Papyrus Boulaq 6

Metadaten

Wissensbereiche
Alternative Namen
CG 58039A-G JE (?) 18047 Trismegistos TM 755014
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum

Inventarnummern:
CG 58039A-G
JE (?) 18047

Erwerbsgeschichte

Der Papyrus wurde in 6 Teile zerschnitten und auf Pappe aufgeklebt (Koenig 1981, 1), die irgendwann nach dem Umzug vom Museum von Boulaq ins Ägyptische Museum die Nummern CG 58039A bis 58039F bekamen. Eine siebente Papptafel CG 58039G enthält 30 Fragmente vom Anfang des Textes, darunter viele sehr kleine Schnipsel, die bislang nicht in eine Reihenfolge gebracht sind. Laut Koenig (1981, 2) ist auf den Papptafeln eine weitere Nummer 18047 geschrieben, deren Bedeutung nicht erläutert wird.

Herkunft
Niltal südlich von Assiut bis zum 1. Katarakt » Theben » westliches Ufer » Scheich Abd-el-Gurna » Asasif

Laut Mariette (1871, 10; vgl. 7) wurde der Papyrus im Assassif (vor Deir el-Bahari) unter dem Kopf einer Mumie gefunden, während ein weiterer Papyrus von 2,5 m Länge, aber gänzlich unbeschriftet, neben dem ersten lag. Mariette schreibt, dass die Mumie keinen Namen hatte. Anscheinend war die Mumie also nicht in einem beschrifteten Sarg oder einer beschrifteten Kartonnage bestattet. Aus der Beschreibung von Mariette geht nicht eindeutig hervor, ob der Fund bei regulären Grabungen getätigt wurde oder nicht.

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Dritte Zwischenzeit » 21. Dynastie

Der Text datiert paläographisch in die 21. Dynastie (Koenig 1981, 5). Einige im Text verwendeten Orthographien und grammatische Formen sprechen ebenfalls für diese Zeit.

