Oracular Amuletic Decree L2 (Papyrus London BM EA 10251)
Übersetzung und Kommentar
Recto
[...] Tinet[...]1 ⸢meine2 Dienerin⸣, ⸢me⸣[in] Zögling. Sie (ist)3 die Sistrumspielerin der Mut, Amme des Harpokrates-Tempels, (Zieh-)Kind des Mut-Tempels [...].
[Ich werde ihr] Skelett [gesund erhalten].4 Ich werde [ihren Mund] rto. x+5öffnen, [um zu ess]en.5 Ich werde 〈ihren Mund〉6 öffnen, um zu trinken.
Ich werde [sie] bewahren vor Schlangen, vor Skorpionen (und) vor jedem Maul, das beißt. Ich werde sie bewahren vor einem [Angrei]fer, der sie angreift. Ich werde [sie] vor rto. x+10einer Infektion bewahren. Ich werde si[e] bewahren ⸢vor⸣ Bitterkeit. Ich werde si[e] [vor] [einem Toten (?)]7 (und) vor einer Toten bewahren. Ich werde sie ⸢vor⸣ Bitterkeit (und) Pusteln bewahren. Ich werde [sie] vor [...] bewahren.
Ich werde [sie] vor rto. x+15zweit(rangig)er Rede (und) vor spo⸢tt⸣[ender] Rede bewahr[en].8 [Ich werde] ⸢s⸣[ie] ⸢bewahren⸣ [... ... ...] [...].
Ich werde sie ⸢bew⸣[ah]⸢ren⸣ ⸢vor⸣ [...], jedem Gott (und) jeder Göttin, die angreifen.9 Ich werde veranlassen, dass sie vor ihren (der angreifenden Götter) Händen sicher ist. Ich rto. x+20werde [sie bewahren] ⸢vor⸣ der bꜣ.w-Macht von Amun, Mut, [Chons, Har]pokrates, Amenemope, [... ... ...] die Götter [... ... ...].10 ⸢Ich⸣ werde [sie bewahren] vor Unglück. Ich werde [sie] rto. x+25retten [aus der] ⸢Hand⸣ der Götter des südlichen Ackerlands. Ich werde sie retten aus der Hand der Götter des nördlichen Ackerlands. Ich werde veranlassen, dass 〈sie〉 sicher ist vor ihren (der Götter des südlichen und nördlichen Ackerlands) Händen. Ich werde 〈sie〉 retten aus der Hand der Götter des westlichen Uferdamms. rto. x+30Ich werde sie retten aus der Hand der Götter de[s] östlichen Uferdamms. Ich werde 〈sie〉 sicher sein lassen vor ihren (der Götter des westlichen und östlichen Uferdamms) Händen. Ich werde sie retten aus der Hand des wr.t-Geistes des Himmels, die Spitze der wr.t-Geistern. Ich werde 〈sie〉 unversehrt sein lassen in ihren (der wr.t-Geister) Händen. Ich werde ((sie)) retten aus der Hand rto. x+35der Götter des Himmels und jedes Sterns, der darin ist. Ich werde ((sie)) bewahren vor einem männlichen Stern. Ich werde sie bewahren vor einem weiblichen Stern. Ich werde sie sicher sein lassen vor ihren (des männlichen und weiblichen Sterns) Händen. Ich werde 〈sie〉 retten aus der Hand der Götter, um zu verhindern, rto. x+40dass sie (die Götter) gegen sie vorgehen (wörtl. kommen). Ich werde sie retten aus der Hand von Isis, der Großen, der Gottesmutter, der großen Göttin am Uranfang (wörtl.: beim Ersten Mal).
〈Ich〉11 werde sie unversehrt sein lassen in Bezug auf [jedes?]12 Verbrechen. 〈Ich〉13 werde sie ⸢retten⸣ aus der Hand [jeglicher] Menschen ⸢des⸣ rto. x+45[Landes], um zu verhindern, dass 〈sie〉 gegen sie vorgehen (wörtl. kommen). [Ich] werde sie vor der Zunge eines Menschen bewahren, der böse ist (?).14 Ich werde sie ⸢retten⸣ aus der Hand von [?] Mut, der Großen, der großen Göttin, die ⸢zu⸣[erst] ⸢entstanden ist⸣.15
Ich werde sie bewahren vor Aussatz/Lepra, rto. x+50vor Augenleiden/Augenverletzungen, vor dem Auge eines Toten (und) vor dem Kind der bösen Syrer, das angreift.16 Ich werde sie retten aus der Hand von Thot, dem Herrn von Hermopolis, dem großen Gott, dem Ältesten, der zuerst entstanden ist. Ich werde ⸢si⸣[e] bewahren rto. x+55vor den Büchern des Jahresanfangs. Ich werde sie bewahren vor den Büchern des Jahresendes.
