Ostrakon DeM 1642

Metadaten

Wissensbereiche
Schlagwörter
Alternative Namen
Inventaire principal oIFAO 2712
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Institut Français d'Archéologie Orientale
Digitaler Katalog

https://www.ifao.egnet.net

Erwerbsgeschichte

Die beiden Fragmente stammen aus dem sog. „Grand puits“ bei der Arbeitersiedlung Deir el-Medineh. Die Scherben sind mit der Markierung „GP“ versehen, sowie dem jeweilen Funddatum: 26.3.49 und 15.4.49 (Posener 1980, 90). Beide Scherben wurden also während der Ausgrabungen des „Grand puits“ gefunden, die Bernard Bruyère im Auftrag des Institut français d’archéologie orientale (IFAO) in den Jahren 1949 und 1950 durchführte (Bruyère 1950, 69–86) und werden seitdem im Institut français d’archéologie orientale (IFAO) in Kairo aufbewahrt (Inventarnummer oIFAO 2712).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Die beiden Fragmente stammen aus dem sog. „Grand puits“ bei der Arbeitersiedlung Deir el-Medineh. Die Scherben sind mit der Markierung „GP“ versehen, sowie dem jeweilen Funddatum: 26.3.49 und 15.4.49 (Posener 1980, 90). Beide Scherben wurden also während der Ausgrabungen des „Grand puits“ gefunden, die Bernard Bruyère im Auftrag des Institut français d’archéologie orientale (IFAO) in den Jahren 1949 und 1950 durchführte (Bruyère 1950, 69–86) und werden seitdem im Institut français d’archéologie orientale (IFAO) in Kairo aufbewahrt (Inventarnummer oIFAO 2712).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Die beiden Scherben sind aufgrund des Fundkontextes (Grand puits/Deir el Medineh) in die 19. bzw. 20. Dynastie zu datieren (Bruyère 1950, 74).

Ursprünglicher Verwendungskontext

Der Fundkontext sowie die beiden Fragmente selbst liefern keinen Hinweis auf den ursprünglichen Verwendungskontext. Jemand hat Auszüge einer Litanei aus einem Schutz- bzw. Reinigungsspruch (Parallele: pChesterBeatty IX, pBM EA 10689, Verso B12–18) auf einem Ostrakon oder auf einem Gefäß notiert. Dies könnte zur persönlichen Nutzung geschehen sein, aber auch ein Schulkontext wäre denkbar.

Material
Künstliche Materialien » Keramik
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Ostrakon
Technische Daten

Erhalten sind insgesamt drei Fragmente eines Ostrakons bzw. eines beschrifteten Gefäßes aus gebranntem Nilton mit Resten eines roten Überzugs. Die Scherben sind auf der Außenseite beschriftet. Zwei Fragmente passen direkt zusammen, ein drittes, vom Beginn der Aufschrift, gehört eindeutig dazu, passt aber nicht direkt an. Diese Scherbe (I) ist 10,3 cm breit und 11,7 cm hoch. Es haben sich Reste von insgesamt vier Zeilen erhalten, deren rechter und linker Rand abgebrochen sind. Man erkennt oberhalb der ersten Zeile den Ansatz des Gefäßhalses, sodass wir hier mit Sicherheit die erste Zeile des Textes vorliegen haben.

Die beiden zusammenpassenden Scherben sind geklebt und sind als Fragment II bezeichnet, das 17,8 cm breit und 11 cm hoch ist. Auch hier sind der rechte und der linke Rand nicht erhalten. Eventuell fehlt auch unten noch Text, doch ist das schwer zu entscheiden. Es haben sich auf diesem Stück ebenfalls Reste von vier Zeilen erhalten. Zwischen den beiden Fragmenten ist mit einem Verlust von mindestens einer Zeile auszugehen.

