Außensarg des Gua, B2L

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Europa » Großbritannien » (Städte K-N) » London » British Museum

Inventarnummer: BM EA 30839

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Laut der Website des British Museums wurde der Außensarg des Gua im Juni oder Juli 1899 von der R. J. Moss & Co. Company gemeinsam mit dem Innensarg desselben Gua erworben (für die Monatsangabe siehe Willems 1988, 77). Diese war u.a. im Antikenhandel in Ägypten tätig. Bereits in der ersten Publikation des zugehörigen Innensarges (British Museum 1904, 57–58) wird Deir el-Berscheh als Fundort angegeben. Daher steht zu vermuten, dass er direkt von dort über die Firma (vielleicht im Auftrag von Budge, der häufig mit dieser kooperierte) nach London gelangte.

Herkunft
Niltal von Kairo bis Assiut » zwischen Beni Hassan und Tell el-Amarna » östliches Ufer » el-Berscheh

Die genaue Herkunft des Außensarges des Oberarztes Gua ist nicht publiziert, aber bereits in der ersten Erwähnung des Innensarges des Gua (British Museum 1904, 57–58) wird Deir el-Berscheh als Fundort angegeben. Das wird sicherlich auch für den Außensarg zutreffen (so z.B. Porter – Moss 1934, 187). Nach Willems 1988, 76 ist es aufgrund verschiedener Indizien „reasonably certain“, dass der Sarg aus Schacht 12 der dortigen Nekropole stammt. Dieser Schacht 12 ist Schacht G von Daressy, d.h. von fünf parallel angeordneten Schächten, die sich vor bzw. unmittelbar südwestlich von dem Grab des Djehutihotep (Grab 17L20/1) befinden, der zweite von rechts. Demnach wurde der Sarg wahrscheinlich unmittelbar nach der Grabungskampagne von Daressy in den Schächten D–F (November bis Dezember 1897) von der lokalen Bevölkerung gefunden (Strudwick 2006, 81) und dann vom British Museum, nach dessen Angabe über die Firma R. J. Moss & Co., angekauft. Sicherlich hat Daressy von dem Fund erfahren, denn auf seinem Plan (Daressy 1900, 23; vgl. ebd., 42: „ouvert après mon départ“) steht bei Schacht G der Name Gua. Der Schacht G alias Grab 12 wird in den aktuellen Grabungen der Universität Leuven unter der Leitung von H. Willems als Nr. 17L10/2 geführt (Willems et al. 2006, 313). Nachgrabungen im Bereich der fünf Schächte durch H. Willems und T. Pommerening (KU Leuven/JGU Mainz) haben inzwischen ergeben, dass Daressys Lageplan nicht korrekt ist. Die Särge von Gua müssen in einem anderen Schacht gefunden worden sein, vielleicht im westlichsten der fünf Schächte mit der KU Leuven-Bezeichnung 16L19/2. (Zur Architektur, Schachtzuweisung und Diskussion von Daressys Artikel, siehe Pommerening – Willems 2020.)

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Mittleres Reich » 12. Dynastie

Die Website des British Museum datiert den Sarg, wohl basierend auf der dort angegebenen Literatur, in die 12. Dynastie. Lapp ordnet ihn typologisch in die 12. Dynastie (Lapp 1993, 88, 276 [Nr. B21a], vgl. B21b, die Katalognummer des zugehörigen Innensarges). Der Sarg gehört typologisch zum Außenseitentypus IVab und zum Innenseitentypus 2 von Willems (1988, 21), d.h. in die Zeit Sesostris’ II.–III. (Außenseitentypus) bzw. Amenemhets II.–III. (Willems 1988, 121, 160, 190). Die genauere chronologische Einordnung des Sarges geschieht aufgrund der architektonischen Lage des mutmaßlichen Grabschachtes vor dem Grab von Gaufürst Djehutihotep, die dafür spricht, dass der Sargbesitzer Gua ein Untergebener von Djehutihotep war. Das führt Lapp zu einer Datierung in die Zeit Amenemhets II. bis Sesostris’ III. oder eventuell noch etwas später (Lapp 1993, 91). Laut Willems war Djehutihotep unter Sesostris II. und III. im Amt, weshalb Gua kaum später als Sesostris III. datiert werden kann (Willems 1988, 77). Willems ordnet alle Särge aus den fünf Schächten vor dem Grab von Djehutihotep in die Zeit Sesostris’ II.–III. (ca. 1845–1819 v. Chr.) (Willems 1988, 77). Bei Strudwick (2006, 81) findet sich die Zeit Amenemhets II. bis Sesostris’ II. („c. 1911–1870 BC“).

Textsorte
Inhalt

Die uns hier interessierenden Schlangenbeschwörungssprüche 369, 370 und 372 stehen alle auf dem Kopfende des Sarges (Lesko 1979, 40).

