Magischer Papyrus Harris 501

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
TM 381225 pHarris 501
Aufbewahrungsort
Europa » Deutschland » (Städte H-M) » Heidelberg » Völkerkundemuseum, Europa » Großbritannien » (Städte K-N) » London » British Museum

Inventarnummer: BM EA 10042 (British Museum London)
Inventarnummer: 24475 (Fragmente im Völkerkunde-Museum der J. u. E. von Portheim-Stiftung, Heidelberg)

Erwerbsgeschichte

Der Papyrus befand sich zunächst in der Sammlung des Kaufmanns und Kunstsammlers Anthony Charles Harris (1790–1869), Direktor der Handelsfirma Harris & Co, der mindestens ab 1828 bis zu seinem Tod in Alexandria auf dem Hügel von Kom ed-Dik lebte und eine bedeutende Sammlung ägyptischer Altertümer aufbaute. Gegen eine häufig geäußerte Meinung war er niemals britischer Konsul oder Generalkonsul in Alexandrien, sondern er war zeitweilig Mitarbeiter des „Commisariat Department“, das finanzielle Transaktionen für den britischen Staat (oder die britische Armee) im Ausland durchführte (Dawson 1949, 161; Bierbrier 2012, 243; Capone 2010).
Laut Chabas 1860, 1 wurden Harris im Februar 1855 während eines Aufenthalts in Theben „un nombre très-considérable“ an Papyri zum Kauf angeboten, von denen Harris „plusieurs“ erwarb. Chabas nennt den großen Papyrus Harris (= pBM EA 9999), den magischen Papyrus Harris (Nr. 501 = BM EA 10042) und „plusieurs papyrus historiques“ aus der Zeit von Ramses Neferka-Ra (= Ramses IX.) als von Harris angekauft. Letztere Papyri sind die Grabräuberpapyri pBM EA 1005210054, die in Harris‘ Notizbuch 5 der Jahre 1855-1877 beschrieben werden (Collier – Dodson – Hamernik 2010, 242). Die zahlreichen übrigen Papyri im Besitz der Händler (Chabas 1860, 3: „les nombreux papyrus“) datierten laut Harris paläographisch ebenfalls in die 19. und 20. Dynastie (Chabas 1860, 3). Laut Eisenlohr 1872, 7 betraf es insgesamt „gegen zwanzig Rollen, Herr H. hatte aber nicht soviel Geld bei sich, um alle zu kaufen.“ Chabas 1873a, 2 spricht von „un plein sac“ und „un sac rempli de papyrus“. Aus Briefen eines Reisebegleiters von Harris und aus anderen Quellen scheint hervorzugehen, dass Harris die Papyri von Antonio oder Andrea Castellari, einem Antikenhändler italienischer Herkunft mit einem Haus auf dem Dach des Luxortempels, kaufte und später einige der Papyri weiterverkaufte (so Dawson 1949, 163; laut Bierbrier 2012, 107 starb der Antiquitätenhändler Andrea Castellari jedoch ca. 1848 und war Antonio dessen Vater).
Das Ankaufsdatum Februar 1855 (Chabas 1860, 1) ist nicht ganz sicher, denn später berichtet Chabas (1873a, 1), dass Harris erst im Jahr 1858 mit mehreren Ägyptologen Kontakt aufnahm (vgl. die Notiz durch Harris von Januar 1858 zum Fundort; ein Brief von Birch an Chabas vom 13. Februar 1858 zum Großen Papyrus Harris: Chabas – Virey 1899, XVII; mehrere Briefe von Harris an Chabas ab dem 10. Juni 1858: Chabas – Virey 1899, XVIII–XIX) und Chabas (1873a, 2) nennt 1856 oder 1857 als Jahr des Ankaufs. Falls der Grabräuberpapyrus Abbott auch zu den zum Verkauf angebotenen Papyri gehört haben sollte, ist mit einem Ankauf spätestens 1856 auszugehen, denn seit diesem Jahr ist der Papyrus Abbott der Wissenschaft bekannt (Birch 1860, 1).
Im Jahr 1863 zählte die Sammlung Harris 13 Papyri, drei Jahre später 18 oder 20 (Dawson 1949, 163), aber es ist unklar, ob hiermit ausschließlich die Papyri von 1855 gemeint sind oder auch später hinzugekaufte. Als die Sammlung Harris nach dem Tod des Besitzers (26. November 1869) im Jahr 1871 von seiner Adoptivtochter Selima Harris nach England verbracht wurde und dort zum Verkauf stand, konnte Eisenlohr sie im Mai 1872 untersuchen (Chabas – Virey 1899, CXX, Anm. 1: Briefe von Eisenlohr an Chabas vom 16. und 23. Mai 1872). Unklar ist, ob die Sammlung zu dieser Zeit in London oder in New-Brighton bei Liverpool, wo Eisenlohr seinen Katalog verfasste (Eisenlohr 1872, 5), war, und ob Eisenlohr im Wesentlichen den Großen Papyrus Harris studieren oder die Sammlung für Heidelberg ankaufen wollte (letzteres ist eine Vermutung von Dawson 1946, 164). Sie enthielt noch 2 hieroglyphische und 7 hieratische Papyri, darunter den großen Papyrus Harris, den magischen Papyrus Harris, einen Papyrus aus der Zeit Thutmosis’ III. (Nr. 500 = pBM EA 10060 mit Liebesliedern und den Erzählungen des Verwunschenen Prinzen und der Eroberung von Joppe durch Thutmosis III.) und drei Grabräuberpapyri (= pBM EA 1005210054) (Eisenlohr 1872, 5–9).
Das British Museum erwarb die Papyri im Mai oder Juni 1872, aber zu dieser Zeit war der magische Papyrus schon beschädigt und es fehlten die letzten 3 Kolumnen der Rolle bis auf wenige, nicht zusammenhängende Fragmente. Die Ursache für diese Beschädigung war laut einigen Autoren „eine heftige Explosion von Schießbaumwolle“ im Jahr 1870 (Eisenlohr 1872, 5), obwohl Eisenlohr schreibt, dass die Sammlung diese Explosion „ohne wesentlichen Schaden überstanden“ hatte. In späteren Publikationen wird die Explosion präzisiert als die „explosion d’une poudrière, qui renversa en partie la maison ou il était en dépôt, à Alexandrie d’Égypte“ (Dawson 1949, 164) und als „l’explosion d’une poudrière à Alexandrie; la maison Harris avait été fort maltraitée; mais la collection avait peu souffert, et le grand Papyrus était intact” (Chabas – Virey 1899, CXIV). Die Schäden an den Papyri sind jedoch so merkwürdiger Natur, dass Dawson zurecht bezweifelt, dass sie durch eine Explosion und nicht durch unsachgemäße Handhabe verursacht worden sind (Dawson 1949, 164–166).
Etwa 43 Fragmente der letzten drei Kolumnen landeten in den 1890er Jahren in der Sammlung des Mineralogen Dr. Victor Goldschmidt (1853–1933), verheiratet mit einer von Portheim, in Heidelberg und sind später in die Sammlung der von Portheim-Stiftung aufgegangen. Woher Goldschmidt diese Fragmente hat, ist nicht überliefert. Eine Möglichkeit ist, dass Eisenlohr sie 1871–1872 irgendwie von Selima Harris bekommen hat und sie 20 Jahren später an Goldschmidt weitergab, eine andere, weniger wahrscheinliche, dass Goldschmidt sie auf seiner Weltreise 1894, bei der er auch Ägypten besuchte, erworben hat (Bommas 1998, 3–4).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Es gibt zwei unterschiedliche Beschreibungen der Fundumstände des Papyrus. Die erste geht auf eine nicht erhaltene Korrespondenz zwischen Harris und Chabas zurück, die ihrerseits auf einer Notiz von Harris von 1858 beruht. Die arabischen Verkäufer behaupteten, dass sie die zum Verkauf angebotenen Papyri („un nombre très-considérable“) gemeinsam in einer „Cachette“ gefunden hatten, welche sie Harris auch zeigten, aber Harris zweifelte laut Chabas die Richtigkeit dieser Behauptung an (Chabas 1860, 1). Harris selbst hat in einem seiner Notizbücher einen Eintrag zum Fundort der Papyri verfasst, datiert auf Januar 1858, d.h. fast drei Jahre nach dem Ankauf. Eisenlohr 1872, 7, dem die Notizbücher zur Verfügung standen, gibt die Notiz in Übersetzung wieder: „Der Papyrus-Platz. Hinter dem Tempel von Medinet-Abu (...) in der Schlucht, welche nach Der el Medinet führt, 225 Schritt Gehens über die Schutthügel von der Nordostecke der Umwallung von Der el Medinet nach dem Fuße des südlichen Hügels der Schlucht – ungefähr zwanzig Fuß unter der Erde ist eine rohe Grotte in dem Felsen, welche, als sie zuerst geöffnet wurde, mit Mumien angefüllt war (...). In dieser Grotte unter den Körpern war eine rohe Höhlung in dem Felsen, in welcher die Papyrusrollen zusammen gefunden wurden. Dieses Loch war bedeckt mit Scherben, welche durch Lehm mit der Erde verbunden waren, die darüber lag.“ (für den originalen Text in Notizbuch 10 siehe Hamernik 2010, 238–239). Weniger genau ist die Angabe von Eisenlohr 1872a, 358: „(...) discovered by the Arabs, with a great number of other papyri, in the rubbish of a tomb behind the temple of Medinet-Abu.“ Ähnliches tradiert Birch 1876, 1 über den Großen Papyrus Harris: “This great papyrus (...) was found with four other rolls, also in the hieratic character, in 1855, in a tomb behind Medinet Habu (...). The Arabs, it appears, had found twenty of these rolls of papyrus at the time, but Mr. Harris was unable to purchase the entire collection on the occasion, and the other papyri were dispersed in different directions, being sold to various travellers. The exact spot where the rolls were discovered was in a tomb behind the temple of Medinet Habu, on the left bank of the Nile, in the valley which leads to Deir-el-Medinet, at a distance of 225 feet [Fehler für “paces”] on the path passing over the mound of rubbish of the north-eastern angle of the wall at that place.” (Parallelisierung der Überlieferungen von Eisenlohr und Birch bei Grandet 1994, 6–8). Man möchte annehmen, dass Harris hier den Ort beschreibt, den die Händler ihm 1855 gezeigt hatten, d.h. ein Grab beim noch nicht entdeckten Arbeiterdorf von Deir el-Medineh (nur der Tempel von Deir el-Medineh in einer Umfassungsmauer war damals bekannt). Falls die NO-Ecke der Umfassungsmauer und die Richtung von 225 Schritten (ca. 160 bis 180 m) nach Süden stimmen, landet man bei den Gräbern von Gurnet Murai Nord (vgl. Borchardt 1937, 114–116 und vor allem Grandet 1994, 8–10). Ob die Angaben gänzlich oder auch nur teilweise zutreffen, ist völlig unklar. Zumindest ist es undenkbar, dass die Papyri in einer solchen „rohen Höhlung“ die Zeit so unbeschadet überdauert hätten. Und Harris zweifelt laut Chabas (1860, 1; 1873a, 3) selbst daran, dass die Händler ihm den richtigen Ort gezeigt hätten. Trotzdem möchte Grandet 1994, 10 die Angaben nicht gänzlich ausschließen.
Eine zweite Beschreibung stammt von Budge 1910, xv: Der magische Papyrus „was purchased (...) from the Arabs of Western Thebes, who stated that they had found it, together with Harris Papyrus No 1, and several other Papyri, in a box in the foundations of a temple.” In einer älteren Publikation schreibt er zum Großen Papyrus Harris, dass er “was found in a box in the temple at Medînet Habu” (Budge 1890, 5). In einer späteren Publikation von Budge über den literarischen Papyrus Harris 500 findet sich: “This papyrus is said to have been found, together with several others, in a box hidden under the ruins of the Ramesseum at Thebes.“ (Budge 1923, 23). Budge begründet nicht, woher er diese Informationen hat. Sie erinnern sehr an den Fund der Ramesseumspapyri durch Quibell im Jahr 1896, weshalb die durch Brugsch beschriebenen Fundumständen als falsch eingestuft werden, aber seine erste Erwähnung stammt von 1890, also von vor der Entdeckung durch Quibell.
Ob die von Harris gemeinsam angekauften Papyri auch gemeinsam gefunden wurden, wird gelegentlich infrage gestellt. Laut Dawson 1949, 163 ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Grabräuberpapyri gemeinsam mit den übrigen Papyri gefunden sein könnten. Grandet 1994, 5–6 hält die Vergesellschaftung des Großen Papyrus Harris und der Grabräuberpapyri für durchaus möglich (ein gemeinsames Versteck für die administrativen Texte aus dem Archiv von Medinet Habu, wie es auch in einigen Papyri erwähnt wird, wobei sie in Krügen aufbewahrt wurden), möchte aber den Magischen Papyrus Harris davon ausschließen und würde diesen eher mit dem literarischen Papyrus Harris 500 zusammenbringen. Allerdings ist gerade der Fundort des literarischen Papyrus Harris 500 ein Problem (siehe Grandet 1994, 6 und 15, Anm. 46), weil er (1) aus der frühen 19. Dynastie stammt (z.B. Quack 2019, 74) und somit viel älter als die übrigen Papyri ist und (2) nicht von Chabas 1860 aufgelistet wird. Die frühesten Hinweise auf pHarris 500 sind Einträge im Wörterbuch von Brugsch aus den Jahren 1867–1868 und die Auflistung unter den Harris-Papyri durch Eisenlohr 1872. Kein Argument gegen einen thebanischen Fundort ist die Tatsache, dass die Liebeslieder von pHarris 500 sich thematisch im Raum Memphis-Heliopolis abspielen (vgl. Quack 2019, 81–82 mit Anm. 46).

