sdb „einnehmen“
sdb: Schon L. Stern, Glossarium, in: G. Ebers (Hrsg.), Papyros Ebers. Das hermetische Buch über die Arzeneimittel der alten Ägypter in hieratischer Schrift. Vol. 2 (Leipzig 1875), 1–63, hier 43a denkt an ein Verb der Nahrungsaufnahme: „vorare, edere“. So auch vorsichtig Wb 4, 368, das mit koptisch ⲥⲁⲧⲃⲉ: „kauen, wiederkäuen“ vergleicht. Tatsächlich wird es in den medizinischen Texten in Rezepten genannt, die gänzlich oder vorrangig feste Ingredienzien haben. In der Spätzeit dürfte es dagegen eher „trinken“ meinen (so auch schon Wb 4, 369.2), denn im hieratisch-demotischen pRhind ist es mit drei Wasserlinien klassifiziert und hat als Synonym im demotischen Text zwr: „trinken“. Vielleicht deswegen schlägt H. von Deines – W. Westendorf, Wörterbuch der medizinischen Texte. Zweite Hälfte (h–ḏ), Grundriß der Medizin der alten Ägypter VII.2 (Berlin 1962), 825 ein etwas allgemeineres „Einnehmen“ vor. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 975 setzt eine ähnlich allgemeinere Übersetzung für den Gebrauch in ptolemäischen Texten an, wobei gesagt werden muss, dass die von ihr genannten Belegstellen entweder positiv eher für eine Übertragung als „trinken“ sprechen oder aber nicht dezidiert für „essen“. In einigen Texten wird sdb parallel zu Verben des Essens gebraucht, so etwa im genannten hieratisch-demotischen pRhind, wo es neben wšꜥ: „kauen, verzehren“ und qnqn: „essen“ steht (was im Demotischen durch das Verbpaar zwr und wnm ersetzt wurde) und wo es aufgrund des Kontextes wie der schon erwähnten Schreibung eher komplementär („essen“ und „trinken“) als synonym bzw. teilsynonym (etwa „essen“ und „verzehren“) aufzufassen ist. Ähnlich vielleicht auch in É. Chassinat, Le Temple d’Edfou. Vol. VII, Mémoires publiés par les membres de la Mission Archéologique Française au Caire 24 (1932), 264, 6–10, wo es in einer Anweisung zur Einnahme von Opferspeisen neben jri̯: „essen“ verwendet wird – hier könnte sich jri̯ auf die festen Opfergaben und sdb auf die flüssigen beziehen. In den Sargtexten wird es parallel zu wnm gebraucht (R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden 2000), 587); allerdings ist die Identität des dort genannten Objektes von sdb, nšn.w, unklar, so dass nicht mit Sicherheit entschieden werden kann, ob es ebenfalls eher ein Verb des Trinkens als des Essens ist. Zusammengefasst bedeutet das, dass sich die Bedeutung des Verbs noch nicht genau greifen lässt: Der Kontext der medizinischen Texte lässt eher an ein Verb des Essens denken, die Komplementarität mit wnm in anderen Texten und die zusätzliche Ersetzung durch zwr im pRhind eher an ein Verb des Trinkens. So scheint es am besten, mit MedWb bei einem allgemeineren „Einnehmen“ zu bleiben, das aber nur als Platzhalter für eine noch zu spezifizierende Bedeutung verstanden werden sollte.
Dr. Lutz Popko