Papyrus Kairo CG 58027

Metadaten

Alternative Namen
CG 31080 (Verso) TM 69738 pBoulaq 7
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum

Inventarnummer: CG 58027

Erwerbsgeschichte

Laut Mariette 1872, 9 wurde der Papyrus zusammen mit den Papyri Boulaq 4 und 5 sowie einer Sammlung koptischer Briefe angeblich in der Nähe von Deir el-Medina und in einem christlichen Grab, in einem Holzsarg eingeschlossen, gefunden und für das Museum von Boulaq angekauft.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Mariettes Formulierung legt die Interpretation nahe, dass das Konvolut koptischer Briefe aus dem christlichen Grab, die Papyri hingegen von einem anderen, nicht näher bezeichneten Ort in der Nähe von Deir el-Medina stammen. Mit Verweis auf die richtige Lesung eines auf dem Verso genannten Empfängers als „das Haus von Month, Herr von Medamud“ nimmt auch Pries 2009, 7 als Herkunftsraum des Papyrus Theben an.

Datierung
von: (Absolute Datierung: Jahrhunderte) » (Jahrhunderte n.Chr.) » 1. Jhdt. n.Chr. bis: (Absolute Datierung: Jahrhunderte) » (Jahrhunderte n.Chr.) » 2. Jhdt. n.Chr.

Golénischeff 1927, 114 f. datiert den hieratischen Text aus paläographischen Gründen ins 1. Jahrhundert. Spiegelberg 1908, 260 hatte zuvor den demotischen Text in die Ptolemäerzeit datiert. Pries 2009, 13 f. setzt sich kritisch mit beiden Datierungen auseinander und schlägt vorsichtig eine Niederschrift beider Texte in der Zeit des Augustus, jedenfalls aber in die Zeit des Übergangs von der ptolemäischen zur römischen Epoche, vor.

Textsorte
Sammelhandschrift
Inhalt

Der Papyrus enthält ein nächtliches Schutzritual, das bislang in drei Rezensionen überliefert ist: einerseits dem hier behandelten Papyrus, andererseits in monumentaler Form in den Mammisi von Dendera und Edfu. Der Text ordnet den zwölf Stunden der Nacht spezifische Ritualhandlungen und Anrufungen an die jeweiligen Götter zu, denen der Schutz des Ritualempfängers in der entsprechenden Stunde unterstellt war. Das Ritual soll eine Wesensgemeinschaft des Ritualempfängers mit dem jeweiligen Schutzgott der aktuellen Stunde erwirken. Mit der Zuordnung von spezifischen Schutzgöttern und Stunden steht der Text des P. Kairo CG 58027 innerhalb des üblichen Rahmens im ägyptischen Kultgeschehen, wie etwa auch die Stundenwachen des Osiris- und Totenkults. Die inhaltliche Besonderheit des Textes besteht nach Pries 2009, 1 f. nun darin, dass der Ritualempfänger in jeder der Stunden mit konkreten Erscheinungen des nächtlichen Sonnengottes geglichen wird; dies stelle einen tieferen Zusammenhang zwischen Stundeneinteilung und Ritual her und rücke den Text in die Nähe der Unterweltsbücher.

Weiterhin enthält der Text Angaben zu den durchzuführenden Riten sowie eine ausführliche Götterliste mit Beschreibungen, die mit den abgebildeten Götterfiguren auf der letzten Seite korrespondieren, und Salbmittelrezepte zum nächtlichen Schutzritual und dem „Schutz des Jahres“.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Im P. Kairo CG 58027 ist der König als Ritualempfänger angegeben (in den Monumentalinschriften von Dendera und Edfu sind es die Kindgötter Ihi bzw. Harsomtus); der Ursprung des Rituals liegt daher wahrscheinlich im Königskult (vgl. Pries 2009, 3). Pries 2009, 84 vermutet einen sehr intimen Rahmen für das Ritual, bei dem außer dem König bzw. dessen Substitut (einer Statue oder einem hochrangigen Priester) als Ritualempfänger und dem Vorlesepriester niemand anwesend gewesen sei.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Technische Daten