Ich werde sie bewahren 〈vor〉 Schiffbruch (und) vor Ertrinken. Ich werde sie beschützen {vor} 〈im〉 Gespann (und am)17 Uferdamm.
rto. x+60Ich werde sie retten aus der Hand von Sachmet und ihrem Sohn. Ich werde sie retten aus der Hand der Messerdämonen [der Sachmet], um zu verhindern, dass 〈sie〉 (die Wanderdämonen) gegen ⸢s⸣ie (die Orakelbesitzerin) vorgehen (wörtl. kommen). Ich werde sie retten aus der Hand rto. x+65von Horus (und) {⸢vor⸣} 〈aus der Hand von〉18 dem Kind, den großen ⸢Göttern⸣ vom Urbeginn. Ich werde sie retten aus der Hand eines männlichen wr.t-Geistes. Ich werde sie retten/bewahren aus der Hand eines weiblichen wr.t-Geistes. [Ich werde] sie sicher sein lassen vor ⸢ihren⸣ Händen. rto. x+70Ich werde sie vor einem (falschen) Genossen bewahren. [Ich] wer⸢de⸣ sie ⸢vor⸣ einem (falschen) Genossen bewahren.19
Ich werde sie bewahren vor Zauber, der sie verhext.20 Ich werde sie aus der Hand der Götter retten, ⸢die⸣ einen Burschen gegen den Menschen zum ⸢Vagabunden/Fremden (?)⸣ rto. x+75machen und (so) das Schicksal (?) bestimmen (wörtl. machen).21
Ich werde sie bewahr[en] vor Aussatz/Lepra, Augenleiden/Augenverletzungen (und) vor dem Auge eines Toten.22
Ich werde sie vor ⸢den⸣ [Göttern] (des Buches) „Das, was in {(und) auf}23 dem Jahr ist“ schützen. Ich werde sie bewahren vor den Göttern, die Menschen [als Beute]24 schnappen. rto. x+80Ich werde sie bewahren vor [den Göttern], die Menschen im Flug schnappen. Ich werde 〈sie bewahren〉 vor ihrem (Sicht-)Omen. Ich werde [sie] bewahr[en] vor dem Auge eines Menschen, der böse ist (?).25 [Ich werde] sie ⸢bewahren⸣ vor [...] rto. x+85(und dem Gott) [...]. Ich werde si[e] bewahren [vor?] [...] Einwirkung? [...]. [Ich] werde veranlassen, dass 〈sie〉 unversehrt bleibt beim (?).
Ich werde für sie ihre Gunst veranlassen vor ⸢Amun⸣, Mut (und) Chons, ohne Unterbrechung (wörtl.: wobei es ihr (der Gunst) Abschneiden/Abtrennen nicht rto. x+90gibt).26 Ich werde für sie Gunst veranlassen vor allen Kämpfern des Month,27 wobei [sie] (die Gunst) nicht [abgeschnitten wird].28
(In göttlicher Weise) hat Chons-in-Theben-Neferhotep gesprochen, der große Gott, der Älteste, der zuerst entstanden ist. Ich werde sie beschützen, (nämlich) Tinetahauti, die (Tochter) von Pasebachai[emnet] bzw. Pasebachai[emipet]29 rto. x+95[...]30 [meine] Dienerin, mein Zögling. Sie (ist) ⸢die⸣ [...] meiner (?)31, Tempel-(Zieh-)Kind me⸢in⸣[es] Stalls, die Amme (im) Har[pokrates]-Tempel [...].
1 Tj-n.t-[___]: Es ist verführerisch, hier den Namen der Orakelbesitzerin Tj-n.t-ꜥḥꜣ.wtj zu ergänzen. Dann müsste man aber davon ausgehen, dass sie hier ohne Filiation genannt ist, was recht unwahrscheinlich wäre. Zudem passen die erkennbaren Spuren nicht richtig zur Lesung ꜥḥꜣ.wtj. Daher könnte es sich um den Beginn des Namens der Mutter handeln, der im weiteren Verlauf des Textes nicht erhalten ist, aber – wenn überhaupt – an zweiter Stelle nach dem Namen des Vaters genannt gewesen sein müsste.
2 In diesem Text wird das Suffix der ersten Person Singular, das den Gott Chons bezeichnet, in der Regel mit dem Sitzenden Mann (A1) geschrieben. Die anderen Texte zeigen standardmäßig den Falken auf der Stange (G7) als Personalpronomen der ersten Person zur Bezeichnung eines Gottes. Edwards (HPBM 4, Bd. 13 [2]) verweist als Parallele auf das Berliner Amun-Ritual (pBerlin ÄMP 3055: pBerlin Bd. 1, Taf. 1–37).
3 st 〈m〉: Hier ist die Präposition m zur Bildung eines adverbiellen Prädikats zu ergänzen, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 13 [4].
4 Ergänzung: Die Gesunderhaltung von Fleisch und Skelett ist ein Versprechen aus dem Standardrepertoire der Oracular Amuletic Decrees, das in insgesamt 14 Texten belegt ist (pKairo CG 58035 (C1), 7–8; pLondon BM EA 10899 (C2), 19–20; pChicago OIM E25622A-D (Ch), x+5; pCleveland CMA 14.723 (CMA), 5–6; pHannover 1976.60c (Ha), x+5–6; pLondon BM EA 10320 (L4), x+31–32; pLondon BM EA 10321 (L5), Rto. 8–9; pLondon BM EA 10587 (L6), Rto. x+7–8; pNew York MMA 10.53 (N.Y.), Rto. 7–8; pParis Louvre E 25354 (P3), Rto. 6–7; pParis BN 238-3 (P5), 5–6; pTurin Cat. 1983 (T1), Rto. 9–11 u. Vso. 42–43; pTurin Cat. 1984 (T2), Rto. 5–6; pTurin Cat. 1985 (T3), Rto. 12–13). Der zur Verfügung stehende Raum an dieser Stelle lässt allerdings keine Ergänzung nach dem Standard zu, der sowohl Fleisch als auch das Skelett erwähnt. Demnach wäre jw=j (r) snb=st m pꜣy=st jwf (m) pꜣy=st qs bzw. jw=j (r) snb pꜣy=st jwf pꜣy=st qs zu erwarten. Der zur Verfügung stehende Platz würde selbst bei der kürzeren zweiten Variante nur für die Erwähnung von Fleisch und Skelett ausreichen, wenn der Satz ohne Possessivpronomen formuliert wäre. Doch dann würde man ein Suffixpronomen bei qs erwarten, was nicht geschrieben ist, s. Edwards, in: HPBM 4, Bd. 1, 13–14 [9]. Es ist also davon auszugehen, dass nur das Skelett erwähnt ist. Da es für einen zweiten Satz keinerlei Raum gibt, muss der Schreiber pꜣy=st jwf ausgelassen haben. Ob dies intentional geschehen ist, kann nicht beurteilt werden. Da dieser Text eine relativ hohe Fehlerquote aufweist, könnte es sich auch hier um einen solchen handeln.
