Papyrus Genf MAH 15274 und Turin CGT 54063

Metadaten

Schlagwörter
Alternative Namen
Papyrus Genève MAH 15274 TM 139418
Aufbewahrungsort
Europa » Italien » (Städte Q-Z) » Turin » Museo Egizio, Europa » Schweiz » (Städte A-K) » Genf » Musée d'Art et d'Histoire
Erwerbsgeschichte

Im Jahr 1937 tauschte Alan Gardiner den Papyrus, der heute die Inventarnummer MAH 15274 trägt, mit dem Musée d’Art et d’histoire de Genève gegen drei Genfer Papyrusfragmente ein, die an von ihm erforschten Papyri in Turin (Ramesside Administrative Documents und Late Egyptian Miscellanies) anpassten und anschließend von ihm dorthin verschenkt wurden (Massart 1957, 172). Wo Gardiner selbst den Genfer Papyrus her hatte, ist nicht dokumentiert. Die Inventarnummer CGT 54063 der Turiner Fragmente wurde von A. Roccati zwischen 1969 und 1974 vergeben (Roccati 1975, 246). Über die Vorgeschichte dieser Fragmente ist bislang nichts publiziert, aber es ist anzunehmen, dass sie mit vielen anderen ramessidischen Papyri aus der Sammlung von Bernardino Drovetti stammen, die 1823/24 durch die piemontesische Regierung des Königreichs von Sardinien bzw. Herzogtums von Savoyen für ihre Hauptstadt Turin angekauft wurde und überwiegend aus Materialien aus Theben besteht.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Deir el-Medineh

Wie, wann und wo Gardiner an den Papyrus Genf MAH 15274 gelangte, ist unbekannt. Aufgrund innertextueller Bezüge kann die Provenienz jedoch sicher in Theben-West und wahrscheinlich in Deir el-Medineh verortet werden: Das Kolophon des Rectos nennt Monthmose (Mnṯw-ms), den Anführer der Medjai (eine Art polizeiliche Schutztruppe) der Nekropole von Theben. Zudem finden sich auf dem Verso einige Verwaltungsnotizen, bei denen weitere in Theben-West (u.a. Medinet Habu) tätige Personen genannt werden, die vor allem aus den Ostraka von Deir el-Medineh bekannt sind (Massart 1957, 172; Roccati 1982, 91–92).
Pestman 1982, 155–172 (hier: 155, 164, 165 und 172 Anm. 50) vermutet, dass der Papyrus Genève MAH 15274 vielleicht zu einem Fund gehören könnte, zu dem auch die 19 Chester-Beatty-Papyri, die 17 von J. Černý veröffentlichten Deir-el-Medineh-Papyri, zwei Naunachte-Papyri in Kairo und eventuell noch zwei Naunachte-Papyri in Oxford zählten. Allerdings ist es dieser Papyrus, dessen Zugehörigkeit zu diesem Fund am Unsichersten ist (Pestman 1982, 172 Anm. 50: „it is not impossible, that this roll also belonged to the archive of the $Nı͗wt-nḫtı͗$ family“). Pestman begründet seine Zuweisung nicht explizit, aber der Papyrus hat mehrere Merkmale gemeinsam mit den übrigen Texten: Er passt chronologisch und geographisch ins Dossier; die Schlangen- und Skorpionsprüche passen zu anderen semi-literarischen magischen Texten des Dossiers; zwei Notizen auf dem Verso sind semi-offizielle Memoranda, die man so auch auf pChester Beatty I und XVI findet. Es ist G. Posener, der aufdeckte, dass die 19 Chester-Beatty-Papyri mit dem Fund von 17 (?) Papyri aus Deir el-Medineh zu vergesellschaften sind, die im Jahre 1928 von B. Bruyère in einem schmalen, trapezförmigen Bereich mit gestampftem Boden zwischen dem Gewölbe einer Grabkapelle und dem Fundament einer Grabpyramide in Deir el-Medineh entdeckt wurden: „Il est permis de dire à présent que la découverte dépassa en importance les papyrus recueillis par le fouilleur le 20 février 1928. (...) On saura plus tard que les papyrus Chester Beatty proviennent de la même trouvaille.“ (Posener, in: Černý 1978, VIII; Plan des Fundorts: Bruyère 1929, Plan I: unten rechts, zwischen den Schächten P.1165 und P.1169). Darüber hinaus verweist er auf den Eintrag in B. Bruyères Grabungstagebuch vom 21. Februar 1928, in dem es heißt, dass ihm zu Ohren gekommen sei, dass er von drei Arbeitern bestohlen wurde (Posener, in: Černý 1978, VIII). Falls dies stimmt, wurden also alle Papyri im oberirdischen Bereich einer Grabanlage gefunden, dessen oder deren Besitzer bei der Grabung nicht bestimmt werden konnte(n). P. W. Pestman ermittelte die aufeinanderfolgenden Eigentümer der Papyri als Ken-her-chepesch-ef den Älteren, seine Frau Naunachte und ihre Söhne aus zweiter Ehe, Amun-nacht und Pa-maa-nacht-ef.
Sollte der Papyrus Genève MAH 15274 tatsächlich zu diesem Fund gehört haben, ging er demnach möglicherweise als Diebesgut in den Antikenhandel, wo er von A. Gardiner erworben worden sein könnte. Allerdings ist noch zu berücksichtigen, dass Pestman keine Turiner Papyri in seiner Rekonstruktion des Archivs der Chester Beatty-Papyri aufgenommen hat. Sofern der Papyrus Turin CGT 54063 aus der Sammlung Drovetti des frühen 19. Jahrhunderts stammt, wäre es schon erstaunlich, dass ein Jahrhundert später eine große Menge Papyri desselben Archivs auftauchten, die zuvor übersehen worden wären.

