den Kommentar zur Parallele auf pBM EA 10732, Zeile 3.

10 Das grammatische Bezugswort des Personalpronomens ist vermutlich der im vorigen Satz genannte Untote als pars pro toto für alle, die die srf-Entzündung verursachen können. Zur Grammatik s. J. F. Quack, Bemerkungen zum Amulettpapyrus pBM EA 10732 und seinen Parallelen, in: Göttinger Miszellen 261, 2020, 155–164, hier: 160, der vermutet, dass vielleicht „eine fluktuierende Auffassung‚ wenn man/er nicht auf [meine] Worte hört‘“ ausdrücken könnte. Das scheint aber nicht sehr üblich zu sein, so dass man wohl besser von einem Textfehler ausgehen sollte.

11 Vgl. schon Gardiner 1935 I, 65, partiell bestätigt durch die Parallele auf pBM EA 10732.

12 Emendationen mit Gardiner 1935 II, Taf. 38, Anm. a und b zur Zeile 7,4. 

13 [Ḥw.t-brb]r: Gardiner ergänzt die Lücke zu [Mn-nf]r: „Memphis“. Die Parallele pBM EA 10732 hat an dieser Stelle aber Ḥw.t-brbr stehen, eine Graphie für Ḥw.t-bnbn.

14 n.tj m wn r-r=w: Sinn unklar, von Gardiner 1935 I, 65 und auf DZA 26.646.750 nicht übersetzt. Emendation zu r⟨ʾ⟩(=w) r=w (wörtl.: „die eine ist, (deren) Mund in ihre (der Libationen?) Richtung geöffnet ist“) nach Vorschlag Fischer-Elfert (mdl. Mitteilung).

15 Zu dieser Lesung und Ergänzung s. H.-W. Fischer-Elfert, Legenda Hieratika – I, in: Göttinger Miszellen 165, 1998, 105–112, hier: 109. 

16 Ḏsr-kꜣ-Rꜥ: Laut H.-W. Fischer-Elfert, Legenda Hieratika I, in: Göttinger Miszellen 165, 1998, 105–112, hier: 110 mit Anm. 18 könnte der untere, gerade Abschluss des Rahmens dafür sprechen, dass er eher eine Stele als eine aufrechtstehende Kartusche darstellt. Auf dem Foto von Gardiner ist allerdings innerhalb des geraden Abschlusses rechts unten, den allein er in seiner hieroglyphischen Transliteration der Seite wiedergibt, auch noch eine geschwungene Linie zu sehen. Vielleicht ist der Rahmen also doch eine etwas misslungene Kartusche. Für eine Interpretation als Kartusche spricht auch der Umstand, dass die Variante pBM EA 10732 statt den Namen Amenhoteps I. den seiner Mutter (Ahmes) Nefertari zeigt, der deutlich in einer Kartusche steht. Außerdem ist auffällig, dass der Königsname nach links ausgerichtet (und etwas kleiner als die Götternamen) ist, so dass diese Vignette quasi die Darstellung des Königs ersetzt, der den Göttern gegenübersteht. Und die Repräsentation des Königs durch seinen Namen (in Kartusche) ist gut belegt.

17 Ḏḥw.tj: Da anschließend kein weiteres Götterbild, sondern ein ausgeschriebener Göttername steht, wird der sitzende Gott mit Ibiskopf vermutlich logographisch aufzufassen sein, wohl als Schreibung für Ḏḥw.tj. Vgl. auch die Ansicht von A. von Lieven, Kleine Beiträge zur Vergöttlichung Amenophis’ I. II. Der Amenophis-Kult nach dem Ende des Neuen Reiches, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 128, 2001, 41–64, hier: 60, die schreibt, dass die in dem Spruch erwähnten „Zeichnungen“ „eigentlich ausgeschriebene Götternamen“ seien.

18 Wsjr: Die Bemerkung bei Eschweiler 1994, 38, dass die Zeichen „wohl den Gottesnamen Osiris bilden sollen“, erscheint etwas zu vorsichtig. Die hier verwendete Schreibung mit Thronsitz, Sonnenscheibe (statt Auge) und Falke auf Standarte ist in der 20. Dynastie belegt, gerade auch in der Bibliothek des Qenherchepeschef, zu der pChester Beatty VII gehört, nämlich in der Erzählung von Horus und Seth auf pChester Beatty I.  

19 Die Handlung des falkenköpfigen Gottes mit dem Nilpferd ist nicht eindeutig. Zunächst liegt es nahe, hierin das Harpunieren des Nilpferdes zu sehen (so auch Eschweiler 1994, 38). Allerdings ist die scheinbare Harpune gebogen und scheint am Kopf des Nilfperdes in zwei Teilen auszulaufen, so dass man sich fragt, ob das Nilpferd nicht eher gebunden als harpuniert wird

18 Auch die Sprüche gegen srf-Entzündung auf pBM EA 10732 (S. Donnat, Le papyrus-amulette British Museum EA 10732 et le billet modèle P. Chester Beatty VII, verso 7, in: Journal of Egyptian Archaeology 105, 2019, 243–257, hier: 244) und pStrasbourg hiérat. 69 (S. Donnat, Un billet contre la chaleur-séref. Le papyrus hiérat. 69 de la BNU de Strasbourg, in: Revue d’égyptologie 67, 2016, 1–32, hier: 20 und Taf. 1) bieten u.a. eine Barke mit sitzender Gottheit als Vignette. In beiden Fällen ist unter der Barke eine Himmelshieroglyphe dargestellt (auf dem Strasbourger Papyrus auch noch ein Krokodil); zudem hat der Gott auf dem Strasbourger Papyrus eine Sonnenscheibe auf dem Kopf. Daher handelt es sich eindeutig um die Sonnenbarke. Auf pChester Beatty VII scheint dagegen unter der Barke eine Wasserlinie abgebildet zu sein. 