P. Kairo CG 58027 ist 19,5 cm hoch und maximal 87,5 cm lang. Laut Spiegelberg 1908, 257 bestehe er aus vier „Selides“ (= Blättern) von jeweils 15 cm, allerdings erkennt Golénischeff 1927, 114 nur eine einzige Klebestelle am Beginn der dritten Seite, wo eine weitere Rolle (sic!) unbestimmbarer Länge angeklebt worden sei, deren hinterste Seite abgelöst worden sei. Priese 2009, 8 erkennt, vermutlich im Einklang mit Spiegelberg, wieder mehrere fabrikationsbedingte Klebungen. Zudem sei nach Spiegelberg „[e]in Fetzen mit griech[ischer] Schrift […] zum Flicken aufgebracht“ (Spiegelberg 1908, 257). Der Papyrus war zum Zeitpunkt der Inaugenscheinnahme durch Spiegelberg von heller Färbung; Pries 2009, 8 bestätigt diese Angabe. Golénischeff hielt die Seite mit horizontalem Faserverlauf nicht für das ursprüngliche Recto, da der hieratische Text darauf jünger als der demotische auf der anderen Seite sei. Pries 2009, 13 f. zweifelt dies mit überzeugenden Argumenten an, so dass davon ausgegangen werden kann, dass das nominelle Recto auch tatsächlich die zuerst beschriebene Seite ist.

Auf dem Recto befinden sich 17 Zeilen eines in schwarzer und roter Tinte geschriebenen hieratischen Textes, die durchschnittlich 3,5 cm vom oberen und unteren Rand des Papyrus entfernt sind und eine durchschnittliche Höhe von 0,8 cm (nach Pries: 0,9 cm) aufweisen. Der Textkörper gliedert sich in x+4 Seiten, die von schwarzen Hilfslinien (horizontal) durchzogen bzw. (vertikal) begrenzt sind. Einige Linien sind verblasst. Golénischeff 1927, 115 vermutet anhand des Textinhalts, dass vor der fragmentarisch erhaltenen Seite x+I eine weitere Seite komplett fehlt; darüber hinaus scheine angesichts des fehlenden linken Endes des Himmelszeichens am Ende der letzten Seite ein Teil zu fehlen, der absichtlich abgetrennt worden sei. Hierin folgt ihm Pries 2009, 8 f. Die Breite der Trennstege beträgt laut Pries 2009, 8 0,7–1,1 cm.

Auf der letzten Seite befinden sich im Bereich der oberen sechs Hilfslinien zwölf Darstellungen von nach rechts gewandten Göttern, die von ebenjenen Hilfslinien durchschnitten werden. Es handelt sich um die Götter Re (falkenköpfig und von einer Sonnenscheibe bekrönt, schreitend), Min (mit Doppelfederkrone und Geißel), Horus (falkenköpfig und mit Doppelkrone, schreitend), Tatenen (menschenköpfig und von einer Doppelfederkrone mit Sonnenscheibe, Widdergehörn und zwei Uräen gekrönt, schreitend), Osiris (mumiengestaltig, die Hände vor der Brust gekreuzt, mit geöffnetem Umhang und Atefkrone), Isis (von einem Thron bekrönt), Nephthys (bekrönt vom Gardiner-Zeichen O9), Geb (mit oberägyptischer Krone, schreitend), Nefertem (von einer Lotusblüte bekrönt), Horus Herr-der-Freude (nb-ꜣw.t-jb) (falkenköpfig, von einer Mondscheibe mit Uräus bekrönt, schreitend), der morgendliche Horus (etwa Ḥr.w-dwꜣ.yt, vgl. LGG V, 295) und Amun-Re (menschengestaltig, mit Doppelfederkrone). Über den stehenden/schreitenden Gottheiten ist der rechte Teil eines sehr langgestreckten Himmelszeichens (Gardiner N1) zu erkennen. Entsprechend der Beschreibung im Text (III, 12) vermutet Golénischeff 1927, 115 im fehlenden Teil hinter den Götterfiguren die Darstellungen eines Udjat-Auges und eines Totenbettes; Pries 2009, 9 bezweifelt diese Vermutung aus Platzgründen. Die untere Partie enthält wieder hieratische Texte, die hier allerdings von zwei nebeneinander befindlichen Hilfslinien graphisch getrennt sind: Die rechte Seite besteht aus zwei teils schwarz und teils rot geschriebenen Kolumnen von je zehn Zeilen, die linke aus sechs überwiegend schwarzen Zeilen, nach einer leeren Zeile gefolgt von einem schwarzen Kolophon. Unter den Hilfslinien der letzten Seite ist, auf dem Kopf stehend, die kleine Figur eines schreitenden Löwen gezeichnet, die Pries 2009, 9 für jüngeren Datums und nicht mit der Konzeption des Ritualhandbuchs in Verbindung stehend hält.

