Horusstele des Apollô Kairo CG 9401

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum

Inventarnummer: CG 9401

Erwerbsgeschichte

Spätestens seit 1872 im damaligen Museum von Boulaq (Ausstellungs- oder Inventarnummer 1841), nach dessen Schließung im Museum von Giseh und seit 1902 im Ägyptischen Museum am Midan Tahrir.

Herkunft
Nildelta » nördliches Delta » Nordküste » Kom esch-Schugafa (Alexandria)

Auf der Tafel bei Mariette 1872 steht Alexandrien als Herkunftsort, aber weder Mariette, noch später Maspero, Grébaut oder Daressy liefern genauere Informationen.

Datierung
(Absolute Datierung: Jahrhunderte) » (Jahrhunderte v.Chr.) » 3. Jhdt. v.Chr.

Laut Daressy ist es ein „travail soigné du commencement de l’époque ptolémaïque“. Bei Wildung und Schoske 1984 findet sich „Frühptolemäisch, um 300 v. Chr.“. Weder Daressy noch Wildung und Schoske begründen diese Datierung, die sicherlich auf der Stilistik (Gestaltung des Horuskindes), vielleicht auch auf der Paläographie der Hieroglyphen basiert. Sternberg-el Hotabi 1999, II, 36 datiert das Stück in ihre typologische „Frühe Hochphase“, d.h. ca. 380–ca. 280 v. Chr. und spezifiziert an einer Stelle (I, 110) zur „Frühen Ptolemäerzeit“. Auch sie begründet diese Datierung nicht. Saleh und Sourouzian 1986 sind vorsichtiger: „Ptolemäerzeit, um 300-150 v. Chr.“. Die Stele wurde ursprünglich von Maspero 1883 als saitisch datiert. Der Name des Begünstigten/Stifters der Stele ist der griechische Name Apollô, Apollôs (vielleicht auch Apellâs), was am ehesten zu einer Datierung in der Ptolemäerzeit passt.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Die Stele ist vorn mit zwei identifizierenden Beischriften zum Falken auf dem Papyrusstängel und zum Nefertemstab versehen. Auf der Rückseite findet sich eine Langfassung von Horusstelenspruch A zugunsten eines Herrn Ipur/Apur, was eine hieroglyphische Wiedergabe des griechischen Namens Apollô, Apollôs oder eventuell Apellâs sein wird.

Horusstelentext A:
Ein von Thoth ausgesprochener Spruch zur „Verehrung“ des Horus, um ihn zu „verklären“. Thoth begrüßt den jugendlichen Horus und bittet ihn, dass er mit seiner Magie und seinen Zaubersprüchen kommen möge, um die gefährlichen Tiere in der Wüste, im Wasser und in den Höhlen abzuwehren und um das Gift im Patienten zu beschwören. Er möge den Patienten wiederbeleben, damit Horus’ Ansehen entstehe und er als Horus-Sched („der Retter“ oder „der Beschwörer“) angerufen werde.

Material
Nicht Organisch » Stein » Schiefer, Nicht Organisch » Stein » Siltstein, Nicht Organisch » Stein » Basalt
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele » Horusstele / Horuscippus
Technische Daten