Textsorte
Sammelhandschrift
Inhalt

Der Papyrus ist eine Sammelhandschrift mit mehreren Sprüchen zu unterschiedlichen Themen. An drei Stellen sind die Wörter „ein anderer Spruch“ (Fragm. 6.C.1 (?), Kol. 2.1, Kol. 3.8) vorhanden, d.h. es ist von mindestens vier Sprüchen auszugehen (der erste mit einem nicht erhaltenen Spruchtitel), wahrscheinlich jedoch eher von sechs, wobei die letzten zwei Sprüche (ab Kol. 5.1 und 8.1) nicht mit einer Spruchmarkierung, aber jeweils auf einer neuen Seite anfangen und auch durch abweichende Inhalte und Schreibertraditionen abgetrennt werden können. Der Anfang mit dem Buchtitel ist nicht erhalten. Dieser wird hier als Spruch 1 (oder eher x+1) bezeichnet, obwohl vermutlich mehr als ein Spruch (siehe Fragm. 6.C.1) vorliegt. Er betrifft Isis und Horus, aber der Inhalt lässt sich kaum genauer bestimmen.
Kolumne 2 fängt mit den Worten „ein anderer (Spruch)“ an, d.h. Spruch 2 (oder eher x+2: Kol. 2.1–3.8) handelt vom gleichen Thema wie Spruch 1. Horus ruft seine Mutter Isis zur Hilfe, die um ihren Ehemann trauert. Horus ist „beengt“ und kann nicht sprechen. Es ist von Feuer die Rede. Ein Stück weiter im Text, nach einem Absatzwechsel (Kol. 2.5), ist der Patient „in Bedrängnis“. Dies erinnert an Lähmungserscheinungen infolge eines Schlangenbisses oder Skorpionstiches. Aber zugleich wünscht er „vor den Mauern“ (d.h. dem Gefängnis?) gerettet zu werden und nicht vor Gericht zu stehen. Laut Quack verhält der Sprecher sich wie ein korrekter Verwalter, der sich einer Anschuldigung bezüglich seiner Amtsführung ausgesetzt sieht. Inhaltlich wird zunächst eine kosmische Katastrophe ausgemalt, während der Zauberer später eine Götterbedrohung ausspricht, falls Isis den Patienten nicht rettet.
Spruch 3 (Kol. 3.8–4.7) stammt aus einem Buch gegen Kopfschmerzen. Der Zauberer identifiziert sich mit der Stirnschlange des Re, die mit ihrem Zauber den Kopfschmerzdämon aus dem Kopf des Patienten vertreibt.
Spruch 4 (Kol. 5.1–7.8, ohne Spruchtitel) fängt auf einer neuen Seite an und hat zunächst eine durch rote Punkte markierte Gliederung. Das Thema ist Gift: Horus wurde von einer Schlange gebissen oder von einem Skorpion gestochen. Isis stößt einen Schrei der Verzweiflung aus, die eine kosmische Erschütterung verursacht, als sie den Gebissenen vorfindet und ihn zu retten versucht. Anschließend erkennt man an die Formulierung „andere Lesart“, dass der Spruch aus verschiedenen Handschriften mit unterschiedlichen Traditionen zusammengesetzt wurde, denn nach der varianten Handschrift ist Horus allein in die Wüste gezogen, als er gebissen wurde. Wie Isis ihn findet, ist unklar, aber sie identifiziert das Gift als die Göttin Bastet, das bzw. die den Leib eines Zwerges befallen hat. Der Zwerg ist der jugendliche Sonnengott, zugleich der Patient und „(Herr) NN, den (Frau) NN geboren hat“. Isis befiehlt dem Gift Bastet, das Herz bzw. die Glieder des Re zu verlassen. Für den Fall, dass das Gift nicht gehorchen sollte, droht Isis mit einer Götterbedrohung.
Spruch 5 (Kol. 8.1 bis Vso 1, ohne Spruchtitel) ist ein langer Spruch zum Erlangen von „Gunst“ und „Beliebtheit“. Dabei spielt Amun, der in Nubien war, eine positive Rolle. Ab Kol. 10.2 verändert sich der Ton und der Spruch besteht ab jetzt aus Droh- und Abwehrformeln gegen jemanden, der gegen den Begünstigten vorgehen möchte. Der Zauberer droht dabei mit kosmischen Katastrophen und er droht, geheime Sachen und Namen auszusprechen.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Der Text ist eine Spruchsammlung zu verschiedenen Themen, der von verschiedenen Schreibern zusammengetragen wurde. Das niedrige Format und die mäßige Qualität passen nicht zu einer Handschrift einer Tempelbibliothek. Man könnte mutmaßen, dass sie in einer privaten Bibliothek eines Magiers aufbewahrt, vervollständigt und weitertradiert wurde. Koenig (1981, 1) fragt sich mit dem nötigen Zweifel, ob der Fundort unter dem Kopf einer Mumie mit dem Spruch gegen Kopfschmerzen (Spruch 3) zusammenhängen könnte, was doch eher unwahrscheinlich ist. Spruch 4 (?) gegen Gift stammt aus einem Vorlagenhandbuch zugunsten von „(Herrn) NN, den (Frau) NN geboren hat“. Der lange letzte Spruch zum Thema Gunst und Beliebtheit erlaubt die Vermutung, dass der Text spätestens zu diesem Zeitpunkt im Umfeld eines Mitglieds der Elite genutzt wurde, der sich die Gunst des Königs sichern wollte und sich Sorgen machte, dass Rivalen Intrigen gegen ihn schmieden könnten.

