Papyrus Ramesseum XI

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
Papyrus London BM EA 10764 Papyrus Ramesseum 11 TM 380843
Aufbewahrungsort
Europa » Großbritannien » (Städte K-N) » London » British Museum

Inventarnummer: BM EA 10764

Erwerbsgeschichte

Der Papyrus wurde 1896 bei den von der British School of Archaeology in Egypt finanzierten und von W. M. Flinders Petrie und J. E. Quibell durchgeführten Grabungen im Ramesseum gefunden. 1956 wurde er zusammen mit einem größeren Konvolut der Ramesseumspapyri von der British School of Archaeology in Egypt und von A. H. Gardiner, dem die Bearbeitung übertragen worden war, an das British Museum in London gestiftet (ausführlich zur Erwerbungs- und Bearbeitungsgeschichte siehe u.a. Leach 2006, 225–227; Gardiner 1955, 1–6).

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Ramesseum

Der Papyrus wurde von J. E. Quibell im Jahre 1896 innerhalb des Ramesseums am Fuße eines bereits geplünderten Grabschachts gefunden (Quibell – Paget – Pirie [Quibell] 1898, 3–4, Taf. 1–3; Parkinson 1991, XI–XIII, XXVI–XXVIII; Parkinson 2009, 139–140). Dieser Grabschacht gehört zu einer Nekropole aus der Zeit des Mittleren Reiches bis zum Anfang der 18. Dynastie (Leblanc 2005, 33–34; Nelson 2006, 115–117, 127; Parkinson 2009, 139–140), die in der 19. Dynastie durch den Totentempel („Millionenjahrhaus“) Ramses’ II. überbaut wurde. Der Schacht, in dem die Papyri gefunden wurden, liegt laut Quibell unter einem der Ziegelmagazine an der Nordwest-Ecke des Ramesseums (Parkinson 2009, 139–140), unter Magazin 5 auf dem Plan von Quibell (Quibell – Paget – Pirie [Quibell] 1898, Taf. 1), nach heutiger Zählung STI.SA.08. Eine exakte Lokalisierung innerhalb dieses Magazins ist bislang nicht gelungen, da der Fundort auf dem Plan von Quibell nicht eindeutig verzeichnet ist und mehrere Schächte in Betracht kommen (eine vergebliche Suche bei Nelson 2006). Laut einer neu entdeckten Notiz von Newberry aus dem Jahr 1938 (Downing – Parkinson 2016), der bei der Auffindung der Papyri zugegen war, befand sich der Schacht im beschrifteten Korridor des Grabes des Sehetepibre (Porter – Moss 1964, 679), der unter den Magazinräumen 5–7 des Ramesseums nach dem Plan von Quibell läuft, nach heutiger Zählung unter STI.TR bis STI.SA.08. Sollte dies zutreffen (Newberry widerspricht dezidiert Quibell [Quibell – Paget – Pirie [Quibell] 1898, 3], der den Papyrus-Schacht nicht mit diesem Grab verbindet), kann der Schacht oder sein Inhalt schwer zum ursprünglichen Grab des Sehetepibre gehört haben, denn Letzteres wird früher datiert als das Papyruskonvolut, d.h. der Priester (ḥm-nṯr) Sehetepibre kann nicht der ursprüngliche Eigentümer der Ramesseumspapyri gewesen sein (Downing – Parkinson 2016, 40–41). Eine neue archäologische Untersuchung des Grabes des Sehetepibre wäre erforderlich, um Klarheit zu bekommen.
Der Papyrus befand sich zusammen mit 23 weiteren Papyri und einem Bündel Schilfrohr in einer Holzkiste (Auflistung der Papyri bei Parkinson 2009, 151–153, Tab. 6.1) auf dem Boden des Schachtes. Die Papyri enthalten medizinische, medico-magische und magische Texte, aber auch literarische Texte (z.B. Beredter Bauer und Sinuhe), liturgische Texte (z.B. Dramatischer Ramesseumspapyrus und Sobek-Hymnus) sowie administrative Texte wie die Semna-Dispatches. Heute ist dieses Papyruskonvolut auf das British Museum in London und das Ägyptische Museum und Papyrussammlung in Berlin verteilt. Das Schilfrohrbündel, bei dem es sich um Rohmaterial für Schreiberbinsen handelt, wird im Manchester Museum aufbewahrt (Inv.-Nr. 1882). Der Verbleib des Holzkastens, der mit weißem Stuck überzogen und mit der Zeichnung eines Schakals dekoriert war (Quibell – Paget – Pirie [Quibell] 1898, 3), ist unbekannt (z.B. Leach 2006, 225, Anm. 2). Hermann 1957, 113, Anm. 1 erwähnt eine Nachricht von Anthony J. Arkell, dem damaligen „honorary curator“ der Petrie Collection, dass dieser Kasten vermutlich mit den anderen Objekten von Flinders Petrie in die Sammlung des University College London liegen könnte: Flinders Petrie hatte im Jahr 1913 seine Sammlung dem University College London verkauft (https://www.ucl.ac.uk/culture/node/21/about, letzter Zugriff: 03.07.2020), und nachdem sie im 2. Weltkrieg ausgelagert worden war, widmete sich Arkell Anfang der 1950er Jahre dem Auspacken, Katalogisieren und Ausstellen der Objekte (s. Smith 1981, 146). Die Sammlung war daher Hermann noch nicht zugänglich (s. Hermann, a.a.O.) und die Verifizierung dieser Vermutung steht noch aus.
Weiterhin wurden verschiedene magische Gegenstände im Schacht gefunden. Ein Überblick der Fundsituation findet sich bei Geisen 2018, 2–7; eine Auflistung der von Quibell genannten Objekte mit ihren modernen Inventarnummern findet sich ferner auch schon bei Parkinson 1991, XII–XIII und Kemp – Merrillees 1980, 166.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Mittleres Reich » 12. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Zweite Zwischenzeit » 13. Dynastie

