Papyrus Budapest 51.1960

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Europa » Ungarn » Budapest » Szépmüvészeti Múzeum (Museum of Fine Arts)

Inventarnummer: 51.1960.1–5

Erwerbsgeschichte

Kákosy äußert sich nicht zur Erwerbungsgeschichte (Kákosy 1990, 140). Der Papyrus befand sich seit einem unbekannten Zeitpunkt im Hungarian National Museum, das seit dem frühen 19. Jh. ägyptische Objekte enthält. Im Jahr 1934 wurden die ägyptischen Stücke, darunter dieser Papyrus, zum Museum of Fine Arts transferiert, aber erst 1951 inventarisiert (E-Mail von Katalin Kóthay an P. Dils vom 02.02.2021). Ein zweiter magischer Papyrus, der sehr ähnlich ist (Papyrus Budapest 51.1961), wurde vielleicht am Ende des 19. Jhs. in Kairo angekauft und vor 1933 durch Gardiner im Hungarian National Museum abgeschrieben, kann aber mit Fragmenten in Turin vervollständigt werden, die sicherlich aus der Sammlung Drovetti der 1820er Jahre stammen. Die Tatsache, dass die Inventarnummern 51.1960 und 51.1961 benachbart sind, ist kein Beweis dafür, dass beide Papyri gemeinsam erworben worden sein müssen, denn ihre thematische Ähnlichkeit kann zur aufeinander folgenden Inventarisierung geführt haben.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer

Die Provenienz des Papyrus ist laut Kákosy unbekannt, er stellt auch keine Vermutungen an. Inhaltlich steht der Text teilweise dem magischen Papyrus Harris sehr nahe (Kákosy 1990, 140), der wahrscheinlich aus Theben (vielleicht sogar aus Deir el-Medineh) stammt (Bommas 1998, 2), sodass auch der Papyrus Budapest 51.1960 eventuell in dieser Region verortet werden könnte. Ein zweiter magischer Papyrus in Budapest mit der Inventarnummer 51.1961 gehört mit Fragmenten im Museum von Turin (Papyrus CGT 54058) zusammen. Laut Roccati stammen die Turiner Fragmente „sans aucun doute“ aus der Sammlung Drovetti, die ca. 1820 zusammengetragen worden ist, und sind sie im Umfeld von Deir el-Medineh zu verorten (Roccati 1979, 555). Ob die zwei kurzen Texte auf der Rückseite von Papyrus 51.1960 für die mutmaßliche Herkunftsbestimmung nach Theben-West relevant sein könnten, ist mangels Publikation nicht zu entscheiden.

Datierung
von: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 19. Dynastie bis: (Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie

Aus paläographischen und grammatischen Gründen gehört der Papyrus in die Ramessidenzeit, sicherlich in die 2. Hälfte der 19. oder in die 20. Dynastie. Wegen des „mehr oder weniger uniformierten Charakters der ramessidischen hieratischen religiösen Texte“ ist eine genauere Eingrenzung schwierig. Kákosy neigt zu einer Datierung „um 1250–1000“, was die überwiegende 19. Dynastie bis einschließlich den Anfang der 21. Dynastie umfasst. Aufgrund weniger Parallelen einiger Zeichen mit anderen ramessidischen Handschriften ist er wohl eher „in die zweite Hälfte oder in das Ende dieser Periode“ zu datieren (Kákosy 1990, 141–142), d.h. eher in die 20. Dynastie. Die von Kákosy angeführten Beispiele stammen aus der Zeit von Ramses’ II. (Papyri Chester Beatty V und VI) bis zur frühen 21. Dynastie (Papyri Wenamun und Nedjemet). Einige grammatische Merkmale begegnen eher in der 2. Hälfte der 19. oder der 20. Dynastie als in der frühen 19. Dynastie (das Fehlen der Präposition in jw=k (ḥr) ḏd n=f (in Kol. B.9 und C.5), in (j)n jw=k (ḥr) rḫ ḥtp (in Kol. C.6) und in jw=k (ḥr) ḥtp / jw=k ḥtp〈.tj〉 (in Kol. C.6)). Was die ursprüngliche Abfassungszeit angeht, können die beiden Kothar-Sprüche (Kol. B und C) nicht älter als die (fortgeschrittene?) 18. Dynastie sein, die periphrastische Konjugation jri̯ sḥri̯ (Kol. B.3) in einem dieser Sprüche dürfte nicht älter als die Zeit Ramses’ II. sein.

