Ostrakon Chicago ISACM 16974
Übersetzung und Kommentar
Ostrakon Chicago ISACM 16974
[rto 1] Wie folgt: Ich (m.)1 ging zu der weisen Fra⸢u⸣ ⸢wegen⸣2 [...]. Sie sagte zu mir (f.)3: „Nehmen/Nimm (?) […(?)…]4 der […] Mutter. Ich komme5 zu meinen6 beiden Kindern. (?) […] männlich (?)7“. So sagte sie zu mir (f.).8 Sie sagte zu mir (f.) über das andere Mädchen […] [rto 5] hier (?): „Die hq-Krankheit (?) des Gottes […]“. [vso 1]9 Etwas anderes: Sage nicht, was dieser Mensch wünscht (?). Taweret ist (?) gegen mich (f.) (?) (bzw. für mich ?) [...] Schicksal (?), um für dich (?) zu nehmen (?) […]. Befrage nicht mein (?) Herz bei […]“.
1 Ich (m.) (tw =j): Nassar (in: JAEI 24, 2019, 41–43) liest hier den sitzenden Mann (A1), doch sehe ich noch einen kleinen Punkt unter dem Zeichen, der teilweise durch den ausladenden Strich des Henkelkorbs (V31A) überdeckt wird. Im weiteren Textverlauf ist das Suffix in der Regel eine sitzende Frau (B1).
2 ⸢wegen⸣ (⸢ḥr⸣): Direkt vor der Kante erkenne ich recht eindeutig einen Strich (Z1). Die Zeichenreste davor passen sehr gut zu ḥr (vgl. Zeile 2). Der Grund für die Konsultation einer weisen Frau ist zumindest auf dem oLetellier ebenfalls mit der Präposition ḥr angeschlossen (Zeile 1: Letellier, in: Livre du centenaire, 128).
3 zu mir (f.) (n=j): Auch hier liest Nassar (in: JAEI 24, 2019, 41–43) den sitzenden Mann (A1). Doch hier sehe ich deutlich noch einen Strich über dem Zeichen, was für die sitzende Frau (B1) spricht.
4 Nehmen/Nimm (?) […(?)…] (ṯꜣy ___): Die Stelle ist unklar. ṯꜣy ist inklusive der Klassifikatorengruppe „Finger über schlagendem Arm“ gut zu lesen. Unterhalb dieser Gruppe sehe ich noch einen Punkt, den ich nicht sicher einordnen kann. Dann folgt eine Gruppe, die Nassar (in: JAEI 24, 2019, 41) als ḏi̯.t=j deutet. Dahinter sind allerdings ganz gut drei kleine Striche untereinander zu erkennen, die Nassar nicht transliteriert hat. Es könnte sich um einen Pluralklassifikator (Z3) handeln. Nassar (in: JAEI 24, 2019, 41–43) liest die gesamte Stelle ṯꜣy=j ḏi.t=j „I take, I give“. Wir befinden uns nun aber in der direkten Rede einer Frau (j(w)=s ḥr ḏd n=j) und Nassar transliteriert das Suffix mit dem sitzenden Mann (A1), was inhaltlich nicht passt. Ich kann die gesamte Gruppe nach der Klassifikatorengruppe „Finger über schlagendem Arm“ nicht eindeutig einordnen. Die Gruppe könnte man mit Nassar als „schlagenden Arm über t-Brot“, also ḏi̯.t auffassen, aber eindeutig ist es nicht. Mir erscheint es eher so, als ob hier eventuell ṯꜣy noch weiter klassifiziert sein könnte, da auf dem Verso die Zeichenspuren bei ṯꜣy am Ende von Zeile 3 ganz ähnlich aussehen. Allerdings ist dort das Ende des Wortes nicht erhalten.
5 Ich komme (tw=j (ḥr) spr r): Lesung nach Nassar (in: JAEI 24, 2019, 41–43). Ich bin nicht überzeugt von der Lesung, da spr sehr verkürzt geschrieben ist und die Gruppe eher wie n=j aussieht (vgl. Černý, in: Notebook no. 107, 30). Mit der Lesung n=j ergibt sich allerdings kein guter Sinn. Da ich keine andere sinnvolle Alternative bieten kann, bleibe ich bei dem Vorschlag von Nassar.
6 meinen (pꜣy =⸢j⸣): Das Suffixpronomen ist beschädigt, sodass man nicht erkennen kann, ob es sich um A1 oder B1 handelt. Raum für einen zusätzlichen Strich wäre vorhanden.
7 männlich (?) ([⸮ꜥḥꜣ.w?]tj): Lesung nach einem Vorschlag von H.-W. Fischer-Elfert (Email vom 19.09.2025). Inhaltlich würde es gut zu dem im Folgenden genannten Mädchen der beiden oben genannten Kinder passen.
8 So sagte sie zu mir (f.) (j.n=s n=j): Gegen Nassar (in: JAEI 24, 2019, 41–43), der j.n=sn „So sagten sie“ liest, was mir inhaltlich und paläographisch weniger gut zu passen scheint.
9 Verso: Man kann deutlich erkennen, dass es sich bei dem Verso um ein Palimpsest handelt. Die ursprüngliche Beschriftung ist nur grob und unvollständig abgetragen worden. Auch wurde die Oberfläche nicht gut geglättet. Es ist zum Teil schwierig zu unterscheiden, ob es sich um die alte oder die neue Beschriftung handelt.