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Der im stark beschädigten Kolophon des Schlangenspruchs genannte „[Anführer der Medjai] der Nekropolenverwaltung“ von Theben namens Monthmose ist vom 6. Regierungsjahr Sethos‘ II. bis zum 1. Regierungsjahr Ramses‘ V. oder VI. belegt (Gutgesell 1983, 235–236; Gabler 2012, 82, 94). Massart kannte Monthmose vor allem aus dem „Turin Strike Papyrus“ (Papyrus Turin Cat. 1880) aus den Regierungsjahren 29 und 30 Ramses‘ III. Unter Berücksichtigung der Verwaltungsnotizen auf dem Verso (siehe unten) datierte Massart diese Textkopie des Schlangenspruchs ans Ende der Regierungszeit Ramses‘ III. oder den Beginn der Regierung Ramses‘ IV. (Massart 1957, 173).
Einen Terminus ante quem liefern die Verwaltungsnotizen aus den Regierungsjahren 3 und 6, die meistens der Regierungszeit Ramses IV. zugerechnet werden (z.B. Massart 1957, 173; Kitchen 1983, 133, 143; Helck 2002, 387, 398-399), weil die genannten Personen ab oder nach Ramses III. noch in anderen Texten belegt sind (Gutgesell 1983, 235–236). Drei Notizen vom dritten Sommermonat des Jahres 6 (Kol. 1, 3 und 4) gehören eindeutig zusammen, aber unklar ist, ob die Notiz vom dritten Überschwemmungsmonat des Jahres 3 (Kol. 2) dieselbe Regierung betrifft und ob es in beiden Fällen zwangsläufig Ramses IV. sein muss (siehe Gutgesell 1983, 284, Anm. 3: der Schreiber Pa-nefer-em-Djedu in „J. 3 Ra.VI?“; Davies, 2018, 71: „year 6 of Ramesses IV(?)“, 364: „one of the successors of Ramesses III“). Vielleicht kann die noch ausstehende Untersuchung der Verso-Notizen auf Papyrus Turin CGT 54063 die Datierungsfrage unter Ramses IV. (7 Regierungsjahre), Ramses V. (4 Regierungsjahre) oder Ramses VI. (7 Regierungsjahre) klären.
Auch das Datum der Niederschrift des Schlangenspruchs ist nicht endgültig geklärt. Während die letzte Kolumne der Vorderseite (Kolophon von Monthmose) 7 bis 8 cm nach Zeilenanfang gerade durchgeschnitten wurde, passt Kolumne 1 der Rückseite (Jahr 6) sich genau diesem Rand an, d.h. möglicherweise wurde die Rückseite erst verwendet, nachdem von der Vorderseite schon ein Stück abgeschnitten worden war, m.a.W. der Text auf der Vorderseite nicht länger genutzt wurde. Es wäre erstaunlich, wenn der Schlangentext erst am Ende der Regierung Ramses‘ III. (32 Regierungsjahre) kopiert worden wäre und dann schon wenige Jahre später für Verwaltungsnotizen herhalten musste. Da Monthmose ab dem 6. Regierungsjahr Sethos‘ II. als Chef der Medjai belegt ist, könnte er die Kopie des Schlangentextes schon viel früher als am Ende der Regierung Ramses‘ III. in Auftrag gegeben haben, d.h. am Ende der 19. oder in den ersten Jahren der 20. Dynastie. Außerdem fragt sich Pestman, ob der Name Monthmose im Kolophon zum ursprünglichen Abschluss des Textes gehört, oder eine spätere Änderung/Hinzufügung am Text ist (Pestman 1982, 170 Anm. 19). Solche Fälle sind bekannt und falls dies hier zutreffen sollte, wäre es ein weiterer Hinweis für eine Niederschrift in der späte(re) 19. Dynastie.

Textsorte
Sammelhandschrift
Inhalt

Das Recto besteht aus einem langen Spruch, der sich gegen das Gift einer Schlange oder eines Skorpions richtet. Der Anfang ist verloren – möglicherweise ist der unpublizierte Papyrus Turin CGT 54063 der Anfang derselben Rolle –, doch der erhaltene Teil kann in vier Strophen gegliedert werden: Die erste ist eine Gliedervergottung, durch die der Patient mithilfe der seinen Körperteilen zugewiesenen Gottheiten geschützt werden soll. Danach folgen in Strophe zwei insgesamt vier sogenannte Götterbedrohungen, die das Gift ansprechen, um den Körper zu verlassen, da sonst schlimmes Unheil in der Götterwelt geschehen werde. Daran schließen sich verschiedene Charakterisierungen des Giftes an, die versuchen, seine genaue Art zu erkennen und es dadurch zu bannen. Dabei wird auch eine Historiola genutzt. Zuletzt spricht Isis, die durch ihren Zauber bewirkt, dass das Gift definitiv bezwungen wird und somit den Körper verlässt (Stegbauer 2015, 291–301). Die letzte erhaltene Kolumne ist zugleich die letzte des Textes, denn sie hört mit einem Kolophon auf.
Das Verso enthält fünf zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgeschriebene Verwaltungsnotizen (Kalendereintragungen) staatlicher und privater Natur, die in der Edition jeweils als eine eigene Kolumne bezeichnet werden (Kolumne 1–4 und 6). Eine oder vielleicht zwei der Notizen betreffen die Weitergabe eines Spruchs, um Schlangen- oder Skorpiongift zu entfernen. Zwischen der vierten und fünften Notiz steht ein Zauberspruch gegen Skorpionstiche, der sich erneut einer Götterbedrohung bedient (Kolumne 5). Auf einem Ostrakon aus Deir el-Medineh (oDeM 1213) findet sich eine weitestgehende Parallele zu diesem Zauberspruch, dessen Titel auch auf Papyrus Chester Beatty V, Vso 3 steht. Die letzte Kolumne ist zu zerstört, um einen genauen Inhalt zu rekonstruieren. Es wird ein Schreiber Ipi genannt, sodass vielleicht eine Verwaltungsnotiz vorliegt, auch wenn eventuell das Wort „Gift“ genannt wird (Weitergabe eines Spruchs gegen Gift?) (Massart 1957, 181–184, Taf. 38).