Schrift
Hieratisch

P. Kairo CG 58027 ist mit einem römerzeitlichen, eventuell auch spätptolemäischen (vgl. Pries 2009, 13) Hieratisch von einer breiten Binse beschrieben. Die Schriftfarbe ist im Wesentlichen Schwarz; rote Tinte wurde für Überschriften und Gliederungsvermerke, aber auch Verspunkte, Korrekturen und Mengenangaben verwendet. Nachträge im Rahmen einer Revision wurden in schwarzer Tinte über oder unter dem Zeilentext hinzugefügt. An einigen sei versucht worden, Fehler durch Abwaschen der Tinte zu verbessern (etwa x+II, 12, aber auch an den Götterfiguren); durch das Auswaschen wiederum scheine auch Flüssigkeit hinuntergelaufen zu sein, der einige blassere Stellen im Textfeld zuzuschreiben seien. Tilgungen seien vorgenommen worden, indem die entsprechenden Passagen (x+III, 4 und 11) mit roter Tinte in runde Klammern gesetzt und durchgestrichen wurden. Verspunkte finden sich konsequent innerhalb der Texte zum nächtlichen Schutzritual; in der Beschwörung zum Schutz des Jahres wurde darauf verzichtet.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Die Sprache des Textes ist ein Mittelägyptisch, das stellenweise mit jüngeren Formen durchsetzt ist (etwa dem Gebrauch von Artikel, Possessivartikel, Temporalis mit m-ḏr sḏm=f [hier graphisch mtw] und der Negationspartikeln mn und bn-p. Insbesondere in der Götterliste (x+II, 17) dient die Partikel jw einige Male als Umstandskonverter.

Bearbeitungsgeschichte

Der hieratische Text des P. Kairo CG 58027 wurde erstmals 1871 in Faksimile-Zeichnung unter dem Namen „Papyrus Boulaq 7“ von Mariette publiziert. Eine erste Transkription und Übersetzung des Textes erfolgte 1875 durch Maspero. Spiegelberg veröffentlichte 1906 erstmals Fotos des demotisch beschriebenen Versos und 1908 eine Beschreibung desselben (unter der Inventarnummer CG 31080) als Teil des Kairener Catalogue Général. 1927 wurde er durch Golénischeff erneut publiziert. Die jüngste Bearbeitung des Papyrus einschließlich Beschreibung, hieroglyphischer Umschrift, Kommentar, Fotos und Übersetzung stammt von Andreas Pries 2009.

Editionen

- Golénischeff 1927: W. Golénischeff, Papyrus Hiératiques, Catalogue Général des antiquités Égyptiennes (Le Caire 1927), 114–131.

- Mariette 1872: A. Mariette, Les papyrus égyptiens du Musée de Boulaq I (Le Caire 1872), Taf. 36–38.