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Aufgrund der Paläographie („hübsche Buchschrift der 19.–20. Dynastie“) und Orthographie („natürlich neuägyptisch gefärbt, mit überflüssigen und oft falschen Determinativen, Erweiterungen der Stämme u.ä.“) ist der Papyrus in die 19.–20. Dynastie zu datieren (Lange 1927, 7; Datierung gefolgt von Leitz 1999, 1). Bommas 1998, 10 benutzt die Paläographie der hieratischen Verwaltungsostraka, um eine paläographische Datierung „in die fortgeschrittene Regierung Ramses III.“ anzusetzen. Nach Quack 1998, 311 gehöre das Schriftbild vom Gesamteindruck noch etwas später in der 20. Dynastie und auch das Fehlen der Präposition ḥr im Präsens-I und im Kontinuativ würde zu einer etwas späteren Datierung in der 20. Dynastie passen. In ihrer grammatischen Studie erkennen Winand und Gohy älteres Sprachgut, das mit jüngerem Sprachgut erweitert wurde. Sie plädieren aus sprachlichen Gründen für eine Abfassung des endgültigen Textes gegen Ende der 20. Dynastie (Winand – Gohy 2011, 226, 227, 243). Ohne dies zu begründen, datiert Yoyotte 1977, 197 den magischen Papyrus Harris in die 19. Dynastie.

Textsorte
Sammelhandschrift
Inhalt

Der Text kann semantisch in 24 Abschnitte geteilt werden (von Lange 1927 „A–Z“ bezeichnet; „J“ und „W“ existieren nicht). Diese sind wiederum in drei Gruppen strukturiert, die „durch besondere Überschriften hervorgehoben“ werden (Lange, 1927, 8). Die Gruppen 1 und 2 richten sich gegen Krokodile, die Gruppe 3 auf der Rückseite (später von einem anderen Schreiber hinzugefügt) gegen Raubtiere auf dem Land. Im Einzelnen: 1. Gruppe (9 Abschnitte: A–I): Hymnen an Schu, Osiris-Sepa und Amun(-Re) mit dem Ziel des Schutzes vor Krokodilen. Sowohl in Hymnus G als auch in Hymnus H findet sich ein Auszug aus einem viel längeren Hymnus, der im Tempel von Hibis überliefert ist. Es sind also Auszüge aus liturgischem Spruchgut (Hymnen aus dem Götterkult), in denen magische Sprüche eingebaut wurden. In den Hymnen wird der Gott gelobt wegen seiner Taten und er wird an einigen Stellen gebeten, ähnliches zum Schutz des Redners zu vollbringen. In Text G wird die Gottheit gebeten, das Übel zu Steinschutt in den Bergen und Scherben auf den Straßen zu machen, wie es auch in „Spruch A“ der Horusstelen formuliert wird. Text I wird noch zur ersten Gruppe gerechnet, weil erst mit Text K eine neue Überschrift anfängt, aber eigentlich ist auch dieser schon ein rein magischer Spruch, in dem der Zauberer sich mit Amun identifiziert und das gefährliche Krokodil namens Maga direkt anspricht und Einhalt gebietet. 2. Gruppe (12 Abschnitte: K–V): magische Sprüche zum Schutz vor Krokodilen, oft kürzer als die Hymnen. Laut Überschrift geht es um geheimes Wissen des Lebenshauses, das keinem anderen anvertraut/verraten werden darf. Der Zauberer identifiziert sich mit Göttern oder er rezitiert Sprüche, die laut Handlungsanweisungen mehrfach oder über magischen Zeichnungen und Gegenständen zu sprechen sind. Ein Satz in Text V findet sich auch in „Spruch B“ der Horusstelen gegen Krokodile. 3. Gruppe (3 Abschnitte auf dem Verso: X–Z): Sprüche zum Schutz des Hirten und seiner Herde sowie des Feldarbeiters vor verschiedenen fleischfressenden, wilden Tieren (Lange 1927, 8–9; Leitz 1999, 31–49). Der letzte Spruch (Z) dieser Gruppe ist unverständlich, da er in hieratischer Schrift in einer nicht sicher zu übersetzenden Sprache verfasst wurde. Zunächst wurde an eine Auflistung von Abrakadabra-Zauberwörtern gedacht, aber es dürfte ein wirklicher Text in einer semitischen Sprache sein. Nach Schneider 1989 könnte es sich um einen kanaanitischen Spruch zum Schutz vor Löwen handeln.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Der Text ist eine Sammelhandschrift, eine Art magisches Handbuch, das aus unterschiedlichen Quellen zu einem einheitlichen Thema zusammengestellt ist. Der Text ist das Endergebnis (oder eine Kopie des Endergebnisses) eines länger andauernden Redaktionsprozesses, in dem Personen mit kultischem Wissen und mit Zauberwissen sowie mit Zugang zum „Lebenshaus“ tätig waren. Der Zweck war zunächst ausschließlich Schutz gegen Krokodile, einerseits mittels adaptierten Götterhymnen, andererseits mit rein magischen Sprüchen. Später wurden zwei Sprüche gegen fleischfressende Landraubtiere auf der Rückseite hinzugefügt. In diesen letzten Sprüchen werden nicht nur ägyptische Götter, sondern auch die vorderasiatischen Gottheiten Anat, Astarte und Hauron genannt. Noch später kam ein Spruch in ägyptischer Schrift, aber in einer fremden, zweifellos semitischen Sprache hinzu. Der letzte „aktive“ Besitzer wird also eine Fremdsprache beherrscht haben, möglicherweise selber vorderasiatischer Herkunft gewesen oder in einer solchen Bevölkerungsgruppe in Ägypten aufgewachsen sein (vgl. Quack 1998, 311). Es ist denkbar, dass der oder die Besitzer professionelle Zauberer waren. Ob die Besitzer den Text selber abgeschrieben haben, lässt sich nicht ermitteln. Die Schreiberhände sprechen für geübte Schreiber, die allerdings etwas nachlässig waren. Falls der Papyrus zusammen mit dem großen historischen Papyrus Harris und einigen Grabräuberpapyri gefunden worden ist, ist auch eine Aufbewahrung in einem staatlichen Verwaltungsarchiv denkbar.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Nach Chabas 1860, 2 war der Papyrus in perfektem Zustand, als er an Harris verkauft wurde, und noch in einen Papyrusköcher eingerollt („étui de carton“ und „ce carton est composé de deux ou de plusieurs feuilles de papyrus collées ensemble“). Diese Papyrushülle (Lange 1927, 5 spricht von „einem Futteral, aus Papyruskartonage gemacht“) war mit einer Aufschrift versehen, die zwar stark beschädigt war, aber den Titel enthält, welcher auch auf Verso 1.1 steht (Abschnitt X, Vers 1 nach Lange 1927, 5). Der Verbleib des genannten Futterals ist unbekannt. Vor dem Ankauf des Papyrus durch das British Museum erlitt der Papyrus starke Beschädigungen. Nach der offiziellen Version fand eine Explosion in Alexandria statt, die auch zu starken Beschädigungen am Haus von Harris führte und auch den Papyrus, der dort lagerte, teilweise zerstörte (zu berechtigten Zweifeln an der Zerstörung durch die Explosion siehe Dawson 1949, 164–166). Von den verlustigen letzten drei Kolumnen befinden sich heute noch kleinere Fragmente im British Museum und 43 weitere im Völkerkunde Museum VPST, die durch die vorherige Abschrift von Harris und der darauf basierenden Publikation von Chabas 1860 gut zueinander positioniert bzw. ergänzt werden können. Der zusammenhängende größere Teil hat die Maße 160 × 21,5 cm, die kleinere Fragmente divergieren von 0,8 × 1 cm bis 21,5 × 13 cm (Bommas 1998, 5). Ursprünglich war der Papyrus insgesamt 2,09 m lang (Bommas 1998, 8) und beschriftet mit 12 Kolumnen (mit 9 auf dem Recto und 3 auf dem Verso) mit je 5 bis 12 Zeilen in schwarzer und roter Tinte (Bommas 1998, 8 und Leitz 1999, 31). Die Breite der Kolumnen variiert zwischen 22 und 24,5 cm, auf dem größeren Stück von 160 cm sind sechs Blattklebungen vorhanden (Leitz 1999, 31). Zumindest ein Teil der Blattklebungen (vielleicht alle?) wurde für die Festlegung der Kolumnenbreite berücksichtigt. Die Höhe von 21,5 cm entspricht der in der Ramessidenzeit gängige Höhen einer vor der Benutzung halbierten Papyrusrolle. Das Papyrusmaterial wird als „dünn“ und „durchscheinend“ beschrieben (Bommas 1998, 5). Um die Rückseite zu beschriften, wurde der Papyrus um die Querachse gedreht (Oberkante Recto = Oberkante Verso), anschließend wurde am Anfang der Rückseite eine Freifläche von 26 cm belassen (Bommas 1998, 5).

