nḥd.t-Myrrhe

nḥd.t: Klassifiziert mit dem Zahn und/oder dem Rohstoffklassifikator N33 über Pluralstrichen, einmal auch völlig ohne Klassifikation.

R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten. Dissertation zur Erlangung der Würde des Doktors der Philosophie der Universität Hamburg (Universität Hamburg 1979), 179 schreibt dezidiert, dass die Droge nur in medizinischen Texten genannt ist. Ob man daraus schließen kann, dass sie die Belege aus den ptolemäischen Tempelinschriften (s. im Folgenden) nicht kannte, oder ob sie in letzteren ein anderes, nicht mit der Droge zusammenhängendes Wort vermutete, ist unbekannt. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 537 sieht hierin dasselbe Wort.

Die Bedeutung ist unsicher. Zumindest das nḥd(.t) der ptolemäischen Texte ist eine Myrrheart, vgl. Wilson, a.a.O. Und auf diesen späten Belegen beruhen – in manchen Fällen mit explizitem Bezug, in anderen mit zu vermutendem Bezug – alle Versuche, den Drogennamen in der Übersetzungssprache auf ein Harz einzugrenzen:

- G. Ebers, Papyrus Ebers. Die Maasse und das Kapitel über die Augenkrankheiten. I. Die Gewichte und Hohlmaasse des Papyrus Ebers; II. Das Kapitel über die Augenkrankheiten im Papyrus Ebers. T. LV,2 - LXIV,13. Umschrift, Übersetzung und Commentar, Abhandlungen der Philologisch-Historischen Klasse der Königlich-Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften 11 (Leipzig 1889), 69 („eine Weihrauchart“), der sich auf S. 144–145, Anm. 115 auf von Dümichen publizierte Texte, d.h. diese ptolemäischen Inschriften, stützt, in denen diese Droge unter „den Produkten der Balsamsträucher“ genannt sei;

- H. Joachim, Papyros Ebers. Das älteste Buch über Heilkunde (Berlin 1890), 74 („neḥedet-Harz“) und 116 („neḥed-Harz“), der aber ganz unsystematisch an anderen Stellen auch „Korn“, „Körner“ und im Index sogar „Samen“ hinzufügt, mit denen er „Zahnkrautkörner“ meint (womit er sich dezidiert auf Ebers, a.a.O. stützt, der, wohl basierend auf der Homographie mit dem nḥḏ.t-Zahn, tatsächlich S. 69 „Zahnkörner“ und S. 144 „Zahn(kraut?) Körner“ schreibt und auf S. 69, Anm. 4 den „aegyptischen Zahnbaum, balanites aegyptiaca“ nennt, der aber eine Gleichsetzung der Droge mit Teilen oder Produkten dieses Baumes auf S. 144–145 letztendlich doch ablehnt);

- sicher auch Ebbells kommentarlose und durch nichts begründete Eingrenzung auf „Gum ammoniac“ (das ist ein Harz von Dorema ammoniacum) in B. Ebbell, The Papyrus Ebers. The Greatest Egyptian Medical Document (Copenhagen, London 1937), 132;

- D. Meeks, Année lexicographique. Égypte ancienne. Tome 3. 1979 (Paris 1982), 79.1597 („un aromate“) und

- W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999), 501 („nḥd.t-Duftstoff”), der ferner Dieter Kurths persönliche Mitteilung „Weihrauch“ nennt.

Ebers hatte neben Dümichen auch auf „Brugsch’s Wörterb., ser. II S. 251“ d.h. H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. V (Leipzig 1880), 251, verwiesen, wo nḥd.t mit einem Harz namens mamama (H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Bd. II (Leipzig 1868), 585 = das mmꜣꜥ... von Wb 2, 59.4) gleichgesetzt würde (dieses Harz ist laut dem einzigen Beleg, DZA 24.003.720, eine „trockene Myrrhe“ von karneolartiger Farbe und sehr süßem/angenehmen Duft). Brugschs Beleg stammt ebenfalls aus Dümichens Texten, nämlich aus J. Dümichen, Geographische Inschriften altägyptischer Denkmäler. Bd. 2. Nebst einem Anhange, enthaltend die im Tempel von Edfu aufgefundenen Recepte, in den Jahren 1863-65 an Ort und Stelle gesammelt und erläutert (Leipzig 1866), Taf. 86, Zeile 5 (= Edfu II, 206,3). C. Leitz, Aromatische Substanzen, in: A. Rickert – B. Ventker (Hrsg.), Altägyptische Enzyklopädien. Die Soubassements in den Tempeln der griechisch-römischen Zeit. Soubassementstudien I. Bd. 1 1, Studien zur spätägyptischen Religion 7.1 (Wiesbaden 2014), 483–516, hier 512 nennt zwei weitere Belege für diese Myrrheart, die er vergleichbar mit Brugsch als mꜥmꜥm und mꜥmꜣm transkribiert; und er ruft dazu auf, zu prüfen, ob sie mit griechisch μαμάλι, arab. „Maʿmal“ identifiziert werden könnte. Der von Brugsch, Wb II, 585 genannte Hauptbeleg für dieses Lemma ist dagegen zu streichen, weil es sich dabei in Wirklichkeit um die mꜥmꜥ: „Dumpalme“ handelt (vgl. eine fast identische Schreibung bei Wilson, a.a.O., 403).

Dr. Lutz Popko