Papyrus London BM EA 9997+10309
Übersetzung und Kommentar
P. London BM EA 9997
Spruch 1 (Rto 1,1-1,10)
[1,1][...] Zauberformeln.1
Die Worte sind Schutzamulette, die er geschaffen hat,2 der Leben gibt, der die Kehle atmen läßt. Die Zaubersprüche [...] [...] an diesem Tag. Jubel sei dir, der macht ... Der Herr der Schutzamulette, wirkmächtig an Zaubersprüchen.3 Es ist [...] [1,5]das Wasser des Ufers [...] Überschwemmung/Hapi [...] das geknotet ist (?) [...] gegen den Biss auf (?) [...]4 [O] Gift [du wirst nicht] aufsteigen (?)5 nach oben, falle [nach unten!] [... ... ...] Dieser Spruch werde gesprochen über einem Bild des Ptah, des Großen [...], der Isis, des Horus, des Thot, der Maat, des Hu und des Sia. [1,10]Werde vom Gebissenen getrunken. Vernichtet das Gift wirklich vorzüglich.
1 Offensichtlich gehört ꜣḫ.w zum voranstehenden Vers.
2 Gegen Müller, S. 427, Anm. zu i,3 muß h{ꜣ}y nominal aufgefaßt werden, da es nach Ausweis der Wörterbücher und der BWL kein Verbum hy "jubeln" gibt. Die Wortstellung halte ich für unproblematisch. M.E. bezieht sich jri̯ auf h{ꜣ}y. Die Frage ist nun, inwiefern man einen virtuellen Relativsatz nach determiniertem Bezugswort annehmen darf. Für eine Lesung j:hꜣy n=k: "Jubel sei dir" siehe Stegbauer, Magie als Waffe, 225, Anm. 38.2.
3 Leitz übersetzt "every (?) [...] efficient protection and magic, in that ...", wobei er 1. die Verspunktgliederung in 1,3 mißachtet (sofern seine Transkription zuverlässig ist, das Photo ist an dieser Stelle undeutlich) und 2. jw mit "in that" wiedergibt, wobei mir nicht klar ist, wie er darauf kommt.
4 Aufgrund der großflächigen Zerstörung ist die Stelle kaum übersetzbar. Bei dm könnte es sich auch um das Lemma WCN 179170 handeln, wobei dann ḥr schwer unterzubringen ist.
5 Die Ergänzung von pri̯ oder ṯsi̯ in der Lücke vor D54 erscheint mir aufgrund des nachstehenden hꜣi̯ als wahrscheinlich. Davor muß den Spuren zufolge etwas anderes gestanden haben. Für die Ergänzung [tꜣ] ⸢mtw.t⸣ [nn ṯsi̯]=〈ṯ〉 r-ḥr.j hꜣi̯ [r-ẖr.j] siehe Stegbauer, Magie als Waffe gegen Schlangen, 224-225.
Spruch 2 (Rto 1,10-3,12)
[...] der Hitze; ihr ganzer Leib glühte vor [...] Bericht (?) der Nubier (ztj.w) ihr Zorn [...] auf dem Wasser, um sie zu besänftigen durch ihren Vater Nun. [Der große Gott sah sie ... ... mit] allem, was sie abwarf: ihr ganzer Leib war in der richtigen Ordnung. Sein Herz [1,15][...] Der Große war es, der zu den stj-Krokodilen sprach: "Mein Herz ist [2,1]hinter dieser Göttin her. Ach, hätte 〈ich〉 doch ein stj-Krokodil!1 Dann wirst du ihr Angst einjagen, damit ich sie vor dir retten kann, nachdem ich ihr Herz umgestimmt habe. In deinem Namen "Setiu-Krokodil" sollst du nach ihr schießen, in deinem Namen "Suy-Krokodil" sollst du gegen sie vorgehen, in deinem Namen "Saq-Krokodil" sollst du dich gegen sie zusammenziehen, in deinem Namen "Iberu-Krokodil" sollst du gegen sie fließen (?).2 Die Göttin ist gegen es/sie [...] Kehle [...]3 Setiu-Krokodile [...] ? [...] gegen sie, abschneiden [...] ? [2,5]der Hitze [...][...] Ausspruch (?) der Zunge [... Göt]tin. [... ... ...], die herausgekommen war aus [dem Wasser], ihr Leib zitterte (?), dadurch (?), dass sie [befohlen hatte], dass [...] im Zurückweisen (?) [...] von ihrem Gesicht, wie das Hervorkommen [des Nordwindes wie das der] Meteore [... ...] zum Fluß in [ihrem?] Flug, [indem] sie gefallen ist auf dem Land (Ägypten) und in den Bergen, [... ... ...]. Ihre Beine sind auf der Erde, [...] die Schwäche, die sie gespürt hat [...] des Todes. [...] ja [... ... alle Vögel (?)], die im Himmel sind, alle Reptilien, die auf der Erde sind. Die Sumpfbewohner fraßen von dieser Göttin,4 während Hitze ihres Feuers [2,10]in ihre Körper eintrat, wobei sie (die giftige Göttin) die "Haare" (hier besser: Schuppen), die auf ihren Köpfen waren, kochte, so dass sie ihre "Haare" (= Schuppen) ihrer Glieder zusammenzogen. So entstand das Abwerfen des Natternhemdes durch die Schlangen.5
Als auf ihren Wink hin dieser Gott kam, fand er sie aus- und niedergestreckt, entsprechend ihre Rage (2x).6 Alles Gewürm näherte sich ihr. Nachdem er seinen Atem gegen sie gehaucht hatte als Atem seines Mundes, lebte sie sofort (wieder).7 So entstand das Anblasen des Feuers, damit es lebt. Nachdem er ihren Körper (nämlich) im Zustand des Aufgefressenwerdens gefunden hatte, war der Gott, bzw. sein Herz, schwach wegen ihr geworden und er schlug die mit Unheil, die die Rolle des swj-Krokodils wahrnahmen:8 "Wenn ihr nicht das, was ihr verschluckt habt, zur Erde gebt vom Leib [2,15]dieser Göttin, (dann) wird etwas von euren (wörtl. ihren) Armen und euren (wörtl. ihren) Beinen abgeschnitten werden."9
Sofort geschah dergleichen mit allen Schlangenmännchen und Schlangenweibchen. Als der Fischotter kam, spuckte er das Wasser seines Mundes auf dessen Stelle im Leib dieser Göttin.10 [3,1]Aus Mangel daran hatte sie ihre Arme auf ihre Schenkel gelegt.11 Damit nicht der Arm gegen es durch die Menschen erhoben wird, hielt das Gift an in den Lebenden, nachdem man ihm das Gemetzel, das in ihren Leibern war, vergolten hatte.12
Der große Gott sprach zu ihr: O Gift, siehe, du wurdest belebt! Mögest du gegeben werden unter die, die vor dir sind (??) durch Geschlechtsverkehr (?)."13 Das Gift sprach zu diesem Gott: "Ich weiß, was du mir angetan hast, denn ich erkenne mein Herz in der richtigen Weise: Du hast mich getötet und mich wiederbelebt. Mein Herz war es in einem Anfall von Schwäche, das mir von den Krokodilen zu den [3,5]Kriechtieren hin entkam.14 [...] meine (?) [...]. So wahr mein Vater lebt, der mich erschaffen hat! Ich will vorn an ihm herauskommen.15 Ich will mich nicht mit einer oder einem von ihnen zusammentun, in [alle Ewig]keit. Der große Gott [... ...] das Gift. W[er ...] das Wasser seines Mundes gegen es? [...] vergangen wegen [ihr]. nachdem es [ins] Wasser gefallen war, nachdem es geworden war zu [... ... ...] [... ... ...] es löschen. Das Gift ist gestorben, es existiert nicht (mehr). Die Suy(?)-Schlangen [...] es. Retten [...] euch/euere [...] Der Zauber der rrm-Medizin ist gegen es, um zu vernichten [...]15a [... ... ...] ihre [...] bis in Ewigkeit (?) Nun ist es, der [seine Große liebt (?)].17 [Die Götter, die das Wasser des] Gifts [geschluckt haben], sind alle Glieder des NN, geboren von der NN. ist.
[3,10]Dieser Spruch werde [viermal] gesprochen und an das Herz des Gebissenen gegeben. [...] vier [...] [Ein Bild des] Sobek, das beschrieben ist mit dem "Wasser" der Setiu-Krokodile, der Suy-Krokodile des Großen, der Saq-Krokodile und der Iberu-Krokodile, die gezeichnet sind mit rotem Ocker auf einen neuen Topf, gefüllt mit Süßbier. Werde vom Gebissenen getrunken.
1 ḥwy nꜣ: Leitz erkennt die Partikel ḥw und den Artikel Plural nꜣ vor stj.w als Einleitung des Vokativs ("O crocodiles!"). Das bringt grammatische Schwierigkeiten mit sich, denn die Partikel ḥw leitet eigentlich einen Wunschsatz ein (EG §§ 119,7; 133; 238; 324; 414,3; 450,5,b.). Hier müsste dann eine Ellipse oder eine fehlerhafte Auslassung vorliegen. Außerdem würde sich der Plural nꜣ stj.w in einem Singular snḏ=k fortsetzen, als ob ein konkretes Krokodil angesprochen wird. Nun ist das Aleph von nꜣ beschädigt und Stegbauer 2015, 231, Anm. 39.5 möchte deshalb n=j statt nꜣ lesen, wobei sie die Pluralstriche bei stj.w tilgt. Dann bekäme man einen normalen Wunschsatz: "Ach, hätte ich doch (ein) Krokodil!". In einer unpublizierten Teilparallele in Stele Chicago Field Museum 31737 scheint "Go to her, O crocodile" zu stehen (Ritner, Horus on the Crocodiles, in: Allen e.a., Religion and Philosophy in Ancient Egypt, YES 3, New Haven 1989, 112).
sw snḏ=k s(w)/s(j): Leitz (S. 6, Anm. 18) und Stegbauer (2015, 231, Anm. 39.6) erkennen in sw am Satzanfang die satzeinleitende Partikel oder das satzeinleitende Pronomen nach EG § 240 bzw. Add. zu § 148 (p. 424), fassen jedoch snḏ und das anschließende sw/sj unterschiedlich auf: "And so may you fear him" vs. "Dann wirst du ihr Angst einjagen". Dabei macht das Pronomen nach snḏ=k Schwierigkeiten, denn es ist ssw geschrieben, mit einem s zu viel und dem Verspunkt zu weit vorn. Leitz scheint in sw den Patienten zu erkennen, Stegbauer die zuvor genannte Göttin. pẖr jb bedeutet nach Auskunft des WB I, 544, 14 "jemandes Herz (zum Guten) umwenden"), d.h. ihn umstimmen. Stegbauer 2015, 231, Anm. 39.7 erwähnt noch einen Vorschlag von Quack, pẖr n=j jb=s zu lesen: "Dann wird sich ihr Herz mir zuwenden."