Die Datierung des Papyrus basiert zum einen auf der Einordnung des archäologischen Fundkontextes, zum anderen auf text- bzw. konvolutinteren Überlegungen. Die Nekropole, in der das Konvolut gefunden wurde, kann in das Mittlere Reich und die frühe Zweite Zwischenzeit datiert werden (Leblanc 2005, 33–34; Nelson 2006, 115–116; Parkinson 2009, 71). Über die im Grabschacht gefundenen Objekte ist keine chronologische Eingrenzung möglich, da viele dieser Gegenstände in Bestattungen des späten Mittleren Reiches gut belegt sind, teils sogar bis in die frühe 18. Dynastie fortlaufen (Parkinson 2009, 143–145). Laut Geisen 2018, 7, 10–15 würden Streufunde in der Umgebung sowie die Grabfunde selbst in Kombination mit Informationen aus den Papyri für eine Datierung der Bestattung in die mittlere 13. Dynastie sprechen.
Die Papyri selbst sind unterschiedlichen Alters und erstrecken sich paläographisch (hieratisch) über einen Zeitraum von etwa einem Jahrhundert (Gardiner 1955, 1–2; Parkinson 2009, 149). Einen Terminus post quem für die Zusammenstellung des Konvoluts geben der Papyrus Ramesseum VI (Sobek-Hymnus) mit der Nennung Amenemhets III. (12. Dynastie, ca. 1818–1773 v. Chr.) sowie das Onomastikon auf Papyrus Ramesseum D, das ein mit dem Namen Sesostris’ III. (ca. 1837–1818 v. Chr.) gebildetes Toponym aufweist. Die älteste Gruppe bilden mit R. B. Parkinson die kursiv-hieroglyphischen Texte aus der späten 12. Dynastie, zu denen bspw. Papyrus Ramesseum V gehört (Parkinson 2009, 149). Die jüngsten Texte gehören in die späte 13. Dynastie (bis ca. 1630 v. Chr.), da sie dem mathematischen Papyrus Rhind und dem Papyrus Boulaq 18 paläographisch aufgrund der runden Formen und stärkeren Verwendung von Ligaturen nahestehen (Parkinson 2009, 150).
Papyrus Ramesseum XI gehört paläographisch in die mittlere Gruppe (vgl. die Ausführungen von Parkinson 2009, 150  mit seiner Tabelle auf S. 152–153).

