Papyrus Deir el-Medineh 42

Metadaten

Schlagwörter
Aufbewahrungsort
(unbekannt)

Im Archiv des IFAO in Kairo?

Erwerbsgeschichte

Der Papyrus Deir el-Medineh 42 wurde bei Grabungen des IFAO im Winter 1950/51 in Deir el-Medineh gefunden.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Der genaue Fundort und Fundzusammenhang ist unbekannt. Laut Koenig 1982, 283 und 292 stammen die Papyri Deir el-Medineh 41 und 42 aus den Grabungen des IFAO „des années 50“ in Deir el-Medineh, wofür er auf Sauneron 1952, 17 verweist. In diesem Beitrag beschreibt S. Sauneron die Funde des Winters 1950/51 (Sauneron 1952, 13), so dass man auch den Fund von pDeir el-Medineh 42 auf diese Kampagne eingrenzen kann. Dies wird durch die Tatsache bestätigt, dass infolge der politischen Situation im Nahen Osten die französischen Grabungen in Deir el-Medina und anderswo in Ägypten im Januar 1952 für längere Zeit abgebrochen wurden (Sauneron, in Černý 1970, vi). Die Arbeiten dieser Kampagne bestanden hauptsächlich aus dem Durchsieben des Schutts aus früheren Grabungen beim sogenannten „Grand Puits“, des als Abfallgrube für Ostraka verwendeten großen Versuchsbrunnen, sowie aus Grabungen am Nordhang von Qurnet Murai (Sauneron 1952, 13; Bruyère 1953, 71). Bei beiden Tätigkeiten wurden „innombrables fragments“ von Papyri gefunden, „la pluparts réduits à quelques signes“ (Sauneron 1952, 17). Unter den besser erhaltenen Fragmenten fanden sich Briefe und magische Texte. Auf vier Texte geht S. Sauneron etwas näher ein: Es handelt sich um zwei magische Papyrusamulette, die zusammengerollt an Amulettketten mit zusätzlichen magischen Knoten hingen (dem Plural „suspendus à des colliers“ nach zu schließen, an unterschiedlichen Ketten und nicht an nur einer); um ein „très cursif“, aber nahezu vollständiges, Schutzamulett und um einen literarischen Papyrus. Wenn Y. Koenig auf diese Seite von S. Saunerons Bericht verweist, ist nicht ganz klar, ob er pDeM 42 zu den dort summarisch genannten „innombrables fragments“ zählt, oder ob er ihn konkret mit dem „sehr kursiven“ Schutzpapyrus identifizieren will. Tatsächlich scheint der Text auf pDeM 42 fast vollständig erhalten, was zu der kurzen Notiz von Sauneron passen würde, ist aber trotz einiger Leseschwierigkeiten eigentlich nicht übermäßig kursiv geschrieben. Doch auch wenn Y. Koenig an diesen Papyrus gedacht hat, ließe sich dadurch der Fundkontext nicht weiter eingrenzen. S. Sauneron hatte diese vier Papyri nämlich tatsächlich nur exemplarisch herausgegriffen, und sie gehören nicht zu einem geschlossenen Befund: Der eine der beiden zusammengerollt gefundenen Amulettpapyri nennt „Anynacht“ (Sauneron 1952, 18) und wird daher der „Papyrus 84“ sein, den Bruyère 1953, 73 nennt (zur Nummer s. ebd., S. 136) und der „dans les tells de déblais“ östlich vom Grand Puits gefunden wurde (s. Bruyère 1953, 71–72); dieser Papyrus hat jetzt die offizielle Bezeichnung pDeir el-Medineh 36 (s. Sauneron 1970, wo auf S. 7 das Funddatum auf den 14. Dezember 1950 präzisiert wird). Bei dem literarischen Papyrus handelt es sich um pDeir el-Medineh 39, die Erzählung von Herischef und General Meryre, die vermutlich im Grab P. 1448, NW-Ecke der ersten unterirdischen Kammer gefunden wurde (vgl. Bruyère 1953, 118 und dazu Sauneron – Koenig 1980, 135 mit Anm. 3).