2 Gegen Stadler (2003) nehme ich eine verbale Auflösung des ersten Teils der Namensformel an, da tj im dritten Vers der Formel nur als enklitisches Pronomen aufgelöst werden kann (so auch Müller (2002), S. 428). Die von Leitz vorgeschlagene Übersetzung: "Your sṯyw-crocodiles are against her in your names of sṯyw-crocodiles. Your march is against her in your name of swy-crocodiles. Your wariness is against her in your name of sꜣq-crocodiles. Your jbrw-crocodiles are against her in your names of jbrw-crcodiles" verkennt m.E. den Aufbau der Namensformel, bei der m.W. die Handlungsweise des Angerufenen mittels eines Wortspieles auf den Namen in Bezug gesetzt wird. Die Übersetzung von Stadler (2003) ist zwar gegenüber der von Leitz vorgebrachten Variante erheblich verbessert, aber ich halte einen Wechsel zwischen einem Adverbialsatz mit substantivischem Subjekt (Schema: Dein X ist gegen sie in deinem Namen X) und einem mit substantivierter prospektivischer Verbalphrase als Subjekt (Schema: In deinem Namen X sollst du X-tun) eher für unwahrscheinlich. Daher muß man mit Müller (2002) nach entsprechenden Verben suchen, was v.a. für jbr nicht einfach ist. Hier bietet sich neben dem von Müller (2002) vorgeschlagenen bnw, bei dem dann das anlautende j zu erklären wäre, das semitische Fremdwort jbl "fließen" an (Hoch, Semitic Words (1994), 49), hier vielleicht am besten als "wegschwemmen" zu interpretieren. Dieses wird im Ägyptischen i.d.R. syllabisch geschrieben. Daneben könnte auch das demotische Lemma brbr "jagen" in Betracht kommen, doch bleiben hier sowohl das anlautende j als auch die fehlende Wurzelreduplikation zu erklären. Auch das vorletzte Verbum (s{j}ꜣq) bietet einige Schwierigkeiten: Zum einen ist die Schreibung mit dem eingefügten j zumindest seltsam, zum anderen scheint das im WB IV, 25, 16 angegebene "sich in Acht nehmen vor etw. Bösem" inhaltlich nicht zu passen.
3 Stegbauer 2015, 232, Anm. 39.12 denkt an nṯr.t r s[rq ḥt]y(.t) oder an nṯr.t tn [r srq ḥt]y(.t): "Diese Göttin wird die Kehle [atmen lassen]". Die Lücke ist ziemlich klein, aber die Kombination nṯr.t tn findet sich erneut in Kol. 2.1, 2.14-15 und 2.16.
4 Gegen Leitz kann die Lücke vor fy m.E. zu ḏdfy ergänzt werden. snm ist wie das Homonym "traurig sein" mit G37 determiniert. Leitz übersetzt den Satz daher mit "The marsh-dwellers of this goddess are mournfull", was m.E. nicht besonders gut in den Kontext paßt. Dagegen ist weiter unten noch einmal vom Zustand des Aufgefressenwerdens (rʾ-ꜥ wnm) die Rede, so dass hier wohl eine Falschdeterminierung des Verbums snm "auffressen (lassen)" vorliegt. Darauf könnte auch das M17 vor G37 hindeuten, das zu streichen ist. Das n als Schreibung für die Präp. m sehe ich als unproblematisch an.
5 D21 steht hier m.E. als Schreibung für jw. Leitz übersetzt dagegen: "The marsh-dwellers of this goddess are mournful from the heat of her fire" und gibt die anschließenden Verse als Hauptsätze wieder: "She burns the hair, which is on their head. They embrace the hair of their body. There occurs shedding of the tmw by the snakes."
6 Mit Roccati (2001) und Müller (2002) ist hier sicherlich die Partikel jrf zu lesen. Da man jꜣ.t "Qual" m. W. nicht mit der Sonnenscheibe determinieren kann (vgl. WB 1, 35, 17-18), nehme ich das Wort ꜣ.t an.
7 Bei der Lesung folge ich dem Vorschlag von Müller (2002), S. 428. Wie er anmerkt, könnte man alternativ auch "nfi̯ nfw r=s" lesen ("die Winde hauchten auf sie"). Man könnte zudem die Bildung eines Intensivums zu nfi̯ (nfnf) in Betracht ziehen.
8 Zu rʾ-ꜥ vgl. Erman, NG, § 439. nṯr jb=f: Quack, in: Fs Kitchen, 413 möchte hier nṯrj=f: "sein Herz" lesen.
9 Der Wechsel von der 2. zur 3. P. Plural ist sicherlich fehlerhaft. Vielleicht liegt eine Auslassung vor? Leitz sieht den Wechsel in einem Wechsel zur indirekten Rede begründet, unter der Annahme des Ausfalls einer redeeinleitenden Phrase wie "ḏd=f n=sn" o.ä. (Leitz, S. 7, Anm. 35). M.E. ist es jedoch wahrscheinlicher, dass die Drohung des Gottes im "Urtext" in der 3. Person wiederholt wurde und der Schreiber diese Zeilen übersprungen hat.
10 Das ꜥpnn.t-Tier wird in mehreren Rezepten (Belege vgl. GdM VI, S. 84) als Zutat angegeben. Explizit gegen Schlangenbisse wird es im Brooklyner Schlangenbuch eingesetzt (P. Brooklyn 47.218.48 und 85, 5, 17), wo das Tier aufgeschnitten wird und die Bißwunde mit den beiden Hälften des Tieres verbunden wird. Auch in anderen Rezepten wird es gespalten appliziert (z.B. in H. 197; Ram II B2). Häufig wird es in Öl aufgelöst. Da das Tier eigentlich feminin ist, vermute ich, dass sich das folgende Subjektspronomen auf das ꜥpnn.t-Tier bezieht. Inwiefern das auch für die weiteren Pronomina gilt (oder ob diese auf die Göttin rekurrieren), kann ich derzeit noch nicht sagen. Die Identifizierung des ꜥpnn.t-Tieres ist mehrmals versucht worden. GdM VI nimmt an, dass es sich um einen Wassermolch handeln könnte, was Sauneron, BG 11 (1989) übernimmt. Leitz (S. 7, Anm. 37) weist jedoch darauf hin, dass es das fragliche Tier in Ägypten nicht gebe. Ein anderer Vorschlag, dem ich hier folge, geht auf Chassinat zurück, der das Tier mit dem Fischotter gleichsetzt (Chassinat, MIFAO 32 (1921), 214-15). Der Fischotter ähnelt vom Aussehen her dem Mungo (vgl. Boessneck, Die Tierwelt des Alten Ägypten, 1988, Abb. 67 und 72b) und ernährt sich u.a. von Schlangen. Daher ist der Einsatz seines Fleisches als Heilmittel gegen Schlangenbisse durchaus sinnvoll.
11 Leitz ordnet jsy dem Verbum jsy (GdM VII, 105) zu, das dort mit "sich in einem schlechten Zustand befinden" wiedergegeben wird. Da die Parallelen von pAnastasi I, 3, 1 anstelle von jsy jspw führen, übersetzt Fischer-Elfert es in ÄA 44, S. 37 mit "entbehren" (vgl. dazu ÄA 44, S. 38, Anm. d.). Der Verspunkt nach jsy ist verrutscht, er müßte m.E. erst nach jrj stehen, das hier sicher nicht die einleitende Partikel jr ist, da im Papyrus alle jr-Einleitungen ohne die Dualstriche geschrieben sind (vgl. 2, 14 und pBM 10309, 1, 16; 2, 1 und 2, 3). Dagegen wird jrj "davon" mit den Dualstrichen versehen (so in 2, 15). Auch die Schreibung des Wortes tm spricht dafür, denn es wird in 2, 14 und 6, 6 ohne, im vorliegenden Fall jedoch mit t-Komplement geschrieben.
12 Leitz: "As concerns not raising an arm towards her by people: the poison has risen in the living. It has blocked (or similar) the fat, which is in their body." Er merkt zu fꜣj ꜥ an: "in other words people (weakend by the poison, cf. next verse) could no longer bring offerings to the gods. Cf. for this meaning of fꜣj ꜥ Herbin in RdE 35, 1984, 110, n. 9 and Ptolemaic temple relief titles such as fꜣt ꜥ m šns 'raise the arm with the offering loaf'. Geht man diesem Hinweis nach, kommt man schnell zu dem Ergebnis, dass die Stelle, auf die sich Herbin bezieht, zwar innerhalb einer Opferbeschreibung vorkommt, dort jedoch das Epitheton "der mit erhobenem Arm" gemeint ist, das sich im Kontext eindeutig auf den Horusaspekt ("Horus mit erhobenem Arm") des Amun von Djeme bezieht. Die Anmerkung Herbins ist dessen eigene Interpretation dieses Epithetons: "geste caractérisant ici la présentation d'une offrande". Jedoch ist der erhobene Arm des "Horus, der seinen Arm erhebt" ein Abwehrgestus (vgl. Junker, Onurislegende, 1917, S. 36 und RÄRG, S. 464). Daher nehme ich an, dass im vorliegenden Fall ebenfalls eine Abwehrhaltung gemeint ist. Zu ꜥḏ.t bemerkt er: "Cf. Grundriß der Medizin VII, 179 ꜥḏt perhaps 'fatty matter (of the heart)'". Diese Übersetzung ist aufgrund des Kontextes abzulehnen. Wesentlich besser ist "Gemetzel".
13 Der Satz ist schwer verständlich. Als einzige gangbare Lösung bietet sich m.E. die Lesung von m-bꜣḥ als Nisbe an. Fraglich ist, ob hier die in WB I 73, 17, 18 angesprochenen Vorfahren gemeint sein können, oder nicht vielmehr die sich räumlich vor der Giftgöttin befindenden anderen Schlangen, mit denen sich die Göttin vereinen soll. Inhaltlich geht es doch vermutlich darum, der Giftgöttin einen angemessenen Platz zuzuweisen (nämlich bei den Giftschlangen). Eine weitere Möglichkeit ergibt sich aus der Homophonie von mtw.t "Gift" und mtw.t "Same", der die Felder befruchtet (sḏꜣm): Das Gift soll auf das, was vor der Schlange ist, ausgespien werden, es soll den Boden "befruchten", nicht in die Wunde eindringen!
14 Ich folge hier Müller (2002), der pr.y als Partizip auffaßt.
15 Bei ꜥnḫ jt=j stand die Eidformel Pate (Hinweis Fischer-Elfert). ḫnt ist evtl. ganz wörtlich zu nehmen und eine Anspielung auf die Entstehung der Uräusschlange.
16 Auch wenn Leitz rrm mit Mandragora wiedergibt, ist deren Identifizierung m.W. keineswegs gesichert.
17 Für die Lesung Nwn siehe Quack, in: Fs Kitchen, 414.
Spruch 3 (Rto 3,12-5,4)
Ein anderer Spruch (?):1 Ein Zittern ist im Himmel, ein Beben ist auf der Erde! So klagt die große Götterneunheit. Die Stimme einer Armen, die klagt, deren kleiner Sohn auf ihren Armen ist und deren Schwester bei ihr ist, während sie wehklagen, sie gelangt zum Himmel. Was sie sagt: "Komm zu mir, Vater Erde, Mutter Nut, Atum, der [3,15]die Götter schuf, die im Himmel sind und im Auge der Lebenden. Ich bin Isis, die Nachfahrin deiner Nachfahrin! Von einem Feind, der in seiner Rage war, wurde der Nachfahr deines Nachfahren gebissen!"
Der große Gott hielt an 〈an〉 seinem Platz, als man für ihn die Fahrt seiner Mannschaft stoppte. "Was ist das, was ist das, dieses, das ich gehört habe? Rettet die Elenden vor dem Starken, die Klagenden vor dem, der den Arm mit seiner Kraft erhebt!"
Da sprachen die, die im Gefolge des Gottes waren: Ist das nicht die Klage eines Elenden? Ist das nicht das Geschrei einer betrübten Frau? Isis ist es! Ihr Sohn wird sie umarmen, nachdem der, der in seiner Rage ist, ihn gebissen hat. [4,1]Belebe ihren Sohn, indem der, der unter dem Stab ist, festgehalten wird. Ach, möge doch vervollständigt werden das Haus seines Vaters, das leer geworden war, als ihr Vater in der Unterwelt und ihre Schwester in Bjt.t war. Ihr Leiden resultiert aus der Verengung des Giftes!"
