Magische Stele Kairo JE 37508
Übersetzung und Kommentar
Vorderseite (Textzeile A)
Spruch gegen Schlangen zum Schutz des Leibes1 (A.1–A.7)
[A.1] Rezitation: [Mein2] Schu[tz ist der Schutz des] Himmels, [... ... ... ...] jeder [...] jeden Tag (?) ist (?) der mkw.t-Schutz des Himmels.
[Ich esse den Vorderschenkel. (?)] Ich behüte (?)3 den Hinterschenkel (?).
[Ich] habe [verkündet/wiederholt] das Fest der Wadjit, [bevor] die Menschen [geboren wurden], bevor die Götter gezeugt wurden, bevor die Kinder in diesem Land (oder: Kinder aus dieser Erde = Schlangen?) entstanden sind, bevor [die Bas von] Heliopolis „zusammengeknüpft“ (= geschaffen) wurden.
Als Horus bin ich eilig gelaufen. Als {{Seth}}5 bin ich gereist6. [A.5] Als Upuauat habe ich meine Beine ausgestreckt7. Als Pefi/Jener bin ich hineingangen; als Pen/Dieser bin ich in/aus Ägypten (?; am Morgen?)8 herausgekommen.
Ich bin Horus, der Biti/unterägyptische König. Mein Schutz ist der Schutz des Himmels. Mein Schutz ist der Schutz des Himmels. Mein Schutz ist der Schutz der Erde gegen jede männliche ḥfꜣ-Schlange, jede weibliche ḥfꜣ.t-Schlange, jede nfnf-Schlange (?)9. Schutz ist hinter Schutz, ist hinter 〈mir〉. (?)
1 Bearbeitungen:
- E. Drioton, Une statue prophylactique de Ramsès III, in: Annales du Services des Antiquités de l'Égypte 39, 1939, 57–89 mit Taf. V, hier: 75–76.
- Kitchen 1983, 263.7–13.
- Altenmüller 1979, 7–12.
Auf Papyrus Ramesseum XVI steht der Titel: „Spruch angesichts eines „Schutz des Leibes“-Amuletts gegen jede männliche und jede weibliche Schlange“. Auf der Heilstatue Ramses’ III. Kairo JE 69771 steht der Titel: „Spruch zum Schutz des Leibes vor jeder bissigen rʾ-Schlange/Schlangenmaul“.
2 Spruch 6 der Heilstatue Ramses’ III. Kairo JE 69771 ist in der 3. Person Singular maskulin abgefasst, wohingegen hier alles in der 1. Person Singular formuliert ist (so auch schon auf pRamesseum X und XVI).
3 In den Parallelen steht: „zurückweisen“.
4 Für die Interpretation vom Fleischstück im Kontext eines Nahrungstabus oder als das für die Kinder bestimmte Erbteil, siehe die Verweise bei Stegbauer 2019, 215, Anm. 116.
5 Die Hieroglyphe zur Schreibung des Gottesnamens Seth wurde absichtlich ausradiert. Die Wiedergabe in Daressy 1917 ist falsch.
6 In den Textparallelen steht: „gehen“.
7 In den Textparallelen steht: „den Fuß strecken“.
8 Lesung unklar. Sethe (DZA 50.158.240) fragt sich, ob hier: „Unterwelt“ steht. Stegbauer 2019, 128 situiert das Ritual „Schutz des Leibes“ am Morgen.
9 Wb 2, 252.10: „Schleichendes, Gewürm“ (nur mit diesem Beleg). Die Statue Ramses’ III. Kairo JE 69771 hat ḏfḏ.t: „Gewürm“.
Spruch gegen Schlangen/Beschwörung von Schlangen (A.7–A.17)
Seid gegrüßt, ihr Bäume/Sykomoren und Baumgärten, die die Menschen gänzlich gegründet/eingerichtet/organisiert habt. Ich bin an euch vorbeigekommen, indem ich als Horus gekleidet bin, indem ich als {{Seth}}1 eingehüllt2 bin.
Gott preisen:
Re ist auf dem Rücken [... ... ... Man kennt sein Gesicht nicht.
[A.10] Böse sind die Wörter der Sebiti-Schlange3, böse ist dein Name.
Ich bin das Wasser (oder: mir gehört das Wasser) [... ... ... am] Abend/Nacht.
Der, der in Übertretung ist, wegen der [... ... ...
... ... ...] dein Gift (?) als/mit dem, was du getan hast (oder: was gegen dich getan wird).