Textsorte
Sammelhandschrift
Inhalt

Das Recto des Papyrus’ enthält mindestens acht verschiedene magische Sprüche, die alle fragmentiert sind und deren Reihenfolge unsicher ist. Der Text ist ein Handbuch und kein angewandter Text, denn der Nutznießer ist der Anonymus „Herr NN., den Frau NN. geboren hat“ (also keine konkrete Person). Inhaltlich geht es um Schutz „vor jeglichem Übel“. Es ist eine Sammelhandschrift, denn nach „weiteren bzw. anderen Sprüchen“ zu einem unbekannten Thema folgt ein „Buch (zum) Schutz des Leibes“ (Kol. B.9). An einer Stelle wird ein Wasserzauber gegen Krokodile erwähnt (Kol. D.3). In den Sprüchen werden Götter (pantheistische, solare Götter sowie Min-Amun) in imperativischer Form aufgefordert, zu kommen (Kol. A.2), oder sie werden hymnisch angerufen mit „Sei gegrüßt“ (Kol. C.2, D.10) oder litaneiartig mit „Oh, du ...“ (Kol. D23 und D.8), damit sie den Nutznießer schützen.
Vom ersten Spruch aus Kolumne A ist nur noch das Kolophon mit den Handlungsanweisungen erhalten. Danach folgen zwei Anrufungen an einen pantheistischen Gott, der über je 777 Augen- und Ohrenpaare und vermutlich mehrere Köpfe auf einem Hals verfügt. Er wird eventuell auch im dritten Spruch angerufen, hat dort den Kopf einer Meerkatze und bringt das Licht. Der erste Spruch von Kolumne B ist in der dritten Person abgefasst, scheint sich gegen einen eine Krankheit verursachenden Dämonen zu richten, der unangemeldet eintritt, und endet mit einer Handlungsanweisung. Im nächsten Spruch liegt erneut eine hymnenähnliche Anrufung vor, diesmal an Min-Amun, der jemanden vor jeglichem Übel retten soll. Der Gott hat solare Züge und ist mit Heliopolis verbunden. Der Anrufer selbst nimmt dabei die Rolle des ugaritischen Handwerkergottes Kothar an, der eine Kapelle errichten soll. Als letzter Spruch erscheint ein unvollständiger Text, der mit „Amulettrolle/Buch (zum) ‚Schutz des Leibes‘“ überschrieben ist und den Ibis- und Paviangott von Hermopolis (d.h. Thoth) anruft.
In Kolumne C wird zunächst ein ungenannter solarer Gott angerufen, der „alles Schlechte entfernen“ möge, das eine Person befallen könnte. Danach folgt eine erneute Aufforderung an Kothar, eine Kapelle zu errichten. Der Text ähnelt einem Spruch im Magischen Papyrus Harris (Kol. Recto 9), in dem ein Riese von sieben Ellen in eine Kapelle von einer halben Elle hineinpasst. Am Ende steht erneut die Aufforderung, den Patienten vor jeglichem Menschen mit Bösem in seinem Leib zu retten. Außerdem gibt es eine Götterdrohung gegen die Kapelle, falls den Patienten ein Unheil befallen sollte. Die Kolumne endet mit einer Handlungsanweisung, den Spruch über einen „Löwen von [...]“ zu rezitieren.
In Kolumne D wird der Patient (?) zunächst mit einigen Göttern verglichen und vor jeglicher bösen Angelegenheit gerettet. Es ist von einem Wasserzauber die Rede, vielleicht ein Schutzspruch gegen Krokodile. Es folgt eine Litanei mit Auflistung der vielen Namen eines Gottes, anschließend eine Anrufung an eine Göttergruppe, den Patienten zu retten. In einem weiteren (?) Spruch wird, wie in Kol. B, Min-Amun angerufen.
Die Verso-Texte (einmal ein Text von 4 Zeilen, einmal ein Text von einer Zeile) sind unpubliziert, daher kann keine Aussage über deren Inhalt getroffen werden (Kákosy 1990, 141 nennt sie jedenfalls nicht als von magischer Natur).