Da sprach Horus, der Herr der Ewigkeit: "Atum, der größer ist als die Götter, lasse dich nieder, um Macht gegen das Gift zu geben!" Daraufhin musste [...], der Gott, sich niederlassen, um 〈ihn〉 zu beleben: "Was ist denn sein Verbrechen? Horus ist doch noch ein Kind! [...] das Entgelt, er vermindert [...] Er soll nicht einsinken (?) und sich vergreifen an [?].
Beschwörung der Serqet: "Komm doch mit mir!" [Mögest du] veranlassen [eine Erweiterung] der Kehle. [Mögest du] spenden [Lebensodem] [für] [4,5]die Kehle. Wenn hervorkommt [...] Wer ist es, der ausleert / sucht / umnachtet ist [...] [...] der mit Unheil schlägt [...] meinem Herzen, indem es (das Herz?) müde geworden ist. [Komm doch,] komm auf die Erde herauf, o Gift [das im] Leib des jungen Horus ist. [...] Stirb, wer ihn gebissen hat! Falle [auf die Erde], [...] richte [Horus] auf, [bel]ebe sein Herz! Ist denn das Gift stark [in seinen Gliedern]? Ist denn das Gift mächtig in [seinem] Fleisch? [Nicht wird verschlossen werden seine] Nase [...] [Nicht werden] die Augen [verschlos]sen werden. Nicht [...] seine Kehle. Lebt 〈Horus〉, dann lebe ich, 〈lebst du〉, [dann lebt der NN, Sohn der NN] [...] durch meinen eigenen Mund und [meine eigenen] Lippen, [4,10]durch meinen eigenen Ba, den ältesten Heka, [...] Heka.
Die Zaubersprüche der Neunheit sind dort: O Zwerg! [Meine Zaubersprüche sind gegen] meine Feinde gerichtet, um die Wirkung des Giftes der Neha-Her-Schlangen zu entfernen! Ach, mögen sie in Ewigkeit bar von Kraft sein! Meine Zaubersprüche sind gegen den Himmel gerichtet, um die Götter zu vertreiben! Meine Zaubersprüche sind gegen die Erde gerichtet, um die Menschen zu vertreiben! Meine Zaubersprüche sind gegen die Gewässer gerichtet, um die Krokodile zu vertreiben! Meine Zaubersprüche sind gegen das Fruchtland gerichtet, um die Kriechtiere zu vertreiben. Meine Zaubersprüche sind gegen das Wüstengebirge gerichtet, um die Löwen zu vertreiben. Meine Zaubersprüche sind gegen die Wolken gerichtet, um die Reiher zu vertreiben. Meine Zaubersprüche werden wirksam sein [durch] meine wirkmächtigen [Worte] und meine Schutzamulette und Präventivzauber die ich gemacht habe, die ich erschaffen habe [4,15]im Jubel über sie, die wirksam sein werden in ihrer Anwendung. Möge 〈sein〉 Herz Macht haben über/durch Jene. Nicht soll man für es handeln. Du sollst folgen, ohne deinen Schritt auszustrecken, ohne dich zu bewegen in [die Breite], indem sie/du geformt (b)ist. Du sollst stillstehen wegen meiner mächtigen Worte, wie ich stillstehe, wenn er einen Durchlaß findet. [5,1]Nachdem der Himmel dich bestraft hat [...] [...] durch das Leben des NN, geboren von der NN.
[...] eine Statue der Isis aus Feuerholz. Werde zu Knoten gemacht, die sind in [...]
1 Leitz, S. 9, Anm. 45 merkt an, dass es keine Parallele für die Schreibung von rʾ mit dem Schlangenzeichen I86a (oder überhaupt mit Schlangenzeichen) gibt. Er schlägt eine Ableitung von der rʾ-Schlange vor bzw. eine Auslassung: Ich folge hier letzterer Auffassung.
2 Die Übersetzung folgt Müller (2002). Der feminine Stativ sg. bezieht sich mit Sicherheit auf die nmḥ.t, hinter der man Isis erkennen darf. "zꜣ=s nḫn.w ..." und "di̯=sn ꜥwn" sind m.E. virtuelle Relativsätze zu nmḥ.t, während der letzte Satzteil der eigentliche Hauptsatz ist.
3 Der Übersetzung von Leitz: "Atum, who made the gods, who are in heaven, out of the eyes of the living god" kann ich nicht folgen. Vor ꜥnḫ.w steht kein Götterzeichen R8. Außerdem heißt m m.E. eher "in" als "aus". Ob hier die Götter in Form von Sternen gemeint sind?
4 Zur Übersetzung von sꜣ.t mit "Nachfahrin", vgl. Franke, "Altägyptische Verwandtschaftsbezeichnungen im Mittleren Reich" (HÄS 3), 1983, S. 160.
5 Das Determinativ N5 deutet m.E. eher auf eine neuägyptische Schreibung für "Moment, Rage" (ꜣ.t) hin als auf das von Leitz angesetzte jꜣ.t.
6 Schwierigkeiten bereitet v.a. das Wort nꜥj.t, das man, wie schon Leitz, S. 9, Anm. 56 anmerkt, zunächst gerne mit WB II, 207, 16 verbinden würde. Nach van der Plas, L'hymne a la crue du Nil, Leiden 1986, pl. 54, und Text S. 103-4 ist dieses Lemma jedoch zu tilgen (da eine Verschreibung vorliegt). Leitz übersetzt daher mit "mooring-stage of his house". Dennoch muß der nꜥj.t vom mnj.t-Pflock unterschieden worden sein. Nach Spiegelberg, Koptische Etymologien, 1920, S. 9f. scheint es sich um einen Teil des Schiffes zu handeln. Der nꜥj.t ist im Gegensatz zum mnj.t also offensichtlich der Pflock, der an Bord des Schiffes steht, und an dem das Landetau befestigt wird (so auch Grumach, Amenemope (MÄS 23), 1972, S. 26). Da aber ein Haus keinen Haltepflock hat und nꜥj.t sicher nicht die Landestelle bezeichnet (da es ein Schiffsteil ist), muß eine andere Erklärung gefunden werden. In der "hymne al la crue du Nil" ist nꜥy.t in identischer Schreibung (mit dem Det. O1) eine Verschreibung für nꜥi̯ "fahren" (vgl. van der Plas, op.cit., Taf. 54.) Setzt man für pḥ die Bedeutung "zu Ende kommen" (WB I, 535, 11) an, die mit einem Infinitiv gebildet wird, so ergibt sich m.E. ein viel besserer Sinn: "indem man mit der Fahrt seines Hauses zu Ende kommt". pr kann bekanntlich nicht nur das Gebäude an sich, sondern im übertragenen Sinne auch die Bewohner desselben heißen (WB I, 512, 4). Damit bedeutet der Satz, dass nicht nur der Sonnengott, sondern die gesamte Mannschaft durch das kosmische Unglück zum Stehen gekommen ist.
7 Hier weiche ich stark von der Übersetzung Leitz' ab: "Whomsoever, whomsoever! Take care! Hear me, and rescue the weak from the violent...", in der ich keinen rechten Zusammenhang mit dem restlichen Text erkennen kann. Vielmehr glaube ich, dass es sich bei nwy nicht um einen Imperativ von nwi̯ "sorgen für" (WB II, 220, 5-13) handelt, sondern um eine korrupte Schreibung des Demonstrativums nw (WB II, 216, 2-17). Zu m-pw vgl. nicht nur die bei Leitz genannte Stelle in Fischer-Elfert, Die satirische Streitschrift des Papyrus Anastasi I, AÄ 44 (1986), sondern auch Grapow, Wie die alten Ägypter sich anredeten..., der auf pTurin 1933, vs. 6 ("Legende von Isis und Re") verweist, wo m-pw zp 2 als Synonym von ptr verwendet wird. Mit Leitz fasse ich jedoch das r vor nḥm als Schreibung des anlautenden j: auf.
8 Wie schon Müller (2002) bemerkt, können dieser und der folgende Vers auch kontrastierend zu "Ꜣs.t pw" aufgefaßt werden: "Das ist nicht die Klage (irgendeines) Elenden! Das ist nicht das Geschrei (irgendeiner) Frau!"
9 Sowohl Leitz als auch Müller (2002) übersetzen ẖr.j-md.w=k als "der, der unter deiner Aufsicht ("authority") ist. " Diese Bedeutung leitet sich wohl von WB III, 394, 9 ab. Wörtlich bedeutet die Nisbe jedoch "der, der unter dem Stab ist" und das könnte sich auf die Schlange beziehen, die durch den Stab des Gottes festgehalten (smn) und so unschädlich gemacht werden soll.
10 Dieser Satz ist gleich in mehrerer Hinsicht schwierig. Ich schließe mich in meiner Übersetzung der Auffassung Leitz' an, in tm das Vollverb "vollenden, vervollständigen" zu sehen. Der Wechsel der Pronomen von der 3. sg. masc. zur 3. sg. fem. ist inhaltlich nur als Perspektivenwechsel von Horus zu Isis zu erklären. Bjt.t könnte man evtl. mit der Horusfrau Tꜣ-bjṯ.t in Verbindung bringen, doch lehnt Leitz dies ab (S. 10, Anm. 60). Auch eine Verbindung zur unterägyptischen Krone weist er zurück. Müller (2002) verbindet Bjt.t aus inhaltlichen Gründen mit einem Toponym, das evtl. auf einer Türverkleidung aus dem Gebiet von Tell el Daba'a belegt ist, und verweist auf Habachi, Tell el Daba'a (2001), 208.
11 Die Identifizierung des korrupt geschriebenen Wortes jwy erfolgt mit Leitz, S. 10, Anm. 61.
12 Aufgrund des Verspunktes halte ich "nb nḥḥ" für eine Apposition zu Horus und nicht für einen Vokativ.
13 M.W. leitet die Rang-3-Partikel kꜣ(y) eine eher futurische Zeitlage ein (Schenkel (2005), S. 248).
14 Unter nḫn.w wurde nach E. Feucht, Das Kind im Alten Ägypten, S. 530 wohl vorwiegend das Kleinkind verstanden, jedoch konnte das Wort auch für den Heranwachsenden verwendet werden. In den Texten wird sehr häufig die Unschuld des nḫn.w betont (dies., S. 374f.).
15 Der Sinn entgeht mir. Jedoch erscheint mir ḫbꜣ "hacken" noch unwahrscheinlicher als ḫbꜣ "vermindern" (wegen der Kontaktstellung mit šb.t "Entgelt").
16 Dem Determinativ nach erscheint hrp "einsinken" die einzig mögliche Ergänzung zu sein, auch wenn der Platz in der Lücke sehr spärlich ist. Was nmj in diesem Zusammenhang bedeutet, weiß ich nicht. Ob, wie Leitz S. 10, Anm. 65 anmerkt, das Verbum nm (WB III, 264, 11-12) vorliegt? Der Sinn entgeht mir bislang.
17 Die Ergänzung zu nm "wer" erfolgt mit Müller, S. 429. Im Gegensatz zu Leitz lese ich das folgende Wort nicht ḫꜣ[ꜥ], sondern wḫꜣ, wobei aufgrund des weggebrochenen Determinativs die exakte Zuweisung zu einem Lemma offen bleiben muß.