Schrift
Hieratisch

Beide Seiten des Papyrus sind beschriftet, wobei die Zeichen des Versos wesentlich kursiver als die des Rectos sind. Lange 1927, 7 fragt sich, ob hier vielleicht eine zweite Schreiberhand vorliegt (dies wird von Bommas 1998, 1 für wahrscheinlich gehalten), denn auch inhaltlich ist der Text des Versos verschieden von dem des Rectos. Rubra markieren neue Abschnitte und rote Punkte fanden zur Gliederung der Verse Verwendung, sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite (Lange 1927, 7). „Der Schreiber hat nicht sehr gewissenhaft gearbeitet, rote Punkte sind falsch gesetzt oder vergessen, manchmal hat er seine Vorlage missverstanden oder falsche Lesungen hineingebracht“ (Lange 1927, 7).

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch, Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Der Text ist traditionelles (oder ursprüngliches) Mittelägyptisch, der in den hymnischen Abschnitten A–I in geringem Maße und in den weiteren Abschnitten stark mit Neuägyptizismen durchsetzt ist, bis hin zu kompletten neuägyptischen Sätzen und Satzgruppen. Eine Studie zur Grammatik des Magischen Papyrus Harris findet sich bei Winand – Gohy 2011. Sie erkennen einen Redaktionsprozess mit Änderungen, Glossen und anderen Hinzufügungen zu schon existierenden Textteilen, die aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt sind, über einen längeren Zeitraum hinweg.

Bearbeitungsgeschichte

Die Erstedition erfolgte durch Chabas 1860 mit Faksimile (Lithographien), Übersetzung und Kommentaren. Dieses Faksimile basierte anscheinend auf Photos (!), die Harris zwischen Juni und September 1858 an Chabas als Kenner von hieratischen Papyri geschickt hatte (Chabas – Virey 1899, XVIII-XIX: „photographies“; Lange 1927, 5 und 7 spricht von einer „Pause“). 1873 legte Chabas eine überarbeitete Version seiner Übersetzung vor (und fünf Jahre (1878) später eine weitere auf Englisch mit Kommentierung). Darauf bauend „haben Budge (1910) und E. Akmar (1916) den Text in hieroglyphischer Transkription mit einer nicht näher begründeten Übersetzung herausgegeben“ (Lange 1927, 3). Budge 1910 publiziert die ersten Photos der Kol. 1–6 und 12 (Taf. 20–25 und 30), während die Kol. 7–11 (pl. 26–29) nach den Lithographien von Chabas reproduziert werden. Die lange Zeit maßgebliche Bearbeitung des Textes legte Lange 1927 vor, mit hieroglyphischer Transliteration, Übersetzung und Kommentierung, in die auch die unpublizierte Verzettelung des Textes für das Wörterbuchprojekt durch G. Möller einfloss (Lange 1927, 3–5). Lange hat die Textabschnitte in 24 Abschnitte von A bis Z (ohne „J“ und „W“) durchnummeriert und dieser Nummerierung wird seitdem gefolgt. Teilübersetzungen, vor allem der stärker neuägyptisch beeinflussten Zaubersprüche, stammen von Borghouts 1978, 50–51 und 86–90 (Abschnitte I–M und P–X), Eschweiler 1994, 58, 63, 64, 66 (inklusive Besprechung der dortigen Vignetten) und Fischer-Elfert 2018, 65–71 (Abschnitte I–X).
1998 legte Bommas die von ihm identifizierten Fragmente der bis dahin als zerstört geltenden Kol. 7–9 des Rectos und Kol. 1–2 des Versos der Öffentlichkeit voll ediert vor (siehe die Rezension Quack 1998). Die jüngste Gesamtedition stammt von Leitz 1999 (mit neuen, guten Photos [ohne die Heidelberger Fragmente] und neuer englischen Übersetzung). Eine weitere Übersetzung findet sich bei DigitalHeka.

Editionen

- Akmar 1916: E. Akmar, Le papyrus magique Harris. Transcrit et publié, Sphinx. Revue Critique. Embrassant le domaine entier de l’égyptologie 20 (Upsala 1916).

- Bommas 1998: M. Bommas, Die Heidelberger Fragmente des magischen Papyrus Harris. Vorgelegt am 10. Mai 1997 von Jan Assmann, Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 4 (Heidelberg 1998).

- Budge 1910: E. A. W. Budge, Facsimiles of Egyptian Hieratic Papyri in the British Museum with Descriptions, Translations, etc. (London 1910), XV–XVI, 23–27, 34–40, Taf. 20–30.

- Chabas 1860: F. Chabas, Le Papyrus Magique Harris. Traduction analytique et commentée d’un manuscrit égyptien, comprenant le texte hiératique publié pour la première fois, un tableau phonétique et un glossaire (Châlon-sur-Saône 1860).

- Lange 1927: H. O. Lange, Der magische Papyrus Harris, Det Kgl. Danske Videnskabernes Selskab. Historisk-filologiske Meddelelser. 14,2 (København 1927).

- Leitz 1999: C. Leitz, Magical and Medical Papyri of the New Kingdom, Hieratic Papyri in the British Museum VII (London 1999), 1, 31–50, Taf. 12–25.

Literatur zu den Metadaten

- Bierbrier 2012: M. L. Bierbrier, Who was Who in Egyptology (London 2012), 243.

- Birch 1860: S. Birch, Select Papyri in the Hieratic Character from the Collections of the British Museum. Part II. Containing Abbott and D’Orbiney Papyri (London 1860).

- Birch 1876: S. Birch, Facsimile of an Egyptian Hieratic Papyrus of the Reign of Rameses III, now in the British Museum (London 1876).

- Borchardt 1937: L. Borchardt, Wo wurde der große Papyrus Harris gefunden, und wer hat ihn zusammenstellen lassen, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 73, 1937, 114–117.

- Borghouts 1978: J. F. Borghouts, Ancient Egyptian Magical Texts, Religious Texts Translation Series NISABA 9 (Leiden 1978), 50–51, 86–87.

- Budge 1890: E. A. W. Budge, The Nile. Notes for Travellers in Egypt. 1st edition (London 1890).

- Budge 1923: E. A. W. Budge, Facsimiles of Egyptian Hieratic Papyri in the British Museum with Descriptions, Summaries of Contents, etc. Second Series (London 1923), 23.

- Capone 2010: A. Capone, Anthony Charles Harris (1790-1869), in: M. Capasso (Hrsg.), Hermae. Scholars and Scholarship in Papyrology. Bd. II, Bibliotheca degli “Studi di Egittologia e di Papirologia” Bd. 7 (Pisa/Roma 2010), 17–19.

- Chabas 1873: F. Chabas, Traduction nouvelle du papyrus magique Harris, in: F. Chabas (Hrsg.), Mélanges Égyptologiques 3,2 (Châlon-sur-Saône/Paris 1873), 242–278.

- Chabas 1873a: F. Chabas, Recherches pour servir à l’histoire de la XIXme dynastie et spécialement à celle des temps de l’Exode (Châlon-s-S./Paris 1873).

- Chabas 1878: F. Chabas, The Magic Papyrus of the Harris Collection, in: Records of the past 10, 1878, 135–158.

- Chabas – Virey 1899: F. Chabas – Ph. Virey, François-Joseph Chabas. Notice biographique, in: F. Chabas (Hrsg.), Oeuvres diverses. I, Bibliothèque égyptologique 9 (Paris 1899), I–CLII.

- Collier – Dodson – Hamernik 2010: M. Collier – A. Dodson – G. Hamernik, P. BM EA 10052, Anthony Harris, and Queen Tyti, in: Journal of Egyptian Archaeology 96, 2010, 242–247.

- Dawson 1949: W. R. Dawson, Anastasi, Sallier, and Harris and their Papyri, in: Journal of Egyptian Archaeology 35, 1949, 158–166, hier: 161–166.

- Eisenlohr 1872: A. Eisenlohr, Der große Papyrus Harris. Ein wichtiger Beitrag zur ägyptischen Geschichte, ein 3000 Jahr altes Zeugniß für die mosaische Religionsstiftung enthaltend (Leipzig 1872).

- Eisenlohr 1872a: A. Eisenlohr, On the Political Condition of Egypt Before the Reign of Ramses III, in: Transactions of the Society of Biblical Archaeology 1, 1872, 355–384, hier: 358.

- Eschweiler 1994: P. Eschweiler, Bildzauber im alten Ägypten. Die Verwendung von Bildern und Gegenständen in magischen Handlungen nach den Texten des Mittleren und Neuen Reiches, Orbis Biblicus et Orientalis 137 (Göttingen/Freiburg 1994), 56–58, 63–64, 66.

- Fischer-Elfert 2018: H.-W. Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche (Stuttgart 2018), 65–71 (Nr. 34–47).

- Grandet 1994: P. Grandet, Le Papyrus Harris I (BM 9999), Bibliothèque d’étude 109/1–2 (Le Caire 1994).