Höhe 44 cm; Breite 24,2 cm; Dicke 10,2 cm (am Sockel) und 4,8 cm (oben) (Wildung und Schoske 1984: Breite 26 cm, Dicke 12 cm). Oben abgerundete Stele aus verschiedentlich angegebenem Material: „schiste gris“ (Daressy 1903, 1) / grauer Schiefer (Saleh und Sourouzian) / Schiefer (Wildung und Schoske) sowie grauer Siltstein (Sternberg-el Hotabi 1999) und schwarzer Basalt (Maspero 1883). Die Stele zeigt einen frontal dargestellten Kindgott in stark erhabenem Relief. Das Kind ist nackt, mit Jugendlocke und Uräus. Es hält zwei Schlangen, einen Skorpion und eine Gazelle in der rechten, zwei weitere Schlangen und einen Löwen in der linken Hand. Es steht auf den abgewandten Köpfen zweier Krokodile. Rechts des Kindes findet sich ein Papyrusstängel mit einem Falken auf der Blüte, links steht ein Nefertemstab. Über dem Kopf des Kindes ist eine Besmaske angebracht. Die Rückseite enthält eine Flügelsonne im Giebelrund. Darunter befindet sich eine hieroglyphische Inschrift in 12 Kolumnen sowie einer Zeile am unteren Rand. Eine Linie entlang des unteren Randes von Vorder- und Rückseite zeigt, dass die Stele ursprünglich in einen Sockel gefasst war (die Spuren könnten von der Sockelung im Museum von Boulaq oder Gizeh stammen: siehe Foto G. Lekegian).

Schrift
Hieroglyphen

Sorgfältig eingravierte Zeichen.

Bearbeitungsgeschichte

Mariette hat 1872 die Stele in Lithographie (Vorder- und Rückseite) veröffentlicht. Die Inschrift konnte entsprechend von Golenischeff 1877 in seiner Studie der Metternichstele berücksichtigt werden. Daressy 1903 hat die Stele in Fotos (Vorder- und Rückseite), Beschreibung und mit Texten in Bleihieroglyphen publiziert.

Editionen

- Daressy 1903: G. Daressy, Textes et dessins magiques, Catalogue général des antiquités égyptiennes du Musée du Caire. Nos. 9401–9449 (Le Caire 1903), 1–3 und Taf. 1. 

Literatur zu den Metadaten

- Golenischeff 1877: W. Golenischeff, Die Metternichstele in der Originalgrösse (Leipzig 1877), 12–13 (Text D).

- Gutekunst 1995: W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 68, 81, 339.

- Mariette 1872/1889: G. Mariette, Monuments divers recueillis en Égypte et en Nubie. Tables (Paris 1872), Taf. 15; Textes (Paris 1889), 3–4. 

- Maspero 1883: G. Maspero, Guide du visiteur au musée de Boulaq  (Boulaq 1883), 191–192 (Nr. 1841).

- PM IV: B. Porter – R. L. B. Moss, Topographical bibliography of ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs, and Paintings IV. Lower and Middle Egypt (Delta and Cairo to Asyûṭ) (Oxford 1934), 6.

- Saleh – Sourouzian 1986: M. Saleh – H. Sourouzian, Die Hauptwerke im Ägyptischen Museum Kairo. Offizieller Katalog (Mainz 1986), Nr. 261.

- Sternberg-el Hotabi 1999: H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen, 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), Bd. 1: Textband, 107, 110, 266 (Abb. 63); Bd. 2: Materialsammlung, 35–36.

- Wildung – Schoske 1984: D. Wildung – S. Schoske (Hrsg.), Nofret – Die Schöne. Die Frau im Alten Ägypten (Kairo/Mainz 1984), 32–33 (Nr. 11).

Eine vollständige Bibliographie finden Sie hier.

Online-Ressourcen
Autoren
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Rückseite

