Isisstatue des Ptahirdis

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Europa » Großbritannien » (Städte K-N) » London

Privatsammlung Daniel Katz (im Jahr 2013)

Erwerbsgeschichte

In den 1840er Jahren von einem französischen Diplomaten in Alexandria angekauft, später in der Umgebung von Paris bei dessen Nachfahren aufbewahrt. Im Jahr 2012 bei Christie’s in London für 3,25 Millionen Britische Pfund an den Sammler und Antikenhändler Daniel Katz verkauft (Perdu 2013, 93 und Antiques Trade Gazette 2012).

Herkunft
(unbekannt)

Mehrere Denkmäler des Ptahirdis lassen sich in der memphitischen Region verorten, teilweise in seinem halb in den Felsen gehauenem Grab beim Sphinx von Giza (Perdu 2013, 93–94, 117–122). Die Opferformel und die Angabe „der Gerechtfertigte“ situieren das Stück in die Jenseitsvorsorge des verstorbenen Ptahirdis. Die Nennung von „Osiris, Herr von Rasetau“, d.h. des Kultortes bei Abusir/Giza, unterstützt die Verortung in die memphitische Region. Perdu vergleicht die Isisstatue mit einer Osirisstatue desselben Ptahirdis (gleiches Material, Größe, Stil und Orthographie der Texte), von der er annimmt, dass sie aus der Kultkammer des Grabes des Ptahirdis kommt, um auch die Isisstatue im Grab in Giza zu lokalisieren.

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Spätzeit » 26. Dynastie » Apries Haaibre

Perdu (2013, 114–117) liefert eine ausführlich begründete Datierung. Das Material (Grauwacke), die Bearbeitungsart und der gesamte Stil datieren die Statue in die 25.–26. Dynastie. Einige Details in der Ausarbeitung der Statue (Geierhaube und Bauchnabel) gehören in die erste Hälfte der 26. Dynastie. Die Orthographie der Texte und die biographischen Phrasen passen ins 7. und 6. Jh. v. Chr. Jansen-Winkeln situiert den Eigentümer Ptahirdis allgemein in die 26. Dynastie (Jansen-Winkeln 2014, 901–902), Perdu kann mithilfe der übrigen Materialien zu Ptahirdis (alles stilistische Argumente) den Mann in die Mitte der 26. Dynastie, seiner Meinung nach sogar genauer in die Zeit des Pharaos Apries (589–570 v. Chr.), einordnen.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Auf dem Sockel der Statue sind umlaufend zwei Inschriften angebracht mit einer Opferformel zugunsten des Verstorbenen Ptahirdis, sowie mit einer sehr kurzen Phrasenbiographie desselben. Auf dem Thron der Isis findet sich eine magische Formel in 15 Kolumnen (jeweils 5 Kolumnen pro Seite), die ebenfalls auf drei Textträgern der Ramessidenzeit (2 Papyri und einem Ostrakon) sowie auf drei Textträgern der Spätzeit und griechisch-römischen Zeit (ein Papyrus und zwei Heilstatuen) überliefert ist. Die Göttin Isis spricht in der ersten Person. Sie ist Isis, die Magierin, die von Geb Zaubersprüche bekommen hat, um ihren Sohn Horus zu schützen. Sie wird das Maul jedes beißenden und giftigen Tieres verschließen (Schlange, Löwe, Krokodil), das Gift vertreiben und den Patienten mit Atembeschwerden (Teillähmung durch das Gift) retten. Sie fordert die Venen und Muskelstränge auf, ihr zu gehorchen, und die Giftstoffe, den Körper zu verlassen. Isis oder der Zauberer befiehlt anschließend dem Gift, auszufließen, und den Venen und Muskeln, das Gift auszuscheiden. Die Beschwörung muss viermal wiederholt werden.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Die Statue war wahrscheinlich im Grab des Ptahirdis aufgestellt, gemeinsam mit einer Osirisstatue und eventuell einer Statue von Hathor als Kuhgöttin, sicherlich oberirdisch in der Kultkammer. Die magischen Sprüche gegen gefährliche Tiere, vor allem gegen giftige Tiere, sollten den Grabeigentümer im Jenseits schützen (Perdu 2013, 117–122).

Material
Nicht Organisch » Stein » Grauwacke
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele » Horusstele / Horuscippus
Objektteil
Abacus
Technische Daten

Statue der thronenden Göttin Isis. Sie hält ein Lebenszeichen in der rechten Hand und trägt die dreiteilige Perücke mit Geierhaube und Hathorkrone auf dem Kopf. Ihre Identität als Isis geht aus den Inschriften hervor. Die Statue ist 71,8 cm hoch, 16,8 cm breit (frontal) und zwischen 31,6 und 32,3 tief (Seite) und perfekt erhalten. Es gibt umlaufend auf dem Sockel eine hieroglyphische Textzeile, zusätzlich einen Text in 15 Kolumnen auf den drei Seiten des Thrones.