Übersicht der Schlangenbeschwörungssprüche auf B2L:
Sargtextspruch 369: Kol. 39–40 (CT V, 31)
Sargtextspruch 370: Kol. 40–42 (CT V, 32–33)
Sargtextspruch 372: Kol. 43 (CT V, 34)

Material
Organisch » Holz
Objekttyp
Artefakt » Behälter » Sarg
Technische Daten

Der rechteckige äußere Holzsarg des Gua, aus einer Zedernart angefertigt (Davies 1995, 147: „cedrus sp. (cedar)“; daher: Nicholson – Shaw 2000, 350: „cedar of Lebanon, Cedrus libani A. Richard“), hat eine Länge von 260,5 cm und eine Breite von 92 cm (zum inneren Sarg siehe B1L). Die Höhe ist nicht publiziert. Der Deckel scheint nicht erhalten (Website British Museum). Die Sargtextsprüche befinden sich auf den Innenseiten.

Schrift
Hieroglyphen » Kursivhieroglyphisch

Die Schrift ist in Kolumnen angeordnet und verläuft in den hier aufgenommenen Sargtextsprüchen von rechts nach links. Hauptsächlich wurde schwarze Tinte genutzt; nur die Rezitationsanweisung von CT 370 ist rubriziert.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Die Inschriften wurden für das Sargtextprojekt durch Gardiner und de Buck kopiert und von de Buck 1954 unter der Sigle B2L ediert. Lapp 1993 benutzt nicht die Publikationsnummer B2L der Sargtextpublikation, sondern in seiner Nummerierung ist der Sarg B21a. Übersetzungen der Sprüche finden sich u.a. bei Faulkner (1977), Barguet (1986) und Carrier (2004). Stegbauer (2015, 166–167) segmentiert die Schlangensprüche in Strophen und Verse und kommentiert sie. Der Schacht G wurde in den aktuellen Grabungen der Universität Leuven neu ausgegraben und sein (mutmaßlicher) Inhalt wird gemeinsam mit der Universität Mainz von T. Pommerening zur Publikation vorbereitet (Website Mainz).

Bearbeitungsgeschichte

Die Inschriften wurden für das Sargtextprojekt durch Gardiner und de Buck kopiert und von de Buck 1954 unter der Sigle B2L ediert. Lapp 1993 benutzt nicht die Publikationsnummer B2L der Sargtextpublikation, sondern in seiner Nummerierung ist der Sarg B21a. Übersetzungen der Sprüche finden sich u.a. bei Faulkner (1977), Barguet (1986) und Carrier (2004). Stegbauer (2015, 166–167) segmentiert die Schlangensprüche in Strophen und Verse und kommentiert sie. Der Schacht G wurde in den aktuellen Grabungen der Universität Leuven neu ausgegraben und sein (mutmaßlicher) Inhalt wird gemeinsam mit der Universität Mainz von T. Pommerening zur Publikation vorbereitet (Homepage Mainz).

Editionen

- de Buck 1954: A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts. V. Texts of Spells 355-471, Oriental Institute Publications 73 (Chicago/Ill 1954), V 31a–d (CT 369), V 32a–33c (CT 370), V 34c–g (CT 372).

Literatur zu den Metadaten

- Barguet 1986: P. Barguet, Les textes des sarcophages égyptiens du Moyen Empire (Paris 1986), 326 (CT 369–370), 272 (CT 372).

- British Museum 1904: British Museum, A Guide to the First, Second and Third Egyptian Rooms. Predynastic Human Remains, Mummies, Wooden Sarcophagi, Coffins and Cartonnage Mummy Cases, Chests and Coffers, and other Objects connected with the Funerary Rites of the Ancient Egyptians (London 1924).

- Carrier 2004: C. Carrier, Textes des sarcophages du Moyen Empire égyptien. Tome II: spells [355] à [787] (Monaco 2004), 902–903 (CT 369–370), 904–905 (CT 372).

- Daressy 1900: G. Daressy, Fouilles de Deir el Bircheh (novembre-décembre 1897), in: Annales du Service des antiquités de l’Égypte 1, 1900, 17–43.

- Davies 1995: W. V. Davies, Ancient Egyptian Timber Imports. An Analysis of Wooden Coffins in the British Museum, in: W. V. Davies – L. Schofield (Hrsg.), Egypt, the Aegean and the Levant. Interconnections in the Second Millennium BC (London 1995), 146–156.

- Faulkner 1977: R. O. Faulkner, The Ancient Egyptian Coffin Texts. Volume II Spells 355 - 787 (Warminster 1977), 8–9.

- Lapp 1993: G. Lapp, Typologie der Särge und Sargkammern von der 6. bis 13. Dynastie, Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens 7 (Heidelberg 1993), Kat.-Nr. B21a.

- Lesko 1979: L. H. Lesko, Index of the Spells on Egyptian Middle Kingdom Coffins and Related Documents (Berkeley 1979).

- Nicholson – Shaw 2000: P. T. Nicholson – I. Shaw, Ancient Egyptian Materials and Technology (Cambridge 2000).

