Isisstatue des Ptahirdis
Übersetzung und Kommentar
Sockelinschrift, rechts herum (Objektperspektive)
[A.1] Ein Opfer, das der König gibt (für) Isis, die Große, die Gottesmutter, [A.2] damit sie ein Invokationsopfer gebe, bestehend aus Brot, Bier, Rindern, Geflügel und allen guten Sachen an jedem ihrer (d.h. der Isis) schönen Feste des Öffnens-des-Gesichtes.
Für den Ka des Ehrwüdigen/Versorgten bei der Gottesmutter, (d.h. für) den Osiris, den Bekannten des Königs, Ptahirdis, des Gerechtfertigten, den Sohn des [A.3] Upuautemsaf, den Meriptahites geboren hat.
Sockelinschrift, links herum (Objektperspektive)
[B.1] Der Ehrwürdige/Versorgte bei Osiris, dem Herrn von Rasetjau, [B.2] mit aufrichtigem Herzen auf dem Gottesweg, der die Nacht und den Tag verbringt (mit) der Erinnerung an Gott in seinem Herzen, der die Maat liebt und das Unrecht verabscheut, seit er weiß, dass Gott darüber zufrieden ist, der Osiris, der Bekannte des Königs, Ptahirdis, der Gerechtfertigte, den [B.3] Meriptahites geboren hat.
Vertikale Inschrift auf den Thronseiten
[C.1] Ich bin Isis, die Herrin von Chemmis, mit effektiven Reden/Worten in den geheimen Orten1.
Geb hat mir seine (magischen) Fähigkeiten/Zaubermacht gegeben, um den Schutz des Horus damit zu bereiten.
Ich werde verschließen das Maul eines jeden Gewürms und zurücktreiben2 jeden mächtigen Löwen (wörtl.: Löwe als Mächtiger?) [C.5] in der Wüste3 (auf dem Plateau) und agieren gegen die Krokodile auf dem Fluss und (gegen) alle beißenden rʾ-Schlangen in ihren Höhlen.
Ich werde abwehren das Gift (oder: dieses Gift hier) in seinem (Aktions)moment, wobei seine (des Giftes) Flamme durch das, was ich sage, abgewehrt ist.
Ich werde Atemluft geben dem, der eine beengte Kehle hat (d.h. in Atemnot ist), durch die (magischen) Fähigkeiten/Zaubermacht meiner Formeln/Äußerungen.
Gehorcht mir, (ihr) mt.w-Stränge (Venen, Muskeln, Sehnen, Nerven) des Körpers, [C.10] gemäß des Dekrets des Geb, des Erbfürsten und Grafen der Götter!
Kommt heraus, (ihr) schmerzenden Säfte (wörtl.: Wasser), die (ihr) in jedem Glied des Gebissenen/Gestochenen seit!
(Du) Gift, du wirst nicht in den Himmel aufsteigen!
Du wirst nach unten hinabsteigen!
(Oh) mt.w-Stränge (Venen, Muskeln, Sehnen, Nerven), spuckt aus, was in euch ist, gemäß dem, was Isis – [C.15] die Zaubermächtige, die dem Leben gibt, der im Horizont ist (oder: die denen Leben gibt, die im Horizont sind)4 – gesagt hat!
Vier Mal zu rezitieren.
1 s.wt štꜣ.wt: Perdu 2013, 105 übersetzt mit „les situations critiques“. Es können auch die Orte sein, an denen Isis die Leichenteile des Osiris einsammelt und wieder zusammenstellt.
2 ḫtḫt: Das Verb kann laut Wb 3, 354.4–5 in der griechisch-römischen Zeit auch transitiv verwendet werden: „die Feinde u.ä. zurücktreiben“. Die übrigen Textversionen, in denen das Verb erhalten ist (pTurin CGT 54051, pBrooklyn 47.218.138 und Socle Béhague), haben sḫtḫt.
3 mꜣj nb m sḫm ḥr mr.w: Auf pTurin CGT 54051, Rto 5.7 (A. Roccati, Magica Taurinensia. Il grande papiro magico di Torino e i suoi duplicati, Analecta Orientalia 56 (Roma 2011), 145, § 283–284) steht (jw=j r) sḫtḫt mꜣj nb sḫm / mꜣj ḥr mrw: „Ich werde vertreiben jeden mächtigen Löwen, den Löwen in der Wüste, das Krokodil im Fluss, ...“ (mit einem Verspunkt hinter sḫm). Die Übersetzung von J. F. Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049), Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 58 (Heidelberg 2018),, 94 als „Ich werde (...) alle Löwen zurücktreiben, über Löwen mächtig sein in der Wüste, über Krokodile auf dem Fluß, ...“ ist ohne Emendation zu (jw=j r) sḫm {} 〈m〉 mꜣj ḥr mrw (mit Tilgung oder Verschiebung des Verspunktes und sicherlich auch mit Einfügung der Präposition m) nicht möglich. Perdu 2013, 107, Anm. (g) verweist auf eine Stelle auf der Metternichstele (Z. 61) rḏi̯(.t) n=s Gbb ꜣḫw=f r ḫsf mtw.t m sḫm=s: (Isis ist die), „der Geb seine Verklärungssprüche gegeben hat, um das Gift mit ihrer Macht (oder: in/mit seiner Macht) abzuwehren“, für die es eine Parallele mit m sḫm ohne Suffixpronomen gibt (pBM EA 9961, Z. 45–46: M. Vandenbeusch, Evidence of an ancient archive? The papyrus British Museum EA 9961, in: Journal of Egyptian Archaeology 104, 2018, 177–194, hier: 189). Hier kann sich die Macht auf Isis beziehen, aber auch auf das Gift (siehe Kommentar Dils zu Z. 61 der Metternichstele, mit weiteren Indizien, die auf das Gift bezogen sind). Perdu bezieht die Macht auf Isis und übersetzt unsere Textstelle „J’ai (...) à repousser tous les lions de force dans le désert“, d.h. „ich (= Isis) werde jeden Löwen auf kraftvoller Weise in die Wüste zurücktreiben.“ Das würde jedoch bedeuten, dass ḫtḫt/sḫtḫt mit ḥr mrw eine Richtung angibt, obwohl danach in ähnlicher Weise mzḥ.w ḥr jtr.w steht. Es ist daher viel wahrscheinlicher, dass ḥr mr.w zu mꜣj.w gehört („jeder Löwe, der in der Wüste ist“) und dass entsprechend auch m sḫm zu mꜣj.w gehört. Dann ist „jeder Löwe in (seiner) Macht in der Wüste“ oder „jeder Löwe als Mächtiger in der Wüste“ zu übersetzen. Alternativ könnte man auch m vor sḫm tilgen (vgl. die Version auf pTurin CGT 54051) und „jeden mächtigen Löwe in der Wüste“ lesen.
4 jm.j〈.pl〉 Ꜣḫ.t: Ist wahrscheinlich ein Singular in pTurin CGT 54051, Rto 5.10 (A. Roccati, Magica Taurinensia. Il grande papiro magico di Torino e i suoi duplicati, Analecta Orientalia 56 (Roma 2011), 147, § 291). Auf der Version des Socle Béhague (Z. g.10: Klasens, 37), auf dem Flügelskarabäus BM EA 35403 (Z. I.4: C. A. R. Andrews, An Unusual Source for Magical Texts, in: A. Leahy – J. Tait (Hrsg.), Studies on Ancient Egypt in Honour of H. S. Smith, Occasional Publications 13 (London 1999), 11–15, hier: 11) und auf der Horusstele BM EA 36250 stehen Pluralstriche.