Zur heutigen Aufteilung des Versos:
- Rückseite von Kol. 5 = Glasplatte 4: enthält rechts das Ende von Verso II und links den Großteil von Verso III (Photo bei Chappaz 2016, 261).
- Rückseite von Kol. 6-7 = Glasplatte 5: enthält links Verso I und rechts den Anfang von Verso II (Photo bei Chappaz 2016, 263).

Ursprünglicher Verwendungskontext

Der Schlangenspruch der Vorderseite wurde auf einem wiederverwendeten Papyrus geschrieben. Er wird deshalb eher einer Privatperson und nicht einer offiziellen Instanz gehört haben. Die roten Gliederungspunkte weisen darauf hin, dass der Text rezitiert werden sollte. Ohne publizierte Photos und ohne die Publikation des Papyrus Turin CGT 54063 lässt sich nicht feststellen, wie sich die Verwaltungsnotizen zum Skorpionspruch auf der Rückseite verhalten. Der Skorpionspruch steht über einer abgewischten Notiz, die wie die Notiz von Kolumne 6 anders herum orientiert ist. Vielleicht ist der Skorpionspruch daher später als Notiz 6 eingetragen? Der Kopist des Schlangenspruchs war ein anderer als der des Skorpionspruchs und beim Skorpionspruch wurden keine Gliederungspunkte angegeben, obwohl beide Texte derselben Textsorte angehören. Vielleicht war der Besitzer der Papyrusrolle ein „Beschwörer der Selqet“ oder Skorpionbeschwörer, ein für Schlangenbisse und Skorpionstiche zuständiger Heiler.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Der Papyrus Genf MAH 15274 hat heute eine Gesamtlänge von ca. 1,59 m, wobei die exakte Distanz zwischen den vordersten Fragmenten mit 21 cm Länge nicht genau bestimmt werden kann (die ganze Beschreibung nach Massart 1957, 172–173). Er wird über fünf Glasplatten verteilt aufbewahrt. Die maximale Höhe beträgt 22 cm. Sofern die erste (nur 2 cm erhalten) und letzte Kolumne (nur 7 bis 8 cm erhalten) der Vorderseite wie die übrigen zwischen 25 und 30 cm breit gewesen sind, ist die Länge der Rolle mit mindestens 2 m anzusetzen. Außerdem ist es möglich, dass der bislang unpublizierte Papyrus Turin CGT 54063 den Anfang des Genfer Papyrus bildet (Roccati 1982, 93); dessen noch unbekannte Länge wäre also ebenfalls hinzuzurechnen. Der Papyrus ist ein Palimpsest. Sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite wurden frühere Texte ausradiert.
Die insgesamt sieben Kolumnen des Rectos des Genfer Papyrus sind unterschiedlich gut erhalten: Der Anfang ist extrem fragmentarisch, die Lücken werden zum Ende hin immer weniger. Besonders die ersten drei Kolumnen sind stark fragmentiert, nur die sechste ist komplett erhalten. Die siebte wurde (schon in der Antike (?)) kurz nach dem Anfang durchtrennt. Blattklebungen sind in unterschiedlichen Abständen (durchschnittlich 25 bis 26 cm) zu erkennen (Massart 1957, 172).
Die Kolumnen des Rectos wurden mit neun Zeilen unterschiedlicher Länge (zwischen 25 und 30 cm) beschriftet. Nur die letzte weist zehn Zeilen auf. Die Kolumnen des Versos sind in der Regel deutlich schmaler und haben drei bis acht Zeilen, wobei der Distanz zwischen den Kolumnen erheblich größer als auf dem Recto ist. Der Skorpionspruch auf der Rückseite hat eine Zeilenlänge von 43,5 cm, viel breiter als allen anderen Kolumnen auf Recto oder Verso.
Um die Rückseite zu beschriften, wurde der Papyrus um die Schmalseite gewendet, d.h. das Ende der Vorderseite entspricht dem Anfang der Rückseite und der obere Rand der Vorderseite ist auch der obere Rand der Rückseite für die Kolumnen 1–5 des Verso. Nur die letzte Versokolumne steht, verglichen mit dem restlichen Text, auf dem Kopf.