5 Ergänzung nach Parallelen, z.B. im pLondon BM EA 10320 (L4), 32–33, s. Edwards, in: HPBM 4, Bd. 14 [10].
6 Hier hat der Schreiber rʾ=st fehlerhaft ausgelassen.
7 [⸮m(w)t?]: Wie Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 14 [13]) bereits bemerkte, ist dies die plausibelste Ergänzung, auch wenn der Platz etwas knapp zu sein scheint. Der linke Rand ist nicht komplett erhalten, daher gibt es einen gewissen Spielraum. Anders als Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. IV), der bei mwt.t in der Zeile x+12 einen sitzenden Mann (A1) unter dem Abkürzungsstrich Z6 liest, halte ich es für durchaus vertretbar, dort ein t-Brot (X1) zu lesen.
8 md.t pwjꜣṯ.t: „spottende Rede“, s. Fischer-Elfert, Magika Hieratika, 91.
9 Vgl. Edwards, HPBM4, Bd. 1, 14 [20]. Die angreifenden Götter können mit den Messer-und Wanderdämonen zusammen genannt werden. Oft ist auch eine ꜥ.w „Einwirkung“ vorgeschaltet. Die wenigen erkennbaren Spuren können keiner der bekannten Parallelen zugeordnet werden.
10 Textverlust: Mit Zeile x+23 fängt ein neues Fragment an. Aufgrund des schlechten Erhaltungszustands der letzten und der ersten Zeile der beiden Fragmente kann man nicht mit Sicherheit feststellen, ob der Anschluss direkt erfolgt, oder Text verloren gegangen ist. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 14–15 [23]) vermutet einen direkten Anschluss. Leider gibt das Recto keinen Hinweis, da die ersten 38 Zeilen des Verso auf braunes Papier aufgeklebt worden sind. Es ist also davon auszugehen, dass dieser Teil des Recto nicht beschriftet gewesen ist.
Inhaltlich ist ein direkter Anschluss sinnvoll, auch wenn in den anderen Texten keine ähnlich ausführliche Parallele dieses Versprechens vorliegt. In der letzten Zeile des oberen Fragments könnten weitere Götter namentlich genannt sein. Das am Ende der Zeile erkennbare nꜣ nṯr.w wäre dann als Beginn einer zusammengefassten Nennung der Götter anzusehen. Möglich wäre eine Fortführung in der Art wie: die großen Götter, die Ältesten, die zuerst entstanden sind. Dafür wäre der Platz in der ersten Zeile des nächsten Fragments (x+23) passend. Die spärlichen Reste, die dort noch zu erkennen sind, liefern leider keine weiteren Argumente.
11 jw =〈j〉: Der vorhergehende Satz ist mit dem Ende der Zeile x+42 abgeschlossen. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 15 [30]) vermutet, dass der Rand zu Beginn der nächsten Zeile bereits bei der Beschriftung des Streifens beschädigt war, so dass der Schreiber den nächsten Satz nicht direkt am Rand beginnen konnte. Aufgrund des aktuellen Erhaltungszustands ist hier eine eindeutige Entscheidung unmöglich.
12 [⸮nb?]: Ergänzung nach einem Vorschlag von Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 15 [31]). Der zur Verfügung stehende Platz würde knapp ausreichen, wenn man davon ausgeht, dass die Beschädigung, die er in Höhe von Zeile x+43 angenommen hat, nicht auch diese Zeile betroffen hat, bzw. auch dort zu Beginn Text verloren gegangen sein könnte. Auch die anderen Textzeugen können nicht zur Lösung herangezogen werden. Eine direkte Parallele zu diesem Versprechen ist nicht belegt. In Aufzählungen von schlimmen Ereignissen, vor denen der Orakelbesitzer geschützt werden soll, wird der Begriff btꜣ.w „Verbrechen“ (Wb 1, 483–484.11; Lesko, Dictionary I, 166) insgesamt acht Mal in fünf OAD-Texten erwähnt (pLondon BM EA 10083 (L1), Vso. x+24; pLouvre E 8083 (P2), Rto. 9, 13, 14–15; pLondon BM EA 10899 (C2), Rto. 16; pMMA 10.53 (N.Y.), Rto. 55; pCleveland 14.723 (CMA), 11), aber nur vier Mal durch nb ergänzt (in L1; P2, Rto. 14–15; N.Y. und CMA).
13 [jw]={n}〈j〉: Die Spuren an der rechten Kante des Papyrus, die sicher das Subjekt des Satzes bezeichnen, können nur mit n in Verbindung gebracht werden. Es ist also von einem Fehler des Schreibers auszugehen, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 15–16 [32]. Interessanterweise verzichtet der Schreiber auch hier auf den Götterklassifikator G7.