Schrift
Hieroglyphen

Eingeschnitten

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch » traditionelles Mittelägyptisch

Traditionelles Mittelägyptisch mit zahlreichen jw=f r sḏm-Formen, die auch als neuägyptisches Futur-III beschrieben werden können. Die Verwendung von r-bnr (nicht auf dem Ostrakon erhalten) spricht für eine Redaktion nicht früher als das Neue Reich, vom Imperativ mj-n nicht früher als das Neuägyptische. In Kombination mit den jw=f r sḏm-Formen könnte man daher auch von einem frühen Neuägyptisch oder einem Mittelägyptisch mit Neuägyptizismen sprechen. Die Orthographie von mr.w als mr.t und von ḥtj.t als jḥtj, von pzḥ mit dem kleinen Dreieck (N21) statt des Elephantenzahns zeugen von einer gewissen redaktionellen Überarbeitung in der Spätzeit.

Bearbeitungsgeschichte

Herausgegeben von O. Perdu mit Photos, Handkopie des hieroglyphischen Textes, französischer Übersetzung und ausführlicher Kommentierung. M. Panov (2014, 48) hat eine hieroglyphische Abschrift publiziert und vergleicht den Text mit der Version, die auf der Heilstatue des Harchebis in Moskau vorhanden ist.

Editionen

- Perdu 2013: O. Perdu, L’Isis de Ptahirdis retrouvée, in: Revue d‘Égyptologie 64, 2013, 93–133 (= 93–125 und Taf. 8–11).

- Panov 2014: M. Panov, Die Statue des Horchebe (Novosibirsk 2014) (https://www.academia.edu/9821380), 48.

Literatur zu den Metadaten

- Jansen-Winkeln 2014: K. Jansen-Winkeln, Inschriften der Spätzeit. Teil IV: Die 26. Dynastie. Band 2: Gottesgemahlinnen / 26. Dynastie insgesamt (Wiesbaden 2014), 901–902 (Nr. 60.281–282).

Online-Ressourcen

Antiques Trade Gazette 2012

Los Angeles Times, 2012

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Sockelinschrift, rechts herum (Objektperspektive)

[A.1] Ein Opfer, das der König gibt (für) Isis, die Große, die Gottesmutter, [A.2] damit sie ein Invokationsopfer gebe, bestehend aus Brot, Bier, Rindern, Geflügel und allen guten Sachen an jedem ihrer (d.h. der Isis) schönen Feste des Öffnens-des-Gesichtes.
Für den Ka des Ehrwüdigen/Versorgten bei der Gottesmutter, (d.h. für) den Osiris, den Bekannten des Königs, Ptahirdis, des Gerechtfertigten, den Sohn des [A.3] Upuautemsaf, den Meriptahites geboren hat.

Sockelinschrift, links herum (Objektperspektive)

[B.1] Der Ehrwürdige/Versorgte bei Osiris, dem Herrn von Rasetjau, [B.2] mit aufrichtigem Herzen auf dem Gottesweg, der die Nacht und den Tag verbringt (mit) der Erinnerung an Gott in seinem Herzen, der die Maat liebt und das Unrecht verabscheut, seit er weiß, dass Gott darüber zufrieden ist, der Osiris, der Bekannte des Königs, Ptahirdis, der Gerechtfertigte, den [B.3] Meriptahites geboren hat.

Vertikale Inschrift auf den Thronseiten

[C.1] Ich bin Isis, die Herrin von Chemmis, mit effektiven Reden/Worten in den geheimen Orten1.
Geb hat mir seine (magischen) Fähigkeiten/Zaubermacht gegeben, um den Schutz des Horus damit zu bereiten.
Ich werde verschließen das Maul eines jeden Gewürms und zurücktreiben2 jeden mächtigen Löwen (wörtl.: Löwe als Mächtiger?) [C.5] in der Wüste3 (auf dem Plateau) und agieren gegen die Krokodile auf dem Fluss und (gegen) alle beißenden -Schlangen in ihren Höhlen.
Ich werde abwehren das Gift (oder: dieses Gift hier) in seinem (Aktions)moment, wobei seine (des Giftes) Flamme durch das, was ich sage, abgewehrt ist.
Ich werde Atemluft geben dem, der eine beengte Kehle hat (d.h. in Atemnot ist), durch die (magischen) Fähigkeiten/Zaubermacht meiner Formeln/Äußerungen.
Gehorcht mir, (ihr) mt.w-Stränge (Venen, Muskeln, Sehnen, Nerven) des Körpers, [C.10] gemäß des Dekrets des Geb, des Erbfürsten und Grafen der Götter!
Kommt heraus, (ihr) schmerzenden Säfte (wörtl.: Wasser), die (ihr) in jedem Glied des Gebissenen/Gestochenen seit!
(Du) Gift, du wirst nicht in den Himmel aufsteigen!
Du wirst nach unten hinabsteigen!
(Oh) mt.w-Stränge (Venen, Muskeln, Sehnen, Nerven), spuckt aus, was in euch ist, gemäß dem, was Isis – [C.15] die Zaubermächtige, die dem Leben gibt, der im Horizont ist (oder: die denen Leben gibt, die im Horizont sind)4 – gesagt hat!
Vier Mal zu rezitieren.

