Ostrakon Turin CGT 57104
Übersetzung und Kommentar
oTurin CGT 57104
Rumpf/BauchLunge
Leber
mnḏr-Unterleibsorgan (Magen? Gallenblase?)1
Eingeweide2
ms[jn.t]-Körperteil (?)3
1 mnd(r): Geschrieben sind mnd und ein Abkürzungsstrich, gefolgt von einer kleinen Lücke, in der vermutlich nur das Fleischdeterminativ gestanden hat. Es wird von Cortese als "guancia", d.h. "Wange" und von Westendorf, Handbuch Medizin, 60 als "Brust?" (mit Fragezeichen!) übersetzt. Da die identifizierbaren Körperteile sich im Brust- oder Bauchinnenraum befinden, wird weder das eine, noch das andere zutreffen. In pChester Beatty VIII, Vso 4.10 wird nach dem ḥꜣtj-Herz, der Lunge und der Milz (n⟨n⟩šm) das Körperteil mnd.t pn genannt, in dem Faulkner und Gardiner nicht mnd.t: "Wange" erkennen (ginge auch nicht mit dem Demonstrativpronomen pn) (Gardiner, Hieratic Papyri III. Chester Beatty Gift, 73, Anm. 6), sondern das alte mnḏr: "intestine (?) or the like" (sie äußern sich nicht zu mnḏ: "Brust"). W. Dawson glaubte zuerst, dass mnḏr ein anderes Wort für rʾ-jb: "Magen" war, aber später vermutete er, dass es die Gallenblase sein könnte (erwähnt bei Gardiner, AEO, I, 18). Gardiner verbindet mnḏr etymologisch mit dem Verb nḏr: "to catch hold of, secure". Lefebvre, Tableau des parties du corps humain, 34, § 38 folgt Dawson für die Gallenblase. Grapow, Anatomie, 79 hält diese Bedeutung für "nicht völlig gesichert". MedWb, 376 beschränkt sich auf "inneres Organ", auch wenn die Vermutung von Dawson erwähnt wird. Ähnlich verfährt Weeks, Anatomical Knowledge, 74. Hornung, Anbetung des Re, I, 211 und II, 142, Anm. 478 wählt "Magen (?)" wegen der Etymologie und der Position des Wortes zwischen den übrigen Organen (nach Herz, Leber, Milz, Lunge und vor Eingeweiden). Walker, Anatomical Terminology, 213–219 untersucht den Begriff und schließt aus Listen mit Körperteilen, darunter mnḏr, dass es in diesen Listen nur für den Magen, die Gallenblase, die Bauchspeicheldrüse und das Zwerchfell keine identifizierten Wörter gibt. Die mögliche Etymologie "Behälter" könnte zu allen vier Organen passen, der Zusammenhang mit dem Wegeöffner Upuaut in Gliedervergottungen (~ ein Organ mit Öffnungen) spricht gegen das Zwerchfell. Die Verwendung des mnḏr einer Ziege als Materia medica in Eb 766 und der Vergleich des mnḏr einer Maus mit "etwas" in einer ꜥꜣwt-Geschwulst (Eb 875) würden laut Walker eher für den Magen als für die Gallenblase oder die Bauchspeicheldrüse sprechen. Weil er rʾ-jb nicht als den "Magen" versteht und dieses Organ also keine ägyptische Entsprechung mehr hat, könnte für ihn mnḏr am ehesten der Magen sein. Hannig, HWB, 363 schreibt "e. inneres Organ (des Menschen und Säugetiere, *Gallenblase; *Magen)". Eine andere Bezeichnung für die Galle bzw. die Gallenblase ist wdd: die/deren Flüssigkeit wird als dḥr: "bitter" beschrieben (Dawson, in: ZÄS 62, 1927, 21–22; DrogWb 145–146).
2 mẖtw: siehe AEO II, 252*–253* (Nr. 602); Walker, Anatomical Terminology, 113–114: "intestines, intestinal tract" (kollektiver Begriff).
3 ms[jn.t]: Das mit ms anfangende Wort steht links unterhalb von der Kolumne mit den Körperteilen, vielleicht weil das untere Ende des Ostrakons erreicht war und als letztes Wort noch dazugehörte. An Körperteilen, die mit ms anfangen, sind msḏr: "Ohr", mskꜣ: "Haut", msd.t: "Schenkel", msꜣḏ.t: Nasenflügel" und msjn.t belegt. Falls das Wort ms[__] also die Liste der inneren Organe fortsetzt, kommt nur msjn.t in Betracht. Es ist bislang nur in pEbers 106.16 = Eb 865c belegt. Ebbell, in: AcOr 7, 1929, 10: verbindet msjn.t mit dem Verb msi̯: "gebären" und vermutet, dass msjn.t etwas mit der Geburt zu tun haben und dann möglicherweise "Nabel" bedeuten könnte. Es gibt jedoch keinen Grund für einen etymologische Zusammenhang mit msi̯. MedWb 391–392 vermerkt, dass msjn.t in Eb 865 tiefer als der Nabel (Ebbell) liegt und irgendein inneres Organ in der Blasengegend ist. Lefebvre, 57 kann keine Übersetzung, nicht einmal eine Hypothese vorlegen. Walker, Anatomical Terminology, 270: "spermatic cord?", d.h. "Samenstrang" (auf der Grundlage von Eb 865).