14 pꜣ ⸢bj⸮n?⸣: Die Stelle ist nur schwer zu lesen. Der Artikel pꜣ zu Beginn der Zeile ist relativ klar. Danach transkribiert Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. IVA) „Bein“ (D58) und „Schilfblatt“ (M17) bj, das anhand der erkennbaren Reste recht gut nachzuvollziehen ist. Eine Lesung der zweiten Gruppe des Begriffs sowie eine Übersetzung bietet er nicht an. Die Reste dieser zweiten Gruppe sind nicht sehr deutlich, könnten aber mit einiger Vorsicht mit einer Lesung bjn „Böses“ (Wb 1, 444.1–9) bzw. „böse sein“ (Wb 1, 442.15–443.17) verbunden werden. Ein Vergleich mit der Schreibung des Begriffs in Zeile x+51 zeigt zumindest eine entfernte Ähnlichkeit der Gruppe Wasserlinie (N35) über dem schlechten Vogel (G37), wenigstens im unteren Bereich, oben befinden sich noch Reste eines senkrechten Strichs o.ä., der nicht gut zu der Lesung passt.
Im weiteren Verlauf des Textes begegnet uns eine ähnliche Formulierung, die möglicherweise zur Klärung beitragen könnte. In Zeile Vso. x+82–83 findet sich folgendes Versprechen: jw=j (r) šd[i̯]=[st] j jr.t r(m)ṯ pꜣ bj[___] mit einem Kommentar zu der entsprechenden Stelle. Die Parallelität der Satzkonstruktion lässt darauf schließen, dass hier das gleiche Wort gebraucht wurde. Leider ist aber auch hier nach bj nicht viel von der zweiten Gruppe erhalten. Die Reste passen gut zu dem, was in Zeile x+47 zu erkennen ist. Aber auch hier findet sich oben ein kleiner Strich oder Punkt, der sich nicht gut mit einer Lesung bjn in Verbindung bringen lässt, wenn man nicht davon ausgeht, dass es sich um eine Schreibung ohne die Wasserlinie (N35) handelt, wie man es in den Grabräuberpapyri (pLondon BM EA 10052, 3,16) findet. Bei diesem Versprechen könnte man inhaltlich auch an die bjdj-Augenkrankheit (MedWb 244) denken, doch sind die Zeichenreste mit dieser Lesung nicht zu vereinbaren.
In Ermangelung einer besseren Alternative würde ich vorerst für diese beiden Stellen bei der Lesung bjn bleiben und vermuten, dass pꜣ bjn den erwähnten Menschen beschreibt und eine besondere Betonung auf die Bösartigkeit gelegt wurde, da man sonst keine Erklärung dafür hat, dass nicht das Adjektiv benutzt wurde. Alternativ könnte man pꜣ bjn auch als zweites Element im Satz betrachten, vor dem der Orakelbesitzer beschützt werden soll. Inhaltlich halte ich allerdings die erste Möglichkeit für die überzeugendere.
15 ⸢šꜣ⸣[ꜥ.t]-⸢ḫpr⸣: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 16; Bd. 2, pl. IVA) liest am Ende der Zeile nach nṯr.t-ꜥꜣ.t sbq und übersetzt „the great and clever goddess (?)“. Die Spuren am Beginn von Zeile x+48 liest er als stehende Mumie (A53), ohne eine Übersetzung anzubieten. Meiner Meinung nach handelt es sich bei dem Zeichen, das Edwards als Tuch-s (S29) deutet, allerdings eher um einen etwas verunglückten Götterklassifikator (G7), was nach nṯr.t-ꜥꜣ.t bzw. nṯr-ꜥꜣ standardmäßig vorkommt (s. z.B. Zeile x+53). Danach könnte man die Reste in der Zeile x+47 einigermaßen gut als Seerosenteich (M8) und Schmutzgeier (G1) deuten, um šꜣꜥ.t-ḫpr lesen zu können, was als Epitheton an dieser Stelle zu erwarten wäre. Die Reste, die Edwards als stehende Mumie (A53) deutet, passen besser zu einem leicht zerstörten Skarabäus (L1), was die Lesung rechtfertigt. Die zwei folgenden Zeichen sind schwer zu identifizieren. Bei dem nächsten könnte es sich um den schlagenden Mann (A34) oder eventuell um einen Götterklassifikator handeln. Eventuell gefolgt von einem Füllpunkt o.ä.
16 Dieses Versprechen kommt in den Zeilen Rto. x+75–76 noch einmal in der Standard-Version vor, die nur die ersten drei Elemente enthält. Die Schreibung von sbḥ „Aussatz/Lepra“ ist unklar. Die Zeichen am linken Rand des Papyrus sind eng geschrieben und zudem etwas verblasst. Es sieht so aus, als hätte der Schreiber b und ḥ vertauscht, doch aufgrund des Erhaltungszustands ist dies nicht sicher zu entscheiden. Die Verbindung der drei Elemente sbḥ, kꜣmn und jri̯.t wḏꜣ.t bzw. jr.t mwt kommt so regelmäßig in den Oracular Amuletic Decrees vor, dass es schwer vorstellbar ist, an der ersten Stelle etwas Anderes zu lesen.