Textsorte
Rezitation(en)
Inhalt

Das Fragment A ist zu stark zerstört, um seinen Inhalt genauer zu bestimmen. Die erhaltenen Reste des Rubrums scheinen jedoch zum Rezitationsvermerk eines magischen Spruches zu gehören. Der eigentliche Text ist in der Götterwelt situiert und enthält einen kurzen Dialog zwischen Ptah und einer unbekannten Entität, bei der es sich ebenfalls um eine Gottheit gehandelt haben wird. Es könnte sich bei dieser kurzen narrativen Episode um eine Historiola, also einen mythischen Präzedenzfall, für den anschließenden, kurzen, aber fast komplett zerstörten magischen Anwendungsbereich handeln. J. F. Quack (E-Mail vom 16.08.2022) vermutet dagegen hierin den „Teil einer divinatorischen Praxis mit direkter Befragung der Götter“.
Das Textstück auf Fragment 2 gehört wohl einem Liebeszauber an (bspw. Gardiner 1955, 147, Geisen 2018, 164, Anm. 9, Meyrat 2019, 88, Dieleman 2019, 110, Anm. 85). Gardiner 1955, 14 vermutet zwar, dass hier Isis angesprochen wird, um Horus beizustehen, aber Posener 1986, 111, Anm. 2 zweifelt das an, weil Horus in dem Text in der 3. Person erscheint, also über ihn gesprochen wird. Unter der Annahme, dass hier ein Liebeszauber vorliegt, ist wohl eher die Geliebte angesprochen.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Der Fundzusammenhang und die Herkunft aus einem gesicherten archäologischen Kontext erlauben eine detailliertere Betrachtung. Der Papyrus war Bestandteil eines Konvoluts von 24 Papyri und befand sich zusammen mit einem Bündel von 118 Schilfrohren (Schreibbinsen) von je ca. 40 cm Länge in einem Holzkasten. Auf diesem Kasten war das Zeichen eines Schakales zu erkennen, das als Schreibung für den Priestertitel ḥr.j-sšt „Hüter des Geheimnisses“ gelesen werden kann. Es ist daher anzunehmen, dass der Besitzer ein Priester war (Parkinson 2009, 141; Parkinson 1991). Unter den weiteren im Grabschacht gefundenen Objekten befanden sich ein aus einem Kupfergemisch gefertigter Schlangenstab, der mit menschlichen Haaren umwickelt ist (Fitzwilliam Museum, Cambridge, E.63.1896), die Elfenbeinfigur eines Zwerges, der ein Kalb trägt (University of Pennsylvania, Museum of Archaeology and Anthropology, E.13405), sowie diverse magische Objekte im Manchester-Museum (Fayencefigur eines nackten Mädchens (Inv.-Nr. 1787), eine aus Elfenbein gefertigte Klapper (Inv.-Nr. 1796), eine Fayencefigur in Gestalt eines Pavians (Inv.-Nr. 1835) sowie ein Djed-Pfeiler-Amulett (Inv.-Nr. 1838) (Parkinson 2009, 141–145)). Diese Utensilien stellen nach A. H. Gardiner „the professional outfit of a magician and medical practitioner“ (Gardiner 1955, 1) dar. Dazu passt, dass die Mehrheit der Papyri (15 der 24 Papyri) medizinische, medico-magische oder magische Inhalte aufweisen. Der Inhaber war demnach vermutlich ein Arzt und Magier, der auch Priesterfunktionen innehatte, oder umgekehrt ein Priester, der auch als Magier und Arzt agierte (Gnirs 2009, 128–156; Morenz 1996, 144–146; Geisen 2018, 15–29, Meyrat 2019, 196–199).Das differierende Alter der Papyri und die verschiedenen Arten von Texten (medizinisch/magisch, literarisch, liturgisch, administrativ) lassen vermuten, dass die Papyri über mehrere Generationen gesammelt und vererbt wurden, bis der letzte Eigentümer sie als Grabbeigabe erhielt (Parkinson 2009, 149). Die administrativen Angaben auf dem Verso von Papyrus Ramesseum III und Papyrus Ramesseum IV zeigen, dass eine sekundäre wirtschaftliche Nutzung dieser medizinischen Papyri vorliegt, was wiederum nahelegt, dass die Papyri – zumindest in Teilen – aus verschiedenen Quellen zusammengetragen wurden und die Identifizierung des letzten Inhabers als Arzt daher nicht zwingend notwendig ist.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Der Papyrus ist, wie auch die anderen Ramesseumspapyri, aufgrund der Lagerung in der feuchten Umgebung des Grabschachts in einem schlechten und fragmentarischen Zustand. Papyrus Ramesseum XI besteht aus zwei großen und sechs kleinen Fragmenten. Die beiden großen Fragmente enthalten jeweils die Reste der ersten Zeile einer Kolumne, die kleinen nur winzige Wortreste. Die Schriftgröße der beiden großen Fragmente divergiert leicht; jedoch zeigen beide Fragmente auffällige Hilfslinien über der ersten und unter der zweiten Zeile, so dass sie wohl zur selben Rolle gehören, s. Gardiner 1955, 14. Auf beiden Fragmenten ist der linke Kolumnenrand erhalten, der rechte nicht. Das Verso ist unbeschriftet, aber die Rückseite von Fragment B trägt auf der Höhe von Zeile Recto 1, Zeilenende, ein paar unidentifizierbare Tintenreste.
Fragment A ist etwa 19 cm breit und etwa 10 cm hoch; Fragment B ist etwa 27,5 cm breit und 8 cm hoch.

