Stele Kestner-Museum 1935.200.445

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
Stele Hannover 1935.200.445
Aufbewahrungsort
Europa » Deutschland » (Städte H-M) » Hannover » Museum August Kestner

Inventarnummer: 1935.200.445

Digitaler Katalog
Erwerbsgeschichte

Die Stele stammt ursprünglich aus der Privatsammlung von F. W. von Bissing (1873–1956), die dieser zum allergrößten Teil vor dem Ersten Weltkrieg zusammengetragen und in seiner Wohnung in München aufbewahrt hatte (Loeben 2011, 101–107). Von Bissing lebte von 1922–1926 in Holland, wo er seine Sammlung im archäologischen Museum Scheurleer (1924–1932) in Den Haag ausstellte, benannt nach dem niederländischen Bankier und Sammler C. W. L. Scheurleer (1881–1941), der in den Zwanzigerjahren auch Stücke aus der Bissingschen Sammlung erwarb (Bierbrier 2012, 492). Dort hatte die Stele die Inventarnummer 533 (Blok 1929, 97). Nach der Schließung des Museums Scheurleer kehrte die Bissingsche Sammlung 1935 nach Deutschland (in München gelagert) zurück. Aufgrund finanzieller Not musste von Bissing zahlreiche Objekte seiner Sammlung verkaufen, wodurch die Stele mit rund 1500 weiteren Objekten für 61.500 Reichsmark noch 1935 nach Hannover gelangte (Loeben 2011, 27, 101–107).
Wie, wann und wo von Bissing in den Besitz des Objektes gelangte, ist allerdings unbekannt.

Herkunft
(unbekannt)

Da unbekannt ist, wie der Erstbesitzer von Bissing in den Besitz der Stele gelangte, kann über die genaue Provenienz keine Aussage getroffen werden. Im Text wird das Toponym Ḏsḏs, d.h. die Oase Bahrija, genannt, sodass die Stele von dort stammen könnte (Munro 1986, 8). Ein schwaches Gegenargument ist die Qualität der Gravur: „Im Widerspruch dazu steht die hervorragende Qualität der Darstellungen und Inschriften – die in der Bahriya entdeckten Tempel- und Grabbilder haben meistens ein recht provinzielles Niveau“ (Munro 1986, 8). Ein weiteres Gegenargument ist die Tatsache, dass das Toponym Bahrija im Text mythologisch eingebunden wird.
Aufgrund der Priestertitel (mḥyund fktj) des Stelenbesitzers sowie der Namen von ihm und seinem Vater, die beide eine Verbindung mit dem Kult von Horus und Isis nahelegen, vermutet Derchain eine Provenienz aus Phernuphis (Tell Tibilla) im Ostdelta (Derchain 1964, 22–23, Anm. k und l).

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Spätzeit

Blok hat das Objekt zuerst in die Saitenzeit (26. Dynastie), dann mehr allgemein in die Spätzeit (25./26.–30. Dynastie) datiert (Blok 1928, 1929), ohne dies genauer zu begründen. Nach Munro 1986, 8 datiert die Stele in die 26. oder 30. Dynastie (664–525 v. Chr. bzw. 380–343 v. Chr.). Die Stilistik, einige Orthographien im Text sowie der Namenstyp Pascheraset sprechen für die Spätzeit, ebenso der Name der Mutter Keris, der nach Ranke, PN I, 335.27 nur für die Spätzeit belegt ist, ohne dass eine genauere Datierung möglich erscheint. Abzulehnen ist die historisierende Interpretation des Bösen als der persische König und somit die Datierung in oder nach der Ersten Perserzeit (so Guentch-Ogloueff 1941).