Du wirst deinen Schwanz nicht sehen (?).
Siehe/Schutz (?) [... ... ...
... ... ...] leben mit ihm (?).
Er wird sich nicht gesellen [...] die Erde [... ... ...
... ... ...] Schlange dort (?).
Ich (?) sagte zu ihm (?) [... ... ...
...] Horus (?), die sieben Siegel(abdrücke) des Re4, die den Himmel verschließen und die die Erde verschließen.
Siehe (?) [... ... ...] gehen/hinabsteigen zum Erdboden (?).
Ich bin Pen/Dieser; ich gehe jeden Abend hinaus. (Wenn) er auf die Flut hinabsteigt, (dann) ⸢gehe/trete⸣ ich [hinaus] auf das Wasser, (während) meine Beine auf dem Land sind.
Ich bin Ptah. Ich bin aus Heliopolis gekommen (?)5 als bḥs-Kalb (??) im Schrein.
1 Die Hieroglyphe zur Schreibung des Gottesnamens Seth wurde absichtlich ausradiert (Sethe, DZA 50.158.250 hat sie erkannt). Die Wiedergabe in Daressy 1917 ist falsch.
2 Laut Sethe (DZA 29.866.270) steht hier : „einwickeln, bekleiden“; so auch Lacau.
3 zbj.tj: C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Band VI. ẖ – s, Orientalia Lovaniensia Analecta 115 (Leuven/Paris/Dudley, MA 2002), 238.
4 Zu den sieben Siegeln des Re, vgl. M. Rochholz, Schöpfung, Feindvernichtung, Regeneration. Untersuchung zum Symbolgehalt der machtgeladenen Zahl 7 im alten Ägypten, Ägypten und Altes Testament 56 (Wiesbaden 2002), 128 (nur dieser Beleg). Dafür, dass „Abdrücke“ oder „Abrollungen“ gemeint sind, siehe S. Schott, Wörter für Rollsiegel und Ring, in: Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes 54, 1957, 177–185, hier: 184; S. Schott, Altägyptische Vorstellungen vom Weltende, in: Anonymous (Hrsg.), Studia biblica et orientalia, edita a Pontificio Instituto Biblico ad celebrandum annum L ex quo conditum est Institutum, Volumen III: Oriens Antiquus, Roma 1959, 319–330, hier: 329 vermutet, dass die Erwähnung kosmisch zu verstehen ist, vielleicht als Warnung, dass sie nicht gelöst werden dürfen.
5 Daressy 1917, 195 hat: „ich habe beschützt in Heliopolis“ oder: „Schutz gehört mir in Heliopolis“. Sethe hat: „ich bin aus Heliopolis gekommen“ (so auch Lacau).
Rückseite (Textzeile B)
Spruch zum Verschießen eines Schlangenmauls; Beschwörung des Apophis1 (B.1–B.17)
[B.1] [Du sollst ausfließen, oh Apophis, Feind des] ⸢Re⸣, der sich [einen Anschlag] überlegte, der (Böses) plante gegen den, der im Schrein/Sarg ist! Siehe (?), [... ... falle auf dein Gesicht!] Fließe doch aus! Du sollst von deinem Platz zurückweichen!
Dein Weg wurde blockiert. Dein Pfad ⸢wurde versperrt⸣. An deinem Platz von Gestern gehst [du in die Knie]. Du kommst nicht an.2 Dein Herz ist traurig. [Dein] Körper [ist in Schwäche/Erstarrung.]) [Du bist verstümmel]t; du kannst nicht herauskommen.
Du bist denen überwiesen, die in der Richtstätte sind, den Schlächtern, [B.5] [mit scharfem Messer]. Sie schneiden (?) deinen Kopf ab, sie trennen deinen Hals ab. Sie werden dich wiederholt und wiederholt „zurichten“. Sie tragen dich ins Feuer. Sie bringen 〈dich〉 weg zur Flamme im Augenblick/Höhepunkt ihrer Mächtigkeit.3
Sie (d.h. die Flamme) versehrt deinen Körper. Sie [...] deine Knochen. Du verbrennst (zu Asche) und Chnum greift nach (?) deiner Brut.
Dein Körper ist etwas, das zum Feuer geführt wird. [Deine Erben wird es in diesem Land nicht geben.]
(Oh) Apophis, Feind des Re, Haroeris hat dich vernichtet.
[... ... ...
... ... ...]. Man [wird nicht] ⸢für⸣ dich] gebären. [... ... ...