- Maspero 1883: G. Maspero, Mémoire sur quelques papyrus du Louvre, in: Notices et extraits des manuscrits de la Bibliothèque Nationale et autres bibliothèques 24, 1883, 59–72.

- Pries 2009: A. H. Pries, Das nächtliche Stundenritual zum Schutz des Königs und verwandte Kompositionen. Der Papyrus Kairo 58027 und die Textvarianten in den Geburtshäusern von Dendara und Edfu, Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens 27 (Heidelberg 2009).

Literatur zu den Metadaten

- Spiegelberg 1906: W. Spiegelberg, Demotische Denkmäler II. Die demotischen Papyrus. Tafeln, Catalogue Général des antiquités Égyptiennes (Le Caire 1906), Taf. 103–104.

- Spiegelberg 1908: W. Spiegelberg, Demotische Denkmäler II. Die demotischen Papyrus. Text, Catalogue Général des antiquités Égyptiennes (Le Caire 1908), 257–260.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

 

Autoren
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Nächtliches Stundenritual (Zeile x+1.1–x+3.11)

Vierte Stunde der Nacht

[x+1.1] [… ... ...] ist sein Name.
[… ... ...] zweite[n …]
Komm (?) [... ... ...]
[Mögest du ihn bewahren vor allen] schlechte[n …] et cetera.

Fünfte Stunde der Nacht

Fünfte Stunde (der Nacht).
[Möget ihr] wachsam [sein, die in ihrer Stunde sind.]
[Möget ihr wachsam sein, die in der Nacht sind.]
[Möget ihr] wachen über Pharao l. h. g.
Er ist einer von euch.
[x+1.5] [... ... ...] ... auf seinen Armen, beim Hochheben aller unten Befindlichen.
[... ... ...] Neschmet-Barke [... ... ...]
[... ... ...] der ... [... ... ...]
[... ... ... der] Ruheplatz (?)1 aus Fayence [... ... ...]
[... ... ...] Schutz [... ... ...]
[x+1.10] [... ... ...] sein Gemach [... ... ...]

1 ⸮ḫn?: Dieser Vorschlag bei Pries 2009, 36 (mit Fragezeichen). Es ist wohl eher [m-ẖn]w pr n(.j) "im Haus von/aus" zu lesen.

Sechste Stunde der Nacht

[Sechste Stunde (der Nacht).]
[Möget ihr wachsam sein, die in ihrer Stunde sind.]
[Möget ihr wachsam sein, die in der Nacht sind.]
[Möget ihr wachen über Ph]arao l.h.g.
[Er ist einer von euch.]
[... ... ...] sein Erscheinungsform [... ... ...]
[... ... ..] er/ihm [...] Neunheit [... ... ...]
[... ... ...] Glieder [... ... ...]

Siebente Stunde der Nacht

[x+1.15] [Siebente Stunde (der Nacht).]
[Möget ihr] wachsam [sein, die in ihrer Stunde sind.]
[Möget ihr wachsam sein, die in der Nacht sind.]
[Möget ihr wachen über Pharao l.h.g.]
[Er ist] einer von [euch.]
[... ... ...] ist geöffnet;
[x+2.1] der prächtige Flügelskarabäus, der in ihm ist,
der zum Himmel emporsteigt,
der eine Elle misst in seiner Höhe,
eine Elle in seiner Breite
und eine Elle im Umfang seines Halses:
„Dessen Gestalt millionenfach ist“ ist sein tatsächlicher Name.
Er ist ein Schutzamulett zum Schutze der Glieder Pharaos l. h. g.,
er ist sein geliebter Sohn ((und sein Bruder)),
der den Feind niederwirft,
der aus Heliopolis hervorkommt,
(wobei) die Erscheinungsform Pharaos die eines lebendigen Löwens ist,
dessen Augen Feuer sind,
dessen Gesicht das Tageslicht ist.
O der als Sturmwind kommt,
ohne dass er gesehen werden kann:
mögest du seine Feinde vertreiben.
Mögest du Pharao l.h.g. schützen.
[x+2.5] Mögest du ihn bewahren vor allen schlechten Dingen.