Bei dem Text handelt es sich um Auszüge einer Litanei, die zu einem Reinigungs- und Schutzritual gehört und die wir aus dem pChester Beatty IX, pBM EA 10689 Verso B.12–18 kennen. Auf dem Ostrakon kann man drei Passagen der Litanei identifizieren: B.14.7–9, B.16.1 und B.15.1–4. Anhand des Paralleltextes ist davon auszugehen, dass am rechten Rand ca. drei bis vier Quadrate und am linken Rand ca. 14 bis 15 Quadrate verloren sind. Die Reihenfolge der Passagen variiert auf dem Ostrakon. Es ist zu vermuten, dass entweder die Reihenfolge nicht festgelegt war, oder aber der Schreiber eventuell den Text aus dem Gedächtnis rekapituliert und daher die Reihenfolge nicht eingehalten hat. Der Text ist recht einförmig formuliert „Es reinigt (swꜥb) dich Gott A (und) es schützt (ḫwi̯) dich Gott B“. In einigen Passagen zeigt der Ostrakon-Text Varianten in den Götterbezeichnungen.

Schrift
Hieratisch » Neuhieratisch

Der Text ist in einem leicht kursiven, gut lesbaren Neuhieratisch geschrieben.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch » spätes Mittelägyptisch mit neuägyptischen Einflüssen

Der Paralleltext in pChester Beatty IX (pBM EA 10689) Verso B.12–18 zeigt in den Teilen, die auf dem Ostrakon nicht aufgeschrieben wurden, Spuren von späterem Mittelägyptisch bzw. frühen Neuägyptisch, wie beispielsweise die Verwendung der Negation „bn“ (pChester Beatty IX, pBM EA 10689, Verso B.13.5) oder des bestimmten Artikels „pꜣ“ (pChester Beatty IX, pBM EA 10689, Verso B.13.8). Auf dem Ostrakon sind lediglich Teile der Litanei aufgeschrieben worden, die syntaktisch einfach formuliert ist, und nur in den Götterbezeichnungen variiert. Dadurch ist die Bestimmung der Sprachstufe allein durch den Text auf dem Ostrakon quasi unmöglich.

Bearbeitungsgeschichte

G. Posener publizierte im Rahmen des Catalogue des ostraca hiératiques littéraires eine kurze Beschreibung, ein Faksimile sowie eine Transliteration in Hieroglyphen (Posener 1980, 90, pl. 67 u. 67a). Verschiedene Fotos der beiden Scherben sind in der Ostraca-Datenbank des IFAO (Zugriff 03.03.2025) publiziert.

Editionen

- Posener 1980: Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir-el-Médineh, III.3. Nos 1607–1675. DocFIFAO 20. Kairo 1980, 90, pl. 67 u. 67a.

Literatur zu den Metadaten

- Bruyère 1950: B. Bruyère. Le Grand puits de Deir el Medineh 1949-1950. In: BSFE 50, 1950, 69–86.

Online-Ressourcen

https://www.ifao.egnet.net/bases/archives/ostraca/?inv=1642&os=6 (Zugriff 03.03.2025)

Autoren
Dr. Anke Ilona Blöbaum
Autoren (Metadaten)
Dr. Anke Ilona Blöbaum

Übersetzung und Kommentar

= Schutztext pChester Beatty IX verso B, 14,7–14,9; B, 16,1 und B, 15,1–4

Fragment 1

= Schutztext pChester Beatty IX verso B, 14,7–14,9

[1] [Möge Dich] ⸢Horus⸣ aus (?) dem Westen1 [reinigen], möge Dich Ne[mti] [...] reinigen2.3 [...] Re.4 

1 ⸢Horus⸣ aus (?) dem Westen (⸢Ḥr.w⸣ jr jmn.tt): Die Parallele schreibt nb jmn.tt (pChester Beatty IX, Vso. B.14.7: swꜥb tw Ḥr.w nb jmn.tt ḫwi̯ tw Nmt.j nb ꜣ⸮t?f.t (Dils, in: TLA <sentenceID>IBgDNykk8a7Z60WZq1YdtFmGlG0</sentenceID>; Gardiner, HPBM 3, Bd. 1, 111; Bd.2, pl. 60). Das jr an dieser Stelle ist problematisch. Ein Epitheton jr.j jmn.tt „Zugehöriger zum Westen“ ist nicht belegt, wobei die defektive Schreibung zwar selten, aber gelegentlich in anderen Epitheta vorkommt (z.B. pKairo CG 24095, Tb 149 347: jr.j nʾ.t „Hüter der Siedlung“, Backes, in: TLA <sentenceID>IBUBd1xjsPn5Ek5ugR1wAguO36U</sentenceID>). Als Präposition aufgefasst, ergibt sich für jr im lokalen Gebrauch eher der Ausdruck einer Bewegung „hin zu“, was nicht sehr viel Sinn ergibt. Ausgehend von einem idiomatischen Gebrauch der Präposition, könnte man an „von“ denken, was ich hier als Lösung präferiere, wenn auch eher aus Verzweiflung in Ermangelung einer besseren Idee. Meiner Meinung nach liegt hier ein Fehler oder eine Verschreibung vor.