18 Vor ḥwi̯ stehen noch die Zeichen Z7-Z4:Y1-A24.
19 Im Gegensatz zu Leitz erscheint es mir nicht schlüssig, dass in einem Zauberspruch gegen die Wirkung des Giftes dessen Macht konstatierend bzw. affirmierend festgestellt wird. Daher sind m. E. dieser und der nächste Vers als Fragen aufzufassen.
20 Sinngemäße Ergänzung unter Berücksichtigung des noch vorhandenen Determinativs.
21 Die Spuren vor nw weiß ich nicht zu deuten.
22 Die Stelle ist verderbt. Nach ꜥnḫ muß sicher ein Göttername, wahrscheinlich Horus, ergänzt werden. Außerdem scheint ein Wechselsatz vorzuliegen, der nicht ausgeschrieben worden ist. Stattdessen sind die beiden Suffixe j und k übereinander geschrieben.
23 Vor jn evtl. V12:N35. Die Lesung sp.tj erfolgt mit Müller. Die Lippen könnten mit der Götterneunheit in Zusammenhang zu bringen sein (vgl. Schott, ZÄS 74, 94-96).
24 Da der Textzusammenhang fehlt, kann natürlich jede andere mit jn gebildete Konstruktion vorliegen. Der Papyrus unterscheidet deutlich zwischen dem Gottesnamen Heka, der mit dem Löwenhinterteil über der Standarte geschrieben wird, und den Zauber(sprüchen) ḥkꜣ.
25 M.E. können die Zeichen vor R8A nur zu psḏ.t ergänzt werden (vgl. 3, 13).
26 p.t steht in Z. 12 am Anfang über der Zeile als Verbesserung eines ursprünglichen Auslassungsfehlers.
27 Mit Müller (2002) halte ich ꜣḫ.tj=sn für das Verbaladjektiv. Damit kann der Satzteil jedoch nur ein Attribut zu sꜣ.w mk.t sein. M.E. konstatiert der Satz die Gleichrangigkeit von Worten und Amuletten. ḫꜥi̯ bedeutet hier sicherlich die konkrete Anwendung der Amulette.
28 Gemeint ist wohl das Gift.
29 msḏr muß hier sicher zu nmt verbessert werden. Außerdem sollte statt der 1. P. sg. c. die 2. P. sg. f. stehen, was durch eine Verschreibung von B1 zu A1 erklärt werden kann. Der umgekehrte Fall, dass B1 für A1 steht, kommt auf dem Papyrus noch öfter vor (z.B. Pl. V, 2). Die Ergänzung der Lacune zu "wsḫ.t" ist fraglich (vgl. Leitz, Pl. IV). Fraglich ist, ob sich der Stativ qd.tj auf das direkt davorstehende Femininum bezieht oder auf das Gift.
30 Leitz vermutet, dass ꜥ WB I, 159, 7 sei. Zu diesem Wort vgl. Schenkel, Bewässerungsrevolution, SDAIK 6 (1978), S. 33, der schlagkräftige Argumente für eine Übersetzung mit "Durchlaß" (die Stelle, an der das Wasser kontrolliert einen Bewässerungsdeich durchdringt) anführt. Damit dürfte sich =f auf den Zauber beziehen.
31 ḥbn (WB 3, 63, 8) ist eine Wurzeldeviation zu bḥn (WB 1, 468, 10-17) "abschneiden, bestrafen".
Spruch 4 (Rto 5,4-5,15)
[5,5][...] dein [...] sprang. Die Boten [...] Meine Worte werden gehört durch Ptah [und ...] der Ba des Re. Zurück, Große [...] Meine Worte werden gehört durch Ptah-Nun [...] ... Schrecken. Spei deine Flamme aus! Meine [Worte werden gehört] [5,10]durch Atum und Horus-Hekenu [... ... ...] [und] du sollst dich wegbewegen. Siehe, ich zog aus, um zu hören [...] mit dem Wind, der sein Ansehen gegen den Feind einsetzt. Spei [aus] [...] müde. Siehe, ich befehle, dass meine Worte gehört werden. [...] groß an Charisma. Zurück! [Dein] Feuer [...] Meine [5,15]Worte werden gehört durch Wennefer, den König [...]
Spruch 5 (Rto 6,1-6,17)
[Ein lauter Schrei war draußen, als Isis deswegen losstürzte.]1 [Serqet, die Große, war es, die wegen des Geschreis der Isis 〈kam〉, indem sie sich an den großen Tempel wandte wegen ihres ältesten Sohns, der von ihr stammte, [6,1]wobei sie die Aufmerksamkeit2 des Herrn von Hermopolis erregte,] so dass die großen Götter zuhören. Da sprach die göttliche Isis: "Papyrussäulenamulett3 aus Fayence! Papyrussäulenamulett aus Fayence! Mögest du mich [meinem Vater, dem Allherrn, anmelden!"]
[Da sprach der Herr der Menschheit selbst: Eine Stimme klagt] draußen am Tor, wie die eines Tierweibchens wegen seines Sohnes, der angegriffen wurde.4 Da erwiderte Sia: [... dich informieren ... ... ] deine Tochter, deren Sohn Horus von einer "Verblendet-von-Verstand"-Schlange gebissen wurde.
Der große Gott, er beschwor persönlich: "Das Gift soll vertrieben werden [aus seiner Macht! Du sollst ausspeien, Feind, der in seiner Unwissenheit gehandelt hat,] der ihrem Sohn Horus Schaden zugefügt hat. Er hat keine Sünden, er hat keine Verfehlungen, es gibt nicht [sein] Aussenden (?) [...] [...] [6,5][Nimm dein Gift fort!]
So musst du sprechen zur Erscheinung der großen Nut, der Göttin unter den Göttern, die dich beseelt sein lassen, die dich erscheinen lassen, [die deinen Ka ausstatten wie den der Nehebka-Schlange.]6
"[Wenn] du nicht dein Gift fortnimmst, das [in den Körper des Horus geglitten ist, das in den Körper des Gebissenen geglitten ist, dann sollst du zu Grunde gehen!]"7
So sollst du sprechen zum Feind unter den Menschen, zum Widersacher unter den Göttern.
"Nimm deine Zähne in Acht, schütte dein Gift weg! Abgetrennt soll dein Schädel werden, weggenommen [deine Kraft!] Du sollst dich vor einer Maus fürchten, du sollst dich ängstigen vor einem Frosch, du sollst zittern vor den Küken des ꜥꜥ.w-Vogels, du sollst [das snb.tt-Tier] loslassen! Du sollst dich in den Hügel zurückziehen, der dich hervorgebracht hat.8 Dein Vater Erde kann dich nicht [verbergen],9 deine Tochter Ziegelstein existiert nicht für dich! Du sollst von der Erde verschwinden, [6,10][du sollst im Wasser ersaufen, du sollst zur Zerstückelu]ng [gehen,] du sollst zur Schlachtung [kommen!] Erinnert man sich deiner, spuckt man auf deinen Namen! Komm heraus auf [die Erde, o verderbliches Gift, das im Körper] des kleinen Horus ist! Ich will [den Kindern] dieser [Göttin] Leben schenken.10 Dann können die, die in ihren Hügeln hausen, leben, [...]11 ohne Herumkreisen, ohne Brennen, [..., kühl wie] Wasser, starr wie Stein. Deine Hitze sei vernichtet, gelöscht sei dein Feuer im Körper des NN., Sohn der NN.! [...] die beiden Schwestern, die Großen, die beiden Göttinnen, die beiden Schwestern: Kommt doch in [...] euer Spruch zusammen mit mir. Ich bin Isis, die ihren [...] spricht, die meinem Sohn Horus Luft gibt. Siehe, die Neunheit (?) steht auf aus [ihrer?] der Mattigkeit, [sie setzt sich] auf [6,15]ihren Platz!12 Siehe, der NN., [geboren von der NN.,] ist gesund für seine (= Atums) {Tochter} 〈Mutter〉!
Worte zu sprechen über einem Bild des Atum, das aus Dumpalmenholz gemacht ist, [einem Bild des] Horus und einem Bild des Sia, die aus Tamariskenholz gemacht sind, einem Säulen- oder Papyrusamulett aus Fayence, einer Statue der Serqet, die aus Feuerholz besteht, mit dem Dechsel (?) bearbeitet (?), geholt vom Heuschreckenfeld (?).13 Werde an den Hals des Gebissenen gegeben; wirklich vorzüglich.
1 Bei dem Text handelt es sich um die bislang älteste Version des Spruches der 3. Sektion § 5 auf der Heilstatue des Djedhor, der zur Ergänzung des leider sehr bruchstückhaften Textes herangezogen wurde. Dabei wurde jedoch streng darauf geachtet, dass die Textergänzungen mit dem Platzangebot auf dem Papyrus in Einklang zu brigen sind.
Die Ergänzungen in eckigen Klammern erfolgen i.d.R. nach der Parallelüberlieferung des Spruches auf der Heilstatue des Djedhor, 3. Sektion, § 5 (vgl. Jelinkova-Reymond, BdE 23).
2 Zu jꜥn.w "Aufmerksamkeit" vgl. Gunn, JEA 16 (1930), S.151.
3 Eine Verbindung des Wadj-Amulettes zu Thot stellt der Spruch TB 160 dar, in dem vom Papyrusamulett gesagt wird, dass Thot es in der Hand hält. Im vorliegenden Spruch wird Thot offensichtlich selbst mit dem Papyrusamulett gleichgesetzt.
4 sbꜣ: Der Papyrus schreibt sbꜣy.t und determiniert das Wort mit G37 und Z3. Jedoch muß hier sicher sbꜣ "Tor" emendiert werden. jd.t: Ich folge der Lesung von Müller (2002), 530, da m. W. šdj nicht mit der Haarlocke determiniert werden kann. Die von Jelinkova-Reymond (BdE 23), S. 74, Anm. i, vorgeschlagene Lesung des sehr seltsamen Zeichens auf der Statue des Djedhor als Skorpion (ḏꜣr.t) sowie ihre Ergänzung eines pzḥ (o. ḏdb, BdE 23, S. 75, Anm. 7.) scheiden m.E. aufgrund der hier vorliegenden Parallele aus, da eine zweimalige Auslassung des Verbes unwahrscheinlich ist. Daher muß man auf Djedhor vermutlich ebenfalls jd.t lesen. Zu jd.t vgl. Collombert, RdE 46 (1995), S. 205-208. Im Gegensatz zu Müller (2002) ist m.E. in der Lücke jedoch nicht jw zu ergänzen, sondern der waagerechte Strich unter dem Tierdeterminativ nach jd.t als Präposition n aufzufassen, die hier kausal zu übersetzen ist. Dazu paßt die Variante r auf der Statue des Djedhor, durch die ebenfalls ein Kausalzusammenhang ("betreffs ihres Sohnes") hergestellt wird. Ein weiteres Problem, das die vorangegangenen Bearbeiter übersahen, ist die Übersetzung von tkn. Nach Auskunft des WB V, 333,10-335,12 bedeutet tkn "sich nähern", ist also ein intransitives Verb und wird im Ägyptischen i.d.R. mit Präpositionalobjekt gebildet. Dabei bedeutet tkn m "sich jemandem nähern", aber auch "jemanden angreifen", wobei der Angegriffene nach m erscheint. tkn in der Bedeutung "wegtreiben" wird vom WB gar nicht geführt, jedoch von Hannig, HWB, S. 941, der dafür aber die Konstruktion tkn r-bnr oder tkn ḥr angibt. Nun kann das Ägyptische aber auch intransitive Verben ins Passiv setzen (vgl. Gardiner, EG, § 376), muß danach jedoch ein resumptives Element anführen, das hier durch das Suffixpronomen nach jm gebildet wird. Somit bezieht sich =f weder auf die Türen noch auf die Stimme, sondern auf zꜣ=s, der ja bekanntlich angegriffen wurde. Die Variante der Statue des Djedhor, die jm=s schreibt, läßt sich auf diese Weise ebenfalls erklären: Denn dort ist das Partizip als Aktiv aufgefaßt worden und das Suffix bezieht sich dann logischerweise auf das Muttertier, dem sich das Junge hilfesuchend nähert. Wie in Z. 6,5 weist die Statue damit die grammatikalisch einfachere Variante auf. Somit heißt die Übersetzung der Statue: "Eine Stimme klagt draußen am Tor, wie die eines Tierweibchens in Bezug auf ihren Sohn, der sich ihr nähert" und die des Papyrus: "[Eine Stimme klagt] draußen am Tor, wie die eines Tierweibchens wegen ihres Sohnes, der angegriffen wurde."
