ksb.t Schirmakazie

ksb.t: Zum ksb.t-Baum im Allgemeinen vgl. den Identifizierungsvorschlag bei N. Baum, Arbres et arbustes de l’Égypte ancienne. La liste de la tombe thébaine d’Ineni (no. 81), Orientalia Lovaniensia Analecta 31 (Leuven 1988), 154–162: Die Pflanze scheint in ganz Ägypten von Nubien bis etwa zum 30. Grad nördlicher Breite belegt zu sein; sie wächst im Niltal, aber auch in den Wadis, was auf ein natürliches Vorkommen schließen lässt. Im Alten Reich erscheint sie einmal, in einer Darstellung im Grab des Anchmahor, bei der Herstellung einer Statue, wobei die Interpretation dieser Darstellung nicht unumstritten ist: Abgebildet sind zwei Maler, die mit Spachtel bzw. Pinsel an je einer Statue arbeiten. Diese sind überschrieben mit twt n ksb.t, „Statue von ksb.t“, bzw. twt n špnn, „Statue von špnn“ (N. Kanawati – A. A. Hassan, The Teti Cemetery at Saqqara. Vol. II. The Tomb of Ankhmahor, Australian Centre for Egyptology. Reports 9 (Warminster 1997), Taf. 7a und 40). R. Drenkhahn, Die Handwerker und ihre Tätigkeiten im alten Ägypten, Ägyptologische Abhandlungen 31 (Wiesbaden 1976), 58–59 lehnt die ältere Deutung, im jeweils zweiten Bestandteil der Beischrift eine Materialangabe zu verstehen, ab, weil bei derartigen Darstellungen nie der Werkstoff der Statuen genannt würde (Anm. 20). Sie vermutet in špnn und ksb.t eher Pflanzen, aus denen Farben, Farbgrundstoffe oder aber eine Grundierung gewonnen worden sein könne. Bei špnn denkt sie explizit an die homographen Mohnkörner; und tatsächlich ist bislang keine Holzbezeichnung špnn belegt. Gegen Drenkhahns Erwägungen können jedoch zwei Argumente vorgebracht werden:

(1) Die Parallelität der beiden Pflanzenbezeichnungen ist nur bedingt von Nutzen. Denn auch wenn es bislang keinen weiteren Beleg für einen špnn-Baum gibt, basiert doch die Identifizierung der Pflanze mit dem – scil. holzlosen – Schlafmohn einzig auf ihrer Verwendung in einem Mittel gegen Kindergeschrei und ist laut R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 132 „reine Spekulation“. Welche Pflanze genau mit špnn gemeint sei, ist also überhaupt nicht sicher. (NB: S. Grunert, Statuen aus Schepnen-Holz? Eine Zeichensequenz des Alten Reiches in neuer Deutung, in: Göttinger Miszellen 183, 2001, 7–8, hier 7–8 vermutet bezüglich der Darstellung bei Anchmahor, dass gar nicht twt n špnn zu lesen sei, sondern twt n š pn nn: „Gleich/Äquivalent zu dieser (Stein-)Arbeit dort“. Das ist allerdings aufgrund des Parallelismus der Beischriften unwahrscheinlich.)

(2) Es fragt sich, welche Art Genitiv nach Drenkhahn in der Darstellung des Anchmahor vorliegen sollte. In Genitivkonstruktionen im Allgemeinen und bei twt-Statuen im Besonderen bezeichnet nämlich das Nomen rectum, wenn es eine Stoffangabe ist, in der Regel tatsächlich das Material, aus dem das Nomen regens ist. Das heißt, eine twt-Statue „von“ ksb.t ist eine twt-Statue *aus* ksb.t.
Wenn damit also tatsächlich das Material zur Statuenherstellung gemeint sei, ist davon auszugehen, dass ksb.t eine gewisse Größe und Festigkeit aufweist. Dies und auch die Klassifizierung lässt Baum, a.a.O., annehmen, dass ksb.t konkret eben ein Baum ist. Die Frucht trägt denselben Namen wie der Baum. Es ist aber unbekannt, ob sie ein normales Nahrungsmittel ist; in Opferlisten ist sie jedenfalls nie genannt. Eine Verwendung von Bestandteilen, wie Ölen etc., ist nicht bekannt. Der ksb.t-Baum ist ein paar Mal mit dem Gott Min verbunden. Auf der späten Stele Lyon E 328 ist Min im Schatten eines Baumes dargestellt, bei dem es sich bei aller Stilisierung um einen ksb.t-Baum handeln könnte. In späten Texten wird der ksb.t oft zusammen mit tropischen Baumarten genannt.
Aufgrund aller dieser Anhaltspunkte vermutet N. Baum, a.a.O. in ksb.t die Acacia tortilis (Forssk.) Hayne mit den Unterarten raddiana und tortilis.

Germer, a.a.O. 145 folgt der Deutung des Pflanzennamens als Baumart (so auch schon in R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten. Dissertation zur Erlangung der Würde des Doktors der Philosophie der Universität Hamburg (Universität Hamburg 1979), 336–337), steht aber der konkreten Identifizierung mit Acacia tortilis (Forssk.) Hayne skeptisch gegenüber, weil die ẖr-Teile des ksb.t-Baumes, was auch immer das für Teile sind, in mehreren Wurmmitteln Anwendung finden, wohingegen von der Akazie „keine (...) medizinische Nutzung als Wurmmittel belegt“ sei. Das zweimal genannte jmj n ksb.t: „Inneres des ksb.t-Baumes“ hält Gerner, a.a.O. außerdem für ein Ausflussprodukt, analog zum jmj n šwꜣb, das sie (Handbuch, 130) als Milchsaft der Persea versteht. Harzgewinnung sei jedoch für die Akazie ebenfalls nicht belegt. In den Pflanzen im Grab des Anchmahor vermutet R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten. Dissertation zur Erlangung der Würde des Doktors der Philosophie der Universität Hamburg (Universität Hamburg 1979), 336–337 konkret die Ausgangspflanzen für ein Imprägnierungsmittel aus einem gerbstoffhaltigen Auszug. Da Gerbstoffe oft anthelminthische Substanzen enthalten, sieht sie hierin eine Verbindung zu der Darstellung im Grab des Anchmahor und zur Verwendung von ksb.t in Wurmmitteln. Einen Vorschlag, mit welchem Baum sie ksb.t stattdessen identifizieren will, wenn sie die Schirmakazie ablehnt, unterbreitet Germer aber nicht.

Dr. Lutz Popko