Horusstele des Sethnacht Kairo JE 60273

Metadaten

Wissensbereiche
Aufbewahrungsort
Afrika » Ägypten » Kairo » Egyptian Museum

Inventarnummer: JE 60273

Erwerbsgeschichte

Angekauft vom Antikenhändler Maurice Nahman (18681948) in Kairo, vermutlich in den 1930er Jahren. Bekam die Journal d’Entrée-Nummer 60273. Zusätzlich gibt es eine weitere Nummer „309“ unbekannter Funktion.

Herkunft
(unbekannt)

Erwerb im Kunsthandel. Sollte die Vermutung von Kákosy (1998, 136) zutreffen, dass die Horusstele Teil der Grabausstattung von Sethnacht war, ist eine Herkunft aus Theben anzusetzen.

Datierung
(Epochen und Dynastien) » Pharaonische Zeit » Neues Reich » 20. Dynastie » Sethnacht Userchaure

König Sethnacht wird im Text als Begünstigter der Beschwörung genannt.

Textsorte
Rezitation(en) » Beschwörung(en)
Inhalt

Die Rückseite ist mit einer Kurzversion von Horusstelentext B versehen. Auf der rechten Schmalseite ist ein Auszug aus einer Gliedervergottung erhalten. Auf der linken Schmalseite findet sich ein unklarer Text, der u.a. die Barkenmannschaft des Sonnengottes nennt.

Der sogenannte „Spruch B“ der Horusstelen und Heilstatuen hat zum Ziel, einen Reisenden auf dem Wasser zu schützen, insbesondere vor Krokodilen. Diese Stele sowie Stele Kairo CG 9403 gehören zu den frühesten erhaltenen Kopien des Textes, wobei CG 9403 eine längere Version enthält. Er fängt mit einer Anrufung an den Sonnengott/Schöpfergott an, der Osiris, der auf dem Wasser ist, beschützen möge. Anschließend spricht der Zauberer/Beschwörer die gefährlichen Wassertiere und insbesondere das Krokodil Nehaher direkt und in imperativischer Form an. Sie sollen Osiris nicht angreifen, oder ihnen werde das Gesicht umgedreht werden bzw. ihnen drohe die Vernichtung. Er sagt, dass Re und Isis (in einer jüngeren Variante: eine Vierergruppe von Göttern) Osiris und den Reisenden beschützen bzw. das Maul der Wassertiere verschließen werden. Zwei mythologische Passagen mit einem lauten Schrei in Heliopolis, in der ein Kater und der Abdu-Fisch eine Rolle spielen, und mit einem zweiten lauten Schrei in Nedit, wo Osiris ermordet wurde, werden eingeflochten, weil Re deshalb sehr wütend geworden sei und die Zerstückelung des Rebellen auf dem Wasser befohlen habe.

Ursprünglicher Verwendungskontext

Kákosy (1998, 136) vermutet, dass diese Horusstele zur Grabausstattung von König Sethnacht gehört haben könnte, weil Sethnacht im Text als Osiris-König-Sethnacht genannt wird.

Material
Nicht Organisch » Stein » Kalkstein
Objekttyp
Artefakt » Schriftmedien » Stele » Horusstele / Horuscippus
Technische Daten

Höhe 62,5+x cm; Breite 31 cm; Dicke 18 cm. Sog. Horusstele mit dem nackten Kindgott, frontal dargestellt und stehend auf zwei antithetisch angeordneten Krokodilen. Er trägt eine Jugendlocke und hält einen Löwen in der linken Hand, eine Oryxantilope (?) in der rechten. Alle Figuren sind in Hochrelief ausgearbeitet. Links von ihm ist das Nefertemsymbol eingraviert, rechts der Falke auf einem Papyrusstängel. Der Kopfschmuck des Kindgottes sowie der einst darüber befindliche Beskopf sind verloren. Auf dem Sockel sind magische Figuren eingraviert, die beiden Schmalseiten sowie die Rückseite sind mit hieroglyphischen Inschriften versehen. Auf der Rückseite sind aktuell noch 12 Textzeilen erkennbar, ursprünglich müssen es 13 gewesen sein. Darüber wird einst eine Darstellung mit Götterfiguren gestanden haben, die heute gänzlich verloren ist. Es gibt winzige Spuren von roter Farbe (Kákosy 1998 vermerkt nicht, welche Teile der Stele farblich eingefasst waren).

Schrift
Hieroglyphen

Eingraviert.

Sprache
Ägyptisch-Koptisch » Ägyptisch » Mittelägyptisch » traditionelles Mittelägyptisch
Bearbeitungsgeschichte

Obwohl zuvor schon einige Male in der Literatur erwähnt, ist die Stele erst seit der Publikation 1998 durch Kákosy für die Forschung zugänglich. Deshalb konnte sie von Gutekunst für seine textgeschichtliche Studie von Horusstelenspruch B nicht ausgewertet werden. Sternberg-el Hotabi berücksichtigt sie in ihrer typologischen Studie der Horusstelen.

Editionen

- Kákosy 1998: L. Kákosy, A Horus cippus with royal cartouches, in: W. Clarysse – A. Schoors – H. Willems (Hrsg.), Egyptian Religion. The Last Thousand Years. Studies Dedicated to the Memory of Jan Quaegebeur. Part I (= Orientalia Lovaniensia Analecta 84) (Leuven 1998), 125–137.