Schrift
Hieratisch

Der Text ist in waagerechten Zeilen geschrieben (von rechts nach links, wie für Hieratisch üblich) und enthält Rubra.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch

Die erhaltenen Satzreste sprechen für Mittelägyptisch.

Bearbeitungsgeschichte

Die Bearbeitung der Papyri sollte zunächst durch F. Ll. Griffith erfolgen, wurde dann aber an P. Newberry übergeben, der erste konservatorische Maßnahmen durchführte und erste Abschriften anfertigte (Gardiner 1955, 2; Leach 2006, 226). Auf Vermittlung A. H. Gardiners wurde die Restaurierung dann an H. Ibscher (Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin) übertragen, der sie restaurierte, ordnete und rahmte; konkret Papyrus Ramesseum VIII wurde 1904–5 bearbeitet (Leach 2006, 233 und 239). Da P. Newberry kein weiteres Interesse an der philologischen Bearbeitung hatte, gingen die Papyri schließlich in den Privatbesitz von A. H. Gardiner über, den W. M. Flinders Petrie als geeignet für die Veröffentlichung ansah. A. H. Gardiner schreibt dazu: „realizing, that the cost of conservation and publication would be considerable, Petrie himself suggested that if I acquitted myself of both obligations, I could regard the papyri as my own and dispose of them as I thought best“ (Gardiner 1955, 2). Um die aufwendigen Konservierungsmaßnahmen bezahlen zu können, verkaufte A. H. Gardiner 1910 Papyrus Ramesseum D mit dem Onomastikon an das Berliner Ägyptische Museum. Den Papyrus Ramesseum A, der die Geschichte des Beredten Bauern und den Sinuhe enthält, hatte A. H. Gardiner bereits 1906 dem Berliner Ägyptischen Museum überlassen – unter der Bedingung, dass das Museum die Kosten für die Publikation tragen würde (Leach 2006, 226).
Im Jahr 2003 wurde die Aufbewahrung von Papyrus Ramesseum XI geprüft, aber eine Neuverglasung ist nicht notiert (Leach 2006, 239).

Im Jahr 1955 legte A. H. Gardiner eine Edition der Ramesseumspapyri in Fotografie und tlw. in hieroglyphischer Transliteration vor, wobei allerdings viele der kleineren Fragmente unberücksichtigt blieben. Auch verzichtete er auf eine hieroglyphische Transliteration der Papyri Ramesseum I–V, da diese von J. W. B. Barns bearbeitet wurden (Barns 1956). Gardiners Edition enthält Fotos der beiden großen Fragmente von pRamesseum XI (Taf. 44). Außerdem bietet er in seiner knappen Vorstellung des Papyrus (S. 14) eine Übersetzung der besser erhaltenen Passagen. Posener 1986 besprach im Rahmen eines Festschriftbeitrags die mythologischen Anspielungen von Fragment 2, Zeile 1–2, auf die seitdem auch in anderer Sekundärliteratur kurz referiert wird.
Eine Gesamtbearbeitung der magischen Ramesseums-Papyri, auch von Ramesseum XI, legte Meyrat 2019, spez. 84–88, 332–333, vor.

Editionen

- Gardiner 1955: A. H. Gardiner, The Ramesseum Papyri (Oxford 1955), 14, Taf. 44.