5 Die Verbesserung der initialen sḏm.n=f-Form zu sḏm.jn=f orientiert sich an der Parallele auf der Djedhor-Statue. Dort ist diese Stelle leider ebenfalls schwer beschädigt, jedoch kann dort noch wḏꜣ jb=k gelesen werden, das in der Lacune stand. Der Textzusammenhang ist jedoch zerstört. šp.w-jb ist sicher kein Gattungsbegriff, sondern ein sprechender Schlangenname, der sich aus šp "blenden, blind sein" und jb im Sinne von Verstand zusammensetzt.
6 kꜣ: kꜣ=k wird nach EG §§ 436-7 als Parenthese gebraucht. Daher ist der Satz m.E. als Aufforderung an den Aktanten zu verstehen, der den Spruch an Atums Statt sprechen soll. Der nächste Satz führt dann die wörtliche Rede fort. Die Übersetzung von Leitz "May you speak of the raising of the great uraeus" ist m.E. also aus grammatikalischen Gründen abzulehnen. Die Übersetzung von kꜣ=k durch Fischer-Elfert (2005), S. 55 "Du sollst auf die ahau-(Schutz-)schlange von Nut, der großen Göttin gefaßt sein" leitet sich von der Bedutung kꜣi̯ "denken, an etwas denken" ab. ꜥḥꜥ: Verbal hat ꜥḥꜥ n + Gottesname die Bedeutung "steht für, ist eine Manifestation des Gottes XY". Evtl. liegt hier eine Substantivierung dieses Begriffes vor, so dass sich das Fehlen eines Determinativs in der Papyrushandschrift erklären würde. Zu ꜥḥꜥ n in dieser Bedeutung vgl. Sauneron in BG 11 (1989) und von Lieven, ZÄS 131, (2004), 160-162. nw.t wr.t: Der Papyrus schreibt den Gottesnamen, den ich mit Fischer-Elfert (2005) als solchen identifizieren möchte, wie das Wort nʾ.t "Stadt" (O49:t*Z1) (WCN 80910). Vgl. hierzu auch Pyr. 1595 u. 1596 und Edfu I 559. Das LGG III, S. 538 führt Nw.t wr.t als besondere Form der Nut auf, allerdings nicht in der vorliegenden Schreibung. Daneben gibt es noch eine Göttin Nʾ.t wr.t "die große Stätte" (LGG III, S. 522), die in CT V, 370 c, CT V, 383 b und im TB 110 erwähnt wird. Außerdem ist Nʾ.t wr.t eine Bezeichnung für Tanis (LGG III, S. 522). Statt Nw.t wr.t hat der Text der Statue des Djedhor tp.t, wohl (trotz des fehlenden Determinativs) gleichzusetzen mit der Uräusschlange. dd.w: Die Konstruktion nach nṯr.w ist in der Papyrusversion des Spruches offensichtich neuägyptisch beeinflußt, zumindest spricht das Suffixpronomen der 2. P. dafür. Zur Verwendung des Suffixpronomens als Objekt des Partizips vgl. Erman, Neuägyptische Grammatik, § 82. bꜣ muß folglich ein Infinitiv sein, ebenso das folgende ḫꜥi̯. Die Statue des Djedhor hat die grammatikalisch einfachere Variante dj bꜣ.w=k dj ḫꜥi̯=k nḥb kꜣ=k mj Nḥb-kꜣ.w, der die Übersetzungen von Leitz und Fischer-Elfert folgen.
7 Die Ergänzungen, die Leitz und Fischer-Elfert (2005) anhand der Parallele auf der Statue des Djedhor vornehmen, sind für die Lücke definitiv zu lang. Daher muß die Papyrusversion kürzer gewesen sein. Die vorgeschlagene Ergänzung fügt sich gut in die Lücke ein.
8 Wie Müller (2002) anmerkt, muß hier Partizip + enklit. Personalpronomen vorliegen. Da jꜣ.t eigentlich ein Femininum ist, ist an ḫpr die Femininendung zu ergänzen. Evtl. ist sie aufgrund des folgenden tj ausgefallen.
9 Der Inhalt des ersten Satzes ist durch die Parallele auf der Statue Djedhors bekannt. Die Frage ist nur, ob in der Lacune das Verbum ḥp gestanden haben kann, wie in der Parallele, oder aufgrund der auf die Lücke folgenden Zeichen nicht ein anderes Wort ergänzt werden muß, das ein t als letzten oder vorletzten Radikal enthält, wie z.B. sštꜣ.
10 Der Einwand von Müller (2002), dass hier nṯr.t und nicht Srq.t zu ergänzen sei, ist sicher richtig.
11 Gegen Müller (2002), der vorschlägt, in kꜣ eine Schreibung für kjwj "andere" zu sehen, folge ich Leitz und Fischer-Elfert und tilge das n vor kꜣ.
12 Vor dem Zeichen R8A erlauben die Spuren m.E. die Lesung als psḏ.t (vgl. Taf. 3, 13). Den Ergänzungs- und Übersetzungsvorschlag von Müller (2002) [ḥms]=n ḥr s.t=sn "Siehe, die Götter stehen starr, wir setzen uns an ihre Plätze" ergibt m.E. keinen rechten Sinn, will man in einem Zauberspruch außerhalb von Götterbedrohungen doch sicher nicht das Anhalten des Sonnenlaufs bezwecken. Von daher ist die Übersetzung Fischer-Elferts (2005) vorzuziehen. Außerdem muß in der Lücke mehr als nur ḥms gestanden haben.
13 Die Nachschrift enthält eine Passage, in der die Wörter nicht eindeutig zu identifizieren sind und die daher unübersetzt gelassen wurde: mnḫ m sš ḥr jqj. Leitz sieht in mnḫ wohl das Verbum in WB II, 87, 8-10: "(Perlen) aufziehen; an den Hals hängen", während Fischer-Elfert (2005) offensichtlich von WB II, 84, 13: "mit dem Meissel arbeiten" ausgeht. Keiner der beiden übersetzt das Folgende. Leitz schlägt vor, sš mit WB 3, 482, 15 "Türschwelle" zu verbinden. Evtl. sei das Bild der Serqet darüber aufgehängt worden, um Schlangen vom Eindringen ins Haus abzuhalten (Leitz, S. 18, Anm. 108). Die Übersetzung der darauf folgenden Adverbiale ḥr jqj lassen alle Bearbeiter und Rezensenten offen. Im WB findet sich nur ein einziges Lemma (WB I, 136, 17), das dem vorliegenden Wort nahe kommt. Es scheint ein Gerät zu bezeichnen und ist nur zweimal in einer Inschrift aus äthiopischer Zeit belegt. Für die Lesung jni̯.y m sḫ.t snḥm.y siehe Quack, in: Fs Kitchen, 414.
Spruch 6 (Rto 6,17-8,15)
Ein anderer Spruch: "Nephthys", sagte Isis, "mögest du veranlassen, [7,1]dass die Gehörlosen zurückgewiesen sind,1 die, die auf die Böswilligen hören, ohne die Worte aus dem Mund der Isis zu verstehen!"
Die Stimme des Horus stieß ein Klagegeschrei aus, so dass Isis und Nephthys herbeiliefen, wobei ihre beiden Arme flatterten.2 "Was ist denn, mein Sohn Horus?"
Da sprach Horus zu Isis: "Ich bin's, der herumtollte im Wadi, zusammen mit den Kindern [meiner] Generation. [Ich stieg hinab] in das Minz-Kraut, 〈meine〉 Freunde waren hinter mir, und ich trat auf den Schwanz einer Nebesti-Schlange.3 Als sie zwi[schen] meine [Füße] gekrochen war und sich um meinen Zeh gewickelt hatte,4 [7,5]drang ihr Gift in mich ein, wie das Fließen der Flut, wie ein Dammdurchstich. Seht, mein Körper ist matt, meine Glieder zittern, mein Herz ist nicht mehr in meinem Leib!"
Da sprach Isis, die Göttin: "Kommt doch, Entourage der Götter, Entourage der Göttinnen! Komm [doch, Gefährte des] Re,5 Gefährtin des Re! Laßt uns sehen, was Horus widerfahren ist! Möget ihr den Sohn des Osiris beleben!" "Sieh doch, sieh doch!" sprach Neith, "schau doch, [schau doch]!" [sprach] Serqet. Hab keine Angst, vorwärts, unser Sohn [Horus!] Das ist kein Feind, der sich gegen dich gerüstet hat, kein Götterbote, der [... gegen dich!] Dein Gesicht sei in Heil und Gesundheit! Wir wollen das Schutzamulett des [...] auf dich geben, [so dass] du gesundest. Fließe aus, Gift, das aus seiner Unwissenheit heraus gehandelt hat, [7,10][das im Leib des Horus], des Sohns des Osiris ist. Fließe aus, Gift, das aus seiner Unwissenheit heraus gehandelt hat, [das im Leib des NN., geboren von der NN., ist. Weiche zurück ohne zu zir[kulieren ... ] meinet[wegen]!6 Du bist niedergeworfen, [du bist] zerschnitten [...], weil Neith, die von Re Geborene, dich [beseitigt] hat, als sie 〈dich〉 bestraft hat.7 [Sie] 〈be〉straft [dich durch] ihre wirkmächtigen Zaubersprüche, sie [...] die Wut / Wütenden" sprach Serqet8 mit ihren Zauberformeln, die auf ihren Lippen sind.9 Die Horuskinder bewachen dich, die dich weichen lassen vor ihren Hügeln. Du sollst weichen, du sollst weichen, du sollst umkehren, weil Isis, die Göttin, dich umkehren läßt, nachdem dich diese Götter abgewehrt haben, die Wächter der [7,15]geheimen Tore! Kehr doch um, nachdem Nephthys dich weichen ließ, die Herrin der Schrift mit machtvollen Worten, nachdem sie (dich) bestrafte (?) und [8,1]dich [...] mit ihrem ... ?11 .... Du wirst niedergeschlagen an ⸢dieser⸣ Stätte [...] Sie sollen fortnehmen [deinen Zorn], nachdem Re dein Gehör (?) weggenommen hat.12 [... ... ...] müde [...] dein [...] wie Bier, [...] träge13 [... ... ...] NN. geboren von NN. [...]14 "Herrin von Chemmis", sprach Serqet. [8,5]"Ich will zusammen mit der Herrin von Byb[los, Isis], sprechen: 'Komm doch eilends, vor dem Nordwind [...]" Es sollen dich sehen [...] [...] die Kinder des [Horus (?)],15 die dem Leben [schenk]en, der auf [...] ist.[...] Verengung der Kehle16 [...] [...] die Namen mit Hieroglyphen, indem er belebt [...] mit/als [...] doch Horus für das Leben!17 Siehe, die Schutzamulette der Götter [...] [...] [...] lebt.18 Gift, komm, [komm herauf zur] Erde. Ich bin Serqet! [8,10][...] Deine (?) Sprüch(e) [sind in] seinem Namen des "er wurde [...] im Gottesland".