Spruch gegen das rmn.t-Phänomen

[Übersetzung: Lutz Popko]

[Vso. 8,1] Schriftstück gegen das rmn.t-Phänomen1:
O (ihr) 77 Götter, die (ihr) ... öffnet [---] in/mit ihnen (?) [---] werfen [---] leben mit ihren Blumen ... (?) empfangen ... (?) vor Osiris [---] Nesy-Dämon [und Nesyt-Dämonin (?)], die im Gesicht von NN, geboren von NN, sind.
O (ihr) 77 Kinder, (ihr) Nachkommen von [---]2 [öff]nen [---] Gesicht, indem er dort hingeworfen ist, indem {indem} sie leben, indem sie ... (?)3 [---] jeder/Herr [---] [Vso. 8,5] Nesy-Dämon und Nesyt-Dämonin.
Dieser Spruch werde rezitiert (über) einer Frauenfigur (???)4 [---] gezeichnet [---]
(Vignette: an Füßen und anscheinend auch Armen gefesselte, hockende menschliche Gestalt mit unklarem Kopfschmuck (Federn?), rechts und links von je einem Krokodil bedrängt)

1 rmn.t: Das r ist eine spätere Korrektur, vgl. Gardiner 1935 II, Taf. 38, Anm. a zur Stelle. Spuren eines älteren Zeichens sind auf Taf. 38A noch zu erkennen, ohne dass es identifiziert werden könnte. Gunn, der Gardiners Übersetzungen der Chester-Beatty-Papyri Korrektur gelesen hat (s. Gardiner 1935 I, IX) hatte „a remedy for the same“ (d.h. ein weiterer Spruch für die vorgenannte srf-Entzündung) vorgeschlagen, wobei er an die Phrase m tꜣy mn.t > ⲛ̄ⲧⲉⲓ̈ⲙⲓⲛⲉ: „in this fashion“ dachte, s. Gardiner 1935 I, 65, Anm. 5. Diesen Vorschlag hat auch Eschweiler 1994, 38 übernommen („Buch für Selbiges“), obwohl schon Gardiner in derselben Fußnote darauf hinwies, dass dafür eigentlich ein Demonstrativpronomen „urgently needed“ sei.
Es dürfte sich wohl um die rmn.t-Hautkrankheit handeln, die in Orakeldekreten und schon im pDeM 36 des Anynacht aus der mittleren 20. Dynastie oft auf die srf-Entzündung folgt, s. dazu die Zusammenstellung bei Quack 2005, 78, ders., Beiträge zu einigen religiösen und magischen Texte, in: M. Collier – S. Snape (Hrsg.), Ramesside studies in honour of K. A. Kitchen (Bolton 2011), 413–416, hier: 415 und S. Donnat, Un billet contre la chaleur-séref. Le papyrus hiérat. 69 de la BNU de Strasbourg, in: Revue d’égyptologie 67, 2016, 1–32, hier: 9.

2 ẖ(r)d.w ms(.w) j[___]: J.-C. Goyon, Les dieux-gardiens et la genèse des temples (d’après les textes de l’époque gréco-romaine). Les soixante d’Edfou et les soixante-dix-sept dieux de Pharbaetos, Bibliothèque d’étude 93 (Le Caire 1985), 193, Anm. 3 erwägt eine Ergänzung zu ẖrd.w ms(.w) J[tm.w]: „die 77 Kinder, Nachkommen von A[tum]“, mit Verweis auf die 77 Götter von Horbeit, die auf Spätzeittiersärgen, im Besonderen auf dem Sarg Kairo 96722 + 23 (s. ebd., 211) als ms.w Tm.w: „Nachkommen des Atum“ bezeichnet werden. Der Name des Atum wäre dann im pChester Beatty VII mit Schilfblatt und Mann mit Hand am Mund geschrieben, was generell ungewöhnlich wäre, angesichts der Fehler im Text aber kein zwingendes Gegenargument.

3 jw=w ḥtp.w: Ob man zu ḥtp: „ruhen, zur Ruhe gehen“ emendieren kann: „indem sie leben und indem sie zur Ruhe gehen (d.h. sterben)“? Allerdings verbietet die anschließende Lücke eine sichere Entscheidung.

4 rp.y(t): Gardiner 1935 transliteriert tpy, DZA 25.297.670 und Gardiner 1935 II, Taf. 38. Das erste Zeichen könnte allerdings auch ein etwas schmaler geratenes r sein. Die Klassifikatoren müssten durch Autopsie überprüft werden. Könnte die menschliche Gestalt in der Vignette eine Dämonin in langem, an den Knöcheln endendem Kleid sein? Und könnte man die Zeichenreste danach statt zu r + Lücke (so Gardiner) vielleicht zu d[p.w]: „(und) Krokodile(n)“ ergänzen?