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Der Text der Stele richtet sich gegen ein „Abscheu des Sokar“ genanntes feindliches Wesen, das im Bildfeld mit Eselskopf und gefesselt dargestellt ist. Aus dem Kontext geht hervor, dass es sich dabei um Seth handelt. Dieser wird magisch der „Hinrichtungsstätte der Sachmet“ zugeführt (ebenfalls abgebildet). Zudem wird ihm ein schlimmes Leben, solange er sich auf der Erde befindet, prophezeit. Aufgrund verschiedener mythologischer Anspielungen handelt es sich dabei um einen Zauber, der laut Derchain vor dem Vollmond und eventuell damit verbundenen Erscheinungen wie Schlaflosigkeit, die von den Ägyptern auf maliziöse Geister zurückgeführt wurden, schützen soll (Derchain 1964, 23). Als Empfänger bzw. Begünstigter des Zaubers wird der Priester Harsiese, Sohn des Pa-scheri-Isis und der Qeris genannt.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Die Stele nennt am Ende den Priester Harsiese, d.h. ist speziell zu seinem Schutze angefertigt worden. Da sie vielleicht in einer Wand eingelassen war (s.u.) und sich gegen eine böse Macht richtet, ist zu vermuten, dass sie Harsiese vor von dieser verursachten Beschwerden schützen sollte und so bspw. in der Nähe des Bettes (als Schutz für den Schlaf) oder der Haustür (um das Eintreten böser Geister zu verhindern) angebracht war.

Material
Nicht Organisch » Stein » Kalkstein
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele
Technische Daten

Oben abgerundete Stele aus gelb-weißem Kalkstein mit den Maßen 35,7 × 22,4 × 25,5 cm (Höhe × Breite × Tiefe). Die Stele ist bis auf wenige Beschädigungen komplett erhalten. Auf der Rückseite befindet sich über die volle Höhe ein senkrechtes Querstück (15 cm tief und 10 cm dick/breit) mit zwei Löchern übereinander, die darauf hindeuten, dass „die Stele in einer Mauer verbaut“ gewesen sein könnte (Munro 1986, 8; siehe auch Fiedler 2012, 408 mit Anm. 1720). Die Stelenvorderseite ist oben durch ein halbrundes Giebelfeld begrenzt. Dieses wird durch eine Schriftkolumne etwas rechts der Mitte in zwei Bildfelder geteilt. Rechts ist die thronende Göttin Sachmet mit Löwenkopf abgebildet, links eine Darstellung des Seth. Dieser ist kniend und mit auf den Rücken gebundenen Armen mit einem Eselskopf dargestellt und mit einer Kette um den Hals an einem Pflock (oder Türflügel?) gefesselt. Seth befindet sich in einer Art Zelt bzw. Hütte, bei der es sich nach Aussage des Textes um die „Richtstätte der Sachmet“ handelt. Darüber und links daneben sind zwei Messer abgebildet (Munro 1986, 8). Rechts oben steht ein kleiner Text, der diese Szene beschreibt: „Schlagen (mit) zwei Messern.“ Links und rechts neben der Hütte befindet sich je eine Art kleine Mauer, die vermutlich – im Querschnitt dargestellt – eine Einfriedung um die zentrale Hütte symbolisieren sollen. Darunter sind eine Eidechse und eine Schildkröte angebracht – zwei weitere dem Seth bzw. dem Chaos und Bösem zugeschriebene Tiere (neben dem Esel) (Brunner-Traut 1975, 1204). Das ganze stellt den Ort dar, an dem Sachmet und andere löwenköpfige Göttinnen die Feinde des Re hinrichten, die diesen beim Sonnenaufgang bedrohen könnten (Derchain 1964, 20).
Unter dem Giebelfeld folgen acht hieroglyphische Textzeilen (Derchain 1964, Taf. 2). Alle dargestellten Lebewesen sowie die Textzeilen (ausgenommen die kurze Inschrift über Seth) blicken nach rechts.

Schrift
Hieroglyphen
Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Die Orthographie entspricht verschiedentlich Schreibungen, wie sie für die jüngeren Phasen des Ägyptischen zu erwarten sind (z.B. ꜥꜥ „Speichel (?)“ mit zwei Bechern (Gardiner-Liste W10) in Zeile 1 und die Negation n für Mittelägyptisch nn).