[...] am Scheitel des Einzigen (?) [...] seine Hände. [... ... ...] Werde vom Gebissenen getrunken.19 Man bringe ein Götterbild [des Sohns] seiner Tochter, des Rächers [seines Vaters (?)]20 [...], (Göttin) ..., Serqet, Hathor, die Herrin von Byblos, Isis, Nephthys, [...] mit getrockneter Myrrhe. Werde an die Kehle des Gebissenen gegeben. Es ist nicht das Gefolge (?)21 [... ... ...] [8,15]die Götter. Werde davor gegeben. Er ist auf der Stelle [gesund].
1 Zur Konstruktion vgl. Erman, Neuägyptische Grammatik § 342 und Gardiner, EG § 315.
2 Die Lücke nach dem ausführlichen Determinativ von ḥw ist gerade mal groß genug für das Suffixpronomen 3. P. Pl. Ein Verb ḥw bezüglich der Tenne ist anscheinend von ḥwi̯: "schlagen" zu unterscheiden laut Fischer, in: BiOr 36, 1979, 23b: "treading the threshing floor".
3 Leitz setzt in 19, Anm. 110 jnjw mit njꜣjꜣ gleich, das von Long in Fs Gutbub, S. 145-59 mit der wilden Minze identifiziert wird. Es könnte aber auch mit der in Eb 725 genannten Pflanze (jnjw) zu verbinden sein sein, auch wenn diese von Grapow, GdM VI, S. 36 mit dem jnj.t-Teil der Dattel oder des Flachses identifiziert wird, hinter denen er die Kerne vermutet. Die nbs.ty-Schlange ist nur hier belegt. Wie Leitz, 19, Anm. 111 überzeugend argumentiert, handelt sich sich vermutlich um eine Ableitung von ꜣsb.t.
4 Leitz, 19 liest r wnm [...]: "It coiled itself up to eat [...]".
5 Meine Ergänzung beruht auf der Annahme einer parallelen Satzbildung. Sollte die Ergänzung sn Rꜥ.w richtig sein, dann hätten wir hier wohl Orion und Sothis (Sirius) als Anführer der krankheitbringenden Dekane vor uns, die von Isis um Hilfe angerufen werden.
6 Ab Kol. 7,11 bis 8,2 können die Formeln des Spruches teilweise mit denen des Apophis-Rituals des Papyrus Bremner-Rhind (23, 17 bis 24, 5) verglichen werden. Jedoch präsentiert der Papyrus BM EA 9997 nur kleine Auszüge dieses langen Rituals (so auch Leitz (2002), S. 20, Anm. 117). M.E. schöpfen beide Texte aus einem großen Pool an ähnlichen Formeln, d.h., sie müssen nicht in Abhängigkeit voneinander gesehen werden. J.F. Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049) (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Nr. 58), Heidelberg 2018, 47-48, 52-68 und 101-110 bietet eine Parallelbearbeitung der verschiedenen Textparallelen von Kol. 7,10 bis 8,2. Für den Anfang von Z. 7,11 schlägt er die Lesung bzw. Ergänzung nn tb[.tj=k] / [ḥr ḥr]=⸢t⸣ vor: "[du] hast keine Fußsohl[en.] [(Fall) auf] ⸢dein⸣ [Gesicht]! (55, Anm. (c) und 57, Anm. (e)). Weil die Formeln gegen eine weibliche Person bestimmt ist, müßte die Ergänzung nn tb[.tj=t] lauten.
7 [dr].n=s ṯn njk.n=s ṯn: Vgl. jetzt die Parallelen bei J.F. Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049), Heidelberg 2018, 52-53, 58-59, Anm. g und h sowie 103-104.
8 [ḫsf]=st: Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049) (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Nr. 58), Heidelberg 2018, 61, Anm. (k) erwägt [ḫsf]=s nach den Textparallelen zu ergänzen, hat für das anschließende jn oder j.n jedoch keine Erklärung.
9 tp.w-rʾ.y: Die auffällige Orthographie von tp.w-rʾ.y weist laut Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049) (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Nr. 58), Heidelberg 2018, 61, Anm. (l) auf Univerbierung hin.
10 sḥmi̯ n bedeutet nach WB IV, 215, 3 "weichen lassen vor". Ob sich das Suffixpronomen 3.P.pl. auf die Horussöhne bezieht, muß offenbleiben, da mir bislang keine Verbindung der Horussöhne zu "Hügeln" bekannt ist. Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049) (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Nr. 58), Heidelberg 2018, 62, Anm. (o) und 106, stuft jꜣ.t "Hügel" als Fehlgraphie von ꜣ.t "Ansturm" nach der Parallele in pBremner-Rhind (4. Jh. v. Chr.) ein (vgl. in Kol. 8.1. jw sḫr.tw=ṯ n jꜣ.t=st ⸮twy?).
11 bḥn heißt auch "brüllen", insbesondere mit dem vorhandenen Determinativ A2. Vielleicht ist jwj mit jwy.t "Klage" zu verbinden? Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049) (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Nr. 58), Heidelberg 2018, 63-64, Anm. (u) liest und ergänzt bḥn.n=s ⸢tn⸣ [dr].n=s / tj m j⸢ms⸣=s: "Sie hat dich verjagt, sie hat dich [beseitigt] mit ihrer Keule (?)." Für ⸢tn⸣ (oder auch für tj) fehlt der Platz, [dr] ist möglich. Die Lesung jms für ꜣms "Keule" (Quack, 64, Anm. 124) ist problematisch, denn das letzte phonetische Zeichen ist kein s.
12 Das von Leitz angesetzte jꜣd.wt (vgl. 7,13) paßt nicht in die Lücke des Papyrus, es sei denn, es wäre an dieser Stelle wesentlich gedrungener geschrieben worden. Die Wegnahme der Ohren ist wie das Abschneiden der Arme und Beine eine Strafmaßnahme an Schlangen. Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049) (Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Nr. 58), Heidelberg 2018, 66-67, Anm. (aa) glaubt nicht an die Lesung msḏr und meint, dass ein ägyptologischer Transkriptionsfehler aus dem Hieratischen für nmt.t vorliegt, weil hieroglyphisch sowohl nḥm nmt.t als auch ḥmi̯ nmt.t eindeutig belegt sind.
13 bg kann vielleicht mit dem Wort bꜣg "gerinnen" (lt. Hannig, HWB auch vom Bier) verbunden werden oder mit bꜣgi̯ "müde sein."
14 Ergänzung nach Stegbauer (2015), 259, Anm. 44.1, die hier den Anfang eines neuen Spruchs meint zu erkennen.
15 Die Lücke nach msw kann anhand der Spuren m.E. mit Ḥr.w ergänzt werden. Die Horuskinder wurden bereits in 7, 13 angerufen.
16 Leitz setzt hier im vgl. zu 4,2 das Verbum gꜣw "verengen" an. Aufgrund des fehlenden Kontextes muß eine Entscheidung offen bleiben.
17 Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen durch jr=k verstärkten Imperativ, da der Papyrus in Aussagesätzen i.d.R. jr=f schreibt (vgl. 2, 11 u. 16).
18 Vor dem Zeichen Aa1 ist das untere Ende eines hohen Zeichens zu sehen, darüber das linke Ende eines langen Strichs, der sich zu N 35 ergänzen läßt (so auch Leitz). Daher liegt eine Lesung als ꜥnḫ nahe.
19 Ergänzung von Leitz, Taf. 8.
20 Die Ergänzung wäre vom Platz her durchaus möglich, ob sie richtig ist muß aber offen bleiben. Jedenfalls leitet die Passage eine Aufzählung verschiedener Götter ein, die als Bild herbeigebracht werden sollen.
21 Der letzte Vers könnte auch selbständig stehen: "Es gibt nicht das Gefolge [...]" o.ä. Die von Leitz vertretene Übersetzung "not behind" ist. m.W. grammatikalisch nicht möglich, da die Partikel nn nicht zur Negation von Adverbialen eingesetzt wird.
Spruch 7 (Rto 8,15)
Ein anderer Spruch: Siehe [...]
P. London BM EA 10309
Spruch 1 (Rto 1,1-1,6)
[1,1]## nicht übersetzt ##
[Du] sollst nicht herumkreisen in irgendeinem Körperglied der NN., geboren von der NN. [... ... ...] dein Gift. Wende dich um und nimm dein Gift fort! [... ... ...] in seinem Namen "Herold". Werde fein zermahlen1 in Wein aus [... ... ...] Er soll gegeben werden einem Weib, das nicht gebären kann, und einer Verheirateten, die [1,5][... ... ...] [... ... ...] sie [gesundet (?)] sofort. Und es werde ein Bild des Hepui2 angefertigt aus [... ... ...] ?3 Werde an die Kehle des Gebissenen gegeben.
1 Zu nḏ snꜥꜥ vgl. GdM VII, S. 757, § 1.; im Text fehlt das anlautende s von snꜥꜥ, das wie WB 2, 208, 2-6 geschrieben ist.
2 Zum Gott Hepuj vgl. Gardiner, JEA 30 (1944), S. 29-30, Anm. 4; Kees, ZÄS 77 (1941), S. 24-27; Yoyotte, CRAIBL 1970, S. 34 und LGG VI, S. 123. Inwiefern an dieser Stelle tatsächlich vom Gott Hepui die Rede ist, muß offen bleiben. Dieser Gott tritt normalerweise zusammen mit ꜣqs als Paar auf. Ausgehend von seiner Zusammenstellung mit Amset in pLondon 10059, 10, 9 schlägt Kees vor, dort eine Schreibung für den Horussohn Hapi anzunehmen. Dem folgt Leitz (2002), 72, S. 200. Er hält aber auch eine Vertauschung des zweiten Gottesnamen für möglich (so dass statt Amset eigentlich ꜣqs stünde).
3 Die Übersetzung von nmḥw ist aufgrund des fehlenden Kontextes nicht möglich.
Spruch 2 (Rto 1,6-2,7)
Ein weiterer Spruch:1 [Feuer aus Wasser! Feuer aus Wasser!] [Feuer, das aus Wasser hervorkam!] [Die Flamme meines Mundes ist's], die Feuer legt! 〈Ich〉 will löschen, wenn sie Flammen wirft! Wasser ist's, das sie löscht! [Wer ist's, der es löschen kann?] [Wer ist nur der], der es [kontrollieren kann?]2 Wer nur ist der, der es beseitigen wird? Re ist's, der es schuf, er wird es löschen! [Ptah ist's, der es schuf, er wird es löschen!] [Der Gott], der es schuf, ist's, er wird es kontrollieren!3 Die große Götterneunheit (?) [wird (es) beseitigen],4 die [1,10][deine Glut] vertilgt, [die deine Hitze auslöscht.] Die Flamme deiner Hitze [existiert nicht] in [allen] Körperteilen [des NN.], geboren von der NN.! Denn er ist [dieser Horus, der Sohn des Osiris, der Herr der Schutzamulette], die aus Zauberkraft [erschaffen wurden],5 wirksam [an Heilkraft, groß an Schutzkraft!]
