njꜣjꜣ „Polei-Minze (?)“
njꜣjꜣ: Schon L. Stern, Glossarium, in: G. Ebers (Hrsg.), Papyros Ebers. Das hermetische Buch über die Arzeneimittel der alten Ägypter in hieratischer Schrift. Vol. 2 (Leipzig 1875), 1–63, hier 27a vergleicht mit arabisch نعنع, d.h. eigentlich نعناع, und gab als Bedeutung mentha an. Offenbar dem folgend, nimmt auch H. Joachim, Papyros Ebers. Das älteste Buch über Heilkunde (Berlin 1890), passim an, dass hiermit eine Minze, speziell die Pfefferminze, gemeint ist. Keine sprachlichen, sondern kontextuelle Argument für eine Gleichsetzung mit Minze liefert B. Long, A propos de l’usage des menthes dans l’Égypte ancienne, in: Anon. (Hrsg.), Mélanges Adolphe Gutbub (Montpellier 1984), 145–159, hier 145–159, der hierin die „Polei-Minze/Flohkraut“ (Mentha pulegium) oder „une menthe sauvage proche du pouliot“ (S. 157) sieht. Als Argumente dienen ihm die verschiedenen Gebrauchsweisen, die auf eine anthelminthische, atmungserleichternde und beruhigende Wirkung hinweisen, und die dafürsprechen, dass die Pflanze ein Geruchsträger ist. Sein Hauptargument für die Identifizierung ist die Verwendung in gynäkologischen Texten (manchmal als alleiniges Mittel), etwa zur Geburtserleichterung. Diese Gebrauchsweisen vergleicht er mit hippokratischen Texten zu Uterusbeschwerden, in denen er 10 Pflanzen verwendet vorfindet, davon zwei häufiger, und er diskutiert mögliche Ähnlichkeiten zwischen diesen Pflanzen und der njꜣjꜣ-Pflanze im Anwendungs- und Wirkspektrum. Die meisten Übereinstimmungen findet er bei der Pflanze, die im Griechischen γλήχων genannt wird und hinter der man i.d.R. die Polei-Minze vermutet (aber der griechische Name scheint auch gelegentlich für Katzenminze oder Origanum Dictamnus gebraucht zu werden, vgl. den entsprechenden Eintrag bei H.G. Liddell – R. Scott – H.S. Jones, A Greek-English Lexicon. Revised and augmented throughout (Oxford 1940). Außerdem bespricht Long eine mögliche etymologische Verwandtschaft des ägyptischen Wortes njꜣjꜣ mit dem arabischen Wort für Minze: „Nana“. S. Aufrère, L'univers minéral dans la pensée égyptienne, Bibliothèque d’étude 105 (Le Caire 1991), 253–254, Anm. g (nicht in: Fs Gutbub, 253–254, wie R. Germer, Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen, Philippika 21 (Wiesbaden 2008), 82 und 299 angibt) bekräftigt Longs Identifizierungsvorschlag, v.a. wegen der Geruchswirkung der Pflanze. Germer, a.a.O., 81 und 298 erwähnt Longs und Aufrères Identifizierungsvorschlag, ohne zu dessen Tragfähigkeit Stellung zu beziehen.
H. Grapow – H. von Deines, Wörterbuch der ägyptischen Drogennamen, Grundriß der Medizin der alten Ägypter VI (Berlin 1959), 294 hält die Pflanze dagegen für nicht identifiziert.
Dr. Lutz Popko