2 reinigen ($swꜥb$):In der Parallele ist im zweiten Teil des Satzes regelmäßig das Verb $ḫwi̯$ „schützen“ (Wb 3, 244.10–245.22; <lemmaID>115110</lemmaID>) geschrieben, s. Gardiner, HPBM 3, Bd. 1, 111-113; Bd. 2, pl. 60; Dils, in: TLA <sentenceID>IBgDNykk8a7Z60WZq1YdtFmGlG0</sentenceID>; Quack, in: Rösch/Simon, How Purity is Made, 109.

3 Parallele: vgl. pChester Beatty IX, Vso. B.14.7: $swꜥb tw Ḥr.w nb jmn.tt ḫwi̯ tw Nmt.j nb ꜣ⸮t?f.t$ (Dils, in: TLA <sentenceID>IBgDNykk8a7Z60WZq1YdtFmGlG0</sentenceID>); Gardiner, HPBM 3, Bd. 1, 111; Bd.2, pl. 60. Auf der linken Bruchkante sind noch Reste eines hohen, schmalen Zeichens zu sehen, die Posener (Catalogue III.3, pl. 67) als Finger (D50) über $t$ (X1) interpretiert; hier ist wohl der Gott Nemti genannt. Direkt davor ist etwas Platz gelassen. Es ist auf den zur Verfügung stehenden Fotos (https://www.ifao.egnet.net/bases/archives/ostraca/?id=20101, Zugriff 23.02.25) nicht gut zu erkennen, aber es scheint, dass an dieser Stelle die Oberfläche der Scherbe angegriffen ist, und somit für eine Beschriftung eher ungeeignet. Andrerseits ist auf Fragment II in Höhe der Zeile x+6 ein großes Stück aus der Oberfläche der Scherbe ausgebrochen und der Schreiber hat in den Bruch hineingeschrieben. Es ist also unklar, ob der Platz dort intentionell frei gelassen worden ist oder nicht. Textverlust: Die Reste des erhaltenen Textes zeigen deutlich, dass diese Scherbe bzw. das Gefäß ursprünglich mit dem Exzerpt eines Reinigungs- und Schutzrituals, das wir aus pChester Beatty IX (pBM EA 10689, Vso. B.1–18) kennen, beschrieben war. Die hier erhaltene erste Zeile war sicherlich auch der Beginn der Aufschrift, da man oberhalb der Zeile gut den Ansatz des Gefäßhalses erkennen kann. Nach der Parallele fehlen zu Beginn vermutlich nur ca. drei Quadrate, in denen der Beginn des Satzes ($swꜥb tw$) zu ergänzen ist. Vom nächsten Satz ist lediglich ein Teil des letzten Götternamens in der zweiten Zeile des Ostrakons erhalten. Entsprechend der Parallele ist auf der linken Seite mit dem Verlust von 14 bis 15 Quadraten zu rechnen.

4 Parallele: vgl. pChester Beatty IX (pBM EA 10689), Vso. B.14.8: $swꜥb tw Bꜣ-nb-Ḏd.t ḫwi̯ tw bꜣ n.j Rꜥw$ (Dils, in: TLA <sentenceID> IBgDNWHnxYGOEEdSloX5i7IclvU</sentenceID>); Gardiner, HPBM 3, Bd. 1, 111; Bd.2, pl. 60. Es handelt sich im Paralleltext um den Folgesatz zum vorhergehenden. Und auch der hierauf folgende Satz entspricht dem Paralleltext. Die erhaltenen Zeichen passen ebenfalls.

Fragment 2