Achte Stunde der Nacht

Achte Stunde (der Nacht).
Möget ihr wachsam sein, die in ihrer Stunde sind.
Möget ihr wachsam sein, die in der Nacht sind.
Möget ihr ((wachen)) über Pharao l. h. g.
Er ist einer von euch,
weil seine Erscheinungsform Geb ist.
Er ist Re in seinem Aufgang am östlichen Horizont des Himmels.
Die Götter und Göttinnen sind gebeugt vor seinem schönen Antlitz,
beim Durchführen der Zeremonien des Re Tag für Tag.
Wenn Pharao l. h. g. existiert, existiert Re, und umgekehrt,
wobei sein Abbild der Phönix ist, der von selbst entstanden ist.
Komm doch aus deinem prächtigen Schrein,
damit du deinen Va[ter] Re schützt.
Mögest du seine Gegner niederwerfen.
Mögest du seine Feinde vertreiben.
Mögest du Pharao l. h. g. schützen;
Er ist ((sein Bruder)) dein geliebter Sohn.

Neunte Stunde der Nacht

[x+2.10] Neunte Stunde (der Nacht).
Möget ihr wachsam sein, die in ihrer Stunde sind.
Möget ihr wachsam sein, die in der Nacht sind.
Möget ihr wachen über Pharao l. h. g.
Er ist einer von euch.
Er ist die Erscheinungsform des Nefertem-Re-Harachte.
Er nimmt die Erscheinungsform des Re an.
Siehe, er geht auf am östlichen Horizont des Himmels!
Komm doch, {{wirf nieder}} (((Nachtrag in der) sechsten (Zeile von unten))) ((sei mächtig))1 über deine Gegner, die in deinem Gemach sind, welches in deinem Palast ist!
Mögest du ihm Schutz bereiten.
O Horus-Chentechtai, Herr von Athribis, der oberägyptische Schakal, der die beiden Länder öffnet, schlage seine Feinde und seine Widersacher!
Komm doch, wirf deine Gegner nieder!
Mögest du Pharao l. h. g. Schutz bereiten,
mögest du ihn bewahren vor allen bösen und schlechten Dingen.

1 〈〈sḫr〉〉 ((mḥ-6)) ((sḫm)) ((=k)): Nachträgliche Korrektur: Ein Wort wurde ausgewaschen und mit sḫr in roter Tinte überschrieben. Darüber wurde ein rotes Kreuz eingefügt. Unterhalb der Kolumne findet sich dieses Kreuz wieder, zusammen mit der demotischen Markierung mḥ-6 (d.h. "in der sechsten Zeile hierüber") und der hieratischen Korrektur sḫm=k. Dieses Kreuz, mḥ-6 und die Korrektur sḫm=k sind erneut in roter Tinte geschrieben. Siehe hierzu J. F. Quack, in: SAK 33, 2005, 345 (übernommen von S. Vleeming, Demotic Graffiti and other short texts gathered from many publications (Short Texts III) (Leuven 2015), 355, Nr. 2018).

Zehnte Stunde der Nacht

Zehnte Stunde (der Nacht).
Möget ihr wachsam sein, [x+2.15] die in ihrer Stunde sind.
Möget ihr wachsam sein, die in der Nacht sind.
Möget ihr wachen über Pharao l. h. g.
Er ist einer von euch.
Er ist die Erscheinungsform des Gottes, der die beiden Länder erhellt.
Gegrüßt seiest du, Morgendlicher! Gegrüßt seiest du, Morgendlicher, der aufgeht am östlichen Horizont des Himmels.
Du [bis]t da[s K]alb des begattenden Stieres im Land.
Wirf die Feinde nieder in deiner Erscheinungsform!
[x+3.1] Jubel sei dir, dem Herrn des Lichts.
"Der die Unreinheit zu Boden wirft" ist dein Name.
Mögest du Pharao l. h. g. Schutz bereiten,
mögest du ihn bewahren vor jedem schlechten Spruch.