Material
Organisch » Faser, Pflanzliche und Tierische » Papyrus
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Schriftrolle
Technische Daten

Die Papyrusrolle ist 11,1 cm hoch, was vermutlich als Viertelformat einer 47 bis 48 cm hohen vollformatigen Rolle (so Koenig 1981, 4) zu verstehen ist. Die totale Länge der Einzelblätter beträgt heute noch 199,5 cm. Die Rolle war schon einmal beschriftet gewesen und wurde wiederverwendet. Koenig (1981, 4) nennt Spuren von Wiederverwendung in den Kol. 4 und 8, aber das wäre für den ganzen Text anzusetzen, denn ansonsten hätte man es mit einem aus Einzelteilen zur Zeit der zweiten Beschriftung neu zusammengeklebten Papyrus zu tun. Die Einzelseiten sind zwischen 17,5 und 20,6 cm breit (Koenig 1981, 4; ob mit oder ohne Klebestreifen?). Die Breite der Textkolumnen entspricht der der Einzelseiten. Die Textzeilen gehen normalerweise nicht über die Klebung hinweg. Oberhalb des Textes ist ein leerer Streifen von 7 bis 17 mm, unterhalb von im Schnitt 20 mm. Die 30 Fragmente von Tafel G gehören von der Schreiberhand und vom Inhalt zu schließen zum Anfang des Textes (Koenig 1981, 13).

Schrift
Hieratisch

Mindestens drei verschiedene Schreiberhände. Der Text datiert paläographisch in die 21. Dynastie, wobei die Hände teilweise ziemlich kursiv und nicht einfach zu lesen sind. Einige Zeichenformen ähneln die Schreiberhand des Totenbuchs der Königin Nedjemet (frühe 21. Dynastie), andere die der Oracular Amuletic Decrees (21.–22. Dynastie). In den Kol. 1 (nur Fragmente erhalten) bis 3 (Z. 8) sind ganze Textpassagen in roter Tinte geschrieben, allerdings ein wenig inkonsistent. Soweit erkennbar sind in Kol. 1 die Sätze am Anfang und am Ende in roter Tinte. Die wenigen identifizierbaren Wörter lassen allerdings keinen inhaltlichen Unterschied zwischen den roten und schwarzen Sätzen erkennen. Kol. 2 mit einem neuen Spruch fängt ebenfalls gleich mit dem Rubrum für den Spruchtitel an, und auch die daran anschließende Beschreibung der bedrohlichen Situation ist noch rot. Die nächste Passage, die mit einem Hilferuf einsetzt, ist wieder schwarz. Später im Text ist erneut eine kosmische Bedrohung in roter Tinte gesetzt, aber auch der anschließende Hilferuf und die imperativischen Aufforderungen, zu helfen, sind weiterhin rot. Als Kontrast ist dann wieder die kurze Zusammenfassung, dass es Horus nicht gut geht, schwarz, während die letzten Sätze mit der bedrohlichen Situation erneut in roter Tinte enden. An einer Stelle hat der Schreiber einen Abschnittswechsel (ein Pausenzeichen) in roter Tinte eingefügt. Ob der nächste Spruch ab Kol. 3.8 vom gleichen Schreiber oder von einem anderen Schreiber geschrieben wurde, ist noch nicht ganz klar, jedenfalls wird ab jetzt fast gänzlich auf Rubren verzichtet. Kol. 4, 6, 8, 9–10 und die Rückseite haben nur schwarzer Tinte. Mit Kol. 5 fängt ein neuer Spruch gegen Gift an und auch die Schreiberhand ist eindeutig eine andere. Diese Kol. 5 ist die einzige Kolumne, in der rote Gliederungspunkte verwendet werden (in Z. 1–7), wobei der Schreiber jedoch in der vorletzten Zeile wieder damit aufgehört hat, bevor der Abschnitt zu Ende ist. Kol. 7 endet mit einer magischen Zeichnung (keine figürliche Darstellung, eher ein Schema auf einer Basislinie) in rot. In Kol. 11 ist ein Satz mit einer Drohformel in roter Tinte geschrieben, allerdings ist der Schreiber vor dem Satzende wieder zur schwarzen Tinte gewechselt.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Neuägyptisch

Mischung aus Neuägyptisch der 19. Dynastie und jüngeren Formen der 21. Dynastie, die manchmal schon in Richtung eines frühen Demotisch tendieren. Quack vermutet, dass der Text als Ganzes oder die verschiedenen Einzelsprüche ursprünglich in der 19. Dynastie verfasst worden ist bzw. sind und anschließend als „lebender“ Text mit jüngeren, zeitgenössischen Sprachformen und inhaltlichen Themen angereichert wurde.