Ursprünglicher Verwendungskontext

Weil der Text Handbuchcharakter hat, könnte man ihn ursprünglich in einer Tempelbibliothek oder als Nachschlagewerk eines Zauberers/Heilers vermuten. Da der ugaritische Gott Kothar im Text auftritt, hatten der Zauberer oder seine potentiellen Patienten sicherlich irgendwelches Wissen über die oder Kontakte zur semitischen Welt (sofern der Mythos von Kothar nicht schon Allgemeinwissen geworden war). Der Papyrus war anfänglich, soweit erhalten, nur auf einer Seite beschrieben, was den Wert der Handschrift unterstreicht. Anzunehmen ist, dass er später für andere, profane Zwecke genutzt wurde, aber die Notizen (?) auf der Rückseite sind noch nicht publiziert.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Es haben sich sechs Fragmente des ursprünglichen Papyrus erhalten (Höhe: ca. 20 cm; Breite: zwischen 5,2 und 20,1 cm; siehe zu den einzelnen Maßangaben Kákosy 1990, 140 [die, was die Breite angeht, jedoch für A, B1 und C nicht stimmen können]; Summe der Breite der Fragmente, ohne die Lücken zu berücksichtigen: 62,7 cm). Sie können zu 4 Kolumnen rekonstruiert werden; ihre relative Reihenfolge zueinander ist laut Kákosy durch äußere (Anzahl der Zeilen) und innere Merkmale (inhaltliche Zusammenhänge und Ähnlichkeiten mit einem Spruch des Großen Magischen Papyrus Harris) einigermaßen sicher zu bestimmen (die aktuelle Präsentation im Museum oder zumindest das Photo auf der Website des Museums hat die Fragmente falsch zusammengesetzt). Allerdings folgen die Texte von Kol. B und C nicht aufeinander, was gegen diese Reihenfolge der beiden Kolumnen spricht oder eine weitere, große Lücke vermuten lässt. Nimmt man die beiden Fragmente von Kol. B zusammen, könnte diese Kolumne ursprünglich ca. 28 cm breit gewesen sein. Geht man davon aus, dass die drei übrigen Kolumnen in etwa gleich breit gewesen sind, ergäbe das, einschließlich des Freiraums zwischen den Kolumnen, eine ursprüngliche Papyruslänge von mindestens 120 cm, wobei mindestens eine fehlende Kolumne am Anfang nicht berücksichtigt ist. Jede Kolumne ist mit 10 oder 11 Zeilen auf dem Recto beschriftet. Auf dem Verso befinden sich zwei kurze Texte, die von einer anderen Hand geschrieben sind.

Schrift
Hieratisch

Die Schrift wurde mit schwarzer und roter Tinte in „einer klaren ramessidischen Buchschrift“ aufgetragen. Zudem fanden (wenige) schwarze und (viele) rote Punkte zur Gliederung des Textes Verwendung (Kákosy 1990, 141). Die in ihrer Anzahl deutlich geringeren schwarzen Punkte stehen oft, aber nicht immer, an derselben Stelle wie die roten Gliederungspunkte. Mehrere hieratische Zeichen sind außerdem mit einem schwarzen diakritischen Punkt versehen.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch, Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Der Text ist im Wesentlichen auf Mittelägyptisch geschrieben, allerdings erscheinen einige neuägyptische Formen wie Artikel (pꜣ bꜣk, wꜥ kꜣr), Possessivpronomen (pꜣy=k kꜣr) (Kákosy 1990, 141) und die periphrastische Konjugation in jri̯ sḥri̯ (C.3). Orthographische Merkmale neuägyptischer Natur sind einige syllabische Orthographien, die Orthographie r-ḥnꜥ für die Präposition ḥnꜥ sowie die Auslassung der Präposition ḥr in der Konstruktion jw=f (ḥr) sḏm.

Bearbeitungsgeschichte

L. Kákosy beschrieb den Papyrus in einem Vorbericht von 1974 und diskutierte bereits einige Phänomene bezüglich der Schreibung nicht-ägyptischer Gottheiten. Im Jahr 1990 publizierte er dann vollständig das Recto mit Photos, hieroglyphischer Transliteration, Übersetzung und Kommentar des erhaltenen Textes. Das Verso ließ er hingegen aus und beschränkte sich stattdessen auf eine kurze Beschreibung desselben. Zudem sollte es „in einem späteren Artikel behandelt werden“, der allerdings nie erschien. Eine jüngere deutsche Übersetzung des publizierten Rectos liefert das Projekt DigitalHeka (2006–2008).