- Meyrat, 2019: P. Meyrat, Les papyrus magiques du Ramesseum. Recherches sur une bibliothèque privée de la fin du Moyen Empire, Bibliothèque d’étude 172 (Le Caire 2019), 84–88, 332–333.

Literatur zu den Metadaten

- Barns 1956: J. W. B. Barns, Five Ramesseum Papyri (Oxford 1956).

- Dieleman 2019: J. Dieleman, Egypt, in: D. Frankfurter (Hrsg.), Guide to the Study of Ancient Magic, Religions in the Graeco-Roman World 189 (Leiden, Boston 2019), 86–114.

- Downing – Parkinson 2016: M. Downing – R. B. Parkinson, The Tomb of the Ramesseum Papyri in the Newberry Papers, The Griffith Institute Oxford, in: British Museum Studies in Ancient Egypt and Sudan 23, 2016, 35–45.

- Geisen 2018: C. Geisen, A Commemoration Ritual for Senwosret I. P. BM EA 10610.1-5/P. Ramesseum B (Ramesseum Dramatic Papyrus), Yale Egyptological Studies 11 (New Haven, CT 2018).

- Gnirs 2009: A. M. Gnirs, Nilpferdstoßzähne und Schlangenstäbe. Zu den magischen Geräten des so genannten Ramesseumsfundes, in: D. Kessler, et al. (Hrsg.), Texte – Theben – Tonfragmente. Festschrift für Günter Burkard, Ägypten und Altes Testament 76 (Wiesbaden 2009), 128–156.

- Hermann 1957: A. Hermann, Buchillustrationen auf ägyptischen Bücherkästen, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Abteilung Kairo 15, 1957, 112–119.

- Kemp – Merrillees 1980: B. J. Kemp – R. S. Merrillees, Minoan Pottery in Second Millennium Egypt, Sonderschrift, Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Kairo 7 (Mainz 1980).

- Leach 2006: B. Leach, A Conservation History of the Ramesseum Papyri, in: Journal of Egyptian Archaeology 92, 2006, 225–240.

- Leblanc 2005: C. Leblanc, Recherches et travaux réalisés au Ramesseum durant la mission d’octobre 2004 à janvier 2005, in: Memnonia 16, 2005, 19–45.

- Morenz 1996: L. D. Morenz, Beiträge zur Schriftlichkeitskultur im Mittleren Reich und in der 2. Zwischenzeit, Ägypten und Altes Testament 29 (Wiesbaden 1996).

- Nelson 2006: M. Nelson, La tombe d’une nourrice royale du début de la XVIIIème dynastie découverte au Ramesseum. Concession funéraire STI.Sa05/pu01, in: Memnonia 17, 2006, 115–129.

- Parkinson 1991: R. B. Parkinson, The Tale of the Eloquent Peasant (Oxford 1991).

- Parkinson 2009: R. B. Parkinson, Reading Ancient Egyptian Poetry. Among Other Histories (Chichester, Malden, MA 2009).

- Porter – Moss 1964: B. Porter – R. L. B. Moss, Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings. Vol. I. The Theban Necropolis. Part 2: Royal Tombs and Smaller Cemeteries (Oxford 1964).

- Posener 1986: G. Posener, La légende de la tresse d’Hathor, in: L. H. Lesko (Hrsg.), Egyptological Studies in Honor of Richard A. Parker. Presented on the Occasion of his 78th Birthday December 10, 1983 (Hanover, London 1986), 111–117.

- Quack 2014: J. F. Quack, Totenbuch und Getreideabrechnung. Von der Vereinbarkeit von profanen und religiösen Texten auf einem Schriftträger im Alten Ägypten, in: J. F. Quack – D. C. Luft (Hrsg.), Erscheinungsformen und Handhabungen heiliger Schriften, Materiale Textkulturen 5 (Berlin 2014), 111–135.

- Quack 2019: J. F. Quack, Das Streben nach Gunst im Alten Ägypten, in: Thots Infoheft 23, 2019, 16–28.

- Quibell – Paget – Pirie [Quibell] 1898: J. E. Quibell – R. F. E. Paget – A. A. Pirie [Quibell], The Ramesseum / The Tomb of Ptah-Hetep, British School of Archaeology in Egypt and Egyptian Research Account [2] (London 1898).

