Ostrakon Deir el-Medineh 1684

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
Inventarnummer: oIFAO 2154 oIFAO Sequestre 198
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Institut Français d'Archéologie Orientale

Inventarnummer: oIFAO 2154

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Das Ostrakon stammt aus den Grabungen des Institut Français d’Archéologie Orientale (IFAO) in Deir el-Medineh, die vor 1952 stattgefunden haben (im Januar 1952 wurde die Grabung des IFAO durch die ägyptische Regierung gestoppt und erst 1970 wieder aufgenommen: Černý 1970, VI; Gobeil 2017, 319, 320). Das Ostrakon wurde mit vielen anderen zu Studiumszwecken nach Kairo ins IFAO transportiert, wo es sich heute noch befindet. Infolge der Suezkrise von 1956 wurde das IFAO unter Sequester gestellt. Die Räume mit den Ostraka wurden von den ägyptischen Behörden versiegelt und in den Jahren 1968–1970 durch die ägyptische Altertümerbehörde inventarisiert (Sauneron, in: Černý 1970, vi; Gasse 1990, ix mit Anm. 9). Unser Ostrakon bekam die Sequester-Nummer 198. Nachdem die Sammlung im Jahr 1970 wieder zugänglich geworden war, fing Georges Posener zu einem unbekannten Zeitpunkt mit einer neuen Inventarisierung der ihn interessierenden literarischen Ostraka an, die er bis Nr. 2780 durchführte (Gasse 1990, x).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Das Ostrakon wurde in Deir el-Medineh gefunden. A. Gasse macht keine weiteren Angaben zum genauen Fundort (Gasse 1990, 6). Falls die Scherben von oDeM 1685 ebenfalls dazugehören sollten (wird von Gasse in Erwägung gezogen, aber ist sehr unwahrscheinlich), dann wären die Scherben schon in der Antike verstreut, denn eine Scherbe von oDeM 1685 wurde in den „Koms du sud“ (K.S.) unmittelbar südlich des Arbeiterdorfes und eine andere im Bereich „Sud du temple“ (S.T.), d.h. nördlich des Dorfes, gefunden (Gasse 1990, 6).

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

 A. Gasse datiert aufgrund der Paläographie und des Fehlens weiterer Indizien für eine genauere Eingrenzung alle von ihr publizierten Ostraka in die Zeit von der 19. bis zur 20. Dynastie (Gasse 1990, x). Dies passt zu den Datierungsangaben und der zeitlichen Einordnung der erwähnten Personen auf den nicht-literarischen Ostraka von Deir el-Medineh.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Aufgrund des sehr fragmentarischen Zustandes des Ostrakons ist eine genaue Textangabe schwierig, solange keine besser erhaltene Textparallele identifiziert ist. Jedenfalls liegen mindestens zwei verschiedene Textteile oder Sprüche vor, wie die Setzung eines Pausezeichens am Ende von Z. 2 zeigt. Ob das Wort „andere“ in Z. 5 für „ein anderer (Spruch)“ steht, ist nicht eindeutig. Gasse 1990, 6 vermutet, dass diese Sprüche zur Heilung von bzw. zum Schutz vor Stichen von Gifttieren gedient haben könnten.
Zunächst wird der „Ort des Schlachtblocks“ in unklarem Zusammenhang erwähnt. Dann ist, wohl in einer direkten Rede, von „mein Name ist dauerhaft im Himmel“ gesprochen. Später soll irgendjemand irgendetwas (vielleicht eine Art Medikament (?)) „sofort kauen“. In der 4. Zeile wird dann ein Wort für Nahrung erwähnt sowie ein Verb „sich kümmern um“ oder „früh aufstehen“ Möglicherweise wird hier ein Rezept beschrieben, dass gemeinsam mit einem vorangehenden Zauberspruch eingenommen werden muss.
Der 2. (?) Spruch beginnt mit der Aufforderung, sich in einen Spucknapf zu übergeben. Der weitere Text ist zu stark beschädigt bzw. unverständlich, um einen klaren Zusammenhang zu ergeben: etwas wird schriftlich oder in der Schrift gemacht, eine nicht-identifizierte Kaka-Pflanze (Rizinus?) wird genannt und in der letzten lesbaren Zeile steht, dass ein männliches „Du“ spricht.