Bearbeitungsgeschichte

Die Erstpublikation ist von A. Mariette, der den Inhalt als medizinisch-magische Formel für NN, Sohn von NN beschrieb. Er lieferte eine farbige Facsimile-Edition auf 3 Tafeln. Eine Publikation im Catalogue Général war vorgesehen, ist jedoch nicht erschienen (W. Golenischeff publizierte nur den ersten Band mit hieratischen Papyri bis CG 58036 im Jahr 1927). Eine hieroglyphische Umschrift durch J. Černý (erwähnt von Koenig 1981, VII) blieb unpubliziert und findet sich in dessen Notebook 145.51–8. Eine ebenfalls unpublizierte hieroglyphische Umschrift von Gardiner findet sich in dessen Notebook 30.13–43. Erst Yvan Koenig 1981 veröffentlichte den Papyrus in schwarzweiß Photographien, einer hieroglyphischen Umschrift, einer Übersetzung und einer Kommentierung. J.-F. Quack wird eine Neubearbeitung in einer geplanten Monographie zum Thema Gunst und Beliebtheit vorlegen.

Editionen

- Koenig 1981: Y. Koenig, Le papyrus Boulaq 6. Transcription, traduction et commentaire, Bibliothèque d’étude 87 (Le Caire 1981).

Literatur zu den Metadaten

- Mariette 1871: A. Mariette-Bey, Les papyrus égyptiens du musée de Boulaq publiés en fac-simile sous les auspices de S. A. Ismaïl-Pacha, Khédive d’Égypte. Tome premier: Papyrus Nos 1–9 (Paris 1871), 10 und Taf. 33–35.

- Černý Notebook 145.51–8: http://www.griffith.ox.ac.uk/gri/4hicerpa.html (18.02.2022).

- Gardiner Notebook 30.13–43: http://www.griffith.ox.ac.uk/gri/4higarpa.html (18.02.2022).

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Online-Ressourcen
Autoren
Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack
Autoren (Metadaten)
Prof. Dr. Joachim Friedrich Quack
Mitwirkende (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Spruch 1

[Fragm. 1.1] ...] (eine Frau) ..., nehmen [...
...] ... [...
...] ... [...
[Fragm. 2.1 = Mariette d.1] ...] ... [...
...] ... [...
... Werde gesprochen über einer] Abbildung [der Gottheit NN ...
...] die einzige [... [Fragm. 2.5 = Mariette d.5]
...] ... [...
[Fragm. 3.E.1] ...] ... [...
...] Schoß [der Isis/Mutter ...
...] sein [...
...] für sie / zu ihr [...
[Fragm. 5.F.1] ...] Osiris (?) ... geben/veranlassen [...
...] der [...
...] ... [...
...] gehen (?) [... [Fragm. 5.F.5]
...] Isis, die Große [...
...] tun (oder: Hilfsverb) [...
[Fragm. 6.C.1] ...]. Ein anderer Spruch (?): [...
[Fragm. 6.3 = Mariette c.1] ...] Land/Erde. ... [...
...] ... [...
...] ... [...
...] ... [Fragm. 6.5 = Mariette c.3] ... [...
...] Nun (?). Gib [...
...] sagen zu deinem Nubier (?) [...
... (ein Gott), und ich [werde ...
... fal]len ..., er ist beerdigt (?) [...
...] ... [...
[Fragm. 7.1 = Mariette b.1] ..] kommen [...
...] ... Isis [...
...]. Gib es [... [Fragm. 7.5 = Mariette b.5]
...] ... [...
[Fragm. 12.1 = Mariette a.1] ... (eine Frau)]. Die [...-Personen/Wesen] haben zu dir gesagt [...
...] schön. ... [...
[1.1 = Fragm 31.1] ...] ... Horus [...
...] Isis. Diejenige, die du [wirst ...
...] diejenige, die liegt/schläft (?) [...
...] Hunde sind hinter ihm (her?), 8 [...
[1.5 = Fragm 31.5] ...] ihre Hand (?). Er wird [...
...] du hast gegessen [...
...] ... [...
...] für mich / zu mir [...
...] ... [...