1 s.wt štꜣ.wt: Perdu 2013, 105 übersetzt mit „les situations critiques“. Es können auch die Orte sein, an denen Isis die Leichenteile des Osiris einsammelt und wieder zusammenstellt.
2 ḫtḫt: Das Verb kann laut Wb 3, 354.4–5 in der griechisch-römischen Zeit auch transitiv verwendet werden: „die Feinde u.ä. zurücktreiben“. Die übrigen Textversionen, in denen das Verb erhalten ist (pTurin CGT 54051, pBrooklyn 47.218.138 und Socle Béhague), haben sḫtḫt.
3 mꜣj nb m sḫm ḥr mr.w: Auf pTurin CGT 54051, Rto 5.7 (A. Roccati, Magica Taurinensia. Il grande papiro magico di Torino e i suoi duplicati, Analecta Orientalia 56 (Roma 2011), 145, § 283–284) steht (jw=j r) sḫtḫt mꜣj nb sḫm / mꜣj ḥr mrw: „Ich werde vertreiben jeden mächtigen Löwen, den Löwen in der Wüste, das Krokodil im Fluss, ...“ (mit einem Verspunkt hinter sḫm). Die Übersetzung von J. F. Quack, Eine magische Stele aus dem Badischen Landesmuseum Karlsruhe (Inv. H 1049), Schriften der Philosophisch-historischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 58 (Heidelberg 2018),, 94 als „Ich werde (...) alle Löwen zurücktreiben, über Löwen mächtig sein in der Wüste, über Krokodile auf dem Fluß, ...“ ist ohne Emendation zu (jw=j r) sḫm {󰂀} 〈m〉 mꜣj ḥr mrw (mit Tilgung oder Verschiebung des Verspunktes und sicherlich auch mit Einfügung der Präposition m) nicht möglich. Perdu 2013, 107, Anm. (g) verweist auf eine Stelle auf der Metternichstele (Z. 61) rḏi̯(.t) n=s Gbb ꜣḫw=f r ḫsf mtw.t m sḫm=s: (Isis ist die), „der Geb seine Verklärungssprüche gegeben hat, um das Gift mit ihrer Macht (oder: in/mit seiner Macht) abzuwehren“, für die es eine Parallele mit m sḫm ohne Suffixpronomen gibt (pBM EA 9961, Z. 45–46: M. Vandenbeusch, Evidence of an ancient archive? The papyrus British Museum EA 9961, in: Journal of Egyptian Archaeology 104, 2018, 177194, hier: 189). Hier kann sich die Macht auf Isis beziehen, aber auch auf das Gift (siehe Kommentar Dils zu Z. 61 der Metternichstele, mit weiteren Indizien, die auf das Gift bezogen sind). Perdu bezieht die Macht auf Isis und übersetzt unsere Textstelle „J’ai (...) à repousser tous les lions de force dans le désert“, d.h. „ich (= Isis) werde jeden Löwen auf kraftvoller Weise in die Wüste zurücktreiben.“ Das würde jedoch bedeuten, dass ḫtḫt/sḫtḫt mit ḥr mrw eine Richtung angibt, obwohl danach in ähnlicher Weise mzḥ.w ḥr jtr.w steht. Es ist daher viel wahrscheinlicher, dass ḥr mr.w zu mꜣj.w gehört („jeder Löwe, der in der Wüste ist“) und dass entsprechend auch m sḫm zu mꜣj.w gehört. Dann ist „jeder Löwe in (seiner) Macht in der Wüste“ oder „jeder Löwe als Mächtiger in der Wüste“ zu übersetzen. Alternativ könnte man auch m vor sḫm tilgen (vgl. die Version auf pTurin CGT 54051) und „jeden mächtigen Löwe in der Wüste“ lesen.
4 jm.j〈.pl〉 Ꜣḫ.t: Ist wahrscheinlich ein Singular in pTurin CGT 54051, Rto 5.10 (A. Roccati, Magica Taurinensia. Il grande papiro magico di Torino e i suoi duplicati, Analecta Orientalia 56 (Roma 2011), 147, § 291). Auf der Version des Socle Béhague (Z. g.10: Klasens, 37), auf dem Flügelskarabäus BM EA 35403 (Z. I.4: C. A. R. Andrews, An Unusual Source for Magical Texts, in: A. Leahy – J. Tait (Hrsg.), Studies on Ancient Egypt in Honour of H. S. Smith, Occasional Publications 13 (London 1999), 11–15, hier: 11) und auf der Horusstele BM EA 36250 stehen Pluralstriche.