17 〈m〉: Emendation der Präposition nach einer Parallele im pTurin Cat. 1985 (T3), Rto. 39–41: jw=n (r) šdi̯=f {r} 〈n〉 pꜣ ꜥḏ(t) pꜣ jmw n nꜣ ḥtrj 〈r〉 ꜥ.w nb n mꜥšj n.tj jw=f (r) jri̯=w „Wir werden ihn beschützen {vor} 〈am〉 Uferdamm (und auf einem) Schiff, im Gespann (und) 〈vor〉 jeder Einwirkung bei einer Reise, die er unternehmen sollte.“
18 {⸢j⸣}〈m-ḏr.t〉 ⸢Ḥꜥꜥ⸣: Der Name des zweiten Gottes ist nicht eindeutig zu identifizieren. Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist das j (M17-A2), das auf den Götternamen Horus folgt, als Präposition aufzufassen, obschon der Wechsel zwischen den Präpositionen m-ḏr.t und r innerhalb eines Satzes in den Oracular Amuletic Decrees sonst nicht belegt ist. Daher würde ich hier dem Schreiber ein Versehen unterstellen und zu m-ḏr.t emendieren. Der folgende Göttername wäre dann Ḥꜥꜥ für Ḥꜥꜣ „Kind“ (Wb 3, 42.1–3; LGG V, 32c–33a) zu lesen, was gut zu den erhaltenen Spuren passt.
Eine andere Möglichkeit wäre es, den Götternamen als Ḥꜥꜥ „Den Jubelnden“ (LGG V, 33b) zu deuten, wobei man sagen muss, dass der Klassifikator deutlich mehr nach Kind (A17) aussieht als nach dem Jubelnden (A28). Hier könnte man eventuell noch erwägen, dass eine präfigierte Schreibung J:ḥꜥꜥ vorliegen könnte.
19 Die Zeilen Rto. x+70 und x+71 zeigen jeweils das gleiche Versprechen, in dem die Orakelbesitzerin vor einem (falschen) Bundesgenossen smꜣ.y bewahrt werden soll. Der einzige Unterschied der beiden Sätze liegt in der Schreibung von smꜣ.y. In Zeile x+70 hat der Schreiber den Begriff neben dem schlagenden Mann (A24) noch zusätzlich mit dem sitzenden Mann (A1) klassifiziert. In der Version in Zeile x+71 findet sich nur der schlagende Mann (A24). Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 16–17 [48]) überlegt, ob hier möglicherweise eine Unterscheidung in einen männlichen und einen weiblichen Genossen dargestellt werden sollte, die dann vom Schreiber nicht ausgeführt worden ist. Allerdings wird in diesem Text die Unterscheidung der Geschlechter eher mit den Zusätzen ꜥḥꜣ.wtj und s.t-ḥm.t ausgedrückt, vgl. Rto. x+36–37 (sbꜣ); Rto. x+65–68 (wr.t); Vso. x+33–34 (ꜣḫ). Vermutlich handelt es sich also um eine Dittographie.
20 Dieses Versprechen ist ungewöhnlich formuliert. An sich würde man erwarten, dass hier ein Zauberer und eine Zauberin genannt werden. Möglicherweise hat der Schreiber die Vorlage missverstanden und daher umformuliert, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 17 und [49].
21 Dieses Versprechen ist aufgrund des Erhaltungszustands schwer zu deuten. Die Zeile x+74 ist kaum lesbar. Schwierigkeiten macht vor allem die rechte Hälfte der Zeile. Folgt man der Lesung von Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. VA) könnte man zu der hier angebotenen Übersetzung kommen, doch bleibt es ungeklärt, ob es sich bei dem Klassifikator bei mnḥ tatsächlich um das sitzende Kind (A17) handelt und warum šꜣ.y „Schicksal“ mit dem gleichen Klassifikator versehen ist.
22 Dieses Versprechen kommt in den Zeilen Rto. x+49–50 noch einmal in einer erweiterten Version vor.
23 jm(.j)-{ḥr}-rnp.t: Es handelt sich um eine spezifische Variante des Versprechens, in dem die orakelgebenden Götter den Besitzer bzw. die Besitzerin des Amuletts vor den „Göttern vom (Buch) Das-was-im-Jahr-ist“ schützen, (vgl. Grams, in: SAK 46, 2017, 83–84), dessen Titel in vielen Textzeugen belegt ist (pLondon BM EA 10251 (L2), Rto. 77–78; pLondon BM EA 10308 (L3), B, 13–14; pLondon BM EA 10587 (L6), Rto. 52–53; pTurin Cat. 1983 (T1), Vso. 13); pTurin Cat. 1984 (T2), Rto. 26–27; pParis Louvre E8083 (P2), Rto. 16; pParis Louvre E 25354 (P3), Rto. 47–48; pKairo CG 58035 (C1) 24–25; pNew York MMA 10.53 (N.Y.), Rto. 35; pChicago OIM E25622A-D (Ch.), 26–27; pPhiladelphia E 16724 (Ph.), B 4–6; pBerlin ÄMP 10462 (B), 25–26; pBerlin ÄMP 3059 (B2), 40; pCleveland CMA 14.723 (CMA), 20–21; pBoulaq 4, vs. 8?). Die von der Standardversion abweichende Bezeichnung des Buchtitels jm.jw-ḥr.jw-rnp.t erfordert eine kurze Diskussion. Aufgrund des Kontextes ist es deutlich wahrscheinlicher, dass hier durch Assoziation eine Fehlschreibung von tꜣ-jm.jt-rnp.t produziert wurde, als von einer Lesung auszugehen, die „das, was im und auf dem Jahr ist“ o.ä. zu übersetzen wäre und für die sich keine Parallele finden lässt (vgl. Edwards, HPBM 4, Bd. I, 17; Fischer-Elfert, Magika Hieratika, 211). Die in einem anderen Orakeltext und auch darüber hinaus bezeugten „Bücher der Epagomenen“ nꜣ mḏꜣ.y(t) ḥr(.jw) rnp.t (T1, Vso. 27; pLeiden I 346, III/4; Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 58; Bommas, Mythisierung der Zeit, 111–115; Theis, Magie und Raum, 331–332) werden im vorliegenden Orakeltext nicht erwähnt. Gleichwohl kann sich aber durch die strukturelle Ähnlichkeit der beiden Bücher dieser Fehler hier eingeschlichen haben.
