zꜣ-ḥmm „Kauter-Gehilfe“

zꜣ-ḥmm: Wörtl.: „Sohn des ḥmm-Gerätes“. Während Wb 3, 95.12 darin eine Bezeichnung eines Arztes vermutet, denkt H. von Deines – W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Zweite Hälfte (h), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.2 (Berlin 1962), 707 im Gegenteil an eine Bezeichnung eines mit einem ḥmm-Gerät Behandelten, also des Patienten. Im erst seit wenigen Jahren bekannten pLouvre E 32847, Verso 6,6 ist aber der zꜣ-ḥmm als jemand genannt, der unter Aufsicht eines Arztes eine Zyste (ḥmꜣ) behandeln (srwḫ) soll, die weich ist und an der Oberfläche Wasser produziert, s. T. Bardinet, Médecins et magiciens à la cour du pharaon. Une étude du papyrus médical Louvre E 32847 (Paris 2018), 186–187 und T. Pommerening, „Wer weiß was?“. Heilkundliches Wissen und Wissenstransfer zur Zeit der Pharaonen, in: N. Reggiani – F. Bertonazzi (Hrsg.), Parlare la medicina: fra lingue e culture, nello spazio e nel tempo. Atti del convegno internazionale, Università di Parma, 5-7 settembre 2016, Studi sul mondo antico 7 (Firenze, Milano 2018), 147–180, hier 155. Das erlaubt eine eindeutige Entscheidung zwischen diesen beiden Alternativen zugunsten des Vorschlags des Wb. Auch die Bemerkung von F. Jonckheere, À la recherche du chirurgien Égyptien, in: Chronique d’Égypte 26 (51), 1951, 28–45, hier 40–43, dass der zꜣ-ḥmm weder ein „associé médical“ noch ein „collaborateur chirurgical“ (S. 43) sei, weil er in den fraglichen Ebers-Rezepten gar nicht als Handelnder erscheint, sondern nur eine bestimmte Handlung mit seiner Tätigkeit verglichen würde (mj srwḫ ...), ist damit hinfällig.

Das Wort zꜣ: „Sohn“ (die Schreibung ohne Logogrammstrich kommt auch an anderen Stellen der medizinischen Texte vor, s. MedWb 2, 703) ist in diesem Zusammenhang natürlich nur metaphorisch zu verstehen. Zum „Schüler“ als „Sohn“ in den Lebenslehren und verwandten Texten s. H. Brunner, Altägyptische Erziehung, 2., unveränderte Auflage (Wiesbaden 1991), 10–11. Dass es neben dem „Schüler des ḥmm-Gerätes” auch einen „Meister“ o.ä. gegeben habe, kann man daraus aber nicht zwangsläufig schließen. Die Stelle im Louvre-Papyrus präsentiert jedenfalls den zwn.w-Arzt als Beaufsichtigenden. Mit dem zꜣ-ḥmm ist also jemand gemeint, der auf der einen Seite die Funktion eines Gehilfen ausübt, auf der anderen Seite im Rahmen dieser Hilfsstellung aber eine gewisse Spezialisierung aufweist.

Die Identität des ḥmm-Gerätes, das bislang nur einmal, nämlich in Eb 865, außerhalb des Titels genannt ist, ist unsicher. Es ist ein „Gerät zum Aufstoßen einer ꜥꜣ.t-Geschwulst“ (MedWb 2, 602), daher wohl die Übersetzung „surgeon’s knife (?)“ bei R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 170. MedWb 2, 708, Anm. 1 zu zꜣ-ḥmm verweist auf das in Pyr 2029 = PT 678 genannte Verb ḥmm als mögliches Kognat; und weil dieses parallel zu smt: „verhören, foltern“ steht, vermutet MedWb hinter zꜣ-ḥmm „einen ‚Gefolterten‘ (mit heißem Metall Gebrannten)“. Da es im Rahmen von Behandlungen mit Feuer genannt wird, erwägt schon H. L. E. Lüring, Die über die medicinischen Kenntnisse der alten Ägypter berichtenden Papyri verglichen mit den medicinischen Schriften griechischer und römischer Autoren (Leipzig 1888), 55 eine „Ausbrennung der Wunde mittelst eines glühenden Metallstabes“, worin ihm spätere Bearbeiter folgen.

Dr. Lutz Popko