[B.10] ... ... ...]
Man wird dich nicht sehen, man wird dich nicht erblicken. (wörtl.: Nicht gibt es das Dich-sehen, nicht gibt es das Dich-erblicken.) Du bist [vernichtet.] Deinen Schatten gibt es nicht mehr.]
(Oh) Apophis, Feind des Re, du sollst ausfließen, (du) Rebell! Du bleibst nicht in Erinnerung, nachdem [dein] Ende gemacht wurde.
[... ... ...]
Re [hat] deine Knochen [...]. Isis hat dich gefesselt, [Nephthys] 〈hat〉 dich gebunden. [Thoth hat dich mit] seinen [Zaubersprüchen vernichtet.] Dein Ba existiert nicht unter den Bas. Dein Leichnam existiert nicht bei Leichnahmen,[nachdem das Feuer dich verzehrt hat, nachdem die Flamme dich verzehrt hat], nachdem die Glut sich ihren Frieden mit dir gemacht hat (d.h. sich an dich befriedigt hat).
(Oh) Apophis, [B.15] Feind [des Re]!
Re ist in Jubel, [Atum] ist in Herzensfreude. Haroeris, sein Herz ist versüßt. Der Böse [ist vergangen]. (Er) existiert überhaupt/insgesamt nicht. Sein [Schatten] ist [nicht] im Himmel oder auf Erden.
Oh Apophis, Feind des Re! Du sollst ausfließen! Du bist vernichtet!
Vier Mal (zu wiederholen)!
1 Bearbeitungen:
- E. Drioton, Une statue prophylactique de Ramsès III, in: Annales du Services des Antiquités de l'Égypte 39, 1939, 57–89 mit Taf. V, hier: 78–82 und Taf. V.
- G. Roeder, Der Ausklang der ägyptischen Religion mit Reformation, Zauberei und Jenseitsglauben, Die ägyptische Religion in Text und Bild IV (Zürich/Stuttgart 1961), 156–158.
- Kitchen 1983, 265.3–267.16.
- Borghouts 1978, 94–95 (Nr. 144).
- Stegbauer 2019, 218–222 (Spruch 35).
Auf der Statue Ramses’ III. Kairo JE 69771 setzt dieser Spruch den Spruch 7 fort, dessen Titel lautet: „Weiterer Spruch, um das Maul einer jeden männlichen und weiblichen Schlange zu verschließen“. Im Papyrus Bremner-Rhind, 26,11–20 hat der Text eine Überschrift: „Buch (mit dem Ritual) zum Vertreiben von Apophis, den großen Feind (oder: Feind des Großen), durchgeführt zur Zeit des Morgens.“
2 In den Parallelen steht: „deine Kraft existiert nicht“.
3 So bei Lacau. Sethe hat: „Jeder, den sie in die Flamme verladen, stirbt“.
Fremdsprachiger(?) Spruch (B.17 bis C.1–2)
Pt, Ḫl, Tly, Mry (???)
[Tl]y, Mry (???)
Linke Schmalseite (Textzeile C)
Fortsetzung des fremdsprachigen(?) Spruches (B.17 bis C.1–2):
[C.1] (...) gemäß dem, was sagt Jp[_] [... ...] die Frau dieses Horus/Gottes (?),
[... ... ...]
(gemäß dem, was gesagt hat) der Schreiber der Schriften, die aus Seschat hervorgekommen sind, (gemäß dem, was gesagt hat die Göttin) Unut, die sich inmitten der Schakal[e] befindet, [(gemäß dem, was gesagt hat) Sfg-jrw, der in der Fackel / mächtig an Fackel ist, (gemäß dem, was gesagt hat) das Ebenbild des] Gꜣb.t-[m-ḥtp.w] (?), (gemäß dem, was gesagt hat) ⸮ꜥn[b]-ḥḥ? in seinem Haus (??) (oder: [der herausgekommen ist aus dem] Nun (?)).
Rechte Schmalseite (Textzeile D)
Spruch gegen Gift (D.1–D.2)
[... ...] ⸢auf⸣ den/dem Boden.
Kommt, dass ihr erblickt diese große Flamme, die hervorgekommen ist, um zu beißen in jedem Glied im/des Körper(s) dieses ...?....
...] ... am Abend und in der Nacht.
Möget ihr sie (pl.) retten v[or] diesem jedem (?) Gift, so wie Re vor seinen Feinden gerettet wurde.