ḏsr.t „Starkbier“
ḏsr.t: Dem Klassifikator nach ein Getränk. Bislang sind vier verschiedene Erklärungsansätze geboten worden, von denen der erste bislang am plausibelsten erscheint:
(1) Eine besondere Bierart, die wohl von höherer Qualität war als das normale ḥ(n)q.t-Bier, vgl. den von W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999), 511 angeführten Beleg bei W. Helck, Menqet, in: W. Helck – W. Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie. Bd. IV. Megiddo-Pyramiden (Wiesbaden 1982), 55, hier Sp. 55, s.v. „Menqet“ mit Verweis auf die 4. Stunde, 16. Szene des Pfortenbuches, wo ḥnq.t und ḏsr.t ins selbe Verhältnis zueinander gesetzt werden wie Wasser und Wein. Vielleicht begründet durch dasselbe Verhältnis, gibt Caminos (R. A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954), 425) als Übersetzung „strong ale“.
(2) Nach W. Helck, Bier, in: W. Helck – E. Otto (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie. Bd. I. A-Ernte (Wiesbaden 1975), 789–792, hier Sp. 789–792, s.v. „Bier“, Sp. 790 handelt es sich dagegen vielleicht um ein Bier aus ḏsr.t-Körnerfrüchten. Ähnlich vermutet auch R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten. Dissertation zur Erlangung der Würde des Doktors der Philosophie der Universität Hamburg (Universität Hamburg 1979), 362–363 einen Zusammenhang mit der ḏsr.t-Pflanze.
Angesichts der seltenen Erwähnung der ḏsr.t-Pflanze ist es allerdings seltsam, dass ein daraus hergestelltes Getränk so viel häufiger genannt sein soll: Für die ḏsr.t-Pflanze kennt das Wb nur drei Belegzettel mit nur zwei Belegen, wohingegen unter dem ḏsr.t-Getränk 245 Belegzettel abgelegt sind.
(3) J. K. Hoffmeier, Sacred in the Vocabulary of Ancient Egypt. Ḏsr, with Special Reference to Dynasties I-XX, Orbis Biblicus et Orientalis 59 (Freiburg (Schweiz), Göttingen 1985), 57 leitet die Bezeichnung dagegen von ḏsr im Sinne von „besonders, abgesondert sein“ ab. Basierend auf der (allerdings falschen) Beobachtung, das Getränk käme ausschließlich in funerären Texten des Alten Reiches vor, vermutet er darin einen „special drink reserved for the dead“. Ähnlich vermutet S. Grunert, Bierbrauer unter sich. Über den Nutzen eines Wörterbuches beim Übersetzen nicht nur lockerer Reden, in: Göttinger Miszellen 173, 1999, 91–112, hier 99 darin ein „besonderes“ Bier, vielleicht sei es ein „erster Abguss“ oder ein Konzentrat.
(4) B. Abadir, Ḏsr(t). The Plant and the Drink, in: Discussions in Egyptology 45, 1999, 7–22, hier 7–22 denkt schließlich eher an ein Anis-haltiges Getränk, weil es in Hustenmitteln verwendet wird, als Aroma in Brot und anderen Bäckereiprodukten sowie als Räuchermittel, und weil es gelegentlich als weiß/hell (ḥḏ) bezeichnet wird und in kotextueller Nähe zur Milch steht.
Laut R. Germer, Flora des pharaonischen Ägypten, Sonderschrift, Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Kairo 14 (Mainz 1985), 139 sind allerdings bislang keine Anisreste in Ägypten archäologisch nachgewiesen.
Dr. Lutz Popko