Schrift
Hieratisch

Der Papyrus Genf MAH 15274 wurde insgesamt von mindestens vier verschiedenen Schreibern beschriftet. Das Recto ist komplett von einem einzigen Schreiber kopiert; auf dem Verso finden sich drei andere Schreiberhände. Beide Seiten verwenden schwarze und rote Tinte, jedoch wurden nur auf dem Recto Gliederungspunkte gesetzt (was mit der Form des Schlangentextes zusammenhängt) (Massart 1957, 172–173).

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch, Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Die magischen Sprüche des Rectos und Versos enthalten Abschnitte, die gutes Mittelägyptisch sind (vor allem die Gliedervergottung), andere sind eine Mischung aus mittelägyptischen (Negationen mit nn) und zahlreichen neuägyptischen Konstruktionen (Präfigierte Imperative und Partizipien, Konjunktiv, Futur III mit Auslassung der Präposition r, Präsens I ohne ḥr vor dem Infinitiv, Definitartikel und Proklitisches Pronomen, Negation bn in Nominalsätzen), die für ein „néo-égyptien mixte“, „néo-égyptien partiel“ oder „Medio-Neuägyptisch“ sprechen. Außerdem gibt es neuägyptische Orthographien (z.B. die Partikel mk) sowie zahlreiche Fehler (wie bspw. Auslassungen von Wörtern oder Falschsetzungen von Determinativen) (Massart 1957, 184–185). Die Verwaltungsnotizen des Versos sind in einem sehr formelhaften Neuägyptisch.

Bearbeitungsgeschichte

Die Erstedition des Papyrus Genf MAH 15274 erfolgte durch Massart 1957 mit ausführlicher Beschreibung, Übersetzung, Kommentierung sowie Photos der magischen Sprüchen. Eine jüngere Übersetzung mit Kommentar und stilistischer Strukturierung des Schlangenspruchs (d.h. der kompletten Vorderseite) stammt von Stegbauer 2015. Die Verwaltungsnotizen auf der Rückseite wurden von Kitchen (1983) nach Massart neu ediert und des Öfteren in Studien über Deir el-Medineh übersetzt und kommentiert (u.a. Helck 2002; McDowell 1999). Eine neue Photographie (von Vorder- und Rückseite von zwei Glasplatten des Genfer Papyrus) wurde von Chappaz 2016 publiziert.
Roccati konnte im Jahr 1981 aus vielen Fragmenten zunächst Papyrus CGT 54064 rekonstruieren, der denselben Schlangenspruch wie der auf dem Genfer Papyrus enthält, allerdings über einer größeren Länge erhalten und mit einem abweichenden, mehr verderbten Überlieferungsstrang. Anschließend konnte er andere Papyrusfragmente zu Papyrus CGT 54063 zusammenfügen, von dem er schon einige Fragmente zwischen 1969 und 1974 identifiziert hatte (Roccati 1975, 146). Dieser „vergrößerte“ CGT 54063 stellt eine Textparallele zum Anfang von CGT 54064 dar, welcher aber nicht auf dem Genfer Papyrus vorhanden ist. Daraus erschloss Roccati, dass Papyrus CGT 54063 derselbe Papyrus wie der Genfer Papyrus, genauer gesagt, dessen Anfang sein könnte. Eine Bestätigung fand er in der Tatsache, dass ähnliche Unterschiede in der Texttradierung zwischen CGT 54064 und MAH 15274 wie zwischen CGT 54064 und CGT 54063 vorliegen, und dass beide Papyrusfragmente MAH 15274 und CGT 54063 ähnliche Verwaltungstexte mit derselben Orientierung auf dem Verso tragen. Wegen des stark bruchstückhaften Charakters ist ein physisches Aneinanderpassen nicht möglich. Die Turiner Fragmente sind bislang unpubliziert

Editionen

- Kitchen 1983: K. A. Kitchen, Ramesside Inscriptions. Historical and Biographical, Volume VI (Oxford 1983), 133–134 und 143–144 (nur die Verwaltungstexte auf dem Verso).

- Massart 1957: A. Massart, The Egyptian Geneva Papyrus MAH 15274, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts Abteilung Kairo 15, 1957, 172–185, Taf. 24–38.

Literatur zu den Metadaten

- Bruyère 1929: B. Bruyère, Rapport sur les fouilles de Deir el-Médineh (1928), Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 6,2 (Le Caire 1929).

- Černý 1978: J. Černý, Papyrus hiératiques de Deir el-Médineh. I. Nos I–XVII, Documents de Fouilles de l’Institut Franҫais d’Archéologie Orientale du Caire 8 (Le Caire 1978).

- Chappaz 2016: J.-L. Chappaz, Papyrus magique (extraits), in: A. Charron – C. Barbotin (Hrsg.), Savoir et pouvoir à l’époque de Ramsès II. Khâemouaset le prince archéologue (Arles 2016), 261–263.

- Davies, 2018: B. G. Davies, Life within the Five Walls. A Handbook to Deir el-Medina (Wallasey 2018).

- Gabler 2012: K. Gabler, Mnṯw-ms, der "mḏꜣj"? Ein prominenter Titelträger im Vergleich mit der Berufsgruppe der Medja von Deir el-Medine, in: G. Neunert – K. Gabler – A. Verbovsek (Hrsg.), Sozialisation: Individuum – Gruppe – Gesellschaft. Beiträge des ersten Münchner Arbeitskreises Junge Aegyptologie (MAJA 1), Göttinger Orientforschungen 51 (Wiesbaden 2012), 81-95.