24 [m kfꜥ]: Ergänzung nach der Parallele im pLondon BM EA 10083 (L1), Rto. x+38–39, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 18, [55].
25 pꜣ ⸢bj⸮n?⸣: Die Stelle ist nur schwer zu lesen. Der Artikel pꜣ ist relativ klar. Danach transkribiert Edwards (HPBM 4, Bd. 2, pl. IVA) „Bein“ (D58) und „Schilfblatt“ (M17) bj, das anhand der erkennbaren Reste recht gut nachzuvollziehen ist. Eine Lesung der zweiten Gruppe des Begriffs sowie eine Übersetzung bietet er nicht an. Es handelt sich mit großer Wahrscheinlichkeit um das gleiche Wort, das in Zeile x+47 in einem parallelen Satz zur Zunge eines Menschen verwendet wurde: [jw]=[j] (r) šdi̯=st j ns{t} rmṯ pꜣ ⸢bj⸮n?⸣ mit Kommentar zu der betreffenden Stelle.
Die Reste der jeweils zweiten Gruppe sind nicht sehr deutlich, könnten aber mit einiger Vorsicht mit einer Lesung bjn „Böses“ (Wb 1, 444.1–9) bzw. „böse sein“ (Wb 1, 442.15–443.17) verbunden werden. Ein Vergleich mit der Schreibung des Begriffs in Zeile x+51 zeigt zumindest eine entfernte Ähnlichkeit der Gruppe Wasserlinie (N35) über dem schlechten Vogel (G37), wenigstens im unteren Bereich, oben befinden sich noch Reste eines senkrechten Strichs bzw. eines Punkts, der nicht gut zu der Lesung passt, wenn man nicht davon ausgeht, dass es sich um eine Schreibung ohne die Wasserlinie (N35) handelt, wie man es in den Grabräuberpapyri (pLondon BM EA 10052, 3,16) findet. Bei dem hier vorliegenden Versprechen könnte man inhaltlich auch an die bjdj-Augenkrankheit (MedWb 244) denken, doch sind die Zeichenreste mit dieser Lesung nicht zu vereinbaren.
In Ermangelung einer besseren Alternative würde ich vorerst für beide Stellen bei der Lesung bjn bleiben und vermuten, dass pꜣ bjn den erwähnten Menschen beschreibt und eine besondere Betonung auf die Bösartigkeit gelegt wurde, da man sonst keine Erklärung dafür hat, dass nicht das Adjektiv benutzt wurde. Alternativ könnte man pꜣ bjn auch als zweites Element im Satz betrachten, vor dem der Orakelbesitzer beschützt werden soll. Inhaltlich halte ich allerdings die erste Möglichkeit für die überzeugendere.
26 Eine direkte Parallele zu diesem Versprechen ist in den anderen Texten nicht belegt, aber interessant erscheint in diesem Zusammenhang ein Versprechen aus dem Papyrus Turin Cat. 1984 (T2), Rto. 90–92: jw=n (r) ḏi̯.t n=sst ḥz.w m-bꜣḥ Jmn Mw.t Ḫns.w jw=st (ḥr) rd j(w) bn jw=st šꜥd „Wir werden Lobpreis für sie veranlassen vor Amun, Mut (und) Chons, damit sie wachsen kann ohne einen Einschnitt/ohne Einschränkung (wörtl.: (und) sie nicht getrennt/abgeschnitten sein wird)“. Den zweiten Teil übersetzt Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 66 [53]) “she will flourish unceasingly” und weist auf die Problematik hin, dass šꜥd als transitives Verbum normalerweise im Infinitiv verwendet wird. Ein Infinitiv macht an dieser Stelle allerdings inhaltlich keinen Sinn, da das Subjekt im negierten Umstandssatz ebenso wie im vorhergehenden affirmativen Umstandssatz deutlich mit =st angegeben ist und sich daher auf die Amulett-Trägerin beziehen muss. Daher ist nur an ein Pseudopartizip zu denken, das bei transitiven Verben eine Handlung auch als vergangen bzw. abgeschlossen charakterisieren kann, s. Junge, Näg. Gr., 120; Satzinger, Late Egyptian Language, 93–94.
Die Konstruktion im Umstandssatz ist zwar eine andere, aber zumindest teilen die beiden Aussagen die Tatsache, dass der Hauptsatz sich um Lobpreis vor den Göttern Amun, Mut und Chons handelt, wobei in einem Nebensatz offenbar der Umstand eines Nicht-Aufhörens bzw. Nicht-Unterbrechens jeweils durch šꜥ bzw. šꜥd „schneiden/abtrennen“ (Wb 4, 415.13–416.10 bzw. 422.3–17) ausgedrückt ist, was eine für beide Verben ungewöhnlich Verwendung ist. Die Variante von T2 macht inhaltlich und auch syntaktisch einige Probleme, so dass man die ursprüngliche Variante in der hier vorliegenden vermuten könnte. In T2 könnte die Aussage möglicherweise durch den Einschub jw=st (ḥr) rd „damit sie wachsen kann“ irgendwie durcheinander gekommen sein.
