šsm „gerötet; entzündet (?)“
šsm: In den medizinischen Texten ausschließlich von den Augen gesagt. (In Tb 160 kommt ein Verb šsm, Variante šs, vor, mit dem eine Aussage zu den Gliedern des Osiris gemacht wird. Ob dasselbe Verb vorliegt, ist aufgrund dieses anderen Kontextes unsicher.) Das šsm der medizinischen Texte wird meist ohne Klassifikatoren geschrieben; nur einmal wird es in pEdwin Smith 10,15 mit einem Auge klassifiziert (nach dem ty) und in pEbers 109,20 mit der Buchrolle (vor dem ty). In Sm 19 wird in einer Glosse zu dem šsm-seienden Augen erklärt, dass sie rot seien wie die Farbe der (leider unidentifizierten) šꜣs-Pflanze. In Eb 877a wird gesagt, dass die Augen wꜣḏ-„grün“ und šsm seien (W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999), 709, Anm. 289, vermutet dagegen, dass wꜣḏ fehlerhaft für ḏꜣ ist, das in anderen Beschreibungen als Augenkrankheit auftritt). In Eb 192 heißt es ferner, dass die Augen sich nach der Behandlung wieder öffnen. B. Ebbell, Alt-ägyptische Bezeichnungen für Krankheiten und Symptome, Skrifter utgitt av Det Norske Videnskaps-Akademi i Oslo. II. Hist.-Filos. Klasse 1938 (Oslo 1938), 54 nimmt das Letztere als aussagekräftigeres Charakteristikum und vermutet in der šsm.wt-Krankheit eine Ptosis. Im Wb 4, 546.1 wird für šsm „entzündet sein o.ä.“ vorgeschlagen. J. H. Breasted, The Edwin Smith Surgical Papyrus. Published in Facsimile and Hieroglyphic Transliteration with Translation and Commentary. Vol. 1. Hieroglyphic Transliteration, Translation and Commentary, Oriental Institute Publications 3 (Chicago 1930), 282 vergleicht mit den šsm-„bandages“ von Pyr. 2114b = PT 690 und dem šsm.t-Mineral, das u.a. in Urk. IV, 706.12 vorkommt. Er vermutet darin „reddish or red-streaked objects“. In den zp.w šsm.w (siehe beispielsweise Eb 190b = pEbers 37,7) sieht er einen nominalen maskulinen Gebrauch dieses Wortes und in šsm.wt (Eb 408 = pEbers 62,9) einen nominalen femininen Gebrauch. Das Nomen von Eb 408 ist durch dšr: „rot“ weiter qualifiziert. Alles in allem schlägt er als Bedeutung von šsm „to be blood-shot“ vor. Insgesamt sind jedoch Teile seiner Argumentation zu überdenken: Die šsm-„bandages“ sind völlig anders geschrieben; ferner sind sie ein Hapax legomenon, das bislang nur in den Varianten dieses einen Pyramidentextspruches belegt ist. Ein Zusammenhang mit dem šsm der medizinischen Texte lässt sich nicht herstellen. Bei dem šsm.t-Mineral handelt es sich höchstwahrscheinlich um Malachit, also eher ein grünes als ein rotes Mineral. H. von Deines – W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Zweite Hälfte (h–ḏ), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.2 (Berlin 1962), 869–870 spiegelt sowohl die Wb-Bedeutung wie auch Breasteds Interpretation wider: „gerötet; entzündet“. Für die šsm.wt-Krankheit wird eine Rötung oder Entzündung der Augen vermutet, aber Ebbels Deutung auch erwähnt. Auch das šsm der zp.w šsm.w wird diesem Wortfeld zugerechnet. R. O. Faulkner, A Concise Dictionary of Middle Egyptian (Oxford 2002 (Repr. 1962)), 272 übernimmt für šsm die Bedeutung von Breasted; R. Hannig, Großes Handwörterbuch Ägyptisch - Deutsch (2800-950 v. Chr.). Die Sprache der Pharaonen (Marburger Edition), Kulturgeschichte der Antiken Welt 64, 4. Auflage (Mainz am Rhein 2006), 905 diejenige des MedWb.
Dr. Lutz Popko