Horusstelentext A (1-12) = Metternichstele Spruch 10

[1] Sei gegrüßt, du Gott, Sohn eines Gottes. Sei gegrüßt, du Erbe, Sohn eines Erben. Sei gegrüßt, du Stier, Sohn eines Stieres, den der göttliche Bauch1 geboren hat. Sei gegrüßt, du Horus, der aus Osiris hervorgegangen ist, den Isis, die Göttliche/Göttin, geboren hat.
Besprich für mich mit deinem Spruch! Rezitiere für mich mit deiner Magie! Besprich für mich mit deinem Gesprochenem/Besprechen! Sei (zauber)wirksam für mich mit deinen Zaubersprüchen! Beschwöre für mich mit deinen Rezitationen, die du dir alle (?) ersonnen hast!
Siehe (?), es ist Magie, was in deinem Mund ist, die dein (Groß)vater Geb dir anvertraut hat, die 〈deine〉 (Groß)mutter Nut dir gegeben hat, die 〈deine Mutter〉 Isis dir gegeben hat, die die Majestät des Vorstehers von Letopolis dich gelehrt hat, um deinen zꜣ-Schutz 〈zu bereiten〉, um deine mkw.t-Protektion/Sicherheit zu wiederholen, um das Maul von jedem giftigen Gewürm zu verschließen, [5] das in der Luft (wörtl.: im Himmel) ist, das auf dem Land ist, das im Wasser ist, um die Men〈schen〉 wiederzubeleben, um die Götter zufriedenzustellen, um das Herz des Re mit deinen Lobpreisungen/Gebeten zu verklären.
Komme zu (Herrn) Ipur/Apollô, dem Gerechtfertigten, in (?) einem „Beeile dich, beeile dich!“ heute, so wie wenn du das Steuerruder im Gottesschiff führst.
Mögest du für mich alle Löwen auf dem Plateau, alle Krokodile im Fluss, alle Schlangen, alle Skorpione, alles Gewürm, das mit seinem Maul beißt oder mit seinem Schwanz/Stachel sticht, alle beißenden (Schlangen)Mäuler in ihren Höhlen abwehren. Mögest du sie mir machen wie Kieselsteine auf dem Plateau, wie Keramikscherben eines Topfes (= eine Topfscherbe) auf/entlang der Straße. Mögest du mir das aufgesprungene/pulsierende (?) Giftwasser (?)2 beschwören/fortnehmen, das in jedem Glied von (Herrn) Apur/Apollô3, den (Frau) NN geboren hat, ist.
[10] Hüte dich, lächerlich zu sein mit deinen Worten deswegen (oder: seinetwegen, d.h. des Gifts)!
Siehe, dein Name ist in/bei mir heute.
Lass sich dein Ansehen mit deiner Magie entfalten, nachdem du deine wirksamen Zaubersprüche erhöht hast, um den, der einer mit beengter Kehle ist, wiederzubeleben.
Möge dir gegeben werden „Lobpreis für dich! Lobpreis für dich!“ 〈durch〉 die Untertanen. Möge Maat in deiner Gestalt (oder: in deinem Wesen) gepriesen werden. Möge ein Gott (in?) deiner Art heute angerufen werden (als:) „Komme zu mir!“
Dein Name wurde heute gerufen (als) „Ich bin Horus, der Retter/Beschwörer“, nachdem du deinen Schutz für (Herrn) Ipuri/Apollô bereitet hast.

1 Normalerweise findet sich hier „göttliche Vulva“ oder „göttliche Kuh“.

2 Unklar. Ist es das Wort wꜣw: „Flut, Wasser“ (Wb. 1, 249.5) oder wꜣwꜣ.t: „Feuer, Glut“ (Wb. 1, 250.4)? Vgl. wꜣwꜣ als Schlangenbezeichnung (P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997), 193). Man erwartet eigentlich mtw.t: „Gift“: siehe Gutekunst 1995, 135 (er listet nur Varianten mit mtw.t auf).

3 Diese Orthographie ist nicht bei H. Ranke, Die ägyptischen Personennamen. Band I. Verzeichnis der Namen (Glückstadt 1935), 24.12 jpr verzeichnet. Vgl. E. Lüddekens et al., Demotisches Namenbuch I.1 ꜣejswqrtpꜣj=s-nfr (Wiesbaden 2000), 11 (ꜣpwlꜣ: „Apelôs, Apellâs, Apollô, Apollôs“), 15 (ꜣpr: „Apellâs, Apelôs, Apollô, Apollôs“).
4 Man erwartet eigentlich: „Lass sich dein Ansehen mittels deiner Magie entfalten!“ (s. Gutekunst 1995, 137).