Sein [Kopf ist] der Kopf des ⸢Re⸣, [sein Scheitel ist der Scheitel des Chepri,] [sein Gesicht ist das Gesicht] des Nefertem, sein Hinterkopf [ist der Hinterkopf des Min,] sein Nacken ist ein Papyrussäulenamulett aus [Fayence,] [sein Vorderteil ist die große Serqet], [die Herrin der Zauberfesseln],6 die Re verehrt, wenn er aufgeht. Seine [beiden (?)] Schul[tern sind die (beiden ?) Falken] des Ptah.7 Sein〈e〉 Oberarm〈e〉 sind die [beiden Herren, die beiden Brüder], sein [Rück]en ist Geb, der Fürst der Götter, seine Brust ist die große Neith, seine beiden Flanken sind der [1,15][geheime] Portikus, sein Herz ist der Leiter 〈des Herzens〉 des Ptah,8 sein Bauch ist Nut, [in der Re ist zusammen mit den] Zirkum[polarsternen].9 [Sein Penis ist] der Herr von Ichnasiya, sein Hinterteil ist die Herr[in von Chemmis], die Frau des Horus. Seine beiden Schenkel sind die [beiden Herrinnen von Buto], [... ...] die beiden [Upuaut (?) von] Oberägypten, seine Zehen sind Sethtiere und Schakale.10 Keines seiner Körperteile [ist ohne einen Gott.] [...] Körperteil an ihm.11 Das Gift soll nicht Halt machen in seinem Leib!12 Sein Gluthauch soll [ihn] nicht erfassen!13 [2,1]Seht, Pt[ah und Nun sind sein Schutz, Ge]b ist sein persönlicher Schutz.14
Wenn das Gift in seinem Körper zirkuliert, es in seinen Gliedern herumzieht, dann wird [man kein Wasser auf den Altären der Kultkammern (mehr)] libieren können, dann wird man kein Wasser (mehr) vergießen können auf den Opfertafeln, dann wird man kein Feuer mehr entfachen können in den Küchenräumen (der Tempel),15 dann wird [man] keine Stiftungen mehr darbringen können [auf ihren Opfertischen], dann wird man keine [Opferst]iere mehr herbeiführen können zu den Schlachtstätten, dann wird man keine Filetstücke mehr herbeibringen können. Wenn das Gift (jedoch) [nach unten] steigt, dann [werden] die Kultkammern [in Feststimmung sein,16 und die Götter zufrieden in] ihren [Ka]pellen, weil der Feind, der sein Leiden provoziert hat, niedergeschlagen ist.
Gift, steige [nach unten]! [2,5]Siehe, die Bas, [die zufriedengestellt sind], werden handeln [nach dem Ausspruch der Herrin] des Lebens, der Herrin des Schutzes, der Isis, nach dem Ausspruch der Herrin von Chemmis, der Horusfrau.
Dieser Spruch werde gesprochen über [... ...] des Gebissenen, und [... ... einem Bildnis] des Ptah, einem Bildnis des Re, einer Statuette der Serqet, der Herrin des Lebens,17 einer Statuette der Herrin von Chemmis, der Horusfrau, aus Gold, die auf eine Schnur aufgezogen sind. Werde an den Hals des Patienten gegeben.
1 Mindestens ein Drittel der Kolumne ist verloren. Leider stimmen die bei Leitz S. 22 angegebenen Maße offensichtlich nicht bzw. nur teilweise (v.a. die für Col. 2 angegebenen 15 cm Breite sind mit Sicherheit falsch) und den Tafeln ist kein Maßstab beigefügt, so daß nur schwer abzuschätzen ist, wieviel Text verloren gegangen ist. Es dürften aber mind. 6-8 cm in den Zeilen 11-18 und bis zu 14 cm in den davor stehenden Zeilen sein. Die meisten Verse können jedoch aufgrund einer Parallele auf dem Socle Béhague (Text 8, vgl. A. Klasens, A Magical Statue Base ('Socle Behague') in the Museum of Antiquities at Leiden, Leiden 1951 (OMRO 33)) ziemlich sicher ergänzt werden. Jedoch bleiben grammatikalische Feinheiten auf diese Weise offen, da der Text der späten Variante an einigen Stellen ganz offensichtlich abweicht. Insbesondere setzt er das satzeinleitende jw wesentlich konsequenter als die Variante des Neuen Reiches. An einigen Stellen scheinen die Ergänzungen auch nicht den gesamten Platzbedarf zu decken. Hier muß angenommen werden, dass die Formeln auf dem Papyrus in irgendeiner Form erweitert waren, sei es durch zusätzliche Epitheta, sei es, dass weitere Körperteile genannt wurden. Dies trifft z.B. auf den fehlenden Anfang von Z. 15 zu, wo unmöglich nur ḥꜣ.tj gestanden haben kann.
2 sḥtp=f sw: Wörtl.: "beruhigen kann", aber Feuer beruhigt man nicht, sondern bringt es unter Kontrolle.
3 Die Variante des Socle Behague schreibt: jn Ptḥ jri̯ t(j) ntf sḥtp=f t(j) / jn Rꜥw qmꜣ s(j) ntf ꜥḫm=f s(j) / jn nṯr hꜣb s(j) ntf ḫsf s(j) "Ptah ist's, der dich gemacht hat: Er wird dich besänftigen! Re ist's, der es geschaffen hat: Er wird es löschen! Der Gott, der es ausgesandt hat: Er wird es beseitigen!" Parallel dazu wurde in der Lücke vor jri̯ s(j) sḥtp=f sw jn nṯr ergänzt. Allerdings ging diesem Satz m.E. ein weiterer parallel gebauter voraus, da die Lücke zu groß ist, um nur jn nṯr enthalten zu haben. Hier dürfte vermutlich jn Ptḥ jri̯ sj ḫsf=f sw o.ä. gestanden haben.
4 Im Gegensatz zu Leitz vermag ich nach der Lacune kein tw zu erkennen. Vielleicht können die spärlichen Spuren zu dem von Leitz schmerzlich vermißten psḏ.t-Zeichen (N9) ergänzt werden? Die Große Neunheit findet sich in den Textparallelen des Socle Béhague und in pBrooklyn 47.218.138, Kol. x+7.15. Beachte allerdings die Schreibung von dr.w, die an die leicht abweichende Version von pBrooklyn 47.218.138, Kol. x+3.2 erinnert (ed. Goyon, Recueil de prophylaxie, 21): ḫsf.n ṯw nṯr.w ꜥꜣ.w / dr=w tꜣ[w=ṯ ꜥḫm]=w hh m ꜥ.t nb.t n(.t) [...] : "Die großen Götter haben dich beseitigt, sie haben deine Glut vertilgt, sie haben die Hitze in jedem Körperglied von [...] gelöscht." Auch die Graphie des Adjektivs ꜥꜣ könnte für einen Plural zu nṯr.w statt einem Singular zu psḏ.t sprechen.
5 Die Ergänzung ist eine Mischung aus dem Socle Béhague und dem erhaltenen Text. Beachte, dass auf dem Socle Béhague eigentlich sḫpr ꜣḫw=f steht.
6 Der am Beginn der Zeilen 12 und und 13 anzunehmende Platz von ca. 7 cm dürfte ausreichend sein, um die auf dem Socle Béhague vorhandenen Textteile zu ergänzen.
7 Die Identifizierung der Schultern mit "Falken" findet sich auch in pChesterBeatty VII, 2, wo der "Edelmann (sr) in die "Falken (bjk.w) seiner Schultern gebissen wird, die Gardiner (1934) noch unsicher mit "tips of his shoulders" wiedergibt und die von Blackman in JEA 22 (1936), S. 104 mit den Schulterblättern bzw. Schlüsselbeinen identifiziert wurden. Ritner (1998), S. 1032f., Anm. 38 bringt diesen Ausdruck mit schwingenartigen Schulterverzierungen, die von Vogelsang-Eastwood (1995) an der sog. "Falkentunika" des Tutanchamun als Verzierungen identifiziert worden sind, in Verbindung. Dabei handelt es sich um eine in Gobelin-Technik gewebte Verzierung, die schützende Vogelschwingen zeigt, die, wenn das Gewand getragen wird, auf den Schultern aufliegen. Dessen ungeachtet kann die Bedeutungsebene, die Leitz (1999), S. 26, Anm. 141 in der Textstelle sehen möchte, ebenfalls mitschwingen. Er bezieht die "beiden Falken" auf Schu und Tefnut und verweist auf die im pGeneva MAH 15274 VI, 7 erwähnten 7 Falken des Ptah und auf einen Aufsatz von Kákosy (1980) in JEA 66, S. 48-53, der sich jedoch auf die Darstellung zweier bꜣ-Vögel auf Djedpfeilern bezieht, die in einigen Szenen zu Ptah gehören und die in einem Text in Hibis mit Schu und Tefnut identifiziert werden.
8 Beim Wechsel von Z. 14 zu 15 muß aufgrund der Größe des fehlenden Textstückes mehr als nur ḥꜣ.tj ergänzt werden. Denkbar wäre eine attributive Näherbestimmung des sbḫ.t-Portikus, oder ein weiterer Vers (z.B. auf das jb-Herz), der auf dem Socle Béhague fehlt. sšm.w ḥꜣ.tj: Fischer-Elfert (2005), S. 58 übersetzt "Kultbild des Ptah", Leitz (1999), S. 27 orientiert sich dagegen an der Parallele auf dem Socle Béhague, die sšm jb n Ptḥ schreibt. Gemeint ist hier wohl das Herz als Zentralorgan der Sinneswahrnehmung, das für die Schöpfung verantwortlich ist.
9 Die Ergänzung von [jw Rꜥw jm=s m jḫ]m.y[w-sk.w] nach Stegbauer, Magie als Waffe gegen Schlangen, 263. Die Zuordnung der erhaltenen Hieroglyphen st-m-y zu dieser Phrase ist gerade für st schwierig. Auf den zwei erhaltenen Textparallelen steht kein Satz mit jw, sondern Nw.t wṯz Rꜥw jm=s m sbꜣ.w (j)ḫmyw-sk: "Nut, in der Re sich erhebt (oder: angehoben wird, oder: die anhebt) unter den Zirkumpolarsternen."
10 Der Text des Socle Béhague gibt nach den (Ober)schenkeln eine Formel für die Unterschenkel: jw sḏ(ḥ).wj=f m Wpi̯-wꜣ.wt n.w šmꜥ tꜣ-mḥ.w Davon scheint der Text des Papyrus abzuweichen. šmꜥ paßt eigentlich gut zum oberägyptischen Upuaut, jedoch weist der Text das genannte Körperteil (verm. Unterschenkel) einem Götterpaar zu, was an den beiden Götterstandarten ersichtlich ist. Die Gleichsetzung der Zehen mit Schakalen und Sethtieren erinnert an Sandalen in Form von Schakalköpfen, wie sie auf Statuetten und in Reliefs häufiger belegt sind.
11 Der Socle Béhague hat: n ꜥ.t=f jm=f šw m nṯr / wꜥ nb jm=sn m zꜣu̯ n(.j) ḥꜥ.w=f r-šꜣꜥ m tp=f r ṯbꜣ.wj=f "Keines seiner Körperteile ist ohne einen Gott, jeder einzelne von ihnen ist ein Schutz seines Leibes, von seinem Kopf bis zu seinen Sohlen." Auch hier muß der Text des Neuen Reiches abgewichen sein.
12 Diese Zeile hat auf dem Socle Béhague kein Äquivalent. Stattdessen steht: n sḫm mtw.t m ḥꜥ.w=f "Das Gift soll keine Macht haben über seinen Leib." Hierbei handelt es sich evtl. um eine Verlesung von ꜥḥꜥ zu sḫm.
13 Die Variante auf dem Socle Béhague schließt das Objekt in der sprachgeschichtlich jüngeren Form als Präpositionalobjekt (jm=f) an. Auf dem Papyrus muß das Objekt jedoch in Form eines sw gestanden haben oder ausgefallen sein.