Editionen

- Kákosy 1990: L. Kákosy, Fragmente eines unpublizierten magischen Textes in Budapest, in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde 117, 1990, 140–157, Taf. 6–7.

Literatur zu den Metadaten

- Bommas 1998: M. Bommas, Die Heidelberger Fragmente des magischen Papyrus Harris. vorgelegt am 10. Mai 1997 von Jan Assmann, Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 4 (Heidelberg 1998).

- Kákosy 1974: L. Kákosy, semitische Götternamen in einem unpublizierten magischen Text /Vorbericht/, in: Göttinger Miszellen 11, 1974, 29–32.

- Roccati 1979: A. Roccati, Procédés employés dans l’assemblage des papyrus de Turin, in: W. F. Reineke (Hrsg.), First International Congress of Egyptology, Cairo, October 2–10, 1976, Acts. Schriften zur Geschichte und Kultur des Alten Orients 14 (Berlin 1979), 553–556.

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Katharina Stegbauer
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Papyrus Budapest 51.1960 Recto

Kolumne A

Spruch 1

[A.1] [...] werde auf ein neues Blatt geschrieben [...]
[...] werde geschluckt.

Spruch 2

Ein anderer Spruch:1
Komm [zu] mir [...], der gestern empfangen, heute geboren wurde! [...]2
[... auf] einem (?) Nacken.
O, der, der 〈nicht〉 gekannt wird, [dessen] Name [verborgen ist (?)] [...]
[A.5] [...] o, der 777 Augenpaare hat, o, der 777 [Ohrenpaare hat] [...]3
[...] die Stimme des großen Gackerers bei Nacht.4
[...] oberster [...].

1 Der Spruch enthält ähnliche Verse wie Spruch M des Magischen Papyrus Harris (Kol. 7.4-7), aber es ist nicht derselbe Spruch, denn es gibt hier auch Verse, die sich nicht im Magischen Papyrus Harris an dieser Stelle finden.
2 Vgl. im Magischen Papyrus Harris, Spruch M, Kol. 7.2 und 4: "Komme zu mir, komme zu mir!, Oh, du ..., der gestern empfangen und heute geboren wurde!"
3 Vgl. im Magischen Papyrus Harris, Spruch M, Kol. 7.5: "Oh (du), dessen Name ich kenne! Oh (du), mit 77 Augen und 77 Ohren" (pꜣ n.tj tw=j rḫ.k(wj) rn=f pꜣ n.tj 77 n.j jr.t m-dj=f 77 n.j msḏr m-dj=f).
4 Vgl. im Magischen Papyrus Harris, Spruch M, Kol. 7.8-9: "Komme zu mir und mache, dass meine Stimme gehört wird, wie die Stimme des Großen Gackerers gehört wird in der Nacht." (mj n=k ḏi̯=k sḏm.tw ḫrw=j mj sḏm.tw ḫrw ngg wr m grḥ).

Spruch 3

Ein anderer [Spruch]:
[...] der gestern empfangen, [heute] geboren [wurde]!
[... im] Inneren des Schreins, während sein Gesicht das einer Meer[katze] ist.
[A.10] [...] [GN] im Inneren seiner Pupille, der unter Millionen von [...] ist.
[Na]chdem er sich verhüllt hat, entsteht Dunkelheit [...]

Kolumne B

Spruch 1

[... ... ...] [B.1] das Herz des NN., den NN. gebar.
O, der 〈in〉 alle eindringt, ohne dass er angemeldet wurde, damit er [das Herz (?)] frisst, [der] seine [... ...], der verhüllt, was auf [...] ist!
NN., geboren von NN., [ergreift] die Myrrhe, die auf seinem Kopf ist, auf dem Kopf des NN., geboren von NN., der auf dem Kopf des NN., geboren von NN., ist.
Die große Doppelfeder, die auf seinem Scheitel ist, auf dem Scheitel des NN., geboren von NN.
Durch das Wasser des Himmels reinigt sich NN., geboren von NN.; mit seinem [...] kleidet er sich in der Kapelle im Inneren der beiden Horizonte.
Werde gesprochen über 2 Udjataugen, die die zwei Finger des Patienten trennen.