Bearbeitungsgeschichte

Die Erstedition erfolgte durch H. P. Blok 1928, der er ein Jahr später einen ausführlichen Kommentar widmete (Blok 1929). Er erkannte den Inhalt als „eine magische Stele aus der Spätzeit“ (so der Titel seines Aufsatzes von 1929). 1941 publizierte M. Guentsch-Ogloueff eine Umzeichnung des Giebelfeldes mit hieroglyphischer Transliteration und einer verbesserten Textübersetzung. Sie wollte im Dokument einen magischen Text gegen die Perser sehen. Eine Neuedition lieferte P. Derchain 1964 mit aktuellem Photo, Neuübersetzung und Kommentar. Eine deutsche Übersetzung in Anlehnung an Derchain stammt von Munro 1986. Die jüngste Bearbeitung erfuhr sie in der Dissertation von N. Fiedler 2012, 408–432.

Editionen

- Blok 1928: H. P. Blok, Over een magische stèle uit den Saïtischen tijd, in: Bulletin van de Vereeniging tot Bevordering der Kennis van de Antieke Beschaving 3, 1928, 15–18. [non vidi]

- Blok 1929: H. P. Blok, Eine magische Stele aus der Spätzeit, in: Acta Orientalia 7, 1929, 97–113 und Taf. 1–2.

- Derchain 1964: P. Derchain, À propos d’une stèle magique du Musée Kestner, à Hanovre, in: Revue d’égyptologie 16, 1964, 19–23, Taf. 2.

Literatur zu den Metadaten

- Bierbrier 2012: M. L. Bierbrier, Who was Who in Egyptology. Fourth Revised Edition (London 2012).

- Brunner-Traut 1975: E. Brunner-Traut, s.v. Eidechse, in: W. Helck – E. Otto (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie I (Wiesbaden 1984), 1204 –1205.

- Fiedler 2012: N. Fiedler, Sprüche gegen Seth. Bemerkungen zu drei späten Tempelritualen (Heidelberg 2012), 408–432 (http://www.ub.uni-heidelberg.de/archiv/13643).

- Guentch-Ogloueff 1941: M. Guentch-Ogloueff, Noms propres imprécatoires, in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 40, 1941, 117–133, hier: 127–132.

- Loeben 2011: C. E. Loeben, Die Ägypten-Sammlung des Museums August Kestner und ihre (Kriegs-)Verluste, Museum Kestnarium 15 (Rahden 2011).

- Munro 1986: P. Munro, Kestner-Museum Hannover. Ägyptische Abteilung. Totenkult und Magie. Führungsblätter (Hannover 1986), 8.

- Ranke, PN I: H. Ranke, Die ägyptischen Personennamen I (Glückstadt 1935).

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Billy Böhm, M.A.

Übersetzung und Kommentar

Giebelfeld

[Über Seth:] Das Schlagen ⟨mit⟩ den beiden Messern1.
[Kolumne:] Sachmet, die Oberste der Richtstätte.
Seine Flamme ist gegen dich – (nämlich die) des Großen-(Horus)Auges. (?)2