Elfte Stunde der Nacht

Elfte Stunde (der Nacht).
Möget ihr wachsam sein, die in ihrer Stunde sind.
Möget ihr wachsam sein, die in der Nacht sind.
Möget ihr wachen über Pharao l. h. g.
Er ist einer von euch.
Er ist die Erscheinungsform des Horus, des Herrn der Freude.
Der große Horus erhellt sein Gesicht,
er entfernt seinen Thron aus der Dunkelheit,
er leuchtet für Horus, den Herrn der oberägyptischen Krone.
O Götter, die im Himmel sind,
o Götter, die in der Erde sind,
{{o Götter, die im Süden sind,}}1
o große Neunheit,
o kleine Neunheit,
[x+3.5] o Herren der Unterwelt, Große im Bücherhaus,
kommt, ihr sollt euren Vater Re sehen am frühen Morgen,
indem 〈er〉 vor den Göttern und Göttinnen geschützt ist,
indem er verborgen ist vor den Menschen und Göttern.
Komm doch, mögest du Pharao l. h. g. bewahren vor allen schlechten Dingen.

1 {{j}} {{nṯr.pl}} {{jm,j.w.pl}} {{tꜣ}} {{rsj,t}}: Antike Tilgung: Mit einer roten Linie durchgestrichen und rot eingeklammert, außerdem mit einem roten Kreuz in der Mitte.

Zwölfte Stunde der Nacht

Zwölfte Stunde (der Nacht).
Möget ihr wachsam sein, die in ihrer Stunde sind.
Möget ihr wachsam sein, die in der Nacht sind.
Möget ihr wachen über Pharao l. h. g.
Er ist einer von euch.
Er ist die Erscheinungsform des Amun-Re, des Herrn der Throne der beiden Länder,
des Vorstehers von Karnak.
O Allereinziger, der aus dem Nun hervorkommt,
der verklärter ist als die Verklärten,
der göttlicher ist als die Göttlichen,
der gestern empfangen und heute geboren wurde,
der große, geheimnisvolle Löwe, der Vorsteher des Westgebirges,
der Löwe [x+3.10] im Westgebirge, der Vorsteher des Thrones:
dein Ba ist im Himmel,
den Leichnam ist in der Unterwelt,
deine große, lebendige Erscheinungsform, welche im oberägyptischen Heliopolis (Theben) ist.
Komm doch in deiner Erscheinungsform des Schesemu,
mögest du Pharao l. h. g. beschützen, {{mögest du beschützen}}1
mögest du ihn bewahren vor jeder Unreinheit und jedem schlechten Schatten.

1 {{nḥm}} {{=k}}: Antike Tilgung: in roten Klammern gesetzt; mit unklaren weiteren roten Spuren.

Ritualanweisung (Zeile x+3.11–x+3.14)

Rezitation über diesen Göttern, welche in den Zeichnungen sind,
indem sie mit Ocker um das Bett herum gezeichnet sind,
außerdem zu zeichnen ist ein Udjat-Auge in den Erdboden vor dem Bett,
und lass den Mann sitzen inmitten seiner Iris.
Wenn du die Beschwörung machst, sollst du daneben sein (?), nachdem veranlasst wurde, dass er zu seinem Schlafplatz eilt.
Es ist ein sehr großer Zauberschutz bis zum Himmel, zur Erde und zur Unterwelt,
ohne dass er gesehen oder gehört wird durch irgendjemanden,
außer dem König selbst,
dem obersten Vorlesepriester,
und dem Salbenbereiter im Lebenshaus.