- Smith 1981: H. S. Smith, The Reverend Dr Anthony J. Arkell, in: Journal of Egyptian Archaeology 67, 1981, 143–148.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Lutz Popko

Übersetzung und Kommentar

Fragment A

[---] [A,1] [---] auf die Dachterrasse des Allherrn. Ich fand Re stehend und Ptah sitzend vor.1 [---] die Sache NN, indem sie/er/es entstanden ist. Da fragte mich Ptah: „Bei mir erfragst du es? [---]  das schöne Kleinvieh, das den Göttern gleich ist (d.h. die Menschen).2 Wenn sie eine Rede halten (oder: Wenn sie ja sagen), dann ist es der Fall, [dass ---] ...(?).
Dieser Spruch werde gesprochen, wenn eine Last [---].3 [We]nn sie [---] sagen [---]; [A,5] [---] wenn sie [---] sagen [---] Dinge von [---].3
[---] Sache ... (?) [---] [---] auf dem Weg (?) [---]

1 ꜥḥꜥ ḥmsi̯: P. Meyrat, Les papyrus magiques du Ramesseum. Recherches sur une bibliothèque privée de la fin du Moyen Empire, Bibliothèque d’étude 172 (Le Caire 2019), 85 verweist auf J. Zandee, Sargtexte, Spruch 80 (Coffin Texts II 27d–43), in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 101, 1974, 62–79, hier 71, Kommentar zu 33g, demzufolge diese beiden Verben komplementäre Begriffe sind, die die Gesamtheit menschlicher Handlung umschreiben.

2 Lesung der Zeichenreste nach einem Vorschlag von Quack (E-Mail vom 16.08.2022). P. Meyrat, Les papyrus magiques du Ramesseum. Recherches sur une bibliothèque privée de la fin du Moyen Empire, Bibliothèque d’étude 172 (Le Caire 2019), 332 und 84–86 rekonstruiert das halbzerstörte Zeichen nach der Zahl dagegen vorsichtig als ꜣb und denkt an das Substantiv ꜣb.w: „Wunsch“, D. Meeks, Année lexicographique. Tome 1. 1977 (Paris 1980), 78.0019 („deux excellents [an]imaux [font parvenir (?)] les [souhaits] aux dieux“). Unter Hinweis auf eine persönliche Mitteilung von H.-W. Fischer-Elfert erwägt er, in den beiden Stück Kleinvieh heilige Tiere, insbesondere den Mnevis-Stier (wegen der Nennung von Re) und den Apis-Stier (wegen Ptah) zu sehen und erwägt hier eine Anspielung auf Orakel, verweist aber darauf, dass diese Art Orakel erst ab dem Neuen Reich belegt sei. Außerdem würde der Terminus ꜥw.t ihm zufolge eher auf „Kleinvieh“ hinweisen, zu dem keine Rinder zählen. Das ist zwar tatsächlich oft der Fall, aber nicht immer, und die Bedeutung „Rinder“ ist nicht ganz ausgeschlossen: In der neuägyptischen Erzählung des pd’Orbiney wird damit die Rinderherde des Anubis mit diesem Terminus bezeichnet. S. die Diskussion hier.

3 Ergänzung der Zeichenreste weitestgehend nach Quack, basierend auf seiner Autopsie des Originals (E-Mail vom 16.08.2022). Es bleibt unklar, wie viel am Anfang der Zeilen zerstört ist; zudem ist es denkbar, dass in der kleinen Lücke am Ende von A,4 noch ein kurzes Wort oder der Beginn eines Wortes Platz gefunden hätte. Die Lücke nach dem ḏd=sn von Zeile A,5 könnte ein oder zwei Wörter enthalten haben; unter Falschfarbenfiltern lässt sich auf dem Foto des BM am Ende der Lücke ein sitzender Mann mit Hand am Mund erkennen.

Sechs unpublizierte Fragmente

[--- --- ---]1

1 Im Frame 1 sind neben dem Fragment A noch sechs weitere kleine Fragmente untergebracht; nicht abgebildet bei Gardiner, aber bei Meyrat. Die beiden größten, mittleren zeigen Reste dreier Zeilen, wobei die jeweils oberste rubriziert ist. Auch das zweite von rechts enthält rote Tintenreste. Die Fragmente sind zu klein, um ihnen Sinn abzugewinnen. Auf dem dritten von rechts ist in der mittleren der drei Zeilen das Wort wn: „öffnen“ zu erkennen. Auf dem daneben ist das senkrechte Zeichen wohl ein Götterklassifikator, so dass man dort „Gott [NN] zu (r)“ lesen kann.

