kmw-Korn

kmw: Nur zweimal, in den Rezepten Eb 82 und 449, belegt und mit dem Rohstoffklassifikator N33:Z2 geschrieben. R. Germer, Untersuchung über Arzneimittelpflanzen im Alten Ägypten. Dissertation zur Erlangung der Würde des Doktors der Philosophie der Universität Hamburg (Universität Hamburg 1979), scheint in diesem kmw keine Pflanze oder ein pflanzliches Produkt gesehen zu haben, denn sie führt es nicht mit auf. G. Charpentier, Recueil de matériaux épigraphiques relatifs à la botanique de l’Égypte antique (Paris 1981), 752 listet es dagegen als Nr. 1258 auf, auch wenn er schreibt „drogue inconnue“. J.R. Harris, Lexicographical Studies in Ancient Egyptian Minerals, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Institut für Orientforschung. Veröffentlichungen 54 (Berlin 1961), 215 weist darauf hin, dass es in den beiden Malen, in denen es genannt wird, hauptsächlich zusammen mit pflanzlichen Drogen vermischt wird. Er hält daher ein pflanzliches Produkt nicht für ausgeschlossen, aber ein Mineral für ebenso denkbar.

H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der Heiligen-und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des koptischen und der semitischen Idiome. Bd. VII (Leipzig 1882), 1245 vermutet in diesem kmw die Frucht vom ḫt km, dem „Schwarzbaum“ (vgl. Wb 3, 340.7), der süßlich riecht und wie zerkleinertes tj-šps schmeckt (s. P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 753). Das ist jedoch eher unwahrscheinlich, weil es ungewöhnlich wäre, dass der Baum nach der Frucht heißt und nicht umgekehrt; vgl. die mit pr.t gebildeten Bezeichnungen in H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 199.

Weiterhin vergleicht Brugsch das kmw des pEbers mit einem Substantiv km.t mit Pflanzenklassifikator in einer Inschrift des Paheri, das neben dem Getreide šr.t genannt wird (vgl. DZA 30.195.720). Brugsch vermutet darin zwei koordinierend angeordnete Substantive (H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Bd. IV (Leipzig 1868), 1405), wohingegen Wb 5, 123.11 in km.t ein attributives Adjektiv zu šr.t sieht (vgl. auch die Übersetzung auf DZA 30.195.720). Eine Klassifizierung mit der Pflanze wäre für ein rein attributives Adjektiv km: „schwarz“ zumindest ungewöhnlich. Sofern man in der Pflanze also nicht den Gesamtklassifikator eines Kompositums šr.t-km.t sieht, könnte er darauf hindeuten, dass km.t eine Pflanzenbezeichnung ist. Die Möglichkeit, dass es eine km.t-Pflanze gibt und die Ebers-Stelle trotz anderer Klassifizierung dazu gehört, ist also nicht auszuschließen.

Eine Droge pr.t km(.t) gibt es auf oDeM 1242; W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999), 63 übersetzt sie kommentarlos als „ägyptisches Getreide“ und vermutet demzufolge in km(.t) das „schwarze Land, Ägypten“ oder ein davon abgeleitetes Nisbe-Adjektiv. Vgl. zu weiteren Belegen für pr.t km(.t) u.ä. R.A. Caminos, Late-Egyptian Miscellanies, Brown Egyptological Studies 1 (London 1954), 117–118, Anm. 1 und die Diskussion zu oDeM 1242. Vgl. ferner die Diskussion bei J. J. Janssen, Two Ancient Egyptian Ship’s Logs. Papyrus Leiden 1350 Verso and Papyrus Turin 2008+2016, Oudheidkundige mededelingen uit het Rijksmuseum van Oudheden: Supplement 42 (Leiden 1961), 83–84, der zwischen den Übersetzungen „black seed“ und „seed of Egypt“ schwankt. Angesichts der sonstigen Verbindungen von pr.t wäre es auch nicht auszuschließen, dass es hier Samen oder Früchte der km-Pflanze sind, was zu der Pflanze aus dem Grab des Paheri passen könnte.

In ptolemäischen Gauprozessionen kommt schließlich unter den Gaben des 18. oberägyptischen Gaues ein Opfer km.y vor. Laut H. Beinlich, Die spezifischen Opfer der oberägyptischen Gaue, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 7, 1979, 11–22, hier 18 ist dies nur eine Variante des šnw genannten Opfers des 17. oberägyptischen Gaues; und obwohl beide Wörter mit einem Brot klassifiziert sind, weist Beinlich auf Indizien dafür hin, in beiden Wörtern Pflanzenbezeichnung zu sehen: šnw kann laut einem Text in Dendera „gepflückt“ werden (sq); km.y ist in Kom Ombo einmal mit Gardiner Sign-list M8, dem Teich mit Lotosblumen, klassifiziert; und einmal heißt das Opferstichwort ṯḥn.w n.w ṯsjw: „Blumen der (Speise)aufhäufung?“. Es wäre daher zu prüfen, ob dieses späte km.y mit dem kmw des pEbers zusammenhängen könnte.

Dr. Lutz Popko