Spruch 2

[2.1] Ein anderer Spruch:
Komm zu mir, der du als Fackel im Süden bist!
Ihr Herz jammert, während sie am Ufer des Meeres steht, wobei sie jeden, jeden Tag jammert.
Um ihren Leichnam (?) jammert sie, der vor sie gelegt wurde.
Sie findet keine Fähre, um ihn überzusetzen.
Komm zu mir! Komm, daß du mich heute rettest!
Ich bin Horus, der Sohn der Isis.
Ich bin beengt, und ich kann nicht sprechen.
Ein Flammenstoß bricht hervor aus dem Feuer.
Nut hat ihre Kinder aufgefressen.
Komm zu mir, daß Du (mask.!) als Lotus des Amun handelst, [2.5] dessen Namen Hargen1 ist.
– Pause.
Ein Knoten hat die Lippen des Wildschweins verschlossen.
Ich bin Amun, der Bevollmächtigte der Wüste; ich bin Re, der ihn eingesetzt hat.
Man gebiert Amun-Re, den König der Götter, und das Gesicht ist wütend, während die Augen verdreht sind, wobei die Sterne auf die Erde fallen, während Thot (?) den Tag verbringt und der große Wagen nach Westen übersetzt.
Komm zu mir, Isis, oh gute Mutter!
Ich bin Horus, dieser Einzige.
Wende dein Antlitz dem zu, der seine Arme heute zu dir erheben wird!
Gib seinen Rücken in deinen Schoß!
Reiche deine Hand ...?...
Du sollst ihn heute in Richtung auf dich kommen lassen, [2.10] wobei er Flüssigkeit 〈von〉 〈deiner〉 Brust aufnimmt, weil er doch inmitten der Dürre ist.
[3.1] Komm zu mir, der du im Land der Götter wohnst, so dass du im Land der Lebenden göttlich bist, nachdem die Flamme herauskam 〈aus〉 dem ⸢...⸣, nachdem das Feuer herauskam, um sie zu lädieren.
Komm, rette mich seitens deines Rettens!
Gib meinen Atem seitens deines Atems!
Laß mich heute gerettet sein.
Ich bin in Bedrängnis.
Komm, errette den Angeklagten (?) vor den Mauern!
Laß ihn nicht in diesem Gericht stehen!
Komm, errette Thot, den Herrn Hermoupolis, vor Baba!
Wenn du 〈mich〉 heute nicht errettest, [3.5] wird man Horus aus dem Schoß der Isis wegreißen und über den Boden schleifen, während sie dasteht auf der Plattform des Schlachtfelds (?), während sie zum Himmel ruft.
Wahrlich Wehe, Wehe, dem Einzigen seiner Mutter.
Der Einzige seines Vaters gedeiht nicht.
Man entreißt ihn dem Schoß seiner Mutter, um ihn über den Boden zu schleifen.
Wahrlich! Komm! Errette mich heute!
Ich bin in Bedrängnis.

1 hrgn: Wohl ein nichtägyptisches Wort. Vgl. die Deutungen von K. Zibelius-Chen, „Nubisches“ Sprachmaterial in hieroglyphischen und hieratischen Texten: Personennamen, Appellativa, Phrasen vom Neuen Reich bis in die napatanische und meroitische Zeit, Meroitica. Schriften zur altsudanesischen Geschichte und Archäologie 25 (Wiesbaden 2011), 180. S. Bojowald, Zur Bedeutung des Ausdruckes hrgn im ägyptischen pBoulaq 6, Recto IX, 8, in: Beiträge zur Sudanforschung 11, 2012, 5–8, dessen Bevorzugung einer Ableitung von einem Wort für „hungern“ wenig nachvollziehbar ist, da zwar Belege für okkasionellen Hunger von Gottheiten verfügbar sind, es aber dennoch kaum plausibel ist, dass Amun ein darauf basierendes permanentes Epitheton erhält.