Spruch 2

Ein anderer Spruch:1
[Sei gegrüßt], Min-Amun, in deinem Namen: "Der [B.5] am Anfang entstand"!
Sei gegrüßt, der im Großen Haus entstand, an Ba-Kraft Großer im Benbenhaus!
[Sei ge]grüßt, [in] deinem [Namen]: "Jener Verborgene, Millionen von Abermillionen kennen dich nicht"!
El (?)2 im Urozean, [...] Jüngling, wenn du in der Sonnenscheibe erschienen bist, erleuchtest du die Erde mit deinem Scheitel!3
Komm zu mir, ((mögest du)), ausgestattet mit deiner Schönheit und ausgerüstet mit deinem Glanz (oder: deiner Zauberkraft), ((veranlassen)), [dass NN., geboren von NN., gerettet wird (?).]
Mögest du ihn retten vor allen bösen Dingen!
Ich bin Kothar4, der Diener5 deiner edlen Kapelle.
Sei bei mir (?), nachdem du [zu mir (?)] gekommen bist, [und mach (?)] mir ein Haus oder ein Feldlager!
Du 〈wirst〉 zu mir sagen: "Mache mir eine edle Kapelle [von ... Ellen]6!"7

1 ky rʾ ⸮n? ...: Der Anfang ist unsicher, weil bei noch ein horizontales Zeichen zu stehen scheint (ein Genitiv-n?), das von Kákosy nicht erwähnt wird. Falls es da stehen sollte, kann der anschließende Satz nicht mit [j:nḏ ḥr=k] ergänzt werden. Andererseits findet sich dieselbe Sequenz in Kol. D.10 ([j:nḏ ḥr]=k Mnw-Jmn m rn=k ḫpr [...]).
2 Jnr/Jwn~r.pl~jrʾ: Zu diesem Gottesnamen (?), in dem einige vielleicht den semitischen Gott El erkennen möchten, siehe Kákosy, in: ZÄS 117, 1990, 150-151, Anm. (m); vgl. Theis, in: GM 242, 2014, 107 mit Anm. 15; Theis, Magie und Raum, 268, Anm. 41. Vgl. dasselbe (?) Wort in Kol. C.1, wo es drei Mal mit den gleichen drei Zeichen geschrieben wird, die letzten drei sind drei pr-Zeichen.
3 ⸢s⸣ḥḏ=k tꜣ m wp.t=k: Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 übersetzt sḥḏ tꜣ m wp.t=f in Kol. C.2 mit "der die Erde in seinem Zenith erleuchtet".
4 ktzr: Siehe Kákosy, in: ZÄS 117, 1990, 151, Anm. (t) für diesen semitischen Gott.
5 pꜣ bꜣk: Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 übersetzt "der Erbauer".
6 wꜥ kꜣr šps[.j n.j mḥ] _: Vgl. Kol. C.5. Von der mutmaßlichen Zahl ist noch eine kleine Spur erhalten, aber es ist keinesfalls 100 (?), wie in Kol. C.5 und C.6.
7 Die gleiche Formulierung in Kol. C.4-5.

Spruch 3

Amulettrolle, "Schutz des Körpers", [B.10] als Jahresschutzamulett:
O Ibis aus Hermopolis, Pavian, [...], Erster von Heseret, welcher in Aschmunein ist, mögest du den NN., geboren von NN., (sein) lassen, indem er respektiert ist wie Horus.
Der Beliebte (?) [...]
Lass ihn zusammen sein mit dir wie [...]