- Pommerening – Willems 2020: T. Pommerening – H. Willems, Unravelling Daressy’s excavations of the five shafts in front of the tomb of Djehutihotep at Dayr al-Barshā (im Druck).

- Porter – Moss 1934: B. Porter – R. L. N. Moss, Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings. IV. Lower and Middle Egypt (Delta and Cairo to Asyûṭ) (Oxford 1934), 187.

- Stegbauer 2015: K. Stegbauer, Magie als Waffe gegen Schlangen in der ägyptischen Bronzezeit (Borsdorf 2015), 153–154 (Spruch 2 = 369), 154–156 (Spruch 3 = 370) und 157 (Spruch 4 = 372) (doi.org/10.11588/propylaeum.529).

- Strudwick 2006: N. Strudwick, Masterpieces of Ancient Egypt. The British Museum (London 2006).

- Willems 1988: H. Willems, Chests of Life. A Study of the Typology and Conceptual Development of Middle Kingdom Standard Class Coffins, Mededelingen en Verhandelingen van het vooraziatisch-egyptisch Genootschap „Es Oriente Lux“ 15 (Leiden 1988).

- Willems et al. 2006: H. Willems et al., Preliminary Report of the 2003 Campaign of the Belgian Mission to Deir al-Barsha, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts Abteilung Kairo 62, 2006, 307–339 und Taf. 55–64.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Katharina Stegbauer
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

CT 369

[Übersetzung nach Stegbauer 2015, 153–154 (Spruch 2 = 369)]

1. Strophe

[39] Hervorkommender1, Bote des Schu!
Du hast Mäuse/Ratten gefressen!
Das ist (aber) der Abscheu des Osiris!
Du hast die Knochen einer verwesenden Katze gekaut!

1 prr: Laut C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band III. pnbw, Orientalia Lovaniensia Analecta 112 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 48, handelt es sich bei prr um einen Schlangennamen, der außer hier nur noch im Grab der Tausret als prr.png belegt ist. Damit entfallen die von Faulkner 1977, 8, Anm. 1, vorgetragenen Schwierigkeiten und Lösungsansätze, insbesondere sein starker Eingriff in den Text. Meine Übersetzung stimmt mit der von Barguet 1986, 326, überein. Faulkner 1977, 8, verbessert den Text zu „Go forth o snake, at the movements of Shu (?)“, bei Carrier 2004 findet sich: „Serpent-pérer des mouvements de Chou.“

CT 370

[Übersetzung nach Stegbauer 2015, 154–156 (Spruch 3 = 370)]

1. Strophe

[40] Nek, Qed!
Ich gehöre doch zu den beiden Gesellinnen1 in der Nacht und am Tag des Vernichtens!
Ich bin doch der, auf dessen Ruf man kommt (oder: der auf sein Rufen kommt)!

2. Strophe

Mögest du zu mir kommen auf deinem Gesicht wegen deines Frevels2.
Eine Gestalt ist auf deiner linken Augenbraue (auch) Kahlheit gehört zu ihr!

3. Strophe

Ich bin dieser, der selbst gekommen ist, [41] ohne dass (er) weggetragen werden wird.

4. Strophe

„Schu“, sprach der Busirit und umgekehrt, „Neith unter ihrem Kopftuch!
Hathor, Freund(in) des Osiris!
Wer ist der, der ihn fressen will, der mich fressen will?“

5. Strophe

Du bist der, den er den Sumpflöchern übergibt.
Ich kenne niemanden, [42] der veranlasst, dass ich spreche!

Nachschrift

Diesen Spruch soll ein Mann über sich sprechen.
Das bedeutet, dass verhindert wird, dass ihn Gewürm frisst in der Nekropole, oder dass er alles Gewürm frisst.

1 Die Formel ist sichtlich identisch mit CT 265, III 395 d. Dafür spricht die Doppelsetzung des Determinativs in B1C und B1L. Da B2P jedoch nur ein Determinativ schreibt, ist trotzdem zu erwägen, ob nicht eine göttliche Entität namens ḥty angenommen werden muss, die dann auch in Spruch 1 anzusetzen ist. R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden 2000), 361, führt zwei weitere Einträge an, die evtl. mit den hier diskutierten Textstellen verbunden werden können, Htj_1.png in CT 906, VII 116 b und Htj_2.png in CT 380, V 43 h.
2 Dagegen fassen Faulkner 1977, 8; D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 2. 1978, 2. Auflage (Paris 1998), 78.2067 und Carrier 2004, 902 das Wort als hapax legomenon nbw.t auf, geben aber keine Übersetzung.

CT 372

[Übersetzung nach Stegbauer 2015, 157 (Spruch 4 = 372)]

1. Strophe

[43] O Hety, der befestigt den Wachturm des „Dass er den Atem fest mach, der die Nasen erfüllt“!

Nachschrift

Dies ist wirkmächtig und nützlich für diesen Osiris Gua.