Material
Künstliche Materialien » Keramik
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Ostrakon
Technische Daten

Die rötlich-beige Keramikscherbe hat eine Höhe von 12 cm und eine Breite von 11,6 cm und wurde aus zwei Fragmenten wieder zusammengeklebt. Keiner der originalen Ränder ist erhalten. Sehr zweifelhaft ist, ob die drei von A. Gasse unter der Katalognummer 1685 publizierten Keramikfragmente zu oDeM 1684 gehören. Das Ostrakon wurde nur einseitig beschriftet (auf der konvexen Seite), und enthält noch Reste von insgesamt acht Zeilen. Die letzte besteht jedoch nur noch aus wenigen Zeichenspuren. Die Textzeilen wurden quer zur Achse des ursprünglichen Gefäßes geschrieben (Gasse 1990, 6).

Schrift
Hieratisch

Die Schrift ist schwarz. Es wurden keine Gliederungspunkte gesetzt (Gasse 1990, 6). Die Schrift ist eine hieratische Buchschrift ohne Ligaturen.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch, Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Die Grammatik entspricht der des Mittelägyptischen. Vereinzelt ist sie jedoch mit neuägyptischen Elementen durchsetzt (wie der bestimmte Artikel pꜣ in x+3 (allerdings unsicher!) oder die Präsens-I-Partikel 2.P.Sg. tw=k). Auch die Orthographie entspricht eher dem Neuägyptischen, aber dies allein impliziert kein neuägyptisches Sprachstadium.

Bearbeitungsgeschichte

Das Ostrakon ist bei A. Gasse im „Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh“ mit Photographie sowie hieroglyphischer Transliteration aufgeführt (Gasse 1990, 6). Verbesserte Lesungsvorschläge bietet Fischer-Elfert 1993, 125. Katharina Stegbauer hat im Rahmen des Projekts DigitalHeka (2006–2008) eine deutsche Übersetzung angefertigt, welche seitdem in den Thesaurus Linguae Aegyptiae integriert wurde.

Editionen

- Gasse 1990: A. Gasse, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh. IV,1. Nos 1676–1774, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 25 (Le Caire 1990), 6.

Literatur zu den Metadaten

- Černý 1970: J. Černý, Catalogue des ostraca hiératiques non littéraires de Deir el-Médinéh, Nos 624–705, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 14 (Le Caire 1970).

- Fischer-Elfert 1993: H.-W. Fischer-Elfert, [Review:] A. Gasse, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires de Deir el-Médineh. IV,1. Nos 1676–1774, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 25 (Le Caire 1990), in: Bibliotheca Orientalis 50, 1993, 125–130, hier: 125.

- Gobeil 2017: C. Gobeil, L’histoire des fouilles de l’IFAO à Deir el-Medina, in: H. Gaber – L. B. Rizzo – F. Servajean (Hrsg.), À l’œuvre on connaît l’artisan ... de Pharaon! Un siècle de recherches françaises à Deir el-Medina (1917–2017), Cahiers „Égypte Nilotique et Méderranéenne“ 18 (Milano 2017), 315–323.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Katharina Stegbauer
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Spruch 1

[x+1] [...] am Ort des Schlachtblocks. Sprechen (?) [... ... ...] ihn.
Mein Name soll bleiben im Himmel.
-- Pause --
[... ... ...] insgesamt.
Er soll es sofort kauen (?).
Sein Schwanz ist es, der [... ... ...]
Sein Futter, man kümmert sich darum (?) am Morgen.

Spruch 2

[x+5] [... ... ...] Ein anderer (?):
Brich in den Spucknapf!
[... ... ...] in Schrift/schriftlich.
... die kꜣkꜣ-Pflanze [... ... ...]
Du sprichst [...]
[…]