- Hamernik 2010: G. Hamernik, On the rediscovery of Anthony C. Harris’s books and manuscripts in Alexandria, in: Journal of Egyptian Archaeology 96, 2010, 236–242.

- Quack 1998: J. F. Quack, [Review:] M. Bommas, Die Heidelberger Fragmente des magischen Papyrus Harris, in: Archiv für Papyrusforschung 44, 1998, 310–312.

- Quack 2002: J. F. Quack, La magie au temple, in: Y Koenig (Hrsg.), La magie en Égypte: à la recherche d’une définition (Paris 2002), 41–68 (hier: 60–61).

- Quack 2011: J. F. Quack, Beiträge zu einigen religiösen und magischen Texte, in: M. Collier – S. Snape (Hrsg.), Ramesside Studies in Honour of K. A. Kitchen (Bolton 2011), 413–416.

- Quack 2019: J. F. Quack, „Der Stute an des Pharao Wagen vergleich ich dich, meine Freundin.“ Das Hohelied und die ägyptische Liebesdichtung, in: M. Oeming (Hrsg.), Das Alte Testament im Rahmen der antiken Religionen und Kulturen, Beiträge zum Verstehen der Bibel 39 (Berlin 2019), 65–99.

- Schneider 1989: T. Schneider, Mag.pHarris XII, 1–5: Eine kanaanäische Beschwörung für die Löwenjagd?, in: Göttinger Miszellen 112, 1989, 53–63.

- Winand – Gohy 2011: J. Winand – St. Gohy, La grammaire du Papyrus Magique Harris, in: Lingua Aegyptia 19, 2011, 175–245.

- Yoyotte 1977: J. Yoyotte, Contribution à l’histoire du Chapitre 162 du Livre des Morts, in: Revue d’Égyptologie 29, 1977, 194–202, hier: 197.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Online-Ressourcen

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 1 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 2 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 3 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 4 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 5 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 6 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 7 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 8 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 9 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 10 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 11 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 12 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 13 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 14 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 15 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 16 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 17 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 18 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 19 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 20 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 21 (18.03.2019).

Digital Heka, Magischer Papyrus Harris 22 (18.03.2019).

British Museum, Magischer Papyrus Harris 1 (01.07.2020).

British Museum, Magischer Papyrus Harris 2 (01.07.2020).

British Museum, Magischer Papyrus Harris 3 (01.07.2020).

British Museum, Magischer Papyrus Harris 4 (01.07.2020).

British Museum, Magischer Papyrus Harris 5 (01.07.2020).

British Museum, Magischer Papyrus Harris 6 (01.07.2020).

British Museum, Magischer Papyrus Harris 7 (01.07.2020).

British Museum, Magischer Papyrus Harris 8 (01.07.2020).

Völkerkunde-Museum der J. u. E. von Portheim-Stiftung (18.03.2019).

Trismegistos, Magischer Papyrus Harris (18.03.2019).

Autoren
Dr. Peter Dils; Dr. Katharina Stegbauer
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Abschnitt A-B

[1,1] Perfekte Singsprüche, die den Schwimmer (ein Krokodil) vertreiben können:
Sei gegrüßt, (du) Erbe des Re, ältester Sohn, der von seinem Leib stammt, den er aus seinen Kindern erkoren hat, dessen Stärke (die des) Herr(n) der Verwandlungen ist, der die Rebellen vertreibt zu jeglicher Tageszeit an jedem Tag!
Segelt die Barke, freut sich dein Herz und die Tagesbarke1 ist im Jubel, wenn sie Schu, den Sohn des Re als Triumphator erblicken, nachdem er seinen Speer gegen den Feind geschleudert hat.
Re durchquerte die Ferne (d.h. den Himmel) am frühen Morgen, wobei Tefnut [1,5] auf ihm ruhte, damit sie ihre Flamme gegen seinen Gegner wirft, um ihn zu einem Nichts zu machen.
Nachdem Re die "Zauberreiche" dem Erben auf den Thronen seines Vaters angelegt hat, ist dessen Ka zufrieden mit der Speise des Re, den Speisen und dem Überfluss, dessen, was unter ihm existiert!
Er verfertigte ihm eine Besitzübertragungsurkunde, als Schriftstück des Herrn von Hermopolis, des Katasterschreibers des Re, im Palast des großen Tempels von Heliopolis, damit sie dauere, damit sie gestiftet sei, damit sie erhalten bleibe als Schriftstück zu Füßen des Re-Harachte.
Möge er sie dem Sohn seines Sohnes vermachen bis in alle Ewigkeit!

1 Über nḏm findet sich ein sehr blasser, roter Punkt, den Lange 1927, 13 gedeutet hat. Chabas 1860, Taf. 1 und Leitz 1999, Taf. 12 setzen den Punkt nicht.

Abschnitt C

Sei gegrüßt, Sohn des Re, den Atum selbst gezeugt hat, der von selbst entstand, dessen Mutter es nicht gab.
O Wahrhaftiger, Herr der absoluten Wahrheit, o Starker, Kultbild der Götter, o Überbringer des Udjatauges für seinen Vater Re, dem sie [1,10] durch seine eigenen Arme opfern, o, der die Große befriedet in ⟨ihrem⟩ Zorn, o, der den Himmel hochhält, der ihn auf seinen Armen festhält, o der, auf den sich jeder Gott stützt, o König von Ober- und Unterägypten, Schu, er lebe, sei heil und gesund, o, dieser Gott im Uranfang1, du mögest ausgestattet sein mit dem Glanz des Udjatauges in Heliopolis, um die zu schlagen, [2,1] die gegen deinen Vater rebellieren!
Mögest du die Sonnenbarke in Ruhe dahingleiten lassen, deren Mannschaft in großer Freude ist, (denn) alle Götter sind in Jubel und Jauchzen, wenn sie deinen Namen hören!

1 zp-tp.j: Ein Verspunkt zwischen zp und tp.j wurde nachträglich getilgt.

Abschnitt D

Geheimnisvoller und größer als die Götter bist du, in diesem deinen Namen "Schu, Sohn des Re"!
Halt ein, Maga, Sohn des Seth!
Ich bin Onuris, der Große, der Herr des Schwertarms!1
Pause.
Größer und mächtiger bist du als die Götter, in diesem deinen Namen [2,5] "Groß an Uräus"!
Hochragender als der Himmel bist du mit deinen beiden Federn, in diesem deinen Namen "Hochfedriger"!
Von dort mögest du oben auf deiner Standarte kommen, in diesem deinen Namen "Der sich auf {deiner} ⟨seiner⟩ Standarte befindet"!
Auf deiner Tragestange bringst du die Ferne, in diesem deinen Namen "Der die Ferne herbeiholt (Onuris)"!
Mögest du das Unwetter vertreiben, nachdem du die Wolken erhellt hast, in diesem deinen Namen "Vertreiber des Unwetters"!
Mögest du den Wütenden (ein Krokodil) abwehren, der aus dem Nun stammt, in diesem deinen Namen "Der die Wütenden abwehrt"!
Mögest du deinen Speer in die Ḏsr-tp-njk-Schlange bohren, in diesem deinen Namen "Der mit spitzen Hörnern"!
Mögest ⟨du⟩ gegen den stechen, der dich angreift, in diesem deinen Namen "Der mit stechenden Hörnern"!
Deine Gestalten überragen die (der anderen) Götter, in diesem deinen Namen "Der inmitten von Thinis ist"!
Re begann für sich, als du begannst, in diesem deinen Namen "Schu, Sohn des Re"!
Mögest du deinen Speer ergreifen und [2,10] die Rebellen niederwerfen, in diesem deinen Namen "Horus mit kräftigem Arm"!
Du hast die Nomaden des Nubierlandes abgewehrt, in diesem deinen Namen "Thronfolger des Re"!
Du hast die asiatischen Beduinen getötet, in diesem deinen Namen "Ältester Jüngling"!
Mächtiger ist dein Name [3,1] als die (der übrigen) Götter, in diesem deinen Namen "Der inmitten der Abendbarke ist"!
Deine Nase ist durch Leben und Herrscherglück lebensfrisch, in diesem deinen Namen "Ältester Jüngling"!
Du schneidest die Köpfe der Feinde ab, in diesem deinen Namen "Herr des Gemetzels"!
Du lenkst die Sonnenbarke bei gutem Wind, in diesem deinen Namen "Maat"!

1 Vgl. G. Vittmann, „Riesen“ und riesenhafte Wesen in der Vorstellung der Ägypter, Veröffentlichungen der Institute für Afrikanistik und Ägyptologie der Universität Wien 71. Beiträge zur Ägyptologie 13 (Wien 1995), 30 und 32.

Abschnitt E

O Sepu, der seinen Leib hervorbrachte!
O einziger Herr, der aus dem Nun stammt!
O Hu, der sich selbst kreierte!
O, der diese Nahrung, die in ihm ist, hervorbrachte!
O, der seinen Vater hervorbrachte, [3,5] dessen Mutter verborgen ist!

Abschnitt F

Seid gegrüßt, o (ihr) diese fünf großen Götter, die ihr aus Hermopolis gekommen seid, während ihr nicht im Himmel und nicht in der Erde seid, während das Sonnenlicht euch nicht erhellt!
Kommt doch zu mir, untersucht für mich den Fluss, versiegelt das, was in ihm ist!
Ihr, die ihr untergetaucht seid, werdet nicht hervorquellen können, denn ihr seid versiegelt an euerem Maul, ihr seid verschlossen ⟨an⟩ euerem Maul, wie das Fenster von Busiris verschlossen wird, wenn es tagt1 in Abydos, wie der Muttermund der Anat und Astarte verschlossen wurde, der beiden großen Göttinnen, die schwanger wurden, ohne gebären zu können, weil sie von Horus verschlossen waren, weil sie von Seth verdeckelt (?)2 waren.
Es sind die, [3,10] die im Himmel sind, die (auch) eueren Schutz bereiten!

1 sḥḏ: Emendiere vielleicht zu sḥḏ⟨.tw⟩: so Winand – Gohy 2011, 189, Beisp. 110 und 213, Beisp. 276.
2 snṯ/zni̯: Lange 1927, 31, Anm. zu Vers 18 kann mit snṯ: "gründen" keinen guten Sinn erzielen und vermutet einen Fehler für zni̯: "öffnen" (gefolgt von Winand – Gohy 2011, 205, Beisp. 222). Leitz 1999, 35 mit Anm. 26 bleibt bei der Übersetzung "they were founded (?) by Seth", wie es im Text steht, aber gibt mehrere Vorschläge, weshalb die Bedeutung "öffnen" sinnvoll ist.