Spruch 3

Ein anderer Spruch;
Buch zum Beschwören des Kopfes, des Kopfschmerzes (und) alles Leiden und alles Übel, die kommen, um über NN, den NN geboren hat, herzufallen in der Nacht, bei Tag, zu jeder Stunde:
Komm [3.10] heraus!
Halt inne, oh Krankheit des Kopfes, die in den Kopf des NN, den NN geboren hat, hineinkommt!
Ich bin [4.1] die Zauberreiche, die Herrin {deiner} 〈der〉 Stirn auf dem Kopf {meines}〈ihres〉 Vaters Re, damit er den feurigen Hauch ihres Mundes gegen jeden Feind richtet.
Siehe, Feind des Re-Harachte, ich verfolge dich, um dich zu töten, wenn (?) ich dich finde, wie du derjenige (?) im Kopf des NN, den NN geboren hat, bist.
Komm heraus aus seinem Kopf, dem des NN, den NN geboren hat!
Du bist getötet durch die größere Macht meiner Magie im Vergleich zu deiner.
Doch ein jedes (?) Wort von dir 〈ist in meinem〉 (?) Mund, weil du die sieben Tabus der großen Götter gegessen hast, der Herren des Buch des Leidens in der Nacht, in jeder Stunde, [4.5] die bei NN, den NN geboren hat, ist.
Oh Feind, Feindin, Toter, Tote, und jedes Leid! Entfernt euch aus jedem Glied des NN, den NN geboren hat, oder aber Horus von Chemmis, der Falke in seinem Nest, es blenden ihn diejenigen, die gegen ihn ...?...
Entfernt euch vor dem, der in Isis ist, nachdem (ich) es meinem Sohn gegeben habe!

Spruch 4

[5.1] Eine Stimme des Schreis ist im Südhimmel wegen des Leidenswassers, die Stimme der Isis, als sie von draußen kam und Horus gebissen vorfand, und sie kämpfte (?) gegen {ihre}〈seine〉 Infektion an, und sie riß die Uferdämme auf, um das Wasser nicht auf die Berge steigen zu lassen, und die Sayal-Akazien bildeten Fruchtstände.
Was mir das Leidenswasser sagte, das verborgen war, das im Leib der Isis, der Magierin war:
„Du bist ein Gottessohn, der aus dem Urozean gekommen ist, [5.5] als der Himmel mit den Göttern schwanger war und Amun 〈mit〉 den Menschen 〈schwanger war〉.“
Die Stimme eines Rufes ist in Heliopolis, ein lauter Ruf, der aus Heliopolis gedrungen ist.
Variante: Horus ist in die Wüste hinausgezogen, fern vom Fruchtland, während der Himmel im Sturm und die Erde verdunkelt war, während kein Bote bei ihm war, daß er ihn nach seiner Mutter Isis ausschicken könnte, während kein Stab in seiner Hand war, daß er sich auf ihn stützen könnte, während kein Amulett an seiner Kehle war, daß es ihm als Schutz dienen könnte bei den Wanderungen und Stürzen in der Wüste.
(Isis): „Der du gehen [6.1] kannst, um Horus zu sehen, meinen Einzigen, wie er gebissen ist, während er fern vom Fruchtland ist!“
(Horus): „Hätt’ ich doch ein Fischerboot, in dem Isis wäre, meine gute Mutter, während ein Kundiger es kreuzen läßt, um Atemluft an meine Nase zu raffen, der es versteht, das Band zu ergreifen, damit das ...?... fern im Feuer ist!“
(Isis): „Das Gift ist in dein Herz aufgestiegen als Bastet, die Große.
Es hat den Leib des Zwerges, des Mannes betreten.“
Komm doch heraus für mich, [6.5] oh Gift, daß ich dich hinab schicke als Bastet aus dem Leib des Zwergs, des Mannes, aus den Gliedern des NN, den NN geboren hat!
Wenn du nicht aus seinem Herzen herauskommst als Bastet, aus den Gliedern des NN, den NN geboren hat, werde ich nicht zulassen, daß man allen Göttern und Göttinnen huldigt am Tag des ersten Festes der Sonnenscheibe, des Mannes [7.1] zusammen mit seiner Neunheit, wenn man ihn sieht.
Komm heraus, oh Gift, auf 〈meine Stimme〉!
Fall hinab, oh Gift, das im Herzen des Re ist, das 〈im〉 Herzen des Zwerges ist, des Mannes, in allen Gliedern des NN, den NN geboren hat.
In jeder Stunde aber, die du in den Gliedern des NN, den NN geboren hat, verbringst, werde ich nicht zulassen, daß man dem Leichnam (des Re?) Gerechtigkeit antut, ich werde den Leichnam und die große Seele des Apopis freilassen, ich werde das Udjat-Auge seinem Herrn entreißen.
Wenn du nicht [7.5] aus den Gliedern des NN, den NN geboren hat, herauskommst, werde ich deinen Namen der Witwe von Koptos nennen, die dasitzt, um {ihren} 〈den〉 Fluß zu überqueren, während ihre Haarflechte (?) vor ihr liegt und die Sonne täglich bei ihr untergeht, ohne daß es einen gibt, der sie übersetzt.
Ein Aufschrei dringt zum Himmel, ohne daß einer antwortet seitens der Namen der sieben Bese und der sieben Katzen.1