1 Eine in der ptolemäischen Hieroglyphenschrift mögliche Lesung Dsds: „Bahriya“ oder Dsds(.j): „Der von Bahriya“ (als Lemma nicht belegt) ist hier wohl ausgeschlossen, somit auch eine Interpretation als „Das Schlagen von Bahriya“ bzw. „Das Schlagen dessen, der zu Bahriya gehört“.
2 Der Satz ist schwer zu verstehen. Es gibt drei Leseprobleme: das Feuerbecken am Anfang (Substantiv oder Verb), das Zeichen k (Teil eines Substantivs oder Suffixpronomens) und der anschließende Vogel (G36-Phonogramm oder G37-Klassifikator). Der Satz präsentiert sich als Beischrift zur Göttin Sachmet, was zunächst eine Übersetzung in der 3. Person und keine direkte Rede in der 2. Person vermuten lässt. Derchain 1964, 20 übersetzt „Sekhmet (...) brûle celui qui est hostile à l'œil“ und merkt S. 21, Anm. a an: „La fin de la ligne est traduite d’après une suggestion de G. Posener“ ohne dies weiter zu kommentieren. Diese Übersetzung setzt eine Lesung wie ⸮nsr?=s ⸮rqw? r jr.t o. ä. mit einer Subjekt + sḏm=f-Konstruktion voraus: „Sachmet, sie verbrennt den Gegner des Auges“. Allerdings wäre rk (mit G37 als Determinativ) dann eine Schreibung für rqw, außerdem wird rqw normalerweise anschließend nicht mit der Präposition r gebildet. Eine andere mögliche Lesung für G37 ist ḫ.t=s r=k ⸮sbj? r jr.t, aber dann ist dies schon eine Anrede an den zu beschwörenden Dämon und kein Epitheton der Sachmet mehr. Falls der Vogel nicht der Spatz G37, sondern die Schwalbe G36 ist, könnte vielleicht auch wr.t: „das Große (Auge)“ gelesen werden.
Tatsächlich scheint etwas zu fehlen, da so, wie es steht, zunächst an „Sie verbrennt/kocht gegen dich das wr.t-Horusauge“ o.ä. zu denken ist, was im Kontext ziemlich unwahrscheinlich wirkt und somit eine Emendation erzwingt. Möglichkeiten wären bspw.: ḫ.t|nsr=s r=k ⟨ḫft.j⟩ wr.t „Ihre Flamme ist gegen dich, (du) ⟨Feind⟩ des (Horus)Auges“ oder ḫ.t|nsr=s r k⟨ꜣi̯⟩ r jr.t „Ihre Flamme ist gegen den, der (Böses) ersinnt gegen das Auge“.
Möchte man ohne Emendation auskommen, dann bietet sich mit wr.t eine Übersetzung mit Epexegese an (siehe W. Schenkel, Tübinger Einführung in die klassisch-ägyptische Sprache und Schrift, 7. Auflage (Tübingen 2012), 367–368), d.h. das feminine Suffixpronomen =s am Anfang bezieht sich nicht auf die davor stehende Sachmet, sondern wird erst später mit dem wr.t spezifiziert. Dies erscheint insofern sinnvoll, als dass im untenstehenden Text zwei Seth-strafende Entitäten genannt sind. Zunächst ist dies Sachmet und weiter unten das Horusauge (dort jr.t-Ḥr), das zudem u.a. mit seiner Flamme gegen Seth vorgeht.
Für die Lösung von Derchain spricht hingegen, dass Sachmet besonders in der Spätzeit häufig in Verbindung mit der „Flamme“ auftritt (H. Sternberg, s.v. Sachmet, in: Lexikon der Ägptologie V (Wiesbaden 1984), Sp. 328).

Textfeld

[1] Zu Boden, zu Boden, Abscheu des Sokar1!
Du hast deinen Speichel (?)2 gegen das Udjat-Auge des Re geworfen (und) du hast die Kinder des Horus fortgetragen.3
(Nun) sollst du in die Richtstätte der Sachmet eintreten.
Sie wird dein Fleisch verbrennen und deine Finger abschneiden.
Sie wird deine Füße wegreißen aus Ägypten, (sodass) dein Sohn nicht auf deinem Platz sein wird.4
(Aber) wenn du (nach (?)) [5] Djesdjes5 gehst (oder: wenn du Djesdjes betrittst), (dann) wirst du den ‚Feind‘ des Horusauges6 verschlingen.
Seine (= Horusauge) Flamme ist in deinem Leib und sein Messer in deinem Fleisch.7
Schlecht ist deine Lebenszeit auf Erden, die (noch) vor dir liegt!
Nicht wird dein Unheil gegen den Gottesvater und Gottesdiener, den mḥy-Priester (?)8 und ‚Kahlen‘8, Harsiese, Sohn des Gottesvaters und Gottesdieners Pa-scheri-Isis, geboren von der Hausherrin Qeris9, gerichtet sein.

