jny.t „Schnitzel (?)“, „Häcksel (?)“

In mehreren medizinischen Rezepten wird eine Droge namens jny.t erwähnt, bei der es sich um einen Teil von Datteln (d. h. der Frucht und nicht dem Baum) und von Flachs handelt. Wb 1, 94.4-5 hat mit großer Zurückhaltung die Bedeutung „Kerne??“ (mit zwei Fragezeichen!) vorgeschlagen. Dieser Vorschlag hat große Akzeptanz gefunden: In DrogWb, 36 wird mit vermeintlich größerer Sicherheit „Kerne“ (bei Datteln) bzw. „Samen“ (beim Flachs) vorgeschlagen, obwohl es in den medizinischen Papyri für beides – Dattelkerne und Leinsamen – auch noch andere Kandidaten gibt. Sehr auffällig ist zudem das Rezept Eb 311, nach dem Dattel-jny.t nahezu der Hauptbestandteil des ꜣḥ-Breis ist. Denn dessen Herstellung wird mit der Bierherstellung verglichen, bei der jedoch keine Dattelkerne zur Anwendung kommen, aber dafür die Früchte als solche. Mit diesem Argument hatte schon Chassinat, Khoiak, Vol. 1, 297-298 vermutet, dass jny.t eher das Fruchtfleisch bezeichnen könnte. Eine solche Bedeutung passt zwar tatsächlich sehr gut zu Datteln, aber Leinsamen haben kein Fruchtfleisch.

Von welcher Wurzel jny.t abgeleitet ist, ist unbekannt. Falls es zur Wurzel des Verbs jn(n): „schneiden“ gehört, könnte man darin eine Bezeichnung für kleingeschnittene Stückchen oder (Pflanzen-)Teile vermuten. Im Fall von Dattel-jny.t böte sich dann eine Übersetzung als „Dattelschnitze(l)“ an (vgl. im Deutschen den „Apfelschnitz“ (s. hier und hier, letzter Zugriff 28.08.2023) oder etwa die „Zuckerrübenschnitzel“ (s. hier, letzter Zugriff 28.08.2023)). Bei jny.t vom Flachs würde sich als Übersetzungswort „Häcksel“ eher anbieten, wobei der semantische Unterschied zu anderen Wörtern mit vermutlich ähnlicher Bedeutung, wie bspw. dḥꜣ, zu diskutieren wäre.

Literatur:
– É. Chassinat, Le mystère d’Osiris au mois de Khoiak. Fascicule I (Le Caire 1966).
– H. Grapow, H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959).