Abschnitt G

Preislied des Amun-Re-Harachte, der von selbst entstand, der die Erde begründete, als er anfing, (Preislied,) das die Achtheit der ersten Urzeit verfasste, damit sie die Majestät dieses edlen Gottes preisen können, Amun, den Urzeitigen der beiden Länder, [4,1] wenn er aus Nun und Naunet aufgeht.
Was zu Wasser und zu Lande gesagt wird:
Sei gegrüßt, Einziger, der sich zu Millionen machte, dessen Weite sich ohne Grenzen erstreckt, Wirkmächtiger, der sich selbst geboren hat, Uräusschlange, Flammenreiche, Zauberreicher, mit geheimnisvollen Formen, geheimnisvoller Ba, dem Ehrfurcht erwiesen wird, König von Ober- und Unterägypten Amun-Re, er lebe, sei heil und gesund, der von selbst entstand, Horizontischer, Horus des Ostens, der Aufgehende, der das Licht erhellt, Sonnenglanz, der ursächlicher ist als die Götter!
Wie du dich als großer Amun [4,5] verborgen hast, so leuchtest du in deinen Phasen als Sonnenscheibe!
Tatenen, der sich vor den (anderen) Göttern auszeichnet, sich verjüngender Alter, der die Ewigkeit durchläuft, Amun, der in allen Dingen verweilt, o dieser Gott, der die Erde erschuf nach seinen Plänen!
Komm doch zu mir, ach Herr – er lebe, sei heil und gesund – der Götter!
Du sollst mir alle Übel niederwerfen, alles Gefährliche1, das auf dem Fluss ist!
Mach sie doch für mich zu Geröll auf den Bergen, wie Scherben entlang der Straße!

1nḥꜣ: Muss ein Substantiv sein. Es ist im DZA einfach unter dem Verb eingetragen (DZA 25.188.510 = Wb. 2, 290.8), aber mit dem Hinweis, dass Krokodile gemeint sein müssen und dass auf der Metternichstele tatsächlich "Krokodil" stehe (ob Metternichstele Z. 116–117 gemeint ist: ḫsf=k n=j mꜣj nb ḥr mr.w msḥ nb ḥr jtr.w?).

Abschnitt H

So sprach die Achtheit des ersten Urbeginns, die Großen, die den Gott zwischen ihnen Respekt bezeugten, dessen Knochen aus Silber und dessen Fleisch aus Gold ist, dessen Kopfputz aus echtem Lapislazuli ist.
Pause.
Die Achtheit (also) sagt:
[4,10] ⟨O⟩ Amun, der sich in seinem Augapfel verbirgt, Ba, der mittels seines metallenen Auges glänzt, der die Verwandlungen ⟨durchwandelt⟩1, der Abgesonderte, der Unerkannte, [5,1] dessen Formen leuchten, der sich sehen lässt in seinem Glanzauge, dessen Geheimnis geheim ist, dessen Geheimnis nicht gewusst werden kann!
Lobpreis wird dir zugeeignet am Bauch der Nut, während deine Kinder, die Götter, (dich) leiten, und Maat deine geheime Kapelle betritt, nachdem dich deine Mutter Meret verherrlicht hat.
Du hast den Sonnenstrahl in Bewegung gesetzt am Morgen, wenn du die beiden Länder umschlungen hast mit deinem Licht!
Wenn du dich niederlässt ⟨auf⟩ diesem Gebirge, das in der Unterwelt ist, verehren dich die ḥr.w-mr (?)2, die Sethtiere3 loben dich, und die Mannschaft der Schakale empfängt dich, [5,5] die deine Barke treidelt4 im verborgenen Gebirge.
Deine Affen und die Bas des Ostens, sie kreischen wegen des Strahlenglanzes deiner Sonnenscheibe!
Über dich jubeln die Bas von Hierakonpolis, wenn dein Licht in ihren Gesichtern erglänzt!
Du sollst deine beiden Himmel durchfahren ohne deinen Feind, dadurch, dass dein Feuer den "Rauhgesicht" verbrannt hat, und die roten Buntbarsche das Wasser deiner Barke behüten, und der ꜣbḏ,w-Fisch dir den Wenti angekündigt hat, und "der von Ombos" seine Pfeile in ihn gestoßen hat, nachdem er Himmel und Erde mit seinem Unwetter erschüttert hat, denn sein Zauber ist mächtig beim Vertreiben seiner Feinde, und sein Speer ist in den Weben-Ra gestoßen.
Aker hat sich aufgeworfen, weil er seinen Schutz besorgt, denn er hat ihn gepackt und zurückgetrieben [5,10] in sein Loch!
Deine beiden Augen sollen ihn fressen, denn sie sind stark und wirkmächtig an ihm, die Verzehrende verzehrt ihn, die Verbrennende5 ist größer [6,1] als er, indem sie bei seinem Kopf beginnt und bei seinen Sohlen endet und alle seine Gliedmaßen raubt mit ihren Flammen.
Du und deine Mannschaft mögen bei gutem Wind dahinsegeln, wobei der Messersee ruhig sei unter dir, und deine Barke sich freut, weil deine Wege weit geworden sind, weil du jenen erwürgt hast, den Bösartigen!
Die unvergänglichen und unermüdlichen Sterne landeten in Rechtfertigung,6 bevor du die Ostregion berührst7 und deine Mutter dich umarmt!
Nachdem du die westliche Achet durchfahren hast, streckt die Erde ihre Arme aus, um dich entgegenzunehmen!
Alles, was ist, soll dich loben!

1 Eine Emendation des Textes ist erforderlich. Hier wird gemäß der Textversion des Amunhymnus im Hibistempel emendiert; vgl. D. Klotz, Adoration of the Ram. Five Hymns to Amun-Re from Hibis Temple, Yale Egyptological Studies 6 (New Haven 2006), 82. Falls man bjꜣ.y.tj ḫrp.w lesen möchte, muss der Gliederungspunkt verschoben werden (vgl. Lange 1927, 45).
2 Unklar. Vgl. Lange 1927, 46 zu Vers 18–19, der ḥr.w versuchsweise als identisch mit ḥr-nb "alle Menschen" deutet, daher: "Die Menschen (?) beten dich an / Die ... preisen dich. / Die Scharen der Schakele empfängen dich, ...". Leitz 1999, 37 übersetzt "The Overlords adore you, when the Seth-animals adore you."
3 jš/šꜣ: Das Wort ab der Kanal-Hieroglyphe wurde in Wb 1, 134.20 als "Art Hunde" gelesen. Es ist mit dieser Orthographie jw~šꜣ in C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band VII. š, Orientalia Lovaniensia Analecta 116 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 3c s.v. šꜣw: "die Sethtiere" aufgenommen (vgl. C. Leitz, Spruch 11 des magischen Papyrus Leiden I 348 (rto IV, 9-10), in: Göttinger Miszellen 98, 1987, 55–60, hier: 57–58, der die verschiedenen Graphien auflistet und von einer "volleren Form jšꜣ und einer häufigeren Kurzform šꜣ" ausgeht). J. Quaegebeur, L’animal shaï associé au trône d’Osiris, in: U. Luft, Ulrich (Hrsg.), The intellectual heritage of Egypt. Studies presented to László Kákosy by friends and colleagues on the occasion of his 60th birthday, Studia Aegyptiaca 14 (Budapest 1992), 481-493, hier: 486–489 und 492–493 diskutiert šꜣy als eine Form des Re sowie das Seth-artige Tier, das , jꜣš, jšꜣ und ꜣyš geschrieben wird und mit den sꜣb-Schakalen gemeinsam vorkommt. Er übersetzt die Stelle im Magischen Papyrus Harris als "les animaux j(w)šꜣ t’adorent, le groupe des animaux sꜣb t’accueillent; ils tirent ta barque sur la montagne cachée", wobei er aber die Gruppe ḥr.w vor j(w)šꜣ noch nicht berücksichtigt. Auch C. Leitz, Spruch 11 des magischen Papyrus Leiden I 348 (rto IV, 9-10), in: Göttinger Miszellen 98, 1987, 55–60, hier: 57 mit Anm. 9 lässt den Anfang mit dwꜣ tw ḥr.w weg. T. DuQuesne, Seth and the Jackals, in: W. Clarysse – A. Schoors – H. Willems (Hrsg.), Egyptian Religion. The last Thousand Years, Studies dedicated to the memory of Jan Quaegebeur. Part I, Orientalia Lovaniensia Analecta 84 (Leuven 1998), 613–628 erwähnt den magischen Papyrus Harris nur in 620, Anm. 34.
M. Müller, [Review:] C. Leitz, Magical and Medical Papyri of the New Kingdom, Hieratic Papyri in the British Museum VII (London 1999), in: Lingua Aegyptia 10, 2002, 425–435, hier: 433 ist nicht davon überzeugt, dass die Umsetzung des Determinativs als Sethtier (Hieroglyphe E146: durch C. Leitz, Spruch 11 des magischen Papyrus Leiden I 348 (rto IV, 9-10), in: Göttinger Miszellen 98, 1987, 55–60, hier: 57, Anm. 9 und Leitz 1999, Taf. 16) statt als Kanide (Zeichen E14C) wirklich zutrifft, weil der Schwanz nicht gegabelt ist und auch der Kopf nicht die Sethtier-Merkmale aufweist (Müller verweist zum Vergleich auf das liegende Sethtier in qrjw in derselben Kol. 5.8).
4 sṯꜣ.w: Wird meistens als sṯꜣ=w "wenn sie ziehen" verstanden (z.B. Winand – Gohy 2011, 196, Beisp. 167), obwohl das Suffixpronomen =w selten ist im ersten Teil des Papyrus (aber vgl. n=w unten in Kol. 6.3 in diesem selben Abschnitt).
5 nby.t: Wird in den meisten Bearbeitungen nicht als ein Substantiv, sondern als ein attributiv verwendetes Partizip Aktiv gedeutet: Lange 1927, 42, Vers 37: "Das Feuer frisst ihn, das einen grösseren als ihn brennt"; Leitz 1999, 38: "The scorching one consumes it, who burns one who is greater than it."; Winand – Gohy 2011, 229, Beisp. 343: "La dévorante, qui consume celui qui est plus grand qu’elle, le dévore."
6 Winand – Gohy 2011, 196, Beisp. 168 korrigieren den Text zu sꜣḥ⟨=k⟩ n=w ⟨tꜣ⟩ m mꜣꜥ-ḫrw: "Les indestructibles et les infatigables, tu atteins la terre en tant que justifié grâce à elles."
7 ẖnm.n.t=k: Unklare Textstelle. Lange 1927, 49–50, Anm. zu Vers 46 emendiert zu ẖnm ṯw msq.t, wie der Text im Hibistempel lautet. Er vermutet, dass der Schreiber fälschlicherweise an das Pronomen mntk gedacht hat. Winand – Gohy 2011, 202, Beisp. 215 lesen ẖnm.n.t(w)=k ⟨m⟩ msq.t: "C’est à la région msḳ.t que tu es uni" mit einem emphatischen sḏm.n.tw=f.