Liste der Götterdarstellungen (Zeile x+3.14–x+3.17)

Liste der Namen der Götter:
Abbild des Re;
Abbild des Min;
Abbild des Horus;
[x+3.15] Abbild des Tatenen;
Abbild des Osiris;
Frauenbild der Isis;
Frauenbild der Nephtphys;
Abbild des Geb;
Abbild des Nefertem;
Abbild des Horus, Herr der Freude;
Abbild des morgendlichen Horus;
Abbild des Amun-Re, Herr der Throne der beiden Länder, Vorsteher von Karnak.
Das Abbild des Geb1, siehe, es erscheint mit der nfr.t-Krone.
Das Abbild des Horus, Herr der Freude, hat das Gesicht eines Falken, indem es mit der Mondscheibe erscheint.
Das Abbild des morgendlichen Horus hat ein Menschengesicht, indem es keine Krone auf seinem Kopf gibt.

1 Gbb: Zunächst in roter Tinte, anschließend schwarz überschrieben.

Salbmittelrezept (Zeile x+4–x+4.8c)

[x+4.1] Auszug aus der Salbmittelsammlung „Große Spezifikation der Pflanzen“, das große, geheime Salbmittel des Lebenshauses, dessen Rezepte das (Buch) „Schlafgemach“ nicht gemacht hat, (lautet) wie folgt:
ꜥnḫ-jm.j-Pflanze: (Quantität) 1;
šꜣms-Pflanze: (Quantität) 1;
Bestes Salböl: (Quantität) 1;
[x+4.5a] zꜣ-Ꜣs,t-Pflanze: (Quantität) 1;
jnjw-Pflanze: (Quantität) 1;
qꜢd.t-Pflanze: (Quantität) 1;
Honig: (Quantität) 1;
Gänsefett: (Quantität) 1;
[x+4.10a] Wasser von mstnw-Flüssigkeit: (Quantität) 1;
werde fein zerrieben; der Mann werde damit gesalbt, und jedes Fenster seines Hauses.
Ein anderes Salbmittel des (Buches) „Schutz des Jahres“:
ꜥnḫ-jm.j-Pflanze: (Quantität) 1;
[x+4.5b] Bestes Salböl: (Quantität) 1;
šꜣms-Pflanze: (Quantität) 1;
jnjw-Pflanze: (Quantität) 1;
qꜢd.t-Pflanze: (Quantität) 1;
bdd-Pflanze: (Quantität) 1;
[x+4.10b] ḫt-ds-Pflanze: (Quantität) 1;
frisches bꜢq-Öl: (Quantität) 1;
Wasser von mstnw-Flüssigkeit: (Quantität) 1;
der Mann werde damit gesalbt, und jedes Fenster seines Hauses;
Honig werde aufs Feuer gegeben.
Rezitation durch den obersten Vorlesepriester:
O der als Lebender aufgeht im Osten des Himmels, dessen Leben das Leben ist,
mögest du Pharao l. h. g. sein Leben, seine Erneuerung und seine Verjüngung geben auf ewig.
Veranlasse, dass man (ihn) preist!
Mögest du ihn dieser schönen Geburtsstätte anempfehlen, damit sie seinen Namen unkenntlich macht (?) vor jedem [x+4.5c] bösen Toten,
(und) damit sie alle seine bösen Schlechtigkeiten von diesen Göttern fortnimmt, die ihn nicht schützen können.
Pharao l. h. g. lebt durch seine Mutter Sothis.
Mögest du ihn bewahren vor allen schlechten Dingen dieses Jahres,
ohne das sie ihn irgendeiner schlechten Sache (oder) irgendeinem schlechten Wüten dieses Jahres geben.
Horus, Horus, der Spross der Sachmet, möge um das Fleisch des Pharao l. h. g. sein, welches die Vollständigkeit des Lebens besitzt.
Das bedeutet, dass es (zu Ende) gekommen ist, nämlich das (Buch) „Schlafgemach“ des Palastes.