Kolumne C

Spruch 1

[C.1] Gegrüßt [seist] du, dieser 〈in〉 deinem verborgenen Namen, (denn) dich kennen nicht Millionen von Abermillionen, ...?...1 im Nun!
[...] sich verjüngender Jüngling, der aus dem Nun aufgeht!
Sei gegrüßt, du, der die Erde mit seinem Scheitel2 hell werden lässt!
Komm zu mir, tritt ein, [ausgestattet mit] deiner [Schönheit]3, ausgerüstet mit deinem Glanz (oder: deiner Zauberkraft)!
Komm, mögest du alles Schlechte entfernen von NN., geboren von NN.
[Komm (?) ...] zu mir, (zu?) Kothar,4 dem Diener5 der edlen Kapelle!
Sei bei mir (?), nachdem du gekommen bist!6
[Errichte mir ein Haus oder] [C.5] Feldlager!7
Du wirst zu ihm sagen:
"Errichte mir eine edle Kapelle von 100 (?)8 Ellen!"
Ich sage zu dir:
"O Riese [von] 7 [ḫt-Längen (?)]9 und 40 (?) Ellen,10 wirst du denn in dem Schrein von 100 (?)8 Ellen ruhen können?"
Aber du ruhtest darin, ohne dass dein Name (?) bekannt wurde [...] bis heute.
Nun, blicke gegen die Feinde (?) mit bösem Tod (?)!
Die vornehme Kapelle [...], zweimal, ist bei ihm!11
Leih ihm heute dein Ohr (?)!12
Wehe, seine Majestät ist 〈vom〉 Himmel herabgestiegen, indem er in die Unterwelt einging.
[Seine] Gestalten [...] in/aus Hierakonpolis, während sein Einwirken (?) im Fürstenhaus gefunden wurde.
Er ist der, der im Schrein ist!
"Lob sei dir [...] [C.10] in Ipet-Sut (Karnak)" ist sein Name!
Komm zu NN., geboren von NN., und bewahre ihn vor jedem Menschen, der Böses in seinem Leib hat!
Sofern nämlich ein Verbrechen gegen NN., geboren von NN., geschieht, ist (es) ein großes Verbrechen an/in der vornehmen Kapelle!
Zu rezitieren über einem Löwen(bild) aus [...]

1 Vgl. dasselbe (?) Wort in Kol. B.6, wo es syllabisch jnr geschrieben wird und ein Wasserdeterminativ hat.
2 m wp.t=f: "mit seinem Scheitel". Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 versteht dies als "in seinem Zenith".
3 [ꜥpr.tj m nfrw]=k: Ergänzung nach Kol. B.7.
4 ⸮mj? --Lücke--: Kákosy, in: ZÄS 117, 1990, 147 und 152 Anm. (h) übersetzt hier "[Sende (?)] mir Koṯar" mit Verweis auf dem Magischen Papyrus Harris, Kol. 9.1, wo das Verb hꜣb im Satz mtr ⸮n(ꜣ)w? m-ḏr hꜣb=k n=j steht. Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 ergänzt "[Bringe (?)] mir", d.h. eher das Verb jni̯.
5 pꜣ bꜣk: Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 übersetzt "der Erbauer".
6 mtr n=j: Auch schon in Kol. B.8 (dort ebenfalls beschädigt). Kákosy, in: ZÄS 117, 1990, 145 und 147 übersetzt: "Es wird mir gemeldet, wenn du zu mir kommst". Vgl. mtr nꜣw m-ḏr hꜣb=k n=j im Magischen Papyrus Harris, Kol. 9.1 und Kol. 9.7, beide unklar. Er wird diskutiert von Winand und Gohy, in: LingAeg 19, 2011, 205, Beisp. 223, die sich für eine Lösung als sḏm=f Passiv gefolgt von einem Objekt nꜣ entscheiden: "J'ai été informé de cela". Andere Deutungen sind ein Substantivalsatz mit nꜣw als Subjekt: "this is an admonishment" (Borghouts, Ancient Egyptian Magical Texts, 90) und ein Verbalsatz: "I (?) testify to this" (Leitz, Magical and Medical Papyri, 45 mit Anm. 114). Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 hat "Es wurde mir gemeldet, als du kamst" und er verweist (S. 135) auf Vernus, À propos de certains substantifs formés sur mtr, in: Hathor. Estudos de egiptologia 2, 1990, 21: "C'est une indication/fait reconnu pour moi" (non vidi).
7 Ergänzt nach Kol. B.8-9, wo jedoch der Anfang mit dem Verb jri̯ ebenfalls fehlt. Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 übersetzt pr jhꜣy.t als "Tempelvorhalle (?)".
8 mḥ 100: Im Magischen Papyrus Harris (Kol. 9.2, zweimal; Kol. 9.8) steht eine Kapelle von einer halben Elle. Quack, Die Lehren des Ani, 208 betrachtet "100" als eine Fehllesung des Hieratischen durch Kákosy, aber die Zahl kann nicht 1/2 sein.
9 ḫt: Kákosy, in: ZÄS 117, 1990, 153, Anm. (n) erwägt diese Ergänzung.
10 pꜣ nḫt ... 7 mḥ: Ein Riese von 7 Ellen, der in eine Kapelle von 0,5 Ellen eintreten möchte, wird im Magischen Papyrus Harris genannt (Kol. 9.2). Der Strich hinter mḥ ist unklar. Kákosy hat die Zahl 40 gelesen. Könnte es eine Fehlschreibung für den Fragesatz 〈j〉n-jw=k rḫ sein (so Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 135), auch wenn der rote Verspunkt dann an der falschen Stelle stehen würde?
11 Der Satz ist schwierig. Siehe Kákosy, in: ZÄS 117, 1990, 153 Anm. (u): "Blicke doch bösartig auf die Feinde, o du erhabener Naos!" (d.h. ḫr ptr r ḫft{m}y.w m ḏw). Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 übersetzt: "'Nun siehe!', so sagt er, nämlich ... (?), 'die heilige Kapelle [ist geöffnet (?)]', sagt er." Das wäre in Transkription etwa: ḫr ptr {r-ḫft} 〈ḫr=f〉 ⸮m? mj_ / pꜣ kꜣr šps.j [wn] zp-2 ḫr=f. Kákosy, in: ZÄS 117, 1990, 153 Anm. (u) hat dies schon als Alternative angeboten: "Aber siehe, so spricht er, nämlich der Böse". Für die Ergänzung "geöffnet", vgl. den Magischen Papyrus Harris, Kol. 9.4: pꜣ krꜣ wn zp-2.
12 jm〈i̯〉 ⸮m〈ꜣ〉ꜥ?=k jm=f: Diese Lesung von Kákosy ist problematisch. Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 44 und 135 übersetzt "Gib dein Horn (?) da hinein", was jmi̯ ꜥb=k jm=f wäre. Er ist sich "Horn" nicht sicher, vermerkt aber, dass das hieratische Zeichen nicht für das Wort "Schläfe" passt (Reiherkopf H2).