Abschnitt I

Komm doch zu mir, ach Herr der Götter!
Mögest du mir [6,5] die Löwen auf dem Wüstenplateau und die Krokodile im Fluss vertreiben, jegliche bissige rꜥ-Schlange in ihren Löchern!
Zurück, Maga, Sohn des Seth!
Du wirst nicht mit deinem Schwanz rudern; du wirst nicht mit deinen Armen paddeln1; du wirst dein Maul nicht aufreißen!
(Denn:) Vor dir wird das Wasser zur Feuersflamme, und die Finger der 77 Götter sind in deinem Auge, während du gefesselt bist an den großen Bootsanleger des Osiris, während du gefesselt bist an die 4 Pfosten aus oberägyptischen Grünstein, die am Bug der Barke des Re sind.
Halt doch ein, Maga, Sohn des Seth!
Siehe, ich bin Amun, der Stier seiner Mutter!
Worte zu rezitieren ⟨über⟩ einem Bild des Amun mit 4 Gesichtern ⟨auf⟩ einem Nacken, das auf den Boden gezeichnet ist; (mit) einem Krokodil unter seinen Füßen; (und) die Achtheit ⟨zu⟩ seiner Rechten und ⟨zu⟩ seiner Linken gibt ihm Lobpreis.

1 mḥi̯: Das Verb ist mit dem schlagenden Arm versehen, was für das Verb mḥ: "packen" sprechen könnte (so Lange 1927, Borghouts 1978, Leitz 1999, Fischer-Elfert 2018), aber das Krokodil packt mit dem Maul, nicht mit den Händen. Deshalb wird hier trotz des Determinativs an das Verb mḥi̯: "schwimmen" gedacht.

Abschnitt K

[6,10] Erster Spruch aller Wassergesänge1 über den die Zauberer2 sagen:
Verrate es nicht an andere, das echte Geheimnis des Lebenshauses!
Ei des Wassers, Speichel der Erde, Sohn der Achtheit, Großer im Himmel, Gerichtsherr in der Unterwelt, der sich im Nest vor dem Messersee befindet!
Zusammen mit dir bin ich aus dem Wasser herausgekommen, zusammen mit dir komme ich aus deinem Nest hervor!
Ich bin Min von Koptos; ich bin Min, der Herr des Gaus von Koptos!3
Dieser Spruch werde gesprochen ⟨über⟩ einem Ei aus Ton.
Werde in die Hand eines Mannes am Bug des Schiffes gegeben.
Wenn der herauskommen sollte, der
[7,1] auf dem Wasser ist, wirft man (es) in das Wasser!

1 Zu dieser Überschrift (bis pr-ꜥnḫ) siehe zuletzt R. Gundacker, Ist ḥśjw-mw „Wasserzauber“ ein „Älteres Kompositum“? Untersuchungen zu einem terminus technicus der ägyptischen lingua magica, in: Lingua Aegyptia 27, 2019, 77129, hier: 91–93. Er widmet dem Wort ḥs.w-mw einen ganzen Aufsatz.
2 ḥr.jw-tp: Zur Bedeutung "Zauberer" siehe A. H. Gardiner, The House of Life, in: Journal of Egyptian Archaeology 24, 1938, 157–179, hier: 164–165; B. H. Stricker, Trois études de phonétique et de morphologie coptes, in: Acta Orientalia 15, 1937, 1–20, hier: 6 und 20 (beide verstehen es als Verkürzung von ẖr.jw-ḥꜣb-ḥr.jw-tp). J. Quaegebeur, La désignation (pꜣ-) ḥry-tp: Phritob, in: J. Osing – G.ünter Dreyer (Hrsg.), Form und Mass. Beiträge zur Literatur, Sprache und Kunst des alten Ägypten. Festschrift für Gerhard Fecht zum 65. Geburtstag am 6. Februar 1987, Ägypten und Altes Testament 12 (Wiesbaden 1987), 368–394 erkennt in ḥr.j-tp einen unabhängigen Titel; J. Quaegebeur, On the Egyptian equivalent of Biblical ḥarṭummîm, in: S. Israelit-Groll (Hrsg.), Pharaonic Egypt, the Bible and Christianity (Jerusalem 1985), 162–172; J. Quaegebeur, Phritob comme titre d’un haut fonctionnaire ptolémaïque, in: Ancient Society 20, 1989, 159–168.
3 Der Satz wurde vor dem Rubrum vergessen und unterhalb der Kolumne nachgetragen, mit einem Kreuz markiert.

Abschnitt L

Ein weiterer Spruch:
Ich bin der von Millionen Auserkorene, der aus der Unterwelt gekommen ist, dessen Namen man nicht kennt!
Wenn sein Name am Flussufer genannt wird, dann wird er (der Fluss) (zwangsläufig) versiegen!
Wenn sein Name zu Land genannt wird, dann wird es (das Land) (zwangsläufig) in Flammen aufgehen!
Ich bin Schu, das Abbild des Re, der im Innern des Auges seines Vaters wohnt!
Wenn der, der auf dem Wasser ist, sein Maul aufsperrt, wenn er mit seinen Klauen schlägt, dann werde ich die Erde in das Urwasser1 fallen lassen, und der Süden wird zum Norden werden, und die Erde wird sich umdrehen.
Viermal zu rezitieren ⟨über⟩ einem Udjatauge, in dessen Inneren ein Bild des Onuris ist, als Zeichnung ⟨auf⟩ der Hand eines Mannes.

1 nmn.t: Lange 1927, 59, Anm. zu Vers 12 geht von einer Verschreibung für ein Wort mit der Bedeutung "Urgewässer" aus. Leitz 1999, Taf. 18, Anm. zu Zeile 3.a fragt sich, ob die Anfangsgruppe nm eigentlich ẖnw zu lesen sei. Bommas 1998, 17, Anm. 14 denkt an eine Verschreibung für nwj: "Urwasser". Heute noch erhalten ist der hintere Teil nach nmw, der zu n.t: "Wasser, Gewässer" passt.

Abschnitt M

Ein weiterer Spruch:
Komm zu mir, [7,5] komm zu mir, o Abbild von Abermillionen1, o Chnum, einziger Sohn! O, der gestern empfangen2, heute geboren wurde, o, der, dessen Name ich kenne, o, der, der 77 Augen hat, der 77 Ohren hat!
Komm zu mir und veranlasse, dass man meine Stimme hört, wie man die Stimme des großen Gackerers in der Nacht hört!
Ich bin die große Überschwemmung, ich bin die große Überschwemmung.
Viermal zu rezitieren.

1 ḥḥ n.j ḥḥ.w/ḥḥ.wj: Quack 1998, 312 möchte die Orthographie ḥḥ.wj als "zwei Millionen" lesen und verweist auf einer Stelle im Buch vom Fayum, wo ḥḥ 2 steht. Vgl. auch G. Vittmann, „Riesen“ und riesenhafte Wesen in der Vorstellung der Ägypter, Veröffentlichungen der Institute für Afrikanistik und Ägyptologie der Universität Wien 71. Beiträge zur Ägyptologie 13 (Wien 1995), 70.
2 jwr: Die schwangere Frau als Determinativ hält einen Gegenstand in der vorderen Hand. Der Gegenstand ist vorhanden auf dem Faksimile von Chabas 1860 und noch erhalten auf einem Fragment in Heidelberg (Photo bei Bommas 1998).

Abschnitt N

Weiterer Spruch:
O Ba, o Ba!
Ich bin Anubis, Sopdu, Sohn der Nephthys1!
Viermal zu rezitieren.

1 Spd.w zꜣ Nb.t-ḥw.t: Die Lesung "Sopdu" ist sicher, weil die Kombination Anubis-Sopdu gleich im Anschluß in Kol. 7.8 erneut steht und dieses Fragment in Heidelberg erhalten ist. Die Lesung "Nephthys" ist unsicher, weil der nb-Korb nicht erkennbar ist.

Abschnitt O

Weiterer Spruch:
Rechts, rechts, links, links!
Ich bin Anubis-Sopdu, der Sohn des Re!
Viermal (zu rezitieren)!

Abschnitt P

Weiterer Spruch:
Wenn Isis mit ihrem Flügel schlägt, versiegelt sie die Öffnung/Mündung des Flusses, und lässt den Fisch im Schlamm liegen, ohne dass eine Welle ihn benetzen kann.
[7,10] Während Isis1 ⟨auf⟩ dem Wasser ermattet, sich Isis1 auf dem Wasser erhebt, fallen ihre Tränen ⟨ins⟩ Wasser.
Siehe, Horus fickt seine Mutter Isis1, während ihre Tränen ins Wasser fallen.
Eine Handvoll (?)2 Buntbarsche sind im Maul des Pavians; eine Handvoll (?)2 ⟨Süß⟩holz (?)3 ist im Mund des Morgengottes(?)!
Isis ist es, die die Beschwörung macht:
"Es gibt kein Krokodil, das handeln kann!
Schutz, es soll Schutz kommen!"

1 Zur Lesung Ꜣs.t siehe Lange 1927, 63, Anm. zu Vers 6.
2 mḥ: "Handvoll": Quack 1998, 312 möchte mḥ 1: "eine Elle" lesen.
3 ḫt {wḥm}⟨nḏm⟩: Lesung nach Leitz 1999, 42 mit Anm. 90. Lange 1927, 64, Anm. zu Vers 11 liest wꜣḏ (mit w-Schleife statt m-Eule) mit Verweis auf Kol. 6.7 sḫn.w wꜣḏ.

Abschnitt Q

Ein weiterer Spruch:
Papa-luka, Papa-laka, Papa-lula,1
[8,1] Chnum wird nicht šr2 machen; Tekemet rezitiert nicht!
Isis, gib, dass man für uns über dem Wasser rezitiere!
Ich bin Horus, der Retter!
Viermal zu rezitieren.