1 Sokar steht hier als Form des Osiris (Derchain 1964, 21, Anm. b). Durch den „Abscheu des Sokar“ ist somit eindeutig Seth als zu bekämpfender Widersacher gemeint, auch wenn er nicht expressis verbis genannt wird.
2 ꜥꜥ: Übersetzung mit Derchain 1964, 21, Anm. c. Die früheren Bearbeiter haben eine Variante von wdi̯=k ꜥ.wj=k „den Arm darbieten“ i.S. von „angreifen“. Derchain macht darauf aufmerksam, dass eine Kombination von wdi̯ und im Dual jedoch nicht im Wb verzeichnet ist (stets nur im Singular) und schlägt daher vor, ꜥꜥ „Speichel; Schweiß“ zu lesen. Zum aggressiv-schädigenden Spucken in magischen Sprüchen siehe R. K. Ritner, The Mechanics of Ancient Egyptian Magical Practice, Studies in Ancient Oriental Civilization 54, 4. Auflage (Chicago 2008), 82–88, speziell zu Seth S. 84.
3 rmn: Bedeutet üblicherweise „tragen“ und wird deshalb von Derchain als eine Strafe eingestuft. Allerdings gesteht Derchain 1964, 21–22, Anm. d, dass die Strafe „n'a pas encore été expliqué“. Er vermutet, dass es eine Anspielung auf ein astronomisches Phänomen ist, wie es bspw. in Tb 17 beschrieben wird (die vier Horuskinder als die Bewacher des im Nordhimmel angeketteten sethischen Schenkelgestirns, in anderen Kontexten auch bezogen auf die vier in einem Rechteck angeordneten Sterne des Großen Wagens).
Manchmal hat rmn jedoch auch die Bedeutung „forttragen, wegbringen“ (Wb 2, 419.14), sodass es eventuell auch ein weiterer Frevel sein könnte (so Guentch-Ogloueff 1941, 128 und 130). (Vielleicht handelt es sich hierbei um eine semantische Annäherung an mnmn, dass transitiv die reguläre Bedeutung „etw. fortbewegen/fornehmen“ hat (Wb 2, 81.9–15; vgl. auch R. A. Caminos, A tale of Woe. From a Hieratic Papyrus in the A. S. Pushkin Museum of Fine Arts in Moscow. Papyrus Puschkin 127 (Oxford 1977), 26, Anm. zu 2,4 und J. F. Quack, Ein neuer Versuch zum Moskauer literarischen Brief, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 128, 2001, 175)). Der Interpretation Guentsch-Ogloueffs wird hier gefolgt, da so zum einen eine eindeutigere/einfachere Interpretation entsteht und es zum anderen dem in der ägyptischen Literatur häufig verwendeten Parallelismus membrorum entspricht.
4 D.h. der Sohn (vielleicht Maga, siehe C. Leitz (Hrsg.), Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. Bd. III. p – nbw, Orientalia Lovaniensia Analecta 112 (Leuven 2002), 459) wird ihm nicht im seiner Position nachfolgen/ihn beerben.
5 Ḏzḏz: Die Oase el-Bahriya. Sie befindet sich westlich vom Niltal (fast direkt westlich von Hermopolis) und damit genau entgegengesetzt zur „Hinrichtungsstätte der Sachmet“ (die am Ort des Sonnenaufgangs, d.h. Osten, postiert ist) (Derchain 1964, 22, Anm. g).
6 ḫft.j jr.t-Ḥr „Feind des Horusauges“: Derchain 1964, 22, Anm. h möchte hierin den mythologischen Feind des Sonnenauges erkennen, d.h. die Oryxantilope – ein dem Seth zugeordnetes Tier. Dass Seth also sein eigenes heiliges Tier isst, erscheint Derchain zurecht als „évidemment un comble“.