Kolumne D1–D2

Spruch 1

[D.1] [...].
Sein [...] ist wie Month.
Mögest du tragen [... ... ...], der die Erde berührt wie [...] des (?) Atum (?)!
Worte (?) [... ... den NN., geboren von] NN., vor Widersachern und Widersacherinnen, vor [... ... ...] vor allen bösen Reden.
Ni[cht (?) ... ... ... vor] dem Wasserzauber der Krokodile.1
Nicht [... ... ... böses (?)] gegen ihn.
O, der am Himmel aufgeht, [... ... ...] der die Götter an ihrem (richtigen) Ort bewacht, [... ... ...] der [ei]ne, der zu vielen wurde!
"Geheimer [... ... [D.5] ...]" ist dein Name!
"Oberster der Erde" ist dein Name!
T[ag (?) ist dein Name (?), ... ... ...] ist dein Name.
Geb ist dein Name.
Month [ist dein Name, ... ist dein Name].
"Geheimer" ist dein Name, "mit geheimen [...]" [ist dein Name.]
[...] ist dein Name, Dunkelheit ist dein Name, Mond [ist dein Name], "[...] am bꜣẖ-Berg" ist dein Name, [... ... ... ist dein Name], "der zur rechten Zeit fährt/geht" ist [dein Name], [... ... ...], "der in der Duat ruht" ist dein Name, "Großer [..." ist dein Name, "...] Arbeit (?)" ist dein Name!
O, ihr [... ... ...], möget ihr NN., geboren von NN., erretten vor [... ... ...].
[... ... ...] Herz des (?) Herrschers der Herrscher (?) [... ... ...]
[D.10] [Sei gegrüßt], Min-Amun, in deinem Namen "der [am Anfang (?)] entst[and]" [... ... ...] auf dem Haupt (seines) Vaters Re, wobei er befestigt [... ... ...]

1 ḥsj-mw ⸮msḥ.w?: Kákosy, in: ZÄS 117, 1990, 147 übersetzt "(Zauber)gesang des Wassers und der Krokodile". S. Guth, Hirtenbilder: Untersuchungen zur kulturmimmanenten Sicht auf eine altägyptische Personengruppe, SAK Beihefte 21, Hamburg 2018, 154 versteht das Krokodil mit Pluralstrichen als Klassifikator.

Papyrus Budapest 51.1960 Verso

Unpubliziert