Fragment B

[B,1]1 Meine jb-Herz ist dir [zugewandt(?)]2, (mein) ḥꜣ.tj-Herz ist dir (zugewandt?)2 wie das jb-Herz des Horus seinem Auge, (das) des Seth seinen Hoden, (das) der Hathor ihrer Locke, [---](?) (und das) des Thot seinem Oberarm.3 Siehe, ich will mein [jb-Herz]  herbeibringen, gefesselt von der (Pflanze namens) ‚Sehne des Phönix‘4. Eine Flamme ist an [meiner] rechten Seite. Ich setzte / Gesetzt wurde mir [---] eine Flamme in dein jb-Herz, eine Flamme in [dein] ḥꜣ.tj-Herz, usw. Mögest (du) zu mir kommen, nachdem du den Ort erreicht hast, an dem sich [mein] Herz befindet [---] eil[ig(?)][---] im Haus hinter (?) [---] usw. mit ihr.
[Dieser Spruch werde] gesprochen [---] [B,5] [---]; sie wird [---], was sie gebracht hat [---].5

1 Es ist unsicher, ob links noch etwas fehlt, da das Fragment rechts direkt mit den ersten Zeichen einsetzt und kein Rest eines Kolumnenrandes mehr erhalten ist (besser zu erkennen bei A.H. Gardiner, The Ramesseum Papyri. Plates (Oxford 1955), Taf. 44 als auf dem neuen Foto von P. Meyrat, Les papyrus magiques du Ramesseum. Recherches sur une bibliothèque privée de la fin du Moyen Empire, Bibliothèque d’étude 172 (Le Caire 2019), 333, weil jetzt der rechte Rand des Fragments unter der Verklebung der Verglasung liegt). Gardiner, a.a.O., 14 geht davon aus, dass rechts nichts mehr fehlt, und übersetzt Zeile 1 und den Anfang von Zeile 2 mit: „My heart (i.e. my desire) is for thee, my breast is [for thee] like the heart of Horus for his eye, (of) Seth for his testicles, (of) Ḥatḥōr for her lock(s), (and of) Thoth for his elbow.” Dieser Übersetzung folgen bspw. G. Posener, La légende de la tresse d’Hathor, in: L.H. Lesko (Hrsg.), Egyptological Studies in Honor of Richard A. Parker. Presented on the Occasion of his 78th Birthday December 10, 1983 (Hanover, London 1986), 111–117, hier 111, W. Wettengel, Die Erzählung von den beiden Brüdern. Der Papyrus d’Orbiney und die Königsideologie der Ramessiden, Orbis Biblicus et Orientalis 195 (Freiburg, Schweiz, Göttingen 2003), 134, A. Velasco Pírez, Un acercamiento a la simbología del peinado en el antiguo Egipto, in: Antesteria: debates de historia antigua 1, 2012, 289–303, hier 293, M. Massiera, La tresse d’Héliopolis, in: A. Gasse – F. Servajean – C. Thiers (Hrsg.), Et in Ægypto et ad Ægyptum. Recueil d’études dédiées à Jean-Claude Grenier. III 3, Cahiers „Égypte Nilotique et Méditerranéenne“ 5.3 (Montpellier 2012), 489–498, hier 495–496 und B. Mathieu, Seth polymorphe. Le rival, le vaincu, l’auxiliaire, in: Égypte Nilotique et Méditerranéenne 4, 2011, 137–158, hier 149, jeweils mit Verweis auf die thematische Verknüpfung der Hathor mit einer Locke oder Haarsträhne.
Meyrat, a.a.O., und 84–85 deutet dagegen die Möglichkeit an, dass rechts noch etwas vom Fragment fehlt. Sollte das der Fall sein, müsste es sich um eine ganze Wortsequenz #GN n Körperteil =f/s# handeln.