Entgegen Dechains Vermutung wird es sich hier jedoch eher um eine euphemistische Bezeichnung für das Auge selbst handeln (siehe A. von Lieven, [Review:] V. Altmann, Die Kultfrevel des Seth. Die Gefährdung der göttlichen Ordnung in zwei Vernichtungsritualen der ägyptischen Spätzeit (Urk. VI), Studien zur spätägyptischen Religion 1 (Wiesbaden 2010), in: Die Welt des Orients 42, 2012, 244–256; allg. zu diesem Euphemismus, der sowohl mit ḫft.j als auch ḫr.w gebildet werden kann, siehe G. Posener, Sur l’emploi euphémique de ḫftj(w) «ennemi(s)», in: Zeitschrift für ägpytische Sprache und Altertumskunde 96, 1969, 30–35 und ergänzend J. F. Quack, Sur l‘emploi euphémique de ḫft "ennemi" en démotique, in: Revue d'égyptologie 40, 1989, 197–198). So wird bspw. in der frühdemotischen Erzählung des pVandier immer dann die Bezeichnung „Feind des Pharaos“ genutzt, „sofern für Pharao unangenehme Dinge zur Sprache kommen“ (F. Hoffmann – J. F. Quack, Anthologie der demotischen Literatur, Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie 4 (Berlin 2007), 154, Anm. 272; auf unseren Text bezogen, ist von Seth aufgegessen zu werden gewiss unangenehm für das Horusauge). Dazu passt auch, dass das Horusauge selbst im nächsten Satz Leid bei Seth verursacht (das feminine Suffix der 3.P.Sg. kann sich nur auf das Auge als Referenten beziehen).
7 Zur lunaren Deutung (Horusauge als Mondauge) dieser Stelle siehe Derchain 1964, 22, Anm. i. Bei dem Messer handelt es sich um die Mondsichel, die als scharfe Waffe gegen göttliche Feinde eingesetzt wird (vgl. H. Kees, Zu den ägyptischen Mondsagen, in: Zeitschrift für ägptische Sprache und Altertumskunde 60, 1925, 2).
Nach Derchain soll der Stelentext mit diesem Satz ausdrücken, dass Seth, bzw. seine bösen Taten, genau in dem Moment gebannt sind, wenn Sonne und Mond am Firmament in Opposition zueinander stehen. Dies geschieht am frühen Morgen nach der Vollmondnacht: Der Mond ist im Untergehen begriffen und die Sonne erscheint bereits. Der Vollmond im Westen hat sich von diesem Moment an vor seinem Feind Seth zu fürchten, der ihn bedroht und Tag für Tag mehr von ihm verschlingt (abnehmender Mond), bis am Neumond nichts mehr übrig ist.
8 Zur Lesung der Titel mḥ(y) und fk.tj des Harsiese siehe Derchain 1964, 22, Anm. k. Die Lesung mḥ(y) ist unsicher, dieser Titel (s. auch I. Guermeur, Glanures (§ 3-4), in: Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale 106, 2006, 118 Anm. (l)) wird sonst nicht mit Gardiner M16 sondern mit V22-V28-M17-M17 wie das Verb mḥi̯: „im Wasser treiben“ geschrieben. Für die Statue Louvre E 7689 aus Rʾ-nfr (Tell Tibilla) mit dem Titel mḥy siehe K. Jansen-Winkeln, Inschriften der Spätzeit, Teil IV. Die 26. Dynastie (Wiesbaden 2014), 824–825, Nr. 163. Für den fkty-Priester siehe C. Leitz, Die Gaumonographien in Edfu und ihre Papyrusvarianten. Ein überregionaler Kanon im spätzeitlichen Ägypten. Soubassementstudien III, Studien zur spätägyptischen Religion 9 (Wiesbaden 2014), 316–317.
9 Qrj≡s: Ein weiterer Beleg für den Namen bei K. Jansen-Winkeln, Inschriften der Spätzeit, Teil IV. Die 26. Dynastie (Wiesbaden 2014), 1091, Nr. 630 (Holzstele London BM EA 22918 = Ranke, PN I, 335.27: geschrieben Qrsj und Qrs).