- Helck 2002: W. Helck, Die datierten und datierbaren Ostraka, Papyri und Graffiti von Deir el-Medineh, Ägyptologische Abhandlungen 63 (Wiesbaden 2002).

- Gutgesell 1983: M. Gutgesell, Die Datierung der Ostraka und Papyri aus Deir el-Medineh und ihre ökonomische Interpretation. Teil I: Die 20. Dynastie, Band 1–2, Hildesheimer ägyptologische Beiträge 18–19 (Hildesheim 1983).

- McDowell 1999: A. G. McDowell, Village Life in Ancient Egypt: Laundry Lists and Love Songs (Oxford 1999), 117, 186 und 210.

- Pestman 1982: P. W. Pestman, Who Were the Owners, in the „Community of Workmen“, of the Chester Beatty Papyri, in: R. J. Demarée – J. J. Janssen (Hrsg.), Gleanings from Deir el-Medîna, Egyptologische Uitgaven 1 (Leiden 1982), 155–172.

- Roccati 1975: A. Roccati, Scavi nel Museo di Torino. VII. Tra i papiri torinesi, in: Oriens Antiquus 14, 1975, 243–253, hier: 246, Nr. 20.

- Roccati 1982: A. Roccati, Un nuovo rotolo magico diviso tra le raccolte di Ginevra e Torino, in: Bulletin de la Société d’Égyptologie, Genève 7, 1982, 91–94, hier: 93.

- Stegbauer 2015: K. Stegbauer, Magie als Waffe gegen Schlangen in der ägyptischen Bronzezeit (Borsdorf 2015), 291–301 (Spruch 52) (doi.org/10.11588/propylaeum.529).

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Peter Dils; Dr. Katharina Stegbauer
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Recto: Schlangenspruch

