Ostrakon Petrie 7 = Ostrakon London UC 39610
Übersetzung und Kommentar
Recto
[1]1[Ein Spruch des göttlichsten Gottes, der aus sich selbst entstand, des Schöpfers von Himmel und Erde, [von Wasser und Atem] des Lebensfeuers, von Göttern und Menschen, Klein- und Großvieh (oder: von Wild- und Haustieren?), von Gewürm, Geflügel [und Fischen.] Die Herrschaft über Götter und Menschen war [5][eine Einheit für einen Zeitraum] von vielen Jahren. [Man kannte] nun2 [seinen Namen nicht]. Er konnte [viele] Formen annehmen.3 [---]
1 Oberhalb der Zeile ist genügend Freiraum erhalten, um feststellen zu können, dass die erste erhaltene Zeile auch die ursprünglich erste des Ostrakons war. Für die einleitende Überschrift der Parallele ist kein Platz.
Da die Zeilen sowohl links wie auch rechts abgebrochen sind, erfolgt die Angabe des Zeilenumbruchs nur ungefähr. Doch zumindest am Ende von Zeile 2 verläuft die Bruchkante des Ostrakons so nach schräg links weg, dass man wohl noch einen Rest des komplementierenden n erwarten dürfte, wenn der Anfang von mnmn.t noch dort gestanden hätte. Daher dürfte der Zeilenwechsel vor mnmn.t als relativ sicher gelten. Das deckt sich auch mit der Länge der Lücke am Beginn von Zeile 1.
Da am Ende von Zeile 3 das letzte Wort sogar noch etwas weiter links aufhört als dasjenige von Zeile 2, wird man vielleicht annehmen dürfen, dass die linke Bruchkante auf Höhe der ersten drei Zeilen die originale war und damit bei ihnen bis vielleicht auf eine kleine Abplatzung in Zeile 1 die Zeilenenden komplett sind.
2 „nun“: Im Original stehen die beiden Partikel jsk gr; vgl. zu ihrer Kombination die kurzen Bemerkungen bei E. Oréal, Les particules en égyptien ancien. De l’ancien égyptien à l’égyptien classique, Bibliothèque d’étude 152 (Le Caire 2011), 229-231 und 244-245. Ein Rückbezug auf Vorheriges, wie sie ihn im älteren Gebrauch der Partikel feststellt, ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Vielmehr dürfte hiermit der eigentliche Beginn der Historiola bzw. ihre Ausgangslage geschildert worden sein, nachdem die vorherigen Sätze nur das generelle Setting umschreiben. Damit wäre diese Variante konsequenter als die vollständigere Version des pTurin CGT 54051, die diesen und die folgenden Sätze auslässt und dadurch erst mit jstw Ꜣs.t einen stilistischen Einschnitt markiert.
Zur Ergänzung s. den Kommentar zum folgenden Satz.
3 Die Wortfolge jri̯=f ḫpr.w findet eine Parallele in der Version von oIFAO 1263, s. A. Roccati, Magica Taurinensia. Il grande papiro magico di Torino e i suoi duplicati, Analecta Orientalia 56 (Roma 2011), 136.224-225; darauf basiert auch die zusätzliche Ergänzung von ꜥšꜣ.wt. (Dieser Satz fehlt in der Version von pTurin CGT 54051.) Die betreffende Passage von oIFAO 1263 lautet vollständig: nn rḫ=tw rn=f jw=f jri̯=f ḫpr.w ꜥšꜣ.w: „Man kannte seinen Namen nicht. Er konnte viele Formen annehmen.“ Es ist etwas unsicher, ob diese Sätze so auch auf oLondon UC39610 gestanden haben, nur eben erweitert um jsk gr. Der Platz würde ungefähr ausreichen, aber ob die Partikel jsk gr an dieser syntaktischen Stelle stehen kann, bliebe zu verifizieren.
Es ist nicht eindeutig, ob sich das Pronomen „er“ auf den Gott oder dessen Namen bezieht.