Literatur zu den Metadaten

- Gutekunst 1995: W. Gutekunst, Textgeschichtliche Studien zum Verjüngungsspruch (Text B) auf Horusstelen und Heilstatuen (Trier 1995), 345.

- Sternberg-el Hotabi 1999: H. Sternberg-el Hotabi, Untersuchungen zur Überlieferungsgeschichte der Horusstelen, 2 Bände, Ägyptologische Abhandlungen 62 (Wiesbaden 1999), Bd. I: Textband, 3840, 238 (Abb. 30); Bd. II: Materialsammlung, 43.

Eine ausführliche Bibliographie finden Sie hier.

Autoren
Dr. Peter Dils
Autoren (Metadaten)
Dr. Peter Dils

Übersetzung und Kommentar

Rückseite

Horusstelentext B = Metternichtstele Spruch 5 = Torso Wien ÄS 40 Spruch 1

[1] [Oh alter Mann, der sich zu seiner Zeit verjüngt, (oh) Greis, der] seine Verjüngung (?) [bewirkt],mögest du veranlassen, [dass Thoth zu mir] auf meine Stimme hin [kommt], damit er für mich das Wildgesicht (Neha-her) vertreibt.
Osiris ist auf dem Wasser; das Horusauge ist bei ihm.
Wenn 〈man〉 [5] ihm (d. h. Osiris) auf dem Wasser (oder) dem Land zu nahe tritt,dann wird dem Osiris, König User-chau-re-setepen-Re-meri-Amun zu nahe getreten.
Verschließt euer Maul und verstopft euren Schlund3, (ihr) Wasserbewohner, bis der Osiris, König Sethnacht-geliebt-von-Re-geliebt-von-Amun, der leben möge, vorbeigegangen sein wird. Seht, er ist unterwegs nach Busiris.
Zurück mit dir, (du) Rebell! Erhebe dein Gesicht nicht!
Re ist auf seiner Sandbank (?)4 und beobachtet die Neunheit von Babylon.
Die Herren der Unterwelt stehen bereit, den, der kommt, zu bestrafen, [10] (oh) Wildgesicht.5
Ihre Gesichter werden umgedreht werden, auf ihren Rücken gesetzt. Ihre Mäuler werden von Re verschlossen, ihre (?) Schlunde werden von Isis blockiert/verstopft.
Eine laute Stimme (erklingt) im Haus-der-Neith. Ein [großes] Gejammer ist [im] Maul der Katzen.
Die Götter (sagen): "Was ist los, was ist los mit dem Abdu-Fisch?"6

1 Zu dieser Stelle siehe Gutekunst 1995, 148.

2 Zu dieser Stelle, die in ähnlicher Form auf der Stele Kairo CG 9403 geschrieben ist, siehe Kákosy 1998, 129 mit Anm. 8.

3 ḥ〈n〉gg: Auch auf der Stele CG 9403 fehlt das n.

4 So auch auf der Stele CG 9403 (vgl. Gutekunst 1995, 184, 188, 251). Gutekunst übersetzt angelehnt an spätere Textversionen: „Re ist dabei, sich (siegreich) aufzurichten“. 

5 Kákosy 1998, 130 liest anders und trennt anders ab: „Re embarks (on his boat) seeing the Ennead of Kheraha. The lords of the netherworld are standing punishing you. If Nehaher will come, their faces will be averted and they will be placed on their backs.“

6 Kákosy 1998, 130 transkribiert und übersetzt hier: „The gods say (ḥr) ‚what is it?‘ The goddesses say the ‘abdju fish’.”

Linke Schmalseite

Beschwörung 

---] im (?) Sarg ist verjüngt/geschwächt1 (??).
Das Udjatauge ist in deiner Hand (oder: bei dir).
Die Mannschaft, die Re rudert, ist eingetreten in [...

1 ⸮ḥ[wn].y?: Kákosy 1998, 133 erwähnt noch einen Vorschlag von Gábor Takács, dass eventuell ḥdy „schlaff werden“ vorliegen könnte.

Rechte Schmalseite

Gliedervergottung

[15] [Dein ... ist] die Flut.1
Dein rechter Arm ist (der von) Amseti,
dein linker Arm ist (der von) Hapi,
dein [rechtes] Bein2 [ist (das von) Duamutef, ... ... ...

1 Vielleicht Teil der Gliedervergottungsliste.

2 Kákosy 1998, 130 bietet keine Transkription oder Übersetzung, aber das Zeichen ähnelt dem Bein D56 auf dem Foto (132, Taf. 3.1). Auf der Horusstele CG 9403 steht dieselbe Formulierung auf der Vorderseite und auf dem Sockel. In PT Spruch 215 (§ 149a–b) sind die beiden Arme Hapi und Duamutef, die beiden Beine Amseti und Qebehsenuef (J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 292). In CT Spruch 761 sind die beiden Arme Hapi und Amseti, die beiden Beine Duamutef und Qebehsenuef (J. H. Walker, Studies in Ancient Egyptian Anatomical Terminology, Australian Centre for Egyptology. Studies 4 (Warminster 1996), 294–295).