1 Einige Überlegungen zu diesen Zauberwörtern bei Fischer-Elfert 2018, 145, Nr. 41. Einige weiteren Beispiele für solchen Abracadabra-Wörter bei J.-C. Goyon, Textes mythologiques II. „Les révélations du mystère des quatre boules“, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 75, 1975, 349–399, hier: 368–369. R. K. Ritner, The mechanics of ancient Egyptian magical practice, Studies in Ancient Oriental Civilization 54 (Chicago 1993), 193, Anm. 890 möchte rʾ~kꜣ als Demotisch lg "to stop" bzw. "aufhören; entfernen" deuten.
2 šr oder š⟨ꜥ⟩r: Ein Verb mit unbekannter Bedeutung. Lange 1927, 65, Anm. zu Vers 5 erwägt eine Interpretation als š⟨ꜥ⟩r; ein Substantiv derselben Wurzel šꜥr ist in Vso 1,7 belegt. Er übersetzt dieses Verb versuchsweise mit "drohen" (übernommen von Borghouts 1978, 89, Nr. 130). J. E. Hoch, Semitic words in Egyptian texts of the New Kingdom and Third Intermediate Period (Princeton 1994), 272–273, Nr. 387 hat für das Substantiv "calculation; scheme; threat/promise" und für das Verb (273, Nr. 388) "to scheme" (d.h. "Pläne schmieden; intrigieren"). Bei L. H. Lesko (Hrsg.), A Dictionary of Late Egyptian III (Berkeley/Providence 1987), 138 findet sich für das Substantiv šꜥr die Bedeutungen "promise; promise, threat; protest". Bommas 1998, 23 liest š⟨ꜥ⟩r und übersetzt mit "berechnen", ohne dass er diese Übersetzung in seiner Anm. 46 genauer begründet. Es geht sicherlich zurück auf die mögliche Bedeutung "calculation" für das Substantiv šꜥr, das Ugaritisch und Hebräisch in der Wurzel ṯꜥr "to measure, to estimate, to calculate" belegt ist, und hängt mit dem Demotisch šꜥr und Koptisch ϣⲁⲁⲣ belegten Substantiv "Preis" zusammen.
Leitz 1999, 43, Anm. 94 fragt sich, ob šꜣ~rʾ eine ungewöhnliche Schreibung für šrj "versperren" sein könnte. Fischer-Elfert 2018, 68, Nr. 41 und Anm. auf S. 145 hat "beten (?)" und denkt an das später/demotisch belegte Verb šll/šrr.

Abschnitt R

Ein weiterer Spruch:
Steige herab, steige herab,1 Östlicher (?) des Himmels, Östlicher (?) der Erde!
Amun hat sich als Herrscher festgesetzt, indem er die weiße Krone und das ganze Land ergriffen hat!
Ruhe nicht!
Laufe, eile, verschließe ihr Maul!
Jedes Gifttier, das am Boden klebt, ist in Furcht vor deiner Kraft, Amun!

1 hꜣi̯.y: Von der Orthographie her, liegt das Verb hꜣi̯: "hinabsteigen" vor (so Lange 1927). Leitz 1999 hat ähnlich "Depart!". Borghouts 1978 übersetzt mit der Partikel "hi", Fischer-Elfert 2018 mit einem Verb "Es jauchzen der Osten des Himmels ..."

Abschnitt S

Ein weiterer Spruch:
Gegrüßt seist du, o Pavian von 7 Ellen, dessen Auge aus Gold, dessen Lippen aus Feuer und dessen Worte [8,5] alle Flammen sind!
Halte den Schwimmenden (ein Krokodil) fest, damit ⟨ich⟩ heil herausgehen kann!

Abschnitt T

Ein weiterer Spruch:
Du wirst nicht gegen/über mich sein, denn ich bin Amun!
Ich bin Onuris, der perfekte Kämpfer, ich bin der Große, der Herr des Schwertarms!1
Stoße nicht zu, denn ich bin Month!
Drohe nicht, ich bin Seth!
Deine Arme werden nicht über (d.h. gegen) mich erhoben, denn ich bin Sopdu!
Greife nicht an, ich bin der Retter!
Die, die untergetaucht sind, sie werden nicht auftauchen, und die, die aufgetaucht sind, ⟨sie⟩ werden nicht untertauchen, weil sie verdonnert sind, auf dem Fluss nordwärts zu treiben wie Tote/Leichen auf der Wasserflut, wobei ihr Maul verschlossen worden ist wie man die 7 großen Kästen2 verschloss, die für immer verschlossen sind!
Pause.

1 Zu dieser Textpassage siehe G. Vittmann, „Riesen“ und riesenhafte Wesen in der Vorstellung der Ägypter, Veröffentlichungen der Institute für Afrikanistik und Ägyptologie der Universität Wien 71. Beiträge zur Ägyptologie 13 (Wien 1995), 30. Die Verbindung von Onuris und nb ḫpš ebenfalls oben in Kol. 2.3.
2 ḫtm: Ist mit Holzzeichen und Hausdeterminativ versehen. Drei Übersetzungen sind möglich: (1) "Verschluss" (Lange 1927, 71, Vers 13 und Anm. auf S. 72); (2) "Siegel" (S. Schott, Drei Sprüche gegen Feinde, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 65, 1930, 35–42, hier: 37, Anm. 1; Leitz 1999, 44; Winand – Gohy 2011, 228, Beisp. 335; Fischer-Elfert 2018, 68); (3) "Kasten" (Borghouts 1978, 88; siehe zu diesem Wort einen Beleg in pBM EA 10081, Kol. 36.25 bei S. Schott, Drei Sprüche gegen Feinde, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 65, 1930, 35–42, hier: 37, Textnote 6 = A.-K. Gill, The Hieratic Ritual Books of Pawerem (P. BM EA 10252 and P. BM EA 10081) from the late 4th century BC, Studien zur spätägyptischen Religion 25, 2 Bände (Wiesbaden 2019), 585 und 592, Anm. 42: ḫtm = mḫtm.t).

Abschnitt U

O, dieser Zwerg des Himmels, o, dieser Zwerg des Himmels!
O Zwerg mit großem Gesicht, mit langem Oberkörper/Rücken und kurzen [8,10] Beinen/Schenkeln, o große Säule, die im Himmel und der Unterwelt anfängt, o Herr des großen Leichnams, der in Heliopolis ruht, o großer lebendiger Herr, der in Busiris ruht!
Gib Acht ⟨für⟩ NN., Sohn der NN., behüte ihn am Tage, bewache ihn in der Nacht, beschütze ihn, wie du Osiris beschützt vor dem "Mit-unbekanntem-Namen", an jenem Tag der Bestattung in Heliopolis.
Ich bin der Löwe aus/in Buto, der Heimat des Phönix!
Deine Wandelformen sind die einer Meerkatze nach [9,1] dem Altern.
Das ist bekannt (?)1, seit du mir geschrieben hast, als man es sich bequem machte in Memphis: "Folgendes: Lasse mir einen Schrein von eineinhalb Ellen anfertigen!" – obwohl du ein Riese von 7 Ellen bist –,2 während ich zu dir sagte: "Du wirst doch gar nicht in den Schrein von eineinhalb Elle hineinpassen können, weil du doch ein Riese von 7 Ellen bist2!", während du hineingingst und in seinem Inneren ruhtest!
Doch siehe: Die Wasser fließen (?), ohne den Nun zu kennen!3
Der Schrein ist geöffnet, der Schrein ist geöffnet!
Der, der darin ist, hat das Gesicht einer Meerkatze!
Weh, weh, Feuer, Feuer!
Kind (?)4 eines weiblichen [9,5] Pavianbildnisses!

1 mtr nꜣw: Unklarer Satz, der in Kol. 9.7 erneut begegnet. Er wird diskutiert von Winand – Gohy 2011, 205, Beisp. 223, die sich für eine Lösung als sḏm=f Passiv gefolgt von einem Objekt nꜣ entscheiden: "J’ai été informé de cela". Andere Deutungen sind ein Substantivalsatz mit nꜣw als Subjekt: "this is an admonishment" (Borghouts 1978, 90) und ein Verbalsatz: "I (?) testify to this" (Leitz 1999, 45 mit Anm. 114).
2 nḫt n mḥ 7: Zu dieser Textpassage siehe G. Vittmann, „Riesen“ und riesenhafte Wesen in der Vorstellung der Ägypter, Veröffentlichungen der Institute für Afrikanistik und Ägyptologie der Universität Wien 71. Beiträge zur Ägyptologie 13 (Wien 1995), 3–4.
3 Unklarer Satz, weil schon die Umsetzung in Hieroglyphen schwierig ist. Siehe Lange 1927, 78–79 zu Vers 21 (ohne Übersetzung). Leitz 1999, 45 übersetzt "And see, so say they: the water of the flood knows not Nun." Seine hieroglyphische Transliteration entspricht einer Umschrift ḫr ptr ḫru̯=w mw (n.j) ḥy ḫm(.w) Nwn. Bommas 1998, 30 übersetzt "Nun siehe! Der Überfluß der Flut kennt auch nicht den Nun (?)". Winand – Gohy 2011, 230, Beisp. 355 und mit Kommentierung 235, Beisp. 403: ḫr ptr ḫr ḥwḥw ḫm⟨.n⟩ nwn: "Et, vois, un flot que même Noun ignore est tombé" (mit einer sḏm.n=f Relativform ḫm⟨.n⟩ und dem zweiten ḫr als das Verb "fallen"). Winand – Gohy 2011, 235, Beisp. 403 erwägen als Alternative ḫr ptr ḫr=w ⟨ḥw⟩ḥ(w) ḫm nwn: "Vois, dira-t-on, c’est un flot que Noun ignore."
4 msi̯.y: Lange 1927, 75, Vers 25 übersetzt mit einem Passiv "Es wurde eine Statue eines Affen gebildet" (das Verb msi̯ ist typisch für die Erschaffung von Statuen), aber er hält seine Übersetzung für unsicher, weil der Kontext unklar ist. Gleiche Übersetzung bei Leitz 1999, 46; Winand – Gohy 2011, 205, Beisp. 224; Fischer-Elfert 2018, 69. Borghouts 1978, 90 hat abweichend: "The child of a Lady of distinction is a baboon!".

