ḫmt.ny „Dritter (Abguss) (?)“

ḫmt.ny: H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VI (Leipzig 1881), 660 und 929–930 sah hierin eine jüngere Schreibung des ḫmt genannten Getränks und bringt es mit koptisch ϣⲉⲙⲏⲣ: „Hefe“ zusammen. Darauf basiert die Übersetzung von H. Joachim, Papyros Ebers. Das älteste Buch über Heilkunde (Berlin 1890), 7 und passim („Hefe“); und auf Joachim wiederum basiert C.P. Bryan, The Papyrus Ebers (London 1930), 47 und passim („yeast“). Dieser Zusammenhang mit dem Koptischen ist jedoch zu streichen: Zum einen handelt es sich bei ϣⲉⲙⲏⲣ um ein Lehnwort aus einer semitischen Sprache, vielleicht dem Aramäischen oder Arabischen (W. Vycichl, Dictionnaire étymologique de la langue copte (Leuven 1983), 264, J. Černý, Coptic Etymological Dictionary (Cambridge 1976), 245 und W. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 2. Auflage (Heidelberg 2008), 315); und sofern eine solche Entlehnung überhaupt schon zur Zeit des pEbers oder sogar der Ramesseums-Papyri stattgefunden haben würde (bei einer Entlehnung aus dem Aramäischen oder Arabischen wäre das sprachgeschichtlich gar nicht möglich), wäre das Wort wohl anders geschrieben. Zum anderen schließlich spricht allein der Konsonantenbestand gegen einen solchen Zusammenhang, denn es ließe sich keine Erklärung dafür finden, dass das koptische Derivat auf -ⲣ endet.

B. Ebbell, The Papyrus Ebers. The Greatest Egyptian Medical Document (Copenhagen, London 1937), 32 und passim lässt das Wort ohne Übersetzungsvorschlag. Auch T. Bardinet, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique, Penser le médecine (Paris 1995), passim verzichtet auf eine Übersetzung.

H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 398 bringt ḫmt.ny mit dem Zahlwort für „drei“ in Verbindung und vermutet darin einen „Verdünnungsgrad mit Wasser auf ein Drittel (ḫmt) des Gehaltes“. Dem folgend, übersetzt W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999), 552 u.ö.: „Drittel-Lösung/Verdünnung“. Auch W. Helck, Das Bier im Alten Ägypten (Berlin 1971), 78 hält es für eine dreifache Verdünnung. Die Wortbildung erinnert allerdings eher an eine Ordinalzahl („Dritter“) als an einen Bruch („Drittel“). Ob die Flüssigkeit also eher danach benannt wurde, dass ein bestimmter Herstellungsprozess zum dritten Mal vorgenommen oder beim dritten Mal abgebrochen wurde? Vgl. zu Letzterem vielleicht das mrḥ.t sn.nw hrw, das „Öl des zweiten Tages“ (s. H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 278, Anm. 34). Oder geht der Name auf eine Qualitätsangabe zurück, so wie beim dp.t-Öl oder eventuell dem ḫnt.t-Weihrauch? Man könnte spekulieren, dass vielleicht so etwas wie der dritte Abguss gemeint sein könnte: Das altägyptische Bier enthielt zahlreiche Rückstände, und ein dritter Abguss könnte einer sein, der schon mehr Rückstände enthält als der erste und zweite Abguss. Ähnlich denkt auch A.H. Gardiner, Ancient Egyptian Onomastica. Vol. II (Oxford 1947), 233* bezüglich der nur ḫmt genannten Flüssigkeit an einen Zusammenhang mit der Herstellung, bei der irgendetwas in dreifacher Weise getan wird, hat aber keinen konkreten Übersetzungsvorschlag.

Dr. Lutz Popko