(Übersetzung: Katharina Stegbauer) [Recto 1.1] [...] Aschmunein [...]
[...]
[...] ist gegen mich/dich, Herr (?) [...]
[___] [Recto 1.5]
[...] fallen/fällen der/den Feind [...]
[...] töten [...]
[...] des Landes, die die Götter gebieren (?) [...]
[...] scharf [...]
[...] sie steht wegen der Zerstückelung (?) [...]
[Recto 2.1] Du sollst keinen Halt finden [in seinem Hintern], denn Sachmet ist gegen dich, die Herrin [seines Hintern].
Du sollst keinen Halt finden ⟨in⟩ seinem Damm, denn Sobek ist gegen dich, der Herr seines Damms, der große Gott, der [innerhalb] der Neunheit lebt.
Du sollst keinen Halt finden in seinen Hoden, denn der hochfedrige Min, der stolz auf [seine] Schön[heit ist, der Herrscher]1 der Sterne (?) ist gegen dich, der Herr seines Penis.2
Du sollst keinen Halt finden [in seinen Eingeweiden]; denn [(Göttername)] ist gegen dich, der Herr (oder: die Herrin) seiner Eingeweide.
Du sollst keinen Halt finden in [seinen] Sche[nkeln], denn der als Käm[pfer handelnde] Month ist gegen dich, der Herr seiner Sche[nkel].
[Du sollst] keinen [Halt finden] in seiner [Lu]nge, denn Anukis, die Nubierin, [...] ist [Recto 2.5] gegen dich, [die Herrin] seiner [Lun]ge.
Du sollst keinen Halt finden in [seinen Sohlen, denn [(Göttername)] ist gegen dich, der Herr] seiner ⸢Sohlen⸣, der große, weitausschreitende Gott, der vo[r Re (?)] ist.
[Du sollst keinen Halt finden] in der Bisswunde, [denn Selket (?) ist gegen dich, die Herrin der Bisswunde], [die ... ... ...] hinter dem Feuer ist.
Heraus gesch[wind! Komm heraus]3 auf meinen Spruch hin, o Gift, [ansonsten veranlasse ich, dass ... ... ..., und ich]3 veranlasse, dass sich die Erde zum Himmel hebt, [und ich veranlasse, dass ... ... Sobek4]3, und ich veranlasse, dass [... ... ...]
[...] den morgendlichen Gott, [... ... ...] [Recto 3.1] durch die 7 Wunden an der Stirn der 7 Hathoren,5 denn Horus hatte es gut bei ihnen.
Heraus geschwind! Komm heraus auf meinen Spruch hin, [o] Gift, ansonsten werde ich veranlassen, dass die Kinderfrau in das Gesicht ihrer Mutter schlägt, und ich werde veranlassen, dass der Kleine den Großen beschimpft.
Heraus geschwind! Komm heraus [auf] meinen Spruch [hin], o Gift, ansonsten werde [ich] veranlassen, dass der Aufgehende [...], dass der Mond (?) [...] ihn wackeln und den Hauch seiner [Nase] einatmen lässt, ohne zu packen [...], der, von dem nicht gilt [...].
Nicht wird [Recto 3.5] [der Nil über die Ufer] treten, denn ich werde verhindern, dass er bis zum Wüstenrand steigt, ich werde verhindern, dass man die [Opfer für die Götter und Göttinnen] macht, ich werde verhindern, dass  [...], ich werde verhindern, dass man den Opferdienst in ihren Heiligtümern macht.
[...] ihre [...], [...] [in den Gliedern] des NN., [geboren von] der NN.
Hey, hey! Nicht ich bin es, [der es gesagt hat], nicht ich bin es, der das wiederholt hat, o Gift [irgendeines Schlangenmännchens, irgendeines Schlangenweibchens], irgendeines Skorpions, das sich im Körper des [NN.], geboren von der NN., befindet!
Isis ist's, die es gesagt hat, sie ist's, die es wiederholt hat!
Halt an, Gift, damit ich deinen Namen finden kann entsprechend [deinem Wesen]!
Wenn du ein/der fnw einer Schlange sein solltest, [Recto 4.1] dann ...?...6
... und er öffnete seinen Rücken.
Man sucht dich in deiner Behausung, Feind des Re!
Komm, sagt man, ruft man dir zu, während es hell ist, während die große Götterneunheit anwesend ist!
Horus wird dich mit seiner ⸢Rechten⸣ packen an deinem Mund (?), er wird dich [mit seiner Linken] schlagen, er wird veranlassen, dass ⟨dein⟩ Hals wie dein Schwanz wird.
Sei ein Diener des Horus!
Halt an, o Gift, damit ich deinen Namen herausfinden kann [gemäß] deines [Wesens]!
Du wirst nicht nach oben steigen, du wirst nicht nach unten fallen, [Recto 4.5] [du] wirst nicht herumwandeln im ganzen Körper des NN., geboren von der NN.
[Halt an, o Gi]ft, damit ich deinen Namen entdecken kann gemäß [deinem] Wesen!
[Wenn du tatsäch]lich ein Hu[nd] bist:
Ba[ba war im Begriff, vom Gebirge hinabzusteigen], während seine 77 Hunde in seinem Gefolge waren, während dunkle Hautfarbe an ihnen war, indem (ihre) gesamte Hautfarbe (so) war.7
Da rief Isis ihrem [Sohn] Horus [zu]: Folgendes: "Halte dich fern [von] Baba, der seine 77 Hunde [hinter sich herlaufen]8 lässt."
Da rief Horus seiner [Mutter] Isis [zu]: Folgendes: "⟨Ich⟩ bin vor Baba und auch vor seinen Hunden!
[Recto 5.1] Ich will mich von ihm fernhalten!"
Schon stand Baba vor ihm, während er Horus packte und in seinen Unterschenkel biß.
Da stand Horus, während sein Gesicht in der Art und Weise einer Gebärenden war, sein Herz hervorquoll und sein Auge müde war, und rief Folgendes: "Komm zu mir, Baba hat mich gebissen!"
Da sprach Isis zu ihrem Sohn Horus Folgendes: "[Streck]9 deine Hand nach den 7 Krügen aus, deren Vorderseite gen Sonnenaufgang zeigt, und hole aus ihnen 7 Sery-Pflanzen hervor, und reibe sie an der von Baba verursachten Bisswunde entlang, [Recto 5.5] und wirf sie seinem Hund vor, der ausgestreckt ist wie eine Gurke, nachdem er seinen Rücken gekrümmt (?) hat wie [... (eine Pflanze)].
Dann wird der, der gebissen wurde, sich gesund erheben für seine Mutter, wie Horus es gesund getan hat für seine Mutter Isis, am Abend, nachdem er gebissen worden war."
Halt an, o Gift, damit ich deinen Namen entdecken kann gemäß deinem Wesen!
Wenn du tatsächlich ein Mensch bist, der ohne ⟨Beine⟩ umherzieht, der ohne Hals rennt, der tanzt, ohne Haare zu haben, der ohne Auftrag eilt, der kopulieren kommt ohne Penis, der beißen kommt, [Recto 6.1] ohne Zähne zu haben, indem seine Sandalen(riemen) lose sind, gemäß dem Lösen am Abend, indem {d}⟨s⟩eine Knie gebrochen sind,10 dann holt man dich fort vom Ort deiner Begierde zu deiner Peinigung am Ort des Krokodils.
Du sollst gespalten sein durch die, die sich mit dir vermengen, durch jedermanns Hand.
Wie der Feind des Re, so bist auch du.11
Halt an, o Gift, damit ich deinen Namen finden kann gemäß deinem Wesen!
Solltest du tatsächlich ein Krokodil sein, das, wenn sein Gesicht unter die Augen eines Menschen kommt, zum feindlichen Anblick wird, das mit seinem Nacken schwimmt, dessen Krallen hinabsteigen, die die Wellen vor ihm [Recto 6.5] zu Feuer werden lassen, dann werden dich die Neunheit, alle Götter und Göttinnen, verfluchen und sie werden deine Kraft rauben.
Daraufhin sprach Isis schnell:12
Schau, schau, ⟨mein⟩ Sohn Horus! Ich bin deine Mutter Isis, die ihren Spruch weiß.
Ich will veranlassen, dass der, der im Sterben liegt, lebt, der zu dir gekommen ist im Kommen eines Achi-Vogels, im Herumschwirren einer Weihe, der dir die sieben Falken gebracht hat, die Ptah im Anbeginn der beiden Länder erschuf, die einen Mann nach seinem Sterben beleben können, mit den klugen Worten, die als ihr Spruch hervorgehen, die sie sagen:
Du wirst verflucht werden, du wirst getötet werden, denn ⟨ich⟩ spucke ⟨auf dich⟩, ich nehme ⟨deine⟩ Hitze fort, deine Flamme wird gelöscht, du wirst nicht nach oben steigen, denn du fällst nach [Recto 7.1] unten, du wirst nicht frei einhergehen, du wirst nicht [...]!
Sei schwach, denn du bist nicht stark, sei blind, denn du kannst nicht sehen!
Du wirst nicht herumirren, du wirst [dein Gesicht] nicht anheben, [...]
O Gift, wegen der Rede des Thot [...]
[Recto 7.5] [...] Herr seiner Gliedmaßen.
Halt an, [o Gift ...]
[Komm] heraus aus seiner Rechten, aus [seiner Linken, komm als Erbrochenes, komm als Schweiß, komm im Gesicht irgendeines Vogels,] in den [du eingetreten bist].
Man zögert wegen dir, die A[bendbarke] loszuschicken [und die Morgenbarke absegeln zu lassen für die Götter und Göttinnen], deren Herzen zaudern.
Komm [heraus, o Gift!]
Die Schutzamulette des Horus sind Schutzamulette!
Es ist [zu Ende] gekommen [...].
[Beauftragt (?) vom Medjai-Vorsteher (?)] [Recto 7.10] der (königlichen) Grab(verwaltung), Monthmose.
Angefertigt von [... ... ...].