Abschnitt V

Weiterer Spruch:
O, die im Inneren des Uterus1 der Neith sind, in der breiten Gerichtshalle, ihr Herren des Süd- und Nordheiligtums, erhebt nicht euer Gesicht gegen den im Wasser, denn Osiris ist auf dem Wasser und das Udjatauge des Horus2 ist bei ihm!
Es ist bekannt (?)3, seit du geschrieben hast, als man in Memphis (beisammen) sitzt: "Folgendes: Lass mir einen Schrein von eineinhalb Ellen anfertigen!", während man zu dir sagte: "Mann von siebeneinhalb Ellen,4 wie willst du denn in ihn hineingehen?", als man ihn dir aber gefertigt hatte, ⟨gingst⟩ du ⟨hinein und⟩ ruhtest in ihm!
Aber Maga, der Sohn des Seth kam daher und öffnete ihn, und er erblickte den, der darinnen war, [9,10] dessen Gesicht das einer Meerkatze und dessen Fell das eines Pavians war!
Weh, weh, weh, weh, Feuer, Feuer, Feuer, Feuer!
Nicht ich bin es, der das gesagt hat; nicht ich bin es, der das wiederholt hat!
Maga, der Sohn Seths, ist es, der es gesagt hat; er ist es, der es wiederholt hat!
Zu rezitieren ⟨über⟩ einem Bild von (zwei antithetisch gezeichneten Krokodilen in einem Neithzeichen) (des) Süd- und Nordheiligtums, und du sollst sie machen/anbringen ⟨auf⟩ dem Boden5 am Ufer, oder auf einer Planke des Schiffes.

1 Hieroglyphische Transliteration jd.t gemäß Lange 1927, 81, Anm. zu Vers 2. Leitz 1999, Taf. 20 hat hieroglyphisch šd und er übersetzt (S. 46) mit "womb", was dann das Lemma Wb 4, 566.14 "der weibliche Geschlechtsteil" wäre.
2 Dieselbe Formulierung im "Spruch B" der Horusstelen (Metternichstele Z. 41), wo jr.t-Ḥr.w zu lesen ist.
3 mtr nꜣw: Unklarer Satz, der in Kol. 9.1 erneut begegnet. Er wird diskutiert von Winand – Gohy 2011, 205, Beisp. 223, die sich für eine Lösung als sḏm=f Passiv gefolgt von einem Objekt nꜣ entscheiden: "J’ai été informé de cela". Andere Deutungen sind ein Substantivalsatz mit nꜣw als Subjekt: "this is an admonishment" (Borghouts 1978, 90) und ein Verbalsatz: "I (?) testify to this" (Leitz 1999, 45 mit Anm. 114).
4 pꜣ z n mḥ 7 gs: Zu dieser Textpassage siehe G. Vittmann, „Riesen“ und riesenhafte Wesen in der Vorstellung der Ägypter, Veröffentlichungen der Institute für Afrikanistik und Ägyptologie der Universität Wien 71. Beiträge zur Ägyptologie 13 (Wien 1995), 3–4.
5 Lesung dieser bislang unklaren Stelle durch Quack (E-Mail an Dils vom 18. Nov. 2019). Siehe demnächst Quack, Altägyptische Amulette und ihre Handhabung, 156, Anm. 286. Inhaltlich ist diese Übersetzung viel sinnvoller, als die Übersetzung von Bommas 1998, 38.

Abschnitt X

[vs. 1,1] Andere Sprüche zum Verlassen des Feldes:1
"Du (?) bist der, der durch den Spruch des Hirten herbeigeholt wird", ruft Horus laut über den Feldern, weil seine Herde "Warte" sagt.2
"Mach, dass man mir meine gute Mutter Isis herbeiruft und meine Tante3 Nephthys, die mir einen Schutzzauber werfen können, südlich von mir, nördlich von mir, westlich von mir, östlich von mir!
Verschließe das Maul der Löwen und Hyänen, aller Viecher4 mit sehr langem/hohem Schwanz, die Fleisch fressen und Blut saufen, um sie zu bannen und ⟨um⟩ ihr Gehör fortzunehmen,5 ⟨um⟩ ihnen Dunkelheit zu geben, [vs. 1,5] ⟨um⟩ ihnen keine Helligkeit zu geben, ⟨um⟩ ihnen Blindheit zu geben, ⟨um⟩ ihnen keine Sicht zu geben, in meinem ganzen Umfeld bei Nacht!"
"Halt still, elender Wolfsschakal!
Komm und ich lasse dich den Tag zubringen, indem du gefesselt bist, ohne dass du losgebunden wirst, wobei Horus es ist, der veranlasst, dass du das erleidest (wörtl.: dass du ihn (so) zubringst)!
Der Himmel ist über dir geöffnet, Hauron weist deine Proteste zurück, dein Vorderschenkel wird von/für Herischef (für: Reschef?) abgeschnitten, nachdem Anat dich niedergemacht hat, nachdem ein Pfahl aus Kupfer (d.h. eine Waffe) ⟨zu⟩ deinem Kopf geführt wurde, während Horus (für: Hauron?) es / ihn ergriffen hat, wird Seth (Baal) ⟨dich⟩ aufschlitzen!
Geh (lieber nach) Süden, Norden, Westen, Osten!
Das Feld gehört dir in seiner Gesamtheit; man wird dich nicht davon abhalten!
Wende dein Gesicht nicht mir zu!
Dem Vieh der Wüste sollst du dein Gesicht zuwenden!
[vs. 1,10] Richte dein Gesicht nicht auf meinen Weg!
Auf etwas anderes sollst du dein Gesicht richten!
Denn ich werde dich vertreiben und dein Gehör wegnehmen5 und dir Dunkelheit geben und (dir) das [vs. 2,1] Tageslicht vorenthalten!"
"Du bist der starke Hirte, Hauron!
'Schutz!', sage ich: 'Schutz!'"

1 ḫꜣꜥ sḫ.t: Lange 1927, 87 mit Anm. zu Vers 1, nimmt an, dass eine Präposition vor sḫ.t fehlt: "Sprüche, um ⟨vom⟩ Felde fortzujagen". Borghouts 1978, 50 vermutet ebenfalls eine fehlende Präposition, aber er übersetzt anders: "Spells, to be cast ⟨over⟩ the field." Leitz 1999, 47 belässt den Text, wie er ist: "incantations of the leaving of the field." Bommas 1998, 38 hat ähnlich "Sprüche beim Verlassen des Feldes"; ebenso Fischer-Elfert 2018, 70.
2 mj kꜣ ḏd: Ähnliche Übersetzung bei Leitz 1999, 47, sowie Fischer-Elfert 2018, 70. Vgl. Winand – Gohy 2011, 197, Beisp. 176 und vor allem 207, Beisp. 241 mit einer ganz anderen Interpretation von mj kꜣ ḏd als m-kꜣ-ḏd "en manière de dire", d.h.: "Horus a poussé un grand cri aux champs, ce qui veut dire que son troupeau a été retardé." (Die Verwendung von nꜣy=f passt jedenfalls zu einer neuägyptischen Interpretation.) Beispiele für m-kꜣ-ḏd bei Winand – Gohy 2011, 207, Anm. 82. Ähnlich hat Quack 1998, 312: "Kurz gesagt: sein Vieh zögerte." Borghouts 1978, 50 übersetzt m-kꜣ-ḏd  als "on account of" im Satz: "Horu uttered a cry in the field on account of his cattle being hindered."
3 sn.t: Zur Bedeutung "Tante" siehe D. Franke, Altägyptische Verwandschaftsbezeichnungen im Mittleren Reich, Hamburger Ägyptologische Studien 3 (Hamburg 1983); so ebenfalls Quack 1998, 312.
4 Zu dieser Lesung als Kompositum tp-n-ꜥw.t siehe Quack 1998, 312 (mit Verweis auf J. F. Quack, Die Lehren des Ani. Ein neuägyptischer Weisheitstext in seinem kulturellen Umfeld, Orbis Biblicus et Orientalis 141 (Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1994), 115, Anm. 117); M. A. Stadler, Verbesserungsvorschläge zu den magischen Papyri British Museum EA 9997+10309 und EA 10042 (magischer Papyrus Harris), in: Göttinger Miszellen 192, 2003, 101–105, hier: 103–105.
5 nḥm msḏr: Quack 1998, 312 denkt, dass, trotz der Orthographie mit der Fleischzeichen-Determinierung bei msḏr, eigentlich die Phrase nḥm nmt.t vorliegt.

Abschnitt Y

Ein weiterer Spruch für das Bündeln von Halfagras:
Wenn ich Halfagras bündle für (meine) Mutter Renenutet unter den Beinen, (dann,) (oh) Hauron, wirf (einen Schutzzauber) für mich auf dem Feld, (und dann,) (oh) Horus, verhindere, dass man (es) betritt!
Ich bin versehen mit dem hervorragenden Ritualbuch, das Re mir in die Hand gegeben hat, das die Löwen vertreibt und die Menschen aufhält, das die Menschen vertreibt und die Löwen aufhält!
Verschlossen sei das Maul der Löwen, Hyänen und der Wolfsschakale, aller Viecher1 mit langem Schwanz, welche Fleisch fressen und [vs. 2,5] Blut saufen!
Verschlossen sei das Maul des hꜣy-Tieres!
Verschlossen sei das Maul der bgj-Tiere!
Verschlossen sei ⟨das Maul⟩ der ḏprm-Tiere!
Verschlossen sei das Maul der Pachet!
Verschlossen sei das Maul der "Seherin"!
Verschlossen sei das Maul der schönen Sachmet!
Verschlossen sei das Maul der lebenden Taweret!
Verschlossen sei das Maul der Menschen und des Übelgesichtigen (?) in Gänze, um ihre Glieder zu schwächen, um nicht zuzulassen, dass sie ihr (Beute)fleisch und ihre Knochen schlagen, (um) ihr Maul leer sein zu lassen, um ihnen Dunkelheit zu geben, um ihnen ihr Licht nicht zu geben, auf allen meinen Feldern bei Nacht, den štb.t-Tieren und den ꜥrtnhy-Tieren!
"Du bist der tapfere Hirte, Hauron!
'Schutz' sage ich 'Schutz'!"

1 Zu dieser Lesung als Kompositum tp-n-ꜥw.t siehe Quack 1998, 312 (mit Verweis auf J. F. Quack, Die Lehren des Ani. Ein neuägyptischer Weisheitstext in seinem kulturellen Umfeld, Orbis Biblicus et Orientalis 141 (Freiburg (Schweiz)/Göttingen 1994), 115, Anm. 117); M. A. Stadler, Verbesserungsvorschläge zu den magischen Papyri British Museum EA 9997+10309 und EA 10042 (magischer Papyrus Harris), in: Göttinger Miszellen 192, 2003, 101–105, hier: 103–105.

Abschnitt Z

[vs. 3,1] jdr jdsn
jdrgh jdsn
sm mtn jdsn
sm jmy jdsn
sm dgjryn jdsn
sm dgbn jdsn
sm ṯkrṯ jdsn
mwrhj
qn
hj
Pause
snnt bṯ snt
jnrhkt snt
hbꜥr r [vs. 3.5] hjry