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Die Datierung beruht auf paläographischen Kriterien, s. Koenig 1982, 292: „L’écriture est de la XXe dynastie comme celle du papyrus Chester Beatty.“

Textsorte
Inhalt

Das kurze Amulett enthält einen vereinzelten magischen Spruch gegen srf(.t), eine Hautentzündung. Zu diesem Zweck werden die „Herren der Ewigkeit“, womit eine Göttergruppe gemeint ist, sowie die „Vögel im Himmel“ angerufen, dem „Todkranken“ beizustehen. Diese Bezeichnung zeigt, dass die entsprechende Entzündung ernster Natur ist, zumindest in diesem speziellen Fall.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schreibblatt
Technische Daten

Der Papyrus ist im gegenwärtigen Zustand 12 cm lang und 8 cm hoch. Der Text besteht aus nur drei Zeilen. Die erste Zeile steht relativ nah an der oberen Abbruchkante des Papyrus, doch zeigt die Parallele auf pChester Beatty VII verso 7, dass die erste erhaltene Zeile tatsächlich die erste des magischen Spruches ist. Sollte darüber noch etwas anderes gestanden haben, das heute komplett verloren ist, so kann es sich nur um einen komplett anderen Text gehandelt haben. Rechts sind etwa zwei Zeichengruppen weggebrochen. Links ist der Text vollständig; in Zeile 1 und 2 ist eindeutig das Zeilenende zu erkennen. Unterhalb der dritten Zeile befindet sich ein relativ breiter freigelassener Rand, der ungefähr die Hälfte der Papyrushöhe einnimmt.

Schrift
Hieratisch

Die Leserichtung verläuft von rechts nach links. Der breite untere Rand könnte vielleicht für die Aufnahme von Vignetten gedacht gewesen sein.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch, Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch
Bearbeitungsgeschichte

Bislang gibt es nur eine kurze Beschreibung des Papyrus inklusive einer hieroglyphischen Transliteration und eines Fotos bei Koenig 1952, 292–293 und Taf. 48.

Editionen

- Koenig 1982: Y. Koenig, Deux amulettes de Deir el-Médineh, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 82, 1982, 283–293, hier: 292–293, Taf. 48.B.

Literatur zu den Metadaten

- Bruyère 1953: B. Bruyère, Rapport sur les fouilles de Deir el Médineh (années 1948 à 1951). Le grand puits et les tombes du secteur nord-est, Fouilles de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 26 (Le Caire 1953).

- Černý 1970: J. Černý, Catalogue des ostraca hiératiques non littéraires de Deir el-Médiné, Nos 624–705, Documents de fouilles de l‘IFAO 14, Le Caire 1970.

- Sauneron 1952: S. Sauneron, Ostraca et Papyrus trouvés à Deir el-Médinéh en 1950/51, in: Bulletin de la Société Française d’Égyptologie 9, 1952, 13–20.

- Sauneron 1970: S. Sauneron, Le rhume d’Anynakhté (Pap. Deir el-Médinéh 36), in: Kêmi 20, 7–18.

- Sauneron – Koenig 1980: S. Sauneron – Y. Koenig, Deux pages d’un texte littéraire inédit. Papyrus Deir el-Médineh 39, in: Vercoutter, J. (Hrsg.), Livre du centenaire: 1880-1980, Mémoires Publiés par les Membres de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 104 (Le Caire 1980), 135–141.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Lutz Popko

Übersetzung und Kommentar

Amulett gegen Hautentzündung

[1] Schriftstück gegen eine schlimme srf-Entzündung:
Sei(d) gegrüßt, (o) ihr Herren der Ewigkeit, [hoch an] ... (?)1! Steig(t) hinab (?)2; richtet auf (oder: belebt) (?) den, der todkrank3 ist!
Lasst euch nieder (?)4, (ihr) Vögel im Himmel,5 ⟨um⟩ den ⟨auf⟩zustellen (?)6, der im Westen ist! Veranlasst, dass der, der im Westen ist,7 herauskommt! [---].8

