jns.t-Beinpartie

jns.t: Der Klassifikation nach ein Teil des Beines. Es wird von modernen Bearbeitern meist im unteren Bereich des Beines, unterhalb der Knie, verortet. So etwa L. Stern, Glossarium, in: G. Ebers (Hrsg.), Papyros Ebers. Das hermetische Buch über die Arzeneimittel der alten Ägypter in hieratischer Schrift. Vol. 2 (Leipzig 1875), 1–63, hier 5a: „pars cruris vel pedis“, Wb 1, 99.18–20: „unterer Teil des Beines (Unterschenkel samt Fuss?)“, H. Grapow, Anatomie und Physiologie, Grundriß der Medizin der alten Ägypter I (Berlin 1954), 93: unterer Teil des Beines, W. Westendorf, Handbuch der altägyptischen Medizin, Handbuch der Orientalistik I.36 (Leiden 1999), 565: „Unterschenkel“. T. Bardinet, Les papyrus médicaux de l’Égypte pharaonique, Penser le médecine (Paris 1995), 265: „tibia“, B. Lalanne – G. Métra, Le texte médical du Papyrus Ebers. Transcription hiéroglyphique, translittération, traduction, glossaire et index, Langues et cultures anciennes 28 (Bruxelles 2017), 59: „jarret“. Ausschlaggebend dafür dürfte der Horusmythos von Edfu sein, in dem einem Nilpferd, dem Tier des Seth, mit einem Metallspeer in die Fußsohle des Vorderbeins gestochen wird und das beschrieben ist mit: ḥmt mn m jns.t=f: „Das Erz (d.h. der Speer) bleibt in seinem jns.t (stecken)“, s. É. Naville, Un chapitre inédit du Livre des morts, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 11, 1873, 25–34 und 81–96, hier 89, H. Brugsch, Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch. Enthaltend in wissenschaftlicher Anordnung und Folge den Wortschatz der heiligen- und der Volks-Sprache und -Schrift der alten Ägypter. Nebst deren Erklärung der einzelnen Stämme und der davon abgeleiteten Formen unter Hinweis auf ihre Verwandtschaft mit den entsprechenden Wörtern des Koptischen und der semitischen Idiome. Bd. V (Leipzig 1880), 97–98 und dazu mit Zeichnung DZA 20.921.090.

Schon Brugsch, a.a.O., verweist aber auch auf eine „nicht unwichtig[e]“ Passage im Grab des Djefaihapi aus dem Mittleren Reich, in der vom jns.t n.t mn.t n.t kꜣ, dem „jns.t vom Oberschenkel des Stieres“ die Rede ist. Diese Stelle spricht dafür, dass jns.t (auch?) am Oberschenkel lokalisiert werden kann.

J.H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 266 gibt für das Substantiv jns.t – ohne nähere Diskussion, aber vielleicht ebenfalls basierend darauf – die Bedeutungen „1. hindleg (including buttock) 2. thigh“ an und schreibt: „Probably equivalent to mnt. inst in the lower limb seems to be parallel to gbꜣ [Arm, Oberarm, L.P.] in the upper limb.“ Sollte zudem auf pUniversity College A verso (P. Posener-Kriéger – J.L. de Cenival, The Abu Sir Papyri, Hieratic Papyri in the British Museum 5 (London 1968), Taf. 66) tatsächlich jns.t genannt sein, wie St. Grunert in seiner Übersetzung im TLA annimmt (der erste Beleg ist unwahrscheinlich, weil mit einem Vogel klassifiziert; der zweite immerhin möglich), dann wäre die Bedeutung „Unterschenkel“ zweifelhaft. Denn obwohl der Kontext nicht ganz klar ist, scheinen doch fleischhaltige Partien von Vögeln genannt zu sein; und Unterschenkel von Vögeln wären in dem Zusammenhang kaum zu erwarten.

Davon abgesehen wird die Verbindung jns.t n.t (j)ꜥꜣ von Rezept Eb 108 eher als Pflanzenbezeichnung angesehen, vergleichbar dem ḏꜣḏꜣ (j)ꜥꜣ von Eb 106, s. H. von Deines – H. Grapow – W. Westendorf, Übersetzung der medizinischen Texte, Grundriß der Medizin der alten Ägypter IV.1 (Berlin 1958), 244 und H. von Deines – H. Grapow – W. Westendorf, Übersetzung der medizinischen Texte. Erläuterungen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter IV.2 (Berlin 1958), 189, Anm. 2.

Dr. Lutz Popko