27 ꜥḥꜣ nb{t} Mntj: Die Gruppe „Alle Kämpfer des Month“ (LGG II, 188b) ist nur in diesem Text belegt. Es ist unklar, wer damit bezeichnet ist.
28 jw mn [⸮šꜣi̯=f?]: Ergänzung nach dem vorausgehenden Satz in Zeile x+89–90, vgl. Edwards, HPBM 4, Bd.1, 18 [62–63].
29 Pꜣ-sbꜣ-⸢ḫꜥi̯⸣-[m]-[___]: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 18 [66]) schlägt die Ergänzung des Namen des Vaters zu Pꜣ-sbꜣ-rḫy.t vor. Koenig (in: CRIPEL 9, 1989, 31) korrigiert die Lesung rḫy.t zu ḫꜥi̯, was gut zu den erhaltenen Spuren passt. Er ergänzt zu Pꜣ-sbꜣ-⸢ḫꜥi̯⸣-[m]-[nʾ.t] (RPP I, 111.1), doch ist es ebenfalls möglich, zu Pꜣ-sbꜣ-⸢ḫꜥi̯⸣-[m]-[Jp.t] (RPP II, 282.27) zu ergänzen.
30 Rto. x+95: Zu Beginn der Zeile wäre zu erwarten, dass der Name der Mutter genannt wird, womöglich eingeführt durch mw.t=st, doch sind die erkennbaren Spuren nicht mit einer solchen Lesung zu verbinden.
31 ⸮sꜣ(.t)?: Zur Transkription (Aa18-Z1-Z5 über Ff1-U32 über Y1) verweist Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 18 [68]) auf Černý (in: FS Griffith, 55 [60]). Eine passende Übersetzung lässt sich nicht finden.
Verso
[...] vso. x+1[...]. Ich werde sie ⸢vor⸣ [...] bewahren. Ich werde sie vor ihren Händen sicher sein lassen. Ich werde sie 〈vor〉 dem Schrecken(sbringer) am Mittag bewahren, (und) dem Schrecken(sbringer) in der Nacht vso. x+5(oder) zu jeder Zeit im gesamten Land.
Ich werde sie vor einer Syrerin1 bewahren. [Ich] werde sie 〈vor〉 einer Nubierin bewahren. Ich werde sie 〈vor〉 dem Hieb (wörtl. Schlagen) eines Schwertes bewahren, dem Stoß (wörtl. Schlagen) einer Lanze/eines Speers und jedem [...] eines jeden Baums.
Ich werde sie fest/tüchtig sein lassen. [Ich] werde vso. x+10sie stark sein lassen. Ich werde für sie ein langes (und) schönes Alter veranlassen, in dem sie fest/tüchtig (und) ((gesund)) ist. Ich werde veranlassen, dass sie {seine}2 〈ihre〉 Menschen, {seine} 〈ihre〉 Kinder (und) {seine} 〈ihre〉 Diener kontrollieren (wörtl. besitzen) wird [...]. [Ich] werde veranlassen, dass sie ihr Haus (?) [...] vso. x+15gleichermaßen besitzen wird. Ich werde veranlassen, dass sie (die Götter?) 〈für sie〉 ein langes (und) schönes Alter bereiten (wörtl. machen) [...]. ⸢Ich werde⸣ sie ⸢unversehrt sein lassen⸣3 in der Hand von Amun, Mut und Chons.
Ich werde sie vor der Krankheit der drei Tage [bewahren]. Ich werde sie vor der srf-Hautkrankheit (und) der rmn.t-Hautkrankheit bewahren. Ich werde [sie] [vor] vso. x+20einer Krankheit des Rektums bewahren. Ich werde sie ⸢vor⸣ einer Krankheit der Brust bewahren.
Ich werde 〈sie〉 das, was fern ist, sehen lassen. Ich werde 〈sie〉 das, was fern ist, hören lassen. Ich werde sie schärfen 〈an〉 den beiden Kinnbacken (?).5 Ich werde ihr Menschen in ihrer Zeit geben. Ich werde sie vso. x+25ausrüsten 〈mit〉6 Menschen und Nahrung, mit Kleidung (und) allen Dingen, die sie wünschen wird in ((ihrer)) Zeit. Ich werde 〈ihr〉 ḥꜣ.tj-Herz in ihren Leib geben. Ich werde das Auge der Menschen aus ihrem Haus vertreiben. Ich werde vso. x+30jede Bitterkeit (und) Störung (gewaltsam) daraus entfernen.
(In göttlicher Weise) hat Chons-in-Theben-Neferhotep gesprochen, dieser große Gott, der zuerst entstanden ist: Ich werde sie, (nämlich) Tinetahuti, {ihre} 〈meine〉 Dienerin, vor einem männlichen Ach-Geist vso. x+35(und) vor einem weiblichen Ach-Geist bewahren. Ich werde sie 〈vor〉 Kopfleiden/Kopfschmerzen bewahren. Ich werde sie vor Migräne (wörtl. halbe Schläfe) [bewahren]. Ich werde 〈sie vor〉 Schmerzen des ḥꜣ.tj-Herzens (und) Lungenschmerzen 〈bewahren〉. Ich werde 〈sie vor〉 Schmerzen der Seite 〈bewahren〉. Ich werde sie 〈vor〉 vso. x+40Zungenschmerzen bewahren. Ich werde 〈sie vor〉 Augen〈schmerzen〉 (und) Ohrenschmerzen 〈bewahren〉. Ich werde sie vor Schmerzen des [...] der Haut (oder: Schmerzen des [...] (und) der Haut) bewahren.