1 qꜣi̯.y ḫnw: Ergänzung des ersten Wortes nach der Parallele auf pChester Beatty VII. Das zweite Wort ist nicht sicher zu identifizieren, da die Klassifikatoren weder hier noch auf Chester Beatty VII klar zu lesen sind. pBM EA 10732 schreibt ḫꜣj=tn (= ḫyi̯=tn) ḏ.t (?): „erhaben seid ihr an Gestalt“. Ob es das Wort ḫn.w: „Kapelle“ ist, auch wenn der Klassifikator definitiv kein Hausgrundriss ist? Jedenfalls ist qꜣi̯ als Angabe zu Gebäuden gut belegt. P. Eschweiler, Bildzauber im alten Ägypten. Die Verwendung von Bildern und Gegenständen in magischen Handlungen nach den Texten des Mittleren und Neuen Reiches, Orbis Biblicus et Orientalis 137 (Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1994), vermutet „Aussprüche“, also ḫn.w, Wb 3, 289.1–14. In dem Fall müsste aber qꜣi̯ als „laut“ zu verstehen sein.
2 hꜣi̯.y: Übersetzung und syntaktischer Anschluss völlig unsicher. A. H. Gardiner, Hieratic Papyri in the British Museum. Third Series: Chester Beatty Gift. I. Text (London 1935) gibt keine Übersetzung.
3 mḥr.tw: Syntaktischer Anschluss unklar, da die Lesung des Vorherigen nicht sicher ist; die Endung tw wäre für ein Partizip zugegebenermaßen ungewöhnlich. Für die Verbindung „einen Kranken beleben“ s. immerhin Wb 4, 46.12. Die Parallele auf pChester Beatty VII schreibt nur mḥr. Das Wort ist in beiden Texten mit dem Ersatzzeichen für den gebundenen Feind, Gardiner Z 6, klassifiziert. Derselbe Klassifikator kommt bei mḥr auch auf der Abwesenheitsliste auf oAshmolean HO 563 aus Deir el-Medinah vor, s. S. E. Hudson. Three New Deir el-Medina Absence Lists in the Ashmolean Museum, Oxford, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 142, 2015, 4554, hier: 46–47 (Hinweis Fischer-Elfert). Hudson transliteriert die Ligatur nach dem mḥr-Meißel als m und t und liest auf Vorschlag von Fischer-Elfert (s. S. 46, Anm. 8) mḥr m(w)t: „ill (then) dead“; d.h. sie erwägt, dass die dort als abwesend genannte Person so schwer krank ist, dass sie später gestorben sei. Diese Notiz findet sich zweimal auf dem Ostrakon; im ersten Fall ist das Zeichen unter dem m so schmal, dass man tatsächlich eher an ein t als ein r denkt. Im zweiten Fall ist die Ligatur ambig, und man könnte sie sowohl mt als auch mr lesen. Im Fall von pDeM 42 und pChester Beatty VII ist die Frage nicht zu entscheiden: Im letzteren Fall stehen unter dem m zwei Punkte, im ersteren sogar nur einer. Da mḥr aber üblicherweise mit m und r komplementiert wird, fragt sich, ob diese Zeichengruppe nicht eher mr zu lesen ist, was nach sich zieht, dass Gardiner Z 6 hier der Klassifikator von mḥr und nicht von m(w)t ist. Dasselbe müsste dann auch für oAshmolean HO 563 erwogen werden. Während dort eine Kurzschreibung von mḥr m(w)t nicht abwegig ist, weil eine Abwesenheitsliste rein administrativen Charakters vorliegt, würde sie in diesem magischen Papyrus vielleicht verwundern – man denke aber auch an die Kurzschreibung von sꜥḥꜥ/sꜥnḫ unmittelbar zuvor.
4 ḥtpw.y: Lesungsvorschlag von Koenig 1982, 293, als unsicher markiert. Ob sich der senkrechte, von Koenig nicht transliterierte Strich am Ende von ḥtp.yw als die senkrechten Pluralstriche lesen lässt?
5 ꜣpd.w m p.t: Ergänzung nach der Parallele auf pChester Beatty VII. Die Übersetzung als Vokativ ist mehr als tentativ. Man würde dafür vielleicht zusätzliche, vokativisch zu verstehende Artikel erwarten, wie bei den nꜣ nb.w-(n)ḥḥ.
6 ꜥḥꜥ: In der Parallele pChester Beatty VII, vso. 7,2 steht davor noch ein r (mit zusätzlichem Füllpunkt(?)). In der Parallele pBM EA 10732, Zeile 2 steht sogar r ḏi̯.t ꜥḥꜥ: „um aufzustellen“.
P. Eschweiler, Bildzauber im alten Ägypten. Die Verwendung von Bildern und Gegenständen in magischen Handlungen nach den Texten des Mittleren und Neuen Reiches, Orbis Biblicus et Orientalis 137 (Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1994), 38 übersetzt pChester Beatty VII (ohne pBM EA 10732 zu kennen): „Lasset aufstehen einen der im Westen ist!“ Dazu müsste man aber eher jmm ꜥḥꜥ ergänzen.
7 In pBM EA 10732 soll, abweichend dazu, „der im Osten ist“ (n.tj ḥr jꜣb.j) herauskommen.
8 Die Parallelen pChester Beatty VII, vso. 7 und pBM EA 10732 fahren noch mit einer Götterbedrohung und einer Rezitationsanweisung fort, derzufolge der Spruch als Amulett um den Hals getragen wird. Zudem weisen sie Vignetten auf. In Zeilen [1] und [2] ist der linke Kolumnenrand deutlich zu erkennen, wonach zu schließen ist, dass das nicht lesbare Wort das letzte der Zeile [3] ist. Unter Zeile [3] befindet sich kein weiterer Text, dafür aber ein Freiraum, der ungefähr so viel Platz einnimmt wie die drei Zeilen selbst. Möglicherweise war er also für weiteren Text oder Vignetten vorgesehen, die aber nicht mehr aufgeschrieben/aufgemalt worden sind. Vom Anfang der Zeilen fehlen etwa 2 Schreibquadrate. Sollte es also noch eine 4. Zeile gegeben haben, kann diese maximal ein einzelnes, kurzes Wort enthalten haben.