1 Die Ergänzung ḥqꜣ n.j ḫꜣbꜣs nach pVatikan 19a, Kol. 3.7-8. Möglicherweise ist jedoch für ḥqꜣ n.j am Ende von Kol. 2,2 gar kein Platz und muss anders ergänzt bzw. gelesen werden.
2 Auffallend ist die Verwendung zweier verschiedener Wörter für den Körperteil, der geschützt wird, und für den Körperteil, für den die schützende Gottheit zuständig ist. Es stellt sich die Frage, ob zwei Sätze zu den Hoden bzw. zum Penis zusammengefallen sind.
3 Der Text ist stark zerstört, die Ergänzungen wurden von Massart aufgrund der Struktur der folgenden Strophen durchgeführt (vor allem Kol. 3, 1-3).
4 Die Erwähnung des Sobek (oder eines anderen Krokodilgottes) ist aufgrund des erhaltenen Determinativs sicher. Mit dem noch deutlich lesbaren n ẖr nach dem "Morgengott" kann ich nichts anfangen.
5 Ebensowenig wie Massart weiß ich, auf welche Episode sich die 7 Wunden an der Stirn der 7 Hathoren beziehen könnten. Ob eine Assoziation mit pSmith 9 (4,19) vorliegt? Dort wird die Stirnwunde (wbn,w ḥꜣ,t-ḥr) mittels eines Straußeneis behandelt und ein Spruch gesprochen, der den Patienten mit Horus gleichsetzt. Jedoch lässt der Nebensatz eher an ein sexuelles Abenteuer des Horus denken, als dessen Gattin Hathor agieren kann. Wie die Damen dabei jedoch zu Kopfverletzungen kommen, ist mir schleierhaft. Eine alternative Übersetzung wäre evtl.: "Denn Horus war gut (im Sinne von unversehrt) wegen ihnen" (Anspielung auf den Biss, den die Horusfrau ihm zuerst zugefügt hatte und dann wieder geheilt hat? Aber was sollen die Wunden?).
6 Den Anfang von 4,1 kann ich nicht übersetzen, da die Vokabeln unbekannt sind und ich mir auch auf die grammatische Struktur bislang keinen Reim machen kann.
7 Der letzte Vers ist mehr oder minder erraten. Keiner der Übersetzer hat eine Lösung, da dem Satz das vollwertige Prädikat fehlt. Massarts wörtl. Übersetzung auf S. 178, Anm. 1 ist auch nicht besser: "black complexions being (or 'were') in them, all complexions being".
8 Die Lücke ist groß genug für ein Verbum aus dem Bedeutungsfeld "folgen", etwa sšm. Leider ist das Foto so schlecht, dass ich die Zeichenrekonstruktionen Massarts bis auf das s am Anfang des fraglichen Wortes nicht nachvollziehen kann.
9 Der Anfang der Rede der Isis ist unklar. Laut Massart, S. 178, Anm. 8 passen die Spuren nicht zu jmj.
10 Der als lächerlich beschriebene "Mensch" hat einige schlangenartige Eigenschaften:
- Fortbewegung ohne (Beine), ohne Hals;
- Glatzköpfigkeit;
- Kopulation ohne Penis (Schlangen haben eine sog. Kloake).
11 Nur durch zahlreiche Korrekturen kann dieser Satz überhaupt übersetzt werden. Ich schließe mich den Korrekturen Massarts an (vgl. S. 179, Anm. 10: "It is with great hesitation that I propose this translation which supposes: (a) that pḫpḫ is (by dittography) for pḫꜣ and that it is a passive sḏm=f with future meaning (quite possible in Middle Egyptian); (b) that mt-dt must be for m-dt 'width'; (c) that jmt=k which does not exist is for jm=k. The text thus corrected may mean: 'any man will be able to split your back'."
12 Wörtlich wohl: mit dem Anfang des Eilens ihres Mundes. Vgl. Massart, S. 179 Anm. 14.