2 jb=j n=ṯ: Vgl. rḏi̯ jb n: „das Herz zuwenden zu“ (Wb 1, 60.9); etwas stärker noch G. Posener, La légende de la tresse d’Hathor, in: L.H. Lesko (Hrsg.), Egyptological Studies in Honor of Richard A. Parker. Presented on the Occasion of his 78th Birthday December 10, 1983 (Hanover, London 1986), 111-117, hier 111, Anm., 2: „C’est-à-dire ‚je te désire, j’ai besoin de toi, j’aspire à t’avoir‘“.
Es liegt wohl nicht die idiomatische Phrase für „sich etwas wünschen“ vor, denn diese lautet jb r, nicht jb n, vgl. Wb 1, 60.12–13.

3 Zum inhaltlichen Bezug zwischen den Göttern und den Körperteilen s. Posener, a.a.O., 111–117 und Meyrat, a.a.O., 86–87. In allen Fällen werden Schäden bzw. Verletzungen angesprochen, die die Götter davongetragen haben, weswegen sie sich die Wiederherstellung dieser Körperteile herbeisehnen. Am deutlichsten ist das beim Auge des Horus und den Hoden des Seth, die nach verschiedenen Versionen des Horus-und-Seth-Mythos vom jeweils anderen herausgerissen werden. Weniger klar ist das mit der Schulter oder dem Oberarm des Thot; aber in jedem Fall sind diese drei Götter und Körperteile schon in den Pyramidentexten, in PT 327 (Pyr. § 535a–c) miteinander kombiniert, wobei im Fall von Thot der : „Arm“ statt qꜥḥ: „Oberarm, Schulter“ genannt wird. Aufgrund dessen dürfte auch hier ein Mythem oder Hylem vorliegen, das auf einen Verlust oder eine Verletzung des Armes des Thot hinweist. Nach J.F. Quack, Das Pavianshaar und die Taten des Thot (pBrooklyn 47.218.48+85 3,1–6), in: Studien zur Altägyptischen Kultur 23, 1996, 305–333, hier 326–328 dürfte „auch diese Verwundung im Rahmen des Konfliktes zwischen Horus und Seth“ stattgefunden haben; er zitiert eine entsprechende Passage aus dem späten pJumilhac, 16,23–17,6, in der von einer  konkret der späte pJumilhac spricht von einer Verstümmelung des Arms (gḏ) des Thot.  In pRamesseum XI tritt nun noch die Locke der Hathor hinzu; schon Posener nimmt an, dass es demzufolge auch eine mythologische Episode gegeben habe, in der der Hathor eine Locke herausgerissen wurde. Anklänge hieran sieht er in der Ruderepisode des pWestcar, in der einer Ruderin des Snofru ein fischförmiger Haarschmuck ins Wasser fällt, und in der neuägyptischen Erzählung des pd’Orbiney, in der das Meer eine Locke von Batas Frau, die ihrerseits als Tochter des Re–Harachte bezeichnet wird, fortträgt. Aus diesen beiden Episoden schließt er, dass in der vermuteten mythologischen Episode um Hathor das Meer oder ein damit verbundenes Element die Locke herausreißt. Meyrat, a.a.O., überlegt, ob das Krokodil oder genauer: der Gott Sobek gemeint sein könne, der in pRamesseum VIII, 13,7 als ḥnsk.tj: „Bezopfter“ genannt sei und in den Sobekhymnen des pRamesseum VI, Kol. 15 als ḥnsk.tj mri̯=f ḫnp als ein „Bezopfter, indem er das Rauben liebt“. Sobek bzw. das Krokodil als dessen Tier sei zwar, so Meyrat, nicht mit dem Meer verbunden, aber immerhin mit dem Wasser im Allgemeinen.

4 r(w)ḏ-n-bnw: Eine noch nicht identifizierte Pflanze, die auch andernorts als Materia magica Anwendung findet, s. I. Guermeur, À propos d’un passage du papyrus médico-magique de Brooklyn 47.218.2 (x+III,9 – x+IV,2), in: I. Guermeur – C. Zivie-Coche (Hrsg.), „Parcourir l’éternité“. Hommages à Jean Yoyotte. Tome 1, Bibliothèque de l’École des hautes études, Sciences historiques et philologiques 156.1 (Turnhout 2012), 541-555, hier 550-551 (Hinweis Quack). Gardiner und Meyrat hatten statt bn.w die bn.t-Harfe gelesen.

5 Ergänzungsvorschläge Quack (E-Mail vom 16.08.2022).