14 Vgl. für die Lesung nach der Lücke Müller (2002, S. 432). Die Ergänzung in der Lücke ist inspiriert von der Übersetzung bei Fischer-Elfert (2005), S. 59. Der Vorschlag orientiert sich an der Länge der Lücke.
15 Leitz läßt in der hieroglyphischen Transliteration tj nach rkḥ aus. Das Feuer soll sicher nicht in den Magazinräumen entfacht werden, sondern vielmehr geht es um die Opferung der dort gelagerten Güter. Leitz schlägt vor, das es sich um das Backen der Opferbrote handelt. ꜥbꜥb (?) hier wohl eine Schreibung für ꜥbꜣ "darbringen" (WB 1, 177, 2). Der Socle Béhague hat ꜥb, m.E. für jꜥb (WB 1, 40, 12-20), nicht "reinigen", wie Leitz fälschlicherweise übersetzt.
16 Die Ergänzung des wnn geschieht aufgrund der Parallele auf dem Socle Béhague. In der Lücke sollte dafür genug Platz vorhanden sein.
17 nb.t ꜥnḫ: Gegen Leitz, S. 27 und Fischer-Elfert (2005), S. 59 muß in der Lücke m.E. sicher nb.t ꜥnḫ ergänzt werden, da in der Applikation eindeutig von einer Figur der Herrin des Lebens gesprochen wird. M.E. muß man daher die Femininendung des zweiten nbs auch ernst nehmen, obwohl die Paralelle hier wie da nur ein einfaches nb schreibt. jri̯ m bedeutet laut Gardiner EG, § 162, 9 "gemäß einer Sache handeln". Im Gegensatz zur vorliegenden Version führt die Variante auf dem Socle Béhague allerdings ein direktes Objekt nach jri̯ ein, nämlich die 2. P.s.f. Eventuell ist diese Variante "die Bas werden dich behandeln gemäß dem Ausspruch ..." zu übersetzen. Die Übersetzung von Fischer-Elfert (2005), S. 59 und von Leitz, S. 29 sind m.E. vom Sinngehalt her schwierig, da ja im vorangehenden Vers die Vernichtung des Gifts konstatiert wurde.
Spruch 3 (Rto 2,7-3,4)
Ein weiterer Spruch: Zerhackt die Hügel (?),1 zerstört die Not, greift die verborgenen Höh[len] an! Schlagt die mit Unheil, die in ihren Erdlöchern sind, wegen jenes sehr großen Übels:2 Horus schlief (nämlich) ohne zu kennen [...], was die Kobras ihm angetan hatten, [die in ihren Hügeln sind.] Als aber Serqet, die Große, kam, hatte sie ihre Arme über dem Kopf und über ihrem Stachel, und sprach: [2,10]"Was ist los?"3 [...] ...4 Komm [und sieh!],5 ⸢sprach⸣ Thot: "Mögest du handeln,6 ohne dass ein Kind bei dir ist! Die [Horuskinder] taten [... ...] ihn/sein [...]. Isis, ihre Arme waren auf [ihrem] Kopf7 [...] infolgedessen, was Serqet zu Isis sprach: "[Dein] Sohn ist [voller] Wunden der Höhlenbewohner8 [und ...] derer, die in Erdlöchern hausen. [Hüte] dich [vor denen], die es gegen die Menschen tun,9 um Gottesfurcht in ihre Herzen zu geben. Fürchte dich nicht, fürchte dich nicht, meine Schwester Isis! [Siehe,]10 dein Sohn Horus ist doch der, der lebt; [meine] Arme [vertreiben das] Gift. Dann leben auch die, die in ihren Hügeln sind, nachdem ich das Gift bespuckt habe in [...]. Du sollst nicht umhereilen in den Gliedmaßen des Horus, [du sollst] nicht [... in] seinem [Leib o.ä.], es sollen nicht die Gefäße zerschnitten werden, die in [...] sind. Weiche du zurück [2,15][...] meine [...]!
Ich bin die, die das Packen befiehlt und die, die das Elend befiehlt!12 Ich bin die Mächtige, die das Vertreiben befiehlt! Ich bin die, die dein [Ausspucken]13 befiehlt und dein Anhalten befiehlt. Ich bin die, [die befiehlt, dass] du [...], und die, die befiehlt, dass du klagst. Mein Atem ist es, der dich durch sich zurückdrängt.14 Ich bin die Herrin des Lebens, die die Zaubersprüche anwenden kann. Ich bin das Leben von jedermann.15 Ich bin Maat, die Tochter des Re, die Richtstätte, die Tochter des großen Gottes! Ich will eure Gestalten fortnehmen. ich will eure Rage fortnehmen, ich will eure Kraft und euer Gehör fortnehmen! Ich will eueren Mund verschließen, wenn euer Gift sich ergießt, (oh) alle Schlangen, wenn sie Horus, den Sohn des Osiris, [3,1]beißen wollen, wenn sie NN., [geboren von der NN.] beißen wollen, [...]. Dir gehören Abermillionen Lebende!
Über einer Statuette der Maat, einem Bild des [...] feines Leinen aus qnj-Latz; werde an den Hals des Gebissenen gegeben.
1 Die Lesung des zweiten Wortes ist aufgrund der Zerstörung sehr fraglich. Da die Handschrift die Lemmata ꜣ.t, jꜣ.t und ꜣd mit j anlautend markiert, könnte es sich um eine Nisbeableitung von ꜣd handeln. Es könnte aber auch jꜣ.t "Hügel" vorliegen. Aus inhaltlichen Überlegungen heraus habe ich mich für Letzteres entschieden. sꜣr: hier mit A2 determiniert, dürfte jedoch rein semantisch nicht zu WB 4, 18, 13-16, sondern zu WB 4, 19, 7 gehören. Eine Verbindung mit WB 4, 19, 6 ist unwahrscheinlich, weil doch erwartet werden kann, dass die Verursacher des Leidens beseitigt werden sollen, nicht die Leidenden selbst. hꜣhꜣ: Wie Leitz vermute ich eine Haplographie von hꜣi̯, doch liegt m.E. die Sonderbedeutung "angreifen" vor. Statt eines Fehlers auf Seiten des ägyptischen Schreibers könnte natürlich genausogut eine Totalreduplikation der Wurzel vorliegen, die die Bedeutung verstärkt. Statt ḥw.t, das in diesem Zusammenhang wenig Sinn ergibt, ist vermutlich qrr.wt zu lesen.
2 Für sḏb siehe Quack, in: Fs Kitchen, 413. qn.jw pfj ꜥꜣ wr ist eine Bezeichnung Seths. ḥr könnte hier auch "und" heißen.
3 Die Übersetzung von Leitz (1999), "her tail is with whom?", ergibt m.E. keinen rechten Sinn. Eine Lösung ergibt sich, wenn man ḥr zu ḥr-ḏd ergänzt und ptr als direkte Rede des Serqet auffaßt. (j)r=f ist nachträglich mit roter Tinte eingefügt.
4 Durch die Zerstörung ist unklar, wie das Wort in den Zusammenhang einzuordnen ist. Offensichtlich geht ein Verbum voraus. Eventuell ist der Teilsatz an das Voranstehende anzuschließen.
5 Die Ergänzung ptr ist eine rein hypothetische Annahme, die sich v.a. auf die Länge der Lücke stützt in die ptr genau hineinpassen würde. M.E. müßte vor mj ein Verspunkt zu ergänzen sein. Auch meine ich die Spuren eines Verspunktes hinter Ḏḥwtj zu erkennen.
6 Gegen die von Leitz selbst als "highly tentative" bezeichnete Übersetzung mit "der dich geschaffen hat", spricht m.E. v.a., dass bislang kein feminines "du" im Text vorgekommen ist.
7 M.E. ist ganz deutlich der Bart von D1 (tp) zu erkennen. Vor Isis könnte jw jr=f zu ergänzen sein, wobei zu prüfen wäre, ob der von Leitz (und mir) als Verspunkt identifizierte Fleck nicht der Rest eines r sein könnte, oder das r abgerieben sein könnte.
8 Zur Übersetzung vgl. Müller, in: LingAeg 10, 2003, S. 432: "dein Sohn hat zahlreiche Wunden 〈durch〉 die Höhlenbewohner".
9 Zu Beginn des Verses sind nach der Lücke noch Z7-Z4:Y1-A24 zu erkennen. Evtl. ist der Satz durch zꜣu̯ tw r nꜣ zu ergänzen, Allerdings ist die Lücke etwas klein, wenn man die Schreibungen von zꜣu̯ in pBM EA 9997, 6,7 und 7, 13 vergleicht. Für die Ergänzung sprechen jedoch stilistische Gründe (Anklang an zꜣ=ṯ im vorangehenden und im folgenden Satz). Gegen die Deutung von jri̯ als Infinitiv, wie sie Müller, in: LingAeg 10, 2003, 432 vorschlägt, spricht das Fehlen des t. Wahrscheinlich muß man ein Partizip annehmen.
10 Zwischen ꜣs.t und zꜣ verbleibt vermutlich noch Platz für eine kurze Partikel.
11 Vgl. hierzu auch P. BM 9997 6, 11: kꜣ ꜥnḫ jm.jw jꜣ.wt.
12 ẖsy: Dahinter deutlich A1, das nicht zu "elend sein" gehören kann. Entweder liegt eine Verschreibung für B1 vor ("dein Elend") oder es ist zu emendieren.
13 "Ausspucken" ist aufgrund des erhaltenen Determinativs sicher, fraglich ist freilich, welches Lemma anzusetzen ist.
14 Aufgrund der jn-Konstruktion ist eine sḏm.n=f-Form auszuschließen und stattdessen ein Partizip anzusetzen.
15 Herrin des Lebens: Vgl. P. BM 10309, 2,6.
16 Am Ende der Zeile steht ḥr-nb: siehe Quack, in: Fs Kitchen, 414.
17 Das Fortnehmen des Gehörs ist auch ein Motiv eines Zauberspruchs im Brooklyner Schlangenbuch (P. Brooklyn 47.218.48 un 85, 5,11-12), wo explizit Serqet als diejenige bezeichnet wird, die der bṯt-Schlange die Ohren weggenommen hat (wn mw.t=[j] Srq.t nḥm ꜥnḫ.wj=f). Alternativ könnte eine Verschreibung von nmt.t "Schreiten" vorliegen.
18 Die Ergänzung von wnḫ im ersten Vers des Satzes wird m.E. durch die grammatische Struktur gestützt. Außerdem paßt das Wort in die Lücke. Es steht hier anstelle von ḫwn.
Spruch 4 (Rto 3,5-3-18)
[3,5][...] das Gift, das im Körper ist [...]1 Ich bin die Schwester/Gefährtin des Re, die hervorkam aus dem Bauch [...] Ich bin die Schwester/Gefährtin des Re, die [...] [...] vortrefflich [...] [...] Ra-Schlange [...] [...] [3,10]jedes Körperglied des [...] [...] vereinigen [...] [...] des Re [...] [...] Große von Heliopolis [...] Komm hervor zur [Erde ...] [...] [3,15]mir2 alle Götter und Menschen [..] Ich bin der, der veranlaßt [...] [...] Waisenkind [...] Ich bin es, der [...]
1 Der Spruch ist so stark zerstört, dass eine Übersetzung sich auf die Übersetzung einzelner Worte beschränken muß. Von den ersten drei Zeilen des Spruches sind noch ca. 8-10 Schriftquadrate erhalten, von den weiteren Zeilen nur 3-5.
2 n=j über der Zeile in Rot ergänzt.