Ich werde ⸢ihre⸣ Seite gesund erhalten. ⸢Ich⸣ werde 〈ihre〉 Nieren (und) ⸢ihr⸣ ḥꜣ.tj-Herz festigen. Ich werde jeden Traum, den 〈sie〉 gesehen hat, vso. x+45gut machen (wörtl. zu etwas Gutem machen). Ich werde jeden 〈Traum〉, den jemand anderes für sie gesehen hat, gut machen (wörtl. zu etwas Gutem machen).
Ich werde sie vor der bꜣ.w-Macht von Amun, Mut (und) Chons bewahren, vor der bꜣ.w-Macht von Min-Horus (und) Isis, der Herrin vso. x+50von Koptos (und) vor der bꜣ.w-Macht von Min, [dem Herrn] von Achmim. Ich werde sie bringen [...] [In]puseanch (?).7
Was alles angeht, was [auf] diesem Papyrus (notiert) ist, was Chons in Theben, Neferhotep gesagt hat, zusammen mit vso. x+55mit allem, was nicht gefunden wurde auf diesem Papyrus: Chons in Theben, [Nefer]hotep , der große Gott, der Älteste, der zuerst entstanden ist, ist der, der es gesagt hat.
1 ḫꜣr(.t)/nḥsw(.t): Offenbar wurden hier die gefährlichen Ausländer entsprechend der Orakelbesitzerin durch den Klassifiktor der sitzenden Frau (B1) als Frauen dargestellt, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 19 [5]. Ob man aus dieser Formulierung auf eine Lebenswelt schließen lassen kann, in der Frauen sich mehr im Kreis anderer Frauen aufhielten, bleibt dahin gestellt. Andere Texte, die für eine Besitzerin hergestellt wurden, sind nicht so spezifisch formuliert.
2 Es ist unklar, auf wen sich das Suffixpronomen =f beziehen sollte. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 19 [9]) überlegt, ob hier womöglich der Ehemann gemeint sein könnte und hier auf eine Nachlassregelung angespielt wird. Da im folgenden Satz, der parallel formuliert ist, st geschrieben ist, gehe ich davon aus, dass der Schreiber, der ohnehin zu Fehlschreibungen neigt, hier das Suffixpronomen falsch aus einer Vorlage übernommen hat.
3 ⸢jw=j (r) ḏi̯.t wḏꜣ⸣: Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 19 [13]) schlägt diese Ergänzung vor, räumt allerdings ein, dass er die Spuren nicht sicher identifizieren kann. Tatsächlich kann man die Spuren am Ende der Zeile recht gut mit ḏi̯.t wḏꜣ in Einklang bringen, was eine Ergänzung von šdi̯, die inhaltlich ebenfalls möglich wäre, ausschließt. jw=j ist allerdings nicht gut zu erkennen. Es wirkt so, als ob durch den Riss der untere Teil der Zeile etwas verschoben wurde.
4 šdi̯=[st j]: Von dem Suffixpronomen und der Präposition r am Ende der Zeile ist nichts mehr erhalten, s. Edwards, HPBM 4, Bd. 2, pl. VIa.
5 ⸮ḥḏ.wj?: Die Lesung dieses Wortes ist nicht ganz gesichert. Bei den Zeichen dürfte es sich um den Rinder-Unterkiefer F19 handeln. Die Doppelsetzung findet sich allein bei dem Begriff ḥḏ „Kinnbacken“ (Wb 3, 210.11, Walter, Anatom. Term. 273), wobei man sich fragen kann, ob an dieser Stelle wohl eher an die Zahnleisten gedacht worden ist. Hier allerdings einen weiteren Beleg für das seltene Wort stn.w „Zahnleiste“ (vgl. Lemma-Kommentar zu WCN 148340) erkennen zu wollen, ist schwierig, da stn.w niemals mit F19 klassifiziert belegt ist. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 20 [20]) geht einen anderen Weg: Er denkt an spd(d) „ausrüsten“ (Wb 4, 112.10-20) und erwartet am Satzende ein Adverb. Eine Lesung für den Begriff bietet er nicht an, da kein Adverb belegt ist, das mit dieser Schreibung in Verbindung gebracht werden kann.
Thema in den Versprechen zuvor ist die Schärfung der Sinnesorgane, insofern könnte das hier vorliegende Versprechen schon auf ungehinderte Nahrungsaufnahme abzielen. Im pLondon BM EA 10321 (L5), Vso. x+22–23 findet sich ein ähnlich formuliertes Versprechen, das allerdings auf die Sprache abzielt: jw=j (r) spd rʾ=f ⸢j⸣ sḏdjw „Ich werde seinen Mund schärfen um zu rezitieren“. Bei dem hier verwendeten Begriff, sei er nun ḥḏ oder anders gelesen, ist es eher unwahrscheinlich, dass dieses Versprechen auf die Redegewandtheit der Besitzerin rekurriert.
6 〈m〉: Ergänzung nach pLondon BM EA 10083 (L1), Vso. x+64.
7 [Jn]pw-sꜥnḫ: Lesung nach Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 21 [36]. Es dürfte sich um einen weiteren Eigennamen handelt, vom dem Edwards (ebd.) vermutet, dass es sich um den Namen eines Großelternteils handeln könnte. Da es offenbar darum geht, dass die Orakelbesitzerin irgendwohin gebracht werden soll, kann es sich auch um die Bezeichnung einer Örtlichkeit handeln, vielleicht das Haus von Inpusanch o.ä. Eine Parallele für dieses Versprechen, die Aufschluss geben könnte, existiert leider nicht.