1 Rote Zeichnung (?) am Ende der Zeile.

Spruch 5

[8.1] Laß die 365 Amun-Götter jubeln, die 〈zu〉 deiner Rechten und Linken sind!
Betreffend das Eintreten unter deine Mutter, daß du am Abend (und) in der Nacht gemacht hast, wobei du auf deinen Beinen tänzeltest und mit deinem Schwanz wedeltest (?), so werde ich sieben Milchkrüge mit Milch melken und sie in deinen Mund schütten, während du ein Lager genommen hattest in einer Umwickelung, wobei du wie ein schwarzes zahnloses (?) Rind an seinen Gliedern warst, wobei du mit deiner Zunge saugtest, wobei du in deiner Erscheinungsform wie ein großer schwarzer Nubier (?) [8.5] warst.
Dein Vorangehen wurde an Händen und Knien gehemmt.
Man soll den Ausspruch (?) hören, den Amun gesagt hat (?)!
Laß es dazu kommen, daß ich deinen Namen ausrufe, oh Amun, um sanft zu stimmen (?) wegen des NN, den NN geboren hat.
So werde ihm Gunst gegeben, so werde Beliebtheit gegeben, und (dafür) werde ich nicht sagen, wie du abends, in der Nacht aus dem Nubierland herabgekommen bist, Estatraseqe.
{Gib dir} 〈Komm zu mir〉, [9.1] Amun, wobei (mein) Name der Name des Amun ist, wobei die Namen eingetragen sind im …, wobei mein Feuerbohrer in meiner Hand mit dem Namen des Amun beschriftet ist, wobei die Sandalen, die an meinen Füßen sind, mit dem Namen des Amun beschriftet sind, wobei die gute Armee des Amun in süßem Schlummer ist, wobei ihre Waffen niedergelegt sind, wobei Amun in süßem Schlummer ist, indem seine Waffen niedergelegt sind, wobei der NN, der seine Hand erheben könnte, friedlich ist, wobei sein Leib friedlich ist, wobei sein Kampfarm friedlich ist, [9.5] wobei seine Waffen niedergelegt sind, wobei sein Fürst friedlich ist, wobei die gesamte Umgebung friedlich ist gegenüber NN, den NN geboren hat.
Wahrlich, er kann in jeden Ort eintreten, den er heute wünscht, wobei sieben Falken aus Fayence auf seinen Schultern sitzen, wobei Amonrasonther auf seinem Kopf sitzt, wobei Isis über seinen Rücken ausgebreitet ist, wobei Nephthys über sein Hinterteil gebreitet ist, wobei Ataraseka auf all seinen Seiten ist, um ihn dort eintreten zu lassen, um seinen Leib dort eintreten zu lassen, um den starken Arm einzutreten zu lassen, um ihn in seinen Angelegenheiten [10.1] heute groß zu machen.
Derjenige aber, der seinen Arm heute gegen ihn erheben wird, für den werde ich die große Göttin sich erheben lassen, die im edlen Tal geboren wurde, deren Nacken steif im Wind ist, während ihre Augen zu erschreckend sind, um es zu sagen.
Ihr Name ist Feuer, Glut ist ihr Name.
Sie wird die Berge verbrennen; eine große Glut wird aus ihrem Mund herauskommen, um seinen Leib zu verbrennen.
Diejenigen aber, die sich gegen mich erheben werden, dazu werde ich sagen:
Haltet inne! Das Wort des Gottes soll gehört werden!