Verso 1: Tagebucheintrag über ausgeschiedene Kupfermeißel

(Übersetzung: Peter Dils) [Verso 1.1] Jahr 6, dritter Monat des Sommers, Tag 23.
Die Übergabe der ausrangierten Kupferwerkzeuge an ḫꜣ-Meißeln des Pharaohs LHG durch die ⟨3⟩ Vorarbeiter/Vorsteher, die 2 Stellvertreter und die 2 ꜣṯw-Inspektoren, als sie ⟨zur/in die⟩ „Festung“ der Grab(verwaltung) gingen. (oder: Die Übergabe der ausrangierten Kupferwerkzeuge an ḫꜣ-Meißeln des Pharaohs LHG durch die ⟨3⟩ Vorarbeiter/Vorsteher, die 2 Stellvertreter und die 2 ꜣṯw-Inspektoren.
Gehen ⟨zur/in die⟩ „Festung“ der Grab(verwaltung) durch den Torwächter Chaemwaset, den Medjai-Polizisten Amenmose und den Medjai-Polizisten Nachtsobek.)
⟨Kommen⟩ durch den Torwächter Chaemwaset, den Medjai-Polizisten Amenmose und den Medjai-Polizisten Nachtsobek [Verso 1.5] zu (?) dem Schreiber des Schatzhauses des Tempels des Königs von Ober- und Unterägypten Usermaatre-Meriamun LHG (= Medinet Habu), Hadnacht (oder: indem der Schreiber des Schatzhauses des Tempels des Königs von Ober- und Unterägypten Usermaatre-Meriamun LHG (= Medinet Habu), Hadnacht, ⟨...⟩).
Und sie fanden 607 Deben (d.h. ca. 55 kg) Kupfer und einen halben (??) Deben vor.

Verso 2: Tagebucheintrag über einen herbeigebrachten Spruch gegen Gift

(Übersetzung: Peter Dils) [Verso 2.1] Jahr 3, dritter Monat der Überschwemmungszeit, Tag 28.
An diesem Tag: ⟨Kommen⟩ seitens des Schreibers Pahemnetjer beim Geben den Spruch zum Wegnehmen des Giftes an Paneferemdjedet, den Schreiber der (königlichen) Grab(verwaltung) [Verso 2.1] im Haus des Ab(?)imentet.

Verso 3: Tagebucheinträge

(Übersetzung: Peter Dils) [Verso 3.1] Jahr 6, dritter Monat des Sommers, Tag 16.
Das Geben von Aanachte zum Steinebrechen in der Stätte-der-Wahrheit ⟨wegen (?)⟩ der Schläge (auf) den Kopf von Djay-djay, (von) Pa-idehu (?) und (von) Month-pa-hapi.
Wasser spenden für die Könige von Ober- und Unterägypten an diesem Tag.

Verso 4: Tagebucheinträge

(Übersetzung: Peter Dils) [Verso 4.1] Jahr 6, dritter Monat des Sommers, Tag 25.
Sie arbeiteten in dieser Stätte (oder: an diesem Ort).
Kommen seitens des Schreibers Nachtsobek, um (?) mir ein (offizielles) Schriftstück zu bringen (oder: indem/nachdem mir ein (offizielles) Schriftstück gebracht worden war).
Ich gab ihm 7 verschiedene [Brote], 1 (Stück) getrocknetes dgꜣ.yt-(Muskel?)-Fleisch, 1 (Portion) getrocknete Kutteln/Innereien (?), [und ... ... ...] ihn (?).

Verso 5: Spruch gegen einen Skorpionstich

(Übersetzung: Peter Dils) [Vso. 5.1] Ein anderer Spruch für das Festnehmen eines Skorpions, um sein Maul zu packen und um zu verhindern, dass er beißt/sticht.1
Bleibe stehen, oh Skorpion!
... um dein Maul zu verschließen, um nicht ⟨zu zulassen⟩, dass du beißt. (oder: ... um dein Maul zu verschließen, so dass du nicht beißen kannst.)
Falls du nicht stehen bleibst, ⟨um⟩ auf meine Worte zu hören, ⟨...⟩ (oder: Falls du nicht stehen bleibst und (nicht) auf meine Worte hörst, ⟨...⟩)
Du wurdest umschlossen, dein Maul ist umschlossen.
Wohin willst du?
Bleib stehen und höre meine Worte!
Wenn ⟨du⟩ nicht stehen bleibst, um [meine Worte] zu hören, dann werde ich Feuer ⟨gegen⟩ Busiris werfen, (und) dann werde ich Osiris in Brand setzen; dann werde ich Feuer werfen, (und) dann werde ich das Land in Brand setzen; dann werde ich keine Opferspenden vor der Großen und der Kleinen Neunheit hinstellen; [dann] werde [ich] nicht [zulassen], dass der Gott losgebunden wird [... ...]; [dann werde ich ...] [Vso. 5.5] die Beine des Phoenix, der [im] Land ist [... ... ...], dann werde [ich] Isis [...] mit/als ...?..., dann we[rde ich] Nephthys [...] [mit/als] ...?..., dann werde ich nicht [... ... ...] Nest (?), dann {wirst du} ⟨werde ich⟩ wegreißen die große sktj-Barke (Abendbarke?) aus Gold, die vor seinem [...] Re (?), seinen [...] im Himmel.

1 Die Überschrift und die erste Aufforderung finden sich ebenfalls auf pChester Beatty V, Vso 3.1-2. Eine weitestgehende Parallele des ganzen Spruchs steht auf oDeM 1213, wie es schon Posener, Catalogue des ostraca hiératiques littéraires II/3, Le Caire 1972, 47 erkannt hat.

Verso 6: Tagebucheintrag über einen herbeigebrachten Spruch gegen Gift

(Übersetzung: Peter Dils) [Vso. 6.1] [Jahr 6 (?), dritter (?)] Monat [des Sommers (?), Tag ...].
[Kommen seitens ... ... ... beim Geben] den [Spruch zum Herausziehen des Gi]ftes an [... ... ...]
den Schreiber Ipy, der ...?... genannt [wird].