Denn wahrlich, was mich betrifft, [10.5] ich bin der Hirte, ich bin der Knabe Horus, ich bin das Kind der Isis, insgesamt!
Ich werde die sieben wörtlichen Meldungen sagen, die verborgen im Tal ruhen, nachdem Steine ihre Köpfe verborgen haben, wobei ich im Hinblick auf sie zu den sieben Edeldamen reden werde, die 〈in〉 einem Erdbeben herauskamen, die zur Rechten waren, während ihre Gesichter auf Abydos gerichtet waren, um die Glieder (?) des Osiris in einer Wicklung gegen Horus zu ergreifen, während ihre Herzen in ihren Leibern ergrimmt sind, weil kein Stier sie begattet.
Sie sind herausgekommen, indem ihre Herzen im Verborgenen grollen.
Sie haben einen Schrei über alle Maßen [11.1] gegen NN, den 〈NN〉 geboren hat, ausgestoßen, wobei sie ihn mit ihrem Mund verfluchen.
Haltet inne! Laßt das Wort des Gottes gehört werden!
Laßt geschehen, was sie getan haben, und ich werde nicht 〈...〉 in ein Ziegenfell, wobei es die Hautfarbe/das Fell eines Gottes hat, und ich werde den Boden aufspalten, um den Namen des Amun zu nennen.
Wahrlich, ich habe es gesagt, um ihre Gesichter mit Schweiß zu bedrängen, nachdem ich Furcht in ihre Herzen 〈gegeben〉 und ihre Leiber durchgeschüttelt (?) habe, um es ihnen in den Mund zu legen.
Wahrlich, wenn ich es sage, wird kein Stier begatten, keine 〈Kuh〉 wird schwanger werden und gebären, kein Schiff wird stromab und [11.5] stromauf fahren, kein Wind wird herabkommen, kein Vogel wird Eier in ein Nest legen.
Wahrlich, Ich habe einen Stichel aus Bronze ergriffen, dargebracht für seinen Ka durch Amun.
Ich bin nicht niedergelegt als Opfergabe an den Särgen irgendeines Gottes mit meinen Gliedern, bis man zu uns eilt, um zu hören, was ich sage, um es dazu kommen zu lassen, daß sie ihre Münder waschen, um den Schutz des Einen anzurufen, um den Namen des Amun auszusprechen, den Namen des Amun, des Urzeitlichen der beiden Länder und der Götter aussprechen:
Heil dir, der du aus dem Urozean gekommen bist, wirksamer Abkömmling in der Kapelle!
Heil dir, Kindsstatue aus Feingold, deren Haare aus echtem Lapislazuli sind, Bote der 365 Götter!
Ohe, der du den NN, 〈den NN〉 geboren hat, beraubt (?) hast!
Du bist nicht einfach [Vso 1.1] gegen mich!
Du sollst keine Macht über mich haben!
Wahrlich, wenn du kommst, 〈um〉 Macht über mich zu gewinnen, werde ich für dich diesen starken Gott sich erheben lassen, dessen Namen ich aussprechen werde „Teschrer, der aus dem Schaf entsprungen ist, Iaschrer (?), der aus dem Schaf entsprungen ist“.
Halte inne! Erhebe dich! Sei heute ein Kampfgegner des NN, den NN geboren hat!
Wahrlich, er wird nicht gegen mich sein, er wird gegen dich sein!

[Vso 2] Du bist Isis, die Große, die Gottesmutter.1

1 In einem isolierten Kontext auf der Rückseite.